Von
Graf Reinhold Anrep-Elmpt.
Leipzig.
Verlag von Wilhelm Friedrich,
K. Hofbuchhändler.
1885.
Alle Rechte, besonders das der Uebersetzung, vorbehalten.
„Du musst unbedingt die Eindrücke Deiner Reisen veröffentlichen!“ so lautete der Wunsch zahlreicher Freunde, den ich zu erfüllen versprochen hatte, ohne zu bedenken, dass das Wollen leichter als das Können ist.
Als ich zur Erfüllung meines Versprechens schritt, ja da erschien — abgesehen von den vielen Schwierigkeiten, denen der Schriftsteller gewöhnlich begegnet — sofort die der Wahl des Objektes zum Beginnen. Womit beginnen? das war die Frage. Soll es Amerika, soll es Australien oder Asien sein — deren Länderstrecken ich kreuz und quer, täglich treu ein Tagebuch führend durchwandert, oder mehrfach durchreist bin — womit ich die Beschreibungen meiner Reisen um die Welt eröffnen soll?
Mein Entschluss schwankte hin und her, bis ich auf den Gedanken kam, mit dem kleinsten selbstständigen Reiche des Stillen Oceans den Anfang zu machen, um zugleich durch diese Wahl beweisen zu können, dass oft im Kleinen Grosses und wo man wenig erwartet, mehr als man vermuthet zu finden ist.
Ich griff deshalb zu meinen Reise-Tagebüchern der Sandwichinseln, d. h. des Inselreichs von Hawaii, des interessanten Stillen Ocean.
Die Wahl dieses kleinen Reiches und seiner in ihrer Reife noch jugendlichen Nation als Beginn meiner Reisebeschreibungen, gibt mir den Muth die Hoffnung auszudrücken, dass gleichwie in der Kleinheit meines Objektes des Inselreiches von Hawaii sich Grosses zeigt, vielleicht auch in meiner kleinen Arbeit etwas Nützliches für das Grosse zu finden sein wird und dass, gleichwie das in seiner fabelhaft raschen Entwicklung interessante kleine Reich seiner Jugend wegen Nachsicht verdient, auch dieser meiner kleinen Arbeit gütige Nachsicht und einiges Interesse vom Leser gewährt werden wird.
I. Theil:
3 Monate 8 Tage im Inselreiche. Reisebeschreibung.
I. Abtheilung | |
Von San Francisko (Californien) nach Honolulu (Inselreich Hawaii). | |
Seite | |
Den 13. Mai 1878. — Ab San Francisko. — Eindrücke. — | 1 |
Rückblick auf die Metropole. — Im Stillen Ocean. — | 2 |
Vom 18. bis 21. Mai. — Sicht von Oahú. — | 3 |
Sicht von Honolulu. — Der Hafen. — | 3 |
Halt vor der Werft. — Tabelle der Reise. — | 4 |
II. Abtheilung | |
Ankunft in Honolulu. — Eindrücke. | |
Landung. — Wohnung. — | 5 |
Umriss des Inselreiches. — | 5 |
Abnorme Sterblichkeit. — Ursache derselben. — Tabelle der Einwohner. — | 6 |
Erster Eindruck. — Wanderung durch die Stadt. — | 7 |
Hauptstrassen. — | 7 |
Gärten. — Die Kirchen Honolulus. — | 8 |
Sehenswerthe Gebäude. — Palais des Königs. — | 9 |
Die Kaserne. — Das Gefängniss auf dem Riff. — | 10 |
Das „Oahú-College“. — | 11 |
Principien der Anstalt. — | 12 |
Gemeinschaftliche Erziehung. — Amerikanisches Schulprincip. — | 12 |
Oeffentliche Prüfung der Schule. — Die Gärten der Anstalt. — | 13 |
Entwicklung des Schulwesens. — Das „Joláni-College“. — | 14 |
Asyl für Geisteskranke. — | 15 |
Das Reformatorium. — Zweimonatlicher Aufenthalt. — | 15 |
Vorbereitungen zur Reise nach Kauai. — | 16 [S. vi] |
III. Abtheilung | |
Ausflug von Honolulu nach Kauai. | |
Der Schooner „Marianne“. — | 16 |
Sicht von Kauai. — Hafen Navillivilli. — W. Lowel. — Guter Kaffee. — Die Terrafirma. — Eindrücke. — | 17 |
Von Navillivilli nach Kolóa. — Eindrücke. — Brücke des Niúmalú. — | 18 |
Stille der Natur. — Auf der Höhe des Passes. — Dreiers Plantage. — Kolóa. — | 19 |
Schlechte Weide. — Der Ort Kolóa. — | 20 |
Plantage Kolóa. — Rückweg. — Lowel’s Häuslichkeit. — | 20 |
Lehúa-Plantage. — Ein Abend unter Hawaii’ern. — Wie die lieben Leute speisen. — | 21 |
Frisches Pferd zum Weiterritt. — Ab durch die Insel. — | 22 |
Mündung des Wailúa. — Das Dorf Wailúa. — Die Heimath der Deborah. — Der Wailúa-Sturz. — Ueppige Vegetation. — Dorf Kapaá. — | 23 |
Sicht im Ritt. — Viehgut des Mr. Krull. — Ursache der Grasarmuth. — Ort Moloá. — | 24 |
Irrthum durch Stille und Schädel. — Nacht in Pelaá. — Herr Bertelmann. — | 25 |
Weiterritt. — Die Gegend. — Von Moloá bis Kiloéa. — Nach Hanalei. — Eindrücke. — | 26 |
Von der Höhe. — Princeville-Plantage. — Ein steiler Zickzack. — Ueppige Lage der Plantage. — | 27 |
Eindrücke. — Vor dem Hause. — Herr Conrad nebst Frau. — Wanderung durch das Thal. — | 28 |
Bei Hackfield. — Idyllische Behausung. — Eindrücke. — Die schmierige Pfeife. — Die Hawaii’er Frauen. — | 29 |
Rückkehr zur Plantage. — Lebensweise. — Die Chinesen. — | 30 |
Importirter Hass. — Der Europäer in der Plantage. — Gemischte Sprösslinge. — Früh zur Ruh. — | 31 |
Rentabilität der Zuckerrohrplantage. — Ein Exempel der Rentabilität. — | 32 |
Den 9. Juli im Sattel. — Prachtscenerien. — Das Waioli-Thal. — Ritt durch die Brandung. — In Naué. — Mr. Robinson und sein Haus. — | 33 |
Ritt zu den Grotten von Haëna. — Eindrücke der Grotten. — | 34 |
Rascher Ritt. — Hunger zwingt zur Eile. — Mr. Titcomb und kein Nachtlager. — | 35 |
Bei Bertelmann. — Vielseitige Unterhaltung. — Herr Titcomb und seine Charakteristik. — Seidenraupenzucht. — | 36 |
Beispiel wirkt. — Die Heiligkeit des Sonntags liebt die Seidenraupe nicht. — Ruin Titcombs. — | 37 |
Sein Aufschwung. — Die Insel verliert eine Industrie. — Im Sattel bis Lehúa. — Parforceritt nach Kolóa. — Auf dem Dampfer „Kilauéa“. — | 38 |
[S. vii] Eindrücke der Insel. — Die „iron bound coast“. — Lage der Insel Kauai. — | 39 |
Ankunft in Honolulu. — | 40 |
IV. Abtheilung | |
Ausflug von Honolulu zur Insel Maui und Ritt durch dieselbe. | |
Auf dem Dampfer „Likelike“. — | 40 |
Eindruck des Hafens von Honolulu. — | 41 |
Lahaïna. — Die Malaéa-Bai. — Gerüttelt, geschüttelt bis Wailúku. — Die Landenge Kóla. — | 42 |
Ost-Maui. — West-Maui. — Das „Jáo-Thal“. — Die Schlacht der Vernichtung. — Die „Brewer“-Plantage. — | 43 |
Der Ort Wailúku. — Eindruck der Bevölkerung. — | 44 |
Die „Waikapú“-Plantage. — Eindrücke. — Wanderung durch das „Wailúku“-Thal. — | 45 |
Pompöse Schlussgebirge des Thales. — Zurück nach Wailúku. — | 46 |
Die „Waihae“-Plantage. — Der Fischmarkt. — Der stille Sonntag. — Die römisch-katholische Kirche. — | 47 |
Wahrheit oder Schein. — Der Schein und die Wahrheit. — Die „Poi“-Manufaktur. — Bahn von Kahúluï. — | 48 |
Ritt nach Ost-Maui. — Eine öde Fläche. — Mossmann’s Plantage. — | 49 |
Die „Gruve-Ranch“. — Eine freundliche Aufnahme. — Der Ort Makawaó. — „Sanich-Set“. — | 50 |
Ueberraschende Anlagen. — Coralls und ihre Pforten. — | 51 |
Die „Hayku“-Plantage. — Meine Rechnung. — Die Fahrt nach Kahúluï. — | 52 |
V. Abtheilung | |
Von Maui nach Hawaii. | |
Auf dem Dampfer „Kilauéa“. — Die Insel Kahooláwe. — Folgen der Entwaldung. — | 53 |
Vor Honoaúla. — Die Felseninsel. — Molokíni. — Die „Hoúlapalákuá“-Plantage. — Hawaii in Sicht. — Stürmischer Canal. — Bai von Kawaihae. — Distrikt Kohála. — Ort Kawaihae. — | 54 |
Von Kawaihae bis Waiméa. — Distrikt Waiméa. — Der Tempel von Puúapá. — Irrthümliche Behauptung der Europäer. — | 55 |
Kein Kannibalismus. — Vor Kohála. — Vor Laupahoehoe. — Pracht der Wasserfälle. — Halt vor Hakaálaú. — Die Küste. — | 56 |
Vor Hilo. — Beschwerliche Landung. — | 57 |
VI. Abtheilung | |
Die Insel Hawaii. | |
Der Bäckermeister Wilhelm. — Ein umfangreiches Dorf. — | 57 |
Hilo, wie es ist. — Die Regenbogen-Cascade. — | 58 |
Lieblicher Blick. — Wanderung durch die Stadt. — Die Hochschule. — | 59 |
[S. viii] Eindruck der Schule. — Schulzwang. — Schulwesen. — Trennung der Kirche von der Schule. — | 60 |
Keine Staatsregierung. — Distrikts- und Normalschulen. — Privat- und Kirchenschulen. — Wirkung des hiesigen Schulwesens. — Miethe eines Pferdes. — | 61 |
Hilo und sein Klima. — | 61 |
Hilos Wasser und Feuchtigkeit. — Ueppiges Gedeihen. — Warum die Produkte theuer. — | 62 |
4. August im Sattel. — Ein störrisches Pferd. — | 62 |
Joe Puni tröstet. — Weg und Gegend. — Die Vegetation. — | 63 |
Die hiesige Flora im Vergleich zu der Indiens und Ceylons. — Die Fama der Flora ist vorbei. — Ursache des Schwindens der Flora. — | 64 |
Die Hauptbedingungen der Pflanzenwelt der Tropen. — | 65 |
Die Natur bleibt Herrscherin der Schöpfung. — Ort Olaá. — Die Sicht. — Kaauá und sein Grashaus. — Ein dampfendes Prachtmahl. — | 66 |
Von Olaá zum Kilauéa. — Die Sicht — Erstes Rollen. — | 66 |
3 Meilen vor dem Krater. — Das Kraterhaus. — | 67 |
Dampf und Schwefelgeruch. — Kamin- und Kraterfeuer. — Zum Krater. — Vor dem Feuerbecken. — | 68 |
Eindrücke. — Farbe der Masse. — Das Loch der Péle. — Der Rückweg. — | 69 |
Der Mauna-Lóa und seine Nebenkrater in Charakterzügen. — | 70 |
Ab vom Kraterhaus. — Meine Rechnung. — Eine wüste Gegend. — Nebel. — | 72 |
Vor Kapapála. — Verpestete Luft. — Ueber Kaiwa nach Pahálla. — Gastfreundschaft. — | 73 |
Die „Pahálla“-Plantage. — Praktische Cisternen. — Folgen der Dürre. — Unternehmungsgeist des Besitzers. — | 74 |
Ab nach Waiohíno. — Hartes Fell der Pferde. — Der Mensch das gequälte Thier. — Mein Weg. — Hafenort Púnaluú. — Quellen am Ufer. — | 74 |
Verheerung durch Eruption. — Ein mattes Pferd. — | 75 |
Die Mühle von Waiohíno. — Lage der Stadt. — Keimkraft. — | 76 |
Im Hause echter Kanaken. — Wanderung durch Waiohíno. — | 77 |
Durch die Zuckerrohrfelder. — Praktischer Transport des Rohres von den Feldern. — | 78 |
Ritt nach Kaálualú. — Schlechter Transport meiner Sachen. — Zum Dampfer. — | 78 |
VII. Abtheilung | |
Von Hawaii nach Honolulu. | |
Heftig schwankend ab von Kaálualú. — Halt vor Hóopúlo. — | 78 |
Sicht der Küste. — Vor Kauilií. — | 79 |
Ort Kapaá. — Vor Hookéna. — Es wird „Ava“ geladen. — Die Fischerbevölkerung. — Ein wohlhabender Ort. — | 80 |
[S. ix] Halt vor Kaawalóa in der „Kéalakékuá“-Bai. — Denkmal Cooks. — | 80 |
Vor Kailúa. — Distrikt Kóna. — Vor Wainanálií. — Halt vor Kawaihae. — Sicht des Húalálií. — Lieblicher Hain. — Sturm vor Máhukóna. — Der Mumúkohú hebt Steine. — | 81 |
Oede Umgebung. — Der „Hawaii-Maui“-Kanal. — | 81 |
Lahaïna. — Die Normalschule. — Die Abendschulen und Privatschulen. — | 82 |
Die Insel Lanaï. — Die Nadeln von Honopú. — Die Verwüstung Lanaïs. — | 83 |
Die Insel Molokai. — | 84 |
Fruchtbarkeit des Bodens. — Ansiedelung für Aussätzige. — | 85 |
Lage der Ansiedelung. — | 85 |
Die Insel Nihau. — | 85 |
Ankunft in Honolulu. — | 86 |
Ich hätte poltern sollen. — Die Fregatte „Kreiser“. — Sehnsucht. — | 86 |
VIII. Abtheilung | |
Tendenz der Europäer. — Charakterzüge der Hawaiier. — Gebräuche und Sitten derselben. | |
Eine nützliche Bekanntschaft. — Trübe Gedanken. — Anglo-sächsischer Einfluss. — | 87 |
Die Vernichtung. — Civilisatorischer Einmarsch unter dem Deckmantel der Religion. — | 88 |
Um rasch Proselyten zu machen. — Hass und Zwietracht. — Folgen der Verzweiflung. — | 88 |
Gerechte Verzweiflung als Rebellion. — Pulver gegen Schleuderstein. — | 89 |
Action, Besetzung, Colonisation und Scheidewasser. — Die Plagen der Ureingeborenen. — | 89 |
Keine Gerechtigkeit und Nächstenliebe. — Import der Verachtung. — Civilisationstaufe des Urbodens. — | 90 |
Schlimme Folgen gewisser Colonisationssysteme. — | 90 |
Günstigere Folgen anderer Systeme. — | 91 |
Gewisse Colonisatoren und die Menschen-Vernichtung. — | 91 |
Philanthropische Vereine als Deckmäntel. — | 92 |
Die Schlussfolgen der anglo-sächsischen Colonisation. — Der Colonisator müsste bedenken — —. — Erobern und Berauben. — | 92 |
Politisches Handeln und gewandter Betrug. — | 93 |
Eifersucht der Staaten und Nationen. — Der Staat und das eigenmächtige Attentat. — | 93 |
Der Eroberer und das Eroberte. — Toleranz ist besser als Zwang. — | 94 |
Legitime Mittel gegen Unterworfene. — Das Inselreich Hawaii berücksichtigt unter den Colonien. — | 95 |
Cooks Zahl der Bevölkerung. — Abnorme Sterblichkeit von 1779 bis 1872 tabellarisch. — Was kann diese Sterblichkeit hemmen? — | 95 |
[S. x] Ursachen der Sterblichkeit. — Vergiftung des Blutes. — | 96 |
Der Aussatz und der Aberglaube. — Der Aussatz und die neue Zeit. — | 96 |
Aerzte sind erforderlich. — Frühzeitiges Sterben der Kinder. — Sorglosigkeit der Mütter. — Jugendlicher Beischlaf. — Polyandrie. — Foeticidium und Geschlechtskrankheiten. — Das Reiten. — | 97 |
Gutmüthigkeit und Indifferenz. — Das „tabú“ und die Kinder. — Die Mutter und das Kind. — | 98 |
Aversion der Frauen gegen Kindererzeugung. — Entwicklung der Kinder. — | 98 |
Widerspruch im Charakter. — Vom Barbarismus in 58 Jahren zur Civilisation. — Das Volk von heute athmet frei. — | 99 |
Wirkung einer unübertriebenen Civilisation. — Der Hawaiier und der Wechsel seines Temperaments. — | 99 |
Der Hawaiier hat keinen Ausdruck für das Gefühl. — Nationale Spiele. — | 100 |
Nationale Tänze und Lieder. — | 101 |
Charakter der Spiele. — Charakter der Tänze. — Musikalische Instrumente. — | 101 |
Schmuck der Tänzerinnen. — Federmantel Kamehámehás I. — Waffen der Kanáken. — | 102 |
Ihre Ackergeräthe und Werkzeuge alter Zeiten. — | 102 |
Charakter der Kanáken. — Veränderung desselben. — | 102 |
Misstrauen gegen Fremde. — Beispiel der Europäer. — | 103 |
Charakter der Kanáken. — Das Wort „tabú“. — | 103 |
Die Wirkung des „tabú“. — | 104 |
Die Mythologie der Hawaiier. — Ihr Begriff der Seele. — | 105 |
Das „Wakéa“ und der „Milú“. — Die Götter der Unterwelt. — | 105 |
Die Priester und die „Kiéo“. — Das Todtengebet. — | 105 |
Die Jahreszeiten und Monate. — | 106 |
Unterschied zwischen dem „kaú“ und dem „hooílo“. — Ihre Astronomie. — | 106 |
Die alten Sitten unsichtbar, jedoch vorhanden. — | 106 |
Die Hawaiier ohne Schleier. — | 107 |
Die Kunst der Verstellung. — | 107 |
Bemeisterung der Gefühle. — Die Grashütten. — Haltbarkeit der Dächer. — Das Innere der Hütten. — Die Matten. — | 108 |
Frische der Hütten. — Frauen speisen abgesondert. — | 108 |
Zubereitung eines Schweines. — Ihre liebste Nahrung — Der „taro“. — | 109 |
Zubereitung des „poi“. — | 109 |
Kleidung der Frauen. — Ihr Kopfputz. — Kleidung zu Pferde. — | 110 |
Malerische Reiterinnen. — Die „selápa“. — Das Alphabet der Kanáken. — | 111 |
Eine 53jährige Entwicklung. — | 111 |
Das Schulwesen im Inselreich. — | 112 |
[S. xi] Die Mädchen im elterlichen Hause. — Charakteristik der Frauen. — | 112 |
Die Frauen waren nicht den Männern untergeordnet. — | 113 |
Warum speisten die Frauen abgesondert? — Wechsel im Temperament der Frauen. — Ihre Leidenschaft in der Liebe. — | 113 |
Ihre Liebe für Blumen. — Ihr dolce far niente. — | 114 |
IX. Abtheilung | |
Mein Entschluss. — Recapitulation. — Meine Eindrücke. | |
Mein Entschluss. — Reisevorbereitungen. — | 114 |
Die Einfahrt in den Hafen den 11. August — Die Gebirgsketten der Insel Oahú. — | 115 |
Die Diamantspitze. — Der Pluto von Hawaii. — | 115 |
Eine idyllische Ebene. — Waikíki. — Der Kaula. — Die Einfahrt in den Hafen. — In der Rhede. — Honolulu im Morgenschlaf. — | 116 |
Die Glocke der Frühmesse. — Ueber die Stadt hinweg. — Die Gebirgsketten. — | 117 |
Die „Ewa“-Fläche. — Das Gefängniss. — Reisfelder. — | 118 |
Eine öde Fläche. — Das üppige „Núuanú“-Thal. — Die „Núuanú-Pali“-Strasse. — Freudige Züge. — | 118 |
Des Teufels „Punch-Bowl“. — | 119 |
Sicht vom Teufelsgipfel. — | 119 |
Die Kratervertiefung. — Nebenkrater als Teiche. — | 119 |
Auf der Höhe des Kegels. — Die Umgebung des Kegels. — | 119 |
Das „halfway“-Haus. — Schluss des Thales. — Der „Pali“-Pass. — Der Abgrund von 1794. — | 120 |
Der Zickzackweg. — Die nördliche Ebene von Oahú. — | 120 |
Das Dorf Kailua. — Chinesische Reisplantagen. — Gute Jagd. — | 121 |
Das Thal Waimanalóa. — Die Fläche von Kapaá. — | 122 |
Der Ort Káneohé nebst Umgebung. — | 122 |
Der „Hoeii“-Distrikt und Waikáno. — Dem Strande entlang. — | 123 |
Das „Waiahoeé“-Thal. — Das Dorf Kualóa. — | 123 |
Kauá. — Hauúla. — Laïe. — Die Ansiedelung der Mormonen. — | 124 |
Die Gemeinde der Mormonen. — Eine echte Strandgegend. — | 124 |
Von Kahukú bis Waïalúa. — Der Ort Waïalúa. — Der Weg über Waïanae. — | 125 |
Der Weg durch das „Waïalúa“-Thal. — Pittoreske Sicht — Die Vegetation des Gebirges. — | 125 |
Waïpio am Schluss des Thales. — Die „Perl-Lochs“. — Keine Austern mehr. — | 126 |
Eine öde Fläche. — Puúlóa. — | 126 |
Vor Honolulu. — Ursprung und Bildung der Inseln. — | 127 |
Das Gebirge und der Untergrund. — Die Reihen Vulkane. — Der Humus. — | 128 |
Sandansammlungen. — Die Laven. — Die Asche. — | 128 |
Die Fauna der Inseln. — Säugethiere. — | 128 |
Vögel. — | 129 |
[S. xii] Reptilien. — Lurche. — Fische. — Insekten. — Tausendfüsser. — | 130 |
Spinnenthiere. — Krustenthiere. — | 132 |
Räderthiere. — Würmer. — | 132 |
Weichthiere. — | 132 |
Strahlthiere. — | 133 |
Moosthiere. — Darmlose Thiere. — Urthierchen. — | 133 |
Die Flora. — | 133 |
Cryptogamen. — Algen. — Pilze. — Flechten. — Charen. — | 134 |
Laubmoose. — Lebermoose. — Farnen. — | 135 |
Schachtelhalme. — Natterzungengewächse. — Wurzelfrüchtler. — Bärlappen. — Phanerogamen. — Cicadeen. — Nadelholzgewächse. — | 135 |
Monocotyledonen. — Kolbenblüthige. — „Kalo“. — Thyphaceen. — Pandanen. — | 136 |
Palmen. — Kokospalmen. — Spelzenblüthige. — Die „papaia“. — Die Weideflächen, wie sie waren und wie sie sind. — | 136 |
Ursache des Schwindens der Gräser. — Der „ki“. — | 137 |
Der „úhi“ und „úbi“. — Die „ensis argentia“. — | 137 |
Bananen. — Banane als Heilmittel. — Arowroot — Dicotyledonen. — Apetalae. — Sandelbäume. — | 138 |
„Awa“ als Getränk. — „Awa“ als Heilmittel. — „Awa“ als „betle“. — Piper cubeba. — Der „kahuiláo-kaláni“ oder „nioi“ als Gift. — | 138 |
Der „nioi“ vernichtet durch Kamehámehá III. — Der Brotbaum. — Der „makokó“. — Der „mii-mákole“. — | 139 |
Dicotyledonen-Sympetalae. — Spanischer Pfeffer als Heilmittel. — | 140 |
Der „kowáli“. — Der „pohuéhué“. — Die Batate. — | 140 |
Der „williwilli“. — Teak. — | 141 |
Dicotyledonen. — Polypetalae. — Der „púnalíma“. — Kürbisse. — | 141 |
Eucalyptus. — Der Hawaiier Bergapfel. — Der „kóa“. — Der „rus coraria“. — Sumach. — | 142 |
Der Mango. — Der „hau“. — Geranium und Balsaminen. — | 142 |
Der „kukuï“. — Ranunculaceen. — Physiognomien der Inseln. — | 143 |
Die Insel Hawaii. — | 144 |
Erhebungen derselben. — Ihre Gipfel mit Schnee. — Form des Gebirges. — Das Ufer der Insel. — | 144 |
Umgebung der Ufer. — Eindruck der Insel Hawaii. — | 144 |
Die Insel Maui. — Ost-Maui. — West-Maui. — | 145 |
Maui im Vergleich zu Hawaii. — Charakter von West-Maui. — | 145 |
Die Insel Kauai und ihr Charakter. — | 146 |
Die Insel Kauai als die üppigste. — Charakter der Insel Oahú. Geringe Veränderungen derselben. — Oahú’s Gebirge. — | 146 |
Oahú’s Flora. — Charakter der Insel Molokai. — Allgemeiner Eindruck der bewohnten Inseln. — | 147 |
Die üppigste Insel. — Welche könnte die ertragreichste sein? — Früherer Erwerbszweig der Inseln. — | 147 |
Walfischfahrerstationen. — Regelmässiges Treiben derselben. — | 148 |
[S. xiii] Der Verdienst der Inseln. — Abnahme der Walfischfahrer und deren Ursache. — | 148 |
Als Ersatz die Moralität. — Wiederbelebung der Fischerei und des Ackerbaues. — | 148 |
Die rationelle Landwirtschaft schwer möglich. — Zu zahlreiche Heerden. — Devastation der Waldungen. — | 149 |
Günstiges Klima. — Günstiger Boden für Zuckerrohr. — | 149 |
Erforderliche Einschränkung des Dampfbetriebs. — | 150 |
Wasser nimmt ab. — Das Zuckerrohr ist lukrativ; doch soll der Wald geschont werden. — | 150 |
Arbeitskräfte mangeln. — Der Kanake liebt keine fesselnde Arbeit. — Günstigste Einwanderer. — | 150 |
Der Kaffeeanbau vorteilhaft. — Die Seidenraupenzucht anzurathen. — | 151 |
Obstbaumzucht, verbunden mit Seidenraupenzucht. — Einmachen der Früchte. — Schonung der Waldungen. — | 152 |
Maulbeer-, Obst-, Kaffeebäume geben Schatten. — Schwierigkeit, Capitalien aufzutreiben. — Hohe Prozente. — | 152 |
Was erfordern die Inseln zur Entwickelung ihres Wohlstandes? — | 153 |
Erhaltung der Naturkräfte. — Schonung der Vögel. — | 153 |
Der Kaffeebaum. — Die Seidenraupenzucht. — Der Sandelbaum. — | 154 |
Vermehrung der Arbeitskräfte. — Protektion der Einheimischen. — Fremde Machthabung ist der Nation schädlich. — | 154 |
Fremde Machthaber folgen dem Princip des Aussaugens. — Ursache dieses Princips. — | 155 |
Sonderbarer Ausspruch. — Die Selbstentwicklung der Hawaiier. — | 156 |
Gefahr ihrer Selbstständigkeit. — | 157 |
II. Theil:
Entdeckung der Sandwich- oder Hawaii-Inselgruppe und chronologische Entwicklungsgeschichte des Königsreichs von Hawaii.
I. Abtheilung | |
Entdeckung der Sandwich- oder Hawaii-Inselgruppe. | |
Seite | |
1542 der spanische Seefahrer Gaëtano. — 1567 Besuch Mendonas. — Die Insel schon früher bekannt gewesen. — Sage von 1527. — Sinalóa und die Moluken. — | 161 |
Sturm an der Küste Hawaiis. — Die Ihú. — Mendonas geogr. Feststellung. — | 162 |
[S. xiv] 1567, Mendona benennt die Inseln. — Capitän Cook. — 1777, die Middleton’sche Karte der Inseln. — | 162 |
Ursprung der Eingeborenen. — Möglichkeit ihrer Wanderung aus Asien. — | 163 |
Sie sind Westmalayen. — Ihre Aehnlichkeit mit denen von Sinalóa. — | 164 |
Die Maori Westmalayen. — 1778 Cooks Besuch. — | 165 |
Die Urbevölkerung freundlich. — | 166 |
Cook vor Waiméa. — Cook vor Nihau. — Kamehámehá besucht ihn. — | 166 |
Cook in der Bai Kealákekuá. — Seine Vergötterung. — | 166 |
Eine Volkssage. — Cook als Gott Leno. — | 167 |
Cook verlässt die Bai. — | 168 |
Freude des Volkes. — Cook landet wieder. — Cooks List überlistet. — Ein Häuptling erschlagen. — Rache. — | 168 |
Cook stöhnt — Cook tödtet und wird getödtet. — | 169 |
Vergeltung seines Todes. — Flucht der Eingeborenen mit der Leiche. — Wiedergabe seiner Knochen. — | 169 |
1786 Laperouse vor Maui. — 1779 bis 1792.— Kiwaló gegen Kamehámehá. — Tod Kiwalós. —Kamehámehá als Sieger. — | 170 |
Kamehámehá in Maui. — Die „Jao“-Schlacht. — | 171 |
Schlacht auf Hawaii. — Der Aschenregen. — Keuá ermordet. — Kamehámehá wird Herr von Maui und Hawaii. — | 171 |
1790, die ersten Schiffe Amerikas. — Neue Freunde Kamehámehás. — Ein Gemetzel. — Vorbereitungen des Krieges. — Seeschlacht vor Hilo. — Die Schlacht von Nuuanú. — | 172 |
Der Sturz in den Abgrund. — Kamehámehá wird Herr von Maui, Oahú und Hawaii. — Kriegsvorbereitungen gegen Kauai. — | 172 |
1792 Vancouvers Besuch. — 1794, Entdeckung des Hafens von Honolulu. — Frieden bis 1804. — Vancouver und der König. — | 173 |
1801, Eruption des Hualalaï. — Die „Peleleu“-Flotte. — Der König siedelt nach Waikiki. — Seine Schaaren. — | 173 |
Kamehámehá I. und Kaumualii von Kauai. — | 174 |
Kaumualii besucht Kamehámehá I. — | 174 |
Ihre Unterredung. — Ihre Vereinbarung. — | 175 |
Gründung der Einheit des Reiches. — Ausbruch der Pocken. — | 176 |
II. Abtheilung | |
Die Gründung des Königreichs von Hawaii unter Kamehámehá I. — Kamehámehá II. während seiner Minderjährigkeit. — Die Regentschaft. | |
Charakteristik Kamehámehás I. — Seine zweite Frau. — | 177 |
Ereignisse während seines Lebens bis 1804. — | 177 |
Sein erstes Handeln als alleiniger Herrscher. — Sein Wunsch um Missionäre. — Seine Regierung. — | 178 |
Der König als Kaufmann. — Seine Schonung der Sandelbäume. — Geburt seines Sohnes. — Festung Honolulu erbaut. — | 179 |
[S. xv] Das „tabu“. — | 179 |
Das Heidenthum fühlt sein Ende. — Kamehámehá II. als minderjährig. — Die Kaahúmanú. — Krönung des Königs. — | 180 |
Ceremonie der Krönung. — Charakter Kamehámehás II. — | 181 |
Leichtsinn und Indifferentismus des Königs. — Bruch des tabu 1819. — Schreck der Priester. — | 182 |
III. Abtheilung | |
Bruch der Priester mit dem König. — Sturz des Heidenthums. — Das Christenthum fasst Wurzel. — Kamehámehá II. und die Regentschaft. — Tod des Königs. — Kamehámehá III. unmündig. — Tod der Kaahúmanú. — Ihre Nachfolgerin. — | |
Rebellion der Priester. — Schlacht bei Kuamoó. — | 183 |
Vernichtung des Heidenthums. — | 183 |
Der König unwillkürliche Ursache derselben. — 1820, die ersten Missionäre. — | 184 |
Verbot ihrer Niederlassung. — Der Grund des Verbotes. — Aufhebung des Verbotes. — Die ersten Missionäre in Honolulu. — | 184 |
1822, erste Druckerei. — 1823, Eruption des Kilauéa. — Die Kaahúmanú und die Missionäre. — | 185 |
Ihre Zurückhaltung den Missionären gegenüber. — Der König reist nach England. — 1824, Tod des Königs. — | 185 |
Die Königin-Mutter lässt sich taufen. — Aufstand in Kauai. — | — |
George wird geschlagen. — Strenge des Gouverneurs. — | 186 |
Kamehámehá III. — Die Regentin. — 1825, Ankunft der Leiche des Königs. — Die Kaahúmanú lässt sich taufen. — | 187 |
Die Taufe der Kaahúmanú bekehrt das Volk. — Die erste Kirche in Honolulu. — Entwicklung des Christenthums im Inselreiche. — | 187 |
Die Regierung, das Volk und die Missionäre. — Die Missionäre bedrängt durch die weisse Bevölkerung. — | 188 |
Ihre Tendenz gegen Spirituosen. — | 188 |
Schiffsmannschaften gegen die Landesgesetze. — | 189 |
Die Regentin tritt energisch für die Missionäre auf. — | 191 |
Energische Antwort der Kaahúmanú. — Die 2. Compagnie Missionäre. — | 191 |
Die Proklamation von 1829. — Protest der weissen Bevölkerung. — | 192 |
Die Vereinigten Staaten beglückwünschen die Regentin. — Einschärfung der Gesetze. — Schulen und Missionäre. — | 192 |
1832, Tod der Kaahúmanú. — Ihre Nachfolgerin. — Vulkanische Eruptionen. — Depravation des Königs. — | 193 |
Gefährlicher Umschwung des Volksgeistes. — | 193 |
[S. xvi] IV. Abtheilung | |
Volljährigkeit des Königs Kamehámehá III. — Die „Kuina-nui“ Kinau und ihre Regierung. — Kamehámehá III. giebt eine Constitution. — Seine Regierungszeit. — Sein Tod. — | |
1833, Kamehámehá III. volljährig. — Die Kinau regiert. — Zunahme der Missionäre. — | 194 |
1834, erste Zeitschrift in nationaler Sprache. — Die Missionäre. — Der König verändert sich. — Eine wichtige Proklamation. — | 194 |
Einfluss der Kinau auf den König. — Verfolgung der römisch-katholischen Kirche. — Die ersten Glieder ihrer Gemeinde. — Die ersten Geistlichen derselben landend. — Boki schützt die Väter. — Er verlässt die Inseln. — | 195 |
Die amerikanischen Missionäre. — Der römisch-katholische Glaube. — Bedrängte Lage der römisch-katholischen Gemeinde. — | 196 |
Zähigkeit derselben. — Abführung ihrer Geistlichen nach Californien. — Kriegsschiffe aus Chili. — | 196 |
Die römisch-katholische Gemeinde von ihnen geschützt. — Scheinbare Toleranz. — Energischer Schritt Kamehámehás III. — | 197 |
1836, erneuerte Verfolgung der Gemeinde. — Des Königs Vermählung. — Missionäre. — Protest der „Clementine“. — | 198 |
Ihr Capitän schützt die katholische Gemeinde. — Provisorische Erlaubnis der Geistlichen zum Bleiben. — Verbot neu angekommener zum Landen. — | 199 |
Umtriebe der Vulkane. — Phänomen der Ebbe und Fluth. — Ihre verwüstende Wirkung. — | 199 |
1837, des Königs Proklamation gegen den katholischen Glauben. — | 200 |
Geburt der Lydia Kamehámehá. — Capitän Laplaces Auftritt für die römisch-katholische Gemeinde. — Seine Forderung. — | 201 |
Der König fügt sich derselben. — Definitive Toleranz des katholischen Glaubens. — Der Grundstein zur römisch-katholischen Kathedrale. — | 202 |
Kamehámehá III. froh über dieses Ergebniss. — Er giebt eine Constitution. — Hauptpunkte derselben. — | 203 |
Die Minister des Königs. — Eruption des Kilauéa. — Erste Hinrichtung eines Häuptlings. — | 204 |
Einfluss amerikanischer Missionäre. — Ihre geistliche Stellung wird eine politische. — | 205 |
Ihr verdienter Ruf. — Beginn ihrer politischen Wirksamkeit. — Die Annexion und die Missionäre. — Befürchtung des Königs. — | 206 |
1842, erster Schritt wegen Protektorats der Vereinigten Staaten. — Haalilio als Abgesandter nach Amerika und Europa. — | 207 |
1843, Anerkennung der Selbstständigkeit des Inselreiches. — Der Vorfall Charltons. — Lord Paulets Ankunft. — | 207 |
Seine Forderungen. — Der König muss sich fügen. — | 208 |
Bestimmungen Lord Paulets. — Uebertriebene Forderung. — | 209 |
Der König cedirt sein Reich mit Protest. — Die Proklamation. — | 210 |
Proklamation Lord Paulets. — | 210 |
[S. xvii] Die provisorische Regierungs-Commission. — Protest Kearneys. — | 211 |
Der König in Lahaïna. — Er stellt sich nicht auf Befehl. — Admiral Thomas restituirt das Reich. — | 211 |
Die Rede des Königs. — Das nationale Motto. — Rede des Admiral Thomas. — | 212 |
Lord Paulets Eigenmächtigkeit nützlich dem Inselreich. — 1843, Eruption des Mauna-loa. — | 213 |
Die Missionäre rastlos. — Erster Export von Seide. — | 213 |
Tod Haalilios. — Tod des Kekauluohi. — Einweihung der römisch-katholischen Kathedrale. — | 214 |
1846, Rückgabe der 20,000 Dollar Garantie. — Commission zur Regelung der Besitztitel. — | 214 |
Die Streitfrage Charltons vor der Commission. — | 215 |
Die öffentliche Meinung gegen Charlton. — Schiedsgerichtliche Entscheidung der englischen Regierung. — | 216 |
Die 12. Compagnie Missionäre. — Ihr Streben um die Session des Reiches. — Epidemische Masern. — Das Goldfieber. — Consul Dillon verklagt die Regierung. — | 217 |
Admiral Tromelin besetzt die Festung. — Abzug desselben. — Die Yacht des Königs verschwindet. — | 218 |
Wirkung dieses Falles auf den König. — 1849, erster Fleisch-Export. — Aufschwung des Handels. — | 219 |
Des Königs Schritte bei den Vereinigten Staaten. — Die Commission von 1850. — Revision der Constitution. — | 220 |
Der König denkt an seine Krönung. — Mangel an Staatsmitteln. — Die Grosssöhne Kamehámehás I. — | 221 |
Gründung der Agrikulturgesellschaft. — Die verbesserte Constitution von 1852. — | 221 |
Eruption des Kilauéa. — 1853, die asiatischen Pocken. — | 222 |
Die Vereinigten Staaten-Kriegsdampfer vor Honolulu. — Wirken der Missionäre. — 1854, Tod Kamehámehás III. — | 223 |
V. Abtheilung | |
Kamehámehá IV. — Seine Regierung bis zu seinem Tode. — Kamehámehá V. — Seine Regierung bis zur Constitution von 1864. | |
1854, Kamehámehá IV. — Seine ersten Handlungen. — | 224 |
Beisetzung des verstorbenen Königs. — | 224 |
Neuwahl der Minister. — Charakteristik derselben. — | 225 |
Der König anullirt die Sessionsschritte seiner Vorgänger. — Seine Gesandtschaft nach Europa. — | 225 |
Feuersbrunst in Honolulu. — Vermählung des Königs. — Die Königin Emma. — | 226 |
Proposition eines Handelsvertrages mit den Vereinigten Staaten. — Abschlägige Antwort derselben. — Die Commission zur Ausarbeitung des Civilcodex. — | 227 |
Bau des Gefängnisses. — Ministerwechsel. — Geburt des Thronfolgers. — | 228 |
[S. xviii] Comité zur Prüfung des Civilcodex. — Erste Reiscultur. — | 228 |
Der Civilcodex. — | 229 |
Sammlung gerichtlicher Berichte. — Der Handelsvertrag mit Frankreich. — | 229 |
Ein Adreferendum und dessen Folgen. — Eruption des Maunaloa. — | 230 |
Das Gaswerk von Honolulu. — Mr. Tiffany verschwindet. — | 231 |
Verhängnissvoller Tag des Königs. — Kamehámehá IV. will abdanken. — Seine Gesandtschaft nach England. — | 232 |
Religiöse Motive des Königs. — Prinz Lott in Missionen nach Amerika. — | 233 |
Lydia Kamakaehá heirathet. — Tod Armstrongs. — Annexion einiger Inseln. — | 233 |
Tod des Thronfolgers. — Tod des Königs 1863. — 1863, Kamehámehá V. — Seine ersten Handlungen. — Sein Charakter. — | 234 |
Enttäuschung der amerikanischen Partei. — Trauerbezeigung für den verstorbenen König. — | 235 |
Kamehámehá V. und sein Wille. — Wahl seiner Minister. — | 235 |
Erstes Werk der Regierung. — | 236 |
Verfassung bietet Hindernisse. — Revision der Constitution. — | 237 |
Beisetzung des verstorbenen Königs. — 1864, Proklamation des Königs. — Der Befehl der Minister. — | 237 |
Bildung einer Opposition. — Das Wühlen unter dem Volke. — | 238 |
Des Königs Entschluss. — Der König besucht die Inseln. — Die legislative Versammlung von 1864. — Das Scrutinium. — | 239 |
Die Debatten. — Sieg der Opposition. — | 239 |
Das Veto des Königs. — Seine Proklamation einer neuen Constitution. — | 240 |
Die Opposition geschlagen. — Ovation des Volkes für den König. — | 240 |
VI. Abtheilung | |
Die neue Constitution von 1864. — Fortsetzung der Regierung Kamehámehá’s V. bis zu seinem Tode. | |
Das Wühlen der Opposition. — Die Treue des Volkes. — Der König verliest die Constitution. — | 241 |
Der König und die hohen Beamten leisten derselben ihren Eid. — | 242 |
Die Constitution. — Die Rechte des Menschen. — Recht des habeas corpus. — | 242 |
Die Strafen. — Das Arretiren. — Nur eine Strafe für ein Vergehen. — Das „Gegensichselbstzeugen“. — Eigenschaften eines Richters und Geschworenen. — | 243 |
Zwangdienst. — Recht der Haussuchung. — Für wen soll der König regieren? — Rechte der Glieder der menschlichen Gesellschaft. — | 244 |
Recht der Feststellung von Steuern, Abgaben, Subsidien, Gelderhebungen. — | 245 |
Das Gesetz soll nicht rückwirkend sein. — Das Militär und die Gesetze. — Rechte der Wähler. — Das Obergericht. — Die Regierung des Reiches. — | 245 |
Die Confirmirung der Krone. — | 246 |
[S. xix] Pflicht der Glieder der königlichen Familie. — Eid des Königs. — | 246 |
Rechte des Thrones. — Der König als Oberbefehlshaber. — Recht der Begnadigung. — Recht, die legislative Versammlung zu berufen. — Des Königs Recht Verträge abzuschliessen. — | 247 |
Die Prärogative des Königs. — Die Heiligkeit des Königs. — Minderjährigkeit eines Thronerben. — Des Königs Stellvertreter. — | 248 |
Souveränetät des Königs. — Recht der Verleihungen. — Das Kriegsrecht. — Die nationale Standarte. — Des Königs Eigenthum. — | 249 |
Der König unter keiner Gerichtsbarkeit. — Das Staatsconcilium. — Das Königl. Cabinet. — Die Glieder des Cabinets. — | 249 |
Das Finanzbudget. — Die legislative Gewalt. — Die Versammlung der Legislatur. — Pflichten der Glieder derselben. — Das Recht zur Verbesserung der Constitution. — | 250 |
Das Gesetz und die Billigung des Königs. — Gewalt der legislativen Versammlung über ihre Mitglieder. — Die Wahl ihrer Beamten. — Die Macht der legislativen Versammlung. — | 251 |
Das Journal der legislativen Versammlung. — Die Glieder der legislativen Versammlung und der Arrest. — | 252 |
Entschädigung der Repräsentativen. — Der König wählt den Adel. — Der Gerichtshof der Noblen. — | 252 |
Die Repräsentativen des Volkes. — Qualification derselben. — | 253 |
Qualification der Wähler. — Eigenthumsqualification derselben. — | 254 |
Die richterliche Gewalt. — Das Obergericht. — | 254 |
Vertheilung der richterlichen Gewalt. — Competenz derselben. — Stellung des Oberrichters. — | 255 |
Decision des Oberrichters. — Verpflichtung desselben. — Die Ernennung der Richter. — | 255 |
Ueber das Urtheil eines Richters. — Qualification zu Ehrenposten. — | 256 |
Ein Verbot für die Beamten. — Bewilligungen der Legislatur. — Stil der Verfügungen. — Der Titel für Urkunden. — | 256 |
Die bisherigen und die neuen Gesetze. — | 257 |
Das Inkrafttreten der Constitution von 1864. — Das Recht zu Amendements. — | 257 |
Eifer der Regierung. — Die legislative Versammlung von 1864. — Rede des Königs. — | 258 |
Der König wird beglückwünscht. — Debatte über das Alkoholgesetz. — | 259 |
Das Finanzbudget. — Schluss der Versammlung. — Das Comité für Einwanderung. — | 260 |
Unternehmungen und Landwirtschaft heben sich. — Der Hafen von Honolulu. — Die Glieder des Comités für Emigranten. — | 261 |
Königin-Wittwe Emmas Reise nach England. — Tod Mr. Wyllies. — Sein Nachfolger. — Ministerwechsel. — Eröffnung der legislativen Versammlung von 1866. — | 261 |
[S. xx] Tod der Thronfolgerin. — Vorlagen der legislativen Versammlung. — Der Handelsvertrag mit den Vereinigten Staaten. — | 262 |
Bestimmungen der legislativen Versammlung. — Der Abgesandte nach Washington. — Rückkehr der Königin-Wittwe Emma. — | 262 |
Das Kriegsschiff der Vereinigten Staaten. — Unheimliche Verzögerung seines Abganges. — Der Handelsvertrag scheint zu gelingen. — Ausarbeitung eines Projektes zu demselben. — | 263 |
Die Vereinigten Staaten und der Handelsvertrag. — Die anglikanische Kathedrale. — 1867, Tod des Oberrichters. — Die „Laka-Wana“ vor Honolulu. — Capitän Reynold. — | 264 |
Die Regierung fordert Erklärung von den Vereinigten Staaten. — Englands und Frankreichs Kriegsschiffe vor Honolulu. — Zurückberufung der „Laka-Wana“. — | 264 |
Extraordinäre legislative Versammlung 1867. — | 265 |
Der Handelsvertrag in Washington und acta. — Die Rede des Königs vereitelt. — Eruption des Mauna-loa. — | 268 |
Verwüstungen in Hilo. — Des Königs Rückkehr nach Honolulu. — Unterstützung der Verunglückten. — | 268 |
Der Gesammtschaden der Eruption. — Subventionen für Dampfer. — Ministerwechsel. — | 268 |
Tod des Kékuanaóa. — 1869, der fanatische Kaóna. — | 269 |
Kaóna in der Irrenanstalt. — Rebellion des Kaóna. — | 269 |
Gefangennahme des Kaóna. — Herzog von Edinburg in Honolulu. — 12 Tage Festlichkeiten. — | 270 |
Abreise des Herzogs. — Ministerwechsel. — Wachsende Opposition. — Einigkeit der Regierungsorgane schwindet. — | 271 |
Legislative Versammlung von 1870. — Der Dampfer „Waga-Waga“. — | 272 |
Eröffnung einer regelmässigen Dampferverbindung. — Ministerwechsel. — | 272 |
Legislative Versammlung von 1872. — Tod des Königs. — Neuwahl eines Königs. — Das Ballotement. — | 273 |
Lúnalílo als König. — Seine Ministerwahl. — | 273 |
Eine Wahl der Opposition. — Schritte der Vereinigten Staaten wegen Abtretung eines Hafens. — | 274 |
Der Vorschlag und die Opposition. — Der König und der Vorschlag. — | 275 |
Das Land befreit von der Gefahr. — 1874, Tod des Königs. — Sein Grab. — | 276 |
VII. Abtheilung | |
König Kalakaua und sein Wirken. | |
1874, Kalakaua als König gewählt. — Die neue Dynastie. — | 276 |
Die Nachkommen Kamehámehás I. — Regierungsantritt Kalakauas. — Der Aufstand. — | 277 |
Die Gegenwart von vier Kriegsschiffen hemmt den Aufstand. — | 277 |
[S. xxi] Ministerwahl. — Charakteristik der Minister und höheren Beamten. — | 277 |
Auflösung einiger Militärkörperschaften. — Creirung neuer. — Die legislative Versammlung von 1876. — | 279 |
Die Rede des Königs. — Bewilligungen der legislativen Versammlung. — | 279 |
Die 4 juridischen Bezirke. — Die Hawaiier Artillerie. — Geburt der Princess Victoria. — Die „Hawaiian Guard“. — Der Handelsvertrag mit den Vereinigten Staaten. — | 280 |
Des Königs Reise nach Amerika ermöglichte denselben. — Wortlaut des Vertrages. — | 281 |
Die Valuta ausländischer Gold- und Silbermünzen im Inselreiche. — | 284 |
Das Stempelgesetz des Inselreiches. — | 287 |
Regelung des Postwesens. — Taxe für Lohnwagen. — Das Museum. — Die Arbeitsdauer. — | 291 |
Keine Arbeit an Feiertagen. — Commission zur Entwickelung des Reiches. — 1877, Resultat ihrer Arbeit. — | 292 |
Kurzgefasster Wortlaut der Arbeiter-Commission. — | 293 |
Oberrichter-Wechsel. — | 297 |
Generalrechtsanwalt-Wechsel. — Die muthmassliche Thronfolgerin. — | 298 |
Die legislative Versammlung von 1878. — Gesetz über die Arbeitszeit. — | 298 |
Einige Veränderungen des Civilcodex die Arbeiter betreffend. — | 298 |
Commission für sanitäre Instruktionen. — Beschluss, Kamehámehá I. ein Denkmal zu errichten. — | 301 |
1879, Grundsteinlegung des neuen Joláni-Palais. — Sanitäre Instruktionen werden veröffentlicht. — | 302 |
Die legislative Versammlung von 1880. — Die Arbeiter betreffende Gesetze. — | 301 |
Gesetze für Wohnungen der Arbeiter. — | 303 |
Die Arbeiterverträge Betreffendes. — | 304 |
Ministerwechsel. — Die deutsche Krankenkasse. — Der deutsche Club. — Die Krönungsfrage. — | 305 |
Das Gesetz der Krönung. — | 306 |
Bemerkungen einiger Glieder der Versammlung gegen die Krönung. — | 306 |
W. M. Gipson’s Erklärung über den Begriff von Krönung und das sogenannte „poni“. — Die Regalien. — Vertagung der Krönung. — | 307 |
1881, Reise des Königs um die Welt. — Die legislative Versammlung von 1882. — Die Minister von 1882. — | 307 |
Die legislative Versammlung von 1882 eine gesetzgebende. — Creirung neuer Aus- und Einfahrtshäfen. — | 308 |
Compensation der Repräsentanten des Volks. — | 309 |
[S. xxii] Gesetz gegen Brandlegung. — Competenz der Richter für kleine Vergehen. — | 309 |
Die Polizeirichter Betreffendes. — Bewilligung der Königin-Wittwe Emma. — | 310 |
Länder der Krone und die Forderungen C. Spreckels. — | 310 |
Die Tanzhäuser. — | 311 |
Die Pässe Betreffendes. — | 312 |
Die Naturalisation der Ausländer. — | 313 |
Beförderung der Agrikultur. — | 313 |
Hospitalgebühren der Passagiere. — | 314 |
Sitzungsbehörden. — | 314 |
Stadt Honolulu und feuerfeste Gebäude. — | 315 |
Gage der Geschworenen. — Die Auktionäre Betreffendes. — | 316 |
Licenz der Milchhäuser. — | 317 |
Autorisation einer nationalen Anleihe. — | 319 |
Niederdrückung der Krankheiten unter den Thieren. — | 320 |
Schutz der Mädchen-Pensionen. — | 323 |
Regelung der Licenz für ausländische Handlungsreisende. — Internationale Steuergesetze. — Kopfsteuer. — | 325 |
Schulsteuer. — Steuer für Thiere. — | 326 |
Wegesteuer. — | 327 |
Eigenthumssteuer. — | 327 |
Schätzung und Collekte der Steuern. — | 328 |
Der Appellhof für Steuern. — | 333 |
Collekte der Steuern. — | 335 |
Strafen für Steuern betreffende Vergehen. — | 336 |
Regelung des Verkaufes spirituöser Flüssigkeiten. — | 337 |
Feststellung der Bewilligungen für das Biennium von 1882 bis 1884. — | 350 |
Imports- und Exportsangabe einiger Jahre von 1848 bis incl. 1882. — | 363 |
1883, formelle Krönung des Königs. — Das neue „Jolani“-Palais. — | 364 |
Enthüllung des Standbildes Kamehámehás I. — Tod der Letzten der Dynastie Kamehámehás I. — Die Regierungszeit des Königs Kalakaua. — | 365 |
Charakteristik des Königs Kalakaua. — | 365 |
Charakteristik der Regierung des Königs Kalakaua. — | 366 |
Schluss. — | 367 |
Motto:
„Natura non facit saltus.“
(C. von Linné.)
