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Title: Michelangelo Gedichte und Briefe
In Auswahl herausgegeben von R. A. Guardini
Author: Michelangelo Buonarroti
Release Date: May 11, 2005 [eBook #15813]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK MICHELANGELO GEDICHTE UND BRIEFE***
In Auswahl herausgegeben
von
R. A. Guardini
Pan-Verlag, Berlin 1907
Michelangelo hat fast nur Persönlichkeitsgedichte geschrieben. Was er in jenem Madrigal über sein bildnerisches Schaffen aussprach,
Mich deucht, stets bild' ich mich,
Und meine doch ihr Antlitz zu gestalten,
hätte er auch von seinem Dichten — er mehr als irgend einer — sagen können. Mit wenig Ausnahmen erzählen seine Verse, auch wenn er von anderen spricht, nur von seinem Empfinden, seinem Kämpfen, von den Werten und Idealen, die er suchte und in den geliebten Menschen verkörpert sah. Er war, zumal in reiferem Alter, stets mit sich allein, stets ein Mensch, der einsam mit der eigenen Seele zu ringen, sein edleres Selbst gegen Leidenschaften zu behaupten hatte, deren Wucht seine Schöpfungen ahnen lassen; und so liessen ihn die Spannungen in seinem Innern nicht zur Ruhe dessen kommen, der ein Geschautes schildert.
Er wusste in seinen Dichtungen fast nur unmittelbar von sich zu sprechen oder sehnsüchtig die Menschen anzuschauen, anzurufen, in denen er den Frieden und die Schönheit zu sehen glaubte. Und es will scheinen, als sei es ihm auch in seiner Liebe nicht gelungen, sich wirklich an den Anderen zu verlieren, wirklich diesen, wie er war, zu sehen, als habe er auch in ihr den Genossen eigentlich nicht gefunden. Selbst in den Gedichten an Vittoria, von der er doch am ehesten hoffen durfte, sie gehe mit ihm den gleichen Weg, konnten Gedanken wie diese auftauchen:
Sage mir, Liebe, ob ich die heissersehnte
Schönheit wirklich hier sehe, oder ob drinnen
In meiner Seele sie lebt, und ich der Herrin
Antlitz anschauend verkläre?
Es ist wie eine Ahnung, dass er auch in den geliebten Menschen nur Schönheiten sehe, die er ihnen erst verliehen, dass er nur von den Bildern seiner eigenen Vollkommenheitssehnsucht spreche, wenn er ihre Hoheit verehre.
Michelangelos eigene ringende Seele, mehr enthalten seine Dichtungen nicht.
Dieser Gedanke liegt der Anordnung zugrunde. Sie fasst die Gedichte zusammen, denen in der Seele ihres Schöpfers gleiche Voraussetzungen entsprechen, Grundkräfte, Anlagen seines Wesens, Ziele, die er erstrebte, Werte, die er bejahte und in denen er sein letztes Genügen fand. Die Ordnung dieser Gruppen untereinander versucht von der Wertung auszugehen, die Michelangelo selbst an ihrem Inhalt vollzogen hat, indem sie ihn an dem Bilde des Menschen misst, den er in sich zu verwirklichen strebte.
Ist dies gelungen, dann bilden die Gedichte eine Reihe, die von relativ Äusserlichem ausgehend immer mehr zu dem vordringt, was Michelangelo als sein Wertvollstes und Eigenstes beurteilte.
Dass bei diesem Versuch die Gefahr der Subjektivität nahe sei, habe ich mir nicht verhehlt; aber hier schien die beste Möglichkeit zu liegen, aus einer blossen Aneinanderreihung ein innerlich verbundenes Ganzes zu machen.
Die Briefe sind chronologisch geordnet. Aus der grossen Zahl mussten sehr wenige ausgewählt werden. Es sind besonders solche, in denen das eigenartige Verhältnis des Meisters zur Familie, sein stetes Sorgen und bereitwilliges Helfen, dann auch seine Stellung zu Freunden und Auftraggebern zum Ausdruck kommt.
Als Anhang sind die wenigen erhaltenen Briefe Vittorias an ihn beigefügt.
Die Übersetzungen der Gedichte sind teils schon vorliegende ältere, deren Wiederdruck von den Herren Verlegern in liebenswürdiger Weise gestattet wurde, teils Neuübertragungen von Bettina Jacobson.1 Die Briefe wurden vom Herausgeber sämtlich neu übersetzt. Der Auswahl gehen einige Kapitel aus Ascanio Condivis „Leben Michelangelos“ voraus, die etwa zehn Jahre vor seinem Tode unter seinen Augen entstand: eine einfache Fassung, der sich „die geschnittenen Steine“ der Dichtungen vielleicht zu klarerem Schimmer einfügen.
Die wiedergegebenen älteren Übertragungen stammen aus:
Michelangelos Gedichte, übersetzt von Sophie Hasenclever, Leipzig, Dürr 1875.
Übersetzungen von Hermann Grimm in: Grimm, Leben Michelangelos, Berlin, Spemann.
Übersetzungen von Bodenstedt in: Nord und Süd. Bd. 34.
Übersetzungen von Karl Witte in: Romanische Studien 1871.
Übersetzungen von Hans Grasberger in: Le Rime di Michelangelo 1872.
R. A. Guardini.
„Michelangelo beschränkte sich in seiner Jugend nicht auf Skulptur und Malerei, sondern er widmete sich auch allen verwandten und ähnlichen Künsten; und das tat er mit solchem Eifer, dass er sich für einige Zeit fast völlig der Gemeinschaft der Menschen entzog und nur mit ganz wenigen Umgang pflegte. Dies brachte ihn in den Ruf eines hochmütigen oder seltsamen und phantastischen Menschen, und doch waren beide Fehler ihm gleich fremd. Es war die Liebe zur Tüchtigkeit und die treue Hingabe an die edlen Künste, die ihn — wie es vielen ausgezeichneten Männern geschah — einsam machten und ihn nur in deren Dienste Genüge und Ergötzung finden liessen. Darum war ihm die Geselligkeit keine Freude, ja verhasst, denn sie störte ihn in seiner Gedankenarbeit; war er doch, wie jener grosse Scipio zu sagen pflegte, nie weniger allein, als wenn er allein war.
Doch suchte er gerne die Freundschaft derer, die ihm in tüchtigen und weisen Gesprächen irgendwelche nützliche Frucht boten, oder in deren Seele ein Strahl des Aussergewöhnlichen aufblitzte … Eine besondere und grosse Liebe verband ihn mit der Marchesana von Pescara, deren hoher Geist ihn gefangen hielt, und die ihm mit ausserordentlicher Liebe vergalt. Von ihr bewahrt er noch viele Briefe, voll von reiner und süsser Liebe, wie sie aus so edlem Herzen kommen mussten, und er hat an sie viele gar kunstvolle Sonette gerichtet, in denen eine innige Sehnsucht lebt. Sie verliess oft Viterbo oder andere Orte, wohin sie sich zur geistigen Sammlung oder zum Sommeraufenthalt zurückgezogen hatte, und kam nach Rom, einzig um Michelangelo zu sehen; und er trug zu ihr solche Liebe, dass ich ihn einst sagen hörte, er habe nur den Schmerz, dass er sie nicht, als sie aus diesem Leben schied, auf die Stirn oder den Mund küsste, wie er ihre Hand geküsst hatte. Und der Gedanke an ihren Tod liess ihn oft im Schmerz gleichsam erstarren.
Wie er die Gespräche mit gelehrten Menschen sehr liebte, so fand er auch Ergötzen am Lesen der Schriftsteller, ob sie nun in Prosa oder in Versen schrieben, und besonders trägt er Verehrung für Dante, dessen wunderbares Genie ihn anzieht, und dessen Werke er fast ganz in treuem Gedächtnis bewahrt. Den Petrarca schätzt er vielleicht fast eben so hoch. Doch begnügte er sich nicht damit, sie zu lesen, sondern fand auch seine Lust daran, selbst zu dichten, und manche seiner Sonette legen für die grosse Kraft seiner Erfindung und seinen reinen Geschmack gutes Zeugnis ab … Aber all dies trieb er nur zu seinem Ergötzen und masste sich keinerlei Sachkenntnis darin an, setzte sich selbst vielmehr stets herab und betonte seine Unerfahrenheit in solcherlei Künsten.
Mit gleichem Eifer und gleicher Aufmerksamkeit las er die heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments und suchte mit stetem Bemühen in ihren Sinn einzudringen. Gleicherweise studierte er die Werke Savonarolas, zu dem er stets grosse Zuneigung hatte, und noch bewahrt er im Gedächtnis den lebendigen Klang seiner Stimme.
Auch liebt er die Schönheit des Körpers, ist er doch am tiefsten mit ihrem Wesen vertraut. Ja er liebt sie so sehr, dass sinnliche Menschen, die nur in unlauterer und unehrenhafter Weise die Schönheit zu lieben vermögen, Schlimmes von ihm dachten und sagten. Und doch wurde Alcibiades, der überaus schöne Jüngling, von Sokrates mit der keuschesten Liebe umfasst und er pflegte zu sagen, so oft er an dessen Seite geruht habe, sei er nie anders als wie ein Sohn von der Seite des Vaters aufgestanden. Ich habe oft Michelangelo über die Liebe reden und sich unterhalten hören, habe aber stets, auch von den übrigen, die dabei waren, vernommen, dass er nicht anders über die Liebe spreche, als wie bei Plato geschrieben steht. Ich weiss ja nun nicht, was Plato über diesen Gegenstand sagt; das aber weiss ich gewiss, dass ich lange seinen vertrauten Umgang genoss und aus seinem Munde stets nur Worte von strengster Lauterkeit vernahm, die in jedem Jüngling alle ungeordneten und zügellosen Wünsche niedergezwungen und ausgerottet hätten. Und dass sein Geist hässliche Gedanken nicht duldete, kann man auch daraus erkennen, dass er stets nicht nur die Menschenschönheit liebte, sondern alles Schöne, ein schönes Pferd und einen schönen Hund, die Schönheit einer Landschaft, eines Berges, eines Waldes, jede schöne Gegend und jegliches schöne und in seiner Art seltne Ding mit tiefer und wunderbarer Verehrung anschaute. So entnahm er überall der Natur das Schöne, wie die Bienen aus den Blüten den Honig sammeln, und legte es in seinen Werken nieder. Das haben aber alle die getan, die sich in der Kunst eines grösseren Rufes erfreuten. Jener Meister des Altertums begnügte sich, um die Venus zu bilden, nicht damit, nur eine Jungfrau zu sehen, sondern er wollte viele anschauen. Und indem er so von jeder das Schönste und Vollendetste nahm, schuf er daraus die Göttin. Und so viel steht fest: wer sich einbildet, er werde auf anderem, als auf diesem Wege, der allein zur rechten Anschauung führt, Grosses in der Kunst leisten, der täuscht sich in verhängnisvoller Weise.
In seinem ganzen Leben beobachtete Michelangelo eine grosse Mässigkeit und bediente sich, zumal wenn er arbeitete, mehr aus Notdurft als zum Genusse der Speise. Meist begnügte er sich dann mit einem Stück Brot, das er ass, ohne die Arbeit zu unterbrechen … Oft hörte ich ihn sagen: „Ascanio, wenn ich auch noch so reich war, stets habe ich arm gelebt.“ Und wie er nie viel ass, so schlief er auch wenig; pflegte er doch selbst zu sagen, der Schlummer habe ihm nie gut getan, habe ihm vielmehr fast immer, wenn er länger geschlafen habe, Kopfschmerzen verursacht. Als er noch von kräftigerer Gesundheit war, schlief er öfter in Kleidern und Stiefeln — dieser bediente er sich, weil er stets am Krampf litt und noch aus anderen Gründen — und manchmal liessen sie sich so schwer ausziehen, dass mit den Stiefeln auch die Haut mitging, so wie es bei der Schlange geschieht, wenn sie sich häutet.
Nie geizte er nach Geld, noch strebte er danach, Reichtümer aufzuhäufen; vielmehr war er zufrieden, wenn er genug besass, um ruhig leben zu können … Viele seiner Werke hat er verschenkt und hätte doch durch ihren Verkauf unermessliche Summen lösen können … Er war aber nicht nur mit seinen Werken freigebig, sondern hat auch oft einem armen, doch tüchtigen jungen Menschen, der sich den Künsten oder der Wissenschaft widmete, mit seiner Börse geholfen; ich kann das bezeugen, denn mir selbst ist so von ihm geschehen. Nie war er neidisch auf die Erfolge anderer in seiner Kunst, und das mehr aus natürlicher Herzensgüte, als weil er von sich selbst eine hohe Meinung hätte. Er lobte das Gute in allen, selbst in Raffael von Urbino, mit dem er doch, wie ich oben schrieb, im Felde der Malerei manchen Kampf ausgefochten hat. Nur hörte ich ihn sagen, Raffael habe seine Kunst nicht von der Natur erhalten, sondern sie sich durch langes Studium erworben …
Er besitzt ein ausserordentlich treues Gedächtnis, so dass er, der doch, wie man sehen kann, Tausende von Gestalten gemalt hat, nie auch nur zwei bildete, die sich ähnlich gesehen, oder die gleiche Haltung eingenommen hätten. Ich hörte ihn sagen, dass er keine Linie ziehe, ohne zu wissen, ob er sie bereits einmal gezogen habe; und wenn dies geschehen ist, lässt er sie nie stehen, falls das Werk für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Auch besitzt er eine ungeheure Kraft gestaltender Phantasie, und daher kommt es vor allem, dass er stets so unzufrieden mit seinen Werken ist, und sie stets herabsetzt, denn noch nie schien es ihm, als sei es seiner Hand gelungen, das Bild zu formen, wie es in seinem Innern aufstieg. Und aus den gleichen Gründen ist er schüchtern, wie es die sind, die sich in Musse einem beschauenden Leben hingeben. Nur wenn ihm oder anderen Unrecht zugefügt wird, oder man seine Rechte verletzt, flammt er in gerechtem Zorne auf. Dann aber ist die Wucht seiner Abwehr grösser, als bei denen, die man für mutig hält …“
Ascanio Condivi, Leben Michelangelos,
Kap. 62–68.
Nur dich erfreut mein Gram! Sieh, welch Erbarmen
Die holden Frau'n bewegt, dass Qual und Sterben
Zu süss du noch erachtest für mich Armen.
Wo ist nun Mitleid? Wen zum Schützer werben
Vor Weibes Grimm, wenn Männer sich vernichten,
In Hass und Kampf sich stürzen ins Verderben?
Du, Amor, sollst wie immer heut auch richten!
Und reiche nur den Bogen ihren Händen;
Bin schuldig ich, dann mag sie mich vernichten.
Der, welcher schmachtet zwischen Kerkerwänden,
Der, den zum Tod man schleift in wilder Hetze,
An welch ein Tribunal soll der sich wenden?
Was nützen ihm und mir Recht und Gesetze?
Doch sag', warum lehrt dich mein Lieben hassen?
Wer fasst es, dass dich Fleh'n in Wut versetze?
Dem Schatten gleicht dein Reiz, in dem erblassen
Die dir sich nah'n; das Herz, das liebewarme,
Muss schauernd sein Verderben hier umfassen.
Ihr stolzen, stets zum Mord bereiten Arme,
Ihr Augen, spottend der im Netz Verstrickten,
Ihr Hände, höhnisch deutend auf uns Arme,
Ihr Gaben all, verliehen der Beglückten
Zu hohem Ruhm, nicht schuf euch Gottes Wille,
Um Tod und Schmach zu bringen uns Entzückten!
Ihr sollt im Spiegel eurer Schönheitsfülle
Den Glanz uns ahnen lassen jener Sphären,
Die noch uns birgt des Staubes Schleierhülle.
Die ird'sche Schönheit soll uns glauben lehren
An ew'ge Schönheit, göttliche Vollendung;
Und du lebst nur zu töten, zu verheeren!
Ein Himmelsbote, spottend seiner Sendung,
Verdient den Untergang noch mehr als jene,
Die ihm gefolgt in menschlicher Verblendung.
Die Liebe zeigt dein Ende mir, du Schöne,
Dass meine Warnung deinen Stolz vernichtet
Und dir ins Auge lockt die Reueträne.
O fühle doch der Welt dich auch verpflichtet,
Für die so schön geschaffen du; gefallen
Lass dir die Lieder, dir zum Ruhm gedichtet.
Die Tugend nützt sich selbst nicht nur, nein allen,
Dem Himmel gleich, der Licht am meisten spendet,
Wo sich am dunkelsten die Schatten ballen,
Du aber hast dich geizig abgewendet;
Wir sterben, du bleibst ungestraft auf Erden;
Nun seht ihr, dass nicht hier das Dasein endet,
Und dass Gerechtigkeit geübt muss werden
In andern Welten. Weh, dass treue Dienste
Man lohnt durch Qual und tödliche Gefährden!
— — — — — — — — — —
1.
Sophie Hasenclever.
„Die Nacht, die wir in tiefem Schlummer sehen,
Ein Engel schuf sie hier aus diesem Stein,
Und weil sie schläft, muss sie lebendig sein,
Geh, wecke sie, sie wird dir Rede stehen.“
„Schlaf ist mein Glück; so lange Schmach und Kummer
Auf Erden dauern, besser Stein zu bleiben,
Nicht sehn, nicht hören bei so schnödem Treiben.
Sprich leise drum und stör' nicht meinen Schlummer.“
2.
Sophie Hasenclever.
„Für tausend Liebende bist du geboren
In Engelsschönheit! Schläft der Himmel heute,
Dass du des einen Beute,
Du allen einst geschenkt und nun verloren?
Sind wir, ach fern geboren,
Nicht ganz verschmäht, so lass für uns auch tagen,
Für uns Verbannte deiner Augen Sonnen!“
„Wohlan, nicht sinke euer Mut, ihr Toren,
Denn nicht den grossen Raub lässt grosses Zagen
Geniessen den, der mich zum Schein gewonnen;
Und seht, ist nicht inmitten aller Wonnen
Unfähig zum Genusse sein, viel schlimmer,
Als dulden bei der Hoffnung fernstem Schimmer?“
3.
Sophie Hasenclever.
Herr, hatte je ein altes Sprichwort Wert,
So hat es dies: Wer kann, der will noch nicht.
Auf hohle Reden legtest du Gewicht
Und hast mit Gunst der Wahrheit Feind geehrt.
Stets hab' ich mich in deinem Dienst bewährt,
Dein, wie der Sonne ihrer Strahlen Licht;
Doch, wenn ich Zeit verloren, rührt's dich nicht,
Und schaltest mehr, je mehr ich mühbeschwert.
Mein Hoffen hatt' ich ganz auf dich gestellt,
Nur war ein gutes Schwert und rechte Wage
Mehr angebracht als hohles Echowort.
Doch wahrer Tugend wert hält diese Welt
Der Himmel nicht, will er, dass Früchte trage
Ein hohler Baum für uns, der schon verdorrt.
4.
Bettina Jacobson.
Schon wuchs ein Kropf mir bei den Quälerei'n,
Wie's Katzen in der Lombardei geschieht
Vom Wasser, (oder wie man's sonst wo sieht),
Denn in den Bauch drückt schon das Kinn sich ein.
Der Bart starrt aufwärts, der Gedächtnisschrein
Liegt im Genick; wie bei Harpyien flieht
Die Brust, und übers Antlitz tröpfelnd zieht
Der Pinsel Mosaïken reich und fein.
Die Lenden sind mir in den Wanst gespannt,
Dagegen ward mein Hinterteil zur Kruppe;
Unsichern Schritts, ein Blinder, wanke ich.
Vorn nimmt die Haut in Falten überhand,
Und hinten spannt sie über harter Kuppe,
Denn wie ein Syrerbogen krümm' ich mich.
So geht auch wunderlich
Und falsch das Urteil aus dem Hirn hervor,
Denn schlecht nur fährt ein Schuss aus schiefem Rohr.
Such' nun, o Freund, hervor,
Was noch für meine toten Bilder spricht!
Schlecht ist mein Platz, zum Malen taug' ich nicht!
5.
Bettina Jacobson.
So süss wie Mus ist dein Gesicht, o Schöne,
So glatt, als wär' ein Schnecklein drauf spaziert,
Wie Rüben zart; es gleichen deine Zähne
Den Pastinaken, und dein Auge stiert
So wie die Theriakpflanze grün; ich wähne,
Durch solchen Glanz wird selbst ein Papst verführt.
Wie Zwiebeln weiss und blond sind deine Haare!
Erbarm' dich schnell, sonst lieg' ich auf der Bahre!
6.
Sophie Hasenclever.
So rasch, so kühn, mit Lug und Trug im Bunde
Ist meine Freundin, dass sie Huld versprochen
Im Augenblick, da sie mein Herz durchstochen,
Und schon das Eisen steckte in der Wunde.
Ach, zu derselben Stunde
Durchwärmt mich Leben, da mich Tod durchschauert!
Die bange Seele trauert,
Denn wenn dies Schwanken dauert,
Besiegt der Tod das Leben. Mehr vernichtet
Das Böse, als das Gute heilt und schlichtet.
7.
Sophie Hasenclever.
Genöss' ich mindre Gnade,
Dann reichte wohl zum Leben meine Kraft,
Nun aber ist erschlafft
Durch Zähren, die in Doppelbächen fliessen,
Mein Herz und krank vom Tränenbade.
So muss das hohe Glück die Schwäche büssen!
Kein Weiser will geniessen,
Wozu die Kraft ihm fehlet,
Denn Wonne ohne Mass erdrückt hienieden.
Ein stilles Glück wird spriessen,
Vom Friedenshauch beseelet,
Dem Herzen, das in Demut sich beschieden.
Nicht bringt, was andern ziemt, auch mir den Frieden;
Giebst dem, der nur um kleinen Lohn gebeten,
Das Höchste du, so wird das Glück ihn töten.
8.
Sophie Hasenclever.
Wenn sich die Schmerzen, die mein Antlitz trüben,
Dir, teure Herrin, zeigen,
So scheinen sie zu steigen
In gleichem Mass, wie in dem deinen, lieben,
Das frei von Gram geblieben,
Die Reize sich erhöh'n; durch meine Leiden
Will Amor dich Geliebte noch verschönen;
Da Ruhm dir bringt solch Lieben,
So duld' ich denn mit Freuden.
Macht schon mein Gram dich schön, wie erst mein Sterben!
Und doch, wenn meine Tränen,
Die Glanz und Reiz erhöh'n in deinen Zügen,
Einst durch den Tod versiegen,
So bringt mein Tod statt Ehre dir Verderben.
Nun will ich nicht mehr sterben,
Nein, dulden will ich gern in deiner Nähe,
Denn süss ist Gram, der solche Schönheit nähret;
Wem sie zu schau'n bescheret,
Der trägt ja leicht zugleich ein grosses Wehe.
9.
Sophie Hasenclever.
Der goldne Kranz, sieh, wie er voll Entzücken
Das blonde Haar mit Blüten rings umfängt,
Es darf die Blume, die am tiefsten hängt,
Den ersten Kuss auf deine Stirne drücken.
Wie freudig das Gewand den langen Tag
Sich um die Schultern schliesst und wieder weitet
Am Hals, zu dem das Haar herniedergleitet,
Das dir die Wangen gern berühren mag.
Sieh aber hier, wie mit verschränkten Schnüren
Nachgiebig und doch eng das seidne Band
Beglückt ist, deinen Busen zu berühren.
Der Gürtel spricht: Lass mich die Lust geniessen,
Dass ewig meine Haft dich so umspannt —
Wie würden da erst Arme dich umschliessen!