Von San Francisco (Californien) nach Honolulu (Inselreich Hawaii).
Es war einer der in San Francisco bekanntlich stets schönen sonnigen Tage des Mai — den 13. 1878 —, als mich ein kleiner Lootsendampfer aufnahm, und mich zur weit vom Ufer geankerten „City of Sydney“ führte.
Hinter uns blieb die terra firma der gewaltigen Metropole des an Gold und anderen edlen Metallen so reichen Californien mit ihren schönen Häusern, strotzenden Waarenlagern, reichen Verkaufslokalen, luxuriösen Hotels etc.
Hinter uns blieb der gewaltige Wirrwarr einer in Spekulationen und giganten Unternehmungen rastlos hin und her wogenden Menschenmenge verschiedenartigster Nationalitäten, des zu einer Weltstadt sich fühlbar und sichtbar rasch ausbildenden, erst seit 1850 entstandenen San Francisco.
Vor uns in herrlicher Beleuchtung lag die schöne von Bergen umgebene weite Bai, Berge, die, wenngleich öde, so doch im Farbenreichthum einen höchst schmucken Anblick und einen allgemein bewunderten Rahmen der so gefällig geformten Bai liefern.
Auf der „City of Sydney“ angelangt, löste ich mein Billet für die Strecke von 2094 Seemeilen bis Honolulu erst auf dem Schiffe. Die Kabine kostete 75, das Zwischendeck 30 $.
Die „City of Sydney“ gehört der „Pacific-Mael-Steamship-Comp.“, hat 3500 Tonnen deklarirten Raumgehalt oder ihre Maschine 650 Pferdekraft und ist durchweg als ein vollendet schönes Schiff in bester Ordnung.
Bald hatte ich mich häuslich in meiner geräumigen Kabine eingerichtet, und um 1 Uhr bewegte sich unter der Leitung eines Piloten langsam drehend und dröhnend unser Riesendampfer, und nach kurzem Gange heftig schwankend durchzog er die sich so auffallend stauende Enge der „Golden gate“ und ihr heftig brandendes und brausendes Wogenspiel.
Noch ein Rückblick auf die imposante Sieben-Sandhügelstadt, das Eldorado der abenteuerlichsten Geld-Spekulanten, dem Brutnest des verwegenen „Raudi“, des Humbug und der faulen Glücksritter, jedoch auch den geselligen Wohnort zahlreicher achtungswerther, mir liebgewordener Persönlichkeiten.
Bald schwand die Sicht des Landes, und vor und um uns blieb nur die unabsehbare Sicht einer sich kräuselnden Wasserfläche, der gigante „Stille Ocean“, durch dessen weit sich ausdehnende Wogen unser Schiff in S. 61 W.-Richtung seinen Weg mit seinem hohen Kiel stolz durchschnitt.
Heftiger, zugleich frostigkalter NO. machte, dass ein warmer Ueberzieher nicht zuviel war.
Bis zum 18. Mai bei ruhiger Fahrt ohne erwähnenswerthe Zufälle, blieb die Witterung ziemlich gleichmässig dieselbe, d. h. im Schutze des Windes warm, der Wind frostig kalt. Den 18. nahm die Wärme allmählig zu, die Farbe des Wassers wurde dunkler im Blau, klar und tief durchsichtig. Der Wind gab plötzlich nach, als wir nämlich die Strömung der „Nord-Pacificschen-Trift“ verlassen hatten. Den 19. war es trüb und frisch. In der vergangenen Nacht um 12 begegnete uns der Post-Dampfer aus Honolulu. Zahlreiche fliegende Fische unterbrachen die Monotonie. Die schwarzen Seevögel, die uns treu von San Francisco gefolgt, schienen uns nicht verlassen zu wollen.
Am 19. mussten wir gegen Quittung 2 Dollar für das[S. 3] Jedem zur Disposition stehende „Hospital der Königin Emma“ zahlen — eine Steuer, die jedem Ankommenden im Königreich Hawaii auferlegt wird, der mehr denn 30 Tage im Königreiche verweilt, und dem, der weniger denn 30 Tage im Königreiche sich aufhält, wieder zurückgezahlt wird.
Gegen Abend kamen wir wieder in die Strömung, daher sofort unruhigere See und heftiges Rollen des Schiffes; der NNO. war uns günstig und gestattete volle Segel, da unsere Richtung stets in S. 61. W. hielt.
Den 20. recht frischer NNO. bei heissen Sonnenstrahlen. Wir durchzogen den Wendekreis des Krebses um 1 Uhr. —
Den 21. Mai um 6 in der Früh waren wir in Sicht der felsigen, öden, von schwarzen, durch die heftige Brandung bunt ausgehöhlten Riffen umgebenen Küste und der öden, wilden, vulkanischen Gebirge der Insel Oahú.
Um ½9 bei scharfer Wendung nach N. umzogen wir die pompöse Felsmasse des hell glitzernden sogenannten „Diamond-Head“ und bogen in den durch die Inseln „Molokai und Oahú“ gebildeten „Oahú“-Kanal. Hier ändert sich vollständig die Sicht: die Ufer sind bebaut und im üppigsten Grün, das vulkanische Gebirge ist gleichsam wie grün getüncht, und bald lag rechts vor uns der Badeort der Bewohner Honolulus, das liebliche Waikiki mit seinem reizenden Kokospalmen-Hain. Unzählige Vögel und spielende Fische zeigten sich.
Bald erhoben sich Kirchthürme aus einem Thale und Masten der Schiffe, und endlich um 10 Uhr lag vor uns Honolulus — wenngleich kleiner, so doch ruhiger und stets durch kühle Brise — frischer Hafen, der immer sicher, mit Ausnahme der Zeit, wo hin und wieder vom Dezember bis März der wüthende Südsturm, der „Kóna“ herrscht.
Die Grenzen des reizenden Hafens bilden breite Korallen-Bänke, die, von zwei Seiten ausgehend, ihn kranzförmig umfassen. Der Eingang ist 550 Fuss breit und ist durch eine geankerte Bake bezeichnet, die genau unter der Latt. 21° 16′ 56″ und der Long. 157° 48′ 51″ westlich von Greenwich liegt. In den Hafen können — Dank[S. 4] seiner Tiefe von 13–18 engl. Klafter — die grössten Schiffe einkehren. Rechts von der einen Korallenbank, ¾ Meilen von der Bake entfernt, steht der seit 1869 den 2. August beständig 8 Seemeilen weit leuchtende Thurm, der klein, schmuck gestrichen, aus Holz auf Bollwerk in wild brandender, schäumender Wogenumgebung der Bänke erbaut ist.
Bald hielten wir vor dem Werft der „Pacific-Dampfer-Compagnie“, und nach Beendigung des mühsamen Manövers des Anziehens des Schiffes an die Brücke kamen wir um 11 Uhr an Land, nach einer in 8 Tagen weniger 3 Stunden zurückgelegten Reise von 2094 Seemeilen, d. h. wir hatten durchschnittlich 11,089 Knoten die Stunde gemacht.
Uhr | Uebersicht über den Lauf der Reise: | |||||||||||||||
° | ′ | ″ | ° | ′ | ″ | |||||||||||
1 | Mai | 13 | Grad | 37 | 48 | 10 | Grad | 122 | Die Golden-Gate |
Tägliche Richtung |
S. 61 | W. | ||||
12 | „ | 14 |
Nördlich der Breite täglich |
36 | 06 | 00 |
der Länge westlich von Greenwich |
126 | 36 |
Täglich gemacht Seemeilen |
230 | S. 61 | W. | |||
12 | „ | 15 | 33 | 58 | 00 | 131 | 29 | 272 | S. 62 | W. | ||||||
12 | „ | 16 | 31 | 36 | 00 | 136 | 13 | 277 | S. 59 | W. | ||||||
12 | „ | 17 | 29 | 27 | 00 | 140 | 37 | 262 | S. 60½ | W. | ||||||
12 | „ | 18 | 27 | 23 | 00 | 145 | 20 | 268 | S. 62 | W. | ||||||
12 | „ | 19 | 25 | 15 | 00 | 149 | 45 | 271 | S. 61½ | W. | ||||||
12 | „ | 20 | 22 | 57 | 00 | 154 | 11 | 279 | S. 61 | W. | ||||||
10 | } | „ | 21 | 21 | 16 | 56 | 157 | 48 | 51 | 235 | Die Bake | |||||
11 | 21 | 18 | 23 | 157 | 48 | 45 | Centrum der Stadt |
Ankunft in Honolulu. — Eindrücke.
Gleichwie vor Aden und wie im Allgemeinen vor allen tropischen und subtropischen Häfen, so auch hier bei unserer Ankunft lieferten uns nach Geld in die Tiefe tauchende Buben in Mitte zahlreicher Haifische ihre Kunstproduktion mit auffallender Behendigkeit. —
Nach einer höchst liebenswürdigen Untersuchung des Zollamtes fand ich ein gutes Unterkommen bei dem Bäckermeister Singer, einem Deutschen, an der Ecke der „Queen-“ und „Richard“-Strasse für 2 Dollar die Woche: ein gutes, geräumiges, höchst sauberes Zimmer.
Somit war ich in der reizend gelegenen, sauber gehaltenen kleinen Hauptstadt und dem Handels-Empyrium des Insel-Königreiches von Hawaii, dessen Umfang circa 8000 engl. Quadratmeilen beträgt und aus 17 Inseln besteht, von denen 8 Inseln und zwar Hawaii, Maui, Lanaï, Kahooláwe, Molokai, Oahú, Kauai, Niihau beständig, die 9 andern Inseln Molokíni, Lehúa, Kaula, die Vogel-Inseln, die Palmira-Inseln, die seit 1862 annectirten Guano-Inseln Kaláma, Layson, Lisansky, Cornwallis wenig oder nur temporär bewohnt sind. Sämmtliche Inseln sind vulkanischen Ursprungs und tragen in klimatischer Beziehung den reinen polinesisch-subtropischen Charakter. Die geographische Lage des Inselreiches ist zwischen den 18° 50′ und dem 22° 30′ n. B. und zwischen den geographischen Längen 154° 30′ und 161° westlich von Greenwich zu finden. Der Eingang in den Hafen von Honolulu ist von San Francisco 2094 Seemeilen, von Sydney via Auckland 4368 und von Hongkong 4487 Seemeilen entfernt. Das Inselreich von Hawaii bildet augenblicklich das Empyrium der Inseln des Stillen-Ocean.
Die Grösse der Inseln, d. h. der bewohnten des Königreiches, die höchsten Höhen und die Bevölkerung derselben zeigt folgende Tabelle:
engl. □Meilen: |
maximum. Höhe |
Zahl der Bevölkerung |
||
Insel | Hawaii | 5000 | 13,935 | 17,034 |
„ | Maui | 600 | 10,200 | 12,109 |
„ | Oahú | 520 | 3,800 | 20,236 |
„ | Kauai | 520 | 4,800 | 5,634 |
„ | Molokai | 170 | 2,800 | 2,581 |
„ | Lanai | 110 | 1,600 | 214 |
„ | Niihau | 80 | 800 | 177 |
„ | Kahooláwe | 60 | 400 | — |
1878 in Summa | 7060 | — | 57,985 |
1779 sollen die Inseln circa 300.000 Einwohner gezählt haben. 1866 ergab der Census nur 64.131 Einwohner, von denen 58,765 Ureingeborne und 5366 Fremde waren. Da 1779 unter der muthmasslich durch Cook angenommenen Zahl von 300,000 wenig oder gar keine Fremde waren, so muss von derselben die 1866 sich ergebende Zahl von 58,765 Ureingebornen zum Vergleich in Abrechnung gebracht werden, wonach im Verlauf von 87 Jahren die Abnahme der Bevölkerung sich auf die abnorme Zahl von 241,235 Seelen stellt. Diese Abnormität der Abnahme der Bevölkerung lässt sich nur entweder durch die höchst glaubliche Irrthümlichkeit der Angabe von 1779 oder aber durch die als blutig sich bewiesenen Kriege des Kamehámehá I., durch die Pestilenz von 1804, die Epidemie der Masern von 1848, die Epidemie der Pocken von 1856, durch die Folgen des Importes von Alkohol, sowie durch dem Volke fremdartige Gewohnheiten, Kleidungsmoden und namentlich ansteckende Kleidungsstoffe europäischen Imports, durch die Aussatz-, diverse Fieber- und Seuchenkrankheiten erklären. Ein treues Bild dieser abnormen Abnahme der Bevölkerung soll folgende Zusammenstellung verschiedener Census ergeben:
Kanaken | Chinesen |
Amerikaner, Europäer, etc. |
||
— 1779 | muthmasslich | 300,000 | — | — |
— 1823 | laut Census | 142,000 | — | — |
— 1832 | dto. | 130,000 | — | — |
— 1836 | dto. | 108,000 | — | — |
— 1850 | dto. | 84,165 | — | — |
— 1853 | dto. | 73,137 | — | — |
— 1860 | dto. | 66,984 | — | 2716 |
— 1866 | dto. | 58,765 | 1317 | 5366 |
— 1872 | dto. | 49,044 | 1938 | 4119 |
— 1878 | dto. | 43,088 | 5916 | 4561 |
— 1882 | dto. | 36,756 | 13,000 | 10,477 |
Die Stadt Honolulu hat Einwohner gehabt: | ||||
— 1820 | waren laut Census | 7000. | ||
— 1860 | dto. | 14310. | ||
[S. 7] — 1866 | dto. | 13521. | ||
— 1878 | dto. | 14114. | ||
— 1882 | dto. | 17000. |
Der erste Eindruck der Insel Oahú bei Umfahrung ihrer Küste und bei Sicht der grünen Umgebung der Stadt Honolulu ist der einer wilden, öden, vulkanisch durchwühlten Masse, auf der mit Hilfe der günstigen klimatischen Verhältnisse und humusreichen Grundlage — mit Ausnahme einzelner zerstreut gelegener feuchter Schluchten, wo die Natur den Keim zur üppigsten Vegetation der verschiedenartigsten Farn, Tamarinden, Kaffeestauden, Thekstauden, Thysträucher u. s. w. selbstständig legt, — die rege Hand des Menschen stellenweise eine üppige, künstliche Vegetation entwickelt hat.
Angelangt, durch Bad und Nahrung erfrischt, war mein Erstes eine gründliche Durchwanderung der Stadt, deren meist parallel laufende Strassen mit ihren von Gärten und auffallend mannigfaltigen Blumenreichthum umgebenen Häusern, reichhaltigen Waarenlagern und Schauläden einen saubern, höchst angenehmen Eindruck hervorrufen. Die Strassen sind meist mit Lava, die prachtvolle, von der Stadt aus schattige „Nuuanú“-Strasse theilweise mit Korallensteinen belegt. Beide Arten sind recht wasserdicht und angenehm zum Gehen, jedoch höchst staubig.
Zu den Hauptgeschäftsstrassen gehören nächst der „Nuuanú“-Strasse die sehr breite „Kingsstreet“, in welcher meist die Handwerker sich niedergelassen und deren nördliches Ende eine solide Brücke über den „Nuuanú“-Bach, der das Thal schlängelnd durchzieht, bildet und die „Fort-street“, die nur kurzweilig aus Schauläden, sonst nur Privathäusern besteht.
Die Grosshändler haben ihre reichhaltigen Magazine an den Werften und zwar resp. in der „Queen-street“ und „Port-street.“ Als höchst liebliche und national-charakteristische, schattige Strassen sind die „Hotel-street“ und die „Beretania-street“, deren nördliches Ende ebenfalls eine Brücke über den „Nuuanú“-Bach bildet, zu benennen. In diesen breiten Strassen ist die Verschiedenartigkeit der[S. 8] Bäume in den Gärten und Alleen eine bemerkenswerthe. Hauptsächlich figuriren der reichtragende Mango-Baum mit seinen aromatisch feinschmeckenden Früchten, diverse stämmige Akazien und Mimosen. Die Palmen und Bananen sind meist in etwas leidendem Zustande, fast krüppelig zu nennen, dessen Ursache ich im ätzenden Staube der Lava, die die Strassen deckt, zu finden glaube.
Die Flora der Gärten ist im Allgemeinen in Honolulu eine reichhaltige und auffallend üppige, jedoch der Unterhalt der Gärten — mit Ausnahme der des Banquiers Sir Bichop in der „Kings-street“, des tropischen des Palais der Königin-Wittwe Emma in der „Nuuanú“-street und theilweise der des königlichen Palastes — ein scheinbar unordentlicher, meist verstaubter, dürrer und im Allgemeinen — mit Ausnahme des Gartens des Sir Bichop — eigentlich geschmackloser zu nennen.
An schmucken Kirchen fehlt es nicht. Sie sind an Zahl und Verschiedenheit der Konfessionen reich. Die hervorragendsten derselben sind: Die 1840 erbaute römisch-katholische Kathedrale in der „Fort-street“ und die ihr gegenüber liegende sog. „congregationelle“ Kirche, die beide einen recht schmucken Eindruck machen. — Von den speziellen Kirchen der Ureingeborenen sind zu bemerken: die „Kau-ma-ka-pili“-Kirche, die eine congregationelle am westlichen Ende der „Beretaria“-Strasse gelegen und deren Pastor, der Rev. Kauéa, ein Ureingeborner ist. Die Kirche wurde von den amerikanischen Missionären 1838 erbaut (congregationell ist eine amerikanische Benennung für „altpuritanisch“). Dann folgt die ebenfalls congregationelle „Kawaiahae“-Kirche an der Ecke der „King-“ und „Punch-bowl-street,“ die 1825 erbaut, die älteste Kirche in Honolulu ist und in deren Hofraum das schmucke Mausoleum des Königs Lunalílo steht. Der Pastor der Kirche ist der Rev. W. Frear. Dann folgt die anglikanische oder reformirt-katholische Kirche, die sog. „St. Andrews“-Kathedrale, die im „Emma-Square“ gelegen und deren Grundstein 1867 durch König Kamehámehá V. gelegt worden ist. Dann wäre noch zu bemerken die aus Holz erbaute Kirche[S. 9] „the Seaman’s-Bethel,“ die 1833 an der Ecke der „King-“ und „Bethel-street“ unter der Leitung des Missionärs John Diel von der „American-Seaman’s-Friend-Society“ erbaut wurde. Nach dem Tode Diels 1841 wurde der im Lande höchst geachtete Rev. Dr. S. Damon als Pastor ernannt. 1843 rief er unter seiner Redaction die für die moralische Entwicklung der Nation höchst wirksame, monatlich erscheinende Zeitschrift „the Friend“ ins Leben.
An schönen Gebäuden, obgleich dieselben im Allgemeinen sehr wohnlich sind, ist vollständiger Mangel. Es sind nur wenige Häuser halbwegs hervorragender Architektur vorhanden. — Unter den hervorragendsten wären zu nennen: das Parlamentsgebäude („Alioláni“-Halle) in der „Kings-street,“ in der die Versammlungen der Legislatur abgehalten werden und in welcher ferner die Regierung alle Branchen ihrer Amtslokale eingerichtet hat und in der auch das noch jugendliche Museum und die reichhaltige Bibliothek des Staates sich befinden. Dann käme das am Werft gelegene steinerne, kasernenartige Gebäude des Zollamtes; das zweistöckige inhaltsvolle Geschäftslocal der Firma „Hacfield & Co.,“ ein höchst geschmackloses, aber geschäftsvolles Gebäude; die Bank gegenüber der Post, wohl das hübscheste Gebäude der Stadt; die Post, sehr praktisch eingerichtet, aber als Gebäude unschön; das Hospital der Königin Emma, welches reizend in der Mitte einer umfangreichen Parkanlage am Fusse eines Hügels, des sog. „Punsch-Bowl-Hill,“ gelegen, und 1860 von Kamehámehá IV. erbaut und nach seiner Frau, der Königin Emma benannt worden war und nach der Bank unter die schönsten Gebäude zu zählen ist. Das „Joláni“-Palais des Königs, in der „Kings-street,“ der „Alioláni“-Halle gegenüber, besteht aus mehreren einstöckigen, an breiten Veranden reichen, mit Schindeln oder Schilf gedeckten luftigen Häusern, die in einem grossen, recht schattig gehaltenem Garten liegen, aus Korallenstein erbaut und äusserlich recht unansehnlich sind. Das eine Gebäude enthält die Staats-Empfangsräume. Die Wände der Eingangshalle desselben sind gefüllt mit stattlichen Ölporträts verschiedener Herrscher Europas, die meist[S. 10] Geschenke derselben sind. — Der Empfangssaal ist stattlich eingerichtet und reich an Vergoldungen; die eine Wand desselben ziert ein vortreffliches Porträt des Königs Kamehámehá IV. Diesem Raume angrenzend befindet sich der Saal der Bibliothek, die eine sehr reichhaltige ist; die Wände zieren Porträts verschiedener Könige des Inselreiches und der „Kuina-nui“ Kaahúmanú. Die Krönungshalle ist ein schmucker Saal, dessen Wände mit gediegenen Gemälden, Kupferstichen und Stahlstichen gefüllt sind. Neben dieser Halle, die zugleich auch für Galagelage benutzt wird, ist das Buffetzimmer, in welchem eine reichhaltige Schau von Porzellan-, Fayence- und Krystall-Gegenständen sich befinden, die Geschenke verschiedener Monarchen der Welt sind. Die übrigen Räumlichkeiten sind reich möblirt und mit Gemälden geziert. Der Ballsaal befindet sich in einem abgesondertem Gebäude, ebenso die höchst wohnlich und elegant eingerichteten Privatzimmer der königlichen Familie. Das letztgenannte Gebäude der königlichen Wohnzimmer liegt unmittelbar am Haupteingang des Palais. Das ganze Areal des die Häuser umgebenden Gartens ist von einer 8 Fuss hohen Steinmauer umgeben (Korallenstein), durch die an jeder Windseite sehr primitive Pforten nebst zwei Seitenthüren, die stets unter Wache eines patrouillirenden Postens sich befinden, führen. Westlich von diesem Häusercomplex soll das neue Palais erbaut werden, welches bei 140′ Länge und 120′ Breite 4 Stock hoch werden soll. Die 4 Ecken desselben werden Thürme bilden und das Zentrum des fast viereckigen Gebäudes bei 80′ Höhe ein Gewölbe fassen. Zum Bau dieses Gebäudes hat die legislative Versammlung 65,000 Dollar bewilligt. —
In der unmittelbaren Nähe des Palastes liegt die 200 Mann fassende Kaserne, ein kleines, rothes, höchst originelles, nicht geschmackloses Gebäude.
Sehr sehenswerth ist das auf der Landzunge Lelcó gelegene, aus weissem Korallenstein erbaute Gefängniss. Frei liegend, umgeben von schattigen Bäumen, unter dem directen Einflusse der gesunden Luft der See und der Winde, prangt dieses 1857 im italienischen Stile erbaute Gebäude als Zierde[S. 11] der Stadt. Die Disziplin, so auch die Gesundheitsmassregeln der Anstalt sollen, wie es die zur Arbeit oft erscheinenden Inwohner ihrem Aussehen nach beweisen, eine bemerkenswerthe sein. Man gelangt zum Gefängniss, die südliche Richtung der „Kings-street“, bis zur schmucken Brücke über den „Nu-u-anú“-Bach einschlagend, und die Stadt alsdann verlassend, der „Ewa“-Landstrasse folgend, bei diversen Schildkrötenteichen vorbei, erblickt man das links frei auf der Landzunge liegende stattliche Gebäude. In seiner Nähe auf Riffen erbaut, liegt die Quarantaine, die bisher nur zur Accommodation der Einwanderer benutzt worden ist.
Sehr sehenswerth ist die in der Umgegend von Honolulu, circa 1½ Meilen von der Stadt gelegene Schule von Púnahu, die im Mai 1853 unter dem Namen „Oahú-College“ im vergrösserten Massstabe eröffnet worden ist. Bis 1853 war die Schule seit ihrer Gründung unter Kamehámehá III. 1842 nur für die Erziehung der Kinder protestantischer und zwar amerikanischer Missionäre benutzt worden. Allmählig nahm der Zudrang anderer Kinder derart zu, dass die Anstalt zum, wie schon bemerkt, „Oahú-College“ vergrössert werden musste, und ist dieselbe augenblicklich die bedeutendste Erziehungsanstalt des Reiches. Die Anstalt empfängt ohne Ausnahme Externe und Interne. Die Zöglinge sind Knaben und Mädchen zusammen; der Unterricht ist ein höchst gründlicher. Das Gebäude ohne architektonischen Stil und Zierde liegt circa ½ Meile vom Meere entfernt, enthält die Wohnungen des Directors und der Directrice, desgleichen die der in der Anstalt lebenden Lehrer und Lehrerinnen, so auch die Klassen und den Speisesaal. Diesem Zentralgebäude angeschlossen sind zwei Flügel, der rechte für Mädchen, der linke für Knaben. Der Raum zwischen den beiden Flügeln ist durch zierliche Anpflanzungen ohne jegliche trennende Umzäunung ausgefüllt. Jeder Zögling hat sein Zimmer für sich allein, welches klein, aber auffallend sauber gehalten ist. Der Unterricht in der Anstalt ist ein gemeinschaftlicher für Mädchen und Knaben, desgleichen der Speisesaal und der Tummelplatz.
Dieses stete Beisammensein und Untersichleben beider[S. 12] Geschlechter — wo ja Zöglinge im Alter von 12 bis 20 Jahren sich befinden — ist für uns Europäer unbegreiflich. Doch sobald man den Charakter der Kanaken kennen gelernt und nachdem man den Ausspruch authentischer Persönlichkeiten über die Sittlichkeit der Anstalt und die Resultate dieser gemeinschaftlichen Erziehung gehört hat, gewinnt man bald die Überzeugung, dass bis jetzt bei den Kanaken dieses dem Europäer fast unsittlich erscheinende Prinzip statt schlecht sich gut bewährt hat.
Trotz der dem Kanaken eigenthümlich sinnlichen Tendenz ist oder soll seit Errichtung der Anstalt kein Fall von Seduction oder leichtfertiger, sinnlicher Handlung vorgekommen sein. Erzogen unter dem Prinzip der amerikanisch-protestantischen Kirche, d. h. in dem der persönlichen moralischen Verantwortung — einem Prinzip, welches, wenn es richtig gehandhabt wird, im Zögling eine ernste moralische Willenskraft erweckt. Diese von Jugend auf erweckte Kraft der Überwindung des Sichselbstbemeistern ist meiner Ansicht nach die Ursache zu der jeden Fremden in Erstaunen setzenden Gabe der Männer und Frauen dieser Nation, jedem Fremden Respect einzuflössen. Obgleich frei in Rede und Bewegung, obgleich in Folge traditioneller Gewohnheiten, klimatischen Zwanges und national-körperlicher Erfordernisse sehr leicht bekleidet, steht demungeachtet dem muthigen europäischen Frauen-Belagerer, dem europäisch Eingebildeten, dem nach europäischem Begriffe sog. Unwiderstehlichen kein weites Feld ihnen gegenüber offen, um über die Grenzen des Anstandes zu schreiten. Dieses ist das Resultat einer gut überwachten, gemeinschaftlichen Erziehung unter den Kanaken, während bei uns eine solche bei bester Überwachung nie und nimmer ein gleiches Resultat liefern würde.
Durch diese gemeinschaftliche Erziehung lernen die Geschlechter genau untereinander sich kennen, lernen ihre gegenseitigen Fehler, Gewohnheiten und Eigenthümlichkeiten erkennen, und es entstehen oft jugendliche Inclinationen, Anhänglichkeiten reiner Natur, die sie sehr oft, später reifend, zusammenbringen, was hier leicht, da die Kinder[S. 13] völlig frei in der Wahl ihres Herzens, ihrer Gefühle und ihres Willens sind. Von unglücklichen Ehen, wie bei uns so oft, ist mir noch kein authentisch bewiesener Fall hier zu Ohren gekommen. Eine Eigenthümlichkeit des Landes ist, dass bei Heirathen die Eltern nicht wie bei uns eine Aussteuer den Töchtern geben.
Das amerikanische Prinzip der Erziehung ist im Reiche das herrschende. Die Mädchen machen gleich den Knaben denselben und den vollen Cursus durch. Ausser den Wissenschaften, als: Geschichte, Geographie, Mathematik, Naturwissenschaft u. s. w. wird auch Musik, Gesang und Zeichnen betrieben. Den Mädchen werden Handarbeiten gelehrt, werden theoretische Anweisungen zum Haushalte gegeben, sowie auch praktische, indem abwechselnd für je 14 Tage Mädchen der Anstalt unter der Leitung der Directrice den Haushalt der Anstalt in allen Branchen versehen, sogar die für die Anstalt erforderlichen Markteinkäufe bewerkstelligen. Jeder Zögling ist angehalten, sein Zimmer selbst zu reinigen und zu betten.
Jährlich findet eine öffentliche Prüfung statt; zu der alle Eltern und Verwandte der Zöglinge erscheinen. Die Prüfung dauert drei Tage, während denen sämmtliche Eingeladenen auf das glanzvollste bewirthet werden. Die Prüfung findet von 10 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends vor einem zahlreichen Auditorium statt, was die Unbefangenheit und Selbstständigkeit der Zöglinge überaus entwickelt. — Höchst anmuthig ist das mit Blumenkränzen und verschiedenen Verzierungen festlich geschmückte Versammlungslokal, desgleichen das mit Blumenkränzen geschmückte Auditorium, wie es überhaupt dieses sinnreiche, der Poesie so zugängliche Volk prächtig versteht, mit der ihr zur Disposition stehenden, so mannigfaltigen und rastlos blühenden Flora des Landes sich und ihre Umgebung zierlich und geschmackvoll zu schmücken.
Die Pflege der Gärten, die Zucht und Pflege der Blumen etc. bewerkstelligen die Jünglinge. Manche bedeutende Erdarbeiten; Wasserleitungen der Anstalt, sind von denselben gemacht worden und das im progressiv sich vergrössernden[S. 14] Massstabe, da jährlich das zur Cultur bestimmte Areal vergrössert und mit acclimatisirten Gewächsen bepflanzt wird, die in spätern Jahren durch ihr gedeihliches Wachsen die Freude ihrer jugendlichen Erzeuger und Gründer bilden und angenehme Erinnerungen ihrer Thatkraft hinterlassen. Kurz gesagt, mein Auge traf das Modell einer Erziehungsanstalt, in der mir namentlich der wohlaussehende, vergnügte, sittlich-zufriedene Ausdruck der Zöglinge auffiel, aus welchem die günstigen Resultate dieser theoretisch-praktischen Erziehung klar hervortraten.
Auch muss ich zur Ehre des Landes und seiner Regierung hervorheben, dass beide ihr Möglichstes thun, um die Schulen des Landes zu heben, was ihnen denn auch mit Dank gelingt, da dieses Bestreben mit erstaunlich unbeschränkten Bewilligungen der legislativen Versammlung unterstützt wird. — Die Tendenz der Überanstrengung der Jugend existirt hier im Lande noch nicht, da die gesunde Überzeugung hier noch herrscht, dass für die Zukunft des Landes eine unnöthige Gelehrsamkeit von keinem Nutzen sei. Die bestehende Tendenz ist: der Jugend einen religiösen Sinn und die erforderlichen Kenntnisse eines civilisirten, in der Civilisation allmählig fortschreitenden Bürgers beizubringen — eine Tendenz, aus der sicher eine gesunde kernige und vernünftige Nation sich zum Wohle des Landes entwickeln wird, wenn nicht der Eindrang schädlicher europäischer Beeinflussungen diesen gesunden Keim erstickt.
Nach der Anstalt von Punahou wäre noch zu erwähnen das in der „Nuuanú-street“, circa ¾ Meilen ausserhalb der Stadt gelegene, 1872 eröffnete „Joláni-College,“ welches unter der speziellen Leitung des Bischofs der anglikanischen resp. der episkopalen Kirche steht. Die Anstalt ist in 2 Departements getheilt, das elementare und gymnasiale. Die Anstalt ist eine durchweg disciplinirte. Die Schlafsäle nehmen einen ganzen Stock ohne Abtheilungen ein, sind daher vollständig ventilirt und gesund. Die 4 Acker umfassende Umgebung der Anstalt, da sie hoch gelegen, bietet eine prachtvolle Sicht über die Stadt und den Hafen und bildet eine Parkanlage, die gegenwärtig noch[S. 15] jung, jedoch mit der Zeit eine der schattigsten und lieblichsten von Honolulu werden wird.
An der „Ewa“-Landstrasse, an der nördlichen Seite derselben, von der „King-street“ kommend, liegt das „Asyl für Geisteskranke“ im Stadttheile Kapaláma, hoch, in luftiger, gesunder Lage. Die Anstalt besteht aus mehreren einstöckigen Steinhäusern für die Kranken und dem Gebäude des Superintendenten Mr. Wright.
In der Nähe dieses Asyles, circa ¾ Meilen von der Stadt, ist das 1864 gegründete „Industrielle Reformatorium,“ eine Verbesserungsanstalt für Knaben und Mädchen. Die Lage ist gesund. Das Areal der Anstalt bilden 6 Acker, von denen die Hälfte mit Bananen und andern Gewächsen bepflanzt und von den Zöglingen gepflegt werden; die andere Hälfte nehmen die Gebäude und die Tummelplätze der Jugend ein. Das Zentralgebäude ist zweistöckig. Im Grundstock befinden sich die Schulräume und der Speisesaal und den zweiten Stock bildet ein ungetheilter, daher luftiger und gesunder Schlafsaal. Das Gebäude ist von 72 Fuss Länge und 36 Fuss Breite. Die Nebengebäude dienen zur Wohnung dem Superintendenten der Anstalt, Mr. Hill, und den Assistenten, Lehrern und Lehrerinnen, desgleichen zu Küchen und Wirthschaftsräumlichkeiten. Ausser den benannten 6 Ackern gehören der Anstalt noch 15 Acker Land, die die Jugend mit Reis und „tarro“ bebaut. Die Zöglinge haben täglich 4 Stunden zur Mahlzeit und Recreation frei, den Rest der Zeit verbringen sie entweder in der Schule oder mit Feldarbeiten. Durch ihre Arbeit und den Erlös der Produkte bezahlt sich reichlich ihr Unterhalt. Ausserdem giebt der Staat der Anstalt eine Subvention, die für sämmtliche Verbesserungsanstalten des Königreiches in Summa für die biennale Periode circa 10,000 Dollar betragen soll. Zur Entlassung der Zöglinge aus der Anstalt wird gefordert, dass dieselben ein gutes Sittenzeugniss erhalten, zu rechnen und in der Hawaii’schen und englischen Sprache zu lesen und zu schreiben verstehen.
Bis den 2. Juli, d. h. während fast zwei Monaten, tummelte ich geschäftlich und gesellig durch die Strassen[S. 16] der Stadt, durch die Umgegend von Honolulu, durch das lebhafte „Nuuanú“-Thal längs den romantisch schlängelnden, das Thal durchziehenden Bächen „Panóa“ und „Nuuanú“, oder durchwanderte die Insel Oahú. Ich lernte die Bevölkerung und Stadt und Land in ihrer anziehenden Gemüthlichkeit, ihrem eigenthümlichen Wesen und die Freundlichkeit, den Charakter Sr. Majestät des Königs Kalakaua kennen und liebgewinnen.
Meine weiteren Erörterungen über Honolulu und über meine Wanderung durch die Insel Oahú behalte ich mir für später vor und zwar nachdem ich die andern Inseln besucht und vielseitiger das Land und sein Volk kennen gelernt haben werde.
Meine Absicht war nämlich diese gewesen: ich wollte mit dem kleinen Schooner „Marianne“ den folgenden Tag zur Insel Kauai, die in NO.-Richtung circa 100 Seemeilen von Honolulu entfernt ist, abgehen. Ich richtete zum Zweck einer Excursion durch die Insel mein Sattelgepäck in möglichst kleinem Massstab ein.
Ausflug von Honolulu nach Kauai.
Bei recht windigem Abend wars am 2. Juli, als ich um ½4 den kleinen, höchst sauber blau und weiss gestrichenen Schooner „Marianne“ betrat. Um 4 spannten sich dessen verhältnissmässig gewaltigen Segel, und bald hatten wir, einem Pfeile gleich, den kleinen, ruhigen Hafen durchzogen und befanden uns in der recht unruhigen See des „Oahú“-Kanals. Trotz der glänzenden Beleuchtung der Küste, einer erfrischenden Luft und köstlicher Sicht zwangen[S. 17] die entsetzlichen Bewegungen des kleinen Schooners mit seinem kaum 2 Fuss hohen Geländer alle Passagiere, so auch mich zum Sichausstrecken und Stillliegenbleiben.
Den folgenden Morgen um 6 lag vor uns Navillivilli, der erste und bedeutendste Hafen der Insel Kauai.
Der durch Korallenbänke gebildete Hafen ist wildschön, zugleich aber auch wild-unruhig. Ein durch die gewaltige Wogen oft hoch gehobenes Boot holte die hier Absteigenden, sowie die Briefsäcke vom Schooner ab, wonach die „Marianne“ hin und her schwankend unter vollen Segeln oft sich hochbäumend ihren Weg weiter nach Kolóa nahm. —
In Folge der unbeschreiblich stürmischen Nacht betrat ich mit sehr unsicheren Füssen das Land. Es schien der ganze Boden unter denselben zu schwanken und hin und her wie närrisch taumelnd betrat ich das Haus des Schreiners und Grundbesitzers William Lowel, wo nach gutem Kaffee und einem herzstärkenden Frühstücke bald wieder der Boden unter meinen Füssen fester wurde, die mich umgebenden Wände zu schwanken aufhörten und ich mich wieder factisch auf terra firma fühlte.
Hierauf gab Lowel mir ein Pferd nach Kolóa und zurück für den Miethpreis von 2½ Dollar. Die Strecke soll 12 englische Meilen betragen und mich über die zwei Meilen von hier entfernte Zuckerplantage Lehúa führen.
Der Ort Navillivilli ist klein, besteht nur aus 6 Häusern und einigen Hütten, die zerstreut auf einem hügeligen Terrain liegen. Die Umgebung des Ortes ist wüst, sandig und zugleich reich an kleinen, seichten Lagunen, in welchen üppiger „tárro“ gebaut wird. Das Ganze bildet eine nach der See offne 200′ über dem Meeresspiegel liegende Kesselschlucht, welche von der Landseite kranzförmig von Bergen umgeben ist.
Dank den zahlreichen Lagunen und der nur von drei Seiten umschlossenen Lage ist Navillivilli, — obgleich an concentrirter Hitze und daher auch an Mosquitos auffallend reich, — ein wahres Treibhaus der Natur zu benennen. In Folge der frischen Winde einer beständigen Brise der[S. 18] offenen Seeseite ist der Ort höchst erträglich und sehr gesund.
Mein Pferd war gesattelt und ich bald im Ritt ohne Begleiter.
Von Navillivilli führt ein ziemlich unsichtbarer, oft versumpfter Weg erst über Stauungen der Lagunen, dann bergauf bis zum Ort Niú-malú, der nur aus einem Gefängniss und dem ursprünglichen Hause des Gouverneurs der Insel Kauai besteht (der Gouverneur Mr. Busch residirt augenblicklich in Kolóa). Niú-malú verlassend, liegt rechts vom Wege hübsch angelegt und weit ausgebreitet die Zuckerplantage Lehúa mit ihren zahlreichen Gebäuden. Sie soll nächst Kolóa die älteste Plantage des Reiches sein. Von „Niú-malú“ an wird der Weg ein guter und ist circa eine Meile vom rechts liegenden öden, dürren, vulkanisch-durchwürfelten Basaltgebirge entfernt. Dieser Gebirgskette folgend durchzieht der Weg die üppigen Ländereien des Sir Albert Wilcox, die der Arowrod-Plantage des Herrn Müller und die der reichen Zuckerplantage von Lehúa und endlich an der schattigen, idyllisch isolirt liegenden Behausung des im Königreiche allbekannten tüchtigen Verwalters der Lehúa-Plantage, Herrn Isenbergs, vorbei. Hier beginnt der Weg allmählich schlechter und bedeutend wilder zu werden. Durch gegenwärtig auffallend dürre — sonst, wie man mir gesagt, üppige — Weideländereien, bald Hügel auf, bald ab, bergauf, bergab, stets in Sicht sehr mageren Viehes schlechter Art, auffallend zerfetzt aussehender Schafheerden führt der allmählich fast weglos werdende Weg bis zur „Niú-malú“-Schlucht. In der Schlucht des Flusses Niú-malú, die charakteristisch ist durch ihre krüppeligen, wenngleich an Früchten reichen Baumgruppen, die hier in spärlichen, wild verworrenen Massen „Wald“ genannt werden sollen, während sie nur höchstens halbwegs einem Urbusche zu vergleichen sind, sind die ihr Fell nachschleppenden Schafe auffallend bemerkenswerth. Das Terrain ist ausserordentlich durchwühlt. Die Brücke über den Niú-malú in der Tiefe der Schlucht soll 6 englische Meilen von Lehúa, demnach der halbe Weg bis Kolóa sein. Von der Brücke aus mit[S. 19] scharfen Curven beginnt die für die geringe Höhe auffallend steile Besteigung des Passes, jedoch mit beständigem Hinauf und Hinab, bis man endlich die stark windige Maximal-Höhe von 600′ über dem Meeresspiegel erreicht.
Die allgemeine Stille der Natur — während der Mittagszeit namentlich — ist hier eine auffallende. Kein Vogel, kein lebendes Geschöpf ist weder sichtbar, noch hörbar, in Folge der gegenwärtig herrschenden Dürre schweigt sogar der Laut der Grille. Nur das unaufhörliche Klappern der langen Blätter der Pandanen, das beständige Sausen des Windes, hin und wieder das ruckweise, entfernte Brausen der brandenden Woge des Oceans und das sonderbare Getöse der wirbelnden, rothen, gewaltigen Lava-Staubwolken begleiten fast unheimlich den auf dieser Strecke meist einsam, rasch dahin eilenden Reiter in der sonst lautlosen Natur.
Selten nur begegnet man auf dieser höchst unwirthlichen Strecke einem Menschen und nur selten einer Behausung oder Grashütte der Eingebornen.
Von der Höhe des Passes entfaltet sich plötzlich die Sicht des gewaltigen Oceans und ein recht hübscher Rundblick über das bunte Felsengewirr der Insel im mannigfaltigsten Farbenspiel.
Niedersteigend bis zu einer Höhe von 228′ über dem Meeresspiegel bei zunehmend sich besserndem Wege erreicht man die rechts vom Wege liegenden Häuser der auffallend lautlosen Zuckerrohr-Plantage des Herrn Dreier, die im üppigsten Grün fruchtreicher, schattiger Bäume verschiedenster Art lieblich und gesund gelegen ist. Gleich darauf folgen, rechts und links am Wege zerstreut liegend, die zahlreichen, vollständig schattenlosen Gebäude der Plantage Kolóa, die auf gleicher Höhe mit Dreier’s Plantage, d. h. 228′ über dem Meeresspiegel, liegt. Hier entfaltet sich ein köstlicher Blick auf das glitzernde Wogenspiel des heftig brandenden Oceans und auf den Ort Kolóa nebst seiner sonderbaren Umgebung. —
Zur Nacht wurde ich gastlich von A. Haneberg, dessen Bruder ich auf der „City of Sydney“ kennen gelernt und[S. 20] der hier angestellt ist, nach echt deutscher Art und Weise empfangen und aufgenommen, was mir höchst angenehm war, da hier kein Gasthaus vorhanden ist.
Den 4. Juli erwachte ich frisch und gekräftigt; leider aber war es meinem, vom Ritte Tags vorher recht ermatteten, an und für sich schwachen Pferde schlechter ergangen. Eine fast graslose Weide hatte das arme Thier sichtlich matt und missmuthig gestimmt. Ich fand das arme Geschöpf starr niederblickend mit halb geschlossenen Augen und langhängenden Lippen, dem besten Zeichen des Hungers.
Meine Absicht, zwei Tage hier zu bleiben, gab ich dieser armseligen Weide wegen auf und entschloss mich, noch denselben Tag um 2 Uhr wieder aufzubrechen und nach Navillivilli zurückzureiten, um mir daselbst ein kräftigeres Pferd, zum Weiterritt durch die Insel zu verschaffen.
Das Städtchen Kolóa ist weitläufig angelegt und circa 2 englische Meilen vom Ufer entfernt, welches Ufer, keinen Hafen, sondern den Strand der off’nen See mit einer sehr heftigen Brandung bildend, die Landung sehr erschwert. An diesem Ufer liegt die Werfte und die verschiedenen Häuser und Speicher des Zollamtes. Das Haus des Gouverneurs liegt isolirt, ½ Meile vom Ufer entfernt und ist in keiner Weise bemerkenswerth.
Die Kolóa-Zuckerrohrplantage wurde im Jahre 1840 durch die amerikanische Firma Ladd & Co. und das mit ausserordentlichen Concessionen der Regierung angelegt. Verschiedene Eventualitäten zwangen die Compagnie 1844 das Land zu verkaufen, wodurch es in die Hände des Dr. R. W. Wood kam. Unter seinen Händen erhielt die Plantage ihren systematischen Aufschwung. Später kam dieselbe wieder in andere Hände. Es ist die älteste Plantage des Inselreiches.
Weder der Ort noch die Zuckerrohrplantage weisen auf System und Ordnung, obgleich, wie man mir sagt, der Ertrag derselben ein bedeutend günstiger sein soll.
Um 2 verliess ich Kolóa und ritt mit meinem ermatteten Pferde denselben Weg bis Lehúa zurück. In Lehúa machte ich einen kurzweiligen Besuch dem liebens[S. 21]würdigen Kaufmann Schulz, dem ich wärmstens empfohlen worden war. Zur Nachtszeit ritt ich nach Navillivilli hinab, wo mich ein gutes Bett und zum Abendbrot gekochte „tarro“-Wurzel, gebackener „poi“, roher Fisch, Fleisch und Thee erwarteten. W. Lowell, bei dem ich wieder abstieg, ist schottischer Herkunft, seine Frau eine feiste, echte Kanakin. Sein hölzernes Haus ist von ihm selbst erbaut. Im Innern desselben zeigt sich die den Eingeborenen charakteristische Unordnung. An Zahl der Möbel reich — was sonst in den Häusern der Eingeborenen nicht der Fall ist — zeigen dieselben, gleich wie Alles im Hause, ein auffallendes Durcheinander, was im Allgemeinen in allen Häusern der sehr lieben Leute des Landes zu finden ist.
Den 5. Juni kurz nach Sonnenaufgang wanderte ich zur „Lehúa“-Plantage. Die Plantage, die Zuckerrohrmühle, die Siederei und Raffinerie umfassen ein Terrain von 10,000 engl. Acker, und gehören einer Compagnie, deren Hauptverwalter Paul Isenberg ist und dessen Tüchtigkeit im Lande in vielen Beziehungen einen bedeutenden Ruf hat.
Die Plantage macht in allen ihren Zweigen den Eindruck einer geregelten Verwaltung, sie trägt den Stempel der Gediegenheit und Vollkommenheit — das vollständige Gegentheil der von Kolóa. Wo man hinblickt, trifft das Auge tief bearbeitete Felder und namentlich eine auffallende Gleichmässigkeit und Ueppigkeit im Zuckerrohr, dessen Qualität eine vorzügliche ist. Nachdem ich die überaus vollständigen Fabrikeinrichtungen der Mühle, der Siederei und Raffinerien, die ausserordentlich beachtenswerthen Maschinerien neuester Construction besichtigt hatte, kehrte ich zur Nachtszeit zu W. Lowell zurück.
Den Abend verbrachte ich in Gesellschaft meiner liebenswürdigen Wirthsleute, des Sherifs und vieler Eingeborenen. Das Abendessen wurde auf nationale Art eingenommen, d. h. es wurde auf einer reinen Matte des Fussbodens gedeckt. Das Gedeck besteht aus einer riesigen, recht saubern Schüssel, die nämlich aus einem ausgehöhlten Riesen-Kürbis besteht, in welchem der wohlschmeckende,[S. 22] säuerliche „poi“ sich befindet. Um diese Hauptspeise stehen diverse flache Schalen mit Fleisch, gekochter „tarro“-Wurzel und rohem Fisch. Die Gesellschaft lagert im Kreise um das Gedeck und Jeder fährt mit einem, oder zwei, drei auch vier Fingern, je nach seinem Hunger in die sogen. „poi“-Schüssel; mit einer kleinen Drehung derselben umwickelt er die Finger mit dem „poi“ und bringt sie alsdann in seinen zierlich geöffneten Mund. Dann folgt Lecken der Finger mit schnalzender Begleitung; hin und wieder wird etwas vom Fleisch, etwas vom Fisch, etwas vom „tarro“ gerissen und genascht. Alsdann kehren die Finger wieder in den kleistrigen „poi“ u. s. w.
Während des Essens wird viel laut geredet, gelacht und gescherzt und das, je gesättigter, desto lauter und in rascherem Tempo.
Zum Schluss folgt gewöhnlich ein Schluck Wasser, hin und wieder auch Thee oder Kaffee. Dem folgt das gründliche Waschen der Hände, das Erheben von den Sitzen mit gewaltigem Magenaufstossen zum Zeichen der Verdauung. Alles geschieht in heiterster Art und Weise und mit endlosen charakteristischen Höflichkeitsverbeugungen.
Für den Ritt durch die Insel gab Lowell mir dieses Mal ein gutes Pferd.
Den 6. Juli um 5 Uhr nach einem kräftigen Frühstück war ich mit leichtem Gepäck im Sattel, und frisch ging es im kurzen Galopp bergauf nach Lehúa. Nach kurzem Abstecher bei Herrn Schulz ging’s weiter, bald Trab, bald Galopp, bergauf, bergab durch die üppigen Zuckerplantagen Lehúas, bei festem, gutem Wege, dann durch den „Honomaúluú-Fluss“ an der neuen „Lehúa“-Zuckermühle vorbei, dem schäumenden Strande zu. Dann folgt links ödes und wild durchworfenes Gebirge, rechts bald nah, bald fern der wogende Ocean.
Intensive Sonnenstrahlen, Schauer, Spritzregen und Regenbogen waren in beständigem Wechsel und trotz Regen wirbelte unaufhörlicher Staub. Die Vegetation war spärlich und höchst bemerkenswerth die Stille der Natur, bis wir 7 engl. Meilen von Lehúa den Wailúa, den an Tiefe[S. 23] bedeutendsten Fluss der Insel, erreichten. In der Nähe seiner Mündung und breitesten Stelle derselben setzte uns für 5 cent. pro Pferd ein gutes Floss über.
Das an der Mündung des Flusses in recht sumpfiger Umgebung liegende kleine Dorf Wailúa mit seinen sehr interessanten Grashäusern war in alter Zeit der Sitz der Königin Kapúle, des lieblichen Weibes des letzten Königs der Insel, des traditionell bekannten, in meinem geschichtlichen Theil erwähnten Kaúmuálii, der im Kampfe gegen Kamehámehá I. gefallen war. Die Königin Kapúle ist die in unserer Theaterwelt bekannte „Deborah“. —
Von Wailúa links in das schmale Thal einkehrend, dem Fluss aufwärts folgend, trifft man den schönen, ca. 200 Fuss hohen Sturz desselben, den im Lande besungenen Wailúa-Sturz, dessen Umgebung — gleich der der ganzen Länge des Flusses mit Ausnahme seiner Mündung — eine an Vegetation üppige zu nennen ist. Umringt von wilden Bananen, Kaffeestauden mit ihren dunkelgrünen Blättern, Citronen- und Orangenbäumen in vollster Frucht und Blüthe, dichten Gruppen des „hau“ (Hybisius tiliaceus), des „Kukúi“ (Aleorites triloba), Tamarinden, Pandanen, hochwüchsiger Typhaceen mit ihren kriechenden Wurzelstöcken, mannigfaltigster Form u. s. w. bietet kurz gesagt, eine Ueppigkeit und Vielseitigkeit der Vegetation, die ihres gleichen sucht.
Vom Wasserfall zurückgekehrt, drei Meilen dem Strande entlang reitend, erreichten wir das Dorf Kapaá, eine neue, in vollster Bearbeitung begriffene Privatplantage des Königs Kalakaua, die unter der umsichtigen Leitung des Herrn Lilikaláni steht und, da sie, wie gesagt, neu angelegt, keiner andern Bemerkung bedarf als nur der, dass das zur Bewässerung sehr geeignete Terrain und der humusreiche Boden derselben unzweifelhaft günstiges Resultat erzielen wird, was übrigens schon das stellenweise sichtliche Zuckerrohr in seiner Kraft und Ueppigkeit der Farbe beweist.
Nach einer eiligen Kräftigung im chinesischen Restaurant und einem kurzweiligen Besuche bei der liebens[S. 24]würdigen Mrs. King, deren Mann leider nicht zu Hause war, ritt ich, da Lowell hier blieb, allein weiter.
Die folgenden 9 Meilen führte mich mein Weg links in das Gebirge, beständig bergauf, bergab, mit hin und wieder bedeutenden Steigungen und unter oftmaligem Durchreiten reissender Gewässer, bis ich das Viehgut des Mr. E. Krull erreichte. — Die auffallend dürre Zeit der letzten Jahre hatte Futtermangel erzeugt. Die öden dürren Weidestrecken boten nur spärlich Nahrung dem Vieh, so dass der Anblick der Heerden ein deprimirender war. Freilich war nach dem verflossenen, besonders trocken gewesenen Jahre im Allgemeinen kein richtiges Urtheil über die Ertragfähigkeit der Weiden zu fällen, doch gewinnt man die vollste Ueberzeugung, dass durch übertriebene Entholzung der Gegend die herrschende Dürre — wenn auch nicht durch dieselbe entstanden, — so doch unzweifelhaft befördert worden ist und dass auch in Jahren häufigerer Niederschläge der Graswuchs nur theilweise und zwar nur stellenweise üppig sein kann, im Allgemeinen aber das Gras, gleich wie alle andern Gewächse der freien Natur — abgesehen von der unsinnigen Entholzung des Landes — den Charakter vulkanischer Länder trägt, d. h. der des krüppligen, niedrigen Wuchses auf den Hügeln und Höhen, den der vollständigen und üppigen Vegetation in den verhältnissmässig kurzen, schmalen, aber tiefen und feuchten Lagen der Gegend.
Daher bin ich der festen Ueberzeugung, dass hier, im Kleinen betrieben, die Viehzucht günstig dem Lande, im Grossen jedoch dieselbe im höchsten Grade schädlich und gefährlich werden kann.
Von E. Krull’s Besitzung bei — nach zurückgelegten vier Meilen — zunehmender Steigung lag rechts am Ufer des Oceans, tief unter mir der kleine Ort Moloá mit schmuckem, blendend weissem Kirchlein. Ueber die tiefe Schlucht hinweg, mir gegenüber, lag ein Schlachthaus, in dessen unmittelbarer Nähe zu meinem grossen Erstaunen und meiner Freude einmal wieder ein recht üppiger und gut erhaltener Wald zu sehen war.
Ein Schwindel erregender, schmaler, höchst beschwerlicher Pfad führte mich mit bedeutendem Umritt zum Schlachthaus. Das Bild der Verlassenheit, die leblose Stille desselben in Mitte unzähliger Schädel und Knochen machten mich glauben, dass ich meine Richtung verfehlt hatte. Somit ritt ich zum Dorfe hinab, einen halsbrecherischen, unbeschreiblich steilen Pfad, was mein wackeres Pferd mit erstaunlicher Gewandtheit bewerkstelligte. Zu meinem Schrecken fand ich auch das sumpfig liegende kleine Dorf in lebloser Stille, und nach Menschen suchend, nahm ich durch Sumpf und Gräben meinen Weg und fand endlich eine redende Seele, aber leider eine mir unverständliche. Durch Zeichen und Gebärden gelang es mir, den Weg nach Pelaá, Herrn Bertelmann’s Besitzung, zu erfahren und durch diese Nachricht die überraschende Kunde zu erlangen, dass das leblose Schlachthaus von der wahrscheinlich ebenfalls leblosen Besitzung des Herrn Bertelmann 100 Schritt entfernt liegt und nur durch einen Ausläufer des dichten Waldes von derselben getrennt sei.
Eine neue, breite und gute Fahrstrasse, obgleich etwas steil, führte mich im Zickzack wieder auf die Höhe von 228 Fuss, zum Schlachthaus, und um 4 Uhr erreichte ich das liebliche, im duftigen Walde gesund gelegene Haus des Herrn Bertelmann, den ich leider nicht zu Hause traf. Seine liebenswürdige Frau jedoch empfing mich und forderte mich gastlich auf, die Nacht in ihrem Hause zu bleiben. Bald kehrte auch Herr Bertelmann heim und zwar in Begleitung des katholischen Geistlichen aus Moloá, dem Pater Sylvester, einem Belgier. Wir unterhielten uns höchst gemüthlich bis 11 in die Nacht hinein, und Herr Bertelmann fand meine früher ausgesprochene Ansicht über den Betrieb der Viehzucht im Kleinen oder Grossen, nicht nur für diese Insel, sondern für das ganze Inselreich für richtig. Bei schönem Mondlicht und der hier so auffallenden Stille, sogar der nächtlichen Natur, kehrte der geistreiche Pater in sein Thal zurück, und ich begab mich in das mir angewiesene, nach dem ermüdenden Ritte höchst willkommene Bett.
Nach einer köstlich vollbrachten Nacht erwachte ich den 7. Juli Morgens, einem Sonntag. Nach dem Frühstück liess ich satteln und ritt um 10 Uhr, nachdem mich Bertelmann aufgefordert, ihn nach meiner Rückkehr zu besuchen, in scharfem Tempo ab.
Mein Weg führte mich durch krüppeliges Gehölz eines höchst verworrenen Waldes Kilauéa, der grossen Plantage des Herrn Titcomb zu, die 228 Fuss über dem Meeresspiegel liegt. Die Umgebung des Weges, der fast beständig sich bergauf bergab hinzieht, besteht aus vollständig grasloser Weide, auf der jammervoll magere Viehheerden zu sehen sind.
Wie sehr die Dürren der letzten Jahre gewirkt, beweisen die Verluste Bertelmann’s, der in diesem Jahre durchschnittlich 27 Stück Grossvieh wöchentlich verlor. Die Zahl seines damaligen Verlustes betrug 320 Stück, und zu bemerken ist, dass es im gleiche Massstabe allen übrigen hiesigen Viehzüchtern erging.
Von Moloá bis Kiloéa ist ungeachtet der dürren Weidestrecken die Gegend wild-pittoresk. Rechts in der Entfernung ist die Sicht des rauschenden Oceans; links krüppelige, meist niedrige, an mannigfaltigsten Früchten reiche Bäume des Waldes; in den Tiefen des Gebirges zahlreiche, absonderlich geformte, kahle Höhen, üppige Schluchten, Kesselthäler, Engthäler und zahlreiche Wasserfälle, die glitzernd gleich einem Silberband von der Höhe niederziehend etwas Leben den dürren, öden, steilen Abhängen geben und das Gebirge charakterisiren.
Ich liess — da Sonntag — die Plantage rechts in der weitsichtigen Fläche liegen, ohne daselbst einen Besuch zu machen und ritt der 6 Meilen entfernten Plantage des Hanaléi-Thales zu. Es folgt links die romantische Sicht des an Wasserfällen und Wald ziemlich reichen Kahiliwaí-Thales. Der Wald besteht nur aus niedrigem „kauhála“ und hin und wieder aus demselben hervorragend dem „hau“, „kukuï“, als auch hin und wieder Sandelbäumen, die jedoch meist krüppelig und selten erscheinen.
Nachdem ich 4 Meilen zurückgelegt und eine ver[S. 27]hältnissmässig günstige Grasfläche traf, so liess ich mein Pferd, da es vergangene Nacht wenig Futter gehabt, zwei Stunden grasen und streckte mich selbst in das nichts weniger als weiche Gras.
Als ich wieder aufbrach, entfaltete sich bald vor mir der Ocean; links tauchten üppige Zuckerrohrfelder aus dem Thale hervor und wie ich die höchste Höhe des Hochplateaus erreichte, lag unmittelbar vor mir das Haus des Mr. Hackfield und unter mir in einer Thalschlucht die reizende Bai von Hanalei, in welche sich der tiefe, durch das „Hanalei“-Thal und dessen üppige Zuckerrohrfelder lieblich sich schlängelnde und in der Nähe seiner Mündung stark austretende „Hanalei“-Fluss ergiesst. Unmittelbar an der Mündung, d. h. auf dem durch die überschwemmende Mündung gebildeten Delta liegt das kleine unzusammenhängende Dorf Hanalei. — Im Thale selbst, glatt an der Bergwand, auf deren Plateau ich mich befinde, liegen romantisch die Gebäude der reichen „Princewille“-Plantage im üppigsten Grün schattiger Bäume.
Diese Plantage ist von R. C. Wyllie gegründet worden und ist Dank ihrer günstigen Lage, ihrem Wasserreichthum und auffallender Weise durch häufigeren Regen die vortrefflichste und ertragreichste des Inselreiches. Einen Uebelstand derselben bilden die häufigen Ueberschwemmungen des reissenden Hanalei.
Von Lehúa bis Hanalei war der höchste Punkt des Weges 450′ über dem Meeresspiegel.
Nachdem ich kurzweilig die schöne Sicht genossen, kehrte ich um und ritt der glücklich gefundenen Stelle einen höchst praktischen, jedoch steilen, schmalen Zickzack-Weg zur Plantage hinab, die circa 52′ über dem Niveau des Thales, umgeben von schönen und schattigen Bäumen, liegt. Magnolien — unter denen auch die Magnolia grandiflora — reichtragende Orangen-, Pomeranzen-, Citronen-, Pfirsich-, Aprikosen-, Oliven-, Mandeln-, gewaltige Mango-Bäume, Reben mit den verschiedenfarbigsten Trauben, Ananas, stämmige und sich schlingende Rosen, Erdbeeren, eine reiche Mannigfaltigkeit zierlicher Blumen,[S. 28] hochwüchsige Rohrpflanzen und Blattstauden zieren im üppigsten Durcheinander duftend die Umgebung des Wohnhauses. Vom Wohnhause aus entfaltet sich höchst praktisch für die Verwaltung der Plantage die volle Sicht des ganzen Thales, welches mit Ausnahme der Seeseite von vulkanisch wild zerworfenen, meist öden und dürren, jedoch an Färbung reichem, waldlosen Gebirge umschlossen ist.
Das Thal ist ein überaus üppiges und schönes, in welchem sich gemüthlich leben lässt und wo ein nach Ruhe sich Sehnender ein idyllisches und, wenn er will, zugleich thätiges und dem Lande Nutzen bringendes Heim sich gründen kann. Leider ist dieses Thal klein und untheilbar und glaube ich, dass kein zweites ihm ähnliches im Inselreiche zu finden ist. Viele Jahre hat der jetzt verstorbene Mr. Wyllie gebraucht und vieles Geld verbraucht, um dieses sein Kleinod zu seiner jetzigen Gestalt und seinem jetzigen Werthe zu erheben.
Um 3 Uhr hielt ich vor der Pforte des Hauses, wo eine zahlreiche Gesellschaft versammelt war. Ich band mein Pferd an den Zaun, trat ein, stellte mich vor und erhielt sofort von Herrn Konrad, Oberinspektor der Plantage, ein Zimmer und die Einladung, einige Tage bei ihm zu bleiben. Während ich mich säuberte, erhielt ich den Besuch des Oberzuckerkochers Herrn C. Killing, den ich aus Honolulu her kannte und der die weitere Versorgung meines Pferdes freundlichst übernahm.
Die Frau Konrad ist eine gebildete, liebenswürdige Kanakin, er ist ein Deutscher sowie auch seine Beamten meist Deutsche, daher verbrachte ich einen höchst gemüthlichen Abend auf der Veranda bei erfrischendem Getränk im hellen Mondlicht und erquickender Brise. Hin und wieder fiel ein kurzweiliger Strichregen, der hier so üblich sein soll, dass die Bewohner der Plantage denselben kaum mehr bemerken.
Den folgenden Tag, den 8. Juli, wanderte ich frühzeitig hinaus und folgte dem sich schlängelnden Fluss durch die üppigen Zuckerrohrfelder, besuchte den 3 Meilen von der Plantage entfernt wohnenden Missionär Mr. Johnson, dessen Kirche und Haus am Flusse, umgeben von einem Garten,[S. 29] gelegen. Ich fand nur die Damen zu Hause und wurde aufgefordert, wiederzukommen. Als ich zur Plantage zurückkehrte, nahm ich meinen Weg über das Schlachthaus derselben, wo ich Herrn Bertelmann in vollster Beschäftigung Ochsen zu schlachten, fand — eine Thätigkeit, die die ganze Gegend seiner zu diesem Geschäfte kunstvollen Hand übergeben hatte.
Den Abend besuchte ich den 3 Meilen von der Plantage auf dem Plateau wohnhaften Mr. Hackfield. Es war dasselbe Haus, dessen ich auf meinem Herritte erwähnte und mir vom Plateau aus nahe erschien; dasselbe war jedoch durch eine tiefe Schlucht von mir getrennt und es erforderte einen bedeutenden Umweg, um das Haus zu erreichen.
Die Behausung liegt, wie gesagt, auf einem Berge mit prachtvoller Sicht auf den Ocean und das üppige Thal. Sie ist umgeben von alten, höchst schattigen Bäumen. Das Wohnhaus ist gross, einstöckig, aus Holz erbaut, mit Schindeln gedeckt, sehr geräumig, aber niedrig. Die Räume des Hauses sind ohne Möbel, nur ein grosser Schaukelstuhl war zu sehen. Der Boden der Räume ist reichhaltig mit doppelten, auch dreifachen Matten belegt. Die Matten sind zierlich in bunten Mustern aus den Fasern der Pandane geflochten. Auf diesen Matten wird geschlafen, gespeist, geliebt, geschnattert, geklatscht, gelacht und auf dem Bauche liegend die höchst saftige Pfeife geraucht. Die meisten Frauen und Männer rauchen hier im Lande. Gewöhnlich geht die Pfeife im Kreise von Mund zu Mund. Diese Pfeife ist gewöhnlich kurz und klein und oft auffallend saftig glänzend und schmierig. Der gerauchte Tabak ist meist einheimischer, der aromatisch, kräftig und wohlschmeckend ist.
Bei meinem Erscheinen wurde mir erst der Schaukelstuhl als Ehrensitz angeboten, den ich aber bald mit dem auf der Matte tauschte, da die stark im Hause vertretenen Frauen auf derselben sich niedergelassen und mir das Niederreden von der Höhe ungemüthlich und unpassend vorkam. Die Kleidung dieser Frauen wie allgemein im Lande bestand aus einer in langer Schleppe ausartenden Kapotte[S. 30] aus farbigem Zeuge und ohne Taille, d. h. von den Schultern breit niederfallend und hoch bis an den Hals ragend. Der Hals war zierlich geschmückt mit aus duftigen natürlichen Blumen kunstvoll und farbenreich verfertigten Ketten, die auffallend kunstvoll, stark und dabei zierlich gearbeitet sind. Die Verfertigung dieser Ketten bildet den Erwerb zahlreicher Frauen dieses Landes. Auf dem an Haaren reichen Haupte, die meist lose hängend getragen werden, haben sie im Freien stets, oft auch im Zimmer, unter dem Kinn befestigt, einen flachen, sehr breiten, einheimisch verfertigten Rohrhut, der ebenfalls mit natürlichen oder auch in Folge des zunehmenden Importes mit künstlichen Blumen in grellsten Farben, oft überladen geschmückt ist. Trotz dieser Ueberfüllung steht aber die grelle Farbenpracht derselben vortrefflich dem etwas dunklen Teint der Gesichter mit ihren grossen so glanzvollen und so treuen, lieblich-weiblichen Augen der Kanakinnen. Das Auge ist unwiderstreitlich die höchste Zierde ihres meist prachtvollen Körperbaues, solange ihn nicht die hier herrschende Fettsucht verunstaltet hat, und bildet den schönsten Theil ihrer mongolenartigen Kopfbildung. — Der so offenherzige Ausdruck ihres fast sprechenden Auges, glaube ich, ist die Ursache der so auffallend vielfältigen Ehen mit Europäern!
Meine Rückkehr nahm ich bergab durch das von der untergehenden Sonne glänzend beleuchtete Thal, einem im Baue begriffenen neuen Wege folgend und traf erst mit Beginn der Dunkelheit in der Plantage ein, wo man mich mit dem Abendessen erwartete.
Die Lebensweise ist hier, wie auf allen Plantagen des Reiches, eine höchst unruhige, d. h. Keiner hat Zeit. Von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang herrscht rastloses Treiben zu Pferde und zwar oft grundlos übertrieben, da eigentlich nicht viel zu thun ist.
Circa 200 Chinesen sind hier zur Arbeit angestellt und werden von den Europäern fast sklavenartig behandelt. Auch regt sich besonders hier eine merkliche Unzufriedenheit unter jenen gegen die Europäer, die gegen die arbeitsame, in das Land durch Versprechungen gelockte Nation[S. 31] oft grenzenlos ungerecht, gehässig und brutal sich benehmen.
Bemerkenswerth ist die aus Kalifornien hierher gebrachte grundlose Gehässigkeit, deren Ursache nur in der Eifersucht liegt. Sie sehen, dass der Chinese thätig, gewandt, ausdauernd und vernünftig, — wenngleich mehr Zeit gebrauchend — jede Arbeit gleich gut und für den halben Preis zu liefern im Stande ist, dass derselbe treu in seinen nationalen Gewohnheiten, nüchtern und einfach im Aberglauben seiner Tradition unter ihnen weiterlebt und trotz der auf ihn ausgeübten Unterdrückung und gesellschaftlichen Verachtung, reich wird: und das ist es, was sie ihm nicht verzeihen können.
Es ist nicht zu leugnen, dass alle Elemente dieser Plantage einer pflichttreuen, rastlosen Thätigkeit sich rühmen können, zugleich aber auch die ausgeartetste Rohheit und Bildungslosigkeit beweisen. Ein jedes Glied derselben, d. h. vom Europäer gesprochen, ist hier im richtigsten Sinne des Wortes ein kleiner Despot, der aber zugleich als Mann der Freiheit des Sozialismus sich rühmt. Die meisten derselben sind an einheimische Frauen verheirathet, daher ist ihre Häuslichkeit höchst gemischten Charakters, d. h. so zu sagen Bier oder Porter zum einheimischen „poi“ gepaart. Die Sprösslinge dieser Paarung werden meist unter dem wirksamen Einflusse der Mutter und den mystischen Legenden und Ueberlieferungen des Landes einheimisch-national erzogen. Die etwas thierisch sinnliche Tendenz der Nation, ihre eigenthümlichen traditionellen Gewohnheiten und Gebräuche als z. B. in der Kleidung, der Art des Speisens, der des Wohnens, ihren Liebesbezeugungen u. s. w. üben einen derartigen Reiz auf die Jugend und auf die Ausbildung ihres Charakters, dass man oft gerade unter diesen die schroffsten Nationalen trifft.
Um 8 Uhr ist gewöhnlich die Zeit, wo alles sich hier zur Ruhe begiebt; somit zog auch ich mich — da ich andern Tages früh wieder aufbrechen wollte — von meinem liebenswürdigen Wirthe auf das herzlichste mich verabschiedend auf mein Zimmer zurück.
Was die Rentabilität der Zuckerplantagen des Inselreiches anbelangt, so meinte der in dieser Branche höchst unterrichtete Herr Konrad, dass eine bedeutende zu erzielen wäre, wenn man im Stande ist, mit eigenem und zwar genügendem Kapital zu beginnen. Auf Schuld, meinte er jedoch, so glanzvoll sich auch die Berechnungen herausstellen würden, sei jedes solches Unternehmen zu widerrathen, da, abgesehen davon, dass hier 40–50 Procent für aufzunehmendes Kapital gefordert werden, Kapitalien überhaupt schwer im Lande zu beschaffen sind. Wenn man aber mit eigenem und genügendem Kapital, ohne Schulden zu machen, beginnt, so würde folgendes Resultat sich herausstellen:
Den 9. Juli um 5 Uhr in der Frühe war ich im Sattel. Mein Pferd in Folge der grasreichen Weide munter und muthig. Ein Floss setzte uns über den Hanalei. Dann folgte ich dem Flusse abwärts in dem bei den hiesigen Pferden so eigenthümlichen, sehr bequemen Pass-Galopp, an der Behausung Johnson’s vorbei, dann bergauf, bergab bei prachtvoll sich entfaltenden Gebirgsscenerien durch üppige Schluchten, zahlreiche reissende Bäche und zahlreiche Wasserfälle. Stellenweise in Sicht des von der Sonne glänzend beleuchteten Oceans erreichte ich das tief in das Gebirge ziehende, an Vegetation üppige Waióli-Thal, welches die grosse Reisplantage des reichen Chinesen „Afong“ mit gediegenen chinesischen Bewässerungseinrichtungen einnimmt und die vollste Beachtung verdient.
Das Thal quer durchritten, führte mich ein sehr schmaler Geröllweg oft so nahe an den Ocean, dass die heftig schäumende Brandung desselben mir das Gesicht netzte und ich oft links hart der steilen Felswand entlang durch die Brandung hindurch reiten musste, bis ich Naue, die Behausung des Herrn Robinson, 10 Meilen von Honalei erreichte (gerechnet werden 10 Meilen, sicher aber sind es 12, da ich bei ziemlich scharfem Ritte fast 2 Stunden gebraucht hatte).
In vielen Zeiten des Jahres, namentlich wenn der heftige Südsturm, der „Kona“, herrscht, soll Herr Robinson nicht zu erreichen und ihm jegliche Verbindung mit der Insel genommen sein, da er von einer steilen Felswand vollständig umschlossen ist.
In einer kleinen grasreichen Fläche liegt sein Haus, welches mittelgross, in echt nationalem Stile erbaut ist. Die Wände desselben bestehen aus einem doppelten, sehr festen Grasgeflecht, desgleichen auch das Dach. Diese Grasbedeckung vereitelt jede durchdringende Wirkung der Sonnenstrahlen und des Regens und ist von einer ausserordentlichen Dauerhaftigkeit. Das Haus hat keine Oberlage und ist in drei überaus kühle Räume durch Matten getheilt. Diese Räume haben keine Möbel; an deren Stelle bedecken den Boden saubere, in buntesten Mustern ge[S. 34]flochtene Matten, die in mehreren Ueberlagen eine höchst bequeme Ruhestätte bieten und auf welchen zahlreiche Kissen zur Bequemlichkeit und viele leere und gefüllte Flaschen mit Branntwein („Gin“ und „Whisky“) und Hopfenbier zerstreut umher liegen.
Bei meiner Ankunft wurde ich vom Besitzer und seiner etwas dunkelfarbigen, doch höchst liebenswürdigen Frau freundlichst aufgenommen und sofort mit gutem „Whisky“, sehr bitterm Hopfenbier und Zwieback bewirthet.
Nach kurzweiliger Stärkung und Rast bestieg ich mein Pferd und ritt einen unbeschreiblich beschwerlichen Weg zu den Grotten von Haéna, die an der nordöstlichen Spitze der Insel gelegen.
Der Grotten sind drei: Sie liegen am Fusse eines circa 2500 Fuss hohen Abhanges mit einem einzigen Eingang, der 12 Fuss breit. Stalaktitartige Säulen ziehen sich von circa 20 Fuss Höhe bis fast zum Boden, gleich als ob sie die natürliche Form der Kuppel tragen würden.
Die erste Grotte ist circa 200 Fuss im Quadrat. Von dieser Grotte aus führt rechts eine offene Spalte in die zweite und zwar grössere Grotte, die man nur in einem kleinen „Káno“ besuchen kann. Diese zweite Grotte ist das sogenannte Bassin der „Wa-i-aka-a-lúa“ (Wasser der Schrecken). Mit einiger Mühe könnte man zu Fuss die Umfassung des Bassins umklettern, doch ist dieses nicht rathsam, da die Steine glatt und das Wasser eine Tiefe von 100 Fuss haben soll. Demungeachtet versuchte ich es dennoch, kam aber eiligst von meinem Vorhaben zurück, da mir die Glätte und ein ganz sonderbares Gefühl von Lebendigkeit der Steine höchst zuwider wurde. Die Farbe des Wassers ist auffallend klar und durchsichtig. Beim Hineinwerfen eines kleinen Steines ist es stark, ohne jegliches Hineinwerfen schwach phosphorescirend. Von dieser Grotte begiebt man sich — und das ist nur im „Káno“ möglich — bei verhältnissmässig angenehmer Atmosphäre, durch eine vulkanisch geformte Arche in die dritte Grotte, die die grösste ist. Hier ist das Wasser unermesslich tief und weniger klar. In demselben zeigen sich[S. 35] unheimlich hin und her langsam auf und ab sich bewegende, schwefelfarbige Gewächse. Die gigante Kuppel, die die hohe Decke der Grotte bildet, giebt einen für den geringsten Laut überraschenden Widerhall, da jeder Laut sich bedeutend stärker und intensiver wiederholt. Dieser See heisst Wa-i-akána-lóa (Wasser der grossen Verzweiflung).
Diese Grotten, die unmittelbar am See gelegen, sind unzweifelhaft die Endpunkte uralter Lava oder vulkanischer Wassergänge, wie es ihrer so viele neuerer Bildung im Inselreiche giebt, mit dem Unterschiede nur, dass diese alter Bildung sind und durch langen Ruhestand zu stalaktitartigen Ausbildungen Zeit gehabt haben.
Von hier nahm ich, wo es mein Weg nur irgend wie ermöglichte, im raschesten Tempo meinen Weg nach Hanalei zurück. Recht hungrig hielt ich vor der Thüre des Missionärs Johnson, in der Hoffnung, eine materielle Stärkung bei ihm zu erhalten, da es hier keine Gasthäuser oder Restaurationen giebt und ich den ganzen Tag, mit Ausnahme einiger Zwiebacke, die ich bei Robinson erhalten, nichts genossen hatte.
Ich fand leider den ehrwürdigen Seelsorger nicht. Seine beiden Töchter empfingen mich auf das Herzlichste. Nach kurzer Unterhaltung und ohne jegliche Erfrischung brach ich auf, an der Plantage vorbei, den Zick-Zack-Weg bergauf und im festen Galopp über Berg und Thal erreichte ich die Plantage Kilauéa, wo ich — da es schon 5 Uhr Abends war und ich demnach fast 12 Stunden mit wenigen Unterbrechungen im Sattel gewesen und mein Pferd, das nur kurzweilig bei Robinson gegrast hatte, von der Parforcetour von mindestens 40 guten englischen Meilen ermattet war — um Einkehr bitten wollte. Zufällig traf ich den rothäugigen, kleinen, kräftigen Mr. Chs. Titcomb auf dem Felde und trug ihm sofort mein Anliegen vor. Zu meinem grossen Erstaunen schlug er mir meine Bitte kurz und bündig ab und rieth mir, zur Nacht nach Moloá zu seinem Schwiegersohn Bertelmann zu reiten. Da zufälliger Weise derselbe im hiesigen Schlachthause sein sollte, so ritt ich[S. 36] dahin und wurde nach herzlicher Begrüssung nach Moloá zur Nacht eingeladen, wo ich um 7 Uhr eintraf und wo zu meiner Verwunderung Bertelmann, der mit besserem und frischerem Pferde geritten war, mich schon längst erwartete.
Den Abend plauderten wir noch lange über die günstigen Verhältnisse des Landes, die zunehmende Sterblichkeit des Viehes, das alljährliche Abnehmen des Grases, die abnorme Sterblichkeit der Eingeborenen, über Herrn Titcomb, über Frau Bertelmann’s rheumatische Leiden, über Deutschlands Einigkeit, die allgemeine stete Uneinigkeit, über chinesische Kulis und die der Südsee-Inseln, über Himmel, Sterne und Kometen, über die Verwüstung der Waldungen, über vulkanische Eruptionen, über Schlachtmesser, über die Liebe und über Schleifsteine — kurz gesagt: an Vielseitigkeit der Gedanken fehlte es nicht, auch nicht an Humor, obgleich wir beide viel harte Sorgen und Schläge des Schicksals im Leben getragen hatten und noch zu tragen haben.
Herr Chs. Titcomb, der so unerwartet und so gegen die hiesige Üblichkeit mir ein Obdach versagt hatte, ist jedoch eine so merkwürdige Persönlichkeit und charakterisirt derartig die in dem Inselreiche sich niedergelassenen Europäer, dass es von Interesse ist, diesen Mann und seine thätige Laufbahn im Lande zu beschreiben.
Mr. Chs. Titcomb ist Engländer von Geburt, Engländer im Charakter und Engländer in seinem ganzen Wesen, d. h. im Allgemeinen kalt, barsch und unfreundlich; geschäftlich kurz, bündig und klar; in seinem Wirkungskreise tüchtig und energisch.
Als er in das Land kam, richtete er mit wenig Mitteln im Kleinen eine Seidenraupenzucht im Thale von Hanalei ein. Die Maulbeerbaum-Anlage derselben kam vortrefflich fort. Auf sichere und reiche Erträge rechnend, verschrieb er aus China und Japan die besten Puppen. Im Besitze gut ventilirter grosser Räumlichkeiten und von Allem, was zur Beförderung des Unternehmens erforderlich war, schien es unzweifelhaft, dass sein Unternehmen gleichwie es im Kleinen gewesen, auch im Grossen günstige Resultate auf[S. 37]weisen würde. Es fehlte ihm jedoch die richtige Arbeitskraft, d. h. in derselben das Verständniss, die Ehrlichkeit und der Fleiss. Die Indolenz der Kanaken brachte ihn fast aus der Fassung; er gab den Gebrauch der Männer auf, benutzte nur Frauen, und es ging besser: er erzielte Cocons vorzüglicher Qualität.
Das Beispiel wirkte und bald legten sich diese bei ihm arbeitenden Frauen, bald auch andere bei sich zu Hause im Kleinen auf die ihnen sehr zusprechende Raupenzucht mit auffallendem Gelingen, sodass der sichere Glaube erwachte, dass durch diese Industrie bald dem ganzen Lande eine glänzende Zukunft eröffnet werden würde, da die klimatischen Verhältnisse, der fruchtbare Boden unzweifelhaft, wie es Titcomb bewiesen, die Entwicklung dieser Industrie begünstigen.