10.
Hermann Grimm.
Weil man wie Seelenzwang,
Erscheint sie auch als Labe,
Die Gunst empfindet, sich gebunden glaubt,
So klagt mein Freiheitsdrang
Ob deiner werten Gabe
Mehr noch, als hätte mich ein Dieb beraubt.
Und kann zum Strahlenhaupt
Der Sonne ungeschwächt kein Auge dringen,
Das doch erstarken müsst' bei solchem Wagen,
So möchte kraftberaubt
Nicht mein Vermögen sein, dir Dank zu bringen.
Oft muss vorm Überfluss der Mangel zagen,
Und jener wieder über diesen klagen:
Denn Liebe will nur solche Freunde nennen,
(Wie selten ach)! die gleich an Glück und Können.
11.
Bettina Jacobson.
Mit deinem Griffel, deinen Farbentönen
Hast gleich die Kunst du der Natur gemacht,
Ja übertroffen sie zum Teil an Macht,
Da fähig du, ihr Schönes zu verschönen.
Doch heut erst wird vollständ'ger Sieg dich krönen,
Dich, der auf höh're Werke jetzt bedacht,
Denn deine Schrift erhellt des Grabes Nacht
Und gibt Unsterblichkeit den Erdensöhnen.
Ob auch die Kunst oft die Natur bezwungen,
Ob Jahre ihre Werke nicht verletzen,
Sie hindert's nicht, dass alle einst zerstäuben.
Du aber, Taten singend, die verklungen,
Du, Tote weckend trotz Naturgesetzen,
Wirst du und werden sie lebendig bleiben.
12.
Sophie Hasenclever.
Ein Maultier, Kerzen, wahre Zuckermassen!
So über mein Vermögen handelt Ihr,
Dazu die grosse Flasche Malvasier,
Dass ich Sankt Michael muss die Wage lassen.
Zu schönes Wetter lässt kein Lüftchen blasen:
Das Segel hängt, der Kurs entschwindet mir,
Mein schwaches Schifflein scheint ein Splitter schier,
Den wilden Meeresfluten überlassen.
Erwäg' ich Eure Gaben, Eure Güte
Und Speis' und Trank und freundliches Bedenken,
Dass man auf Reisen sorglich mich behüte, —
Dann würde sich mein Dank auf nichts beschränken,
Selbst wenn ich Euch mich selbst als solchen biete,
Denn eine Schuld bezahlen, heisst nicht schenken.
13.
Bettina Jacobson.
(Michelangelo schildert im ersten Teil des Gedichtes die Reize des ländlichen Lebens und stellt diesem die Reihe der Laster gegenüber, die dem Reichen in der Stadt das Leben verbittern: Zweifelsucht, Falschheit, Schmeichelei, Zwist, Betrug, Lüge, endlich, in den folgenden Stanzen, den Hochmut, die Missgunst und die sieben Todsünden, ihre Kinder.)
Der Riese Stolz bläht sich so hoch, dass nimmer
Er uns im Staub gewahrt; manch schöne Stadt
Zermalmt mit plumpen Sohlen er in Trümmer;
Zur Sonne will er schaffen sich den Pfad,
So baut er Turm auf Turm, doch ihren Schimmer
Sah er noch nie, da nur ein Aug' er hat,
Und dies ihm an der Ferse sitzt. Im Wahne
Durchrast die Himmel er gleich dem Orkane.
Die Berge sind den Sohlen jenes Hünen,
Was uns ein Sandkorn ist. Der Drachen Brut
Birgt sich in seinem Fell und neben ihnen
Erscheint der Walfisch in der Meeresflut
Wie eine Fliege klein. Es schreckt den Kühnen
Nur eins: Wenn sich erhebt der Stürme Wut
Und Staub und Halme wirbelnd aufwärts sendet,
Sein einzig' Auge durch den Qualm ihm blendet.
Auch eine träge Alte ist ihm teuer,
Die grosse Amme seiner Ungestalt,
Sie nährt in ihm der wilden Kühnheit Feuer,
Sie reizt ihn an zu Frechheit und Gewalt.
Wohnt nicht das Weib bei diesem Ungeheuer,
So birgt es sich im tiefsten Felsenspalt.
Geht müssig er, hockt sie in dunkler Kammer
Und schickt dem Volke Hungersnot und Jammer.
Im Busen, aus dem alle Übel stammen,
Trägt sie das Zeichen ihres Herrn; die Qual
Des Nächsten mästet sie, sie schrumpft zusammen
Bei andrer Glück, die Gier stillt ihr kein Mahl;
Sie peinigt alle mit des Hasses Flammen
Und liebt, o Wunder, selbst sich nicht einmal.
Ihr Arm ist Eisen, Stein das liebeleere
Das eis'ge Herz; sie schlinget Berg und Meere.
Und beider Kinder — sieben sind's — durchfliegen
Die Welt von Pol zu Pol, ein Höllenchor;
Nur die Gerechten wollen sie bekriegen,
Sie schliessen auf und zu des Abgrunds Tor,
Denn Beute bringen sie nach grossen Siegen;
Unzähl'ge Arme strecken sie hervor,
Um nach und nach die Seelen ganz zu binden
Wie Eupheuranken einen Turm umwinden.
14.
Sophie Hasenclever.
O fühlest du mit mir, der hier im Staube
Verschlossen ruht, der Welt entrückt, Erbarmen,
So spare deine Tränen für die Armen,
Die leben, wechselndem Geschick zum Raube.
Warum ergreifst du Tod nicht müde Greise,
Warum soll ich in meiner Blüte sterben?
„Weil das, was altert in der Welt Verderben,
Nicht aufschwebt und nicht weilt im Himmelskreise.“
Nicht mordete mit hoher Jahre Waffen
Der Tod die Schönheit, die der Staub hier deckt,
Er nahm sie schnell, auf dass sie unbefleckt
Zum Himmel kehre, schön wie sie geschaffen.
Geboren war ich erst vor kurzer Frist,
Als man mich hier begrub; so schnell entführet
Der Tod mich, dass der freie Geist kaum spüret,
Wie sehr sein Zustand jetzt verwandelt ist.
Man glaubt mich tot, der ich gelebt zum Frommen
Der Welt, im Busen tragend tausend Seelen,
Die mich geliebt; wie kann mir Leben fehlen,
Da eine Seele nur der Tod genommen?
O würden Fleisch und Blut für meine Knochen —
Dass ich aufs neue lebte — eure Tränen,
Dann wär' aus Mitleid hart, wer weint; sein Sehnen
Zwäng' mich zurück ins Joch, das ich zerbrochen.
Dass ich gelebt, weiss nur mein Leichenstein,
Und denkt ein Mensch an mich, dann dünkt's ihn gar
Wie Traum; so wirkt der Tod, dass das, was war,
Erscheint, als könnt' es nie gewesen sein.
Ich, Braccio von Geschlecht, sah, seit in Schmerzen
Zur Welt ich kam, nur kurze Zeit den Tag;
Nun bin ich hier, wo gern ich harren mag,
Leb' ich nur fort in meines Freundes Herzen.
Der Bracci Sonne sank hinab ins Grab,
Mit ihr die Sonne der Natur. Nicht Waffen
Bedurft' der Tod, um ihn dahin zu raffen;
Ein Hauch schon bricht die Frühlingsblume ab.
15.
Sophie Hasenclever.
Kein Lob erreicht ihn, denn was könnt' ich sagen,
Da selbst den Blinden er voll Glanz erschienen?
Doch dazu soll die Sprache jetzt mir dienen,
Das Volk, das ihn beleidigt, anzuklagen!
Ihm, der zum Reich der Seelen, die verloren,
Hinabstieg, ihr Geheimnis zu erraten;
Ihm, dem die Himmelstore auf sich taten,
Verschloss die eigne Vaterstadt die Tore.
O Vaterland des Undanks! Dir zum Schaden
Hast du ihn ausgestossen! Du, das stets
Die Besten mit dem schwersten Schmerz beladen.
Nur seinen Namen braucht die Welt zu lesen!
Denn ward ein Mann unwürd'ger je verbannt
Und ist ein Mann so gross wie er gewesen?
16.
Hermann Grimm.
Wie kommt's, dass ich nicht mehr mein eigen bin?
Wer ist's, durch den ich mich verlor,
Der, fremd, in mir sich drängte vor,
Mehr gilt in mir als eigner Sinn?
Und wie durchschnitt
Die harte Brust,
Wer mich nicht einmal angerührt?
Wer bist du, Liebe, Qual und Lust,
Die nun mein Herz gefangen führt,
Die durch das Aug' in meine Seele glitt
Und da so masslos wächst und schwillt,
Dass sie an tausend Enden überquillt?
17.
Hans Grasberger.
Den Augen gebt zurück, o Fluss, o Quelle,
Das Wasser, nicht entsprungen euren Bronnen,
Die Tränen, die in eure Flut verronnen,
Zu wilder Höhe trieben eure Welle!
Du trübe Luft, die mir das Licht, das helle,
In Nebel hüllt, verdunkelnd meine Wonnen,
Gib wieder, um die Blicke neu zu sonnen,
Die Seufzer mir, dass es kein Dunst entstelle!
Die Schritte, Erde, gib zurück den Füssen,
Es sprosse neu das Gras auf meinem Wege;
Gib, Echo, heut zurück mir Klag' und Stöhnen,
Gebt meinem Aug' ihr Augen, o ihr süssen,
Die Blicke wieder, dass ich lieben möge
Ein andres Weib, da euch verhasst mein Sehnen.
18.
Sophie Hasenclever.
So kehren wirklich die befreiten Seelen,
Auf kurz bemess'ne Zeit,
Zurück in anderm Kleid,
Dass Leben sie und Tod von neuem wählen?
Wird strenge im Befehlen,
Wie einst, die Liebste nah'n,
Noch ganz von ihrem alten Reiz umflossen?
Fast möcht' ich darauf zählen,
Sie zeigte sich alsdann
Ganz ohne Groll, von Milde übergossen.
Und, war ihr Aug' geschlossen,
Hat, neubelebt, sie Mitleid wohl erworben
Mit meinem Tod, — die selber schon gestorben!
19.
Bettina Jacobson.
Des besten Künstlers herrlichsten Gedanken,
Ein einz'ger Marmor kann ihn ganz enthalten,
Doch muss, will ihn der Meister uns entfalten,
Die Hand dem Geist gehorchen ohne Wanken.
In dir auch birgt sich Glück und Pein; verdanken
Könnt' ich dir höchstes Heil, doch zu gestalten
Dies Glück, es zu gewinnen, zu erhalten,
Fehlt mir die Kunst; so muss an Gram ich kranken.
Nicht trägt denn Liebe Schuld an meinen Leiden,
Nicht darf das Schicksal ich zu schmähen wagen;
Kann Heil ich oder Tod von dir erwerben,
Trägst du im Busen sie und ward von beiden
Mir Tod zuteil, muss ich mich selbst verklagen;
Mein schwacher Geist verschuldet mein Verderben.
20.
Sophie Hasenclever.
Dein leuchtend helles Diadem erringen,
Auf steilem Pfade rauh und lang,
O das vermag im Liebesdrang
Ein Herz voll Demut nur und edler Sitte.
Dir wächst die Kraft, mir werden lahm die Schwingen,
Versagt der Odem auf des Weges Mitte.
O höre meine Bitte:
Obgleich mein Herz sich freut an deiner Ehre,
Und jauchzt, dass deine Tugend so erhaben,
So fleht es dennoch: lenke deine Schritte
Ein wenig nur herab zu mir und wehre
Mir Schwachem nicht, den Geist an dir zu laben;
Wenn minder gross, du Hehre,
Mein Herz dich wünscht, nicht höh'ren Flug will dulden,
O so vergib dir selber mein Verschulden.
21.
Sophie Hasenclever.
Der Freundlichkeit, mit der Ihr mich bedenkt,
Nicht allzu unwert, Herrin, mich zu zeigen,
Wollt ich mit dem, was meinem Geiste eigen,
Erst das erwidern, was Ihr mir geschenkt.
Bald aber fühlt' ich: da Euch nachzusteigen,
Wohin der Genius Euch empor gelenkt,
Gibt's keinen Weg für mich: verzeiht und denkt,
Wie sehr ich weiss, warum mir ziemt zu schweigen.
Denn Irrtum wär' mein Glaube, wenn ich dächte,
Dem gleichzutun mit meinem schwachen Werke,
Was von Euch wie des Himmels Gnade regnet.
Das Feuer fehlt, die Kunst, die es vollbrächte,
Mir Sterblichem, dem kein Versuch die Stärke
Verleiht, mit der der Himmel Euch gesegnet.
22.
Hermann Grimm.
Ach neben dir, die durch zu grosse Wonne
Das Leben mir entreisst,
Wie arm bin ich an Geist,
An Kraft und Kunst! Ja deinen Strahlensegen
Flieht, wie der Blick die Sonne,
Mein blöder Geist; die Flügel möcht' er regen
Weit über sein Vermögen;
Er übertrifft sich selbst, nur deiner kleinsten Spende
Auch wert zu sein; bald aber, ach zum Schaden,
Erlahmt sein Flug, und klar sieht er am Ende,
Nie kann der Dankesschuld er sich entladen,
Für so viel Gnaden!
Je mächt'ger lodern deiner Seele Flammen,
Je mehr sink' ich in toten Staub zusammen.
23.
Sophie Hasenclever.
Was ist es, das die Seele mir entzündet?
Ahn' ich der Gottheit Glanz, die Strahlen krönen?
Sah ich auf Erden je ein Bild des Schönen,
Das meine Seele zitternd nachempfindet?
Blieb mir ein Himmelsstrahl, der nie erblindet,
Von jener Seligkeit, nach der mit Tränen
Sich die verbannten Menschenherzen sehnen,
Die niemals ganz aus dem Gedächtnis schwindet?
Das, was ich fühl' und schau', das, was mich leitet,
Ist nicht in mir, noch weiss ich, wo es finden!
Zeig' du es mir, denn seit ich dich erschaue,
Fühl' ich, wie sich in meinem Busen streitet
Ein Ja und Nein, ein bittersüss Empfinden;
Gewiss dein Auge ist es, holde Fraue!
24.
Sophie Hasenclever.
„Sprich Amor, ist es Wahrheit, ist's ein Wähnen,
Dass Götterpracht der Herrin Antlitz schmückt,
Oder hat mich ein inn'res Bild entzückt,
Und seh' ich hier den Abglanz jenes Schönen?
Du weisst es, denn du kamst mit ihr; mein Sehnen
Entfachst nur du, nur du hast mich berückt;
Doch fleh' ich, trotz der Qual, die mich bedrückt,
Nicht mindre diese Flammen, diese Tränen!“
„Die Schönheit, die du siehst, entstammt der Erde,
Doch wächst ihr Glanz, steigt sie zu höhern Sphären;
Durch deine Augen tritt sie in die Seele,
Und diese, dass gleich ihr unsterblich werde
Die Schönheit, nimmt sie auf, sie zu verklären;
So laut're Schönheit siehst du, ohne Fehle.“
25.
Sophie Hasenclever.
O meine Augen, wisst:
Die Zeit vergeht, die Stunde kommt heran,
Wo trüber Tränen Born sich schliesst!
Gott halt' euch aufgetan,
So lange meiner Herrin Huldgestalt
Auf Erden wallt.
Schliesst sich der Himmel auf,
Und meine Erdensonne
Lenkt, euch entrückt, den Lauf
Hinan zu aller Sel'gen Wonne,
Was bleibt euch fürder noch zu schauen dann?
26.
Hans Grasberger.
Wenn Kunst, im Stein gestaltend,
Erschaffend und erhaltend,
Dir dauernd Leben gibt durch Menschenhände
Bis an der Zeiten Ende,
Wie könnte erst der Himmel dich verklären,
Der Himmel, göttlich waltend,
Der höh'rer Schönheit Spende
Als Menschenkunst verleiht, wollt' er dir Hehren
Auf Erden schon Unsterblichkeit gewähren!
Doch ach, dein Bild besteht, und du musst sterben?
Wer rächt hier dein Verderben?
Dich räche die Natur, denn sieh, es bleibet
Der Menschen Werk, indes ihr Werk zerstäubet.
27.
Sophie Hasenclever.
Als sie, um die viel Seufzer mich verzehren,
Der Erde, meinem Blick und sich entschwand,
Da blieb Natur, die ihrer wert uns fand,
Beschämt zurück, und, der sie sah, voll Zähren.
Heut wird man nicht den Tod sich rühmen hören,
Ob dieser Sonnen Sonne: ihm entwand
Die Liebe sie: hier lebend festgebannt,
Weilt sie dort oben unter Engelchören.
Wohl meinte dieser arge, böse Tod:
Verstummen müssten hier die Ruhmesklänge,
Darin man Tugend, Seelenschönheit ehrte.
Und dennoch spenden jetzt uns die Gesänge
Mehr Lebensglanz, als einst ihr Leben bot:
Der Himmel liess uns, was ihm nicht gehörte.
28.
Bettina Jacobson.
Dass nah dem Feuer mich die Glut verzehrte,
Was Wunder? Und, dass jetzt, wo es verglommen,
Ich mich bekümmert fühle und beklommen,
So dass ich nach und nach zu Asche werde?
Ich sah, wie Flammenschein den Ort verklärte,
Von dem mir all die schwere Pein gekommen,
Doch gab der Anblick schon mir Heil und Frommen,
Der Qual und Tod in Wonne mir verkehrte.
Jetzt, da der Himmel mir des Feuers Helle, —
Die mich entzündet, mich ernährte, — nimmt,
Glüh' ich als Kohle noch im Aschengrabe.
Schafft mir nicht Amor Feuerstoff zur Stelle,
Bleibt auch kein Fünklein mehr, das weiterglimmt,
Wenn ich zu Asche mich verwandelt habe.
29.
Bettina Jacobson.
Um so vollkommne Schönheit nicht von allen
Zurückzufordern, wenn der Tod erschien,
Ward einer sie verliehn:
Der Hohen, Reinen, unter zartem Schleier.
Hätt' allen Sterblichen es Gott gefallen,
Sie zu gewähren, war der Rückkauf teuer.
Ein Hauch ward zum Befreier,
Ein Augenblick, an Dauer kaum gemessen,
Genügte, dass sie Gott
Zurückgeholt: Kein Auge schaut sie wieder! —
Doch bleiben unvergessen,
Ob auch die Hülle tot,
Uns ihre schönen, heilgen, süssen Lieder.
Lieh Gott an schlimme Brüder
So viel wie ihr, wollt' es zurückerwerben,
Mitleid, gesteh's: Wir alle müssten sterben! —
30.
Bettina Jacobson.
Ward auch schon manches Menschenbild gesehn,
Das aus dem harten Stein mein Hammer bricht,
So steht er doch in Meisters Bann und Pflicht,
Durch den allein kann Schlag und Führung gehn.
Nur was da göttlich wohnt in Himmelshöhn,
Ist schön durch sich, versendet eignes Licht;
Doch wird ein Hammer ohne Hammer nicht,
Kann Leben auch aus Leben nur erstehn.
Weil nun der Schlag nur stärker niederfährt,
Je höher wir hinauf den Hammer schwingen,
Flog über mich der deine himmelan.
So, wenn Gott gnädig Hilfe nicht gewährt,
Kann des Unfert'gen Bildung nur misslingen,
Weil sie kein andrer hier vollbringen kann.
31.
Bettina Jacobson.
Versetz' in jene Zeit zurück mich heute,
Wo zaumlos toben mochte blinde Glut!
Gib mir das Antlitz wieder engelgut,
Dem alle Jugendkraft gewelkt zur Seite;
Die Schritte ohne Zahl in alle Weite,
Die schwer und müh'voll nur das Alter tut,
Dem Busen Feuer gib und Tränenflut,
Willst du noch einmal, Amor, mich zur Beute.
Denn lebst von Zähren wirklich du, vergossen
In Leid und Lust, was macht den Greis dir teuer,
Der fast am andern Ufer angekommen?
Schon wehrt der Geist mit himmlischen Geschossen
Sich gegen deinen Pfeil. Das stärkste Feuer,
Es zündet nicht im Holz, das schon verglommen.
32.
Sophie Hasenclever.
Ein frohes Herz verschönt, und hässlich macht
Ein traurig Herz; so werd' ich umgestaltet
Durch dich, die meins verwaltet.
— Nur eins begreif' ich nicht: du müsstest glühen,
Da du die Glut entfacht! —
Ein Auge klar und helle
Hat für das Schöne mir mein Stern verliehen,
Und willst du mir entziehen
Des Trostes letzte Strahlen,
Wirst du, seh' ich, dir schaden, denn ich meine,
In jedes Bildnis malen
Zugleich mit dem Modelle
Wir Künstler uns hinein; wie wird das deine,
Wenn ich so trostlos weine?
Beglücke mich, dann mal' ich ohne Tränen,
Und du wirst schön und wirst auch mich verschönen.
33.
Sophie Hasenclever.
Oft gleicht ein Bild dem Bildner mehr, o Jammer!
Als dem Modell; so bilde
Ich jetzt nur schmerzlich wilde
Entstellte Züge, klägliche Gestalten!
Dich formen will mein Hammer,
Und formt mich selbst, die Stirn voll Schmerzensfalten.
Was könnt' ich auch gestalten,
Da Liebe mich vernichtet,
Als diesen müden Leib voll Angst und Trauer?
Gleicht nicht dem Stein, dem kalten,
Aus dem ihr Bild errichtet,
Die strenge Herrin? Felsen sind nicht rauher.
Die Kunst allein gibt Dauer;
Drum, willst du, dass dein Reiz dich überlebe,
Beglücke mich, dass ich dir Schönheit gebe!
34.
Sophie Hasenclever.
Wohl muss ein reiner tücht'ger Sinn sich freuen
An von der Kunst geschaffenen Gestalten,
Die liebe Züg' und Formen aufbehalten
Und Menschen bilden in Wachs, Ton und Stein.
Wenn dann fühllose Zeiten sie entweihen,
Solch edles Werk zertrümmern und zerspalten,
So wird das Bild sich dennoch in der alten
Schönheit im Geist, der es erfasst, erneuen.
So ist es deiner Schönheit widerfahren:
Als Bild des Heiles, das den Himmel schmückt,
Hat sie der ew'ge Künstler ausgesendet.
Verringert sie nun gleich sich mit den Jahren,
Sieht meine Sehnsucht sie nur mehr vollendet,
Der Schönheit denkend, die kein Alter knickt.
35.
Carl Witte.
Herrin, wie mag's nur sein — und doch bewährt
Es die Erfahrung — dass weit längeres Leben
Dem Bildwerk als dem Bildner wird gegeben,
Des Meisterhand den rohen Stein verklärt?
Der Schöpfer schwindet, das Geschaffne währt,
Kurzlebig muss Natur vor Kunst erbeben,
Ich weiss es, der ich ganz der Kunst ergeben,
Klar sehe, wie die Zeit mit mir verfährt.
So könnt' ich langes Leben wohl uns beiden
Verleih'n, ob Stein, ob Farbe dir beliebt,
Liess ich ein Bild von uns ganz treu und wahr:
Dass man noch tausend Jahr nach unserm Scheiden
Säh', wie du schön warst, wie ich dich geliebt,
Und dass mein Lieben keine Torheit war.
36.
Friedrich Bodenstedt.
Nach vielen Jahren, vielem Suchen, Ringen,
Erreicht der Weise erst, nah seinem Ende,
Wie er durch Geist und Hände
Lebendig aus dem Stein ein Bildnis schafft.
Denn zu so hohen Dingen
Gelangt man spät, und bald erlischt die Kraft.