Die Seidenraupe erfordert bekanntlich eine ununterbrochen pünktliche, sorgfältige Pflege und Aufsicht, und gleich jedem lebenden Wesen keine sonntägliche Ausnahme in der Ernährung. Die sonntäglich sich wohlnährenden Herren Missionäre waren jedoch anderer Ansicht; sie erzwangen durch ihren damaligen bedeutenden Einfluss von der Regierung ein Gesetz, durch welches jede Arbeit am Sonntag gegen harte Strafe verboten wurde. Dieses soll, wie man sagt, eine kleine Rache gegen den nicht genügend kirchlich gestimmten Titcomb gewesen sein.
Natürlich konnte Titcomb diesem Gesetze keine vollständige Folge leisten; er zahlte die erhobenen Strafen ohne Widersetzung, blieb aber nothgedrungen dabei, an Sonntagen seinen sich bedeutend vermehrenden Raupen das erforderliche Futter reichen zu lassen bis endlich die erzürnten Missionäre — da sie die Fruchtlosigkeit ihrer Rache gegen Titcomb sahen — auf den Gedanken kamen, den Frauen das Erscheinen zur Fütterung der Raupen am Sonntag auf ihr Seelenheil hin von der Kanzel aus zu verbieten. Die abergläubischen Leute glaubten der Drohung und in Folge ihres Ausbleibens kamen eine Unmasse Raupen um.
Titcomb war ruinirt, es blieben ihm jedoch treu die[S. 38] Eigenschaften seiner Nationalität: der Stolz, der Muth, die Hartnäckigkeit und die Ausdauer.
Mit erneuerter Energie legte er sich auf den hier so leichten und dabei rentablen Kaffeeanbau, eine Pflanze, bei der die sonntägliche Ruhe und Rast ohne Schaden beobachtet werden konnte. Durch Umsicht und rastlosen Fleiss gelang es ihm, in Verbindung mit einer damals günstigen Viehzucht ein wohlhabender Mann zu werden, und ist er augenblicklich im Begriff aus Kiloéa eine rentable Zuckerplantage zu creiren.
Der Insel war freilich durch diesen kleinlichen Neid der Missionäre und einer gewissen Kurzsichtigkeit der Regierung das Aufblühen einer ihr gewinnreichen Industrie — die wahrscheinlich sich über das ganze Inselreich verbreitet hätte — im Keime erstickt worden. Doch glaube ich fest, dass noch einmal die Seidenraupenzucht im Inselreiche wieder eingeführt werden wird, da der Boden und die klimatischen Verhältnisse desselben das günstige Gedeihen des Maulbeerbaumes fördern, und die Nation für die Seidenraupenzucht ihrem Charakter nach höchst geeignet ist.
Den 10. Juli um 8 Uhr Morgens verliess ich die lieben Bertelmann’s und eilte im nationalen „Pass-Galopp“, ohne mich auf dem Wege aufzuhalten, zurück nach Lehúa, wo ich um 11 eintraf.
Der Dampfer „Kilauéa“ sollte am selbigen Tage um 4 Uhr von Kolóa nach Honolulu abgehen, und da ich die Gelegenheit benutzen wollte, mein Pferd aber 26 engl. Meilen in 3 Stunden gemacht hatte und ermüdet war, so ritt ich noch zwei Meilen hinab, nach Navillivilli, zahlte Lowell für meinen Ritt durch die Insel 13 Dollar und erhielt ein frisches, sehr rasches Pferd für die 12 engl. Meilen weite Strecke nach Kolóa, die ich dann auch im gestreckten Galopp in einer Stunde zurücklegte. Um 1 Uhr verliess ich Navillivilli, um 2 war ich am Hafen von Kolóa, um 4 auf der Kiloéa, und um 5 steuerten wir in die sehr wilde See. In der Insel Kauai — dank dem über die verhärtete Lavamasse dick gelagerten Humus, dank dem im Verhältniss zu den anderen Inseln grösseren Reichthum an[S. 39] Bächen und Flüssen und an günstig gelegenen Thälern, deren Fruchtbarkeit eine wuchernde ist, dank dem hier früheren Erlöschen gewaltiger Krater, wodurch dem Boden eine längere Ruhe zur Bildung der hier so üppigen subtropischen Vegetation geboten war, — ist die Flora und namentlich die Mannigfaltigkeit der Blüthen derselben eine bemerkenswerthe.
Der erste Eindruck der Insel bei der Landung ist, wie schon früher erwähnt, der einer wilden, wüsten, vulkanischen, unwirthlichen. Es umgiebt dieselbe eine steile, von alten Lavaausflüssen oder heftiger Brandung ausgehöhlte Felsenküste, die in ihrer Farbe düster, in ihrer Form scharf durchlöchert und rauh, oder aber gerundet ist, wo der Einfluss der Woge gewirkt. Die Umgebung dieser Küste bilden zahlreiche schwarze Riffe, die finster drohend aus dem hier stets unruhigen Ocean meist konisch hervorragen. Unzählige kleine seichte Buchten, Einschnitte, Landvorsprünge, die, entblösst von jeglicher Vegetation, dürr und kahl sind, bilden das starre Ufer, welches der Engländer so charakteristisch „the iron bound coast“ benennt.
Ein gleiches Bild entfaltet der ganze Kreis der Küste der Insel; hauptsächlich jedoch ist es der Charakter von Kolóa. Hier ist die Landung nicht nur beschwerlich, sondern oft unmöglich, da entweder das Wasser zu seicht, wenn der Wind vom Lande weht, oder aber zu unruhig, wenn der Wind vom Ocean, der „Kona“, herrscht. Es soll oft vorkommen, dass Schiffe kurz vor Kolóa gezwungen sind, ohne zu landen nach Honolulu zurückzukehren, um eine günstigere Zeit zu erwarten.
Die Insel Kauai bildet das nordöstliche Ende des Hawai-Archipels. Die Entfernung von Honolulu wird auf 110 Meilen gerechnet. Die heftige Strömung des Kanals ist die Ursache, dass Segelschiffe 28 Stunden zur Ueberfahrt gebrauchen, und sollen Fälle gewesen sein, wo letztere 7–8 Tage erfordert hat.
Nach einem sehr guten Mittag und einer Unterhaltung mit dem Kapitain, einem auffallend dunkelfarbigen Europäer, über den saubern, netten Dampfer, über die zahlreiche,[S. 40] höchst seekranke Gesellschaft, die meist aus Kanaken, ihren Weibern und Kindern bestand, zog ich mich bei recht stürmischer See in meine saubere Koie zurück, mit der Absicht, erst in Honolulu zu erwachen.
Den 11. Juli um 6 Uhr Morgens lag vor uns die Küste von Oahú, die wir auf Schussweite umfuhren. Sie ist ähnlich der von Kauai. Bald nach 6 die Sicht der glanzvollen Felsmasse des „Diamond-Head“, gleich darauf die Honolulu’s und ihrer Bai, und nach 13stündiger Fahrt hielten wir vor der Werfte des Dampfers.
Meine vor 11 Tagen verlassene Behausung fand ich in bester Ordnung und viele Briefe vor. —
Nachdem ich mich 11 Tage in Honolulu erholt hatte, richtete ich wiederum mein Sattelgepäck, da ich folgenden Tags aufbrechen wollte, um die Inseln Maui und Hawaii zu besuchen. —
Ausflug von Honolulu zur Insel Maui und Ritt durch dieselbe.
Den 23. Juli um ½5 Abends begleiteten mich einige Freunde zu dem von Passagieren überfüllten Regierungsdampfer, der „Likelike“, der eigentlich eher ein grosser, ziemlich unsauberer Dampfkasten zu nennen ist, der Alters wegen stets in Reparatur und ich glaube, nie wieder in Stand gesetzt werden kann und ähnlich einem Greise ist, bei dem die Wunden nicht mehr heilen wollen. Um 5 praecise ging der Dampfer bei heftigem Winde, prachtvoller Beleuchtung der Insel und der Bai, schwankend ab.[S. 41] Bei jedesmaliger Einfahrt in die Bai oder Ausfahrt aus derselben fesselte meine vollste Aufmerksamkeit die sonderbar contrastirende Konstellation derselben und ihres pompösen Hintergrundes.
Es verknüpft in dem sich hier entfaltenden Bilde die Natur gleichsam zu einer eigenthümlichen Zeichnung, die die Resultate der regen Thatkraft des Menschen mit drei deutlichen Produkten des vulkanischen Grundelementes verbindet. Rechts am Ufer und quer der Länge nach durch die ganze Insel in sanftem Bogen zieht sich ein Gebirge schroffer, starrer, vulkanischer Felsmassen mit ihren charakteristischen Aushöhlungen und napfartigen Vertiefungen alterloschner Krater. Unmittelbar diesem Gebirge angrenzend zeigt sich die auf vulkanischem Humus üppig entstandene Vegetation von Honolulu und die des Thales von Nuúanú. Rechts von letzterem, längs einer starren, auffallend glänzenden Felswand, bis dicht an den Ocean sich ziehend, erblickt man die schlanken Stämme der den Strand und das Brackwasser liebenden Cocus-Palmen, des lieblichen Haines von Waikiki mit dem so auffallenden Abglanze der Sonne auf das frische Grün ihrer majestätisch gerichteten Blätter und ihrer blendend weissen, weit in die Ferne glänzenden Blüthenscheiden. Links von dem „Nuúanú“-Thale entfaltet sich eine schattenlose, öde, von vulkanischem Lava- und Felsengeröll bedeckte Ebene, die wild und unwirthlich bis an und in den brandenden und schäumenden Ocean sich zieht. Nur hin und wieder ist diese Ebene und zwar spärlich mit verkrüppeltem Gebüsch, Kräutern, Distelarten und rauhen Gräsern bewachsen. In dieser unwirthlichen Ebene erscheint gleich einer Oase eine neu angelegte chinesische Reisplantage im üppigsten Grün als deutlicher Beweis, dass die Strecke mit ausdauerndem Fleiss cultivirt werden kann.
Es ist demnach gleichsam das treue Bild der unmittelbaren Verknüpfung von 3 Formationen des vulkanischen Grundelementes: der geognostischen, der vegetabilischen und der des Ueberganges von einem zum andern. Das Produkt der ersten trägt das Gepräge der unveränderlichen[S. 42] Starrheit, das der zweiten das Gepräge der mächtigen Naturkräfte des organischen Lebens und das der dritten endlich das Gepräge der Erweckung aus der Starrheit zum wandelbaren organischen Leben durch die Kraft der Natur und den Fleiss des Menschen. Kurz gesagt, vor uns liegt hier in kleinem Raum zu einer Kette oder richtiger gesagt, zu einem Ringe mit der Tiefe des gewaltigen Oceans geschlossen ein klares Bild der vulkanischen Entwicklungskraft, d. h. der Entwicklung des vulkanischen Urelementes in seiner starren Produktion und der der mächtigen organischen Naturkraft mit Beihülfe des menschlichen Fleisses aus und auf einer vulkanischen Grundlage, ein Bild der Produktion, des Entstehens des grünenden organischen Lebens.
Nach einer recht stürmischen Fahrt hielten wir um zwei Uhr in der Nacht vor dem lieblich gelegenen, von den Bergen eng umschlossenen Hauptstädtchen der Insel Maui, dem saubern Lahaïna, und um 5 Uhr landeten wir in der zugigen, unruhigen „Maalaéa“-Bai. Gelandet, bestiegen wir einen offnen uralten Rüttelkasten, mit 2 Pferden bespannt, den man Wagen nennen sollte, und auf fast spurlosem Wege über Steingeröll, bald hügelauf, bald hügelab, durch Gräben, über Wälle, gerüttelt und geschüttelt, jedoch in überraschend kurzer Zeit erreichten wir das 5 englische Meilen von der Bai entfernte Städtchen Waìlúku.
In der „Masonic-Hall“ fand ich, Dank meinem Reisebegleiter Mr. Bryant, einem Freimaurer, in seinem Zimmer ziemlich gute Unterkunft. Mr. Bryant, ein richtiger englischer Gentleman war aus Europa hierher mit dem Vorhaben gekommen, sich anzukaufen, und mit Zuckerplantagen sein Glück zu versuchen. Den nächsten Tag beschloss ich mit ihm einige derselben zu besuchen.
Die Strecke vom Hafen bis Waìlúka ist die stürmische Sandfläche oder dünenreiche Landenge Kóla — eine schmale hügelige Fläche, die Ost-Maui von West-Maui trennt und deren Lavageröllunterlage und dünenartige Lavabildung der Oberfläche das treue Bild der Vereinigung von 2 vulkanischen Inseln durch gewaltige Lavaausströmungen gibt.
Die jetzt durch die Fläche von Kóla vereinigte Doppelinsel Maui bestand früher aus 2 Inseln: 1) Der östlichen und grösseren mit ihrem gewaltigen, breit bis an das Ufer auslaufenden 10,300 Fuss hohen, öden, starren aber auffallend glänzenden Vulkan „Hale-a-Kála,“ dessen Uferkante oder allmählich steigende an Schluchten reiche Sohle von Zuckerrohr und Kaffeeplantagen fast rundherum besetzt ist, 2) der westlichen, kleineren, sehr wild gebirgigen und an Zahl der Krater reichen Insel, an deren westlicher Seite Lahaïna, der Sitz des Gouverneurs von Maui und seiner Regierungsorgane liegt und wo der romantische, in der hiesigen Geschichte berühmte „Wailuku“-Pass die Stadt Wailuku resp. durch die Landenge von Kóla, Ost-Maui mit Lahaina über Land verbindet und, wie man sagt, einen höchst beschwerlichen jedoch interessanten, an Vegetation üppigen Weg bietet. Zu diesem Pass führt der Weg durch das enge „Wailuku“-Thal, welches ein wilder Gebirgsbach, der ursprüngliche Jao, jetzt Wailúku genannt, mit starken Windungen seiner Bahn reissend durchzieht und der einen dem Lande unvergesslichen geschichtlichen Ruf hat, da 1780 Kamehámehá I., der Grosse, in diesem Engthal das tapfere Heer des Königs Kahekili von Maui in einer blutigen Schlacht vernichtete. Seitdem wurde dem Flusse der Name „Wai-lúku“ gegeben, d. h. „Wasser der Vernichtung.“ Seinem Hauptniedersturze wurde der Name „Keh-poni-wai“ d. h. „Dämmung des Wassers“ gegeben, weil hier die Ansammlung von Leichen während der Schlacht die Strömung hemmte. Die Schlacht wurde „luku“, d. h. die der Vernichtung benannt. Die Plantage, zu der Wailúku gehört, ist die sogenannte „Brewer“-Plantage, deren Verwalter der liebenswürdige Mr. Baylay ist. Die reich tragenden Felder derselben umgeben den Ort. Die Zuckermühle, sämmtliche Gebäude der Plantage, bilden den hauptsächlichsten Theil des recht freundlich mit Gärten und Alleen versehenen zu einer Stadt angelegten Fleckens.
Den folgenden Tag, nachdem ich mich durch ein vorzügliches Douche-Bad erfrischt, im chinesischen in der Nähe der Mühle am Jao in der Hauptstrasse gelegenen Restaurant[S. 44] gefrühstückt hatte, besuchte ich die Plantage und wanderte später, nach Besichtigung der Fabrik, die ausserordentlich vollständig eingerichtet ist, durch die ausgedehnten Felder derselben. Ich fand lange nicht die Ueppigkeit der Plantagen der Insel Kauai; demungeachtet soll aber, wie man mir sagt, das hiesige Rohr sehr ertragreich und saftigerer Qualität als das der Insel Kauai sein.
Die Lage des Ortes ist eine schöne. Von einer Seite, d. h. links erhebt sich romantisch das vulkanisch wildzerrissene Gebirge von West-Maui, welches wie die meisten Gebirge des Inselreiches durch die zahlreich hervorragenden, scharfen Spitzen, tiefen Engschluchten, scharfen Einschnitte oder Spalten, die gefüllt mit üppigster Vegetation sind, charakteristisch ist. —
Das Gebirge ist meist in einen dunstartigen Nebel gehüllt, während die Küste und die Niederungen stets sonnig erscheinen und selten Niederschläge oder Nebel haben, d. h. es scheint, sozusagen, als ob das Gebirge die Feuchtigkeit der Atmosphäre an sich ziehen würde.
Von der entgegengesetzten Seite, rechts über die beständig rothen Staub wirbelnde Enge von Kóla hinweg, erhebt sich der mit seinen dunkelgrünen Zuckerrohr- und Kaffee-Plantagen, kleinen idyllischen Hainen, sowie üppig bepflanzten Abhängen ganz Ost-Maui einnehmende gewaltige „Háleakála“. Derselbe im beständigen Sonnenschein, in der Höhe vollständig waldlos, durch seine intensiven Schattenflecken seiner stets glänzend schimmernden Spitze wird der „Palast der Sonne“ genannt.
Die beiden andern Richtungen liefern das Bild der gelungenen Resultate menschlichen Fleisses und der Kraft der zeugenden Natur.
Der Eindruck der Bevölkerung des Ortes ist ein eigenthümlicher durch die Mannigfaltigkeit der Nationalitäten, namentlich der Chinesen, die hier zahlreich vertreten sind, und der Südsee-Insulaner, die höchst geeignet für das Land man progressiv in das Inselreich einzubringen gedenkt. Man ist hier oft im Zweifel, ob man noch im Königreiche Hawaii sich befindet, da namentlich die Hauptstrasse des[S. 45] Ortes von Chinesen derart überfüllt ist, dass die Laute ihrer dem Europäer unverständlichen und daher unharmonisch erscheinenden Sprache die anderen übertönen. Dieser im Allgemeinen dem Europäer antipathischen Nation verdankt man jedoch die Möglichkeit, hier verhältnissmässig gut zu speisen, wenn erforderlich auch Unterkommen und zwar für sehr humane Preise zu finden.
Den folgenden Tag ritt ich zur grossen „Waikapú“-Plantage der Mr. Cornwell & Co., die auf dem Wege zur „Malaéa“-Bay überaus malerisch liegt. Rechts hat dieselbe eine überaus prachtvolle Sicht auf den glänzenden Hallea-kála und den ebenfalls glänzenden Ocean, links auf die üppigen Zuckerrohrfelder, durch die der Weg nach Wailúku über ein stark hügeliges Terrain führt. Den Hintergrund der Plantage bilden die zahlreichen Wohn- und Fabrikgebäude derselben und, diesen wiederum anschliessend, als Hintergrund das das Centrum West-Mauis durchziehende, schwachgrünliche, bunt durchworfene, an intensiven Schattirungen reiche Gebirge.
Das Wohnhaus des Mr. Cornwell liegt auf einer Central-Anhöhe, die die hügelige Plantage im Umkreise beherrscht und die von einer schattigen, an Diversität der Pflanzen und duftender Blüthen reichen Gartenanlage umgeben ist. Das Ganze trägt im Innern gleichwie im Aeussern den Ausdruck eines bedeutenden Wohlstandes, Anstandes und gediegenen Geschmackes.
Ich fand nur die Damen zu Hause, die mich mit britischernster Steifheit, jedoch mit der ihrer Nation angeborenen Liebenswürdigkeit auf der kühlen Veranda des Hauses empfingen.
Um 1 Uhr war ich zu Mittag wieder in Wailúku. Nach beendeter Mahlzeit bei dem Chinesen, wo die unverheiratheten Beamten der Plantage täglich speisen und unter denen angenehme Männer zu finden waren, unternahm ich einen Gang in das „Wailúku“- oder richtiger „Jáo“-Thal, dem reissenden Bach aufwärts folgend, dem „Wailúku“-Passe zu.
Anfangs münden zahlreiche Entwässerungsgräben der[S. 46] hochliegenden Zuckerrohrfelder in den Bach, und zahlreiche Ausflüsse desselben ziehen sich in die Bewässerungsgräben der tiefer liegenden Felder. Je höher, desto mehr nimmt das wilde Geröll des Bachbettes zu und um desto rauschender und plätschernder wird der an scharfen Biegungen und Stürzen so reiche Jáo.
Das romantische, schmale Thal ist charakteristisch in der auffallenden Stille der Natur. Es zeigen sich wenig Vögel, wenig Thiere, im Allgemeinen wenig Zeichen wandelbaren Lebens!
Nur hin und wieder huscht eilig, gleichsam aus Versehen, ein bunter Vogel kreischend durch das Gebüsch. Ein unaufhörliches Geräusch bilden jedoch in dieser sonst stillen Natur der bald rieselnde, bald stürzende Bach, das unaufhörliche Tosen der ruckweisen Brandung des unsichtbaren Oceans, und das unaufhörliche Rasseln der Blätter der Pandanen.
Das Engthal ist schmal, stellenweise einer Spalte gleich und durchweg schön zu nennen. Die meist steilen Böschungen desselben, an die sich die üppigste Vegetation strotzend hinaufzieht, ist bemerkenswerth. Die Vegetation, die nur hin und wieder quasi hochstämmig ist, besteht aus dichtem, üppig hohen, immer grünem Gebüsch, giganten Nesselgewächsen, Mimosen, prachtvollen Cannaceen, Farren in auffallender Mannigfaltigkeit, Pandanen, Bananen, Thyphaceen, und in den zahlreichen quelligen Stellen hohem Schilfgrase u. s. w.
Das Thal ist ziemlich besetzt von kleinen, niedrigen, oft recht zierlichen Häusern und zahlreichen Grashütten der Eingebornen, die meist in den feuchtesten Stellen gelegen, von kleinen „tarro“-Anpflanzungen umringt sind, und deren Einwohner, namentlich deren Kinder scheu bei meiner Sicht flüchteten, scheuer als das liebe Vieh, welches stellenweise weidend sich im Gebüsch des Thales zeigt. Dieses Vieh ist meist mager und höchst verwildert.
Je höher, desto üppiger wird im dichtesten Gewebe mannigfaltigster Schlingpflanzen — namentlich der Orchideen — die hohe Strauch- und Farren-Vegetation und wilder,[S. 47] steiler und zerrissener das Gebirge, jedoch ist der Pfad trotz einigen recht quelligen Stellen und an Steile merklich zunehmend, verhältnissmässig bequem.
Nachdem ich circa 6 engl. Meilen gemacht, verengte sich das Thal plötzlich, und ein schroffer Vordergrund zeigte sich mit dem von einer Höhe von circa 500 Fuss glänzend niederstürzenden Bache.
Diesen Vordergrund bilden die romantisch schönen, sehr wild zerrissenen Schlussgebirge des Thales, an dessen Abhang die früher erwähnte „Schlacht der Vernichtung“ stattgefunden haben soll und die für die Hiesigen den beschwerlichen Uebergang nach Lahaïna bilden, wenn sie nicht den fahrbaren, weiteren Weg um das Gebirge, der westlichen Küste entlang, vorziehen. Um 5 war ich wieder in Wailúku, wo mir nach einer dreistündigen Gebirgstour der „Cörry“ und Thee bei meinem chinesischen Versorger vortrefflich mundete. Den folgenden Tag machte ich mit Sir Bryant eine Ausfahrt zu mehreren Plantagen, die sich alle eines lebhaften Betriebes und Zeichen der Ueppigkeit rühmen dürfen.
Die „Waïhae“-Plantage der Gebrüder Makeé wollte er kaufen, da er, wie er mir sagte, eine bedeutende Forderung auf dieser Plantage liegen habe. Diese Plantage ist in allen Beziehungen eine gelungene zu nennen. Sie zeigt nach allen Richtungen hin einen üppigen Stand des Rohres, kostspielige Einrichtungen und ausnahmsweise einen gewissen Sinn ihrer Besitzer zur Erhaltung oder Wiedererzeugung des Waldes durch Haine, die zierlich gepflanzt hin und wieder zu sehen sind.
Den Abend hatte ich das bunte Treiben eines hiesigen Fischmarktes, der alle Sonnabende in Wailúku abgehalten wird und an Qualität und Quantität seiner Meeresprodukte, an Verschiedenheit der ihn besuchenden Nationalitäten und den Farben- und Blumenschmuck der zu demselben erscheinenden Kanaken höchst bemerkenswerth war, genossen.
Den folgenden Tag — ein stiller englischer Sonntag — benützte ich, um die circa eine Meile entfernte, römisch-katholische St. Antony-Kirche zu besuchen, die hübsch ge[S. 48]schmückt und lieblich am Meere liegt. Ausser den höchst liebenswürdigen geistlichen Herren, dem höchst anmuthigen Gottesdienst, zu dem namentlich die glockenhellen Stimmen der festlich gekleideten einheimischen Kinder viel beitrugen, ist der Gang hin und zurück mit günstiger Sicht auf das Städtchen, auf das Gebirge, die üppigen Plantagen, den Ocean und den stets klaren, leuchtenden Háleakála ein höchst anmuthiger und interessanter.
Die Kirche ist klein, aber schmuck gebaut und gut erhalten. Sie ist umgeben von den der Kirche gehörenden Schulgebäuden, den Priester-Lokalitäten und dem duftigen Schatten alter Bäume. Das Ganze trägt den ausdrücklichen Stempel der Ruhe. Die sich versammelnde recht zahlreiche Gemeinde zeigt den Ausdruck der Zufriedenheit und Einigkeit. Ob dieser Eindruck durch die Wahrheit oder nur durch hyppokritischen Schein hervorgerufen, lasse ich dahingestellt sein, da in einem Lande, wo die englische Scheinheiligkeit dominirt, die Gewissheit, dass diese Zeichen der Religiosität aus dem Grunde der Seele kommen, schwer zu ermitteln ist.
Still wie die Hawaiische Natur, ist auch die von den Engländern importirte heilige Stille des Hawaiischen Sonntags. Kein geselliger öffentlicher Verkehr findet statt, selten ein heiteres Gespräch, so lange man unter den Augen der Oeffentlichkeit steht. Zwischen 4 Wände geschlossen, da ändert sich das Wesen vieler „Stillen“ bedeutend, denn, wie gesagt, „Scheinheiligkeit“ ist und bleibt die Standarte, um die sich Britanniens Macht und Einfluss sammelt und unter der sie alles fremde Element zu bannen strebt.
Höchst interessant ist in Wailúku die „poi“-Manufactur des J. B. Kanána. Er gebraucht zur Bearbeitung desselben 24 Mann. Die Zermalmung des „tarro“ wird durch ein Göpelwerk mit zwei Pferden betrieben. Die „tarro“-Wurzel wird hierzu erst gekocht, alsdann von der Haut befreit und in der Quetschmühle zu einem Teig verarbeitet. In diesem Zustande wird er per Pfund à 2 cents zum Verkaufe versendet.
Es soll eine Bahn von Kahúlui, d. h. vom Hafen der[S. 49] „Malaea“-Bai über Wailúku und die Ebene von Kóla nach Hawakopúku gebaut werden, um den Transport der Produkte der Plantagen von Ost-Maui zu erleichtern. Von Kahúlui findet eine regelmässige, direkte Segelschiffverbindung mit San-Francisco durch die sog. „Spreckels & Co.-Line“ statt.
Den Abend accordirte ich ein Pferd für 5 Dollar, zum Ritt durch West-Maui, und ordnete mein Gepäck, um den folgenden Tag frühzeitig aufbrechen zu können.
Den 29. Juli erwachte ich mit aufgehender Sonne und war um 7 Uhr im Sattel. Mein Weg führte an der katholischen Kirche vorbei, dem Strande entlang zur Landenge von Kóla, wo mich ein heftiger, Sand- und Lavastaub aufwirbelnder Sturm und zugleich ein feiner Spritzregen bei hellem Sonnenschein empfing.
Die höchst unwirthliche Fläche der Landenge besteht aus Lavageröll, hoch sich thürmenden, durch die verwitterte Lava farbig gemusterten Dünen, dürrer Weide, Lagunen, glatten Lavaflächen und Alkali-Ablagerungen; sie ist, kurz gesagt, eine wüste Strecke mit nur wenigen Ansiedlungen, in deren Nähe jedoch im Schutze des Windes und kleinen Ansammlungen von Süsswasser sich eine üppige Vegetation gebildet hat. Die Landenge verlassend, gab der Wind sofort nach und begann die allmähliche Steigung des Haleakála.
Es entwickelt sich allmählich zunehmend die freundliche Sicht fleissig bearbeiteter Felder der Zuckerrohrplantage und der Ländereien des Mr. Claus Spreckel.
Bei zunehmender Vegetation zahlreicher, abseits vom Wege liegender Ansiedelungen der Kanaken erreichte ich an Plantagen-Beihöfen vorbei kommend auf einer Höhe von 1476′ um 12 Uhr Mittags die Ländereien Mossmann’s und bald das Wohnhaus und die Mühle desselben.
Dieselbe soll die höchst gelegene Plantage Maui’s sein. Sie liegt auf dem Wege zur Besteigung des Haleakála, circa 30 gute englische Meilen von Wailuku — exclusive der oftmaligen Umwege, die ich in Ermangelung der Ortskenntniss gemacht hatte — entfernt. Auch hier fand ich[S. 50] nur die liebenswürdige Frau zu Hause, die eine Eingeborne ist.
Nach kurzweiligem Aufenthalt und einer Erfrischung, die mir die freundliche Hausfrau reichte, ritt ich bald abwärts, bald steigend weiter.
Der ziemlich gute Weg zog sich abwechselnd schnurgerade oder schlängelnd durch die üppigen Zuckerrohrfelder der Plantage Mossmann’s und der des Mr. Spencer, bis ich um 5 Makawaó oder die Plantage des Mr. Sharret & Co., die sogenannte „Gruve-Ranch“, circa 18 Meilen von Mossmann’s Plantage auf einer Höhe von 985′ erreichte.
Ich bat um Obdach für die Nacht und wurde freundlichst empfangen.
Das einstöckige, saubere hölzerne Haus nebst einigen kleinen Nebenhäusern liegt in einer neuen Gartenanlage, welcher jedoch viele alte Bäume und Sträucher einen schattigen, freundlichen Eindruck geben. Die Plantage ist neu und erst im hoffnungsvollen Werden. Die sichtbaren höchst praktischen Vorbereitungen und Einrichtungen einer rationellen Wirthschaft sprechen für günstige Resultate, das sichtbare Zuckerrohr für die Tragfähigkeit des Bodens und die zahlreichen rieselnden Bächlein, Gräben und zahlreiche nasse Stellen der Umgebung für genügende Feuchtigkeit.
Da Mr. Sharret nicht zu Hause war, zog ich mich nach einem englisch schweigsamen Thee in mein Zimmer, welches mir im Nebenhause angewiesen war, zur wohlverdienten Ruhe zurück. Der Flecken Makawáo mit circa 400 Einwohnern liegt unweit der Plantage. Der Ort besteht nur aus kleinen, unansehnlichen, entfernt von einander liegenden Gebäuden, die von schattigen Bäumen umgeben und von lieblichem Eindrucke sind.
Den folgenden Morgen um 8 Uhr war ich wieder im Sattel, nachdem die gastfreundschaftliche Familie mich herzlichst aufgefordert hatte, sie wieder zu besuchen.
Ein guter Weg, bald durch bewaldete Schluchten, bald in Sicht natürlicher oder künstlicher Bewässerungen, führte mich nach Paliúle oder zur „Sanisch-Set“-Plantage des[S. 51] Mr. Boldwin, die im üppigsten Grün theilweise natürlicher, theilweise bepflanzter Waldungen liegt.
Das Haus derselben, circa 875′ über dem Meeresspiegel, ist idyllisch gelegen, umringt von schattigen Gartenanlagen und Blumen. Das Ganze spricht für Verständniss und Kunstsinn und trägt den Charakter des Wohlstandes, der Ordnung und einer vernünftigen Sparsamkeit. In den Anlagen spürt man jedoch bedeutende Kapitalauslagen, denn der Besitzer hat es verstanden, mit Willenskraft, Ausdauer und Geschmack der künstlichen Production den Charakter einer Naturproduction zu geben, über die der Beschauer erstaunt, da die geschaffene Vegetation, die obendrein theilweise eine dem Lande fremdartige, eine auffallend üppige ist.
Da im richtigen Sinne des Wortes keine menschliche Seele zu Hause war, so trabte ich weiter bis zu der im Umbau begriffenen Mühle und den umfangreichen Gebäuden der Plantage, die auf einer 656′ über dem Meeresspiegel liegenden Fläche in Mitte der üppigen Zuckerrohrfelder schattenlos liegen.
Viele Menschen der Plantage waren unweit der Mühle bei der Arbeit eines im Bau begriffenen Dammes beschäftigt, als ich durch die üppigen Zuckerrohrfelder ritt. Ich kam an zahlreichen „Coralls“ vorbei, in deren Umzäunung gutes Vieh und kräftige Pferde weideten. Einige dieser umzäunten Viehweiden musste ich durchreiten und daher die praktische Einrichtung ihrer Pforten benutzen, die nämlich der Reiter ohne vom Sattel zu steigen oder sich zu bücken, öffnen und schliessen kann. Das System derselben besteht in einer losen Rollenvorrichtung, die entweder in der Lage der Haspel oder Winde und verbunden mit Riemen-, Schnur- oder galvanisirten Drahtscheiben ist, oder aber hin und wieder auf dem System einer horizontalen, selbstspannenden Hebelzieh- und Schliessvorrichtung beruht. — Die Umzäunungen der Coralls bilden circa 4′ über den Boden ragende, solide Pfosten, die stark in den Grund gerammt sind, und durch die in 3 oder 4 Reihen galvanisirter Draht stramm gespannt ist. —
Gegen 12 Uhr erreichte ich Hawakopúku oder auch Haikú I. genannt, eine auf einem recht hügeligen Terrain 328′ über dem Meeresspiegel liegende Plantage.
Von hier aus circa 100′ bergab, dann wieder circa 100′ bergauf, einem höchst steilen Pfade folgend, erreichte ich die grössere, ebenfalls 328′ hoch gelegene Plantage Haikú II., die umgeben von lichtem Walde und deren Verwalter und Mitbesitzer Mr. C. H. Alexander ist.
Da ich wiederum Niemanden zu Hause traf, musste ich den beschwerlichen Weg nach Hawakopúku zurücklegen und schlug von dort aus meine Richtung über den winzigen Hafenort der kleinen „Makuaó“-Bai ein und folgte dem Strande entlang, soweit die Lagunen und sumpfigen Stellen es mir gestatteten, um die Landenge von Kóla zu erreichen, über die ich denn auch bei glänzendem Sonnenuntergang und herrlicher Beleuchtung des Haleakála und, bei verhältnissmässig schwachem Zugwinde um ½5 nach vollbrachtem Tagesritt von mindestens 49 englischen Meilen Wailúku erreichte.
Da ich die Absicht hatte, die folgende Nacht um 2 Uhr Wailúku zu verlassen und mit dem Dampfer, der am andern Tage Kahúlui verlässt, nach Hawaii zu gehen, so forderte ich meine Rechnung, um mich bis zum Abgange des Wagens zur „Malaéa“-Bai zur Ruhe zu strecken.
Meine Ausgaben laut Rechnung betrugen:
Das Zimmer für 7 Tage | Dollar | 3.— | |
Speisen bei dem Chinesen | „ | 3.75 | |
Der Wagen zur Bai hin und zurück. | „ | 1.— | |
Mein Ritt von 32 Stunden | „ | 5.— | |
Benutzung eines Wagens | „ | 10.— | |
für sieben Tage Auslagen | Summa | „ | 22.75 |
Um 2 Uhr bei vollständig finsterer Nacht war der Rüttelkasten, der sog. Wagen vor der Thüre, und fort ging es im gestreckten Galopp über Steine, Geröll und Gräben, bald hügelab, bald hügelauf, und nach einer halsbrecherischen Fahrt erreichten wir um ½3 Kahúlui, wo eine warme Tasse Kaffee nach dem unbeschreiblichen Gerüttel des[S. 53] Wagens wohlthuend wirkte. Bis 7 Uhr streckte ich mich — in den Plaid eingehüllt — in der Wartehütte auf einer harten Bank bis zur Ankunft des Dampfers verharrend.
Von Maui nach Hawaii.
Den 31. Juli um 7 Uhr traf der Dampfer „Kilauéa“ ein; um 8 waren wir auf Deck und gleich darauf ging er ab.
Bald zeigte sich rechts die Sicht der wüsten Felseninsel Kahóoláwe, links die hier steileren Ufer des bis in den Ocean sich hineinziehenden Haleakála, dessen Höhe durch seinen breiten Auslauf namentlich von hier aus viel geringer erscheint.
Die Insel Kahóoláwe hat einen Umfang von 84 engl. Quadratmeilen, liegt lang gestreckt, mit einer Maximal-Höhe von 400′. Die Insel soll vor Zeiten fruchtbar und bevölkert gewesen sein. Noch 1876 hatte der Oberrichter E. H. Allen auf der Insel 16000 Schafe. Augenblicklich soll dortselbst kein Schaf mehr vorhanden sein oder nur wenige derselben und zwar verwilderte an der Westküste der Insel, die noch stellenweise nahrhafte Gräser bietet. Mit Ausnahme dieser Westküste charakterisiren die Insel augenblicklich eine unbeschreibliche öde, dürre Sicht und beständig sich erhebende Staubwolken, die wirbelnd den Rest des Humus der Insel allmählich in den Ocean bringen. Die Insel spricht für die Mahnung, dass, wer im übertrieben grossen Massstabe Schafzucht treiben will, zugleich an die Cultivirung des Landes und an die erforderliche Bewässerung desselben denken muss.
Um 9 Uhr Halt vor dem Hafen Hónaáúla, der der kleinen wilden Felseninsel Molokíni gegenüber gelegen ist. Den kleinen Ort charakterisirt eine dürre, öde Gegend. Er ist von der „Hoúlapalákuá“-Plantage des Kapitain J. Makee umgeben. Die sichtbaren Felder der Plantage zeigen keine Ueppigkeit, obgleich der Ruf derselben sie als ertragreich schildert.
Um 10 Uhr dampften wir weiter, und kaum, dass wir die spitzen Ausläufer der kleinen Bai umfahren hatten, so zeichnete sich vor uns in der Ferne die gewaltige dunkle Masse der erloschnen Schlammhügel des 14,140′ hohen Mauna-Kéa der Insel Hawaii, dessen Gipfel in dichte Wolken gehüllt war. Zur gleichen Zeit, gleichwie durch Zauberspruch, fasste plötzlich unser Schiff die heftige Strömung des Maui-Hawaii-Kanales mit gewaltiger Hast. Die gewaltige Unruhe des Oceans währte bis 3 Uhr, als wir in Sicht der nördlichsten Spitze der Insel Hawaii und zugleich aus der wirksamen Strömung des Kanales traten und bald darauf in der Bai von Kawaihae vor dem Hafenort gleichen Namens um 4 Uhr hielten. —
Vor uns lag scheinbar öd und dürre der Distrikt Kohála, dessen wilder, starrer Küstenstrich den Ruf eines fischreichen hat, was die zahlreichen, gleich einem perpetuum mobile hin und her schwankenden Reihen der Fischerboote und -Barken klar beweisen. Die Boote bestehen meist aus ausgehöhlten Baumstämmen, an deren einen Seite, da sie sehr schmal, eine Flügeleinrichtung zur Erhaltung der Balance angebracht ist, die ähnlich der der Boote der Malaien und Singalesen ist. Der Mast oder die Maste dieser schmalen Boote (Kanos) sind mit verhältnissmässig sehr grossen dreieckigen Segeln versehen, deren Handhabung gleichwie die der Boote als eine leichte erscheint und eine verhältnissmässig sichere sein muss, da, wie man mir sagt, sehr selten Unglücksfälle vorkommen sollen.
Der Ort Kawaihae ist ungeachtet seiner auffallend dürren Lavageröllumgebung ein ungemein lieblicher. An seinem nördlichen Ende erhebt sich ein kleiner, blendend[S. 55] weiss gestrichener Leuchtthurm; in südlicher Richtung desselben liegen in einer Reihe ein paar Dutzend ebenfalls weiss gestrichner kleiner Häuser mit rothen Dächern, in deren Mitte sich schattige Bäume einer gefälligen Gartenanlage zeigen und vereinigt mit einer dem Strande entlang sich ziehenden Allee einen heitern, freundlichen Eindruck dem saubern kleinen Orte geben.
Von Kawaihae aus findet die Verbindung mit der unter der Agentur der Mr. Castle und Cook stehenden grossen Zuckerplantage Kohála und dem Viehzucht treibenden gebirgigen Distrikte von Waiméa statt.
Der Distrikt von Waiméa, der früher als reiches, üppiges Grasland einen bedeutenden Ruf im Inselreiche gehabt hatte, ist jetzt leider durch falsche Behandlung der Waldung oder besser gesagt, durch vernunftlose Ausnutzung selbstsüchtiger europäischer Eindringlinge, die nur an ihren eigenen Vortheil dachten, vollständig verwüstet worden.
Kawaihae war am Anfange dieses Jahrhunderts noch ein wichtiger Wallfahrtsort des Heidenthums. Circa 1 Meile vom Hafen entfernt liegt nämlich der Heiïau oder Tempel von Puuapa, der laut der Sage in 3 Tagen erbaut worden ist. Die Steine zum Bau mussten von einem circa 12 engl. Meilen entfernten Bruch von der Bevölkerung angetragen werden. Der Mörtel zum Bau soll, wie man sagt, mit menschlichem Blute zubereitet worden sein. Der Tempel hat eine Länge von 350′ zu 150′ Breite und die Mauern sind 20′ hoch bei einer Basis von 50′ Breite und 8′ Breite in der Höhe. In der einen Ecke des Tempels, frei liegend ohne jegliche Bedachung, ruht ein grosser, dunkler, glatter Stein, auf welchem die Menschen den Göttern geopfert wurden. In den Ruinen des Tempels findet man noch heutigen Tages zahlreiche Sammlungen zusammengelegter, sorgfältig eingewickelter Knochen, in deren unmittelbarer Nähe kleinere Steinplatten sich befinden, auf denen das von den Knochen abfallende Fleisch sorgfältig bis auf das Kleinste verbrannt wurde.
Die Behauptung vieler Europäer, dass bei diesen[S. 56] Opfern die Priester, denen das Amt der Opfervollziehung durch einen „tabú“, d. h. eine heilige Amtserklärung, übergeben war, sich nachträglich vom Fleische der Opfer nährten, ist in facto erdichtet, wie ich es auf das Bestimmteste aus dem Munde jetzt noch lebender Augenzeugen gehört habe. Diese behaupten auch namentlich, dass laut ihren ältesten Ueberlieferungen der Kannibalismus unter ihren Vorfahren, die sich am liebsten von Vegetabilien nährten, nie bestanden habe und dass im Tempel die Opfer dieses so grausamen Aberglaubens mit raschem Tode und ehrfurchtsvoller Achtung gleichsam wie Heilige behandelt worden sind.
Um ½6 verliessen wir Kawaihae, um, unsern Weg in nördlicher Richtung zurücknehmend, die nördliche Spitze der Insel bei Upoloá zu umfahren und wieder in die heftige wilde Strömung des „Maui-Hawaii“-Kanales zu gelangen.
Um ½7 Halt vor Kohála und nach einer Stunde Aufenthalt ging’s bei zunehmend unruhiger See wieder weiter.
Um ½2 in der Nacht hielten wir vor dem imposanten Palisadenufer Laupa-hoe-hoe, vor der grossen und reichen Zuckerplantage des Mr. Campbell und in Sicht eines von der steilen Küste wild niederstürzenden vom Monde beleuchteten Wasserfalles. Unmittelbar am Ufer erheben sich malerisch die Ruinen des vom König Lilío dem Gotte der Fischer errichteten Tempels. Er war nämlich vom einfachen Fischer zum König der Insel erhoben worden.
Am folgenden Tag, den 1. August, um 10 Uhr verliessen wir die höchst lebhafte Küste von Laupa-hoe-hoe — und folgten einer pallisadenartigen, sehr steilen, mit üppigem Gebüsch bewachsenen, grünen Küste, von deren steiler Höhe zahlreiche Wasserfälle glitzernd in den Ocean sich stürzen und die so mannigfaltig in ihrem Charakter sind, dass sich für einen Maler keine günstigere Stelle zum Studium der Wasserfälle findet.
Um 11 Uhr Halt vor Hakaalaú, von wo aus die Küste an Steile abnimmt und bis Hilo allmählich flacher wird,[S. 57] jedoch an Vegetation und charakteristischen Schattirungen bis zum prachtvollsten Ausdruck zunimmt.
Um 2 Uhr hielten wir vor Hilo, dessen hübscher Hafen seiner heftigen Brandung und hoher Woge wegen ein wilder zu nennen ist.
Mit bedeutender Anstrengung gelang es dem Boote, welches uns vom Dampfer abholte, an der kleinen eisernen Werfte zu landen. Die wilde Woge hob dasselbe wiederholt bis zur Brücke, es wurde jedoch rasch wieder und zwar durch die Woge, uns vollständig überspülend, in den Ocean zurückgetrieben. Mit nur grosser Mühe gelang es uns endlich, uns fest an die Leiter klammernd, kletternd zu landen.
Die Reise von der „Malaéa“-Bai bis Hilo kostete 8 Dollar, — für eine Strecke von 149 Seemeilen über Kaiwaihae; die direkte Strecke, ohne Kaiwaihae zu berühren, ist nur 120 Seemeilen weit.
Die Insel Hawaii.
Da ich im Hôtel kein Zimmer fand, so brachte ich mich und meine sieben Sachen bei dem Bäckermeister Herrn Wilhelm in einem kleinen und saubern Zimmer unter.
Das Haus des Bäckermeisters liegt unmittelbar am Hafen in der Nähe der Werft. Er und seine Familie, als auch das Wesen seiner Haushaltung ist echt deutsch.