Dein Antlitz, götterhaft,
Hat, lange suchend und nach vielem Irren,
Natur, am Gipfel angelangt, gefunden;
Nun ist sie alt, und ihre Kraft verzehrt.
Darum ist Furchtverwirren
Mit Schönheit oft verbunden,
Das wundersam ein stark Verlangen nährt.
Wer ist's nun, der mich lehrt,
Was besser sei, nachdem ich dich gesehn:
Die höchste Lust? Der Erde Untergehn? —
37.
Bettina Jacobson.
Was ich in deinem Antlitz sah, beschreibe
Mit Worten nimmer ich; doch was es kündet
Hob oft den Geist, den noch der Körper bindet,
Zu Gott empor aus diesem Erdenleibe.
Dien' ich dem Spott des Pöbels auch zur Scheibe,
Zeiht er der Regung mich, die er empfindet,
So hoff' ich doch, dass Treue fest gegründet,
Dass keusche Glut so wert wie einst dir bleibe!
Die ird'sche Schönheit, für den Blick des Weisen
Gleicht sie dem Liebesquell, dem wir entstammen;
Vom Himmel hat die Welt nicht andre Proben,
Nicht andre Früchte kann die Erde weisen;
Sind treu und keusch nur meiner Liebe Flammen,
Ist süss der Tod und frei mein Flug nach oben.
38.
Sophie Hasenclever.
Ich sehe sanftes Licht mit deinen Blicken,
Mit meinen eignen Augen bin ich blind,
Mit dir im gleichen Schritte wandelnd, sind
Leicht mir die Lasten, die mich sonst erdrücken.
Von deinen Schwingen mit emporgetragen
Flieg' ich mit dir hinauf zum Himmel ewig;
Wie du es willst: kühn oder zitternd leb' ich,
Kalt in der Sonne, warm in Wintertagen.
In deinem Willen ruht allein der meine,
Dein Herz, wo die Gedanken mir entstehn,
Dem Geist, in dem der Worte Quell sich findet:
So kommt's, dass ich dem Monde gleich erscheine,
Den wir soweit am Himmel nur ersehn
Als ihn der Sonne Feuerstrahl entzündet.
39.
Hermann Grimm.
Wenn in zwei Liebenden des Schicksals Walten,
Wenn keusche Lieb' sich gleich und Frömmigkeit,
Wenn einer weinet bei des andern Leid,
Ein Will' und Geist in beiden Herzen schalten;
Wenn eine Seele lebt in zwei Gestalten,
Verklärt in beiden, sie zu gleicher Zeit
Mit einem Flügel trägt zur Seligkeit,
Ein goldner Pfeil zwei Busen hat gespalten;
Wenn beide füreinander liebend brennen,
Doch keiner selbst sich liebt, wenn jeder täglich
Zum höchsten Ziel den andern will begeistern,
Und wenn dies schwacher Abglanz nur zu nennen
Von uns'rer Liebe, sag mir, ist's dann möglich,
Dass Groll das Band löst zwischen solchen Geistern?
40.
Sophie Hasenclever.
Durch dich erst kenn' ich mich und aus der Ferne
Streb' ich dem Himmel zu, von dem wir kamen,
Und wie der Fisch geködert wird vom Hamen,
Reichst du mir Speise, und ich komme gerne.
Nur schwach kann ein geteiltes Herze schlagen,
Drum gab ich dir das meine ganz und gar:
Was von mir bleibt, du weisst es, der mich kennt!
Ans Beste nur soll sich die Seele wagen,
Drum muss ich heiss dich lieben, will ich leben!
Denn ich bin Holz nur, du bist Holz, das brennt.
41.
Bettina Jacobson.
Wohl darf mit meiner Liebe heissen Flammen
Gerechte Hoffnung sich zum Himmel schwingen,
Denn wollte unsre Wünsche Gott verdammen,
Warum hiess er die Welt aus Nichts entspringen?
Wie sollt' ich auch für Höh'res mich entflammen,
Als um der ew'gen Schönheit Ruhm zu bringen,
Von der die Reize, die dich zieren, stammen,
Die keusch und rein'gend jedes Herz durchdringen?
Trüg'risch ist nur die Hoffnung jener Lust,
Die mit der Schönheit stirbt und stets entflieht,
Weil sie der Züge Wechsel untertan.
Doch die ist unfehlbar in treuer Brust,
Die um der Hülle Wandlung nicht verglüht;
Durch sie wird uns der Himmel aufgetan.
42.
Carl Witte.
Wäre der Schönheit deiner Augensterne
Das Feuer gleich, das sie ringsum entzünden,
Dann flammte wohl die Welt aus Feuerschlünden,
Es schmölzen selbst des Poles eis'ge Kerne.
Doch hat der güt'ge Himmel, der sich gerne
Erbarmt des Schwachen, dass wir nicht erblinden,
Die Augen uns umflort, und wir empfinden
Den Glanz nur wie ein Licht in weiter Ferne.
Nie wird, wie's deinem Reiz gebührt, entbrennen
Der Liebe Glut; nur Stückwerk schau'n wir Toren
Des Ew'gen, lieben das nur, was wir sehen.
Mich auch bewahrt mein mangelhaft Erkennen,
Die Schwäche nur, dem Menschen angeboren,
Für dich im Flammentode zu vergehen.
43.
Sophie Hasenclever.
Ein schönes Antlitz spornt mich himmelan,
Nichts andres freut mich mehr, da schon im Leben
Ich darf empor zu sel'gen Geistern schweben —
Ein Glück, wie selten es ein Mensch gewann.
So sehr zum Schöpfer stimmt sein Werk: ich kann
durch Gottgedanken mich zu Gott erheben,
Vom Himmel wird mir Geist und Wort gegeben,
Seit ich erglüht in holdem Liebesbann.
Drum kann ich von zwei schönen Augen nimmer
Den Blick abzieh'n, als ob zum höchsten Glück,
Empor zu Gott ihr Licht den Weg mir wiese.
Und fühl' ich mich durchglüht von ihrem Schimmer,
Strahlt mir aus ihrer edlen Glut zurück
Das ew'ge Lächeln sel'ger Paradiese.
44.
Friedrich Bodenstedt.
Ein Schwefelherz in einem strohernen Leibe,
Mit Knochen wie geschnitzt aus dürren Asten,
Ein Flackergeist, der sich der ersten, besten
Hingibt, betört von jedem üpp'gen Weibe;
Ein Scheinmensch, blind für Höh'res, mürb wie Zunder,
Dergleichen viele auf der Glücksjagd rennen,
Mag lichterloh im Augenblick entbrennen
Gleich wie vom Blitz gerührt; es ist kein Wunder!
Mir konnte nur die höchste Schönheit taugen,
Zu ew'gen Werken heil'ge Glut zu schüren:
Ihr Glanz allein könnt' mich so hoch erheben.
Klein schien mein Grösstes mir in deinen Augen;
Ich floh das Volk, dich Einz'gen zu erküren;
Mein Werk gab meiner Liebe ew'ges Leben.
45.
Friedrich Bodenstedt.
Das Feuer darf der ems'ge Schmied nicht scheuen,
Sein Eisen neu und kunstvoll zu gestalten;
Mit Kraft des Feuers muss der Meister schalten,
Will er des lautern Goldes sich erfreuen.
Der einz'ge Phönix kann sich nicht erneuen,
Eh' er verbrennt. So auch in Glutgewalten
Hoff' ich zu sterben, mit den Lichtgestalten
Vereint, die Tod und Zeit nicht mehr bedräuen.
O süsses Sterben! Selig, wer so brennt!
Wenn ich zu Asche nach und nach verstoben,
Nicht unter Toten leben muss fortan.
Ja wenn sich von Natur dies Element
Zum Himmel hebt, steig' ich, mit ihm erhoben,
Grad' auf, feurig verwandelt, himmelan.
46.
Friedrich Bodenstedt.
Dein Geist stieg in des Leibes Kerkerzelle
Von dort herab, wohin er einst enteilt,
Dass sich ein Engel, der die Seelen heilt
Und Ruhm der Welt verleiht, uns zugeselle.
Dein Wesen, nicht die Schönheit sonnenhelle,
Entflammt mich, denn ein Herz, wo Tugend weilt,
Baut niemals seine Hoffnung übereilt
Auf das, was rasch entführt der Zeiten Welle.
Doch lebt solch' edler Geist in schöner Hülle,
Dann fasst ihn jeder, wie man an der Scheide
Die Klinge kennt, eh' eine Hand sie zückte.
Nichts in der Welt lehrt so wie Schönheitsfülle
Den Schöpfer lieben! Sieh, es streiten beide,
Natur und Himmel, wer zumeist dich schmückte.
47.
Sophie Hasenclever.
Nicht Glück, nicht Gnade wird dem Übeltäter,
So sagt das Volk, das auch für mich es sprach,
Denn seit am eig'nen Selbst ich war Verräter
Um dein zu sein, floh mich das Glück, und ach,
Die Zeit verbeut's, dass gleich dem Phönix später
Zu neuen Sonnen ich mich schwingen mag.
Eins ist mein Trost, dass mehr ich mir gehöre,
Wenn dein ich bin, als wenn nur mein ich wäre.
48.
Sophie Hasenclever.
Der aus dem Nichts, eh' noch die Welt bewohnt,
Die Zeit in Zwiegestalt hervorgebracht,
Er gab der einen hoher Sonne Pracht,
Der andern gab er dann den nahen Mond.
So wird im voraus jedermann gelohnt,
Glück, Zufall und Geschick ihm zugedacht.
Mir fiel die dunkle Seite zu, die Nacht;
Schon in der Wiege blieb ich nicht verschont.
Und wie bei dem, der eignem Glücke wehrt,
In tiefrer Nacht mehr Schatten sich verbreiten,
So sorg' und klag' ich, dass ich schlecht gehandelt.
Doch Trost gibt, dass es meiner Nacht beschert,
Der Sonne deines Tages vorzuschreiten,
Die von Geburt an über dir gewandelt.
49.
Bettina Jacobson.
Jedweder Raum, bedeckt und eingefügt, —
Was er im Innern auch umschliessen mag, —
Bewahrt die dunkle Nacht am hellen Tag,
Wo alles sich im Strahlenschimmer wiegt.
Doch wird sie von der Flamme Glut besiegt,
Verjagt die Sonne, was im Finstern lag,
So bleibt nichts Arges mehr im dunkeln Hag,
Ja, auch ein Glühwurm hätte schon genügt.
Was in der Sonne treibt an Lebenskraft,
An tausend Keimen, Pflanzen zu erkennen,
Wird durchgepflügt vom starken Ackerknechte.
Die Nacht hingegen ist's, die Menschen schafft,
Und weil wir ihn der Wesen bestes nennen,
Sind heil'ger als die Tage uns die Nächte.
50.
Bettina Jacobson.
O Nacht, du liebe, wenn auch dunkle Zeit,
Die jeder Arbeit stilles Ende bringt,
Wohl sieht und kennt dich, wer dein Loblied singt,
Und wer dich würd'gen kann, der weiss Bescheid.
Du schläferst ein des Hirnes Müdigkeit,
Wie feuchter Nebel ruhvoll niedersinkt;
Aus Tiefen zu ersehnten Höhen schwingt
Mich oft ein Traum empor, durch dein Geleit.
Du hemmst und scheuchst zurück, o Todesschatten,
Des Herzens schlimmste Feindin, jede Pein,
Tust, letztes Mittel, tief Betrübten gut.
Du kräftigst unsre Glieder, unsre matten,
Du trocknest Tränen, wiegst die Sorgen ein,
Und rettest Edle vor Verdruss und Wut.
51.
Bettina Jacobson.
Wenn Phöbus Arme sich nicht strahlend winden
Um dieses kalte, feuchte Erdenrund,
Heisst solche Stunden „Nacht“ der Leute Mund,
Weil sie die Sonne dann nicht mehr empfinden.
Doch ist sie arm und schwach: Schon das Entzünden
Der kleinsten Kerze raubt ihr Leben, und
Ein Zunder an der Flinte macht sie wund,
So dass wir sie gar schnell zerrissen finden.
Will man noch wirklich Wesenskraft ihr geben,
Muss Phöbus' Kind sie und der Erde sein:
Sie trägt den Schatten, jener gibt ihm Leben.
Doch, wie's auch sei: Wer lobt, der irrt. Voll Pein,
Verdüstert, muss die Witwe schon erbeben
Vor Eifersucht bei eines Glühwurms Schein.
52.
Bettina Jacobson.
Wer geboren wird, muss sterben
In der Zeiten Flucht; die Sonne
Duldet jegliches Verderben.
Schnell vergehen Leid und Wonne,
Geist und Wort sind bald verloren;
Alle, die nach uns geboren,
Schatten sind sie, leichter Rauch.
Menschen waren wir ja auch,
Froh und traurig so wie ihr,
Und ihr seht, nun sind wir hier,
Mussten schon zu Staub verderben;
Alle Wesen müssen sterben.
Unsre Augen konnten schauen,
Aus den Höhlen voll und hell;
Heute sind sie leer, voll Grauen,
Denn die Zeit entführte schnell.
— — — — — — — — — —
53.
Bettina Jacobson.
Die Schönheit ward als Vorbild mir auf Erden
Für meinen doppelten Beruf geschenket;
In beiden Künsten sollte sie mir strahlen,
Ein Spiegel, eine Leuchte mir zu werden;
Sie ist es, die zu jenem Ziel mich lenket,
Für das ich einzig meisseln mag und malen.
O törichter, vermessener Gedanke,
Die hohe Schönheit Sinnenlust zu schelten!
Gesundem Geiste zeigt sie Himmelspfade,
Am Staube aber klebt der Blick, der kranke;
Ein reines Auge nur sieht jene Welten,
Die einzig uns erschliesst der Strahl der Gnade.
54.
Sophie Hasenclever
Nicht schön zu sein, unmöglich ist's dir Schönen,
Nicht gut zu sein, dir Guten! Dein Erbarmen,
Verderblich ist's mir Armen,
Es schmilzt mein Herz in deiner Gnadensonnen
Auflösend sich in Wonnen!
Stirbt eh'r nicht deines Herzens Liebesfülle,
Als deine süsse Hülle,
So duld', ich fleh's mit Tränen,
Dass ich bei dir verweile
Bis du der Welt entronnen!
O dann entrückt mein Sehnen
Der Erde mich, ich eile
Empor zum ew'gen Heile;
Gibt uns der Schöpfer einst am jüngsten Tage,
Den Leib zurück, zu Wonne oder Plage,
Dann nimm mich auf, ob unschön ich geblieben,
Dort gilt ja mehr als Schönheit treues Lieben!
55.
Sophie Hasenclever.
Als mir dein Augenstern zuerst erglühte,
Da war's kein irdisch Licht, das mich getroffen,
Schon sah mein Geist entzückt den Himmel offen,
Ein ew'ger Friede zog in mein Gemüte;
Denn nimmer stillt mein Herz der Anmut Blüte,
Erzeugt aus dieser Erde niedren Stoffen;
Der Schönheit Ursprung ist sein Ziel und Hoffen;
Es fliegt der ew'gen Schönheit zu und Güte.
Nie hoffe denn ein weises Herz den Frieden
Von jener Blüte, die zu Staub verkehren
Die rauhe Zeit, und Tod, der uns beschieden;
Wohl mag der Sinne Glut den Greis versehren,
Die Liebe nicht, sie heiligt uns hienieden,
Doch erst der Himmel wird uns ganz verklären.
56.
Sophie Hasenclever.
Die Augen, stets der Schönheit zugetan,
Der Geist, ihr hold und auf sein Heil bedacht,
Sie dringen durch die Nacht
Nur an der Hand der Schönheit himmelan;
Denn aus der Sternenbahn
Strömt Glanz vom Firmament,
So klar, dass ihm zu nah'n,
Die Menschenseele brennt,
Und solch Empfinden nennt
Man Liebe hier; ein edles Herz beflügelt,
Entflammt der Blick nur, der den Himmel spiegelt.
57.
Sophie Hasenclever.
Im Herzen nicht ist meiner Liebe Leben;
Das Herz, das irdisch, sterblich ist, enthält
Die ew'ge Liebe nicht, sie lebt gesellt
Dem Wahn, der Sünde nicht, von Schuld umgeben.
Mir hat die Liebe klaren Blick gegeben,
Die Schönheit dir beim Eintritt in die Welt,
So dass ich selbst in dem, was einst zerfällt,
In deinem Reiz erkenn' der Gottheit Weben!
Vom ewig Schönen trennt in mir sich nimmer
Die Liebe, wie die Wärme nie vom Feuer;
Was ihm entstammt und gleicht, das möcht' ich schauen!
Du trägst in deiner Augen sel'gem Schimmer
Das Paradies, wo du zuerst mir teuer,
Und seine Pforten sind mir deine Brauen!
58.
Sophie Hasenclever.
Als Mensch vom Himmel einst herabgestiegen,
Hat Hölle er und Läut'rungsglut gesehn,
Dann bracht' er lebend, aus des Himmels Höhn,
Uns wahres Licht, die wir im Dunkeln liegen.
Dass du bestrahlt die Stätte meiner Wiegen,
O lichter Stern, ist unverdient geschehn;
Die ganze arge Welt dir zugestehn,
Wär' kleiner Preis: Nur Gott kann dir genügen.
Von Dante red' ich, dessen Werk verkannt,
Missachtet ward vom Volk, dem undankbaren,
Das stets sich von Gerechten abgewandt.
Wär' ich wie er! Hätt' ich wie er den wahren,
Tatkräft'gen Geist, und wär' wie er verbannt:
Das schönste Glück der Erde liess' ich fahren.
59.
Bettina Jacobson.
So viel scheint gross und kostbar, und es blickt
Das Volk drauf hin bewundernd, aber einer
Steht abseits; ihm erscheint es um so kleiner
Und gallenbitter, was sie hoch entzückt.
Und das sogar: der eitlen unverständ'gen
Gedankenlosen Welt muss er sich fügen,
Muss reden, wie sie spricht und Freude lügen,
Und lächelnd die verborg'nen Tränen bänd'gen.
Mein Glück ist nur, dass ganz verborgen sei,
Was ich beweine und was heimlich trachtend
Des Herzens Wünsche wollen, die ich hege.
Blind ist die Welt und nur Verrätern treu,
Ich aber, Hass und Ehre gleich verachtend,
Geh still und einsam weiter meine Wege.
60.
Hermann Grimm.
Ich bin jetzt vor mir selbst an Wert gestiegen,
Bin lieber mir, seit dich mein Herze hegt;
So wird erst auf den Stein ein Wert gelegt,
Wenn ihn der Künstler formt mit edlen Zügen.
Und wie der Blick am Blatt sich mag vergnügen,
Mit Schrift und Bild geziert, nach dem nicht frägt,
Das leer und kahl, so kann erst, seit geprägt
In meinen Geist dein Bild, ich mir genügen.
Als wären Zauber, wären Waffen mein,
So zieh' ich, ohne dass Gefahr mich trifft,
Mit solchem Schutzbrief aus nach allen Winden;
Stark gegen Feu'r und Wasser werd' ich sein,
Mit meinem Speichel tilg' ich jedes Gift,
Und mache sehend durch dein Bild die Blinden.
61.
Sophie Hasenclever.
Wie sich im unbehau'nen, toten Stein,
Je mehr der Marmor unter'm Meissel schwindet,
Anwachsend immer voll'res Leben findet,
So mag es, edle Frau, mit mir auch sein.
Was Gutes in mir ist, es hüllt sich ein
Tief in mein eigen Fleisch, und so, umrindet
Vom rauhen, rohen Stoffe, der mich bindet,
Drängt sich zu mir umsonst das Leben ein.
Zu matt und kraftlos fühl' ich mich allein,
Das Ende naht und Tag auf Tag verschwindet:
Nimm fort, was sich um meine Seele windet!
Ich könnt' es nicht, doch du kannst mich befrei'n!
62.
Hermann Grimm.
Bald auf dem rechten Fuss, bald auf dem linken,
Bald steigend, bald ermüdet zum Versinken,
Hintaumelnd ratlos zwischen Gut und Böse,
Such' ich, wer meiner Seele Zweifel löse;
Denn wem Gewölk verhüllt des Himmels Weiten,
Wie können den des Himmels Sterne leiten?
Drum sei mein Herz das unbeschrieb'ne Blatt,
Und was das deine aus sich selbst gefunden,
O schreib' es nieder! was in allen Stunden
Die Richtschnur sei, nach der es Sehnsucht hat,
Damit im Irrsal dieser Lebenstage
Mir Antwort werde auf des Lebens Frage:
Ob die geringere Gnade einstmals finden,
Die demutvoll sich nah'n mit tausend Sünden,
Als die, die stolz auf das was sie getan,
Im Überfluss der guten Werke nah'n?
63.
Hermann Grimm.
Es spricht ein Mann, es spricht ein Gott mit Kraft
Aus eines Weibes Munde,
Und was sie sprach, die Kunde,
Hat mich mir selbst für alle Zeit entrafft.
Seit ich in ihrer Haft,
Mir selbst durch sie genommen,
Fühl' Mitleid ich mit mir, den sie betrauert.
Tief schweigt die Leidenschaft;
Ihr Reiz nur ausgenommen,
Dünkt hohl die Schönheit mich; in Rosen lauert
Der Tod, vor dem mich schauert.
Du, die durch Feu'r und Wasser führt zum Frieden,
O gib mich nie mir selbst zurück hienieden!
64.
Sophie Hasenclever.
Hat Antlitz, Glieder, eines Menschen Sein
Des Künstlers Geist erfasst, den Gott verliehn,
Dazu ein Tonmodell, mit leichtem Mühn
Bringt er dann Leben in den harten Stein.
So greift, nach roh entworfnen Zeichnerein,
Der klügste, erste unter allen kühn
Zum Pinsel, wählt, was ihm das beste schien,
Nach prüfenden Vergleichen mancher Reihn.
Auch ich kam als gering' Modell zur Welt,
Doch anders ward ich, besser erst geartet,
Durch Euch, o edle Frau, von hohem Mut.
Werd' ich gefeilter, höher noch gestellt,
Durch Eure Hand, — welch Strafgericht erwartet,
Nach solcher Zucht noch meine wilde Glut?
65.
Bettina Jacobson.
Die Augen kränkt so vieles, was sie schau'n,
Und alles hier muss, ach, mein Herz verletzen;
Wozu noch leben, wär' mit seinen Schätzen
Nicht mein das Herz der edelsten der Frauen?
Darf auf Verzeihung ich, auf Hilfe trauen,
Entflieh' ich der Gewohnheit Sündennetzen,
Dem bösen Beispiel, dieser Nacht Entsetzen?
Du kommst! Genug, nun darf auf Heil ich bauen.
— — — — — — — — — —
66.
Sophie Hasenclever.
Dem Tod entgegen steu'r ich will'ger nicht,
Als wer mit Widerstreben
Zum Richtplatz folgt dem strafenden Gericht
Und lassen muss sein Leben.
Wie dieser bin dem Tod ich nah' vielleicht,
Falls nicht mein Restchen minder schnell entweicht;
Und dennoch gönnt mir nicht die Minne,
Dass ich ein Stündchen Rast gewinne.
Ich wach' und schlafe zwischen zwei Gefahren:
Kaum dass ich leise Lebenshoffnung fühlt',
Ist tiefer Seelenkummer aufgewühlt,
Weil ich noch Gluten habe zu befahren,
Und weil die Lieb' um so viel minder frommt,
Als spät sie kommt.
67.
Hans Grasberger.