Das kleine Hilo, die Hauptstadt der Insel Hawaii, der Sitz des Gouverneurs und seiner Regierungsorgane, ist ein liebliches, ziemlich umfangreiches Dorf, dessen kleine, saubere,[S. 58] meist weit auseinander gelegene, mit wenigen Ausnahmen von Gärten umgebene Häuser einen freundlichen, geselligen und ländlichen Anblick bieten.
Unter den Häusern findet man einige recht stattliche, die auf blühenden Wohlstand und Geschmack deuten.
Hauptsächlich jedoch fällt die auffallend strotzende Ueppigkeit der Vegetation auf, die das hügelige, fast bergige Terrain der Stadt und die einem Hufeisen ähnlich geformte Bai umgiebt.
Ein recht schöner, ernster Bau ist der der römisch-katholischen Kathedrale, die während dem gewaltigen Ausbruch des Mauna-Lóa 1869 stark mitgenommen wurde und an der noch Spuren der Verwüstung deutlich zu bemerken sind. Dieselbe ist überraschend gut restaurirt, was besonders auffallend ist, da sie, wie man mir sagt, nahe dem Zusammensturze gewesen war und nur durch die zahlreiche sehr wohlhabende Gemeinde durch eine sofortige und gründliche Reparatur erhalten worden ist.
Wie ich mich überzeugt habe, war zur Zeit meines Dortseins die Zahl der römisch-katholischen Gemeinden im Inselreiche gleich der der Protestantischen.
Den darauf folgenden Tag wanderte ich zur 3 Meilen entfernten „Regenbogen-Cascade“. Der Weg führt über und durch wild durcheinander geworfenes Lavageröll, über tiefe Spalten oder glatte und feste Lavastrecken. Die Stelle der Cascade selbst ist ein längst erloschener Krater. Die eine Seite desselben bildet ein 600 Fuss tiefes Becken; von der andern Seite stürzt fast senkrecht ein Bach, ohne jeglichen Widerstand zu finden, daher glatt und ununterbrochen gleich einem Silberbande vibrirend und glänzend in eine von langjährigem Sturze gebildete Vertiefung oder möglicher Weise in eine durch den Sturz durchbrochene Grotte, die laut Sage zur Heidenzeit von einem Unhold bewohnt war, welcher jegliches lebende Wesen, welches sich der Grotte näherte, vernichtete.
Durch diese Grotte ergiesst sich unsichtbar das Wasser in das früher erwähnte Bassin, aus welchem es durch die[S. 59] zahlreichen vulkanischen, unterirdischen Gänge allmählich seinen Ausfluss findet.
Wenn nun die Sonnenstrahlen gegen die glitzernde Fläche des spiegelglatt niederstürzenden Wasserfalles sich brechen, entfaltet sich ein wundersames Regenbogenspiel, welches der sogenannten Cascade den wohlverdienten Namen gegeben hat.
Es ist in allen Beziehungen eine lohnende Mühe, den Ausflug zu machen und zwar unbedingt besser zu Fuss als zu Pferde, da die Spalten und der höchst unebene Weg, den man, so gut es geht, erst suchen muss, dem Reiter viel ermüdender und beschwerlicher als dem Fussgänger wird.
Höchst lieblich ist bei der Rückkehr der Blick auf die Stadt, auf die Bai und die sie üppig umgebende Vegetation. Namentlich erhöht den Reiz desselben der ausserordentliche Contrast zu dem starren Gewühl der ausgedehnten wüsten Lavastrecken.
Den folgenden Tag, den 2. August, wanderte ich durch die saubere Stadt, deren meist einstöckige, hölzerne, mit Brettern verkleidete Häuser, die meist seit 1869 nach dem verwüstenden Ausbruche des Mauna-Lóa neu erbaut oder renovirt und im zierlichsten Anstrich meist von pflanzenreichen Gärten umgeben sind, zerstreut liegend den Ort bilden. Ausserhalb desselben in regelrechte, parallellaufende Strassen eingetheilt, schmücken Villen mit zierlichen Gartenanlagen die Umgebung.
Wandernd erreichte ich die bemerkenswerthe Hochschule des Mr. Lymon, die 1836 gestiftet und zu ihrer Unterhaltung eine biennale Subvention von 900 Doll. vom Staate erhält.
Das praktisch eingerichtete Gebäude liegt ausserhalb der Stadt in einer luftigen, schattigen, gesunden Umgebung. Ich wohnte dem Unterrichte bei und muss gestehen, dass die Fähigkeiten, die Intelligenz der Jugend, und namentlich das sittsame, bescheidene, nette Benehmen derselben mein Erstaunen erregten und mir eine angenehme Rückerinnerung hinterliessen.
Besonders auffällig war mir das Betragen der Zöglinge[S. 60] im Vergleiche mit dem unserer Schuljugend der gegenwärtigen Zeit, wo das Selbstbewusstsein der Jugend zu einer undisziplinirten Unbändigkeit ausartet und ein Uebel ist, welches von Jahr zu Jahr progressiv zunimmt, da wir in einer Zeit leben, wo das allgemeine Streben nach Schrankenlosigkeit als herrschendes Element zu dem Resultate zu führen scheint, dass jede Achtung für Alter, Gesetz und Ordnung allmählig schwinden muss, wenn nicht ein Riegel der Ausartung dieses Uebels vorgeschoben wird.
Von Herzen wünsche ich, dass der hier herrschende gesunde Geist der Jugend einen steten Einfluss auf die kommende Generation ausübe, um die Bewahrung desselben der Zukunft des Landes zu sichern.
Das System des quasi freien Unterrichtes im Inselreiche ist ein reines Zwangssystem. Die Eltern sind verpflichtet, ihren Kindern das Lesen, Schreiben und Rechnen lehren zu lassen, dieselben zu ernähren, zu kleiden und zu erhalten. Jeder Distrikt hat mindestens eine gemeinschaftliche Schule für Knaben und Mädchen. Der Unterhalt derselben wird zur Hälfte von der Bevölkerung und dem Staate getragen. Die erforderlichen Lehrer und Lehrerinnen derselben werden von der lokalen Schulkommission erwählt. Diese Kommission besteht aus dem lokalen Friedensrichter, einem vom hohen Rathe in Honolulu ernannten, und einem zweiten von den Eltern der Schulkinder gewählten Inwohner des betreffenden Distriktes und wird präsidirt vom Oberintendanten der öffentlichen Aufklärung oder seines Stellvertreters.
Die Pflichten dieser Commission bestehen in der Ueberwachung und Leitung der Schulen, der Zöglinge und der schulpflichtigen Kinder des Distriktes. Alle Bestimmungen der Commission müssen dem hohen Rathe in Honolulu zur Bestätigung vorgelegt werden.
Die Trennung der Kirche von der Schule ist obligatorisch. Der Unterricht in der Religion ist vollständig den Eltern überlassen und zum Unterrichten in derselben wird den betreffenden Seelsorgern das Lokal der Schule[S. 61] von 3–4 Uhr täglich zur Disposition gestellt. Die allgemeine Schulzeit ist von 9 Uhr morgens bis 2 Uhr festgestellt. Die meisten Geistlichen ziehen es vor, in ihrer Kirche oder in einem derselben angrenzenden Bethause den religiösen Unterricht zu ertheilen.
Der Staat — ohne prononcirte Staatsreligion — trägt keine Last für irgend welche Confession. Die Kirchen und zahlreichen Kirchenschulen werden daher von der betreffenden konfessionellen Gemeinde oder von der Kirche selbst unterhalten.
Die Distriktsschulen sind primäre, aus denen die Zöglinge zu ihrer weitern Ausbildung in die sekundären und alsdann in die Normalschulen (Hochschulen) treten können. Hochschulen gibt es 3: eine in Honolulu, eine in Lahaïna und eine in Hilo.
Der Eintritt in Privat- und Kirchenschulen statt in die Distriktsschulen ist gestattet, so lange erstere das Lesen, Schreiben und Rechnen lehren.
Die Folgen eines normalen, nicht übertriebenen Systemes sind hier auffallend günstige gewesen, da man gegenwärtig factisch unter der ganzen Bevölkerung — mit Ausnahme der übrigens selten hier zu findenden Idioten — keinen Mann oder Frau trifft, die nicht lesen, schreiben und rechnen können. Besonders auffallend ist dieses Resultat, wenn man bedenkt, dass erst von 1820, den 4. April, dem Tage der Landung der ersten Missionäre im Inselreiche, der Beginn einer öffentlichen Aufklärung im Lande zu rechnen ist und dass ältere Leute sich im Alter sichtlich einer Aufklärung unterworfen haben müssen, um das erwähnte Resultat zu erreichen.
Hochgelehrte findet man natürlich unter denen, die die hiesigen Hochschulen verlassen, keine, aber um desto mehr Wohlunterrichtete mit normalem, gesunden Verstande, was die kernig gesunde Entwicklung des Landes beweist.
Auf meinem Rückwege accordirte ich den Preis für ein gutes Pferd, und als Führer hatte ich den „Joe Puni“ für einen Ritt zum Vulkan Kilanéa und von dort zum Mr. Waelsch, circa 46 engl. Meilen, für 35 Dollar mit der[S. 62] Absicht, den folgenden Tag in der Früh aufzubrechen und in der Hoffnung, dass die gestrigen Strichregen und die fast wolkenbruchartigen der letzten Nacht den Weg nicht zu schlecht gemacht haben werden.
Bei höchst wild brausender, die Werfte überwogender See langte ich zu meiner, diesem Prachtschauspiele nahe liegenden Behausung. Die Luft war trotz der heissen Sonne des Tages eine erquickende. Es weht nämlich hier stets eine erfrischende Brise, weshalb die Nächte immer kühl, einen erquickenden Schlaf gönnen und hier alle lebenden Wesen frisch, wohl und munter aussehen. Kurz gesagt, Hilo ist in allen Beziehungen ein anziehender Ort, in welchem ein jeder Naturfreund, der keine Ansprüche auf Luxus macht, sich ein gesundes und verjüngendes Leben verschaffen kann.
Wasserreichthum umgibt den Ort; wohin man blickt rieseln Rinnen, oder es fliessen die Gewässer kleiner Gräben und Bäche, umgeben von strotzender, fruchtbarer Vegetation.
Die Feuchtigkeit der Gegend mit Ausnahme der der Lavastrecken, ist eine so bedeutende, dass sogar die recht hoch gelegenen Zuckerrohrplantagen um Hilo meist ohne Bewässerungen üppig gedeihen. Sogar die Sumpfpflanze, der „Tárro“, erfordert zu seinem vollständigen Gedeihen hier keine beständige Bewässerung.
Die verhältnissmässige Theuerung der Lebensmittel im Allgemeinen, der merkwürdige Mangel an Fischen für ein am Ufer des Oceans in Mitte einer so üppigen Vegetation und einem so fruchtbaren Boden gelegenen Orte wie Hilo, ist mehr denn auffallend. Ich schreibe die Ursache der Indolenz und theilweise der Trägheit der hiesigen, dem dolce far niente gern ergebenen Nation zu, deren grösste Liebhaberei es ist, entweder im zum Halbdunkel verhängten Zimmer auf reiner Matte des Fussbodens sich auf den Bauch zu strecken, oder „poi“ zu essen, im Fingerlecken, Orangen und Mangos zu saugen oder zu schlafen, oder aber darin besteht, hoch zu Pferde, mit Blumen geschmückt als famos kühne Reiter und Reiterinnen die wild zerrissene[S. 63] aus tiefen Spalten bestehende Lavaumgebung im eiligsten Tempo ihrer kernigen Ponys zu durchziehen.
Sonntag den 4. August war ich um 5 Uhr auf; Pferd und Führer waren bereit. Ich bezahlte Herrn Wilhelm meine Rechnung für drei Tage mit nur 3 Dollar 50 Cents und ritt nach kräftigem, famosen Frühstück ab.
Ein eigensinniges Pferd und ein Halt bei dem Führer gestatteten uns erst um ½8 Hilo zu verlassen.
Obgleich ich meinem Führer als Hauptbedingung gestellt hatte, dass er mir ein gutes, starkes Pferd und einen guten Sattel liefern müsse, so hatte ich leider während des kurzen Rittes durch die Stadt die bedeutende Mangelhaftigkeit des Sattels, der sehr eng und schwülstig war, erkannt. Mein fast uneingerittenes Pferd suchte mit aller Macht, mit gebogenem Rücken seinen Kopf zwischen die Beine zu bringen, um mit gehörigem Bocken sich von meiner Last zu befreien. Einige gehörige Hiebe mit kräftiger Gerte zwischen die Ohren brachten den Gaul freilich vorwärts, der jedoch dann bald rechts, bald links ausschlagend, sich auf die Seite werfend, sich rüttelnd und schüttelnd, endlich im gestreckten Karriere durch die Strassen rannte. Es erinnerte mich dieser Ritt lebhaft an meine Büffeljagd unter den Apachen am Rio grande in Texas.
Obgleich ich ein fester Reiter, brachte mich doch der rundgebogene Rücken, das ausserordentlich bewegliche Kreuz des störrischen Pferdes, als auch der erbärmliche Sattel über einen Zoll hoch aus demselben, und mir wurde die Aussicht, auf diesem Dromedar in Pferdegestalt den weiten Ritt machen zu müssen, nicht angenehm. Die Versicherung aber des Joë Puni, dass es sein bestes Pferd sei und es später ordentlich gehen würde, erwies sich sehr bald als gerechtfertigt.
Um ½8 wie gesagt, verliessen wir Hilo. Es folgte eine Stunde lang, circa 4 Meilen, eine weite wellenförmig steigende, wüste, theilweise mit struppigem Grase und Farrenkräutern bewachsene Lavageröllfläche.
Der Weg war sumpfig und eigentlich kaum ein Weg zu nennen. Er zog sich bald über höchst glatte gross[S. 64]artige Lavalagen, oft über tiefe Spalten derselben oder über Strecken verhärteter treppenartig geformter Lavastrecken, und war daher nur im Schritt zu reiten möglich.
Alsdann folgte eine Stunde lang circa 6 Meilen Wald, d. h. hochwüchsiges, verworrenes Buschland mit nur hin und wieder erscheinenden hochstämmigen Bäumen, die mit grauen, dürren, schroffig flachen und oft stachligen, gleich Krystallen in einander gewirkten, oft tief niederhängenden Flechtenformen stark belegt waren. Der Boden selbst und die herumliegenden Blöcke und Gesteine sind mit gelblich-grünen, dicht gedrängten, sanft geschwollenen Formen diverser Moose belegt. Das ganze verworrene Gedränge des Busches besteht hauptsächlich aus einem üppigen Gemisch des zitternden Laubes der mannigfaltigsten zierlich-zarten, vielfach zerschlitzten, schirmartig ausgebreiteten Blattformen der verschiedensten Kraut-, Zwerg-, Strauch- und Baum-Farren, aus den ewig rasselnden Pandanen mit ihren hohen, glänzend grünen, zweischneidigen, steifen, eigenartig in sich gewalzten oder schraubenartig gedrehten, schlanken Blättern, aus dem hartholzigen Tek-Strauch mit seinen glänzenden, rothen Blüthen, hin und wieder aus Palmen, jedoch in unausgebildeten Formen, hochstämmigen Pisang- oder Bananen-Pflanzen mit dem üppigen, saftigen Grün ihrer gewaltigen Blätter, ferner aus Liliengewächsen mit ihrer dem Schilfe ähnlichen Tracht der Blätter, aus Schilfformen verschiedenster Art und tropisch edlen, hohen, baumartigen Wuchses, Thy-Sträuchern mit ihren hochwüchsigen, grasartigen Blättern u. s. w. Das ganze Gemenge ist durchschlungen von mannigfaltigen Schlingpflanzen, deren hochstrebende Wurzeltriebe kaum von ihren Zweigen zu unterscheiden sind und die namentlich dazu beitragen, dem sich hier entfaltenden Bilde den Charakter der tropischen oder subtropischen Verworrenheit der Buschvegetation zu geben. Dieselbe ist jedoch lange nicht der der Pracht und Vielseitigkeit der ostindischen und der von Ceylon zu vergleichen, da die schönste Vegetation des hiesigen Busches der schwächsten Vegetation des Djungles von Ceylon gleichzustellen ist.
Die Fama der althawaiischen Flora ist vorbei, die Flora der Jetztzeit des Inselreiches bietet nur stellenweise Reichthum, Ueppigkeit und Fülle, wie z. B. hier, jedoch ein wirklich ausgebildetes Modell einer Pflanzenformation ist faktisch nicht mehr zu finden. Es liegt, so zu sagen, auf dieser Vegetation, sogar an den üppigsten Stellen derselben, der Stempel entweder der zerstörenden Macht des vulkanischen Elementes oder aber noch deutlicher, der des Elementes einer willkürlich eingedrungenen, eigennützigen, verwüstenden, dem Lande fremdartigen Cultur, die wie an so vielen Stellen der Welt, wo dieselbe civilisatorisch während Jahrhunderten eingedrungen, stets, gleichsam die geschaffene Verwüstung fliehend, verwüstetes Land hinterliess, so lange noch irgendwo in der Welt ein Strich jungfräulicher Natur zum Verwüsten ihnen noch üppig entgegenschien.
Denn wodurch entstehen die verwüstenden Folgen der eindringenden Cultur, namentlich in den Tropen und Subtropen? Meiner Ansicht nach hauptsächlich durch die Verminderung und allmähliche Vernichtung der Feuchtigkeit in Folge der masslosen Entholzung und unnatürlich übertriebenen Entwässerung der Gegend zur Einführung materiell vortheilhaft erscheinender, systematischer Culturpflanzungen, deren niedriger Wuchs und meist lichter Stand den Boden dem aussaugenden, daher dem allmählich austrocknenden Einflusse der Sonnenstrahlen aussetzt, wodurch natürlich die Urfeuchtigkeit des Bodens rascher verbraucht wird, und die Ausdünstungen desselben und dem zufolge natürlich auch die Feuchtigkeit der Atmosphäre und ihre von der Natur geregelten Niederschläge sich allmählich mehr und mehr verringern.
Da nun bekanntlich die Hauptbedingungen zu einer vollkommenen, formenreichen, üppigen tropischen oder subtropischen Pflanzenwelt die Feuchtigkeit und die Wärme sind, und zu deren Mannigfaltigkeit die Auflösung der bei genügender Feuchtigkeit leicht auflöslichen, jährlich sich progressiv ansammelnden unorganischen Stoffe des tropischen und subtropischen Grundbodens die Entwickelungsursache bildet, so lässt sich hiermit deutlich die Ursache des Zuerst[S. 66]sichverkrüppeln und dann das allmähliche Schwinden der Vegetation durch den Mangel an Grundfeuchtigkeit und das Sichnichtauflösen der unorganischen Stoffe des Bodens erklären.
Es entfaltet sich hierdurch der deutliche Beweis, dass die fieberhaft geschäftig wirkende Thätigkeit des rastlos als Herr der Natur sich dünkenden eitlen Menschen trotz seiner kühnen Weisheit nicht im Stande ist, die Gesetze der Natur auch nur in ihren kleinsten Wirkungen zu ändern, und dass die Natur vernichtend, erhaltend oder erzeugend stets der tyrannische Herr der Schöpfung und der Geschöpfe, daher auch des Menschen von Ewigkeit zu Ewigkeit war, ist und bleibt und dass erst dann die Cultur ihren wahren Begriff zum Vortheil der Natur, ohne Verwüstungen zu hinterlassen, entfalten wird, wenn der unbändige Träger derselben, „der Mensch“, sich von den Banden des Egoismus und der Willkür befreit haben wird!
Dann folgt 1½ Stunden circa 6 Meilen steigend ein wilder Geröllweg in wüster Farrenumgebung, unter denen einzelne schlanke, meist jedoch krüpplige Stämme des „hau“, Teek-Bäume, Akazien, Mimosen, hin und wieder auch Sandelbäume sich erheben.
Diese Strecke zieht sich bis zum sogenannten „Half-way“-Haus des Kaaua, 1177 Fuss über dem Meeresspiegel und 16 Meilen von Hilo entfernt liegend hin. Bei letzterem traf ich um 11 Uhr bei einer Temperatur von 80 Grad Fahrenheit ein. Der Ort selbst heisst Olaá und besteht aus einigen Grashäusern und einer kleinen weiss gestrichenen Kirche ohne Thurm.
Von Hilo bis Olaá hat man die Sicht des Mauna-Kéa rückwärts und rechts die des Mauna-Lóa, in Wolken gehüllt und ohne jede Spur von Dampf.
Kaauá’s Grashaus ist sauber und rein gehalten und ausnahmsweise mit Möbeln versehen.
Bald wurde mir ein dampfendes Huhn, „tarro“, Kaffee und frisches Quellwasser vorgesetzt.
Um 1 Uhr war ich wieder in meinem höchst unbequemen Sattel, und vorwärts ging es bald im Trabe, bald[S. 67] im Galopp über Farrnflächen und verhärtete Lava — eine höchst beschwerliche Strecke. Namentlich ist dieselbe lästig für die Pferde, da einige Stellen derselben dem Glatteis gleichen.
Die Steigung im Allgemeinen ist kaum merklich; man würde, so zu sagen, ohne sich zu besinnen wetten, dass man auf einer horizontalen Fläche reitet, wenn nicht hin und wieder der Ocean, der stellenweise in Sicht, jedes Mal tiefer liegend erscheinen würde.
Nicht die geringste Spur von Dampf oder leuchtender Atmosphäre ist zu sehen, noch Schwefelgeruch zu spüren, so dass man unwillkürlich glaubt, entweder eine falsche Richtung eingeschlagen zu haben oder noch weit entfernt vom Kilauéa-Becken zu sein.
Vor uns liegt der in Wolken gehüllte Gipfel des Maúna-Lóa, rechts die volle Sicht des breiten Maúna-Kéa.
Um ½5 begann ein merkwürdiges Rauschen, Zischen und unaufhörliches, unterirdisches Rollen. Je mehr wir vorwärts schritten, desto intensiver wurde das Zischen, welches ähnlich dem eines Bleigusses in Wasser ist, und desto häufiger spürte man das gewaltige Erdröhnen der Erde und die Luft begann nach Schwefel oder richtiger gesagt nach Glüheisen zu duften.
Circa 3 engl. Meilen vor dem Kraterhause bildet sich aus dem fast spurlosen Wege ein gut erhaltener. Dieser Weg führt uns wieder durch einen üppig hochwüchsigen Wald, durch zahlreiche auffallend dampfende Stellen, welche aus dem üppigen Grase und der hier so mannigfaltigen Farrn-Vegetation hervorqualmen und die uns unser Ziel sichtbar zu erkennen geben.
Um ½6 endlich hielten wir nach zurückgelegten guten 18 engl. Meilen von Olaá ab, auf einer Höhe von circa 4407 Fuss über dem Meeresspiegel, vor dem überraschend stattlichen Kraterhause bei einer Temperatur von 61 Grad Fahrenheit im Schatten und Windschutze.
Das Haus besteht in seiner Front einerseits aus vier Gastzimmern und einem Gesellschaftszimmer („Parlor-Room“) mit Ausgängen auf eine breite Veranda und vollster Sicht[S. 68] auf den Vulkan d. h. das „Kilauéa“-Becken. Vier Gastzimmer und das Speisezimmer haben ihren Ausgang und Sicht nach hinten. Die andere Seite des Hauses bilden die Wohnzimmer, die Küche etc., des Verwalters.
Es ist ein grosses einstöckiges Gebäude, dessen Wände und das Dach aus Schindeln bestehen.
Der Krater war diesen Tag höchst aufgeregt, und die grasreiche Umgegend dampfte stark. Obgleich der Wind von unserer Seite, d. h. gegen den Krater wehte — was, wie man mir sagt, ein gewöhnlicher Fall ist — war demungeachtet ein starker Schwefelgeruch zu spüren.
Nach einem guten Abendessen bei lustigem Feuer im Kamine des Gesellschaftszimmers, verbrachte ich den Abend bei prachtvoll speiendem Feuerspiel und lautem Brausen und Zischen der wüthenden „Péle“, der althawaiischen Göttin des Kilauea-Kraters.
Den folgenden Morgen, den 5. August, erwachte ich nach überaus lebhaften Träumen über Feuermeere und sternfunkelnden Himmel um 6 Uhr, und um ½7 zog ich nach kräftigem Frühstück mit meinem Führer dem Krater zu.
Nach einer schroffen Niedersteigung langten wir um ¾7 an der Kante des Lava-Sees an, welche 1150 Meter über dem Meeresspiegel, demnach 174 Meter tiefer als das Kraterhaus liegt.
Von hier ging es sofort springend über Spalten und Risse, über sich rührende Schollen und fliessende Lavaströmungen.
Die erst heisse Unterlage wurde allmählich glühend, so dass mein Stab zu brennen anfing und eine silberne Münze, die ich niederlegte, in unglaublicher Geschwindigkeit geschmolzen war.
Nach zurückgelegten 4 englischen Meilen einer glühenden Fläche erreichten wir in einer Stunde, d. h. um ¾8 die 1200 Meter über dem Meeresspiegel liegende schwülstige Kante des wogenden Feuerbeckens.
Unter uns — nicht tiefer als 25′ — tobte sichtlich die unheimliche Glühmasse, die, bald hoch sich hebend, ihre Umfassung vernichtend beleckte, bald wüthend mit ein[S. 69]stürzenden Theilen derselben in sich selbst versank, um von Neuem aus sich selbst sofort wieder gewaltig sich zu erheben.
Aus dieser unaufhörlich auf und nieder wogenden Tiefe entfaltet sich eine derartige Hitze, dass man nur kurzweilig hineinblicken kann, um die Farbe der glühenden Masse mit ihren sonderlichen Schattirungen genauer zu betrachten.
Die Farbe derselben ist gleich der einer schäumenden Mischung von Blut und Milch, in der hin und wieder sich dunkelbläuliche, in den verschiedensten Farben schimmernde Durchzüge zeigen, die die Masse gleich Adern langsam durchziehen und allmählich gleichwie auseinander gehend, sich mit ihr vermischen.
Das beständige Donnern, Dröhnen, Schmatzen, Zischen, Lechzen, Stöhnen und Keuchen der Tiefe, das oftmalige Erdröhnen, das höchstgewaltige Erdbeben unserer Unterlage und dem folgend, das hastige Hinausspeien — so dass oft Tropfen der Glühmasse zu unseren Füssen niederfielen, die bald darauf als erkaltete Lava in den eigenthümlichsten Formen von uns gesammelt werden konnten — namentlich aber das oftmalige plötzliche Einstürzen unserer unmittelbaren Grundumgebung erweckten unwillkürlich ein grausiges Gefühl der Unsicherheit, aber auch zugleich dasjenige des Erstaunens in uns.
Unwillkürlich fühlt man sich geneigt, bei dem Anblick dieses ernsten Schauspieles der Natur gleich den Hawaii-Kanaken auszurufen: „Lúcu lúa Péle a lohá,“ d. h.: „Vernichtendes Loch Péle, sei gegrüsst!“
Um 8 verliessen wir das mir unvergessliche Schauspiel und trotz verkohltem Stabe, verkohlten Sohlen und gesengtem Haare gereute mich der Gang nicht, der obgleich heiss und theilweise gefahrvoll, jedoch unbeschwerlich und vom grössten Interesse war. Nirgends in der Welt ist es möglich, unter den gleichen klimatischen Verhältnissen, so leichtem Erreichen und in so unmittelbarer Nähe das glühende Centralelement in seiner gewaltigsten Action beobachten zu können.
Um ½10 war ich wieder unter dem Schutze der stets[S. 70] frischen, luftigen Veranda, um mich mit Sodawasser und Brandy zu erquicken und einige Gedanken der Erinnerung in das Fremdenbuch einzutragen.
Die Sicht des vor einem liegenden, tobenden Lavasees, seiner weit im Umkreise dampfenden Umgebung — dampfend aus dem See, aus dem üppigen hohen Grase und aus der so mannigfaltigen Farrn-Vegetation der links nach Hilo zu dicht bewaldeten Gegend — rechts die Sicht der unwirthlichen Abhänge des Maúna-Lóa mit seinen die gewaltige Macht des verwüstenden vulkanischen Elementes klar beweisenden, wilddurchworfenen oder schichtenweise gestapelten, oder in Flächen glatt gelagerten Lavagebilden, die weit ausgebreitet und allmählich steigend in unabsehbare Ferne sich entfalten: dies Alles begeistert und erhebt unwillkürlich die Stimmung des Menschen zur Bewunderung der gewaltigen Constellationen der Kräfte der Natur im Schaffen, Vernichten und im Wiederschaffen durch das Vernichten.
Der Maúna-Lóa liegt im Centrum des südlichen Theiles der Insel Hawaii, erhebt sich bis 13,430′ über den Meeresspiegel und ist mit seinen zahlreichen Kratern der einzige noch thätige Vulkan der Insel. Seinen Gipfel bildet ein Krater, dessen Umkreis 24 engl. Meilen beträgt und dessen innere Böschungen eine Tiefe von 1270′ ergeben sollen. Dieser Central-Krater ist beständig activ, jedoch soll derselbe laut urältester Tradition nie über seine Oeffnung ausgetreten sein. Nur starke Gase entsteigen ihm beständig und hin und wieder Aschenauswürfe. Seine Eruptionen entfaltet er in gewaltigster Art aus den zahlreichen tiefer liegenden Nebenkratern seiner Abhänge, unter denen der bemerkenswertheste der vorhin beschriebene Kilauéa ist, der am südlichen Abhange des Maúna-Lóa gelegen und in seiner Art einzig in der Welt dasteht.
Der „Kilauéa“-Krater oder richtiger die „Kilauéa“-Lava-Krater haben einen Umfang von 3,867,500 □ M. oder 3,8675 □ Kilometer halbwegs verhärteter Oberfläche, durch oder über welche zahlreiche offene Lavaströmungen schlängelnd sich wälzen. Diese ganze Oberfläche befindet[S. 71] sich meist in einem elastischen, wellenförmigen sich Heben und Senken, starke Spalten und hin und wieder bewegliche, schollenartige Theile bildend, denen qualmend erstickende Gase entsteigen.
Dieser Lavasee ist umgeben von einem fest zusammenhängenden wallartigen Kranz, dessen steiler Abhang höchst unregelmässig in seiner Höhe ist. Im N. N. O. erhebt sich derselbe bis circa 644′ über das Niveau des Sees oder 4104′ über den Meeresspiegel, in S. S. W. bis circa 1000′ über den See oder 4470′ über den Meeresspiegel. Das Gebilde des Kranzes besteht aus Lavageröll oder aus saigeren und frischen Schlacken-Gebilden.
Im Lavasee befinden sich 6 Krateröffnungen, von welchen die grösste die ist, an deren Oeffnung wir die Möglichkeit fanden, auf verhältnissmässig sicherer Unterlage einen Blick in die Tiefe des vulkanischen Elementes zu werfen. Diese Oeffnung ist umgeben von einem 150′ hohen Wall, den sogenannten Hále-maú-maú, (d. h. die Palastgründe). Von diesem Wall wurden die gereinigten Knochen der verstorbenen Könige und hohen Häuptlinge als Opfer der Göttin Péle in den Abgrund des siedenden Kraterschlundes geworfen. Diese Krateröffnung hat einen Umfang von 250,830 □ M., während die anderen 5 einen Umfang von 4180 bis 4167 □ M. oder in Summa einen Umfang von 22,365 □ M. haben, wonach der 3,867,500 □ M. umfassende ovale See — der eine durchschnittliche Länge von 2275 M. und eine durchschnittliche Breite von 1700 M. hat — circa aus 1/12 beweglicher und strömender Masse, 1/12 Krateröffnungen nebst ihrer festen, unmittelbaren Umgebung und 10/12 aus meist verhärteter, oft auf und nieder sich hebender, mit vielen Rissen versehener Masse besteht.
Der grosse Kranz des Lavasees hat zahlreiche unterirdische Ausgänge. Die Ausgänge sind reich an grottenartigen Lavaausbildungen, die hin und wieder durch stattgefundene Versenkungen sichtbar sind und durch welche die Ausströmungen in tiefere Gänge stattfinden. Aus letzteren haben sich gebildet und bilden sich noch jetzt zahlreiche vertikale Ausgänge in der entfernteren Umgebung des Lava[72]sees, welche zum Auslassen der gewaltig sich entwickelnden Gase dienen und in denen man, gleich wie in den oberen Theilen der Kraterschlünde bemerkenswerthe kubisch krystallisirte Gebilde von Schwefelarsenik- und Alkalisulphat-Inkrustationen findet.
Der Kilauéa-Krater, Dank seinen zahlreichen Ausgängen, soll laut der Tradition urältester Zeit nur einmal sein Niveau überschritten haben, indem er namentlich seinen Wall in südlicher Richtung durchbrechend, den Distrikt Puna verwüstete, bei Puhú-Kuhúluú die jetzt noch bestehenden von Hilo 25 Meilen entfernten Schwefelquellen und bei Kalohiá und Kopéla die sonderbar konischen Sandhügel bildete und sich in das Meer wälzte. Seitdem haben Eruptionen des Kilauéa in den Jahren 1823, 1840, 1859 und 1868 stattgefunden.
Meine Absicht war, denselben Tag um 12 aufzubrechen, meinen Weg über den südlichen Abhang des Maúna-Lóa zu nehmen und zur Nacht die Ranch des Kapitän Walsh zu erreichen.
Meine Rechnung betrug:
für vier Mahlzeiten und Zimmer | 5 | Dollar |
Gerste für das Pferd | 1 | „ |
Führer zum Krater | 1 | „ |
Summa | 7 | Dollar. |
Genau um 12 nach vortrefflichem „Lunch“, das heisst Gabelfrühstück war ich im Sattel, und vorwärts ging es steigend, der hohen Kante des Lavasees entlang und über meist hohl tönende Lavaplatten der unterirdischen Grotten und Gänge, deren zahlreiche Spalten und Oeffnungen gewaltiger Schwefelqualm entsprang. Links in Sicht des eifrig unruhigen Kraters, dem wir uns allmählich näherten und dem wir — bald bedeutend höher — oft prachtvoll in die Tiefe seines Schlundes blicken konnten, führte der unwirthliche Weg.
Die Sicht des Kraters verlassend, schlugen wir eine vollständig spurlose Richtung ein. Unser Ritt war bald abwärts, bald steigend, bald über hohl tönende Lavaplatten oder durch wild durchwürfeltes Lavageröll, über Spalten[S. 73] und Risse, durch Versenkungen und eingestürzte Grotten, kurz gesagt, durch eine weglose, wüste, für Pferd und Reiter höchst ermüdende Strecke. Man vernahm beständiges Donnern, Rollen und Erdröhnen der Unterlage, und es zeigte sich gewaltiger Schwefelqualm und fast unerträglicher Lavastaub, den der fast beständig wirbelnde Wind im eiligen Hin und Her über die wüste Umgebung trieb.
Vor uns rechts erhob sich die Spitze des vom dichten Nebel umhüllten Maúna-Lóa. Der Nebel nahm mir jede Möglichkeit, weiter hinaufzureiten, da er bald uns dicht zu umhüllen begann.
Mit Ausgleiten, Stöhnen und Stolpern der Pferde ging es unter oftmaligem Gebrauch der Sporen mühsam über die feuchten Platten, Steine und Blöcke 8 sehr lang erscheinende englische Meilen. Dieser wüsten Strecke folgte ein waldiges Terrain, d. h. eine vor langer Zeit durch Lavaausströmungen niedergebrannte, stellenweise nur versengte Waldstrecke, aus deren Stuppen sich üppiges Gestrüpp gebildet hatte.
Der sogenannte Weg wird etwas ebener und wegartiger, so dass wir stellenweis traben und den hier üblichen Passgalopp versuchen konnten. Wir erreichten, nach vom Kraterhause zurückgelegten 20 englischen Meilen, um 5 Uhr Kapapála, die 700 M. über dem Meeresspiegel liegende Ranch des Herrn Walsh, welche ein Herr Wabs verwaltet.
Unzähliges todtes Vieh oder Gerippe desselben bedeckten die Umgebung und verpesteten die Luft.
Angelangt, erbat ich mir, da die Sonne nahe ihrem Untergang, ein Nachtlager, welches mir jedoch abgeschlagen wurde, und war ich demzufolge gezwungen, meinen Führer durch einen Zuschlag von 4 Dollar zu überreden, mich über den Ort Kaiwa bis zur 6 Meilen von hier entfernten Plantage Pohalla zu führen, die wir denn auch im festen Galopp um 6 Uhr noch bei vollster Helle des westlichen Horizontes erreichten.
Der liebenswürdige Besitzer der grossen Plantage Kapitän W. Welfong, empfing mich gastfreundschaftlich und verschaffte mir sofort für den folgenden Tag ein Pferd für[S. 74] 10 Dollar bis zum 18 englische Meilen entfernten Orte Waiohino.
Ich entliess meinen Führer nebst Pferde, nach von Hilo zurückgelegten 60 englischen Meilen, mit 39 Dollar und einem Händedruck.
Den Abend verbrachte ich im confortablen „parlor-room“ nach vortrefflichem Abendessen in angenehmer Unterhaltung mit den höchst distinguirten Damen des Hauses bei musikalischen Vorträgen.
Den folgenden Morgen, den 6. August, erwachte ich gestärkt um 5 Uhr und nach einem vorzüglichen „breakfast“ d. h. Frühstück führte mich Kapitain W. Welfong durch die Wirthschaftseinrichtungen seiner Plantage, die neu, und im vollsten Entstehen sich befand.
Sehr praktische Cisternen und Fleischereien sind in grossen Lavahöhlungen theilweise schon eingerichtet, theilweise im Bau begriffen. Sie sind in jeder Beziehung eine auffallend günstige Nutzung derselben.
Die Dürren der letzten Jahre hatten auch hier deprimirend gewirkt. Alles war dürr und todt, doch scheint der unternehmende rastlose Geist des Seemanns Sir Welfong den Muth zu erhalten, denn ungebeugt, voll Lebensfrische, ungeachtet der Alles vernichtenden Dürre, der verheerenden Seuche unter dem Vieh geht er tapfer in seinen giganten Unternehmungen vorwärts, voll Hoffnung auf bessere Zeiten und die günstigen Resultate seiner enormen Auslagen. Eine Wasserleitung z. B., die er angelegt, hatte ihn 11,000 Dollar gekostet; er war gerade im Begriff eine andere, noch kostspieligere anzulegen. Mir erscheint es jedoch sehr fraglich, ob diese kostspieligen Wasserleitungen zur Bewässerung der umfangreichen Felder der Zuckerrohrplantage genügend sein werden, da der vulkanische, durchweg unterminirte Boden — namentlich in dieser Gegend — die Grundfeuchtigkeit so auffallend rasch mit Beihilfe der hier fast beständig herrschenden trockenen Winde verbraucht.
Eine Eisenbahn, die die erste des Königsreichs sein sollte, war von hier zum Transport der Produkte der Plantage zur Bai von Panáluú in Arbeit und auf 25,000 Dollar[S. 75] veranschlagt. Ich zweifle jedoch, dass dieselbe für diesen Preis beendet und sich überhaupt rentiren wird, da im Allgemeinen auf der Insel Hawaii, insbesondere in der Umgebung dieser Plantage sehr wenig Holz noch vorhanden ist und die vorhandenen Waldungen geschont werden müssen, wenn nicht die Insel vollständig entholzt werden soll und ferner weil die Kohle, die hier im Lande erst importirt werden muss, zu kostspielig wird.
Um 9 war ich im Sattel und trabte ohne Führer auf einem kleinen grauen, sehr ermatteten Pferde dem 28 Meilen entfernten Waiohina zu. Meine riesigen Sporen und eine gute Gerte mussten mir helfen, das Ziel zu erreichen. Ganz auffallend hart scheint das Fell der hiesigen Pferde zu sein. Man muss, um nur halbwegs sie in Bewegung zu erhalten, mit Gewalt und zwar beständig spornen, was trotz der gebrauchten Gewalt das Thier oftmals kaum spürt und mit der Zeit den Reiter sehr ermüdet. Ich möchte gerne eines der fanatischen Mitglieder unserer Thierschutzvereine, deren Princip ich vollständig, jedoch ohne zu übertreiben, beistimme, auf dem Buckel eines solchen Pferdes und dem gleichsam mit Aepfeln gepolsterten Sattel sehen und dessen Aeusserung vernehmen! Was würde der sagen? „Oh! ich armes gequältes Thier, das ich bin!“ würde er sicherlich ausrufen und seine Geduld mit Gaul und Sattel nähme bald ein schrecklich Ende.
Mein Weg führte meist wieder über Lavageröll-Flächen, bald auf, bald niedersteigend, bei lästig sengenden Sonnenstrahlen, dürrer Umgebung und — so weit das Auge blickt — fast vegetationsloser Sicht.
Vor mir in weiter Ferne entfaltete sich der Ocean mit zwei Schoonern unter vollen Segeln. Die Atmosphäre war dunstig und in einer dem Inselreiche eigenthümlichen, sichtbar vibrirenden Bewegung.
Um 11 nach zurückgelegten 10 Meilen hielt ich im chinesischen Kaffeesalon des Ortes Púnalún, der unmittelbar am Ocean gelegen ist. In der Nähe dieses Ortes befindet sich ein kleiner See, der circa 500 Schritt vom Ufer entfernt, reich an Springquellen ist und — ungeachtet der[S. 76] Nähe des Oceans — auffallend klares, vortreffliches Wasser enthält. Die Scheidung zwischen Ocean und See bildet eine niedrige Lava-Düne.
Púnalún war nach der 1869 stattgefundenen Eruption durch das vulkanisch steigende Meer vollständig zerstört, wurde darauf theilweise wieder neu erbaut und liegt nunmehr theilweise noch im Bau begriffen in einer seit 1869 trostlos verwüsteten Umgebung.
Um ½12 ritt ich weiter, stets bei dürrer, vegetationsloser Sicht, stellenweise durch oder über gigantisch, unbeschreiblich wild durch einander geworfenes Lavageröll der 1869 stattgefundenen Eruption bis Hanoápuu, einer ebenfalls 1869 verwüsteten Ortschaft. Von hier bei beständig ansteigendem weglosen Terrain, ermüdet durch das unausgesetzte Spornen meines matten Pferdes, erschlafft durch die glühenden Strahlen der Sonne und den unerträglichen Staub der Lava erreichte ich um 4 Uhr endlich Waiohino als — halber Mohr.
Eine halbe Meile vor Waiohino passirte ich die Plantage gleichen Namens, wo ich einen Makakau aufsuchte, der mein Pferd in Empfang nehmen sollte. —
Die Mühle der Plantage liegt 250 M. und die Kirche des Ortes als höchster Standpunkt desselben 350 Met. über dem Spiegel des Oceans.
In Waiohíno angelangt, suchte ich einen gewissen Herrn Meneke, der ein Deutscher ist, hier ein Handlungsgeschäft hat und dem ich empfohlen worden war, auf. Dank seiner Vermittlung fand ich, da hier kein Gasthaus vorhanden, ein Zimmer, und wurde von ihm aufgefordert, weil Waiohíno keine Restauration hatte, während meines hiesigen Aufenthaltes bei ihm zu speisen.
Von der Plantage bis Waiohíno, schon kurz vor Beginn derselben, beginnt die Gegend an Vegetation reicher und — näher zur Stadt — sogar eine üppige zu werden.
Die Lage Waiohínos und ihrer unmittelbaren Umgebung ist — obgleich auf einer Höhe von 350 Met., eine tiefe zu nennen. Die Stadt Dank dem sie umgebenden Gebirgskranze, gleichsam wie in denselben vertieft, ist[S. 77] überaus reich an Grundfeuchtigkeit und im Schutze der Alles verdörrenden Winde, wodurch ihr humusreicher Boden eine auffallend üppige Vegetation entwickelt, die man der eines tropisch-botanischen Gartens vergleichen kann.
Das Keimen und Wachsen der Pflanzen zeigen hier eine ganz eigenthümliche Kraft, die ich nirgends in der Welt gefunden habe, so z. B. 2½jährige Bäume aus der Saat erzogen ergeben oft Stämmchen von 6 Zoll im Durchmesser; ein frischer Stab in die Erde gesteckt, wurzelt und keimt; der Kohl steht perennirend baumartig mit Zweigen und daher mit mehreren Kopfbildungen und wird stets ertragreich viele Jahre alt u. s. w. Die Zuckerrohrfelder ziehen sich meist hoch bis an das Gebirge hinauf, werden zwar nicht bewässert, doch stehen sie demungeachtet üppig.
Meine Wohnung in dem Hause echter Kanaken war im Ganzen genommen eine leidliche. Das von schattigen Bäumen umgebene, etwas düstere Haus war verhältnissmässig gut erhalten. Mein Zimmer war geräumig, aber leider die Behausung diverser Familien des Wanzengeschlechtes und die der verschiedenartigsten sich emsig herumtreibenden, in Alles hineindringenden Ameisen, sowie der Wandelraum zahlreicher kleiner Eidechsen, die die von Alter und Staub dunkel gewordenen Wände belebten. Meine Wirthsleute waren herzlich liebe Frauen und zugleich recht hübsche Erscheinungen, die sich die grösste Mühe gaben, mir den Aufenthalt so bequem als möglich zu machen, und offenherzig den Wunsch aussprachen, mich recht lange zu beherbergen.
Den 7. August um 5 Uhr in der Früh durchwanderte ich die kleine recht hübsche Stadt mit ihren circa 800 Einwohnern, die gleich ihrer Plantage wenig Bemerkenswerthes hat, es sei denn ihre hügelige Lage, die auffallende Ueppigkeit der Vegetation, die günstige, völlig sichere Lage gegen die Wirkungen der vulkanischen Eruption, der Stillstand der hiesigen Geschäfte und das im Allgemeinen im ganzen Inselreiche herrschende dolce far niente der Bevölkerung.
Den Abend wanderte ich mit dem ungezogenen oder[S. 78] richtiger verzogenen sechsjährigen Meneke jun. durch das üppige Zuckerrohr der Schluchten und Abhänge des Gebirges bei oft prachtvollem Blicke auf den glänzenden Ocean.
Das Zuckerrohr war im Verhältniss zur herrschenden Dürre des Jahres auffallend üppig und lieferte den deutlichsten Beweis einer reichhaltigen Bodenfeuchtigkeit.
Das auffallend kräftige Zuckerrohr wird hier von den Bergen hinab, wie es eben stattfand, durch eine Rinnenwasserleitung mit auffallender Geschwindigkeit von den entferntesten Feldern zur Mühle geschwemmt.
Den 8. August verbrachte ich den Morgen unter den Kanaken und um 9 durchritt ich die Plantage, die ein Muster der Ordnung und der Ueppigkeit des Rohres war.
Den 9. August, nachdem ich den vorhergehenden Tag meine Zimmerrechnung mit 3 Dollar für 3 Nächte bezahlt, mir ein Pferd für 1½ Dollar, um die 7 Meilen bis zum Hafenort Kaálualú zu machen, bestellt hatte, verabschiedete ich mich von der liebenswürdigen Familie Meneke und ritt um 7 Uhr ab. Mein Sattelgepäck hatte ich leider einer sehr unsichern Fürsorge, nämlich dem Treiber eines zweiräderigen Ochsenkarrens in der Hoffnung anvertraut, dass das Versprechen einer guten Belohnung den indolenten Führer der 2 störrischen, weissen Ochsen des höchst morschen Karrens bewegen würde, meine Sachen auf dem schlechten Wege vor Beschädigung und namentlich vor Erdrückung zu hüten, eine Hoffnung, die sich leider nicht erfüllte.
Ueber Lavaplatten, durch Lavageröll, bald auf, bald ab, bald im Schritt, bald im Trab, bald im Galopp erreichte ich um ½9 den trostlos öde gelegenen Hafenort Kaálualú in Sicht des schon angelangten Dampfers, der „Likelíke“, und, nachdem ich einem gewissen Kiaaïna mein Pferd übergeben hatte, eilte ich mit meinem sehr zerdrückten Gepäck zum Schiff. —
Von Hawaii nach Honolulu.
Um 11 Uhr ging der Dampfer heftig schwankend ab und bald schwand die Sicht des winzigen Kaálualú mit seinen drei Häusern, höchst zerfallener Werft und seiner öden Umgebung. Um ½3 hielten wir vor dem kleinen Hafenort Hoopúlo, desgleichen umgeben von wüstem Lavageröll und, soweit das Auge reicht, kaum bemerkbarer Vegetation. Nur unmittelbar um die 4 Häuser und die zahlreichen Grashütten herum, die den kleinen Ort bilden, sowie am Landungsplatze erhebt sich, gleichwie aus der Wüste, ein lieblicher Kokospalmen-Hain, in dessen Schatten zahlreiche Kanaken malerisch in ihren rothen Hemden, die Frauen in bunten Jacken und Röcken gruppirt sich zeigten.
Hoopúlo bildet die südlichste Spitze der Insel und liegt im Distrikt Kâu, welcher durch die Eruption von 1868 verwüstet worden ist.
Um 4 verliessen wir den trotz wüstem Lavageröll doch durch den Kokospalmen-Hain malerischen Ort. Bald ändert sich die Sicht der Küste. Eine zarte grüne Übertünchung derselben nimmt allmählich zu. Auf den vom Ufer aus sich erhöhenden Anhöhen sieht man seltener die so schrecklich wüsten Spuren der Lavaausströmungen und am schmalen Saume der Küste auf kleinen Anhöhen derselben zeigen sich öfters Ortschaften, Kirchen und Häuser, die, meist weiss gestrichen, mit zierlich rothen Dächern ein anmuthiges Bild entwerfen.
Von Wald, so weit das Auge schauen kann, ist keine Spur, nur hin und wieder und zwar sehr selten zeigt sich krüppeliger, niedriger, lichter Busch an den höchsten Höhen.
Um ½6 Halt vor der imposant steilen Felsenküste Kâuílií. Das Wasser ist hier bis zum Ufer unergründlich tief und die auffallend heftige Brandung erschwert das Landen.[S. 80] In unmittelbarer Nähe des Kaps gleichen Namens liegt der Ort Kapáa, der aus nur sehr wenigen kleinen Häusern besteht und in einer unbeschreiblich sterilen Umgebung liegt.
In der steilen Felsenküste zeichnen sich deutlich die finsteren Schattirungen zahlreicher Höhlen früherer Lavaausflüsse ab.
Um ¾6 bewegte sich unser Dampfer und wir zogen langsam der steilen, schwarzen, an gewaltigen Rissen reichen Küste entlang.
Um 6½ Uhr langten wir vor Hoókéna an, das flach aber reizend gelegen und von üppigen Kokospalmen und niedrigem Walde umgeben ist. Auf den die kleine Fläche umgebenden Höhen liegen malerisch zerstreut zahlreiche kleine Häuser in Mitte bedeutender „tarro“- und Bataten-Pflanzungen. Wir luden hier Pfeffer ein, den sogenannten „ava“ und hatten daher einen längeren Aufenthalt.
Zahlreiche kleine Kanos dieses, wie man sagt, wohlhabenden Fischerortes umringen uns mit ihren auffallend gewandten Ruderern, die namentlich an dieser Küste den Ruf geniessen, rudernd oder segelnd der wildesten See zu widerstehen. Sie brachten uns zum Verkaufe Fische, Wassermelonen, Ananas, Kokosnüsse und diverse Cactus-Früchte. Die Qualität der Früchte war wässerig und nicht aromatisch.
Den Ort ziert eine unmittelbar am Ufer erbaute, schmucke, blendendweiss gestrichene römisch-katholische Kirche. —
Um ½7 war die Ladung beendet, und wir verliessen den hübschen Ort, der als der wohlhabendste aller kleinen Orte, die ich bisher auf der Insel Hawaii gesehen, wenigstens dem Scheine nach ist.
Um ¼8 Halt vor Kaáwalóa in der „Kéalakékua“-Bai. Es war leider dunkel, daher nur in deutlicher Sicht der schmucke leuchtende Thurm, der in Nähe der Stelle erbaut, wo Kapitän Cook den 14. Februar 1779 gefallen war.
Die Stelle ist durch ein Monument bezeichnet worden. Das Denkmal bildet ein aus Stein gemauerter Obelisk, dessen Oberfläche mit Cementmörtel beworfen und polirt ist. Die Höhe desselben beträgt 28′, die Basis hat einen Umfang von 9 □′. Die Umgebung des Obelisken, 20 □-Yard um[S. 81]fassend, ist durch 4 Kanonenläufe markirt, die mit Ketten verbunden sind und in deren Raum eine Akazie und einige Kokospalmen wuchern. Die Inschrift des Monumentes lautet übersetzt: „Zum Gedenken an den grossen Weltumsegler, Kapitain der königl. Marine James Cook, der die Inseln den 18. Januar a. D. 1778 entdeckte und an dieser Stelle den 14. Februar a. D. 1779 gefallen ist.“ Dieses Monument ist ihm von einigen seiner Landsleute im November 1874 errichtet worden.
Um 8 Uhr gings weiter bis Kailúa, im Distrikte Kóna gelegen, mit circa 200 Einwohnern; bis 1820 war es Residenz der Könige. Die Umgebung des Ortes und zwar der grösste Theil des Küstenstriches ist im Besitz Ihrer Hoheit der Ruth Keelíkolani, der Schwester der Könige Kamehámehá IV. und V. Hier wurde unter König Kámehámehá III. 1854 die erste Kaffeeplantage angelegt.
Nach Kailúa hielten wir in der Nacht vor Wâinanalií und um ½6 Morgens den 10. August machten wir Halt vor Kowaihae in prachtvoller Sicht des Kap Kiahóli mit seinen steilen Ufern und der glänzenden Sicht des Huálalaï, der dritten Gebirgserhebung der Insel Hawaii.
Den lieblichen Ort mit seinen Kokosnuss-Hainen habe ich den 9. Juli schon beschrieben, daher ich die weitere Erörterung desselben übergehe.
Kaum, dass wir um 9 den lieblichen kleinen Hafen verlassen hatten, erhob sich plötzlich ein heftiger Wind, der bald zum Sturm ausartete, und die See wurde wild.
Um ½10 bei zunehmend unruhiger See machten wir Halt vor Mahukóna, dem letzten Haltepunkt der Insel Hawaii und einem zu den bedeutendsten Hafenorten des Inselreiches sich ausbildenden Ort.
Dieser Sturm ist der sogenannte „mumúkohú“, der „Wind von den Bergen“, wegen dessen Vehemenz Kawaihae einen besonderen Ruf hat, da er daselbst, wie man sagt, Steine heben soll. Während dieses Sturmes ist die Landung hier höchst beschwerlich.
Die Umgebung von Mahukóna bildet ein wild durch[S. 82]einander geworfenes Lavageröll und ist daher wüst und vollständig vegetationslos.
Um 10 bei zunehmender Vehemenz des Sturmes durchzogen wir den Hawaii-Mauí-Kanal der bergigen Küste der Insel Maui zu, und um 2 Uhr hielten wir wieder im südlichsten Hafen derselben, dem schon erwähnten Máhakéna mit seinem auffallenden Cactusflor.
Um 3 verliessen wir den unwirthlichen Ort bei wahrhaft wüthendem Sturm und erreichten um 4 bei beständiger Sicht des trotz Sturm stets glänzenden Haléakála die „Maalaéa“-Bai bei imposant unruhig wogender See und pompös wirbelndem Sandsturme der Landenge von Kóla.
Um 5 nach empfangener Post verliessen wir die Bai und folgten der, wenngleich wüsten, jedoch höchst imposanten Gebirgsküste von West-Maui bis Lahaïna, wo wir um ½7 eintrafen.
Lahaïna, wie schon früher erwähnt, liegt lang gestreckt auf einem flachen Vorsprung des hier schmalen Saumes der Küste am Fusse des wildzerrissenen Gebirges klein und schmal in Mitte üppiger Baumpflanzungen, einen höchst malerischen Eindruck hervorrufend.
Ihre Umgebung bilden die Zuckerrohrfelder der sogenannten „Pioneer“-Plantage des Mr. H. Torton, dessen schmucker Wohnsitz in Mitte der Stadt gelegen ist.
Der Hafen ist ein ruhiger und sicherer und nächst Honolulu der zweitgrösste.
Zur Zeit Kamehámehá III. war Lahaïna zeitweilig die Residenz des Königs. Die Stadt zählt 10.000 Einwohner. Es befindet sich hier die im Jahre 1831 eröffnete Normalschule, das sog. „Lahaïna“-Seminar, dessen Cursus ein dreijähriger ist und in dem junge Leute sich auf Kosten des Staates zu Lehrern ausbilden können. Die Anstalt nach gut bestandenem Lehrerexamen verlassend, treten die jungen Leute sofort als Lehrer in Funktion. Desgleichen die, die ebenfalls auf Kosten des Staates in der Anstalt zum Seewesen, zu öffentlichen Arbeiten, zum Minenwesen etc. ihr Examen absolvirt haben. Ein Spezialdiplom über das be[S. 83]standene Examen, über die Fähigkeit und die Aufführung wird den Entlassenen alsdann ausgestellt.
Ausser dieser rein auf Kosten des Staates erhaltenen, vortrefflich geleiteten Schule sind — gleichwie auf allen Inseln so auch hier — sogenannte Abendschulen etablirt, in welchen gegen eine sehr geringe Beisteuer der Eltern die Kinder, die über die primäre Erziehung schreiten wollen, die Möglichkeit finden, sich Kenntnisse zu erwerben, um sich zum Eintritte in die Hochschule vorzubereiten.
Ausserdem giebt es sehr viele Privatschulen auf den Inseln, die mit Hülfe verhältnissmässig verschiedener Subsidien des Staates sich etablirt haben.
Lahaïna gegenüber liegt die wüste, steile Felseninsel Lanaï. Diese Insel ist eine heilige. Der Glaube bestand in früherer Zeit, dass auf dieser Insel der erste Gott der Hawaii-Kanaken entstanden sei. Es sollen circa 16 „heiaus“ in Ruinen auf der Insel zu sehen sein, die mit ihren „kua-hás“, d. h. dunkeln Opfersteinen recht viel Interesse bieten.
Diese Insel war es, auf der Kamehámehá I. seine Ruhestunden des Jahres mit Fischen, Jagen und Kraftübungen verbrachte und zwar namentlich in der Umgebung des „heiau“ von Kauúnalú, seines Lieblingstempels.
Sehr sehenswerth sind die am südlichen Ufer der Insel gelegenen, sogenannten Nadeln von Honopú. Sie sind gleichsam von Menschenhand geschaffen, säulenartige Riffe, die aus dem Wasser ragen, 80–120′ über den Spiegel des Oceans sich erheben und eine Basis von je circa 40 □′ aufweisen.
Die Bevölkerung der Insel ergiebt gegenwärtig nur die Zahl von 214 Seelen, während zur Zeit Vancouvers Besuch dieselbe eine Bevölkerung von 6000 Seelen besass, die sich mit Anbau von „tarro“, oder auch „kálo“ genannt, zur Genüge ernähren konnten; die jetzige Bevölkerung von 214 Seelen kann sich jedoch auf der augenblicklich dürren Insel kaum erhalten.
Die einzige Vegetation der Insel soll die von Farren, Schachtelhalm und Moos sein. Der Hauptbetrieb der Insel[S. 84] liegt in der Fischerei. Die Maximalhöhe derselben beträgt 1600′. —
Um ½8 lichteten wir die Anker und langsam umwendend mit weitem Bogen verliessen wir den lieblichen, vor dem heftigen Sturme des „Maui-Molokai“-Kanales vollständig geschützten Hafen und zogen wieder quer über den stürmischen Kanal. Rechts zeichnet sich in der Ferne die Insel Molokai, die ich nicht besuchen wollte, daher ich dieselbe laut authentischer Mittheilungen eines mit mir reisenden, höchst intelligenten Häuptlings oberflächlich wie folgt schildere:
Die Entfernung der Insel Molokai von Honolulu bis Kaúnakakaï, einem Hafen an der südlichen Küste der Insel, beträgt circa 45 Seemeilen, und die Entfernung von Pukoô, einem andern Hafen der Südküste der Insel, bis Lahaïna beträgt 15 Seemeilen oder von Honolulu ab 60 Seemeilen.
Die Hauptbeschäftigung der Einwohner der Insel liegt im „tarro“-Anbau und Fischfange. Die Bevölkerung wird auf 2581 Seelen geschätzt. Die Vegetation derselben soll stellenweise, namentlich in den Thälern, wie z. B. in dem von Haláwa, welches von einem steilen Gebirge umgeben ist, reich an Wasserfällen und — obgleich waldlos — eine üppige sein.
Der Boden der Insel soll durchweg ein fruchtbarer und zu jeder Cultur fähiger sein, was die ertragreiche Zuckerplantage Kalaaé des Herrn H. W. Mayer beweist.
Wenn nur zur Bewässerung des Landes genügendes Wasser wäre, würde die Insel genügenden Raum für mehrere Zuckerplantagen bieten, leider aber nimmt in Folge der Vernichtung der Waldung und daher dürrer werdenden Bodens, der natürlich mehr Feuchtigkeit verbraucht, das Wasser von Jahr zu Jahr noch mehr ab.
Der grösste Theil der Insel gehört gegenwärtig der Schwester der verstorbenen Könige Kamehámehá IV. und V., der Prinzessin Ruth-Keelikoláni. Der Besitz bildet nämlich die ganze westliche Seite der Insel. Es soll auf derselben ein Bestand von 14000 Schafen und circa 3000 Stück Hornvieh sich befinden. Die Gegend charakterisiren[S. 85] Wachteln und Fasanen, die Kamehámehá V. importirt und die sich auffallend vermehren. —
Die Ansiedlungen der Aussätzigen des Inselreiches befinden sich am nördlichen Ufer in Kalaú-papá. Dieser nördliche Theil ist nämlich nur von der See aus zu betreten, da die Landseite von steilen, circa 2000′ hohen, fest zusammenhängenden Abhängen umgeben ist, über die nur ein schmaler, höchst beschwerlicher Steig führen soll.
Eine Stelle dieses Ufers bildet ein von den benannten Abhängen umgebenes Thal, und diese Stelle ist es, wo die erwähnten Ansiedlungen erbaut worden sind und von welcher keiner der mit dieser schrecklichen Krankheit behafteten Krüppel entfliehen kann.
Dieser unglücklichen Bewohner dieser Ansiedlungen sind gegenwärtig 806 an der Zahl, unter denen sich auch Europäer befinden. Sie beschäftigen sich mit Ackerbau, so lange ihre Kräfte und ihr allmählig verwesender Zustand es ihnen gestattet. Die Aufsicht über diese Ansiedlungen hat ein Dr. Emersohn, der mit wahrer christlicher Liebe und Selbstaufopferung sich der Unglücklichen oft mit glänzenden Resultaten annimmt.
Da ich die Insel Molokai, ohne sie besucht zu haben, hiermit beschrieben, so will ich auch die Insel Nihau, die der Insel Kauai gegenüberliegt und die ich ebenfalls nicht besucht habe, in Kürze schildern.
Die kleine Insel mit nur 177 Einwohnern, mit einer Maximal-Höhe ihres Terrains von 800′, gehört einem Mr. F. Sinclair. Früher war dieselbe verhältnissmässig stark bevölkert, vegetationsreich und höchst ertragfähig. Augenblicklich ist der Betrieb derselben die Schafzucht und zwar ein übertriebener, daher der Insel dasselbe Loos bevorsteht, welchem Kahooláwe vollständig und Lanaï, nahezu zur Wüste werdend, verfallen sind.
Traurig ist es, dass auch hier der Besitzer es aus purer Geldgier so ganz vergisst, dass das beste Mittel zur Verwüstung einer an Wasser armen Gegend nicht nur eine übertriebene Schafzucht wie hier, sondern die Schafzucht im Allgemeinen ist, wenn der Besitzer nicht zugleich an[S. 86] eine rationelle Cultur des Bodens, das Schaffen der erforderlichen Feuchtigkeit und Beschattung des Bodens denkt.
Die finstere Nacht, das unaufhörliche Schwanken und Erdröhnen der alten Likelíke, das krankhafte Schnaufen und Pusten ihrer defecten Maschine, das Poltern ihrer Räder, die hermetisch geschlossenen Fenster machten den Schlaf in der Kabine unmöglich, und ich streckte mich ermattet im Salon auf eine Bank, die schmal und hart mir auch nur halbwegs einen kurzen Schlaf gönnte.
Den 11. August um 5 Uhr waren wir glücklich bei herrlichem Sonnenaufgang, schöner Beleuchtung der Insel Oahú im Hafen und bald vor der Werfte von Honolúlu.
Angelangt, eilte ich nach Hause, fand aber Alles noch bei A. Singer geschlossen und benutzte daher die Zeit, um in H. J. Nolte’s, an der Ecke der „Nuuanú“- und „Queenstreet“ gelegenen geräumigen Kaffee- und Billard-Salons, welche glücklicherweise schon geöffnet waren, mich mit einem verhältnissmässig guten Kaffee zu laben, was eine unbeschreiblich grosse Wohlthat nach der schlaflosen Nacht war.
Zeitschriften, die mir während der ganzen Zeit gefehlt hatten, nahmen mich bis 8 Uhr angenehm in Anspruch, wonach ich heimkehrte und mein Zimmer in bester Ordnung vorfand.
Meine Hauswirthin, liebenswürdig wie immer, machte mir strenge Vorwürfe, den Morgen nicht Einlasses wegen gepoltert zu haben, doch waren, glaube ich, die lieben Leute mir im Innersten dankbar, denn man braucht hier im Lande namentlich eine ungestörte nächtliche Ruhe, besonders meine so thätigen Wirthsleute, die ausser der die nächtliche Arbeit erfordernden Bäckerei im Hause, noch ein kleines Handelsgeschäft in der Maunakéa-Strasse haben und im höchsten Grade fleissig sind.
Im Hafen liegt die russische Fregatte, der „Kreiser“ unter Kommando des Kapitains Nasimoff, den ich in San Francisco, als ich nach Honolúlú abreiste, zuletzt und auf meiner letzten Reise um die Welt in Jokohama (Japan) getroffen hatte. Er sollte nach Japan wieder abgehen, daher wanderte ich zum Ufer, um die Abfahrt des schmucken[S. 87] heimathlichen Schiffes zu sehen, welches ein reges Gefühl der Sehnsucht in mir erweckte, mit ihm nach Japan zu ziehen, einem Lande, welches ich auf meiner letzten Reise zu flüchtig besucht hatte und gern genauer kennen lernen wollte.
Tendenz der Europäer. — Charakterzüge der Hawaiier. — Gebräuche und Sitten derselben.
Wie schon früher erwähnt, machte ich auf dem Schiffe die Bekanntschaft eines sehr gebildeten, adeligen Kanaken resp. eines Häuptlings, der mir ausserordentlich interessante Mittheilungen über die Vergangenheit und Gegenwart des Inselreiches, über die Sitten und Gebräuche seines Volkes machte und die ich mit meinen persönlichen Eindrücken vereinigt hier ausnützen will.
Die von dem edlen Manne mir gemachten Mittheilungen erweckten in vielen Beziehungen trübe Gedanken über den Charakter der weissen Race und bestätigten meine, auf meinen weiten Reisen um die Welt sich entwickelnde Ueberzeugung, dass hier ebenfalls — wo das Land weder erobert, noch annectirt, sondern nur durch das hinterlistig dem Lande aufgedrungene Protektorat der nordamerikanischen Staaten indirekt unter dem Einflusse des anglo-sächsischen Systemes sich befindet — die Abnahme der Urbevölkerung begünstigt und das Ueberwuchern des ausländischen, meist habsüchtigen Elementes hervorgerufen wird. Hier zeigt sich gleich wie überall, wo ich die Folgen der fieberhaft[S. 88] aufgeregten, so gewaltig wirkenden Kraft der weissen Race in den weiten Landstrichen fremder oder richtiger gesagt fremdfarbiger Nationalitäten — der Tropen namentlich — beobachtet hatte, stets als Resultat „die Vernichtung“ als die natürliche Folge eines der Urbevölkerung nur Nachtheil bringenden, selbstsüchtigen hyppokritischen Systemes.
Der sogenannte civilisatorische Einmarsch der weissen Race in die Gebiete sogenannter Barbaren fand gewöhnlich und findet gewöhnlich noch unter dem Deckmantel der christlichen Religion statt, d. h. Missionäre verschiedener Confessionen bilden den Vormarsch. Unter dem christlichen Banner der Liebe, der Gerechtigkeit, der Treue, der Eintracht, des Glaubens und der Hoffnung als Grundbasis der christlichen Religion ziehen sie ein, doch nehmen sie leider zu oft hinüber den fanatischen, so giftigen Hass verschiedener Confessionen und der so zahlreichen protestantischen Sekten gegen einander mit und erwecken durch diesen Hass, da er im Widerspruche zu ihrer Lehre der Nächstenliebe steht, erst das Misstrauen und dann allmählig die Verachtung der vorgefundenen Urbevölkerung. Um rascher Proselyten zu machen und um einen Vorsprung in den Resultaten gegenüber den andern Confessionen und Sekten zu erlangen, mischen sie oft — um die Leute rascher zu verlocken und den Uebergang ihnen leichter und fassbarer zu machen — Prinzipien der vorgefundenen religiösen oder religionsartigen Gebräuche der Urbevölkerung mit den Prinzipien der resp. christlichen Confession oder Sekte. Oft entwickelt sich zwischen den verschiedenen Confessionen und Sekten, den oftmals durch Versprechungen oder durch irdische Vortheile zur Bekehrung Verlockten und den standhaft ihren Traditionen treu Gebliebenen Hass und Zwietracht, und hieraus entsteht wiederum in der Masse der Bekehrten eine rein geistig-religiöse abergläubische Ueberspannung oder aber meistens eine vollständige Demoralisation anstatt Christenthum.
Wenn nun der noch unbekehrt gebliebene Kern einer solchen, von den Missionären bearbeiteten Nation aus Liebe zu ihrem Vaterland oder zu ihrer Freiheit, oder aus Ver[S. 89]zweiflung sich mit Gewalt von dem unruhigen Treiben des sie aus allen ihren traditionellen, ererbten Gewohnheiten, Gebräuchen und früheren inneren Zufriedenheit und Ruhe reissenden Einflusses zu befreien sich entschlossen und die Ursache dieses Einflusses durch die Verjagung der Missionäre aus ihrem Lande oder durch Ermordung derselben zu beseitigen gesucht hatte — ja dann erhob sich und erhebt sich noch in derartigen Fällen suppressio veri der mächtige Grossstaat, zu dem die betreffenden verjagten oder ermordeten Missionäre gehörten, um die alsdann als „Rebellen“ Bezeichneten zu züchtigen und Genugthuung von dem geistig geknechteten, gewöhnlich naiv arglosen Volke zu fordern. Mit Feuer, Pulver, Blei, des Dampfes mächtiger Kraft und allen den so gewaltig vorgeschrittenen Erfindungen der Massenmord-Instrumente unserer stets Frieden predigenden Civilisation beginnen sie einen Vernichtungskampf gegen die meist nur mit Keulen, Pfeilen, Speeren und Schleudersteinen Bewaffneten und treiben verheerend, plündernd, mordend die unglückliche schwache Bevölkerung in das Innere des Landes.
Dem folgt durch die glorreichen Sieger zur Sicherstellung dieser Action ironisch die Besatzung des Küstenlandes, bis Ruhe wieder unter den sogenannten Rebellen entsteht. Dieser Sicherstellung folgt jedoch gewöhnlich eine eigenmächtige Annexion, dieser wiederum zur Verbreitung der Civilisation die Kolonisation, und gleichwie das Scheidewasser frisst sich die monopolisirende Besatzung des anfangs begrenzten Areales allmählig tiefer in das Innere des Landes, indem sie die Ureingeborenen erbarmungslos gleich Vogelfreien mehr und mehr in die unwirthlichsten Strecken des Binnenlandes treibt und sie der oft haarsträubendsten Hartherzigkeit der eingeführten oder eingezogenen Colonisten preisgiebt. Diese bestehen meist aus Verbrechern, aus unmoralischen Abenteurern, selbstsüchtigen, gewissenslosen Spekulanten, fanatisch exaltirten Menschenbeglückern oder Reformatoren und einer Schaar nirgends zufriedener Geisteskinder, die nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen haben und die ohne viele Mühe rasch reich werden wollen.
Gerechtigkeit und Nächstenliebe findet der Ureingeborene „nicht“, statt dessen aber „Verachtung und Hass“ bei den habsüchtigen Eingedrungenen, und die Verzweiflung, Muthlosigkeit und endlich die Depravation folgen den Entbehrungen des unglücklichen, verzweifelnden Volkes und wirken natürlich gewaltig auf das abnorme Aussterben und Schwinden desselben.
Hierzu kommt noch, und zwar gewaltig wirkend, die Einführung fremdartiger Sitten, Gebräuche und Laster der meist leidenschaftlichen Einwanderer, nebst der dem Lande und seiner rechtmässigen Bevölkerung fremdartigen Cultur der Eindringlinge.
Das jungfräuliche, noch im Urzustande befindliche Land wird sofort mit und durch Dampf in fieberhafter Uebereilung zum Nutzen des Landes der gewissenlosen Abenteurer und habsüchtigen Spekulanten ohne Rücksicht auf Vortheil und Nutzen des Landes und seiner „rechtmässigen Bevölkerung“ durchzogen, durchwühlt, ausgesogen und in facto radikal verdorben, was die Veränderung der klimatischen Verhältnisse der meisten Colonien zur Genüge beweisen.
Dieses ist die Methode und dieses die Folge des Colonisationssystems namentlich der anglo-sächsischen Race, wie es die vereinigten Staaten von Nord-Amerika, ein Theil Westindiens, Neuseeland, Australien, Tasmanien und sogar in gewisser Beziehung das früher so reiche Ost-Indien beweisen, wo die Urbevölkerung, wie z. B. in Tasmanien vollständig bis auf den letzten Mann ausgerottet, in Australien und in den Vereinigten Staaten nahezu vernichtet und in Westindien und Neuseeland im Schwinden begriffen ist. In Ostindien, da es keine Colonie ist, hat in Folge der Uebervölkerung das anglo-sächsische System nicht dieselbe Wirkung erzeugen können; es zeigt sich aber demungeachtet die Wirkung im allgemeinen Verarmen der Bevölkerung, in der planlosen Devastation des Landes und der Veränderung der Ertragfähigkeit des Bodens. Sehr verschieden hiervon zeigen sich die Folgen der Colonisation der Spanier, Holländer, Portugiesen, Russen und sogar Franzosen, wo die Urbevölkerung anstatt vernichtet, er[S. 91]halten worden ist; anstatt auszusterben, hat die Zahl derselben zugenommen. — Da der Fortschritt der Eindringlinge ein mehr allmählich progressiver im eroberten Lande war und die Interessen der Urbevölkerung durch ein engeres Beisammenleben mit denjenigen der Eroberer oder Colonisatoren mehr und mehr verschmolzen, hatten sich die Eingeborenen verhältnissmässig rasch civilisirt.
Dieses günstige Resultat — ob mit oder ohne Willen der Colonisatoren — zeigt sich trotz allen daselbst vorgekommenen und noch beständig vorkommenden Guerilla-Kriegen und -Grausamkeiten deutlich in der Zunahme der Urbevölkerung sowohl als auch der Mischlinge in Central- und Süd-Amerika, im spanischen, portugiesischen und französischen Westindien, sowie in den kleinen Colonien genannter Nationen in Ostindien, Algier und in St. Mauritius, letzteres, als es noch französisch war. So spöttisch auch die in ihrem Colonisationstalente bisher dem Scheine nach einen so erhabenen Ruf geniessende anglosächsische Race über die so langsamen Resultate der Kolonisatoren anderer Racen und das Unverständniss derselben critisirt, so haben letztere jedoch oft, bewusst oder unbewusst, das wichtigste Resultat der Kolonisation erreicht, indem dieselben nämlich während der so langen Zeit ihrer Dominion der resp. Landstriche die Urbevölkerung, d. h. „den Menschen“ anstatt vernichtet, gehoben und das Land anstatt devastirt, und zwar ohne dessen Charakter zu verändern, einem wenn auch langsamen, so doch natürlichen Fortschritte entgegengeführt haben. Freilich haben diese Nationen weniger materiellen Gewinn aus dem Lande gezogen, sie haben aber den unberechenbaren Gewinn erlangt — bewusst oder unbewusst — den Menschen zu erhalten.
Nicht dasselbe hat die über Alles erhaben sich dünkende anglosächsische Race erreicht; sie hat im Gegentheil unter scheinbarem Glanze ihrer auf Glasfundament erbauten Metropolen und Städte ihrer Kolonien die Urbevölkerung theilweise vollständig vernichtet, theilweise dem Aussterben überlassen, das Land derselben zum Entstehen der Scheinpaläste der Metropolen davastirt, ausgesogen und verwüstet, so zu sagen, die charakteristische, natürliche Lebenskraft[S. 92] demselben für ihren momentanen Ruf oder Vortheil genommen; sie hat es vollständig übersehen, dass das wichtigste Resultat einer Dominion die „Erhaltung“ ist, d. h. die Erhaltung des Menschen vor Allem und die Erhaltung der dem Lande zu seinem kraftvollen Bestehen erforderlichen natürlichen, der Zone charakteristischen Vegetation.
Trotz den in Britannien so zahlreichen, an und für sich sehr löblichen, philanthropischen Vereinen „Peace Society“, „Aborigines-Protection Society“, „Antislavery Society“, „Antivivisection Society“ u. s. w., die meist grossen Lärm schlagen, gute Geschäfte machen, gemüthliche Zusammenkünfte „[meetings]“ halten, jedoch entsetzlich wenig für die Hauptsache ausrichten und oft als Deckmantel von den Anti-Protectionisten zu ihren dunklen Thaten benutzt werden, liegt das Hauptprincip dieser Kolonisatoren im habsüchtigen, raschen Gelderwerb mit dem bei ihnen zur Ueberzeugung gewordenen Gefühle, dass alle Regionen der Welt zu ihrer Disposition stehen, und dass nach vollendetem Verwüsten, Aussaugen, Ermatten der einen Region eine frische sich wiederfinden muss, um das Werk der Vernichtung mit Hülfe des auf der verlassenen Region erworbenen Reichthums wieder fortzusetzen.
Dieses Prinzip ist die Ursache, die sie unwillkürlich zwingt, Alles zu beseitigen, was in irgend welcher Weise sich hemmend ihren Gelüsten entgegenstellt, Alles dem eroberten Lande zu rauben, und unter dem Scheinglanze eines vergänglichen, nur momentanen Wohlstandes die Vernichtung des Landes und seiner Urnation zu vollziehen.
Der Kolonisator im Allgemeinen müsste bedenken:
1) Dass „Erobern“ und „gewaltsam Berauben“ eigentlich im richtigen Sinne genommen, ein und dasselbe bedeutet; Dass der Eroberer, gleichwie der gewaltsame Mensch gewöhnlich verhasst ist und dass — obgleich es freilich wahr ist, dass kein Staat einen grossen Reichthum oder namhaften Vortheil ohne Ungerechtigkeit auszuüben, erwerben kann — es oft fraglich bleibt, ob der auf Kosten Anderer errungene grosse Reichthum oder Vortheil dem resp. Staate ein wirklich nützlicher wird[S. 93] und ob der Vortheil dem Staate oder der erobernden Nation für den durch diese Eroberung entstandenen Hass ein genügendes Aequivalent bietet? Laut der Ueberlieferungen der Geschichte über derartige Fälle glaube ich nicht an ein Aequivalent für solche Eroberungen.
2) Dass „politisches Handeln“ und „gewandter Betrug“ im richtigsten Sinne genommen eigentlich ein und dasselbe bedeutet und dass beide ein nie und nimmer zu beseitigendes Misstrauen erwecken.
Gleichwie bei dem achtbaren Manne unter seinen Mitbürgern eine geachtete, allgemeines Vertrauen einflössende Stellung das Haupterforderniss ist: so bedingt ein Staat oder eine ganze Nation unter Staaten oder Nationen zur Entwicklung einer Thätigkeit für das allgemeine Wohl die Erhaltung der Menschen!
Freilich giebt es leider keinen Staat oder Nation mehr, wo nicht Eifersucht gegen andere Staaten oder Nationen bestände; doch darf das Allgemeine dieses Uebels in keiner Weise eine Entschuldigung werden, da bekanntlich so oft die Folgen dieser Eifersucht sich durch Störung und Hemmung der dem Lande zu seiner natürlichen Entwicklung so erforderlichen commerziellen Geschäfte und Unternehmungen, sowie durch kostspielige Armirungen und beunruhigende Zeiten als gründlich schädlich erwiesen haben und trotz aller glanzvollen Hallucinationen einer gewissen Klasse Menschen sich auch ferner noch als schädlich stets erweisen werden.
3) Dass ein weiser Staat resp. eine weise Nation sich nie ein eigenmächtiges Attentat — weder im Grossen noch im Kleinen — auf das Eigenthum oder die legale Freiheit Anderer erlauben darf und dass, im Falle ein Staat oder eine Nation es thut oder durch Verhältnisse dazu gezwungen wird, vom erobernden Theil die vorgefundenen Sitten, Gebräuche und Religion der Eingeborenen geachtet und beachtet werden, gemäss letzterer das eroberte Land regieren und dasselbe allmählig,[S. 94] wenn es erforderlich erscheint, auf natürlichem Wege entwickeln und reformiren soll.
Der Eroberer braucht ja nicht das Knie vor dem Gotte oder den Göttern des Landes zu beugen; er soll aber die vollste Toleranz und die gebührende Achtung den vorgefundenen Religionen und Gebräuchen des Landes — und wenn dieselben ihm noch so falsch und abergläubisch erscheinen — erweisen; er möge den Gebräuchen der Eingeborenen eine gleiche Achtung gönnen als wie er solche für die seinigen fordert. Die Toleranz und Achtung ihrer Religionen und Gebräuche wird dem Eingebornen die Unterjochung leichter ertragen helfen, ihm seine moralische Kraft erhalten; den Eindringling als Einwanderer oder Kolonist wird dieselbe rascher naturalisiren und namentlich den gegenseitigen Hass, die gegenseitige Verachtung rascher im Keime ersticken. Hass und Verachtung, die so oft die Unterjochten bis in das Tiefste ihrer heiligsten Gefühle verletzten, haben dieselben zu Rebellionen und wahren Menschenschlächtereien gereizt, was durch so viele Fälle der Geschichte erwiesen und sich so lange noch erweisen wird, als Egoismus, blinde Hartherzigkeit, Eigendünkel und Missachtung der vorgefundenen Gebräuche und Sitten und namentlich die religiöse Intoleranz die Eroberer, resp. die dominirenden Nationen leitet.
Die legitimen Mittel, um gewaltsam Unterworfenen gerecht zu werden und dieselben an sich zu ziehen, liegen in der toleranten Milde und Gerechtigkeit, im unverletzlichen Einhalten einmal geschlossener Verträge und gegebener Versprechungen, in einer gemässigten Gewinnsucht der Eindringlinge und in dem energischen Streben des dominirenden Staates (resp. der dominirenden Nation), das eroberte oder annectirte Land vor Devastation und die unterjochten resp. rechtmässigen Besitzer vor Unterschätzung und Missachtung von Seiten der Eindringlinge zu hüten.
Da das Königreich von Hawaii glücklicher Weise von colonisatorischem Joche und von einer Annexion — freilich, wie es mein geschichtlicher Theil des Inselreiches erweist, mit vielen Schwierigkeiten — sich soweit befreit[S. 95] hat, dass es seine eigene Regierung, seine Selbstständigkeit und sogar die Möglichkeit der Abschüttelung des fremden Einflusses errungen hat, leidet es in dieser Beziehung nur durch den indirekten Einfluss des amerikanischen Protektorats resp. indirekt durch die aussaugende Tendenz des anglosächsischen Kolonisations-Prinzips und sein eigennütziges, dem Lande schädliches Hantiren des Kapitalisten und Kapitales.
Das Vorgehende berücksichtigend fühlte ich mich — und zwar als Warnung zugleich — veranlasst, das eigentlich nur die Kolonien Betreffende auch hier zu erwähnen.
Zur Zeit des Capitän Cook 1779 soll von ihm, wie schon früher erwähnt, die Zahl der damaligen Bevölkerung der Inselgruppe von 300,000–400,000 geschätzt worden sein. Diese Zahl soll aller Wahrscheinlichkeit nach eine irrthümliche gewesen sein, da bekanntlich die Inseln von Cook nicht bereist worden sind und daher er die Bevölkerung nur nach den sich an den Ufern Ansammelnden taxiren konnte, jenen Ansammlungen, die erstens durch die Neugierde seiner Landung wegen und zweitens durch die im Allgemeinen stärker bewohnte Küste hervorgerufen waren. Mein liebenswürdiger Mitpassagier auf der „Likelike“ glaubte für 1779 die Zahl der gesammten Bevölkerung auf ein Maximum von 250,000 feststellen zu dürfen. Demnach wäre, da der Census von 1872 die Bevölkerung der Eingeborenen, die Mischlinge eingeschlossen, auf nur 51,531 feststellte, seit 1779 ein Deficit von 248,000 Seelen, wenn wir auf die Angabe pro 1779 auf 300,000 Seelen fussen.
Es ist glaublich und zu hoffen, dass die Abnahme sich allmählig vermindern oder ganz heben wird, da die Regierung seit 1823 die nöthigen Massregeln zu treffen sucht, die vielfältigen Ursachen der abnormen Sterblichkeit zu beseitigen.
Besonders günstig wirken die Errichtung von Hospitälern, das Reinhalten der Strassen und Häuser, die Berufung tüchtiger europäischer Aerzte in das Land, die Ausbildung einheimischer Aerzte an europäischen Universitäten[S. 96] und das Verdrängen der bisher so schädlich wirkenden Kahúnas, d. h. der Zauberärzte.
Die Hauptursache dieser abnormen Sterblichkeit, abgesehen von den verheerenden Kriegen Kamehámehás I., sind zu finden:
1. „In der venerischen Vergiftung des Blutes, Gift, das ihnen die unsittlichen europäischen Walfischfahrer beigebracht und, da keine andere ärztliche Hilfe als nur die der mystischen „Kahunas“ ihnen damals zu Gebote stand, nicht beseitigt wurde und daher ins Blut übergegangen war und ein erbliches Übel entwickelt hat, wie es der so ansteckende Hawaii’sche Aussatz genügend beweist, der oft plötzlich bei Vielen scheinbar ohne Ursache erscheint.
Auf der Insel Molokai, wohin alle von dieser Krankheit Befallenen sofort exportirt werden, kann man diese schreckliche national-chronische Seuche genügend beobachten.
Bis vor Kurzem war und ist noch bis auf die Jetztzeit im Volke die Überzeugung der Unheilbarkeit dieser Seuche derart eingewurzelt, dass eine von derselben behaftete Person, ohne Hülfe zu suchen, ohne selbst viel zu klagen, mit stoischer Ruhe die endliche Erlösung von der allmähligen Verwesung seines Körpers erwartet und nur durch Zwang sich einer Behandlung unterwirft. Das Auffallendste ist aber, dass Nichtbehaftete keine Scheu vor den Kranken zeigen. Sie wohnen mit ihnen, berühren dieselben und speisen mit ihnen aus einem und demselben Topfe mit vollster Überzeugung, dass sie dem Übel nicht entrinnen können, wenn sie demselben zu verfallen bestimmt sind. Dieses ist die Folge eines Aberglaubens, der aller Wahrscheinlichkeit nach ihnen durch die „Kahunas“ zur Bemäntelung ihrer Unfähigkeit, eine heilende Hilfe zu verschaffen, beigebracht und mit der Zeit traditionell geworden ist.
In neuerer Zeit haben sich hin und wieder durch ärztliche Behandlung — wenn auch nicht Heilungen, so doch — Vernarbungen der Wunden gezeigt, und es beginnt in Folge dessen obiger Aberglaube zu schwinden, und[S. 97] es steigert sich sichtbar der Muth, die Hoffnung und das Selbstvertrauen der armen Leute.
Die grösste Schwierigkeit zur vollständigen Beseitigung des Übels liegt darin tüchtige Ärzte zu finden, die sich selbst aufopfernd aus Liebe zur Wissenschaft und aus Nächstenliebe constant der Behandlung und Pflege der Unglücklichen in ihrem Exile auf der kleinen Insel widmen wollen; denn nur durch eine richtige, constante und sorgfältige Behandlung ist ein radikales Mittel zur Heilung und Vorbeugung gegen das Übel bei Gesunden zu finden.
2. Im frühzeitigen Sterben der Kinder durch auffallende, bis jetzt noch bemerkbare, fast unglaubliche Fahrlässigkeit der Mütter.
Die Ernährung der Kinder an der Brust als auch nach deren Entwöhnung ist eine sorglose, unregelmässige und schädliche. Je nach der Bequemlichkeit der Mutter wird dem Kinde bald die Brust, bald Kuhmilch und zwar oft im ungesundesten, säuerlichsten Zustande verabfolgt. Die Gleichgültigkeit der Mutter geht oft so weit, dass sie nicht einmal zur richtigen Zeit dem Kinde die Milch verabfolgt, sondern wie es gerade sich trifft.
Oft füttert sie das Kind statt mit Milch mit „poi“ oder andern schwer verdaulichen Stoffen oder überlässt die Pflege desselben Anverwandten, die sich dabei gewöhnlich nicht viel sorgsamer benehmen; demzufolge natürlich beginnt das Kind zu kränkeln, die Mutter erschrickt über die Folgen der unregelmässigen Ernährung, gibt dem Kinde die Brust mit oft säuerlich verstockter Milch, wodurch das Kind radikal zu Grunde gerichtet wird.
3. In dem zu jugendlichen Beischlafe der Geschlechter.
4. In der sehr verbreiteten Sitte der Polyandrie, gegen die die jetzige Regierung streng auftritt.
5. In der Sucht nach Sorglosigkeit, durch das im Lande sehr verbreitete Foeticidium.
6. Durch die im Blute der Mutter sich vererbten venerischen Gifte entstandenen foetalen Krankheiten.
7. Im zu jugendlich begonnenen und zu übertriebenen Reiten des weiblichen Geschlechtes, namentlich, da dieselben[S. 98] am liebsten in männlicher Positur zu Pferde sitzen und ein hastiges Tempo lieben, wodurch sich die Frucht leicht verliert. Es sollen Fälle aufzuweisen sein, wo Frauen das Reiten als Mittel zur Vernichtung derselben benutzt haben, um keine Kinder zu gebären.“
Gegen diese benannten Ursachen schreitet die jetzige Regierung consequent vor, und es ist mit Sicherheit zu erwarten, dass in kurzer Zeit dieselben wenn auch nicht vollständig gehoben, so doch bedeutend vermindert sein werden.