Ich sehe meine Zukunft wie im Spiegel,
Wenn bald vom Frost und bald von Glut getroffen,
Ich, dem das Grab schon offen,
Voll Scham vergangner Zeiten denken muss.
Gleich blieb sich Lieb' und Hoffen,
Doch weil mit schnellrem Flügel
Die Zeit jetzt flieht, und nah der Freude Schluss
Dem Greise ist, dünkt Schmerz fast der Genuss!
Entweicht denn beide, Lust so wie Beschwerde!
Der Glücklichste ist ja auf dieser Erde,
Wer, ach, auf ihr nur kurze Stunden weilet,
Denn Tod nur ist der Arzt, der alles heilet.
68.
Sophie Hasenclever.
Der frischen Jugend wird es nicht bewusst,
Wie so ganz anders, Herr, kurz vor dem Ende,
Gedanken, Hoffen, Lieb' und Wünsche werden.
Wächst unsere Seele, bringt's der Welt Verlust;
Die Kunst reimt mit dem Tod sich nicht zusammen,
Drum, was erwart' ich noch von mir auf Erden?
— — — — — — — — — —
69.
Bettina Jacobson.
Ich leb' der Sünde, leb', um mir zu sterben,
Mein Leben ist nicht mein, von Schuld umstrickt
Gehört's der Sünde. Gott, der gern beglückt,
Gab Segen nur, ich selbst gab mir Verderben.
Die Freiheit macht' ich, die wir alle erben,
Zur Sklavin, Staub zum Götzen, wahnberückt;
Zu welcher Schmach hab' ich das Licht erblickt!
— — — — — — — — — —
70.
Sophie Hasenclever.
Hier am äussersten Rande des Lebensmeeres
Lern' ich zu spät erkennen, o Welt, den Inhalt
Deiner Freuden, wie du den Frieden, den du
Nicht zu gewähren vermagst, versprichst und jene
Ruhe des Daseins, die schon vor der Geburt stirbt.
Angstvoll blick' ich zurück, nun da der Himmel
Meinen Tagen ein Ziel setzt: unaufhörlich
Hab' ich vor Augen den alten, süssen Irrtum,
Der dem, den er erfasst, die Seele vernichtet.
Nun beweis' ich es selber: den erwartet
Droben das glücklichste Los, der von der Geburt ab
Sich auf dem kürzesten Pfad zum Tode wandte.
71.
Hermann Grimm.
Mein Lebenslauf gelangt durch Sturm und Wogen
Auf schwankem Boot nun zu dem grossen Port,
Dahin wir alle steuern fort und fort,
Für alles Tun zur Rechenschaft gezogen.
Wohl merk' ich nun, wie sehr du mir gelogen,
O Phantasie, die du als Herrn und Hort
Die Kunst mir gabst, wie irrig Tat und Wort,
Und wie auch mich manch eitler Wunsch betrogen.
Was wird aus lang verflog'nem Liebesweben,
Wenn bald der Doppeltod mir nahen soll?
Nicht ahn' ich, was man bei dem zweiten leidet.
Mir kann nicht Stift noch Meissel Ruhe geben,
Nur Gottes Liebe noch, die mitleidvoll
Am Kreuz die Arme nach uns ausgebreitet.
72.
Bettina Jacobson.
73.
Mir raubten Eitelkeiten dieser Welt
Die mir verlieh'ne Zeit, in Gott zu leben,
Der Gunst vergass ich, die er mir gegeben,
Hab' mehr mit ihr, als ohne sie gefehlt.
Mich machte blind, was andre aufgehellt,
Zu spät erkannt' ich Tor mein irrig' Streben,
Verzagt fleh' ich dich an, den Bann zu heben,
Darin mich noch die Eigenliebe hält.
Den halben Weg, Herr, wolle mir erlassen,
Der aufwärts führt, doch ohne deine Hand
Fürcht' ich, dass ich auch diesen nicht vollende;
Lehr' mich, was diese Welt so hoch hielt, hassen,
Auch das, was ich verehrte, köstlich fand,
Dass ew'ges Heil mir sicher vor dem Ende.
74.
Bettina Jacobson.
Vom Alter und von Sündenlast beschwert,
Von festgewurzelt argem Trieb gehalten,
Droh'n mir des Todes zwiefache Gestalten,
Und oft hab' ich mein Herz mit Gift genährt.
Auch kann ich, da die Kraft mir nicht beschert,
Nicht Leben, Liebe, Schicksal umgestalten,
Wenn fürder dein erleuchtend göttlich Walten
Nicht leitend, zügelnd mich die Wege lehrt.
Doch nicht genug, o Herr, wenn es mich treibt,
Dass meine Seele wieder dorthin fahre,
Wo du sie einst geschaffen aus dem Leeren,
Gib, wenn an ihr nichts Irdisches mehr bleibt,
Dass Reue ihr den halben Weg erspare
Zu seligem und reinem Wiederkehren.
75.
Bettina Jacobson.
Was nicht ich will, o Herr, das möcht' ich wollen!
Vom heil'gen Brand trennt mich ein Schlei'r von Eis
Und löscht die Glut; nicht passt mein Tun zum Preis
Der Feder; Lügen sind ihr nur entquollen.
Dem Herrn kann mit der Zunge Lob ich zollen,
Nicht mit dem Herzen! Ach, dass ich nicht weiss,
Welch' Tor der Gnade auftun? Ihr Geheiss
Verjagt allein den Stolz, den ränkevollen.
Zerreiss', o Herr, den eisigkalten Schleier;
Die Mauer, hart und starr, wirf sie zusammen,
Sie, die dein Licht verbirgt, die Wehr der Sünde.
Gib deiner schönen Braut dein Himmelsfeuer,
Gib das verheiss'ne Licht, dass ich in Flammen,
Von Zweifeln frei nur einzig dich empfinde.
76.
Sophie Hasenclever.
Dich lass an jedem Ort mich schau'n! Dein Feuer
Verschlinge jeder Erdenliebe Flammen,
In Gluten brenn' ich dann, die dir entflammen,
So hell wie damals, als die Welt mir teuer.
Zerreisse du des Irrtums dunkle Schleier,
Die Sünden, die das Herz zur Qual verdammen,
Vernichte sie; o lass ersteh'n zusammen
Vernunft und Kraft und Willen, mein Befreier!
Der Zeit hast du die Seele übergeben,
Mit hartem Spruch hältst du ein göttlich Wesen
Gefangen in des Leibes Kerkerwänden,
Nicht ich kann wandeln dies mein sündig Leben;
Nichts ohne dich ist gut in mir, erlösen
Kannst du allein, nur du mein Schicksal wenden!
77.
Sophie Hasenclever.
Es fühlen Schmerz, es fühlen Trost nicht minder
Die auserwählten Geister, dass erkoren
Du hast für sie den Tod, um zu den Himmelstoren
Den Eingang zu erkämpfen für uns Sünder.
Sie jauchzen, weil entsühnt die Menschenkinder
Von ihrer ersten Schuld wie neugeboren,
Sie weinen, weil die Nägel dich durchbohren,
Weil Knecht der Knechte wird des Heiles Gründer.
Der Himmel zeugt für dich, denn in den Lüften
Erlischt das Weltenauge, Berge wanken,
Die Erde birst, das Meer erbraust im Laufe,
Die grossen Väter steigen aus den Grüften,
Indes die bösen Engel niedersanken,
Der Mensch nur freut sich, den entsühnt die Taufe.
78.
Sophie Hasenclever.
Erinnrung ist mir lieb, doch mehr beschweret
Sie noch mit Gram das Herz, der Schuld, der frühen,
Gedenkend, will zur Rechenschaft sie ziehen
Für eine Zeit mich, die nicht wiederkehret;
Lieb ist sie mir, weil vor dem Tod sie lehret,
Dass alle Erdenfreuden treulos fliehen,
Herb, weil vom Himmel Gnad' herabzuziehen
Dem schwer gelingt, der sich so spät bekehret.
Wie fest wir auch auf die Verheissung bauen,
So ist doch jener Glaube Frevelmut,
Dass leicht des Zögerns Schuld verzieh'n uns Armen;
Und dennoch tut, verspritzt in Todesgrauen,
Vom Kreuz herab uns kund dein strömend Blut:
So masslos wie dein Schmerz sei dein Erbarmen!
79.
Sophie Hasenclever.
O Herr, befreit von schwerer Bürde, wende
Ich mich zu dir, die Weltlust gibt mich her;
Ein schwankes Boot, im Sturm auf wildem Meer,
Treib' ich nun müd' an ruhiges Gelände.
Die Dornenkrone, die durchbohrten Hände,
Dein gütig mildes Antlitz, mitleidschwer,
Verheissen Gnade reu'ger Wiederkehr,
Und trüben Seelen künft'ge Heilesspende.
Lass deine heil'gen Augen, lass dein Ohr
Nicht richten über mein vergangnes Leben,
Zeig nicht dorthin mit drohender Gebärde.
Nur reicher ströme mir dein Blut hervor,
Je greiser ich, die Sünden aufzuheben,
Dass schnell mir Hilfe und Verzeihung werde.
80.
Bettina Jacobson.
Übersetzt von R. A. Guardini.
An Meister Giuliano da Sangallo aus Florenz, Architekt des Papstes in Rom.
Florenz, den 2. Mai 1506.
Giuliano! Ich entnahm aus Eurem Briefe, der Papst habe mir meine Abreise übelgenommen, ferner, dass Seine Heiligkeit jetzt bereit sei, den Betrag zu erlegen und auch im übrigen alles unserer Abrede gemäss zu erfüllen und endlich, dass ich ohne Besorgnis zurückkehren solle.
Über meine Abreise folgendes: Am Samstag der Karwoche hörte ich — ich sage Euch die volle Wahrheit — den Papst im Gespräch mit einem Goldschmied und dem Zeremonienmeister bei Tisch sagen, er wolle weder für grosse noch für kleine Steine auch nur noch einen Heller hergeben. Darüber wunderte ich mich sehr; trotzdem bat ich ihn vor meiner Abreise um einen Teil des Geldes, das ich zur Weiterführung des Werkes brauchte. Seine Heiligkeit erwiderte mir, ich solle am Montag wiederkommen. Am Montag kam ich wieder und kam am Dienstag und am Mittwoch und am Donnerstag, wie sie selbst bestätigen kann. Endlich, am Freitag, wurde ich hinausgeschickt, nein, weggejagt. Der mich hinauswies, sagte, er kenne mich wohl, allein er habe nun einmal den Befehl. Als ich so die Bestätigung der Worte sah, die ich am Samstag gehört hatte, geriet ich in grosse Verzweiflung. Doch war das nicht der einzige Grund, weshalb ich Rom verliess. Es war da noch etwas, worüber ich schweigen will. Nur so viel will ich sagen, dass ich befürchten musste, wenn ich noch in Rom bliebe, würde eher mein Grabmal, als das des Papstes aufgerichtet werden. Das war der Grund meiner plötzlichen Abreise.
Nun schreibt Ihr mir im Auftrag des Papstes; Ihr werdet ihm also diesen Brief vorlesen. Seine Heiligkeit soll wissen, dass ich mehr als je bereit bin, das Werk fortzuführen; und wenn sie das Grabmal durchaus haben will, so kann es ihr gleichgültig sein, wo ich daran arbeite, wenn es nur nach Ablauf von fünf Jahren, wie wir vereinbart haben, in Sankt Peter an der ihr genehmen Stelle aufgerichtet und ein schönes Werk ist, wie ich versprochen habe. Denn dessen bin ich gewiss, wenn es zustande kommt, wird die Welt nicht seinesgleichen besitzen.
Wenn also Seine Heiligkeit jetzt das Werk fortzuführen gedenkt, möge sie mir besagten Betrag hier in Florenz anweisen, an dem Orte, den ich ihr bezeichnen werde. In Carrara stehen mir viele Marmorblöcke zur Verfügung; die werde ich hierher schaffen lassen und ebenso die Stücke, die ich in Rom habe. Dadurch wurden mir zwar viele Kosten entstehen, allein das sollte mich nicht kümmern, wenn ich nur das Werk hier ausführen könnte. Dann würde ich die einzelnen Teile gleich nach ihrer Vollendung nach Rom schicken, und so gut gearbeitet, dass Seine Heiligkeit ebenso zufrieden sein sollte, als wenn ich in Rom wäre; ja noch zufriedener, weil sie dann ohne weitere Belästigung bloss die fertigen Werke sehen würde. Für die besagten Geldsummen und zur Durchführung besagten Werkes werde ich mich ganz so verpflichten, wie Seine Heiligkeit es wünscht und hier in Florenz jede geforderte Sicherheit geben. Es mag sein, was es will, ich werde jede Bürgschaft aufbringen: ganz Florenz wird doch genügen! Und dann noch dies: In Rom kann ich zu diesem Preise das Werk nicht vollenden; hier hingegen vermag ich es, weil ich mir vielerlei Erleichterungen verschaffen kann, die ich dort nicht finde. Ich werde auch besser und mit grösserer Liebe arbeiten, weil ich dann nicht mehr an so viele Sachen zu denken brauche. Einstweilen bitte ich Euch, mein liebster Giuliano, Ihr wollet mir Antwort geben und das bald. Das sei's.
Euer Michelangelo, Bildhauer.
An Giovanni Simone di Lodovico Buonarroti in Florenz.
Rom, [Juli 1508].
Giovan Simone! — Man sagt, dass durch Wohltaten der Gute gebessert, der Böse aber nur noch schlimmer gemacht wird. Ich habe schon seit Jahren versucht, Dich durch gutes Wort und gute Tat zu einem rechtschaffenen und friedlichen Zusammenleben mit Deinem Vater und uns zu bringen, doch Du wirst immer schlimmer. Ich sage nicht, dass Du schlecht seist; aber Du führst Dich in einer Weise auf, die weder mir noch den andern gefällt. Ich könnte Dir eine lange Rede über Dein Betragen halten, allein es würden nutzlose Worte bleiben, wie alles, was ich Dir bisher gesagt habe. Ich will Dir darum kurz erklären, dass Du nichts in der Welt Dein eigen nennst. Lebensunterhalt gebe ich Dir seit geraumer Zeit, und auch das Reisegeld hast Du von mir erhalten. Um Gottes willen und weil ich glaubte, Du seiest mein Bruder wie die andern, habe ich Dir all das geschenkt. Jetzt aber weiss ich, dass Du mein Bruder nicht bist, denn wärest Du es, so würdest Du meinem Vater nicht drohen. Du bist vielmehr ein Tier, und als Tier werde ich Dich auch behandeln! Das lass Dir gesagt sein: Wer sieht, wie sein Vater bedroht oder geschlagen wird, hat die Pflicht, sein Leben für ihn einzusetzen, und damit genug! Ich wiederhole Dir, dass Du nichts besitzest, was Dir gehörte, und dass ich bei der ersten schlimmen Nachricht über Dich auf dem schnellsten Wege nach Florenz komme. Dann will ich Dich über Deinen Irrtum aufklären und Dich lehren, Dein Gut zu vergeuden und die Häuser und Grundstücke, die Du nicht durch Arbeit erworben hast, zu Grund zu richten. Du bist nicht, wo Du zu sein glaubst! Wenn ich hinkomme, will ich Dir die Augen öffnen, dass Du heisse Tränen weinen und erkennen sollst, auf welchem Grund Dein Hochmut steht.
Ich wiederhole Dir: Wenn Du ein rechtschaffenes Leben führen und Deinen Vater achten und ehren willst, so werde ich Dir wie den anderen helfen und Euch bald eine schöne Werkstatt bauen lassen. Tust Du das aber nicht, dann werde ich kommen und die Sache in einer Weise ordnen, dass Du ganz klar einsehen sollst, was Du bist und was Du hast und es nie mehr vergessen sollst. Das sei's. Wo es an Worten fehlt, werde ich mit Taten sprechen.
Michelangelo.
Ich kann es nicht über mich bringen; ich muss Dir noch einige Zeilen schreiben. Seit zwölf Jahren gehe ich bettelnd durch ganz Italien, dulde jede Schmach, ertrage jede Entbehrung, reibe meinen Körper auf in jederlei Anstrengung, setze mein Leben jeder Gefahr aus, nur um meiner Familie zu helfen; und dass nun, da ich sie ein wenig in die Höhe gebracht habe, Du es sein sollst, der in einer Stunde all das zerstört und vernichtet, was ich in so vielen Jahren harter Arbeit gebaut habe, beim Leib des Heilandes, das will ich nicht erleben! Mit zehntausend Deinesgleichen will ich fertig werden, wenn es sein muss! Und nun sei gut, und bring' nicht einen Menschen auf, der wirklich andere Sorgen im Kopf hat.
An Lodovico di Buonarrota Simoni in Florenz.
Rom, den 20. Januar 1509.
Liebster Vater! — Ich habe heute einen Brief von Euch erhalten. Was ich daraus erfuhr, hat mich sehr geschmerzt. Ich fürchte, Ihr macht Euch mehr Sorge, als nötig ist. Wie hoch würde sich wohl der Schaden belaufen, den sie Euch im schlimmsten Falle zufügen könnte? Es wäre mir lieb, wenn Ihr mir das mitteilen wolltet. Sonst habe ich nichts zu sagen. Es bekümmert mich, dass Ihr Euch so ängstigt; darum rafft Euch auf und bereitet Euch gut auf ihre Angriffe vor; beratet Euch, dann aber denkt nicht länger daran. Denn wenn sie Euch auch alles nähme, was Ihr hier auf Erden besitzet, so wird es Euch doch nicht an Mitteln zu einem bequemen Leben fehlen, wenn auch niemand als ich da wäre, für Euch zu sorgen. Deshalb bleibt guten Mutes! Ich bin noch in grossen Nöten, denn ich habe seit nun schon einem Jahr keinen Heller mehr vom Papst bekommen; ich bitte ihn auch um nichts, denn meine Arbeit geht nicht so voran, dass ich etwas beanspruchen dürfte. Die Arbeit ist eben schwierig und schlägt dazu nicht in mein Fach. So verliere ich meine Zeit und erreiche nichts. — —
Euer Michelangelo.
An Buonarroto di Lodovico di Buonarrota Simoni in Florenz.
Rom, [den 17. Oktober 1509].
Buonarroto! — — — In Deinem letzten Brief sagst Du, Lorenzo werde hier durchreisen, und ich solle ihn gut aufnehmen. Mir scheint, Du weisst nicht, wie ich hier lebe. Doch für diesmal will ich Dir verzeihen und werde tun, was ich kann. Ich höre, Gismondo will hierher kommen, um seine Angelegenheit zu ordnen. Sag ihm in meinem Namen, er dürfe nicht auf mich zählen; wohl ist er mir als Bruder lieb, aber ich kann ihm in keiner Weise helfen. Ich sollte auf mich mehr Rücksicht nehmen als auf die andern und kann nicht einmal mir das Nötige beschaffen. Ich bin hier sehr geplagt und lebe unter grossen körperlichen Entbehrungen, habe keinen Freund und will auch keinen. Ich habe nicht so viel Zeit, um das Nötigste zu essen, und will darum von keinerlei Belästigung mehr wissen, könnte auch keine Unze mehr davon ertragen.
Seid eifrig in Euerem Gewerbe. Es freut mich, dass Giovansimone sich gebessert hat. Seht zu, dass Ihr Euren Besitz in gerechter Weise vermehrt oder erhaltet, damit Ihr später Grösseres unternehmen könnt, denn ich hoffe, Ihr könnt Euch einst selbständig machen, wenn ich heimkehre, und Ihr tüchtige Leute seid. Sag Lodovico, dass ich ihm nicht antwortete, weil ich keine Zeit hatte, und wundert Euch nicht, wenn ich nicht schreibe.
Michelangelo, Bildhauer.
An Lodovico …
Rom, den 15. September [1510].
Liebster Vater! — Ich habe hier bei Giovanni Balducci dreihundertfünfzig doppelte Golddukaten eingezahlt, die er Euch in Florenz zustellen soll. Sobald Ihr daher diesen Brief empfangen habt, geht zu Bonifazio Fazi, und er wird sie Euch auszahlen. (Dreihundertundfünfzig doppelte Golddukaten.) Wenn Ihr sie erhalten habt, bringt sie zum Spitalverwalter und sagt ihm, er solle sie so anlegen, wie er es mit dem früheren Geld getan hat. Es bleiben dann noch einige Dukaten, von denen ich schrieb, Ihr solltet sie behalten. Wenn Ihr es noch nicht getan habt, so tut es jetzt; braucht Ihr mehr, so nehmt, soviel Euch gut dünkt. Ich schenke Euch, was Ihr braucht, und wenn Ihr die ganze Summe ausgeben wolltet. Wenn es einer Weisung an den Spitalmeister bedarf, so lasst es mich wissen.
Durch Euren letzten Brief erfuhr ich, wie Eure Sache steht. Es bekümmert mich sehr, aber ich kann nichts machen. Doch sollt Ihr Euch nicht entmutigen lassen und Euch auch kein bisschen grämen, denn wenn das Gut verloren geht, ist darum doch nicht das Leben verloren, und ich werde so viel verdienen, dass der Verlust reichlich gutgemacht wird. Doch bedenkt wohl, Ihr dürft nicht darauf zählen, denn die Erfüllung solcher Versprechungen ist doch unsicher. Tut gewissenhaft das Eure und danket Gott, dass diese Prüfung, wenn sie schon kommen soll, doch zu einer Zeit kommt, da Ihr Euch besser behelfen könnt, als es früher hätte geschehen können. Gehabt Euch wohl und lasst lieber das Geld fahren, als dass Ihr Euch Kummer macht. Ich will Euch am Leben haben, und wäre es auch in Armut; denn mit Eurem Tod möchte ich nicht alles Gold der Welt erkaufen. Und wenn die Schwätzer dort oder sonst jemand Euch tadeln, so lasst sie reden; es sind Menschen ohne Gewissen und ohne Liebe.
Euer Michelangelo, Bildhauer.
An Lodovico …
Rom, [Oktober 1512.]
Liebster Vater! — Ihr warnt mich in Eurem letzten Brief davor, Geld im Haus zu halten oder bei mir zu tragen; dann sagt Ihr mir, man erzähle sich bei Euch, ich habe Böses gegen die Medici gesagt.
Nun, das Geld, das ich besitze, habe ich bei Balduccio auf der Bank liegen und behalte nur das im Haus oder in der Tasche, was ich für den Tag brauche. Was die Medici angeht, so habe ich nicht anders über sie gesprochen, als es allgemein und von jedermann geschieht, wie jüngst über das Geschick von Prato. Und da hätten die Steine geredet, wenn sie sprechen könnten. Auch sonst wurde hier vielerlei gesagt; wenn ich es hörte, erwiderte ich stets: Wenn sie wirklich so handeln, tun sie unrecht. Nicht als ob ich es geglaubt hätte; wolle Gott, dass es nicht so sei! Noch vor einem Monat haben einige, die mir Freundschaft bezeigen, sehr schlecht von den Taten der Medici gesprochen. Ich tadelte sie und sagte, sie täten unrecht, so zu reden, und sie sollten nichts mehr dergleichen in meiner Gegenwart äussern. Ich wünschte aber, dass Buonarroto vorsichtig in Erfahrung zu bringen suchte, woher der Betreffende gehört hat, ich rede gegen die Medici. Vielleicht kann ich dann ermitteln, von wem diese Gerüchte stammen, und mich in acht nehmen, wenn es vielleicht einer von denen ist, die sich meine Freunde nennen. Sonst habe ich nichts zu sagen. Ich bin noch untätig und warte, dass der Papst mir einen Auftrag gibt.
Euer Michelangelo, Bildhauer.
An Buonarroto … in Florenz.
Rom, den 30. Juli [1513].
Buonarroto! — — — Michele erzählte mir, Du habest ihm vorgerechnet, dass Du in Settignano für uns ungefähr sechzig Dukaten von Deinem Gelde ausgegeben habest. Ich erinnere mich, dass Du auch hier bei Tisch zu mir sagtest, Du habest eine grosse Summe aufgewandt. Doch ich stellte mich, als verstünde ich nicht, wunderte mich aber nicht, denn ich kenne Dich. Ich denke, Du wirst Dir den Betrag aufgeschrieben haben, um ihn eines Tages von uns zurückfordern zu können. Ich möchte aber von Dir undankbarem Menschen wissen, mit welchem Geld Du ihn erworben hast; und ebenso möchte ich wissen, ob Ihr nicht mehr an jene zweihundertundachtundzwanzig Dukaten denkt, die Ihr mir von meinem Guthaben in Santa Maria Nuova genommen habt, an die vielen Hunderte, die ich für Euer Haus und die Familie ausgegeben habe, und an die Drangsale und Entbehrungen, die ich ertrug, um Euch zu helfen. Ich möchte wissen, ob Du daran denkst! Wenn Du nur soviel Verstand hättest, um die Wahrheit erkennen zu können, würdest Du nicht sagen: ‚ich habe mein Geld ausgegeben‘, wärest auch nicht gekommen, um mich an Eure Forderungen zu mahnen; Du hättest vielmehr daran gedacht, wie ich mich Euch gegenüber in der vergangenen Zeit betragen habe. Du hättest Dir gesagt: ‚Michelangelo weiss, was er uns zugesichert hat, und wenn er es jetzt nicht erfüllt, so muss ihn irgend etwas, was wir nicht wissen, gehindert haben‘, und Ihr würdet Euch gedulden. Denn es tut nicht gut, dem Pferd noch die Sporen zu geben, das schon so schnell läuft, als es vermag. Aber Ihr habt mich nie gekannt und kennt mich auch jetzt nicht. Gott verzeihe es Euch! Er hat mir die Kraft gegeben, auszuharren unter der Last, die ich trage, damit Euch geholfen werde. Ihr werdet all dies schon einsehen, wenn Ihr mich nicht mehr habt.
Ich glaube in diesem Sommer nicht nach Florenz kommen zu können, denn ich bin in einer Weise in Anspruch genommen, dass ich nicht einmal zum Essen Zeit habe. Gebe Gott, dass ich nicht erliege! Doch will ich — und kann es auch — Lodovico die Anweisung ausstellen, wie ich versprach, denn ich habe es nicht vergessen. Ich will Euch tausend doppelte Golddukaten geben, damit Ihr Euch mit diesem Geld und dem, was Ihr schon habt, selbst forthelfen könnt. Von Eurem Verdienst beanspruche ich nichts. Nur will ich die Sicherheit haben, dass Ihr mir nach Ablauf von zehn Jahren, wenn anders ich noch lebe, diese tausend Dukaten in Geld oder anderem Gut zurückgebt, sobald ich sie fordere. Ich glaube nicht, dass dieser Fall eintritt, aber wenn ich sie brauche, muss ich sie, wie gesagt, wiederbekommen. Das wird auch ein Zügel für Euch sein, damit Ihr sie nicht verschleudert. Überlegt Euch deshalb die Sache, beratet Euch und schreibt mir, was Ihr zu tun gedenkt. Die vierhundert Dukaten, die Ihr noch von mir habt, schenke ich Euch; sie sollen in vier Teile geteilt werden, so dass jeder von Euch hundert erhält. Hundert für Lodovico, hundert für Dich, hundert für Giovansimone und hundert für Gismondo, mit der Bedingung, dass Ihr das Geld zusammen in Euer Gewerbe steckt. Das sei's. Zeig' den Brief Lodovico; entschliesst Euch und gebt mir die Sicherheit, von der ich sprach. Am dreissigsten Juli. Vergiss nicht, das Geld, das ich Dir für Michele mitschicke, auch abzugeben.
Michelangelo, Bildhauer.
An Lodovico … in Settignano.
Florenz [1516].
Liebster Vater! — Ich war sehr erstaunt über Euer Tun, als ich Euch neulich nicht zu Hause fand. Nun höre ich, dass Ihr Euch über mich beklagt, dass Ihr erzählt, ich habe Euch vertrieben, und wundere mich immer mehr. Bin ich doch sicher, dass ich vom Tage meiner Geburt bis heute nie die Absicht hatte, Euch in irgend etwas, in Grossem oder Kleinem zu nahe zu treten, dass ich vielmehr alle Mühen meines Lebens Euch zu Liebe getragen habe. Und Ihr wisst, dass ich es seit meiner Rückkehr aus Rom nach Florenz stets mit Euch gehalten und jederzeit mein Eigentum zu Eurer Verfügung gestellt habe. Erst vor wenigen Tagen noch, als Ihr unwohl waret, versicherte und versprach ich Euch, mit all meinen Kräften und mein Leben lang Euch zu Diensten zu sein und bestätige es auch jetzt noch. Darum wundere ich mich heute, dass Ihr alles das so bald vergessen habt. Ihr samt Euren Kindern habt doch schon dreissig Jahre lang meine Treue erprobt und wisst, dass ich Euch immer wohl gesinnt war und Euch Gutes tat, so viel ich konnte. Wie könnt Ihr da sagen, ich habe Euch weggejagt? Seht Ihr denn nicht, in welch' schlechten Ruf Ihr mich gebracht habt, wenn man sich erzählt, ich habe Euch vertrieben? Nur dies Schlimmste fehlte mir noch in all meinen Mühseligkeiten, die ich Euch zu Liebe ertragen habe! Ihr vergeltet sie mir gut! Doch mag die Sache sein, wie sie wolle, ich will glauben, ich habe Euch stets Schande und Schaden gebracht, und bitte Euch so inständig um Vergebung, als ob ich es wirklich getan hätte. Denkt, Ihr habet einem Sohn zu verzeihen, der stets ein schlimmes Leben geführt und Euch alles Leid dieser Welt zugefügt hat, und ich bitte von neuem, Ihr möget mir schlechtem Menschen vergeben und mich nicht in den Ruf bringen, als habe ich Euch aus dem Hause gejagt, denn das geht mir näher als Ihr denkt, bin ich doch immer Euer Sohn. Diesen Brief wird Euch Raffaello da Gagliano bringen. Ich bitte Euch um Gottes-, nicht um meinetwillen, kommt nach Florenz, denn ich muss abreisen und habe Euch sehr wichtige Mitteilungen zu machen, kann aber nicht zu Euch kommen. Von meinem Diener Pietro habe ich aus seinem eigenen Munde Dinge gehört, die mir nicht gefallen. Ich habe ihn darum heute morgen nach Pistoja heimgeschickt, und er wird nicht mehr zu mir zurückkehren, denn ich will nicht, dass er unserem Hause Schaden bringt. Ihr hättet mich aber wirklich schon früher von der Sache in Kenntnis setzen können, denn ihr wusstet alle um sein Betragen und liesset mich darüber doch ganz im Dunkeln. Ich muss notwendig abreisen, will aber nicht fort, ehe ich Euch gesprochen habe und Euch hier im Haus zurücklassen kann. Ich bitte Euch, lasst allen Groll fahren und kommt!
Euer Michelangelo.
An Buonarroto … in Florenz.
[Carrara], den 23. November 1516.
Buonarroto! — Du schreibst mir in Deinen zwei letzten Briefen, Lodovico sei todkrank gewesen, der Arzt habe aber neuerdings erklärt, bis auf weiteres sei er ausser Gefahr. Wenn es so ist, komme ich nicht nach Florenz, denn es würde mir sehr schwer fallen. Sollte aber noch Gefahr sein, so will ich ihn um jeden Preis noch einmal sehen, ehe er stirbt, und müsste ich auch mit ihm sterben. Aber ich hoffe zuversichtlich, es geht ihm gut, und deshalb komme ich nicht. Sollte ein Rückfall eintreten, wovor Gott ihn und uns behüten möge, so sieh zu, dass ihm die geistlichen Tröstungen und die Sakramente der Kirche nicht fehlen, und lass Dir von ihm sagen, ob er wünscht, dass wir etwas Bestimmtes für sein Seelenheil tun. Sorge auch, dass ihm für sein leibliches Wohl nichts abgeht, denn ich habe mich nur für ihn geplagt, um ihm noch bis zu seinem Tode helfen zu können. Sag' Deiner Frau, sie solle mit Liebe für seinen Haushalt sorgen; ich werde Euch alles vergüten, wenn es nötig ist. Sparet nichts, und sollten wir auch alles darangeben, was wir besitzen. Damit mag es genug sein. Lebt in Frieden und Du schreibe mir, wie es steht, denn ich bin in grosser Angst und Sorge. — —
An Papst Clemens VII. in Rom.
Florenz, [1524].
Heiliger Vater! — Mittelspersonen verursachen
oft viel ArgerÄrger und Verwirrung, deshalb wage ich es,
ohne eine solche an Eure Heiligkeit über die Gräber
hier in San Lorenzo zu schreiben. Ich weiss wirklich
nicht, was besser ist, das Schlimme, das Nutzen
bringt, oder das Gute, das Unheil anrichtet. Doch
so viel weiss ich gewiss: ich mag noch so untauglich
und unvernünftig sein, aber wenn man mich ruhig
hätte fortfahren lassen, wie ich angefangen hatte, dann
wären jetzt alle Marmorblöcke für die Arbeiten in
Florenz, und zwar mit geringeren Kosten, als bis
jetzt bereits aufgewendet wurden, schon für ihren
Zweck zugehauen und in so gutem Zustande, wie
alle anderen, die ich bisher schon hergebracht habe.
Nun fürchte ich, dass sich die Sache noch lange hinziehen wird, und weiss nicht, wie sie ausgehen kann. Ich bitte daher im voraus Eure Heiligkeit um Entschuldigung für den Fall, dass sich etwas Missliches ereignen sollte, denn ich habe keine Autorität und glaube deshalb auch für nichts verantwortlich zu sein. Ich bitte aber Eure Heiligkeit, wenn Ihr mir irgendeinen Auftrag zuweisen wollt, mir in meiner Arbeit keinen Vorgesetzten zu geben, sondern mir Vertrauen zu schenken und freie Hand zu lassen. Ihr werdet dann sehen, was ich vollbringen und wie ich Euch Rechenschaft über meine Tätigkeit geben werde.
Die Laterne der Kapelle von San Lorenzo hat Stefano vollendet und enthüllt. Sie gefällt jedermann und wird, so hoffe ich, auch Eurer Heiligkeit zusagen, wenn Ihr sie seht. Wir lassen jetzt die Kugel anfertigen. Sie wird einen Arm im Durchmesser betragen. Ich dachte, sie facettieren zu lassen, um sie von den übrigen etwas zu unterscheiden, und so wird sie denn auch ausgeführt.
Eurer Heiligkeit Diener
Michelangelo, Bildhauer.
An Sebastiano del Piombo in Rom.
[Florenz, Mai 1525.]
Mein teuerster Sebastiano! — Gestern abend nahmen mich unser Freund, der Hauptmann Cujo, und einige Edelleute gütigerweise zum Abendessen mit. Das machte mir grosse Freude, denn dadurch wurde ich für kurze Zeit aus meiner Melancholie — wenn ich sie nicht Wahnsinn nennen soll — gerissen. Die Mahlzeit war sehr ergötzlich. Noch mehr freuten mich die Gespräche, die da geführt wurden; besonders als ich den Hauptmann Euren Namen nennen hörte, war ich ganz entzückt. Und wie nun besagter Hauptmann erklärte, Ihr seiet einzig auf Erden und in der Kunst und werdet auch entsprechend in Rom geschätzt, wäre meine Freude noch gewachsen, wenn das nur möglich gewesen wäre. Auf diese Art wurde mir bestätigt, dass mein Urteil über Euch nicht falsch war. Drum widersprecht mir nicht mehr, wenn ich Euch in meinen Briefen „einzig“ nenne, denn ich habe der Zeugen genug; dazu haben wir hier ein Bild, das weiss Gott jeden, der Augen hat, zwingt, mir recht zu geben.
An Giovan Simone … in Settignano.
Florenz, [1533].
Giovan Simone! — Mona Margherita hat mich falsch verstanden. Als ich vorgestern morgen von Dir und Gismondo sprach — Ser Giovanni Francesco war dabei —, sagte ich, ich habe für Euch stets mehr getan als für mich und viele Mühen auf mich genommen, damit Ihr keine zu tragen hättet, Ihr aber habet nichts getan, als mich in ganz Florenz zu verleumden. So viel habe ich gesagt, und wollte Gott, es wäre nicht wahr, dass Ihr Euch wie Tiere benommen habt! Was Deinen Aufenthalt in Settignano angeht, so bleib nur dort, pflege dich und sieh zu, dass Du gesund wirst. Was an mir liegt, will ich stets für Euch tun, denn ich achte nur auf meine Pflicht, nicht auf Eure Reden. Dann wünschte ich, Du beschafftest dort eine Wohnung, damit auch Mona Margherita hinkommen kann, denn mein Vater hat sie mir vor seinem Tode empfohlen, und ich werde sie deshalb nie verlassen.
Michelangelo.
An Messer Luigi del Riccio in Rom.
[Rom, 1542.]
Dieses [Madrigal] habe ich vor längerer Zeit nach Florenz geschickt. Nun ich es umgearbeitet habe, sende ich es Euch, damit Ihr, wenn es Euch so beliebt, es den Flammen gebet, denen, meine ich, die mich verzehren. Noch bitte ich Euch um eine andere Gnade. Ihr sollt mich nämlich von einem Zwiespalt erlösen, in den mein Geist heute nacht geriet. Denn als ich unsern Liebling im Traum grüsste, schien es mir, als ob er mit einem Lächeln mir drohte. Da ich nun ungewiss bin, welcher der beiden Gebärden ich glauben soll, so bitte ich Euch, fragt ihn selbst; und wenn wir uns am Sonntag wiedersehen, lasst es mich wissen.
Ich bleibe, Euch stets verpflichtet, der Eurige.
— — — — — — — — — —
An Messer Luigi del Riccio, meinen Freund oder vielmehr verehrungswürdigen Herrn, in Rom.
[Rom, 1543.]
Mein lieber Messer Luigi! — Ich weiss, dass Ihr im Zeremonienwesen ein ebenso vollendeter Meister seid, als ich darin untauglich bin. Ich habe nun von Monsignor di Todi das Geschenk erhalten, von dem Euch Urbino berichten wird, und da ich glaube, dass Ihr mit Seinen Gnaden befreundet seid, so bitte ich Euch, danket ihm in meinem Namen mit den Zeremonien, die Euch leicht, mir aber schwer fallen. — —
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Messer Luigi del Riccio.
[Rom 1545.]
Unser toter Freund redet und spricht: Der Himmel nahm allen Menschen der Welt ihre Schönheit und schenkte sie mir allein. Durch göttliches Gesetz werde ich am Tage des Gerichts auferstehen, wie ich im Leben war. Darum kann der Himmel die Schönheit, mit der er mich begabt hat, jenen nimmer wiedergeben, denen er sie raubte, und so muss ich in Ewigkeit schöner bleiben als alle, und alle anderen hässlich.
Diese Auffassung ist das Gegenteil von der, die Du mir gestern auseinandersetztest und ist die rechte, jene aber ist ein Gefabel.
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Vittoria Colonna in Rom.
[Rom 1545.]
Edle Frau, ich wollte die Gaben, die Eure Gnade mir schon oft zugedacht hatte, nicht annehmen, bevor ich Euch nicht ein Werk von meiner Hand bieten könnte, um so ihrer weniger unwürdig zu sein. Aber ich sah ein und erkannte, dass man die Gnade Gottes nicht kaufen kann, und dass es grosse Sünde ist, ihr Hindernisse zu bereiten. So bekenne ich meine Schuld und nehme Eure Gaben freudig an. Und wenn sie mein sind, werde ich mich im Paradies fühlen; nicht weil ich sie in meinem Hause haben werde, sondern weil ich in ihrem Hause wohnen darf. Und ich werde dadurch, edle Frau, noch mehr in Eurer Schuld sein, als ich schon bin, wenn dies überhaupt möglich ist.
Diesen Brief wird Euch mein Diener Urbino bringen. Ihm werdet Ihr sagen können, wann ich nach Eurem Wunsche kommen soll, um den Kopf zu sehen, den Ihr mir zu zeigen versprachet.
Ich empfehle mich Eurer Gnade.
Michelangelo Buonarroti.
An Vittoria Colonna in Rom.
[Rom, 1538–41 oder 1545–46.]
Frau Marchesa! — Da ich in Rom bin, hätte ich eigentlich den Kruzifixus nicht Messer Tommaso anzuvertrauen und ihn so zum Mittler zwischen Euch und mir, Eurem Diener, zu machen brauchen. Ich wünsche für Euch Grösseres zu schaffen, als für irgendeinen anderen mir bekannten Menschen dieser Welt. Allein ich war und bin noch in so viele Geschäfte verwickelt, dass ich Euer Gnaden dies nicht zu beweisen vermochte. Ich weiss ja, Euch ist bekannt, dass die Liebe den Weg stets findet, und der Liebende nicht schläft, und hätte darum um so weniger eines Mittlers bedurft. Aber wenn es auch den Anschein hatte, als ob ich nicht an Euch dächte, tat ich doch, was ich nicht aussprach, um Unerwartetes zu vollbringen. Mein Plan ist misslungen. „Unrecht tut der, der solche Treue schnell vergisst.“
Eurer Gnaden Diener
Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo di Buonarrota Simoni in Florenz.
Rom, [den 6. Februar 1546].
Lionardo! — Du bist mit Deiner Auskunft über die Besitzung der Corboli sehr rasch zur Stelle gewesen. Ich dachte nicht, dass Du noch in Florenz seiest. Hast Du am Ende Furcht, mein Anerbieten könnte mich reuen, wie man Dir vielleicht eingeredet hat? Ich sage Dir, dass ich langsam vorgehen will, denn ich habe das Geld hier mit einer Mühe verdient, die der nicht kennt, der wie Du im Überfluss geboren ist.
Ich glaube auch nicht, dass Du mit solcher Eile nach Rom gekommen wärest, wenn ich im Elend lebte und es mir an Brot fehlte. Du brauchst ja nur das Geld wegzuwerfen, das Du nicht verdient hast. So eifrig bist Du, diese Erbschaft nicht zu verlieren! Und sagst noch, es sei Deine Pflicht gewesen, zu kommen, weil Du mich liebest! Wie der Holzwurm die Balken! Wenn Du wirklich Liebe für mich hegtest, hättest Du mir jetzt geschrieben: „Michelangelo, verwendet Euer Geld für Euch, denn uns habt Ihr schon so viel gegeben, dass wir genug haben. Uns ist Euer Leben lieber als Euer Geld.“
Ihr habt seit vierzig Jahren von meiner Arbeit gelebt, aber noch nie habe ich von Euch auch nur ein gutes Wort bekommen. Freilich hast Du voriges Jahr so viel Tadel hören müssen, dass Du mir aus Scham eine Last Trebbianer schicktest, aber ich wünschte, Du hättest auch die behalten!
Ich schreibe dies nicht deshalb, weil ich dem Ankauf abgeneigt bin; ich will kaufen, um mir eine Rente zu sichern, weil ich nicht mehr arbeiten kann; aber ich werde langsam vorgehen, denn ich will mir keine Verdriesslichkeiten kaufen. — Darum eile Dich nicht.
Michelangelo.
Wenn man Dir in Florenz etwas in meinem Namen ausrichtet, oder Dich um etwas bittet, so darfst Du niemandem Glauben schenken, wenn er Dir nichts Handschriftliches von mir vorweisen kann. — —
An den Allerchristlichsten König von Frankreich.
Rom, den 26. April 1546.
Heilige Majestät! — Ich weiss nicht, was grösser ist, Eure Gnade oder mein Erstaunen darüber, dass Eure Majestät sich herabgelassen hat, an meinesgleichen zu schreiben, ja mehr noch, mich um Arbeiten zu bitten, die des Namens Eurer Majestät wirklich nicht würdig sind. Doch mögen diese sein, wie sie wollen; Eure Majestät soll wissen, dass ich schon seit langem wünschte, Euch zu dienen. Da ich aber hierzu nicht, wie in Italien, Gelegenheit fand, habe ich es noch nicht tun können. Nun bin ich alt und noch für einige Monate mit Arbeiten für Papst Paul beschäftigt. Wenn ich aber nach deren Vollendung noch am Leben bin, so werde ich versuchen, das, was ich schon lange für Eure Majestät zu tun wünschte, auch wirklich auszuführen, und zwar ein Werk in Marmor, eins in Bronze und ein Gemälde. Und wenn der Tod die Verwirklichung dieses Wunsches vereitelt, und man im anderen Leben noch meisseln und malen kann, so werde ich dort, wo man nicht altert, es an mir nicht fehlen lassen. Eurer Majestät aber erflehe ich von Gott ein langes und glückliches Leben.
Aus Rom am XXVI. April MDXLVI.
Eurer Allerchristlichsten Majestät
untertänigster Diener
Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
Rom, [August 1547].
Lionardo! — Mit Deinem Brief erhielt ich die Quittung über die fünfhundertundfünfzig Dukaten in Gold, die ich hier bei Bettino eingezahlt habe. Du schreibst mir, vier davon werdest Du jener Frau zu Gottes Ehre geben. Damit bin ich wohl zufrieden. Ich wünsche, dass weitere sechsundvierzig zu Gottes Ehre, für das Seelenheil Deines Vaters Buonarroto und für das meinige verschenkt werden. Suche irgend einen bedürftigen Bürger, der Töchter zu verheiraten oder in einem Kloster unterzubringen hat. Dem gib, aber heimlich. Sieh zu, dass Du nicht betrogen wirst, lass Dir eine Quittung ausstellen und schicke sie mir; ich rede von Bürgern und weiss, dass sie sich zu betteln schämen, wenn sie in Not sind. — — — — — — — — — — — Ich rate Euch, legt das Geld, das ich Euch schickte, in einem guten Grundstück oder dergleichen an, denn es ist gefährlich, es im Haus zu behalten, zumal heutzutage. Seid deshalb vorsichtig und haltet die Augen offen.
Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
Rom, [den 16. Januar 1548].
Lionardo! — Durch Deinen letzten Brief erfuhr ich vom Tode Giovansimones. Die Nachricht hat mich tief geschmerzt, denn wenn ich auch schon so alt bin, hoffte ich doch, ihn vor seinem und meinem Tode noch einmal zu sehen. Gott hat es so gewollt, ertragen wir es! Ich möchte gern ausführlicher hören, wie er gestorben ist, ob er vor seinem Tode gebeichtet und kommuniziert hat, und alle seine religiösen Angelegenheiten geordnet sind; denn wenn ich erfahren habe, dass es so ist, werde ich weniger bekümmert sein. — —
Michelangelo Buonarroti.
An Messer Benedetto Varchi.
Rom, [1549].