Sonderbar ist es, wie sammt der auffallenden Gutmüthigkeit und der Intelligenz der Hawaii-Kanaken diese Race so bemerkenswerth wenig Anhänglichkeit für ihre Kinder zeigte. Es lässt sich diese Indifferenz nur durch die uralte Sitte dieser Race, die Kinder zu abergläubisch-religiösen Zwecken zu benutzen oder benutzen zu lassen, erklären, indem die armen Wesen jeden Augenblick gewärtig sein mussten, als Opfer des Aberglaubens, des schrecklichen „tabú“, je nach der Willkür der Häuptlinge und Priester den Göttern geopfert zu werden.
Durch diesen erbarmungs- und schutzlosen Stand der Kinder verlor natürlich die Mutter allmählig das Gefühl des Besitzrechtes und demzufolge auch das natürliche Pflichtgefühl der Fürsorge und der mütterlichen Liebe. Das Kind wurde ihnen ein Element der Sorge und Last, ein Object des Kummers, ein Gegenstand, der je nach Willkür gegen ein fragliches Aequivalent der Vergütung im Jenseits zu jeder Zeit als Opfer für die Götter genommen werden konnte.
Hieraus wird die Aversion der Frauen gegen die Kindererzeugung, die Gefühllosigkeit oder besser gesagt Gleichgültigkeit der Mütter gegen ihre Kinder und die Depravation der Frauen begreiflich.
Ohne physische Fürsorge, ohne moralische Belehrung und Leitung, ohne gefühlvolle Umgebung im Elternhause wuchs das Kind in eine unbestimmte, hoffnungslose Zukunft, quasi von Tag zu Tag vegetirend hinein. Seine Freuden lagen nur und zwar in ausschweifendster Art in der Befriedigung seiner physischen Gelüste, in leidenschaftlichen[S. 99] Spielen und Tänzen, wie es bei vernachlässigten, hoffnungslosen, vogelfreien, geknechteten und namentlich abergläubischen Wesen im Allgemeinen der Fall ist. Daher zeigte sich allen Besuchern der Inseln in früherer Zeit der Charakter der Nation, dessen Keim ein überaus guter war, als schüchtern, niederträchtig, falsch und lügnerisch, was sich klar durch die Nation der Jetztzeit, die glanzvollen Resultate ihrer kurzen Entwicklung von 1825 bis jetzt so gründlich bewiesen hat.
Befreit vom Zwange ihres Aberglaubens, geleitet durch eine, den Eigenthümlichkeiten der Nation weise angepasste, constitutionelle Regierungsverfassung, hat es diese Nation und haben es ihre tüchtigen Leiter verstanden, im Verlaufe von nur 58 Jahren sich aus dem Joche des gewaltigsten Barbarismus des Heidenthums durch sich selbst auf die bewunderungswürdige Stufe politischer und moralischer Prinzipien der hervorragendsten christlichen Staaten der Civilisation zu erheben.
Das Volk des Inselreiches von heute athmet frei unter dem Schutze weiser Gesetze und blickt mit stolzer Hoffnung für sich und seine Kinder in die Zukunft. Es werden nicht mehr den Müttern ihre Kinder zu mythischen Zwecken entzogen; die Mühe der Pflege, die Erziehung derselben wird den Eltern nicht mehr nutzlos; die Kinder gehören ihnen, und sie erziehen sich durch dieselben feste Stützen ihres Alters.
Die Wirkung dieser Ueberzeugung zeigt sich schon jetzt im Familienleben der Hawaii-Kanaken von heute durch mehr Liebe, mehr Anhänglichkeit, regeres Interesse und festere Bande der Familienglieder, und wird diese Wirkung in der neueren Generation unzweifelhaft noch mehr zunehmen, da bei derselben der moralische Druck der alten mythischen Gebräuche ihrer Nation ihnen nur traditionell als Legende, nicht aber als eine erlebte Wirklichkeit bekannt sein wird.
Noch findet man deutlich im Charakter der Nation, abgesehen von dem bei ihnen so auffallend raschen Wechsel[S. 100] vom Kummer zur Freude und viceversa, in beiden Fällen eine seltsame Tendenz zur Melancholie.
In früheren Zeiten soll der Charakter derselben noch auffälliger im raschen Wechsel der Gemüthsstimmung gewesen sein. Der Ausdruck von Freude oder Sorge hielt nur kurzweilig an. Thränen folgte helles Lachen, dem Lachen Thränen, fast eins in das andere verschmelzend und beiden Fällen folgend eine grenzenlose Apathie. Alle ihre Sorgen und Freuden waren ja meist nur materiellen oder wollüstigen Ursprungs und ein sprechender Beweis für den früher herrschenden Mangel geistiger Eindrücke ist der Umstand, dass die Kanaken in ihrer Sprache keine Worte zum Ausdrucke des Gefühles hatten, während sie einen unendlichen Reichthum wollüstiger und materieller Ausdrücke besassen.
Diese Eigenthümlichkeit ihres Charakters hatte sich auch auf ihre Lieder, auf den Charakter ihres Gesanges, auf ihre Spiele, Tänze und Belustigungen übertragen.
Unter den nationalen Spielen waren die hervorragendsten folgende: Der „moko-moko“, ähnlich dem Boxen, in welchem sie eine ausserordentliche Gewandtheit besassen; das „úlu-mai-ka“ oder Kugel- und Ball-Spiel; das „heé-nalú“ bestand darin, auf einer schmalen Planke reitend sich durch die brandende Woge in die offene See treiben zu lassen und mit der zurückkehrenden Woge das Ufer wieder zu erreichen — eine höchst beschwerliche, durch sie höchst gewandt ausgeführte Balance-Übung; das „holua“, d. h. das Niederrutschen von steiler Felsenhöhe auf einem Brett; das „pahú“, d. h. das Treffen einer am ebenen Boden bezeichneten Stelle mit dem Wurfspiess, dem sogenannten „pahú“; das „Konáne“, eine Art Dame-Spiel; das „pu-héne-héne,“ das Verbergen eines Steines und Suchen desselben; das „loú-loú“, wo zwei Männer ohne Beihilfe der andern Hand, Finger in Finger ihre Kraft versuchen; das „hónu-hónu“ besteht im Schwimmen mit gebundenen Füssen, — ein Spiel, in welchem sie rein fischartige Bewegungen hervorbringen und auffallend sicher und gewandt sind; das „úma“, Kraftprobe mit dem Arme; das „lili-ko-ualí“, das[S. 101] Sichschwingen an einem Tau; das „lele-ka-uá“, d. h. der Sprung vom steilen Abhang in den tiefen Ozean; das „kúla-kúla-ei“, das Ringen und Balgen beim Schwimmen in offener See; das „pápu-héna“; das „úme“ und „kúlu“ sind wollüstige Spiele, die nur zur Nachtzeit gespielt werden.
Unter den „húla’s“, d. h. den Tänzen hatten sie die verschiedensten Arten, die stets mit „mele’s“, d. h. von Liedern und der Trommel begleitet sind. Sie sind jetzt gleichwie die nächtlichen Spiele verboten, jedoch nicht unterdrückt, sodass man sie im Innern des Landes, namentlich aber in Honolulu sich vortanzen und vorsingen lassen kann. Sie sind beide höchst bemerkenswerther Art.
Der „hula“ wird nur von den Frauen produzirt und stets, wie schon gesagt, mit „mele’s“, d. h. mit Liedern begleitet.
In zahlreichem Gefolge der Könige und Häuptlinge befanden sich früher stets professionelle Tänzerinnen und Sängerinnen. Ihre Musik bestand aus einer Art Pauke und Trommel, die aus Kürbissen verfertigt und deren Öffnungen mit einer stramm gezogenen Haut überspannt waren; die kleinen Trommeln bestehen aus fein gearbeiteten Kokusnüssen, deren Öffnung ebenfalls, jedoch mit einer feinern Haut, stramm überzogen ist. Der Tanz wird im genauesten Tempo ausgeführt und besteht in bald wilden, raschen, bald in langsamen, sehr graziösen Bewegungen des Körpers, die oft in völlig apathische übergehen.
Gleich dem Charakter der Race zeigen sich auch in ihren Tänzen die Bewegungen in Constrasten und das Temperament derselben in Extremen.
Die Tänzerinnen sind stets mit Blumenkränzen von Jasmin, Orangen, Tuberosen, Geranien und Immergrün-Blättern, oder mit rothgelben Schwanzfedern des „mamo“, die goldschimmernd sind, geschmückt. Von diesen rothgelben Schwanzfedern, deren der Vogel nur 2 besitzen soll, ist der berühmte Thronmantel des Königs Kamehámehá I. verfertigt, der im Halbzirkel eine Länge von 5′ nebst einer Schleppe von 11′ hat und eine überraschend kunstvolle, eigenthümliche Arbeit repräsentirt, da er aus 5000 solchen[S. 102] Federn besteht, die mit den Fasern der Rinde des „Olóna“ kunstvoll an einander befestigt, ein überraschend festes Ganzes bilden.
Die Waffen der Kanaken bestanden aus Speeren („pahú“), langen Dolchen, Keulen und Spiessen. Alle diese Waffen waren aus einem harten, eisenartigfesten, ebenholzartigem Holze, das im Inselreiche nicht mehr vorhanden, auffallend vollendet, eben, glatt und glänzend verfertigt, und zwar war dasselbe so hart, dass man mit einem scharfen Messer keinen Einschnitt in das Holz machen kann.
Eine grosse Gewandtheit besassen die Eingebornen im Schleudern der Steine mit der Schlinge, die aus dem Bast der Kokusnüsse verfertigt wird. Dies ist eine Waffe, die sie oft als Spiel, um ihre vollendete Gewandtheit in der Handhabung derselben zu üben, benutzen.
Die Ackergeräthe und Werkzeuge der Kanaken waren aus jenem harten Holze oder aus Stein, Muscheln, Knochen und Gräten künstlich verfertigte, mit denen sie die Steine und das Holz zu den Bauten ihrer Häuser und Hütten sowie den Boden bearbeiteten, ihr Holz fällten und ihre höchst eigenthümlichen sogar in der wildesten See sichern „Kános“ bauten. Diese „Kános“ bestanden aus einem ausgehöhlten, von aussen und innen gefällig bearbeiteten Baumstamm und deren saubere Vollendung ist eine erstaunliche. Kamehámehá I. besass zu seinen Eroberungskriegen eine Flotte solcher, die sog. „péle-leú“, deren Kanoos eine Länge von circa 60′ hatten.
Im Charakter des Kanaken ist mir namentlich aufgefallen das Gemisch von Veneration, Achtung und Selbstgefühl.
Wie oft habe ich die Leute im Umgang mit dem freilich auffallend leutseligen Könige Kalakaua betrachtet! Einem schweigsamen Grusse folgte Schweigen, das Auge stets träumerisch, nie starr, fast sprechend in die des Königs gerichtet. Befragt, war die Antwort stets kurz, bündig und auffallend klar, ohne Niederschlagen der Augen, ohne Geberden. Der Gruss als Bewegung betrachtet, war langsam, respektvoll, gediegen. Jeder duzt den König.[S. 103] Gleich dem Grusse hat auch die Rede keine Spur von knechtischem Anschein.
Es liegt, so zu sagen, im Betragen des Kanaken ein Gemisch von gebender und fordernder Achtung, von Verehrung und Unabhängigkeit und trotz seines respektvollen, schweigsamen Benehmens liegt in seinen sprechenden Augen das Bewusstsein: ich habe Augen zum Sehen und Gehirn zum Denken!
Leider soll, wie authentische Persönlichkeiten des Landes mir vielseitig bemerkt haben, schon jetzt eine bedeutende Veränderung im Charakter dieser freimüthigen Race durch den ansteckenden Einfluss der in das Land eindringenden, europäischen, so vielseitig krankhaft übertriebenen Civilisation zu spüren sein.
Schon das Misstrauen allein gegen eine fremde durch die Macht ihrer nationalen Stellung sie dominiren wollende Race, erweckt bei ihnen nothgedrungen die Verstellung und verscheucht die ihnen angeborene Offenherzigkeit, demzufolge sich auch schon die, dieser Race bisher angeborene Gastfreundschaft bemerkbar zu verlieren scheint. Früher war jeder willkommen und, so lange er wollte willkommen geheissen, während jetzt schon oft unter ihnen das Gefühl des „Belästigtsein’s“ und das „wird er zahlen?“ als ein — dankbares Resultat des egoistischen Beispieles der Geldgier unserer übertriebenen europäischen Civilisation zu bemerken ist.
In allen ihren Schöpfungen und Erfindungen zeigt sich ein hoher Grad von Intelligenz und Ausdauer. In ihren Gesprächen spürt man Vaterlandsliebe, Nächstenliebe, Offenheit, Misstrauen, List, gewandte Verstellung und wollüstige Leidenschaft. Aus ihrer Poesie und ihrem sehr melodischen Gesange fühlt man Seele, Verständniss, Melancholie und ausgesprochene Leidenschaft. In ihren Tänzen und ihrer Musik zeigt sich abwechselnd Ernst, Melancholie, Apathie, Leidenschaft, Wollust und eine auffallende Präzision.
Dieses beweist, dass der Charakter der Nation von Natur ein gefühlvoller gewesen ist und dass sich in dem[S. 104]selben nur durch sociale Verhältnisse — durch das Joch des mythischen Aberglaubens des „tabú“, und aus Furcht oder Hilflosigkeit — sich der grenzenlose, fast unglaubliche Mangel an Gefühl entwickelt hat, den man bei den Eltern, namentlich den Müttern gegen ihre Kinder findet und der allmählig zur nationalen Gewohnheit geworden ist.
Das Wort „tabú“ bezeichnet die mythische Verfügung der Götter durch die Priester, welche Personen, Gegenstände, Speisen, Orte, Thiere, Grundsätze, Opfer, Gedanken, Zeit, Unternehmungen etc. zu einer privilegirten, unantastbaren, unverletzlichen, über Alles erhabenen, göttlichen Heiligkeit zu erheben Macht hat. So sind z. B. der König, die Häuptlinge und die Priester als „tabunirt“ erklärt, daher auch Alles, was dieselben bei Andern berühren, unberührbar wurde und sofort vernichtet werden musste. Trat der König in ein Haus seines Volkes, so durfte keiner mehr nach ihm hineintreten, es musste vernichtet werden. Orte, Gegenstände, Thiere, Speisen, sobald der „tabú“ über dieselben verhängt war, durfte Keiner mehr betreten, berühren oder geniessen. Der Grundsatz, dass die Männer nicht mit ihren Frauen beisammen essen durften, war seit undenklicher Zeit als „tabú“ erklärt und wird noch bis zur jetzigen Zeit trotz des vollständig eingeführten Christenthums im Lande noch hin und wieder beachtet.
Sobald ein König oder Häuptling starb, wurde ein „tabu“ (oder auch „tapú“) über die Dauer einer bestimmten Zeit ausgesprochen, durch welches das Land für eine bestimmte Zeit als gesetzlos erklärt wurde. Während dieser Zeit durfte sich das Volk allen Thaten, Lastern und Vergehen ergeben.
Über Kinder, Erwachsene und über Gegenstände wurde oft das „tabú“ verfügt, um dieselben als Geheiligte zu opfern.
Jedes Vergehen oder Streben gegen den „tabú“ wurde ohne Möglichkeit einer Begnadigung mit dem Tode bestraft, und hat dieser schreckliche Aberglaube vielen Tausenden das Leben gekostet.
Die traditionelle Mythologie der Hawaii-Kanaken bestand aus einem Urgotte oder dem Ursprunge des Weltalls,[S. 105] dem sog. „wakéa“, den vier Hauptgöttern: Kú, Lóna, Káne, Kanalóa und einer unbestimmten Anzahl Untergötter und Heiligen, die sie sich in den Wolken und über den Wolken-Gebilden dachten.
Ihr Begriff der Seele war der: dass sich selbige nach dem Tode zeitweilig in der Umgebung der Leiche aufhält, die dunklen und einsamen Orte sucht und von dort aus ihre irdischen Feinde mit den sonderlichsten Unarten so lange belästigt, bis sie in den Ursprung des Weltalls des „wakéa“ oder des paradisischen Ursprungs der Hawaii’schen Race einkehrt, wo sie, im Falle, dass sie während ihres irdischen Lebens die ihnen vorgeschriebenen religiösen Gebräuche, Ceremonien und Opfer pünktlich und treu befolgt hat, mit ihren Knochen wieder vereinigt in Freude und Bequemlichkeit für ewig bleibt, während sie im entgegengesetzten Falle aus dem „wakéa“ ausgeschieden und gezwungen wird, von der Höhe sich in den Ort der Qualen, dem sog. „milú“ für ewig zu versenken.
Die gefürchtetste Göttin der Unterwelt des „milú“ war die „Péle“, die Göttin des Kraters „Kilauéa“, der man zur Beruhigung ihrer Wuth Schweine und andere Produkte des Landes als Opfer in ihren Schlund warf, und kein Wanderer wagte es früher, ohne eine Gabe sich der Krateröffnung zu nähern. Auch jetzt noch zeigt der Hawaiier eine ganz besondere Ehrfurcht bei seinem Erscheinen vor derselben. Ausser der „Péle“ waren noch „Káilií“, der Gott des Krieges, „Kamohálií“, der Gott der Schwefeldämpfe der Umgebung des Kilauéa, „Keuakepó,“ der Gott des Regens und Feuers, „Kánokékili,“ der Gott des Donners, „Mókualií,“ der Gott der Schiffe. Alle diese Götter bewohnten die Vulkane und waren die Plagegeister der Menschen und der ihnen durch die Ausstossung aus dem „Wakéa“ in „milu“ verfallenen Seelen.
Ausser den allmächtigen Priestern, deren Amt ein heiliges und erbliches war, gab es sogenannte „Kiéo’s“, — Zauberer und Beschwörer, die die Gewalt besassen, mit den Göttern zu verkehren und von denselben durch das „anaána“, das sog. Todtengebet, den Tod eines Menschen, den[S. 106] sie beseitigt haben wollten, zu erlangen, was natürlich sie durch Vergiftung erreichten, zu welchem Zwecke die zahlreich im Inselreiche vertretene Strychninpflanze diente. Der Glaube an die gewaltige Macht der „Kiéos“ ist im Volke derartig eingewurzelt, dass er ungeachtet des Christenthumes, noch nicht hat vollständig beseitigt werden können.
Das Jahr theilen die Hawaiier in zwei Theile, nämlich den „Kaú“, Sommer, und „Hooilo“, Winter. Die Monate des Kaú sind: „eikiki“, der Mai, „kaaóna“, der Juni, „hinaieleelé“, der Juli, „kámahoemuá“, der August „kamahoehópe“, der September und „ikuá“, der Oktober. — Die Monate des „hooilo“ sind: „welehú“, der November, „makalii“, der Dezember, „kaélo“, der Januar, „kaulúa“, der Februar, „nana“, der März und „wélo“, der April.
Während der Monate des „Kaú“, d. h. des Sommers, ist es freilich wärmer als in den Monaten des „Hooilo“; es herrscht jedoch während des „Kaú“ eine die Temperatur abkühlende Seebrise, die während der Monate des „Hooilo“ nicht herrscht, wodurch sich hier die so erstaunliche Gleichheit der Temperatur beider Jahreszeiten und deren gleichmässiger Einfluss auf die Vegetation erklären lässt.
Die Bäume sowie die anderen Pflanzen sind immer grün und im ununterbrochenen Wechsel des Blüthenreichthums und ununterbrochener Fruchtbildung. Die Sonne ist stets gleichmässig warm und die Temperatur variirt nur zwischen 70° und 80° Fahrenheit. Nie giebt es einen ununterbrochenen Regentag. Die häufigsten Regen herrschen im Dezember und Januar.
Die Urastronomie der Eingeborenen soll sich auf fünf Hauptsterne (Planeten) basirt haben, die als Basis ihrer Richtung zu ihren oft sehr weiten Oceanreisen auf ihren kleinen „Kános“ dienten, und sollen die Eingeborenen dieselben mit unfehlbarer Sicherheit benützt haben und noch benützen. —
Von allen den alten Sitten und Gebräuchen der Eingeborenen bleiben — jedoch nur scheinbar — wenige Spuren zurück, daher sie dem Fremden fast unsichtbar geworden, in den Familienkreisen aber noch vielfältig zu finden und zu bemerken sind, wenn der Fremde es vermag, den Leuten[S. 107] Vertrauen einzuflössen. Gelingt dieses und haben die Leute die Überzeugung gewonnen, dass der „haoli“ (d. h. der Fremde) sie nicht verspottet und ihnen ein Freund sein will, was in der Jetztzeit nicht sehr leicht zu erreichen ist, so zeigen sie sich und zwar alsdann vollständig, wie sie wirklich sind.
Wie von einem Schleier enthüllt, entfaltet sich dann ein ganz anderes Bild als dasjenige ihres gewöhnlichen, öffentlichen Erscheinens unter Fremden. Es wird, sozusagen, aus ihnen eine andere Nation als die, unter der man bis dahin zu leben geglaubt hat, und ich muss gestehen, dass ich sie in ihrem natürlichen Zustande trotz ihres Aberglaubens vorziehe, in welchem sie rein kindlich-offenherzig werden, als demjenigen, wenn sie im öffentlichen Leben vor dem Fremden ein ganz sonderbares Gemisch von Misstrauen, süsser Höflichkeit, Ergebenheit, Neugierde, Zurückhaltung und Stolz zeigen.
Ein Hauptzug ihres öffentlichen Charakters ist die grosse Gewandtheit, sich zu verstellen. Keine Bewegung, kein Wort, kein Hauch ist alsdann bei ihnen glaubwürdig. Wenn sie sich verstellen wollen oder es zu müssen glauben, so ist nicht die geringste Veränderung in ihren Zügen zu bemerken, wenn Eindrücke der Freude oder des Kummers sie erregen. Wenn sie sich jedoch nicht verstellen wollen oder glauben offenherzig sein zu dürfen, ja dann tragen ihre Züge einen so sprechenden Ausdruck ihrer vollsten Empfindungen, dass man kaum ihrer Worte bedarf, um sie zu verstehen. Sie sind, so zu sagen, alsdann das Modell eines gefühlvollen, intelligenten Menschen, da sie durch angeerbte Gewohnheiten oder durch irgend ein mächtiges „Muss“ erlernt haben, ihre Gefühle in jeder Lage des Lebens sofort zu bemeistern — eine Fähigkeit, die sich sichtlich in den so auffallend geordneten Sitzungen ihres Parlamentes und ihrer Behörden beweisen, wo das Bemeistern ihrer Gefühle und Erregungen eklatante Fälle liefert.
Was öffentlich noch theilweise das Gepräge der alten Zeit trägt, sind die sonderbaren Grashütten der Armen und die Grashäuser der Reichen, die übrigens bedeutend abzu[S. 108]nehmen beginnen, um an ihrer Stelle zierlich weiss gestrichenen Häusern mit rothen Dächern Platz zu machen.
Diese Grashütten und Häuser sind entweder aus Rasenstücken aufgeführt oder bestehen aus dickem, festen Grasgeflecht. In beiden Fällen sind dieselben ohne Decke mit einem dicken Grasdach versehen. An Stelle der Fenster sind Luken, die — gleich wie die Thüren — aus einem festen Grasgeflecht, welches in einen hiezu verfertigtem Rahmen gespannt wird, bestehen. Das zum Geflechte der Wände, Dächer, Thüren und Luken gebrauchte Gras ist ein Sumpfgras. Ein Dach aus demselben, d. h. doppelt geflochten, hält 25–30 Jahre. Oft brauchen sie hiezu die Blätter der „Thy“-Staude (einer Thyphacee) deren Haltbarkeit für die Dächer nur 6 Monate währt; zu den Wänden gebraucht ist selbige jedoch eine überaus dauerhafte.
Im Innern sind solche Hütten und Häuser meist rein gehalten, und bestehen dieselben aus einem grossen Raum, der durch Matten oder „Thy“-Blättergeflecht in 2 oder 3 Abtheilungen getheilt ist, von denen die eine als Gesellschaftsgemach und die andern als Schlafgemächer benutzt werden.
Möbel gab es früher nicht, und gibt es jetzt noch in denselben nur wenige. Verhältnissmässig saubere, stets in farbigen Mustern geflochtene Matten, aus den Fasern des Pandanus littoralis geflochten bedecken den Fussboden, den nur die Erde bildet, oft in doppelt und dreifachen Schichten und dienen als Tisch, als Stuhl und als Lager. Zahlreiche Kissen, und zusammengerollte Matten liegen auf dem Boden zerstreut zur Bequemlichkeit der sitzenden, kauernden oder liegenden Gesellschaft.
Die Hütten und Häuser sind auffallend frisch; die heissesten Sonnenstrahlen haben keine durchwärmende Wirkung auf das Geflecht, daher das Innere der Gemächer, die stets im Halbdunkel erhalten werden immer kühl erscheint.
Die Frauen hatten in Folge der schon früher erwähnten heiligen Satzung des „tabú“ ein abgesondertes Haus zum Speisen, jetzt jedoch, wo das Christenthum in das Volk gedrungen ist, schwindet auch dieser Gebrauch des alten Aberglaubens, und die Frauen speisen mit den Männern[S. 109] zusammen oder mindestens unter einem Dache. Gekocht wird stets im Freien. Sie essen am liebsten kalte Speisen und gekochte erkaltet. Sie lieben Schweinefleisch, dessen Zubereitung eine höchst eigenthümliche und wie folgt ist:
Das Schwein wird geschlachtet, geöffnet, die Gedärme werden herausgenommen, das Innere wird sorgfältig gereinigt und wiederholt mit frischem Wasser ausgewaschen, dann mit während dieser Zeit glühend gemachten Steinen — von Grösse einer Faust, — gefüllt. Alsdann wird das Schwein möglichst hermetisch mit Blättern der Bananen umwickelt, in eine Grube glühender Steine gelegt und mit glühenden Steinen bedeckt. Sobald die Steine erkaltet sind, ist auch das Werk vollbracht und das Schwein auf das Beste gebraten und gebacken. Überraschend saftig und wohlschmeckend wird ein Thier auf diese Art zubereitet. In gleicher Weise behandeln sie Geflügel, Fische u. s. w.
Ihre tägliche und liebste Nahrung ist jedoch der sogenannte „poi“, der wie schon früher erwähnt, aus der „tarro“-Wurzel zubereitet wird. Der „tarro“ oder „kálo“, wie ihn die Hawaii-er nennen ist der „Arum esculentum“, gehört der Familie der Aurideen an, einer Art des in Ostindien, Ägypten etc. als mehlstoffhaltiges Nahrungsmittel verwandten Arum Colocasia, welche Wurzel nicht zu verwechseln ist mit der Zehrwurzel, der Arum maculatum, die braunroth gefleckt und giftig ist, während Arum esculentum und colocasia ohne Flecken sind und von ihrem theilweise giftigen, stark ätzenden, flüchtigen Stoffen durch Kochen, Rösten oder Gähren vollständig befreit und für den Genuss unschädlich gemacht werden.
Die Zubereitung dieser den Tropen so wichtigen Wurzel ist diese: Entweder wird sie in Fett und mit Gewürz als Gemüse, oder an Stelle des Brodes gekocht oder geröstet (der Geschmack ist alsdann sehr ähnlich dem der Kartoffel); oder es wird die Wurzel wie folgend zum „poi“ bearbeitet: „Die Wurzeln werden sorgfältig mit kräftigem Schnitt von ihren Keimknospen und Wurzelsprossen befreit, alsdann tüchtig ausgewaschen und in einem dazu bestimmten, sauber gehaltenen hölzernen Behälter bei abwechselndem Begiessen[S. 110] mit Wasser zerstampft, bis die hellgraue Masse einen kleisterartigen Brei bildet. Dieser Brei wird demnächst in grosse, reine Kürbisschaalen, d. h. Calabassen, gefüllt und fest mit Brettern belegt, mit Steinen beschwert und darauf der Gährung überlassen. Nach stattgefundener Gährung ist der Brei geniessbar und zwar je älter, desto wohlschmeckender. Er hat einen säuerlichen, etwas faden Geschmack, ist gesund, nahrhaft und sehr erfrischend, was die blühende Gesichtsfarbe und die meist sehr wohlbeleibten Gestalten der Bevölkerung genügend beweisen.
Gleichwie die Eingeborenen alle Nahrungsmittel mit den Händen geniessen und zerkleinern, so gebrauchen sie auch die Finger zum „poi“.
Da ich ihre Art und Weise des Speisens schon in meiner Beschreibung der Insel Kauai erwähnt habe, übergehe ich hiermit deren Wiederholung mit der Bemerkung, dass die Ursache der auffallend rastlosen Gesprächigkeit während ihrer Mahlzeiten auf dem Aberglauben beruhte, dass die bösen Geister, dem muntern Gespräche lauschend die Verdauung der Speisenden nicht stören.
Die Kleidung der Männer besteht gegenwärtig aus einem Gemisch amerikanisch-europäischer Kleidungsstücke leichter Stoffe in den verschiedensten Farben, als z. B. Alpacca, Seide, Wolle, Baumwolle etc., während die der Frauen im alltäglichen Gebrauche eine mehr nationale in ihrem Schnitt geblieben und aus den verschiedensten amerikanischen, europäischen oder einheimischen und zwar farbigen oder weissen Stoffen verfertigt sind und aus einem tunikartigen Gewande mit langer Schleppe ähnlich der Morgenkapotte der Spanierinnen besteht.
Die Haare der Race sind schwarz, lockig und in ihrer Fülle gescheitelt und gewöhnlich mit natürlichen Blumen oder mit Diademen aus bunter Wolle, in der die steinharten, goldgelben, kleinen Früchte der Pandanen gleich Perlen gruppirt sind, geziert.
Zu Pferde, auf welchen sie meist wie Männer im Sattel oder auf einer Decke sitzen, tragen sie über einem Blusengewande ein um die Hüften befestigtes, langes, breites,[S. 111] meist farbiges Stück Zeug, welches von vorne in Falten gezogen, mit den Füssen in den Steigbügeln des Sattels oder der Decke festgehalten und nach hintenzu faltenreich in zwei sehr langen Streifen dem Spiele des Windes überlassen wird und bei dem stets sehr kühnen und raschen Tempo der vortrefflichen Reiterinnen sich höchst malerisch macht. Ihr Haupt ist beim Reiten mit männlichem Hut nebst Feder oder einem Blumenschmucke bekleidet. Gewöhnlich sind die Reiterinnen gleichwie die Reiter mit Guirlanden frischer Blumen geziert, und auch die Pferde haben meist irgend welche Blumen am Kopfe oder am Schweif. Hin und wieder tragen die Frauen beim Reiten über dem Kleide die sehr kleidsame „selapa“, die ähnlich der südamerikanisch-spanischen Poncha ist und aus einem viereckigem Stück Zeug mit einem Zentralloch zum Durchschlüpfen des Kopfes, aber ohne Ärmel besteht.
Die Sprache der Hawaiier bestand aus 12 articulirten Lauten: „a, e, i, o, u, h, k, l, m, n, p, w,“ was den Missionären und der Presse anfänglich grosse Schwierigkeiten machte, die jedoch durch die Intelligenz und Auffassungsgabe der Nation rasch beseitigt wurden. Die Resultate der so kurzen Reformzeit von 53 Jahren haben nämlich bewiesen, dass das Schreiben und Lesen der Hawaii-Sprache leichter als irgend einer anderen Sprache ist, denn wie wäre es sonst möglich gewesen, dass eine Nation, die kein Alphabet noch kannte, in so kurzer Zeit sich zu der Stufe der Bildung aufgeschwungen, dass es augenblicklich nicht nur schwer fallen würde, einen Hawaii-Kanaken zu finden, der nicht lesen, schreiben und rechnen kann, sondern auch das Land eine nationale Presse besitzt, die in grösstem Wortreichthum der modernen Civilisation die Artikel der ausländischen Presse dem Publikum in der Landessprache wiedergiebt.
Höchst bemerkenswerth ist, wie schon gesagt, der Fall, dass in der ganzen Bevölkerung kaum Einer zu finden ist, der nicht lesen und schreiben kann. Die neue Generation hat freilich Schule genossen, demnach ist ihr allmählig durch Lehrer die Kunst, ihre Gedanken niederzuschreiben[S. 112] und von Anderen geschriebenen Gedanken zu lesen beigebracht worden, aber anders ist es mit den noch Lebenden älterer Generation, die im vorgeschrittenen Alter ohne Schule es verstanden haben, diese Kenntnisse sich anzueignen; denn, wie gesagt, unter den ältesten Leuten, die sich noch der Zeit des Heidenthums erinnern, findet man nur selten eine Ausnahme hiervon.
Das Schulwesen im Inselreiche blüht sichtbar und liefert auffallende Beweise der nationalen Fähigkeit und geistigen Lebendigkeit.
Das amerikanische System der Erziehung bildet die Grundlage des Schulwesens. Wie bereits gesagt, hat sich hier das Princip, Knaben und Mädchen „zusammen“ zu erziehen, aufs Beste bewährt, d. h. für die nationalen Kinder nur, während es für Kinder fremder Nationalitäten der weissen Race auch hier als nachtheilig sich gezeigt hat.
Im elterlichen Hause werden die nationalen Mädchen im Allgemeinen nicht verzärtelt — „noch“ nicht! —, wie es leider bei uns und besonders in Amerika stattfindet, wo dieselben, für ein über Alles bevorzugtes Geschlecht betrachtet, eingebildet oder zu einer Modepuppe — dies namentlich bei uns — erzogen werden. Hier besitzen jene daher noch die mädchenhafte Naivetät und Frische, während bei uns das junge Mädchen dieselben oft im kürzesten Rocke schon verloren und als grosse Dame der Intrigue auftritt. Die Mädchen von Hawaii besitzen in Folge ihrer von Jugend auf genossenen Selbstständigkeit eine Art weiblichen Instinktes vor den Gefahren, welchen unsere meist verwöhnte oder verzogene Jugend so leicht in die Arme läuft.
Die Charakteristik der Frauen und Mädchen ist der der Männer sehr ähnlich und folgende: Sie sind von starkem, der Korpulenz sich hinneigendem, kräftigem Körperbau mit meist edlen Gesichtsformen und graziösen Bewegungen, kühne Reiterinnen, unermüdliche und gute Tänzerinnen, zuvorkommend und sehr natürlich in Bewegung und Rede, gutmüthig und geneigt für wohlthuende Zwecke, aufgeweckt und frei in ihrer Unterhaltung. Sie besitzen eine auffallende Gabe, mit kühner Gewandtheit ihrer Umgebung Respekt[S. 113] einzuflössen, besitzen ein auffallendes Selbstbewusstsein, das dadurch entstanden, dass das hiesige weibliche Geschlecht dem männlichen moralisch weder über- noch untergeordnet, daher gleich berechtigt war. Dies wird namentlich dadurch erhellt, dass seit uralter Zeit es üblich gewesen, dass die Könige des Landes als „kuïna-nuis“, d. h. Premiers meist Frauen ernannten, die die Hauptleitung der Regierung in Händen hatten. Obgleich dies im Widerspruche zum früher erwähnten „tabú“ steht, in Folge dessen die Frauen mit den Männern nicht unter einem Dache speisen durften, so ist dies dadurch zu erklären, dass diese „tabunirte“ Sitte sich nicht auf die Missachtung des weiblichen Geschlechtes, sondern auf die Verschiedenheit der Schutzgötter der Geschlechter sich stützte, und zwar in der Voraussicht, dass dieselben während des Speisens möglicher Weise in Streit gerathen und die ruhige Verdauung der Speisenden hindern könnten.
Das weibliche Geschlecht ist trotz ihrer respekteinflössenden Eigenschaft leidenschaftlich und wie schon früher erwähnt in Extremen von Freude zu Kummer wechselnd, daher auch wechselnd im Temperament, in den Gefühlen der Freundschaft und Feindschaft, des Interesses und der Gleichgültigkeit, daher höchst unsicher in der Bekanntschaft. Es besitzt trotz seines so freien, natürlichen Auftretens und des leidenschaftlichen Wechsels ihres Temperamentes sowie die Männer eine bedeutende Gabe der Verstellung: mit keinem Zuge, keiner Bewegung verrathen sie ihre innersten Gedanken und Gefühle bis zu dem Augenblick, wo sie sich von diesem Gedanken befreien wollen, wo alsdann eine Ausströmung ihrer lange bemeisterten Gedanken und Gefühle unter bald leidenschaftlichem Lachen bald leidenschaftlichem Weinen stattfindet, sodass man dieselbe faktisch nur mit dem Auslassen der Luft aus einem Luftkissen vergleichen kann, wo nämlich sodann in beiden Fällen der Schluss eine vollständige Erschlaffung ist.
Wenn sie sich der Liebe für einen Mann oder für irgend etwas hingeben, so geschieht dieses mit völligster Eifersucht, jeden Augenblick mit Leidenschaft bereit, dem[S. 114] Gegenstand ihrer Liebe sich zu opfern oder sich zu rächen.
Sie besitzen im höchsten Grade die Liebe für Blumen, grelle Farben, Schmuck, zugleich für Poesie, Musik, und scheuen keine Ausgaben, keine Mühe, um den Genuss derselben sich zu verschaffen.
Sie sind, im Allgemeinen genommen, häuslich und in der Häuslichkeit thätig und geschickt, zugleich aber auch südländisch unordentlich und lieben, während der Verrichtung ihrer Beschäftigungen sich hin und wieder Zeit zum vollständigen dolce far niente zu geben, wo sie dann am liebsten, auf der Matte hingestreckt, rauchend, in Gedanken vertieft, oder mit den neben ihnen Ausgestreckten im Halbdunkel die Zeit mit Plaudern oder Klatschen verbringen.
Diese Gewohnheit der Herzerleichterung resp. der Klatscherei ist unter der hiesigen Frauenwelt im höchsten Grade verbreitet und bildet gegenüber den ausserordentlichen Eigenschaften den grössten Fehler ihres Charakters.
Mein Entschluss, — Rekapitulation meiner Eindrücke.
Mein Entschluss war, den 13. August nach Neuseeland, resp. dem 3806 Seemeilen von Honolulu entfernten Aukland mit dem prachtvollen Dampfer der „Pacific-Postdampfer-Compagnie“, der „Zelandia“, abzugehen, um später von Aukland aus nach Australien, resp. die 1057 Seemeilen nach Sydnei zu machen. —
Nachdem ich demnach die erforderlichsten Vorbereitungen zu meiner Abreise getroffen und den herrlichen[S. 115] Tag zum nochmaligen Durchwandern der Umgebung Honolulu’s und des „Núuanú“-Thales benutzt hatte, kehrte ich heim, um mein Tagebuch über das Inselreich Hawaii mit einer Beschreibung meiner letzten Einfahrt in den Hafen, einiger Ausflüge, die ich auf der Insel „Oahú“ gemacht hatte, und einem allgemeinen Ueberblick des Inselreiches zu schliessen.
Den 11. August um 5 Uhr Morgens fand meine letzte Einfahrt in den Hafen von Honolulu, von der Insel Hawaii kommend, statt.
Aus der Entfernung bei prachtvollem Sonnenaufgang zeichnete sich dem Auge schon vor der Einfahrt in den Hafen das lieblich contrastirende dunkle Grün, in welchem die Stadt, sozusagen, versunken, das blasse Grün, vereinigt mit dem goldnen Schimmer des Sandes der die Stadt nach Süd-West begrenzenden Ebene, das hell und dunkel erscheinende Grün, die an Schattirungen, an Schluchten und Abhängen und an gefälligen Formen so reichen, zwei Gebirgsketten der Insel.
Die eine dieser Ketten und zwar die längste, durchzieht die Insel Oahú in ihrer ganzen Länge gegen Norden und heisst die Núaná.
Die andere, die sog. „Waíanae“-Kette zieht sich im Süden der nördlichen parallel und dies kurz durch den westlichen Theil der Insel.
Rechts, als südlicher, schmaler Ausläufer in den Ocean oder als südliches Ende der erstgenannten Kette erhebt sich die gewaltige Felsmasse, der „Diamont-head“, dessen scharfe kantige Basaltspitze, durch die aufgehende Sonne hell beleuchtet, in tausendfachen diamantähnlichen Strahlungen gleich einem Diadem blitzend erscheint.
Der Ursprung dieser Felsmasse ist ein rein vulkanischer und die Erscheinung derselben das treue Bild eines nach unterirdischem Wirken und schon seit längerer Zeit von dem Hawaii’schen Pluto „Kumahalii“ in Ruhestand versetzten Vasallen der Unterwelt, dem zur Ehre gleichsam bis zur nächsten Umwälzung der stolze Ehrenposten einer[S. 116] Wache oder eines Signalisten am Eingange des Hafens anvertraut worden ist.
Am Fusse dieser glänzenden Masse, dem Strande bis Honolulu entlang, zieht sich eine, nördlich durch die Gebirgskette begrenzte, hin und wieder durch kleine Anhöhen gefällich unterbrochene, sandige schmale Fläche, die mit zierlichen Hainen schlanker Kokospalmen, üppig beschatteten Landhäusern und Dörfern besetzt ist und die sogenannten Gestade des lieblichen „Waikíki“ bildet.
Links zeichnet sich in der Ferne die schon früher erwähnte Gebirgskette Waianáe mit ihrem prachtvoll schattirten, längst schon erloschenen Vulkan „Kaula“.
Unmittelbar vor uns öffnete sich ein schmaler Durchgang zwischen zwei, durch das brandende und wirbelnde Spiel der Wogen drohend erscheinenden aber ungefährlichen Sandbänken, welcher Durchgang den Eingang in den kleinen, jedem Schiffe durch seinen tiefen und günstigen Ankergrund sicheren Hafen von Honolulu bildet.
Zahlreiche Dampfer lagen vor Anker in der Rhede, an dem Werft oder am Quai. Es sind Amerikaner, Engländer, Franzosen, Deutsche und Russen, deren nationale Farben sich entfalten. Ausserdem liegen daselbst einige Segelschiffe unter Deutscher Flagge, die zwei Hawaii-Dampfer, die „Likelíke“, der „Kilauéa“ und zahlreiche kleine wie auch grosse Schooner, kleine Fahrzeuge, die den Handels- und Passagier-Verkehr der Inseln bewerkstelligen. Ausser den benannten liegen auch zwei düstere Walfischfänger-Schiffe vor Anker mit ihren charakteristischen Ausrüstungen und ihren ausgenutzten, fetten Seitenwänden, die den sprechendsten Beweis der gewaltigen Kraft und Schwere der erlegten Thiere zeigen.
Ueber den Hafen hinweg lag, wie schon erwähnt, die wie im dunklen Grün versunkene, theilweise noch im festen Schlafe sich befindende gemüthliche Residenz und Hauptstadt des Inselreiches von Hawaii, das schattige, liebliche Honolulu.
Dicht am Quai oder dicht an dem Ufer der Bucht befinden sich die massiven Magazine und Speicher des[S. 117] Zollamtes, die gewaltigen Handelsgebäude der Firma „Hackfield & Co.“, die Schuppen und verdeckten Einrichtungen der Officien und Bureaus der Werfte verschiedener Dampfschiff-Compagnien, Kohlenlager, Holzstapelplätze, Bretter- und Balkenlager, Schober u. s. w.
Ueber diesen Wirrwarr einer etwas eingeengten Einrichtung des Handels einer Handelsstadt hinweg erblickte man die meist einstöckigen, von schattigen Bäumen umgebenen Häuser der Stadt, aus deren Mitte sich einzelne Kirchthürme erheben.
Die römisch-katholische Kirche läutete gerade mit hellem Klang zur Frühmesse und belebte das ganze Bild, welches durch Lage, Beleuchtung oder üppige Vegetation ein reizendes zu nennen ist.
Weiter vor uns, über die Stadt, über Palmen, Cedern, Mango’s, Cypressen, Akazien, Orangen u. s. w. hinweg trifft das Auge die früher erwähnte Gebirgskette, die nördlich die Insel zum Vortheil von Honolulu in zwei unregelmässige Theile theilt.
Es zeigt sich diese Kette entweder in dunklem oder stellenweise hellem Grün eines üppigen Graswuchses oder in goldglänzendem Schimmer der von Gras oder Vegetation entblössten Stellen, die steil und an Geröll reich sind.
Diese Gebirgskette ist es, die Honolulu die ihr so unvergleichliche klimatische Gleichmässigkeit in der Temperatur giebt, da es den südlichen grösseren Theil der Insel vor den vom Norden kommenden Passatwinden schützt.
Diese Gebirgskette ist reich an Thälern und Schluchten, unter denen das lieblichste das schattige „Nuúanú“-Thal ist. Dieses Thal ist 6 Meilen lang und bietet durch die in demselben gelegenen, schmucken Villen, durch das königliche Mausoleum, sowie durch die Sommerresidenz des Königs in schöner Parkanlage und endlich durch seine üppige Vegetation einen unvergesslichen Reiz.
Links von der Einfahrt sind sandige Landzungen, die unter beständiger Wirkung der Ebbe und Fluth theils glatt, theils gleichsam mit Strichen überzogene Flächen mit sumpfigen Wasseransammlungen bilden, in denen die so[S. 118]genannten Reservoires der grossen Seeschildkröten sich befinden.