Messer Benedetto! — Damit Ihr sehet, dass ich Euer Büchlein wirklich empfangen habe, will ich auf die Frage, die darin gestellt wird, einiges antworten, wenn auch bescheiden und als Laie. Ich meine, die Malerei sei um so höher zu achten, je mehr sie sich der Plastik nähert, und diese um so geringer, je mehr sie der Malerei nahekommt. So schien mir auch stets, als sei die Skulptur die Leuchte der Malerei und zwischen jener und dieser der gleiche Unterschied, wie zwischen Sonne und Mond. Seitdem ich aber Euer Büchlein gelesen habe, in dem Ihr auseinandersetzt, dass, philosophisch betrachtet, beide Künste das gleiche Ziel haben, beide das Gleiche sind, bin ich anderer Meinung geworden und sage so: Wenn nicht ein grösserer Aufwand von Überlegung und Mühe, grössere Schwierigkeiten und Anstrengungen dem Werke auch grösseren Adel verleihen, dann sind Malerei und Skulptur ein Ding. Und damit sie auch als solches anerkannt würden, dürfte kein Maler die Bildhauerei weniger als die Malerei betreiben, und ebenso müsste jeder Bildhauer in gleichem Masse Maler wie Bildhauer sein. Ich verstehe unter Skulptur die Kunst, die durch Wegnehmen geübt wird, während die, die durch Auflegen arbeitet, Malerei ist. Dann sollte man es aber auch kurz machen und beide Künste, Skulptur und Malerei, weil sie doch durch die gleiche Intelligenz geübt werden, einen rechtschaffenen Frieden schliessen und das viele Disputieren sein lassen, denn das kostet mehr Zeit, als die Bildwerke selbst zu machen. Versteht aber der, der die Malerei edler nannte als die Skulptur, alle Dinge, worüber er schreibt, so gut wie dies, so hätte meine Magd seine Schriften wohl besser geschrieben. Unendlich viele nie ausgesprochene Dinge liessen sich noch über dergleichen Künste sagen; aber, wie ich bemerkte, das würde viel Zeit erfordern, und ich habe nur wenig, denn ich bin nicht nur alt, sondern stehe schon fast im Grabe. Darum bitte ich Euch, haltet mich für entschuldigt. Euch aber empfehle ich mich und danke Euch nach bestem Können für die allzugrosse Ehre, die Ihr mir erweiset, und die mir nicht zukommt.
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
[Rom,] den 1. Februar 1549.
Lionardo! — Ich schickte Dir mit meinem letzten Brief ein Verzeichnis mehrerer heiratsfähiger Mädchen, das mir von Florenz zugesandt wurde, ich glaube von einem Vermittler, der übrigens ein wenig vernünftiger Mann sein muss, denn er konnte sich doch denken, dass ich, nun schon seit sechzehn oder siebzehn Jahren dauernd in Rom, wenig Kenntnis von den florentinischen Familien haben kann.
Ich sage Dir deshalb, achte nicht auf meine Meinung, wenn Du heiraten willst, denn ich vermag Dir keinen guten Rat zu geben. Nur das kann ich Dir ans Herz legen, laufe nicht dem Geld nach, sondern sieh auf Herzensgüte und guten Ruf.
Ich glaube, es gibt in Florenz viele verarmte, adlige Familien, für die es eine Wohltat wäre, wenn Du mit ihnen Verwandtschaft anknüpftest. Auf die Mitgift könntest Du verzichten, wenn nur auch kein Hochmut da wäre. Du brauchst eine Frau, die bei Dir bleibt und Dir gehorcht, die keinen Aufwand liebt und nicht jeden Tag auf Hochzeiten und Gastereien gehen will, denn wo ein Hof ist, ist es nicht schwer, zur Dirne zu werden. Du brauchst Dich auch nicht um das Gerede zu kümmern, Du wollest Dich adlig machen, denn es ist bekannt, dass wir alteingesessene Bürger von Florenz und so vornehmen Geschlechts wie irgendeine andere Familie sind. Nun empfiehl Dich Gott, dass er Dir das Rechte gebe. Ich wünschte, Du liessest es mich wissen, sobald Du etwas Geeignetes gefunden zu haben glaubst, und zwar bevor Du die Verbindung eingehst.
An Lionardo …
Rom, den 20. Mai 1553.
Lionardo! — In Deinem letzten Brief schriebst Du mir, Du habest Deine Frau nun heimgeführt, seiest sehr befriedigt und sollest mich in ihrem Namen grüssen. — — — — Es freut mich innig, dass Du so zufrieden bist, und ich denke, man soll Gott dafür nach bestem Können preisen. — — — — Für ihren Gruss danke ihr; sag' ihr in meinem Namen all das, was Du mündlich zu sagen weisst, ich aber nicht zu schreiben verstehe. Ich wünsche auch, dass man sie als die Frau eines meiner Neffen erkenne; bisher konnte ich das nicht durch die Tat beweisen, weil Urbino noch nicht da war. Nun ist er seit zwei Tagen zurückgekehrt, und ich will meinen guten Willen zeigen. Man sagt mir, ein schöner Schmuck von guten Perlen werde hier wohl anstehen. Ich habe darum einen mit Urbino befreundeten Goldschmied beauftragt, nach solchen zu suchen und hoffe, er wird sie finden. Doch sag' ihr noch nichts davon. Solltest Du aber etwas anderes für besser halten, so schreibe mir. Das sei's. Sorge für Deine Gesundheit und vergiss nicht, dass es stets mehr Witwen als Witwer gibt.
Michelangelo Buonarroti.
An Giorgio Vasari.
Rom, April 1554.
Messer Giorgio, mein lieber Freund! — Euer Brief hat mir grosse Freude gemacht, denn er bewies mir, dass Ihr Euch noch des armen Alten erinnert. Ein wahrer Triumph war für mich Eure Botschaft, ein neuer Buonarroto sei geboren. Ich danke Euch darum von ganzem Herzen und soviel ich kann. Doch missfiel mir der Aufwand, der getrieben wurde. Der Mensch soll nicht lachen, wenn die Welt ringsum weint. Ich meine daher, Lionardo hat nicht eben vernünftig gehandelt, als er eines Neugeborenen wegen solche Pracht entfaltete. Solche Festlichkeit soll man für den Tod dessen aufsparen, der rechtschaffen gelebt hat. Sonst habe ich nichts zu sagen. Ich danke Euch aufrichtig für die Liebe, die Ihr mir beweiset, obwohl ich Ihrer nicht würdig bin. Die Dinge gehen hier ihren alten Gang. Am — ich weiss nicht wievielten — April 1554.
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Messer Giorgio, den vortrefflichen Maler, in Florenz.
Rom, den 15. Mai 1555.
Ich wurde mit Gewalt zur Leitung des Baues von Sankt Peter gezwungen und habe nun schon ungefähr acht Jahre ohne Entgelt, ja mit grossem Schaden und viel Ärger der Aufgabe geopfert. Nun geht die Arbeit voran, wir haben Geld und ich bin im Begriff, die Kuppel zu wölben; wollte ich jetzt abreisen, so würde das den Bau zugrunde richten. Das müsste mir in der ganzen Christenheit die grösste Schande bringen und würde eine schwere Schuld für meine Seele sein. Darum bitte ich Euch, mein lieber Herr Giorgio, dankt dem Herzog in meinem Namen für die grossen Anerbietungen, von denen Ihr mir schreibt und bittet ihn, er möge mich in Gnaden noch so lange hier arbeiten lassen, bis ich in gutem Ruf und mit Ehren und ohne Sünde von hier abreisen kann.
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Messer Giorgio Vasari, meinen lieben Freund, in Florenz.
Rom, den 23. Februar 1556.
Messer Giorgio, mein lieber Freund! — Das Schreiben kommt mich schwer an, aber um Euch zu antworten, will ich einiges sagen. Ihr wisst, dass Urbino gestorben ist. Durch seinen Tod hat Gott mir eine grosse Gnade gegeben, aber ich habe sie mit einem teuren Gut und mit unendlichem Schmerz bezahlen müssen. Die Gnade war die, dass er, der während seines Lebens mich am Leben hielt, durch seinen Tod mich sterben lehrte. Und nun sehe ich dem Tode nicht mehr mit Widerwillen, sondern mit Sehnsucht entgegen. Ich habe ihn sechsundzwanzig Jahre bei mir gehabt und ihn für ganz wahrhaftig und treu befunden; und nun, da ich ihn reich gemacht hatte und hoffte, er werde der Stab meines Alters sein, ist er mir entschwunden, und ich habe keine Hoffnung mehr als die, ihn im Himmel wiederzusehen. Für diese aber hat uns Gott seinen seligen Tod Bürge sein lassen. Nun schmerzt es mich nicht mehr, dass ich sterben muss, sondern dass er mich mit so viel Leiden in dieser treulosen Welt lebend zurückliess, denn der grössere Teil von mir ist mit ihm gegangen, und mir ist nur ein tiefes Elend geblieben. Ich bitte Euch inständig, entschuldigt mich, wenn es Euch keine Mühe macht, bei Messer Benvenuto, dass ich ihm noch nicht auf seinen Brief antwortete. Ich bin so in diesen traurigen Gedanken versunken, dass ich nicht schreiben kann. Empfehlt mich ihm, und ich empfehle mich Euch.
Euer Michelangelo.
An Lionardo …
Rom, den 31. Mai 1556.
Lionardo! — Francesca bittet mich in einem Brief, ich möge ihrem Beichtvater zehn Dukaten geben, um ein armes Mädchen im Kloster von Santa Lucia unterzubringen. Ihr zu Liebe will ich es tun, denn ich weiss, sie würde mich nicht bitten, wenn es kein wohlangebrachtes Almosen wäre. Aber ich weiss nicht, wie ich das Geld in Florenz auszahlen lassen soll. Ich wünschte darum, dieser Beichtvater hätte hier einen zuverlässigen Freund; dem würde ich es geben, sobald ich benachrichtigt würde.
Es freut mich zu hören, dass es Cassandra gut geht; empfiehl mich ihr, und haltet Euch gesund.
Michelangelo Buonarroti.
An Giorgio Vasari.
Rom, den 18. Dezember 1556.
Messer Giorgio! — Ich habe das Büchlein Messer Cosimos, das Ihr mir schicktet, erhalten. In diesem Brief liegt ein Dankschreiben an seine Gnaden. Ich bitte Euch, gebt es ihm und empfehlt mich ihm. Ich habe dieser Tage unter grossen Mühen und Kosten, aber mit innigem Vergnügen einen Besuch bei den Einsiedlern in den Bergen von Spoleto gemacht und bin nur halb wieder hier in Rom, denn wirklichen Frieden findet man nur in den Wäldern. Sonst weiss ich Euch nichts zu sagen. Es freut mich, dass Ihr gesund und fröhlich seid, und ich empfehle mich Euch.
Euer Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
Rom, den 16. Juni 1557.
Lionardo! — — — Mit meiner Gesundheit steht es schlecht; ich habe all die Beschwerden, die das Alter heimsuchen, ein Steinleiden, dass ich nicht urinieren kann, dazu Schmerzen in den Seiten und im Rücken, dass es mir oft unmöglich ist, eine Treppe zu ersteigen. Das Schlimmste sind aber die Sorgen, die mich quälen. Denn wenn ich all die Bequemlichkeiten aufgebe, über die ich hier verfügen kann, so lebe ich keine drei Tage mehr. Doch möchte ich auch nicht die Gnade des Herzogs verlieren, ebensowenig aber den Bau von Sankt Peter im Stich lassen oder mich selbst vernachlässigen. Bitte Gott, dass er mir helfe und rate. Sollte es mit mir schlimmer werden, mich etwa ein gefährliches Fieber anfallen, dann werde ich gleich nach Dir schicken. Lass Dir aber nicht einfallen, zu kommen, bevor Dich ein Brief von mir ruft.
Empfiehl mich Messer Giorgio. Er kann mir sehr nützlich sein, wenn er will, denn der Herzog ist ihm wohlgesinnt.
Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
Rom, den 15. Juni 1559.
Lionardo! — — — — — — Ich erhielt von Dir zwei Briefe, in denen Du mich sehr angelegentlich bittest, ich möchte nach Florenz zurückkehren. Du weisst, glaube ich, noch nicht, dass ich vor ungefähr vier Monaten durch den Kardinal von Carpi, der zur Baukommission von Sankt Peter gehört, vom Herzog von Florenz die Erlaubnis erhielt, in Rom beim Bau von Sankt Peter zu bleiben. Ich dankte Gott dafür und freute mich sehr. Nun, wie schon gesagt, schreibst Du mir so angelegentlich, ich weiss aber nicht, tust Du das, weil Du mich dort haben möchtest, oder steht die Sache anders. Sprich Dich deshalb ein wenig klarer aus, denn alles Derartige regt mich auf und ist mir lästig. — —
Michelangelo Buonarroti.
Das Schreiben fällt mir sehr schwer, Hand, Augen und Gedächtnis versagen. Ich bin alt!
An Lionardo …
Rom, [den 15. März 1560].
Lionardo! — Ich antwortete auf Dein Schreiben vom Samstag nicht, denn ich hatte keine Zeit. Nun sage ich Dir, dass ich mich über die Geburt Deiner Tochter sehr freute. Unsere Familie steht allein; so wird sie uns einst eine gute Verwandtschaft erwerben können. Haltet sie gut. Ich werde ja nicht mehr am Leben sein, wenn es soweit ist. Wenn es Zeit ist, dass Du nach Rom kommst, werde ich Dich benachrichtigen, wie ich Dir ja schon schrieb. Wisse, dass die grösste Plage für mich hier in Rom die Beantwortung Deiner Briefe ist.
Michelangelo Buonarroti.
An Lionardo …
Rom, den 21. August 1563.
Lionardo! — Ich ersehe aus Deinem Schreiben, dass Du neidischen, schlechten Menschen Glauben schenkst, die dir Lügenbriefe schicken, weil sie mich nicht bestehlen und nach Gutdünken regieren können. Es ist eine Bande habsüchtiger Kerle, und Du bist ein Tor, dass Du ihrem Gerede über mich glaubst, als ob ich ein Kind wäre! Schaff' Dir die schamlosen, neidischen, verkommenen Menschen aus den Augen! Dann schreibst Du, ich habe Scherereien im Haushalt und anderes. Lass Dir gesagt sein, dass es mir nicht besser gehen und dass ich in jeder Beziehung nicht sorgsamer behandelt werden könnte. Ich habe ganz vertrauenswürdige und ehrliche Leute im Hause, die mich durchaus nicht bestehlen, wie Du zu glauben scheinst. Sieh zu, dass Deine Angelegenheiten gut gehen und kümmere Dich nicht um die meinigen, denn ich weiss mir zu helfen, wenn es nötig ist und bin kein Kind. Lass es Dir gut gehen!
Michelangelo.
An Lionardo …
Rom, den 28. Dezember 1563.
Leonardo! — Zugleich mit Deinem letzten Brief erhielt ich zwölf hübsche und wohlschmeckende Märzkäschen. Besten Dank! Ich freue mich, dass es Euch wohl geht. Auch ich befinde mich nicht schlecht. In der letzten Zeit habe ich mehrere Briefe von Dir erhalten, konnte aber nicht antworten, denn meine Hand gehorcht mir nicht mehr. Von nun an werde ich andere schreiben lassen und selbst nur noch unterzeichnen. Das sei's.
Ich Michelangelo Buonarroti.
Übersetzt von R. A. Guardini.
[Rom, 1538–41, oder 1545/46.]
Mein teuerster Meister Michelangelo! — Ich bitte Euch, schickt mir auf kurze Zeit den Kruzifixus, wenn er auch noch nicht vollendet ist, denn ich will ihn einigen Kavalieren des Hochwürdigsten Kardinals von Mantua zeigen; und wenn Ihr heute nicht durch Arbeiten in Anspruch genommen seid, könntet Ihr ganz nach Eurer Bequemlichkeit zu einem Plauderstündchen zu mir kommen.
Eure ergebene
Marchesa di Pescara.
[Rom, 1538–41 oder 1545/46.]
Einziger Meister Michelangelo und mein ganz besonderer Freund! — Ich habe Euren Brief erhalten und den Kruzifixus gesehen. Er hat wahrhaftig in meinem Gedächtnis alle anderen Darstellungen, die mir je zu Gesicht gekommen sind, ans Kreuz geschlagen. Man kann sich nichts Lebendigeres und Vollendeteres denken als dieses Bild, und ich würde mich vergeblich bemühen, wenn ich die ausserordentliche und wunderbare Feinheit seiner Ausführung schildern wollte. Ich bin entschlossen, das Bild von keinem anderen malen zu lassen. Gebt mir darum Gewissheit; rührt die Zeichnung von einem anderen her, dann muss ich wohl auf sie verzichten, sollte sie aber Euch gehören, so würde ich sie Euch unter allen Umständen rauben.
Stammt sie nicht von Euch, und wolltet Ihr das Bild von einem Eurer Gesellen ausführen lassen, so müssten wir erst darüber reden. Ich kenne nämlich recht wohl die Schwierigkeit, die Eigenart der Zeichnung in der Ausführung zu bewahren, und würde dann lieber den Betreffenden etwas anderes malen lassen. Wenn sie aber Euer Werk ist, dann — vergebt — erhaltet Ihr sie nicht wieder. Ich habe sie bei Licht und mit der Lupe und im Spiegel betrachtet und versichere Euch, ich habe nie etwas Vollendeteres gesehen.
Eure ergebene
Marchesa di Pescara.
[Rom, 1538–41 oder 1545/46.]
Die Taten Eurer Künstlerkraft reizen den beschauenden Geist, ungenügsam Höheres zu begehren. Auch mich fasste dies Verlangen, und darum fragte ich, ob die Vollkommenheit Eurer Werke wohl noch einer Steigerung fähig sei. Ich habe eingesehen, dass omnia sunt possibilia credenti. Ich hatte den festen Glauben, Gott werde Euch zur Darstellung dieses Christus übernatürliche Gnade geben, und als ich ihn sah, übertraf er in jeder Weise all meine Erwartungen. Eure Wundertaten machten mich kühn, und so sprach ich Wünsche aus, die ich jetzt staunend erfüllt sehe: Das Bild ist in allen Teilen von wunderbarer Vollendung, und kein Mensch vermöchte mehr, ja auch nur so viel zu wünschen. Und wisst, das freut mich besonders, dass der Engel zur Rechten viel schöner ist, als der andere; denn der heilige Michael wird Euch Michelangelo am jüngsten Tage zur Rechten des Herrn stellen. Ich aber kann dafür nichts tun, als zu diesem milden Christus darum zu beten, den Ihr so vollkommen gebildet habt; zugleich Euch zu bitten, dass Ihr über mich in jeder Weise gebietet.
Eure ergebene
Marchesa di Pescara.
Im Kloster zu Viterbo, den 20. Juli [1541–1543].
Kunstreicher Meister Michelangelo! — Euer Brief war gewissermassen eine Antwort auf den meinigen; dies ist der Grund, weshalb ich Euch noch nicht antwortete. Dann dachte ich auch, wenn wir beide wie bisher in unserem Briefwechsel fortfahren wollten, wie es Euch Eure Liebenswürdigkeit und mir die Pflicht der Dankbarkeit vorschreiben, so könnte ich mich nicht mehr zu den vorgeschriebenen Stunden mit den Schwestern in der Kapelle der heiligen Katharina einfinden, und Ihr könntet nicht in der des heiligen Paulus vom frühen Morgen an den Tag in vertrauter Unterredung mit Euren Gemälden verbringen, die doch zu Euch in der natürlichen Sprache ihrer Linien ebenso verständlich reden, wie zu mir die lebendigen Menschen meiner Umgebung: und so würde ich gegen die Bräute und Ihr würdet gegen den Statthalter Christi fehlen. Ich kenne die Treue Eurer Freundschaft und die Kraft Eurer in christlichem Geiste gefestigten Zuneigung und denke darum, ich brauche Euch nicht durch eigene Briefe den Empfang der Euren zu bestätigen. Vielmehr will ich mich bereit halten und die erste Gelegenheit erwarten, um Euch gewichtigere Dienste zu leisten. Unterdessen bitte ich den Herrn, über den Ihr mir bei meiner Abreise Worte so glühender und demütiger Liebe sagtet, er möge mich bei meiner Rückkehr in Eurem Herzen sein Bild erneuert und so glaubenslebendig finden lassen, wie Ihr es mir auf dem Bild der Samaritanerin gemalt habt.
Euch und Eurem Urbino empfehle ich mich.
Eure ergebene
Marchesa di Pescara.
[Rom, 1538–41 oder 1545–46.]
Der Ruhm, den Eure Kunst Euch schafft, ist so gross, dass Ihr vielleicht geglaubt hättet, weder die Zeit noch irgend ein Ereignis könnte ihm den Tod bringen, wäre nicht jener Strahl göttlichen Lichtes Euch ins Herz gedrungen, und Euch offenbar geworden, dass jeder irdische Ruhm stirbt und lebte er noch so lange. Wenn Ihr darum aus Euren Bildwerken die Güte dessen erkennt, der Euch zum einzigen Meister in dieser Kunst machte, werdet Ihr auch verstehen, dass ich nur dem Herrn für meine schon fast toten Schriften danken kann, denn dichtend beleidigte ich ihn weniger, als ich in meinem Müssiggang jetzt tue. Ich bitte Euch darum, nehmt diesen Ausdruck meiner Gesinnung als Unterpfand künftiger Werke an.
Eure ergebene
Marchesa di Pescara.
Die Erläuterungen beschränken sich auf die notwendigsten biographischen und historischen Notizen. Zur leichteren Orientierung ist eine kurze Skizze von Michelangelos äusserem Leben vorangestellt.
Er wurde am 6. März 1475 im Städtchen Caprese (Toscana) geboren, wo sein Vater Lodovico das Amt eines Podestà bekleidete. Nach Ablauf seiner Amtszeit kehrte dieser nach Florenz zurück. Ursprünglich für das Gewerbe der Seidenweberei bestimmt, setzte Michelangelo seine Neigung durch und kam in die Werkstatt des Ghirlandajo. 1489 wurde er in Lorenzo des Prächtigen Bildhauerschule, 1490 in dessen Hausgemeinschaft aufgenommen und genoss den Verkehr mit dem um den Magnifico versammelten Gelehrten- und Künstlerkreis. (Madonna an der Treppe, Centaurenkampf.) 1492 starb Lorenzo, 1494 wurde sein Nachfolger Piero vertrieben. Michelangelo war schon vorher nach Venedig, darauf nach Bologna gegangen. Er blieb dort ein Jahr, und kehrte dann nach Florenz zurück, in dem Savonarola an der Spitze des Volkes stand. (Giovannino, schlafender Amor.) 1496 kam er nach Rom, wo er sich bis 1500 aufhielt. (Bacchus, Pietà.) 1501 war er wieder in Florenz. (1501–04 der David, 1504 der Karton zur Pisanerschlacht.) 1505 wurde er von Julius II. nach Rom berufen und mit der Errichtung von dessen Grabdenkmal beauftragt. Bis Ende 1505 war er in Carrara (Madonna von Brügge) mit der Zurichtung des Materials beschäftigt und ging dann nach Rom. 1506 entstand ein Konflikt mit dem Papst, und Michelangelo floh aus Rom auf Florentiner Gebiet. Lange Bemühungen Julius' vermochten ihn nicht zur Rückkehr zu bewegen. Erst als dieser 1506 Perugia und Bologna unterworfen hatte und sich in letzterer Stadt aufhielt, erreichte eine erneuerte Aufforderung an die Regierung von Florenz ihren Zweck. Michelangelo begab sich nach Bologna und söhnte sich mit dem Papste aus. 1507–08 schuf er dort die Erzstatue Julius' und ging dann nach einem kurzen Aufenthalt in Florenz nach Rom, in der Hoffnung, jetzt das Juliusgrab ausführen zu können. Der Papst nötigte ihn aber zur Ausmalung der Sixtinadecke. (1508–12). Nach deren Vollendung durfte er sich den Arbeiten am Grabmal wieder zuwenden, und Julius beauftragte seinen Notar und den Kardinal Grossi, für die Ausführung zu sorgen. 1513 wurde Giovanni de Medici als Leo X. Papst. Noch im gleichen Jahr wurde durch einen Vertrag das Grabmal sichergestellt. (Die zwei Gefangenen, der Moses.) 1516 musste Michelangelo sich eine Einschränkung des Planes gefallen lassen; ein neuer Vertrag bestimmte das Jahr 1525 als letzten Termin und gestattete ihm, auch in Florenz oder Carrara daran zu arbeiten. Aber schon 1516 sah sich der Meister trotz seines energischen Widerstands genötigt, für Leo X. den Bau der Lorenzofassade in Florenz zu übernehmen. Die Arbeit kostete ihn vier Jahre und verlief ohne jedes Ergebnis, da besonders endlose Verordnungen und Intriguen die Lieferung des Materials verhinderten. 1520 wurde er von dem Auftrag befreit und widmete sich wieder dem Grabmal, musste aber 1520/21 im Auftrag des Kardinals Giulio de Medici mit Vorarbeiten für die Mediceergräber beginnen. Das Schwanken des Kardinals und Geldschwierigkeiten zogen die Ausführungen hinaus. 1523 wurde Giulio Papst (Clemens VII.) und nun gingen die Arbeiten besser voran, obwohl Michelangelo sich fortwährend mit dem Gedanken an das unvollendete Juliusgrab quälte. Der Papst beruhigte ihn etwas, und die Erben Julius' II. wagten nicht mit Forderungen aufzutreten. 1525 machten sie ihre Ansprüche doch wieder geltend und die Verhandlungen zogen sich durch die nächsten zwei Jahre hin. 1527 wurde Rom geplündert; die Republikaner in Florenz standen auf und richteten ihre Regierungsform ein. 1529 musste die Stadt sich gegen Clemens und die Kaiserlichen rüsten, und Michelangelo wurde zum Leiter der Befestigungsarbeiten ernannt. 1530 ergab sich die Stadt, und Alexander de Medici wurde als Herzog eingesetzt. Michelangelo erhielt vom Papst für seine Sicherheit Gewähr und nahm die Arbeit an den Mediceergräbern wieder auf, aber stets verfolgt durch den Gedanken an das Juliusgrab. Endlich, 1532, ging er auf Anraten des Papstes nach Rom, um die Angelegenheit zu ordnen, und es kam ein Vertrag zustande, nach dem das Denkmal in S. Pietro in Vincoli in sehr bescheidenen Verhältnissen aufgestellt werden sollte. Michelangelo solle zugleich in Florenz arbeiten dürfen. Zur selben Zeit erhielt er den Auftrag zur Ausmalung der Sixtinawände und fertigte den Entwurf zum letzten Gericht. Als er 1534 Florenz verliess, geschah es für immer. Clemens starb; dadurch war ihm der mächtige Beschützer gegen Alessandro, der ihn hasste, genommen, und er fühlte sich in seiner Heimatstadt nicht mehr sicher. Die Mediceergräber blieben unvollendet; der ihm befreundete Vasari sorgte für die Anordnung der Teile, die fertig geworden waren. Auch jetzt sollte es noch nicht zur Vollendung des Juliusdenkmals kommen. Paul III. nötigte den Meister zur Ausführung des letzten Gerichts. 1535–41 arbeitete er daran. Erst 1545, nach einem letzten Vertrag mit dem Erben Julius' II., konnte Michelangelo das Werk zu Ende bringen. Unterdessen liefen von 1542–49 die Malereien in der Capella Paolina, im Auftrag vom Papst Paul. Seine letzte grosse Arbeit war die Leitung des Baues von St. Peter, die 17 Jahre, von 1547 bis zu seinem Tode am 15. Februar 1564 in seinen Händen lag.
Die äusseren Ereignisse in Michelangelos Leben hatten für sein Dichten keine grosse Bedeutung. Gelegenheitsgedichte finden sich nur in sehr geringer Zahl in seinem Canzoniere. Einige an Rom und Florenz, an den Papst, einige an Freunde, Dank oder Entgegnungen — und selbst von diesen scheinen mehrere langgetragene Gedanken zu enthalten, die nur bei einem bestimmten Anlass ihre Form fanden.
Ein tieferer Zusammenhang wird wohl zwischen seinen bildnerischen Werken und seinen Dichtungen bestehen, und es würde Gegenstand einer besonderen Untersuchung sein müssen, Parallelen in der Entwicklung von Gedanken und Form auf den verschiedenen Gebieten seines künstlerischen Schaffens aufzuzeigen.
Von grossem Einfluss für sein Dichten waren die Menschen, die er liebte: Die Unbekannten, an die er die Liebesgedichte vor und nach der Colonnazeit mit ihren wechselnden Stimmungen richtete, Febo di Poggio (vor 1534, als er Florenz für immer verliess), Cecchin Bracci, und vor allem jene beiden, die die schönsten seiner Gedichte werden liessen, Tommaso Cavalieri und Vittoria Colonna.
Zwischen und in den so entstehenden grossen Gruppen liegen einzelne Dichtungen von, man möchte sagen, objektiverem Charakter, soweit hiervon bei einem Michelangelo überhaupt die Rede sein kann. So der Gesang der Toten, die Epitaphien, die Stanzen auf Stadt und Land, die Sonette auf die Nacht und jene zwei auf Dante, in denen er wie mit Autorität über seinen grossen Landsmann spricht.
Für sich steht die lang vorbereitete Gruppe der letzten Jahre. Diese Gedichte sind zum grossen Teil an Christus gerichtet, und die Ideen der Schuld, der Reue, des Ringens nach Erlösung finden in ihnen oft wundervollen Ausdruck.
Die meisten seiner Dichtungen entstanden, indem lange in ihm arbeitende Gedanken sich endlich zur Formung durchrangen, oder es ihm unter dem Eindruck von Persönlichkeiten oder Ereignissen gelang, sich, sein Streben und Sehnen auszusprechen. Dann lösten sie sich aus diesem Zusammenhang los und wurden immer mehr Gegenstand rein künstlerischer, unermüdeter Arbeit. Mit Freunden wurden sie durchgesprochen, beurteilt, Version auf Version entstand, Zeile auf Zeile wurde variiert, bis der Dichter, befriedigt, vielleicht das Gedicht mit seiner schönen, malenden Schrift noch einmal abschrieb. Oder aber es wurde noch nach Jahren wieder hervorgeholt und umgearbeitet. Andere blieben Fragment; entweder war die Stimmung erschöpft, oder der Dichter vermochte ihr keine volle Form zu schaffen, liess das Begonnene liegen und versuchte es vielleicht in einem neuen Anlauf. —
Wenn nun hier die Gedichte unter bestimmte Adressen gesetzt sind, so will damit nicht gesagt sein, dass Michelangelo sie alle ausdrücklich an die betreffende Persönlichkeit gerichtet habe, sondern dass sie unter ihrem Einfluss entstanden und tatsächlich auch oft an sie gelangt seien. —
Wortschatz und Bilder nahm er aus der literarischen Sprache seiner Zeit. Besonders Petrarca und Dante, den er wohl wie kein zweiter mit kongenialem Geiste verstand, haben stark auf ihn gewirkt. Eben aus ihnen und durch den Verkehr mit den Gelehrten am Hofe Lorenzos wurden ihm auch die Gedanken der platonischen Philosophie vertraut. In ihnen fand er die Formeln für sein eigenes Suchen nach dem Ewiggültigen, und sie sind so tief durch sein Wesen gegangen, dass sie ganz als sein Eigentum gelten müssen. Vollends in jenen Dichtungen, in denen er die Bilder aus „seiner“ Kunst, der Plastik, nahm, schuf er völlig Neues. Und diese Bilder sind gerade da am häufigsten, wo er in vollendetster Form sein Sehnen nach der Vollkommenheit ausspricht, in den Gedichten an Vittoria. —
Der Gedankengang dieser Auswahl ist etwa dieser: einige Gedichte an Florenz, den Papst; Gelegenheitsgedichte; leichtere Liebesgedichte; Dank und Freundschaft; einige Dichtungen „objektiveren“ Inhalts; tiefere, persönlichere Liebesgedichte; Vittorias Tod; für Michelangelos Kunstauffassung bedeutsame Gedanken; Suchen nach ewiger Schönheit (Cavalieri); die Nacht, der Gesang der Toten; der Vollkommenheitsgedanke (Vittoria); endlich die geistlichen Dichtungen, Schuld, Reue, Tod, Erlösung.
Den Übersetzungen liegt der Text von Guasti zugrunde; es wird deshalb in den Anmerkungen auf ihn verwiesen (G. p. = Cesare Guasti, Le rime de Michelangelo Buonarroti … Firenze MDCCCLXIII, Seite … ). Sonst hätte die neuere Ausgabe von G. Frey, Die Dichtungen des Michelagniolo Buonarroti, Berlin 1897, angezogen werden müssen. Auf ihren sehr umfangreichen kritischen Apparat stützen sich hauptsächlich die Anmerkungen zu den Gedichten, ebenso die Zuweisung der Dichtungen an die betreffenden Adressaten. —
In den Übersetzungen von Sophie Hasenclever wurden einige kleine Änderungen da vorgenommen, wo das Original nicht sinngerecht wiedergegeben schien.
G. p. 303. — Capitolo, Fragment, wahrscheinlich 1524–26, in Florenz. Die Auffassung des Gedichtes schliesst sich an die H. Grimms an. In jener Zeit arbeitete Michelangelo in Florenz an den Grabdenkmälern der Medici. Die Unbeständigkeit seines Auftraggebers, Clemens VII., der seine Arbeiten durch andere Pläne unterbrach und auch über die Ausführung der Gräber öfter seine Ansichten wechselte, Zwistigkeiten mit seiner Familie, Schwätzereien der Florentiner, Verdächtigungen und Intriguen seiner Feinde brachten ihn in diese Stimmung, in der ihm die Stadt wie eine grausame, spottlustige, launische Geliebte erschien. (Vgl. Grimm, „Fiorenza“, Pr. Jahrb. Bd. 47, p. 319ff.). — Frey hält das Capitolo für ein Liebesgedicht, eine von vier Versionen, die 1546 von Michelangelo zu einem Madrigal (G. p. 100) verarbeitet wurden.
G. p. 3. — Epigramme, 1545. — 1492 war Lorenzo il Magnifico gestorben. Auf ihn folgte sein Sohn Piero II. 1494 zog Karl VIII. von Frankreich über die Alpen, um seine Ansprüche auf Neapel geltend zu machen. Nun hatte Piero mit Alfons II. von Neapel Beziehungen angeknüpft und war so dem Angriff des Franzosen ausgesetzt, zumal auch Lodovico il Moro Karl gegen Florenz hetzte. In der Gefahr verlor er alle Fassung und lieferte schon in den ersten Verhandlungen die Festungen des Landes aus. Die entrüsteten Florentiner vertrieben ihn bei seiner Rückkehr aus der Stadt, die nun in die Hände der Franzosen fiel. Es folgte die Zeit Savonarolas, der 1498 gestürzt wurde. Die 1495 eingerichtete republikanische Regierungsform musste wieder fallen, als 1512 Julius II. Giovanni und Giuliano de Medici, die Brüder Pieros II., in die Stadt zurückführte. Giovanni wurde 1513 als Leo X. Papst; auf ihn folgte Giuliano und dieser gab bald seine Herrschaft an Pieros Sohn Lorenzo II. Nach ihm Giulio, der 1523 als Clemens VII. den päpstlichen Thron bestieg, die Herrschaft über Florenz aber mitbehielt. Als 1527 Rom durch die kaiserlichen Truppen erobert und geplündert wurde, machten in Florenz die Republikaner den Versuch, die frühere Regierungsform wieder herzustellen, aber das vereinigte Heer der Kaiserlichen und des Papstes zwangen die Stadt nach zehnmonatlicher Belagerung (Michelangelo war bei der Befestigung tätig) zur Übergabe (1530). Zur Herrschaft kam Lorenzos II. natürlicher Sohn Alexander, der 1537 durch seinen Vetter Lorenzino ermordet wurde. Nun gelangte Cosimo, des ersten Cosimo Urenkel, zur Herzogswürde und wusste in geschickter Weise seine Herrschaft endgültig zu befestigen. — 1545, als für die aus Florenz geflüchteten Republikaner jede begründete Hoffnung auf Wiederherstellung der Republik geschwunden war, entstanden die Epigramme. Michelangelo antwortet in Rom auf einen Vierzeiler des Giovanni di Carlo Strozzi (1517–1570). Dieser lebte in Florenz humanistischen Studien und war Mitglied der Akademie.
G. p. 25. — Madrigal, 1545–46. — Ein Zwiegespräch der verbannten Florentiner mit ihrer Heimatstadt.
G. p. 156. — Sonett, wohl 1511, gegen Ende der Arbeiten an der Sixtinadecke (1508–12).
G. p. 158. — Sonetto caudato oder ritornellato; das eigentliche Sonett schliessen 1–2 Ritornelle, Kehrreime. Etwa 1508–11. — Giovanni da Pistoja, vielleicht, was Frey bezweifelt, Kanzler der Florentiner Akademie. — Das Gedicht spricht von den Mühen der Arbeit an der Sixtinadecke.
G. p. 338. — Stanzen, Fragment, etwa 1518–24. Ein Spottgedicht auf eine Unbekannte in Florenz.
G. p. 68. — Madr., 1535–46. An eine Unbekannte.
G. p. 58. — Madr., 1534–46. Nach Frey ist es an Vittoria Colonna in der ersten Zeit der Freundschaft gerichtet.
G. p. 97. — Madr., 1546. An eine Unbekannte, die vielleicht mit der Adressatin von No. 33 und 34 identisch ist.
G. p. 178. — Son., 1507–08, in Bologna, an ein unbekanntes Mädchen der Stadt.
G. p. 29. — Madr., 1546. — Luigi del Riccio war Geschäftsträger der Strozzi in Florenz. Mit Michelangelo war er eng befreundet und leistete ihm wichtige Dienste. Er verfolgte mit besonderem Interesse die dichterische Tätigkeit des Meisters, mit feinem Verständnis beurteilend, besprechend. Er bemühte sich auch um eine Herausgabe der Gedichte und vereinigte deren 87 in der nach ihm benannten Ricciosammlung. — Auf ein unbekanntes Vorkommnis hin schrieb Michelangelo das Gedicht in seiner ersten Fassung. Riccio erwiderte mit folgendem Madrigal:
Es darf kein Liebesdienst
Des Freundes lästig sein
Dem Freunde, denn ein alter, weltbekannter Satz
Verlangt, dass jedes Gut
Und jegliches Geschick
Ihnen gemeinsam sei. Ja Kerker, Tod
Sah man schon einen für den andern leiden,
Und Gut und Ehr' und Leben tauschen sie.
Drum kann ein Streit uns beide nicht entzweien,
Denn alles zu verzeihn, ist Freundschaft stets bereit.
Darauf arbeitete Michelangelo sein Madrigal zu einer zweiten, längeren Fassung um, die hier gegeben ist.
G. p. 167. — Son., 1551. — Giorgio Vasari lebte 1512–74 und betätigte sich als Maler, Architekt und Schriftsteller. Er stand beim Herzog von Florenz in grosser Gunst und hatte in Michelangelos späteren Jahren zwischen diesem und dem Herzog zu vermitteln (vgl. Brief 26. und 30). Mit dem Sonett dankt ihm der Meister für die Zusendung der „Vite degli artisti“.
G. p. 164. — Son., 1555. Dank für Geschenke.
G. p. 325–328. — Fragment einer Dichtung in Stanzen. Nach Frey würde dieser Teil in die Jahre 1536–40 fallen, während die Stanzengruppe, in denen der Dichter das Landleben preist und die übrigen Laster geisselt (G. p. 317–24), aus seinen letzten Jahren (1556) stammen, also zwei selbständige Dichtungen vorliegen würden. — Andere Deutungen für die Gestalten der Dichtung: der Gigant der Stolz, das Weib die Grausamkeit, oder Habsucht, oder der Geiz. Dazu Frey (a.a.O. 350): „All diese Interpretationen sind individueller Art und unverbindlich. Es muss gesagt werden, dass, so real Michelangelo diese Bilder ausgeführt hat, so unbestimmt ist gleichwohl für uns ihre Bedeutung gelassen, wohl weil auch dem Dichter während des Schöpfungsprozesses immer neue Gedanken, Vergleiche und Züge in den Sinn kamen, die die ursprüngliche Richtung abänderten. Gleichwohl lassen sich meiner Überzeugung nach doch Michelangelos Intentionen ahnen und deuten, wenn man, was durchaus nötig ist, mit den Stanzen das Sonett gegen die Pistojesen (G. p. 160) vereint. Dort die Pistojesen, die al ciel nemici, invidiosi, superbi; Söhne Kains hiessen sie, weil sie im Bruderkampfe sich gegenseitig totschlugen. Hier trägt das Weib das Kainszeichen; freut es sich und wächst del mal d'altrui, und die Pistojesen sind del danno loro amici. Wie zur Zeit Dantes Neri und Bianchi in Pistoja sich zerfleischten, so wieder zur Zeit der Revolution in Florenz. Und dann die Ermordung des Herzogs Alessandro (1537). Die città intera, die der Gigant mit dem Fusse deckt, wäre Pistoja, die montagne die dortigen Apenninen, die vielfach den Parteien ricovero boten wie dem Weibe le gran rocche. Besonders im Frühjahr 1537 waren die Wirren in Pistoja gross. … Man könnte annehmen, dass [Giovanni da Pistoja] … ausführlich von allen diesen Ereignissen Michelangelo unterhalten habe, und Schmerz und Zorn über das Gehörte hätten ihn zu Dichtungen veranlasst, die wohl niemals abgesandt worden sind.“
G. p. 5–21, No. 2, 3, 4, 7, 8, 12, 18, 20, 23, 31, 38, Epitaphien, 1544. — Im Jahre 1544 starb in Rom Cecchino (Francesco) de Zanobi Bracci im Alter von 15 Jahren. Er war Riccios Neffe und wurde von diesem zärtlich geliebt. Seit 1534 lebte er als verbannter Florentiner in Rom, wegen seiner Schönheit allgemein bewundert. Sein Tod war für Riccio ein herber Verlust. Die Freunde, unter ihnen auch Michelangelo, bemühten sich, ihn zu trösten, und zu diesen Versuchen zählen auch die ersten dieser Vierzeiler. Die Abfassung der Gedichte war anfangs lebendig mit der Erinnerung an Cecchino verknüpft, löste sich aber bald davon los, und das Grab des Freundes wurde zum Ort, an dem der Dichter in stets neuen Beziehungen und knappster Fassung eigenartige Gedanken über Leben und Tod aussprach. Riccio ermunterte den Freund durch Bitten und Geschenke, durch Besprechung und Kritik zur Fortsetzung, und so entstand im Laufe des Jahres 1544 eine Reihe von 48 vierzeiligen Grabschriften. Kurze scherzhafte Bemerkungen unter den Gedichtmanuskripten, die Michelangelo dem Freunde zusandte, zeigen, wie sehr ihm dieser zusetzte. So zum Epitaph
12.
„Wenn Ihr keine mehr wollt, so schickt mir nichts mehr.“
16.
(nicht in dieser Auswahl) „Ich wollte es Euch eigentlich nicht schicken. Es ist ein gar zu plumpes Ding; aber die Forellen und Trüffeln würden selbst den Himmel bezwingen. Ich empfehle mich Euch.“
20.
„Für die gesalzenen Schwämme, wenn Ihr schon nichts weiter wollt!“
(n. i. d. A.) „Dies plumpe Ding, schon tausendmal aufgetischt, für den Fenchel.“
23.
„Hier reden die Forellen, nicht ich; wenn Euch die Verse nicht gefallen, dann mariniert sie das nächste Mal nicht mehr ohne Pfeffer.“
33.
(n. i. d. A.) „Unbeholfene Sachen! Der Brunnen ist ausgetrocknet; man muss abwarten, bis es regnet. Ihr habt zu grosse Eile!“
36.
(n. i. d. A.) „Tolle Sachen! Wenn man aber von mir verlangt, ich soll sie zu Tausenden fabrizieren, so muss schon von jeder Sorte darunter sein!“
G. p. 155. — Son., 1545. Zugleich mit No. 59 entstanden.
G. p. 50. — Madr., Fragm., 1504/5–11. Adressat und Anlass unbekannt.
G. p. 197. — Son., Zeit, Adressat ist fraglich. Vielleicht 1534–38 in Rom.
G. p. 81. — Madr., Adressat unbekannt. Entstehungszeit etwa Beginn der 40er Jahre.
G. p. 173. — Son., am Anfang der Freundschaft mit Vittoria Colonna entstanden, also in den nächsten Jahren nach 1536. — Vittoria wurde 1490 im Kastell Marino am Abhang der Albanerberge geboren. 1509 vermählte sie sich mit Ferrante Francesco d'Avalos, dem Markgrafen von Pescara. Während ihr Gemahl ein unstetes Kriegsleben führte, lebte Vittoria meist auf Ischia und unterhielt mit den bedeutendsten Geistern ihrer Zeit rege Beziehungen. Sie musste früh auf Mutterglück verzichten und wandte sich ganz geistigen Interessen zu. In das Jahr 1512 fällt das erste ihrer erhaltenen Gedichte und bald entfaltete sie ein reiches Schaffen, von ihrer Zeit als die bedeutendste Frau, „la diva Vittoria Colonna“, gefeiert. 1525 starb Francesco. Von nun an lebte sie immer eingezogener, obwohl stets in Beziehung mit der politischen und künstlerischen Welt, meist in Klöstern, wie San Silvestro in Capite in Rom, San Paolo in Orvieto, Santa Caterina in Viterbo (vgl. den vierten ihrer Briefe an Michelangelo). Infolge der politischen Verhältnisse änderte sie ihren Aufenthalt oft. 1534 kam sie durch die Berührung mit Bernardino Ochino in die religiösen Reformbewegungen des 4. und 5. Jahrzehnts und spielte in ihnen eine nicht unwichtige Rolle. 1534–40 hielt sie sich viel in Rom im Kloster San Silvestro auf, und in die frühere Zeit dieser Periode fällt wohl ihr erstes Zusammentreffen mit Michelangelo, mit dem sie besonders in den Jahren 1538–40 regen Verkehr unterhielt. Die nächste Zeit brachte ihr schweres Leid. In den Kämpfen mit Paul III., 1540–41, wurde die Macht der Colonna vernichtet. Sie zog sich nach Viterbo zurück und blieb dort bis 1544. 1544–47 war sie wieder in Rom, von körperlichen und seelischen Leiden heimgesucht, aber fortwährend in regem Austausch mit den bedeutendsten Persönlichkeiten und selbst literarisch tätig. Die tiefsten ihrer religiösen Dichtungen fallen in diese Zeit. 1547 starb sie im Kloster Sant' Anna de Funari, das ihr letzter Aufenthaltsort gewesen war.
G. p. 46. — Madr., vielleicht um 1540/41.
G. p. 169. — Son. Es liegt in 6 Versionen vor. Diese ist die zweite und wurde 1546 abgefasst. Die erste Fassung, die mit dem Brief 16. an Vittoria abgesandt wurde, fällt in die Jahre 1538–41 oder 1544–46. — Vittoria hatte dem Dichter öfter „Dinge“ (cose), vielleicht eigene Dichtungen, angeboten, und er hatte sich lange geweigert, sie anzunehmen, bevor er ihr nicht ein würdiges Gegengeschenk bieten könne.
G. p. 80. — Madr., 1534–46.
G. p. 199. — Son., in 8 Versionen überliefert; die hier übersetzte ist die Schlussfassung, 1542–46. Die Ausarbeitung der früheren liegt wohl um 10–20 Jahre zurück. Letztere sind an eine Frau, die gegebene Fassung ist an einen Mann (signor) gerichtet. (Die Übersetzung sagt allerdings „holde Fraue“.) Gemeint ist Tommaso Cavalieri. Über ihn siehe zu No. 38.
G. p. 183. — Son., 1529–30 in Florenz, an eine Unbekannte.
G. p. 74. — Madr., etwa 1544–46. Nach Frey an Vittoria, in den letzten Jahren ihres Lebens.
G. p. 38. — Madr., Anfang der 40er Jahre.
G. p. 227, 229, 31, 226. — Sonette, No. 30 Madr., sämtlich 1547 entstanden, No. 28 als letzte von drei Versionen.
G. p. 212. — Son., nicht lange nach Vittorias Tod (1547), als letzte von vier Versionen.
G. p. 34. — Madr., 1540–44, an eine Unbekannte. Vgl. No. 9.
G. p. 35. — Madr., wohl 1540–44, an eine Unbekannte. Vgl. No. 9.
G. p. 253. — Son., Entstehungszeit und Adressat unbekannt.
G. p. 175. — Son., 1546 als letzte von drei Versionen. Die früheren fallen wohl in die Jahre 1538–42.
G. p. 36. — Madr., etwa 1542–44.
G. p. 216. — Son., vor 1534. — Anfang der 30er Jahre begann Michelangelos Freundschaft mit Tommaso Cavalieri, einem jungen Römer, um bis zu seinem Tode, durch 32 Jahre, zu dauern. Was sie für den unablässig nach der Schönheit und dem sittlich Hohen ringenden Meister bedeutete, wie lauter er diese Beziehungen auffasste, zeigen besonders die Dichtungen der 40er Jahre.
G. p. 188. — Son., 1533/34.
G. p. 190. — 1532–33.
G. p. 92. — Madr., vielleicht 1524 in Florenz, an eine unbekannte Adresse.
G. p. 224. — Son., 1546, als Schlussfassung verschiedener, bis in die zweite Hälfte der 30er Jahre zurückgehender Versuche.
G. p. 208. — Son., Florenz 1533.
G. p. 250. — Son., in seiner späteren Lebenszeit.
G. p. 176. — Son., nicht lange nach 1534.
G. p. 223. — Son., in dieser Fassung 1546.
G. p. 218. — Es liegen 7 Versionen und viele Varianten einzelner Verse vor. Die früheren Fassungen (1.–4.) fallen in die Jahre 1536–42, die hier gegebene fünfte 1546.
G. p. 337. — Stanze, vielleicht 1536–38, an einen unbekannten Adressaten oder aber an Tommaso Cavalieri.
G. p. 202, 203, 205, 204. — Sonette, aus der Periode, während der Michelangelo am Jüngsten Gericht arbeitete, 1533–41. — Der Anordnung innerhalb der Gruppe folgt Frey a.a.O. 367: „Das erste gäbe das Thema an, das die übrigen weiter entwickelten, wobei die teilweise noch allgemeinen und unbestimmten Anschauungen zuletzt eine Steigerung und konkreteren Inhalt erhalten hätten.“
G. p. 350. — Canzonenfragment. Frey lässt Spielraum vom 2. Jahrzehnt bis ins Alter des Dichters.
G. p. 32. — Madr., 1541–44, während Vittoria zurückgezogen in Viterbo lebte.
G. p. 83. — Madr., 1534–46.
G. p. 214. — Son., nach 1534, in der späteren Zeit von Michelangelos Freundschaft mit Cavalieri.
G. p. 33. — Madr., wohl 1534–42; vielleicht an Vittoria.
G. p. 186. — Son., Ende der 30er, Anfang der 40er Jahre.
G. p. 153. — Son., 1545 als zweite von 5 Versionen. — Vgl. No. 16. — Zur Entstehung des Gedichtes vgl. Frey, a.a.O. 425; Michelangelo beschäftigte sich damals, nach Vollendung des Jüngsten Gerichts, besonders intensiv mit Dante.
G. p. 27. — Madr., etwa 1544–46, nach einer wohl in den 30er Jahren entstandenen Urversion.
G. p. 177. — Son., vor 1546; W. Robert-tornow (Die Gedichte des Michelangelo Buonarroti, Berlin 1896) fasst das Gedicht als an Christus gerichtet auf (p. 391). Freys Ansicht, der es den Cavalieri-Dichtungen zuordnet, scheint wahrscheinlicher.
G. p. 37. — Madr., 1536–47.
G. p. 30. — Madr., vielleicht 1538–41 oder 1545/6.
G. p. 94. — Madr., vielleicht 1544/45.
G. p. 172. — Son., die letzte von 5 Versionen, 1550. (Die früheren 1544/45 —.)
G. p. 261. — Son., Fragm., etwa 1560.
G. p. 141. — Madr., 1546.
G. p. 128. — Madr., nach 1547.
G. p. 274. — Son., Fragm., 1552–54.
G. p. 259. — Son., Fragm., nach 1525; ebenso wie No. 71 aus vorübergehenden Stimmungen entstanden, Vorläufer der nach 50 häufig auftretenden Gemütsverfassungen des Dichters.
G. p. 123. — Madr, die erste Fassung etwa 1536–42, die vorliegende 1545/46.
G. p. 230. — Son., Frey, a.a.O. 486: „Vielleicht Michelangelos schönstes Gedicht, nicht nur der letzten Epoche, sondern seines Canzoniere überhaupt.“
G. p. 279. — Son., Fragm., 1554.
G. p. 232. — Son., 1554/55.
G. p. 238. — Son., 1555.
G. p. 244. — Son., 1550–54.
G. p. 240. — Son., 1547–50.
G. p. 245. — Son., 1555.
G. p. 246. — Son., 1555.
G. p. 241. — Son., 1555 oder später.
Der italienische Text nach Gaetano Milanesi, Le lettere di Michelangelo Buonarroti, Firenze MDCCCLXXV (Mil. l. = Milanesi, lettera No. …). Ebendaher stammt die Datierung der Briefe, die nicht von Michelangelo selbst herrührt. Leider konnte den Übersetzungen und Anmerkungen die in Aussicht stehende kritische Gesamtausgabe der Briefe von C. Frey nicht mehr zugrunde gelegt werden.
Mil. l. CCCXLIII. — Giuliano da San Gallo 1443 (45) bis 1516 (17), aus Florenz, war Bildhauer und vor allem Architekt. Er baute in Rom für Lorenzo den Prächtigen, wurde später nach Neapel gerufen und arbeitete 2 Jahre für den Bischof von Ostia, den nachmaligen Papst Julius II. Unter Julius veranlasste er den Bau einer besonderen Grabkirche für das Denkmal, mit dessen Ausführung Michelangelo betraut war, unterlag er aber mit seinem Entwurf gegen Bramante und verliess Rom. Nach kurzer Zeit ernannte ihn der Papst zum Ingenieur, dann zum Architekten am Bau der neuen Peterskirche. — Durch seine Vermittlung war Michelangelo 1505 nach Rom gekommen. Über dessen Flucht folgendes: 1505 hatte er vom Papste den Auftrag erhalten, ihm ein Grabmonument zu errichten und war noch im April desselben Jahres nach Carrara gegangen. Dort leitete er bis zum Januar 1506 die Zurichtung der Blöcke und erwartete dann in Rom deren Ankunft. Unterdessen hatte aber Julius den Plan des Grabdenkmals fallen lassen und sich dem Neubau der Peterskirche zugewandt, für die, wie oben gesagt, Bramantes Pläne gesiegt hatten. Als Michelangelo an der veränderten Sachlage nicht mehr zweifeln konnte, floh er in seiner Enttäuschung nach Florenz. Der Papst bemühte sich, ihn zur Rückkehr zu bewegen, und veranlasste viele Freunde und Gönner des Meisters, ihm brieflich oder mündlich zuzureden. Auf einen solchen Vermittlungsbrief antwortet das vorliegende Schreiben.
Mil. l. CXXVII. — Vgl. Anm. zu Br. 3. — Der alte Buonarroti hatte Michelangelo geschrieben, das Betragen seiner Söhne, besonders Giovansimones, mache ihm viel Kummer. In seiner Antwort (Mil. l. VII) verspricht ihm Michelangelo, diesem einen Brief zu schreiben „auf meine Art“ — eben den vorliegenden.
Mil. l. X. — Lodovico di Leonardo di Buonarrota Simoni (1444–1534) trieb keinerlei Gewerbe, sondern lebte von dem geringen Ertrag seiner wenigen Güter und dem Gehalt einer Zollschreiberstelle. Michelangelo sorgte bis an sein Lebensende in aufopfernder Weise für seine Familie. Von seinen Brüdern werden in den Briefen genannt: Buonarroto, von dem das bis in unsere Zeit lebende Geschlecht der Buonarroti abstammt, 1477–1528, Giovan Simone 1479–1548, Gismondo 1481–1555. — Mona Cassandra, Lodovicos Schwägerin, hatte mit diesem nach dem Tode ihres Gatten einen Streit wegen ihrer Mitgift. — Michelangelo malte damals in der Sixtina.
Mil. l. LXXX. — Lorenzo Strozzi besass in Florenz eine Wollwirkerei, in der Buonarroto beschäftigt war.
Mil. l. XXII. — Michelangelo pflegte sein Geld der Spitalverwaltung von Santa Maria Nuova in Florenz anzuvertrauen. Der Spitalverwalter wird auch noch in späteren Briefen öfter erwähnt.
Mil. l. XXXVI. — Vgl. Anm. zu Ged. No. 2. Als Julius II. mit kaiserlichen Truppen Giuliano de Medici nach Florenz zurückführte, wurde in den Tagen vom 29. August bis 19. September die Stadt Prato besetzt und in furchtbarer Weise geplündert.
Mil. l. XCII. — Im fortgelassenen ersten Teil des Briefes gibt Michelangelo seinem Bruder den Auftrag, eine gewisse Summe im Namen von Michele di Piero da Settignano, eines seiner Steinmetzen, in Florenz auszuzahlen. — Die Arbeiten, über die er klagt, sind die für das Juliusdenkmal.
Mil. l. XXXIX. — Michelangelo erhielt von den Erben Julius II. 1516 die Erlaubnis, nach Belieben in Rom, Florenz oder Carrara an dem Denkmal zu arbeiten. Tatsächlich ging er 1516 nach Carrara, um Material zu beschaffen, und war auch einige Zeit in Florenz. Von hier aus schrieb er an seinen Vater, der sich in Settignano, einem kleinen Ort nahe bei Florenz, aufhielt, den Brief. Siehe auch Br. 9.
Mil. l. CXII.
Mil. l. CCCLXXXI. — 1520 wurde Michelangelo vom Kardinal Giulio de Medici beauftragt, für die Mediceer in Florenz ein Familiengrab zu bauen. 1521 erhielt er eine Anzahlung und schloss mit einigen Steinmetzgewerkschaften in Carrara Verträge auf Lieferung grosser Marmormengen. Bald machte ihm aber der unbeständige Kardinal, der zudem durch die politischen Wirren (die Kämpfe Karls V. mit Franz I.) in Geldnöte geraten war, Schwierigkeiten. Er erklärte sich nicht bestimmt über die Art der Ausführung und zögerte mit den Zahlungen. Die Arbeiten ruhten, his Giulio 1523 als Clemens VII. den päpstlichen Thron bestieg. 1524 begann der Bau der Kapelle (nuova sagrestia di San Lorenzo) und war bald zu Ende geführt. Über die letzten Arbeiten, Laterne und Goldkugel, berichtet der Brief. Der Papst, der wohl wissen musste, dass es Michelangelos Charakter unmöglich war, die Leitung einer Arbeit mit einem anderen zu teilen, versprach doch Andrea Sansovino die Teilnahme an dem Werke. Im vorliegenden Brief verwahrt sich Michelangelo dagegen. — Über seine Stimmung während dieser Arbeiten vgl. Ged. No. 1 und Br. No. 11.
Mil. l. CCCXCVII. — Sebastiano del Piombo (1485–1547) gehörte in Rom zur Partei Michelangelos gegen Raffael. — In dem am Schluss des Briefes erwähnten Porträt vermutet Milanesi das wahrscheinlich verlorene Bildnis des Francesco degli Albizzi, das Sebastiano in jener Zeit vollendet und nach Florenz gesandt hatte.
Mil. l. CXXIX. — Der 1532 mit den Erben Julius II. abgeschlossene Vertrag bestimmte, dass Michelangelo Zeit und Arbeit zwischen Rom und Florenz teilen dürfe. — Mona Margherita war eine nahe Verwandte. — Ser Giovan Francesco Fattucci war Kaplan von Santa Maria del Fiore in Florenz und mit Michelangelo sehr eng befreundet.
Mil. l. CDXXIII. — Der „Abgott“, der wohl auch das Feuer entzündet hat, das Michelangelo verzehrt, ist Cecchin Bracci. — Der Dichter schickt seinem Freunde ein bereits umgearbeitetes Madrigal und spricht von einer Zusammenkunft am Sonntag. Bei solchen Gelegenheiten wurden die Gedichte durchgesprochen und gemeinsam ausgefeilt.
Mil. l. CDXXXIX. — Monsignor di Todi, Federigo Cesi, später Kardinal von San Pancrazio. — Urbino, eigentlich Francesco di Bernardino degli Amatori, war Michelangelos Diener, Farbenreiber, Gehilfe, Schüler und auch Freund. Vgl. Br. 27.
Mil. l. CDXLVII. — Der Brief begleitete eines der Epitaphien auf Cecchinos Tod (G. No. 8: das 5. der unter No. 15 der Auswahl zusammengestellten.). — Riccio hatte wohl am vorhergehenden Tage eine Ansicht ausgesprochen, die Brief und Gedicht widerlegen.
Mil. l. CDLIV. — Die Datierung von Brief 16 und 17 ist die von Milanesi getroffene. Nach Frey besteht für sie ebenso wie für die von Ged. No. 22, das mit Br. 16 abgeschickt wurde, der Spielraum von 1538–41 oder 1544–46. (41–44 war Vittoria in Viterbo.) — Vgl. Anm. zu Ged. No. 22.
Mil. l. CDLV. — Vgl. die Briefe Vittorias No. 1 und 2; der vorliegende Brief fällt wohl zwischen sie. — Die letzten Zeilen deuten vielleicht auf eine Absicht Michelangelos, die Zeichnung — den Cruzifixus — als Gemälde auszuführen. „Mein Plan ist misslungen“ übersetzt: „è stato guasto il mio disegno“ und würde auf eine Vereitelung dieser „Absicht“ anspielen, „disegno“ kann auch mit „Zeichnung“ übersetzt werden. „Meine Zeichnung ist misslungen.“ Der Sinn wäre wohl derselbe.
Mil. l. CLXII. — Lionardo di Buonarroto Simoni, also ein Sohn von Buonarroto, dem Bruder Michelangelos. An ihn ist ein grosser Teil der Briefe gerichtet, etwa 200 von fast 500. — Michelangelo hatte in einem Briefe an Lionardo vom 16. Januar 1546 von einer Besitzung des Francesco Corboli gesprochen, der falliert hatte und zu verkaufen wünschte. Er hatte sich bereit erklärt, eine grössere Summe in einem derartigen Wertobjekt anzulegen, und seinen Neffen beauftragt, Erkundigungen einzuziehen. Seiner Familie in Florenz war daran gelegen, sich die Summe zu sichern, und so war die Antwort sehr rasch gekommen — zu rasch für den etwas misstrauischen Meister. — Der Trebbianer, ein süsser oberitalienischer Wein, war sein Lieblingsgetränk.
Mil. l. CDLIX. — Franz I. von Frankreich schrieb im Februar 1546 den hier erwähnten Brief. Michelangelo wurde durch den bald danach erfolgten Tod des Königs (1547) von seinem Versprechen entbunden. — Zu jener Zeit arbeitete er an den Fresken der Capella Paolina in Rom (1542–49) im Auftrag von Paul III.
Mil. l. CLXXXVII.
Mil. l. CXCI.
Mil. l. CDLXII. — Benedetto Varchi (1502–65), Historiker und Dichter, gehörte zu den durch die Medici Vertriebenen. Durch Cosimo I. wurde er zurückgerufen und schrieb in dessen Auftrag seine Geschichte von Florenz. Das hier genannte Buch, eine seiner vielen kleinen Schriften, behandelt die damals vielerörterte Frage, ob die Malerei oder die Skulptur den Vorrang verdiene. (Due lezioni di Messer Benedetto Varchi … Firenze appr. Lorenzo Torrentino … MDXLIX.) — Michelangelo war damals 74 Jahre alt.
Mil. l. CCX. — Die Frage der Heirat Lionardos und der Wahl einer geeigneten Gattin wird im Briefwechsel seit Anfang 1547 erörtert. Dieser Brief ist typisch für die Stellung des Meisters zur Frage. Erst im Frühjahr 1553 (vgl. Br. 24) kam die Angelegenheit zum Abschluss, als Lionardo Cassandra di Donato Ridolfi heimführte.
Mil. l. CCLXIII.
Mil. l. CDLXXII. — Durch Vasari hatte Michelangelo die Nachricht von der Geburt seines Grossneffen Buonarroto di Lionardo Simoni erhalten.
Mil. l. CDLXXV. — 1547 wurde Michelangelo, halb gegen seinen Willen, als Nachfolger von Antonio da Sangallo zum Architekten von Sankt Peter ernannt und widmete sich dieser Aufgabe bis an sein Lebensende. In diesem und anderen Briefen wehrt er sich gegen die Bemühungen Cosimos, ihn nach Florenz zu ziehen. Er hatte die Arbeit als eine ihm von Gott auferlegte heilige Pflicht auffassen gelernt und führt dies als einen Hauptgrund für sein Bleiben oft an.
Mil. l. CDLXXVII. — Vgl. Anm. zu Br. 14. — Der am Schluss Genannte ist Benvenuto Cellini.
Mil. I. CCXC. — Francesca war Michelangelos Nichte.
Mil. l. CDLXXIX. — Cosimo Bartoli, Difesa della lingua fiorentina e di Dante … 1566. — 1556 unternahm Michelangelo eine Wallfahrt nach Loreto, wurde aber in Spoleto, wo er sich einige Zeit aufhielt, durch eine päpstliche Botschaft zurückgerufen.
Mil. l. CCCIV.
Mil. l. CCCXIV. — Der Kardinal Rodolfo Pio da Carpi.
Mil. l. CCCXX.
Mil. l. CCCXL.
Mil. l. CCCXLI.
Der italienische Text bei Frey, a.a.O. in den Regesten p. 533 ff., ebendort die Datierung.
Von der Zeichnung, die der Brief nennt, sagt Ascanio Condivi, Vita, Cap. LXIII: „Ihr zu Liebe zeichnete er Jesum Christum am Kreuze, aber nicht mit dem Aussehen eines Toten, wie er gewöhnlich dargestellt wird, sondern mit einer göttlichen Gebärde, das Antlitz zum Vater erhoben, als ob er die Worte spräche „Eli, Eli“. Sein Körper sinkt nicht tot und schlaff herab, sondern krümmt sich lebendig in bitterer Qual.“
Von einer Ausführung der Zeichnung in Farben ist nichts bekannt. Vgl. Br. 17.
Condivi, Cap. LXIII: Auf die Bitte dieser Dame zeichnete er einen nackten Christus, der vom Kreuz genommen ist. Wenn nicht zwei Engelchen mit ihren Armen den Leichnam hielten, würde er schlaff zu den Füssen seiner heiligsten Mutter niedersinken. Sie aber sitzt unter dem Kreuze mit tränenüberströmtem, schmerzbewegtem Antlitz, hebt mit ausgebreiteten Armen beide Hände zum Himmel und spricht diese Worte, die auch auf dem Stamm des Kreuzes geschrieben stehen: „Und niemand wägt den Preis, die Ströme Blutes“. (Dante Par. 29, 91.)“
Während Vittoria sich im Katharinenkloster zu Viterbo aufhielt, arbeitete Michelangelo in der Paolina. — Die „Samaritanerin“ ist eine Zeichnung des Meisters: Christus in der Unterredung mit der samaritanischen Frau am Brunnen.
Der Brief hat vielleicht eine der vielen Gedichtsendungen Vittorias an den Freund begleitet.
Die erste Zeile des italienischen Textes (nach Guasti) ist zur leichteren Vergleichung mit anderen Ausgaben angegeben.
Seite
Vorbemerkung, Verzeichnis der benutzten Übersetzungen
Condivi, Leben Michelangelos, Kap. 62–68
Dichtungen
15.
Epitaphien
Deh serbi, s' è di me pietate alcuna
Perchè ne' volti offesi non entrasti
Non volse morte non ancider senza
Qui son sepulto, e poco innanzi nato
Non può per morte già chi qui mi serra
Qui son morto creduto; e per conforto
Se fussin, perch' i' viva un' altra volta
S' i' fu' già vivo, tu sol, pietra, il sai
De' Bracci naqqui; e dopo 'l primo pianto
Se, vivo al mondo, d'alcun vita fui,
Col sol de' Bracci il sol della natura
Briefe Michelangelos
An Benedetto Varchi
An Clemens VII.
An Franz I. von Frankreich
An Giuliano da Sangallo
An Sebastiano del Piombo
Briefe Vittorias an Michelangelo
Anmerkungen zu den Gedichten
Anmerkungen zu den Briefen
Inhaltsverzeichnis
Eine Sammlung klassischer Denkmäler
der Literatur und Kultur.
I.
Schillers Flucht von Andreas Streicher. 2. Auflage. Elegant gebunden 2 Mk.
II.
Russlands soziale Zustände von Alexander Herzen. Aus dem Russischen von Malvida von Meysenbug. Elegant gebunden 2 Mk.
III.
Das Liederbuch „Annette“ (mit einer Heliogravüre von Käthchen Schönkopf) von Goethe. Elegant gebunden 1.50 Mk.
IV.
Das Athenäum. Eine romantische Zeitschrift von August Wilhelm und Friedrich Schlegel. Elegant gebunden 4 Mk.
V.
Napoleon-Briefe. Herausg. von Hans Landsberg. Karton. 4 Mk., elegant gebunden 4.50 Mk.
VI.
Napoleon von Hippolyte Taine. Karton. 2 Mk., elegant gebunden 2.50 Mk.
VII.
Napoleons Reden und Gespräche. Herausg. von Hans Landsberg. Karton. 4 Mk., elegant gebunden 4.50 Mk.
VIII.
Michelangelo, Gedichte und Briefe. Karton. 3 Mk., elegant gebunden 3.50 Mk.
Jeder Band ist einzeln käuflich.
Pan-Verlag, G.m.b.H., Berlin W. 35.
Essays zur Kunst und Literatur.
Herausgeber: Dr. Hans Landsberg.
1.
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Gerhart Hauptmann von Dr. Hans Landsberg. 1 Mk., gebunden 1.50 Mk.
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I.
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Herrosé & Ziemsen, G.m.b.H., Wittenberg
1 An dieser Stelle sei den Herren Alphons Dürr, die den Wiederabdruck der Übertragungen von Sophie Hasenclever gestatteten, der Spemannschen Verlagshandlung und Herrn Prof. Reinhold Steig (Hermann Grimms Übertragungen), der Schlesischen Verlagsanstalt (Bodenstedt) der verbindlichste Dank ausgesprochen.
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