In unmittelbarer Nähe dieser Reservoires erhebt sich das schmucke Gefängniss, gleichwie aus dem Wasser auftauchend, in isolirter, erhöhter Lage auf einem Felsen.
Tiefer in das Land hinein liegen zerstreut Landhäuser, Villen und Hütten im üppigsten Grün eines schwülstigen Terrains.
Weiter links sind Reisfelder der Chinesen und „tarro“-Pflanzungen der Einheimischen unter einer künstlichen Bewässerung. Denen folgt, zwischen der Küste und dem Gebirge gelegen, eine unwirthlich öde, wellenförmige Ebene mit nur spärlicher Vegetation der Dracenen, krüppeligem Gestrüpp, Cacteen und Disteln, und wilddurchworfenen Felsen-, Stein-, und Lava-Geröll. Diese starre, stets staubwirbelnde Ebene zieht sich fast ununterbrochen bis zur Bergkette von Waianae.
Das „Nuúanú“-Thal zieht sich, wie schon erwähnt, nördlich von der Stadt, allmählig steigend, in das Gebirge hinein. Durch dieses Thal führt ein guter, breiter Weg durch eine schattige Allee, an zahlreichen Villen und Landhäusern vorbei, rechts unweit der Stadt in Sicht des von Kamehámehá V. seinem Bruder, Kamehámehá IV., in idyllischer Lage am „Nuúanú“-Bache geschmackvoll erbauten Mausoleums. Dieser Weg führt ins Gebirge und ist den Bewohnern der Stadt ein höchst beliebter.
Von der sog. „Nuúanú“-Strasse kommend, bildet dieser Durchgang durch das Thal einen höchst anmuthigen Spazierweg zu Fuss, zu Pferde oder zu Wagen. In den Nachmittagsstunden ist er von Fussgängern, Reitern und Fahrenden täglich besucht. Die Reiter und Reiterinnen sind meist in Gruppen und liefern, mit Kränzen geschmückt, ein echt national malerisches Bild. Die Wagen, die man erblickt, sind ziemlich primitiver und leichter Construktion, nur selten trifft man Galagespann, dagegen aber stets muntere heitere Züge der Insassen als einen sprechenden Beweis des Genusses, den ihnen diese Unterhaltung macht und wie wohl sie sich dabei fühlen.
Oestlich vor dem Eingang in das Thal liegt ein einzelner, gleichwie von menschlicher Hand symmetrisch gebildeter Bergkegel, der in seiner Form sehr ähnlich den giganten Grabhügeln der „Inka’s“ im Grossen ist. Dieser Hügel wird genannt „des Teufels Punschbowle“. Dieser Name wurde in neuerer Zeit aus religiösen Gründen in „Punch-Bowl-hill“ umgewandelt.
Vom Gipfel dieses Hügels, den eine schon vor längerer Zeit sich gefüllte Versenkung des erloschenen Kraters „Núaná“ bildet, entfaltet sich eine herrliche Rundsicht über Stadt und Thal, den südlichen Theil der Insel und den Ocean, und wird derselbe oft zu Ausflügen und Picknicks benutzt.
Verwitterte Lavaniederströmungen zeichnen sich noch deutlich an den Böschungen des Kegels ab. Die Umgebung der jetzt gefüllten Kratervertiefung bildet ein schwülstiger, versteinerter Lavakranz. Die gegenwärtige Vertiefung beträgt nur 21′ und ist einem Mörser in der Form ähnlich.
Unmittelbar am Fusse des Kraters befinden sich noch zwei andere Vertiefungen früherer Nebenkrater, die mit Wasser gefüllt, kleine fischreiche Teiche bilden, die der Landschaft einen lieblichen und eigenthümlichen Anstrich geben, da die Insel keine Seen hat.
Auf der Höhe dieses Kegels, unmittelbar an der Kratervertiefung erhebt sich eine Flaggenstange, vor der in Reih’ und Glied eine Batterie diverser Geschütze verschiedensten Kalibers und verschiedenartigster Nationalität, mit ihren Läufen auf die Stadt und den Hafen gerichtet, stehen. Wenn die Brauchbarkeit derselben eine bessere wäre, so wäre die Lage derselben eine ausserordentliche zur Vertheidigung des Hafens und würden einen ernsteren Eindruck machen, während der jetzige Zustand der Batterie zufolge der grellen Verschiedenheit ihrer Geschütze einen lächerlichen macht.
Die Umgebung des Kegels, namentlich in südlicher Richtung der Diamantfelsenspitze zu, besteht — als Gegensatz zum üppigen Nuúanú-Thale und den lieblichen Gestaden von Waikiki — aus einer Ebene, die theilweise sandig theilweise mit altverwitterter Lava oder mit Gneiss-, Granit-,[S. 120] Kalkstein, Muschelstein und versteinertem Lava-Geröll überdeckt ist und auf der nur hin und wieder krüppeliges Gestrüpp, Dracenen, Cactusse, Disteln und das sogen. „pili“-Gras stellenweise wächst und eine höchst geeignete Strecke für ein Schlachtfeld bietet. Es werden auch auf derselben die Pferderennen, die kleinen Manöver der Hawaii’schen Armee und hin und wieder auch die der ausländischen Kriegsschiffe abgehalten.
Nach zurückgelegten 4 Meilen von der Stadt mit oftmaligen prachtvollen Rückblicken auf Honolulu erreicht man das sogen. „Half-Way“-Haus des Mr. Arčia, eines liebenswürdigen, höchst unterrichteten, alten Herrn, der hier eine Temperenz-Restauration mit guter Küche hält.
Nach weiteren zurückgelegten 2 Meilen von Mr. Arčia aus oder in Summa zurückgelegten 6 engl. Meilen durch das Thal, stets steigend, verengt sich dasselbe auffallend plötzlich zu einer engen Schlucht und die Vegetation nimmt mit allmählig steiler werdenden Seitenwänden ab, bis dieselben in kahle Felswände vulkanischen Charakters übergehen.
Hier beginnt das Geröll von Gneiss, porösem Granit, Basalt, Kalk-, Korallen- und Muschelstein im wildesten Durcheinander zuzunehmen, bis die Schlucht auf einer Höhe von 1200′ überraschend plötzlich aufhört.
Hier entfaltet sich ein schöner freier Blick rückwärts über den südlichen Theil der Insel und vorwärts über die sichelförmige Ebene des nördlichen Theiles derselben und nach rechts und links über den dürren, wildzerissenen Kamm des Gebirges.
Unmittelbar vor Einem liegt ein tiefer Abgrund, der die fürchterliche Stelle bildet, wo 1794 Kamehámehá I., der Grosse, seine verbündeten Feinde, den König Kuakili von Oahú, und Kaéo, König der Insel Kauai, fechtend eingedrängt und dieselben gezwungen hatte, sich mit ihren Schaaren in den 1200′ tiefen Abgrund zu stürzen, wo sämmtliche den Tod ohne Ausnahme fanden und in Folge dessen Kamehámehá I., Besitzer der Insel Oahú wurde.[S. 121] Noch sieht man Unmassen von Knochen der Verunglückten am Fusse des Abgrundes.
Von dieser Höhe, dem sogen. „Pali“-Pass, führte früher nur ein gefährlicher, schmaler, höchst beschwerlicher Steig zur nördlichen Seite der Insel hinab, jetzt jedoch ist eine von Sträflingen meisterhaft im Zickzack in den Felsen eingehauene, jedoch schmale Niedersteigung für Reiter vorhanden, die bei hellem Tage mit sicherem Pferde ungefährlich zu passiren ist, denn es sollen sogar am Tage leichte Einspänner den Weg gewagt haben — ein Wagniss, welches unzweifelhaft gefährlich und nicht anzurathen ist.
Den meist schwindelerregenden, oft recht glatten Zickzackweg hinabsteigend, bei vollster Sicht über die nördliche Seite der Insel und auf den glänzenden Ocean, gelangt man zur Ebene, und, über dieselbe circa 8 engl. Meilen schreitend, erreicht man den Hafenort Káneohé.
Die Ebene ist reich an Feuchtigkeit und es charakterisirt dieselbe eine sichtliche Üppigkeit des Graswuchses, in Folge dessen in Vergleich zum südlichen Theile der Insel hier schöneres, fetteres Rindvieh und namentlich schmucke Ziegen zu treffen sind. Das überaus wuchernde, stachlige „pili“-Gras macht vollständig die Schafzucht unmöglich, indem das Verschlucken dieses Grases den Schafen einen gefährlichen Husten und durch das Eindringen desselben in die Wolle eine gefährliche Entzündung der Haut verursacht.
Wenn man vom „Pali“-Pass niedersteigend anstatt gerade aus auf „Káneohé“ rechts geht, so erreicht man in südöstlicher Richtung im Distrikt Waimonalóa, das Dorf Kailua, drei engl. Meilen vom Pali entfernt.
Kailua besteht aus nur wenigen Hütten und einer Schule. Der grösste Theil des Distriktes ist Eigenthum des Oberrichters Mr. Harris. 5 Reisplantagen gaben dem Distrikt ein üppiges Aussehen. Es sind die Plantagen der Chinesen Lu-Sang, Ah-Ho, Wong-Long und Ah-Su. Zahlreiche wilde Enten, Gänse und Fasanen sind sichtbar. Letztere, die importirt, sollen sich bedeutend vermehrt und durch die ganze Insel sich schon verbreitet haben.
Den östlichen Theil des Distriktes bildet das Thal von[S. 122] Waimanalóa, dessen Ausgang die dünenreichen Ufer des Oceans begrenzen. Das Thal ist fruchtbar und bildet das rentable Revier der „Waimanalóa“-Zuckercompagnie, die hier einen Landungsplatz hat, von dem aus wöchentlich viceversa eine Verbindung mit Honolulu stattfindet.
Links vom früher erwähnten Dorfe Kailúa liegen die Reisplantagen und Fischteiche von Kawainui, und links von den Reisplantagen des Ah-Ho und Lu-Sang und an der an wilden Enten, Gänsen, Tauchern, Wasserhühnern reichen Lagune von Kawainui liegt die höchst flache Strecke von Kapaá, die durchweg mit Reis und „tarro“ bebaut ist.
Auf der ganzen Strecke, wo nicht Zuckerrohr, Reis oder „tarro“ gebaut ist, befindet das Land sich unter verhältnissmässig üppigem Graswuchs, jedoch mit überwucherndem „pili“-Grase, krüppligem Gestrüpp, Cacteen, Disteln, für den Weidegebrauch verdorben.
Dieser Strecke angrenzend, dem „Pali“-Passe gegenüber, liegt das früher erwähnte Kaneohé, ein kleiner Ort mit nur einigen Hütten, 2 chinesischen Kaufläden und 2 chinesischen Restaurationen, wo man gute Unterkunft haben kann. In der Nähe derselben befindet sich eine protestantische Missionsanstalt nebst Schule und Kirche und, circa 2 Meilen entfernt, die römisch-katholische Missionsanstalt ebenfalls mit Kirche und Schule, umgeben von einer geordneten, hübschen Gartenanlage.
Den Ort bildet die Zuckerplantage des Mr. Harris mit Landungsplatz für Schooner und zahlreichen mit Steinwällen umgebenen Fischteichen.
Von Káneohé, d. h. links von der Zuckerplantage des Mr. Harris liegen in nordwestlicher Richtung zwei kleinere Zuckerplantagen und drei Reisplantagen, in welchen circa ein paar Dutzend kleine, von Kanaken oder Chinesen bewohnte Farmen zerstreut liegen und die der Landschaft einen bunten, höchst lebendigen Anstrich geben.
Auch hier, gleichwie früher besitzt das Terrain, wo kein Reis oder Zucker angebaut ist, eine üppig grüne, jedoch ebenfalls durch wucherndes „pili“-Gras und anderes Unkraut verdorbene Weide. —
Weiter nordwestlich zieht sich der sog. „Hoeii“-Distrikt, in welchem die grosse, reiche Zuckerplantage des Mr. Mc. Keague, am Ufer links vom Gebirge umgeben, liegt.
Dieser Plantage angrenzend folgt die üppige, fleissig bearbeitete Reisplantage des Chinesen Ah-Kau. Dann folgt ein fester Strandweg bis zu den Fischereigründen des Mr. C. Stewart. Dann folgt ein Weg über ein niedriges, jedoch höchst zersplittertes Gebirge in westlicher Richtung in das Thal Kaálaúloó, in welchem ausser 2 üppigen Reisplantagen auch die Zuckerplantagen der Mrs. Steves & Co. und die des Mr. Jakson mit bemerkenswerthen Fabrikseinrichtungen sich befinden. Die Wohnhäuser der letzteren namentlich liegen erhöht mit prachtvoller Sicht auf den Ocean und theilweise lieblich von den Bergen umgeben, die sich von 1500′-1800′ erheben und mit üppigem immer-grünem Gebüsch und auffallend mannigfaltigen Farnen bedeckt ist. Die Grasflächen sind üppig dem Anscheine nach, jedoch überwuchert vom „pili“-Gras. Dieses Thal soll 6 engl. Meilen lang und 1½ engl. Meilen breit sein.
Das Thal und die Zuckerplantage Jakson’s verlassend, führt dem sich schlängelndem Strande rechts entlang, dem Gebirge links entlang, ein fester, jedoch öder Weg in das „Waiáhóle“-Thal zum kleinen Dorfe gleichen Namens mit einer grossen Reismühle. Das Thal ist gefüllt mit zahlreichen kleinen Reis- und Tarro-Plantagen im buntestem Durcheinander.
Dann folgen Reisplantagen auf Reisplantagen bis zum Dorfe Waikáne, wo eine römisch-katholische und eine protestantische Missionskirche nebst den denselben gehörenden Gebäulichkeiten und circa ein Dutzend Hütten sich befinden. Diesem Dorfe folgt das Dorf Kúalóa, welches Besitz des königlichen Hofmarschalls C. H. Judd ist. Die Entfernung bis Honolulu soll 18 engl. Meilen sein. Der Betrieb des Besitzes besteht in Vieh- und Pferdezucht. Die Weide ist auffallend gut und die beste, die ich im Inselreiche getroffen. Ob die Ursache dieser bessern Weide in der Pflege derselben oder in der Bodenbeschaffenheit liegt, habe ich nicht ermitteln können. Das schöne Vieh,[S. 124] so auch die weidenden Pferde machen hier einen günstigen Eindruck.
Von Kúalóa 4 Meilen entfernt, liegt die Viehzucht treibende Subfarm des Mr. Judd Kauá, wo das Vieh von „Durhamer“- und die Pferde von reiner „Kentucky“-Race sind. Der Stand der Viehherde soll 500 Stück und die der Pferde 100 betragen.
Von Kauá folgt man dem hier recht steilen, üppig bewaldeten Gebirge, unmittelbar der Küste entlang durch die kleinen Dörfer Kaána, Makéo, an zahlreichen kleinen Reis- und „tarro“-Plantagen vorbei, links in Sicht eines Wasserfalles und eines höchst pittoresk gelegenen Kirchleins bis zum Dorfe Hauúla.
Von Hauúla, dem allmählig an Höhe und Vegetation abnehmenden Gebirge folgend, erreicht man Laïe, die Hauptansiedlung der Mormonen im Inselreiche, die ein Areal von 6000 Acker umfasst.
Im Jahre 1847 erschienen hier die ersten Mormonen auf ihrer Durchreise nach Californien. Einer der Apostel der Mormonen P. A. Cánnon übersetzte das Mormonen-Buch in die Hawaii’sche Sprache. Die Gemeinde des Inselreiches soll gegenwärtig 960 Seelen zählen. Sie steht unter einem Bischof. Ihr moralischer Einfluss auf den Hawaii’schen Charakter soll kein ungünstiger gewesen sein, da bei den Gliedern der Gemeinde die den Hawaiier charakterisirende Indolenz schwinden und dass Selbstbewusstsein zunehmen soll. Das nördlich gelegene Land der Mission ist unter die Glieder der Gemeinde parzellirt und befindet sich unter üppigem Reis- und „tarro“-Anbau. Der südlich gelegene Theil befindet sich unter Zuckerrohr und ist derjenige, wo die Gebäulichkeiten und die Mühle gelegen sind. Im Allgemeinen macht die Niederlassung einen geordneten, wohlhabenden Eindruck.
Laïe verlassend, folgt man in nördlicher Richtung, der nördlichsten Spitze der Insel zu und zwar durch die Ländereien von Kahukú, dem Besitz J. Campbels, einer echten Strandgegend mit gewaltigem Getöse der Wogen und der Sicht mannigfaltigster Seevögel. Das Gebirge links schwindet[S. 125] allmählig zu einem hochhügeligen Terrain, das eine ziemlich gute Viehweide ist. Von Kahukú schlägt man in westlicher Richtung die sogenannte Strasse von Waialúa, der südöstlichen Küste der Insel entlang, bis zum Orte gleichen Namens ein. Die Strecke ist eine wilde, öde zu nennen, die nur hin und wieder durch die verhältnissmässig üppigen Thalschluchten, die sich links in das sich wieder erhebende Gebirge ziehen, unterbrochen ist. Diese Thalschluchten sind grasreich und scheinbar durch Quellen reichlich bewässert. Der Ort Wailúa hat ausser seinen ziemlich zahlreichen Häusern 3 Kirchen, 3 Schulen und ein episkopales Seminar für Mädchen. Von hier führt ein gerader Weg in südöstlicher Richtung nach Honolulu durch das Thal von Waialúa, welches die beiden Gebirgszüge der Insel bilden und das ich auch einschlug. Die Strecke soll 25 englische Meilen betragen. Ein anderer Weg, der circa 45 Meilen bis Honolulu gerechnet wird, umzieht den nordwestlichen Ausläufer der „Waianae“-Gebirgskette bis zur westlichsten Spitze der Insel, dem Kap Keana und folgt alsdann längs der südwestlichen Küste der Insel entlang über die Orte Waianáe und Waïpio zur „Ewa“-Fläche.
Die Strecke von Waialúa durch das breite Thal gleichen Namens ist eine ebene, meist weglose, recht wilde Weidestrecke zu nennen und ist fast vollständig unbebaut.
Die Sicht der Gebirge von beiden Seiten ist pittoresk, namentlich die der „Waiánae“-Kette rechts, die auffallend üppig bewachsen ist und aus deren sehr gedrängter Masse der circa 4060′ hohe Kaála unter strotzender Vegetation sich erhebt.
Die Vegetation dieser Gebirgsmasse bildet stellenweise ein üppiges Durcheinander von Mimosen, Orangen, Kaffeestauden, „Thy“-Gewächsen, wilden Bananen, Pandanen, Farnen, hohem Schilf, struppigem, hohem Gras, krüppeligen Sandelbäumen u. s. w., durchflochten mit den verschiedensten Schlingpflanzen und Wurzeltrieben, und giebt selbiges dem Bilde den echten Charakter einer subtropischen Vegetation. Dieses ist aber, wie gesagt, nur stellenweise und kurzweilig,[S. 126] da auch hier die gewinnsüchtige Hand des Menschen verwüstend gehaust hat.
Die Viehheerden, die zahlreich in Sicht, kommen einem nach dem schönen Vieh des Mr. Judd kümmerlich vor. Viele Ziegen und zwar wohlgenährte, erscheinen hier und da. Höchst auffallend ist auch hier die Stille der Natur. Die Vögel und Thiere des Waldes scheinen sich zur wasserreicheren Küste des Gebirges zu verziehen.
Bei Waïpio, wo der früher erwähnte Strandweg sich mit dem des Thales vereinigt und den Schluss des Thales bildet, liegen die Ländereien des Mr. John J-i, dem Sprössling einer alten Häuptlingsfamilie.
Rechts vom Wege sind die sogenannten „Perl-Lochs“; es sind Lagunen, die eigentlich eine seichte Korallen-Bucht des Oceans bilden, sehr fischreich sind und, wie man sagt, in früherer Zeit in ihren Vertiefungen reichhaltige Austernbänke gehabt haben sollen, was sich klar durch die zahlreichen Muscheln derselben an den Bänken beweist. Die Auster soll ganz plötzlich von den Inseln des Reiches verschwunden sein und an Stelle deren sich eine giftige Auster gezeigt haben. Die Ursache ihres Verschwindens muss aller Wahrscheinlichkeit nach eine vulkanische gewesen sein.
Das Gras der Umgebung wird allmählig auffallend saftloser und härter, — die saftigen feinen Gräser schwinden und „Pili“-Gras, Cactus-Gewächse, Disteln und Dracenen herrschen auf der Fläche.
Von hier beginnt allmählig zunehmend das Felsen-, Stein- und Lavageröll der „Ewa“-Fläche, die übrigens nichts weniger als unfruchtbar ist, da genügende Alluviale- und Schlamm-Anschwemmungen vorhanden sind und auf der bei genügender Süsswasserbewässerung, die ihr leider fehlt, die üppigste Vegetation entwickelt werden könnte, während für den Augenblick sie nur eine wilde, todte Umgebung entfaltet, in der nur hin und wieder in den kleinen Niederungen der Fläche üppiger „tarro“, Reis und Fischteiche sich zeigen.
Sechseinhalb Meilen vor Honolulu liegt „Puúloa“, die mit Viehzucht und einer Reisplantage verbundenen Salz[S. 127]destillationswerke des Mr. J. Dowcett, der hier ein Areal von circa 25,000 Acker besitzt.
Kurz vor Honolulu liegt links das Asyl für Geisteskranke und die Verbesserungsschule, rechts das Gefängniss, die Quarantaine, die Schildkrötenteiche und der glänzende Ocean, und vor mir lag, durch die glänzend untergehende Sonne herrlich beleuchtet, das an schattigen Gärten so reiche Honolulu, gleich einer Gartenstadt, und die Brücke des „Panóa“-Baches überschreitend, durchzog ich die geschäftsvolle „Kings-street“ bei abendlicher Lebhaftigkeit ihrer Bevölkerung und war bald in meiner Behausung, Ecke der „Queen- und Richard-street.“
Ich will zum Schlusse meines Tagebuches einen Ueberblick meiner Eindrücke über die Constellation und den Charakter der Inseln im Allgemeinen wie im Einzelnen, sowie über die Fauna und Flora derselben wiederzugeben versuchen.
In ihrem Ursprung und ihrer Bildung sind sämmtliche Inseln dieses Archipels sich gleich, da sie bekanntlich alle durch die von Westen nach Osten, beide Continentalmassen durchschneidenden Centralvulkane der Südsee, resp. durch ihre Vertheilungen gleichwie die Gesellschaftsinseln und viele andern Inseln der Südsee aus der Tiefe gehoben und gebildet und allmählig durch Hebungen, durch Rücktritt der See, durch die Auswürfe nachträglicher Eruptionen ihrer Vulkane, durch gewaltige Ausströmungen der Lava in den Ocean und durch Anschwemmung verwitterter Lava und Gesteine ihrer Centralgebirge erweitert worden sind.
Das Gebirge resp. der Untergrund der Insel besteht aus schwarzem Basalt oder Trachyt, Dollerit, Melaphyr und Laven. Ihre Gipfel, d. h. wo nicht noch thätige Krater vorhanden, sind leicht vertieft. Die erloschenen Krater sind in ihrer Form napfförmig.
Höchst charakteristisch sind namentlich auf der Insel Hawaii die kleinen Reihenvulkane im nordwestlichen Theile der Insel: die „Koála“-Berge, und im südöstlichen Theile die Reihengebilde bei Kapéla und Kalahía, Letztere sind prismatische.
Der eisenhaltige mit Jod, Brom, Schwefel, saurem Natron, Gips und Kalk geschwängerte Humus der Inseln besteht aus Kieselerde, Thonerde, Alkalien, Kalkerde, aufgelösten alluvialen oder organischen Anschwemmungen, aufgelösten Vegetabilien und aus Sand, welcher durch gewaltige Herbeispülung des Grundes der Untiefe des Ocean’s durch die Woge, als angehäufte Sandmassen der Umgebung der Ufer oft in Dünen sich zeigt und durch Luft oder durch die Seewinde getrocknet, sich durch Stürme weiter in das Land und über dasselbe allmählig vertheilt hat.
Auch die Korallenbänke, die sich nur am südlichen Ufer der Inseln befinden und die Riffe, sind oft mit solchen Sandanhäufungen umgeben oder überzogen, Sandbänke bildend.
Unter den Laven der Vulkane, die blasenförmige Lücken bilden, findet man meist basaltische resp. feinkörnig krystallische und gleichmässig gemischte, sowie auch erdige resp. äusserst feinkörnige, kleine, krystallinische Theile bildend, obgleich dieselben oft ein porphyrartiges Aussehen haben.
Die Asche, gleichwie der Sand der Vulkane, sind fein zu grauem Mehl oder Kies zertheilte Lava oder Krystalle von Feldspath, Titaneisen, Magneteisen, Olivin, Achat u. s. w.
Die Fauna der Inseln ist im Allgemeinen die gleiche und ist nicht nur in ihrer Mannigfaltigkeit, sondern im Grossen und Ganzen eine arme zu nennen, und ich will, wie folgt, einen kurzen Ueberblick geben.
1) Säugethiere: Mammalia. Von Säugethieren gibt es einheimische keine, es sei denn, der Walfisch und die Delphinenarten des Oceanes. Die im Inselreiche gegenwärtig vorhandenen Säugethiere sind importirte, die theilweise in früherer Zeit importirt und verwildert sind, wie das Schwein und der Ochse, die man auf den Hochplateaus der Insel Hawaii irrthümlicher Weise als Büffel und Eber jagt sowie ferner in neuerer Zeit importirte Rehe und Hirsche, die sich wie man sagt, ausserordentlich vermehren sollen, denen ich aber bei meinen Ausflügen auf den Inseln nicht begegnet bin. Die Schweine müssen aller Wahrscheinlichkeit in urältester Zeit, viel[S. 129]leicht zur Zeit der Einwanderung der jetzigen Race der Bevölkerung, die eine westmalayische ist, importirt worden sein. Da die Hawaiier, als das erste Rindvieh und andere ihnen unbekannte Säugethiere importirt wurden, stets dieselben mit dem Namen „Schweine“ bezeichneten, wie z. B., als Vancouver in das Land das erste Rindvieh als Geschenk dem Könige Kamehá-mehá I. brachte, benannten sie dasselbe als „puaá-pepei-aúhaó“, d. h. „Schweine mit grossen Hörnern“.
Einen Widerspruch zu meinem Ausdrucke „keine Säugethiere“ bilden die Fledermäuse, die sich als einziges einheimisches Säugethier manigfaltig und zahlreich zeigen.
Die im Inselreiche sich stark vermehrenden Mäuse und Ratten sind unzweifelhaft durch die Schiffe der Walfischfahrer oder andern importirt worden, da dieselben im Innern der Insel nur selten zu treffen sind.
2) Vögel (aves).
a. Raubvögel (aves rapaces) sind als Seeadler, Fischadler und Habichte zu finden. Nachtraubvögel sollen nicht vorhanden sein.
b. Singvögel (aves oscines) sind verhältnissmässig wenige vorhanden und das nur Zugvögel, z. B. Lanius colurio, der Neuntödter, und Lanius minor, der kleine Würger, Wiedehöpfe u. s. w. Der Paradiesvogel soll früher einheimisch gewesen sein, Paradisea apoda.
c. Klettervögel (Scansores. —) Ebenfalls sind nur einige Zugvögel derselben vorhanden, z. B. der von Jahr zu Jahr seltener werdende Trogu.
d. Schreivögel (Clamatores), ebenfalls nur Zugvögel, z. B. der rabenähnliche Coracias, der Buceros rhinoceros und andere.
e. Tauben (Columbae) sind sehr zahlreich vertreten und doch auch nur als Zugvögel, z. B. die Wandertaube, Columba migratoria, die Turteltaube, Columba turtur, verschiedene Kronentauben u. A.
f. Hühnervögel (Galinacei) sind auch nur Zugvögel z. B. die Wanderwachtel, Coturnix, das Fusshuhn, Megapodium. Die sich stark vermehrenden Fasanen[S. 130] verschiedener Arten, namentlich der chinesische Silberfasan und andere echte Hühnervögel sind zur Zeit des Königs Kamehá-mehá III. importirt worden.
g. Laufvögel (Cursores) gibt es nicht.
h. Sumpfvögel (Grallatores) sind wenige vorhanden und zwar nur Zugvögel, z. B. Regenpfeiferarten, Schnepfenarten und Fischreiher.
i. Wasservögel (Natatores). Ausser den an den Ufern des Oceans sichtbaren Tauchern, Alken, Möven, Albatros, Seeschwalben, trifft man in den Sümpfen der Hochebenen Schwäne, Gänse, Enten, von letztern sind mehrere wahrscheinlich, Dank den klimatischen Verhältnissen, ständige.
3) Reptilien (Reptilia). Mit Ausnahme der Seeschlangen, Hydrophis, verschiedener Schildkröten des Meeres, unter denen auch die Chelonia imbricata, die Riesenschildkröte sich zeigt und auf dem Lande einiger Eidechsenarten gibt es keine Reptilien.
4) Lurchen (Amphibiae) sind verhältnissmässig nicht stark vertreten. Man findet jedoch den Grasfrosch, Rana esculenta, den dunkelbraun gefärbten Rana temporaria und die Unken. Den gefleckten Salamander habe ich nur einmal und das auf der Insel Kauai getroffen, ein Beweis, dass er vorhanden sein muss.
5) Fische (Pisces) sind höchst manigfaltig in ihren Arten im Meere. Im Süsswasser gibt es nur importirte, die sich überraschend vermehren.
6) Insecten (Insecta).
a. Käfer (Coleoptera) sind als einheimische nicht manigfaltig. Seit dem Eindringen der Kultur der Europäer und dem Importe von Vieh nehmen sie an Manigfaltigkeit zu, z. B. Schwimmkäfer, Keulenhörner als: Aaskäfer, Todtengräber etc.; Schnellkäfer, Weichkäfer, Schattenkäfer, z. B. der Mehlkäfer; Rüsselkäfer, die sehr zahlreich mit dem Reis und Zuckerrohr eingeführt werden; Blattkäfer, die sehr zahlreiche und wie es scheint, „indigenae“ sind; Zwergkäfer sind zahlreich[S. 131] in den Moosen und Flechten und sind „indigenae“ zu betrachten.
b. Hautflügler (Hymenoptera) sollen früher nicht vorhanden gewesen sein und erst durch die Cultur der Europäer, Amerikaner und Chinesen importirt, sich stark vermehren, z. B. verschiedene Blattwespen, Schlupfwespen u. s. w., sowie die verschiedensten Ameisenarten. Die Biene wird mit Macht importirt, da sie im Lande nicht einheimisch, in demselben jedoch ausserordentlich günstig fortkommt.
c. Schmetterlinge — (Lepidoptera) sind nicht manigfaltig, theilweise jedoch scheinbar einheimisch. Sie nehmen gleichwie die vorhergehenden Insecten durch zufälligen Import der Larven oder Puppen bedeutend zu.
d. Zweiflügler — (Diptera) sollen früher nicht vorhanden gewesen und erst durch Europäer, Amerikaner und Chinesen eingeführt worden sein, z. B. verschiedene Mückenarten, die Sandfliege und andere Fliegen nehmen an Manigfaltigkeit und Zahl im Inselreiche erschreckend zu.
e. Netzflügler — (Neuroptera), die gleichwie die letzteren früher nicht vorhanden, nehmen jetzt bedeutend zu, z. B. die Florfliege — Chlorops und Kameelhalsfliegen etc.
f. Geradflügler — (Orthoptera) sind verhältnissmässig nicht manigfaltig, nehmen aber ebenfalls zu und das namentlich in Folge der zunehmenden Dürre des Landes, z. B. Feldgrillen, Heimchen, Heuschrecken, Zirpen.
g. Halbflügler — (Rhynchofera) sind sehr zahlreich und manigfaltig, als: Baumwanzen, Blattwanzen, Schildwanzen, Bettwanzen, Ohrwürmer.
h. Flügellose (Aphoniptera) — als: Flöhe, Läuse in Form von Pflanzen- und Thier-Parasiten. Das aus Amerika mit Zucker importirte, höchst lästige, sog. Silberfischchen, Lepisma sacharina, ist zahlreich vorhanden.
7) Tausendfüssler (Miriapoden) sollen früher im Lande vollständig unbekannt gewesen und erst durch Europäer,[S. 132] Amerikaner und Asiaten eingeführt worden sein und sie vermehren sich sichtbar als Tausendfüssler und Skolopender.
8) Spinnenthiere, (Arachnoiden) findet man als eigentliche Spinnen (Araneiden), und Milben in grosser Manigfaltigkeit und scheinen theilweise einheimisch gewesen zu sein, sich jedoch in ihrer Manigfaltigkeit in Folge des Fremdenverkehres bedeutend vermehrt zu haben. Scorpione, sowie auch die Tarantel waren früher vollständig im Lande unbekannt gewesen und sind rein importirte, sich ausserordentlich vermehrende Qualen des Landes geworden.
9) Krustenthiere (Crustacea). Von den Krebsen findet man nur Krabben. Unter den Stachelfüssern kommt der Limulus polyphemus und unter den Rankenfüssern die an den Riffen festsitzenden Meereicheln verschiedener Arten vor.
10) Räderthiere, (Rotatoria) kommen wahrscheinlich im Süsswasser der Inseln vor.
11) Würmer (Vermes) sind in den verschiedensten Arten im Ocean und auf dem Lande zu finden, z. B. unter den Ringelwürmern die Seeraupe, Aphrodite, der Meerskolopender, Syllio, der Röhrenwurm, Serpula, im Ocean und Regenwürmer auf dem Lande u. s. w. Eingeweidewürmer sind natürlich vorhanden. Die Trichinen und Bandwürmer waren früher unbekannt und sind als importirte angesehen, sind aber wahrscheinlich unbemerkt vorhanden gewesen.
12) Weichthiere, (Moluska) unter denen von den Kopffüssern, Cephalopoden, Octopusse, Loligusse, Nautilusse. Schnecken sind zahlreich im Ocean, nur wenige auf dem Lande, letztere nehmen jedoch ebenfalls durch den Import verschiedener Pflanzen an Manigfaltigkeit zu, z. B. die nackte Wegschnecke, Arion, Limax und Boulimus-Arten; Kammkiemer-Arten sind im Ocean höchst manigfaltig vertreten, unter denen namentlich hervorzuheben sind: Die Fasianella bulimoides, Solarium perspectivum, Nerita polita, Cyprea tigris, Conus generalis, Strombus gigas, Cassis- und Murex-Arten. Kielfüsser (Hetéropoda) sind zahlreich im Ocean vorhanden, als namentlich in grossen[S. 133] Massen der Clio borealea als bekanntes Futter der Walfische.
13) Strahlthiere, (Radiata). Unter den Muschelthieren sind namentlich die Austern hervorzuheben, die früher im Inselreich sehr zahlreich gewesen, was die zahllosen Gehäuse derselben an den Korallenbänken beweisen. Augenblicklich sind im Inselreiche keine lebenden vorhanden. Das plötzliche Verschwinden derselben lässt sich nur in Folge vulkanischer Einwirkungen erklären. Das Merkwürdige bei der Sache ist nur, dass an Stelle derselben ein austernartiges und zwar ein höchst giftiges Thier sich eingefunden hat, welches ebenfalls an den Korallenbänken haftend, die Eigenschaft hat, jede durch dasselbe erzeugte Wunde lebensgefährlich zu machen. Das Gift desselben ist bisher noch nicht untersucht worden. Die Eingebornen benennen die Muschel „Kaunóa“. — Ausserdem sollen Maleus-Arten, Pinna-Arten z. B. Pinna (squamosa), verschiedene Theredo und Solen, als Armfüsser, z. B. Liegula terebrátula, und auch andere vorhanden sein. Die Mantelthiere sind sehr zahlreich und meist phosphorescirend. Unter den Sternwürmern, unter denen z. B. der Holothuria tubulosa, sind verschiedene Arten zu finden, und unter den Stachelhäutern, z. B. der Oreaster reticulatus und Pentacrinus caput Medusae.
14) Moosthiere, (Bryozóa) scheinen nicht vorhanden zu sein.
15) Darmlose Thiere, (Coelentherata), findet man als Quallen, z. B. Acalepha medusa und Physóphora; als Polypen, die überaus zahlreich vertreten, die Mecandrina daedalea, oder Labyrinth-Koralle, die Horn-Koralle Gorgonia, die Korkkoralle Tubipora musica. —
16) Urthierchen, (Protozoa), sind natürlich im Ocean, wie im Süsswasser zu finden, namentlich Schwämme, Spongien, an den Korallenbänken und am Grunde des Oceanes.
Die Flora des Inselreiches von Hawaii besteht, seit der ursprünglich die Gruppe der Inseln dicht bewaldende Sandelbaum vollständig geschwunden ist, aus verschiedenen[S. 134] stämmigen Akazien und Mimosen, baum- und strauchartigen Euphorbien, Mirtaceen, aus üppigen Balsamgewächsen, baumartigen Nesselgewächsen, Coronarien und Rosifloren, aus Cicadeen und den manigfaltigsten Farren und zwar bis zum Baumfarn, untermischt mit Pandonen, Pfeffergewächsen, Dracenen und verschiedensten Kryptogamen.
Die Grasflächen, die früher von üppigen Bäumen des Waldes beschattet waren, bestanden vorherrschend aus Cyperaceen, unter deren Schatten wiederum die saftigsten feinen Gräser vorhanden waren. Gegenwärtig, in Folge der Entwaldungen und hierdurch zunehmend eintretenden Dürren verhärten sich die Cyperaceen, schwinden die feinen Gräser, an deren Stelle Disteln, Cacteen, Coronarien, krautartige Farren, Schachtelhalme und verschiedenes Unkraut traten.
Die Kokospalme zeigt sich an den Ufern der Inseln, stellenweise Haine bildend, scheint mir jedoch eine importirte Pflanze zu sein, da man dieselbe nur in Nähe der Dörfer in Hainen und nie vereinzelt im Inselreiche trifft. Sehr wahrscheinlich ist es, dass dieselbe mit dem jetzigen Stamme der Bevölkerung der Inseln eingewandert ist.
Auf den Ackerfeldern findet man meist nur „tarro“, Reis und Zuckerrohr gebaut.
Die Ueppigkeit der Flora, wo dieselbe vorhanden, ist eine auffallend reichhaltige, doch zeigt dieselbe durchweg den verwüstenden Einfluss entweder des vulkanischen Elementes oder der menschlichen Hand.
Um einen Ueberblick derselben zu geben, will ich die Haupttypen der Flora des Inselreiches und die charakteristischsten Pflanzen derselben, wie folgt, zu schildern suchen:
I. Cryptogamen.
1) Algen, (Algae) sind überaus zahlreich vertreten.
2) Pilze, (Fungi) sollen weniger vertreten sein, in neuerer Zeit sich jedoch bedeutend vermehren.
3) Flechten, (Lichenes) sind in den verschiedensten Typen vorhanden.
4) Charen (Chareen), desgleichen.
5) Lebermoose, (Hepoticeen) desgleichen.
6) Laubmoose, (Musci frondosi) in manigfaltigster Art.
7) Farren, (Felices), sind im Inselreiche sehr reich vertreten und ich glaube behaupten zu dürfen, dass es schwer halten würde, von dem kleinsten Krautfarn bis zum prachtvollen Baumfarn eine existirende Art derselben im Lande nicht zu finden. Die Farren bilden den Hauptcharakter der hiesigen Vegetation und vertreten in ihrer Ueppigkeit die Palmenvegetation, die hier im Lande nur wenig vertreten ist. Pterus esculenta, ein Krautfarn, wird im Lande seines mehlhaltigen Stengels wegen genossen und „púlu“ genannt.
8) Schachtelhalme, (Equisetaceen) sind zahlreich und mannigfaltig im Inselreich vertreten und wuchern in den Weideflächen, in den Waldungen und auf der Heide.
9) Natternzungengewächse, (Ophioglosseae) sind ebenfalls zahlreich vertreten.
10) Wurzelfrüchtler, (Rhizogarpeen), kommen an den Bächen der Insel vor und das namentlich Marzilia-Arten, von denen einige von den Eingebornen als Speise benutzt werden.
11) Bärlappen, (Lycopodiaceen) sind zahlreich vertreten.
II. Phanerogamen.
A. Nacktsamige, (Angiospermen.)
12) Cycadeen vertreten im Inselreiche mit den Farren die Stelle der Palmen.
13) Nadelhölzer, (Acerosae), sind nur als importirte vorhanden, als z. B. Coniferen; fraglich bleibt es jedoch, ob nicht Gnetaceen einheimischer Art vorhanden sind.
B. Bedecktsamige (Gymnospermen).
14) Monocotyledonen — Einsamenlappige.
a. Fluriales | } | sind wahrscheinlich vorhanden, jedoch mir unbewusst. — |
b. Helobiae | ||
c. Hydrocharides |
d. Kolbenblüthige, Spadiciflorae, sind hier manigfaltig vertreten, als: Calaceen; Aroideen, z. B. der „tarro“ oder „Kálo“ genannt, (Arum esculentum), dessen[S. 136] Wurzel von den Eingeborenen als Hauptnahrungsmittel benützt wird; Thyphaceen als hochwüchsige Sträucher und als Schilf. Das Schilf und die Blätter werden zur Bedachung der Hütten und als Flechtwerk für Wände derselben benutzt. — Pandanen, z. B. der Pandanus verus, dessen Blüthen gemischt mit den Blättern des „Nioi“, (einer Atrocarpeae) von einheimischen Aerzten, den „Kahuna’s“ als Mittel gegen Fieber mit Erfolg gebraucht wurden, und der Pandanus littoralis, aus dessen Saugwurzeln der feste Bast zum Flechten der hiesigen Matten gewonnen wird.
e. Palmen, (Principes) sind nur selten zu finden und das nur krüppelig. Die Kokospalme, die hin und wieder Haine bildend, an der Küste zu finden, ist wie schon früher erwähnt eine in urältester Zeit importirte Pflanze gleich wie die areca-cleracea.
f. Spelzenblüthige, (Glumaceae) — sind als Gräser, (Gramineen) weniger vertreten und mehr krautartig vorhanden. Desto manigfaltiger sind aber die Cyperaceen, unter denen z. B. die „papaia“, eine carex, deren Wurzel oder Erdmandel, zerrieben und gemischt mit den zerriebenen Blättern des „Kowali“ (die ipomea pescaprae) und mit Salz vermengt, als Umschlag ein gutes Mittel gegen Verrenkungen ist; das „pili“-Gras, welches ein wucherndes Unkraut der Gegenden des ganzen Inselreiches ist, von den Pferden und dem Rindvieh hin und wieder gleichwie als Heilmittel aufgesucht und mit Begierde gefressen wird, ist aber durch seine stacheligen Samenkapseln den Schafen sehr gefährlich, da dieselben entweder bei ihnen eine Entzündung des Halses oder der Haut erzeugen.
Die Weideflächen waren einstmals mit Gräsern, Cyperaceen und nahrhaften Kräutern anderer Ordnungen und Familien reichhaltig bewachsen und obgleich sie nie, — wie es im Allgemeinen in allen tropischen und subtropischen Ländern der Fall ist — Wiesen bildeten, wie bei uns, so hatten sie aber[S. 137] den Ruf einer grossen Ueppigkeit und Nahrhaftigkeit. Seit der Entholzung des Landes schwinden die saftigen Kräuter, unter deren Schatten feinere Gräser die sengenden Sonnenstrahlen ertragen konnten, und daher schwinden auch die letzteren und es treten an ihre Stelle saure, harte Gräser oder graslose Flächen. Abgesehen von der Entholzung des Landes haben hierzu namentlich die übermässig zahlreichen Viehheerden beigetragen, als auch der Trieb einiger eingewanderter Unternehmer, an Stelle der natürlichen Weide der Tropen Wiesen unserer Art zu creiren, deren Bestand durch die Sonnenstrahlen der Tropen unmöglich gemacht wird.
g. Kronenblüthige, (Coronariae) sind manigfaltig vertreten, als: Binsengewächse in den Weideflächen; Spargelgewächse, z. B. Dracena draco, als Baum, der „Ki“ (Dracena terminalis), dessen Stengel, Blätter und Wurzeln, die aufgeweicht zur Heilung gebrochener, verletzter, geschwollener Glieder des Körpers als Umschläge von den „Kahunas“ gebraucht wurden; und manigfaltige Aloineen.
h. Die Yemspflanzen (Dioscoreae), sehr manigfaltig vertreten, so z. B. der „uhi“, Dioscorea pentaphylla, die als sedatives Mittel von den „Kahuna“ gebraucht wurde; es wurden nämlich die Wurzeln zerstampft und ¼ Liter Wasser zu ¼ Pfund dieser Masse für den Gebrauch gemengt und es ist höchst bemerkenswerth, dass dieses Mittel von den Malaien in vollständig gleicher Art zubereitet und als „ubi“ benannt, gebraucht wird; die Dioscorea patata wird als Nahrungsmittel benutzt.
i. Schwertlilien, (Ensatae), sind sehr manigfaltig vertreten als Agaven, Ananasgewächse u. s. w. — Sehr verbreitet, namentlich in den Weideflächen der Hochebenen ist die Ensis argentea, deren Blätter in der Form der Aloe ähnlich, mit grauweisser, oft ganz weisser Farbe und einem leicht-sammtartigen Hauche belegt sind, und aus der Mittelaxe der dicht[S. 138] gedrängten Blätter erhebt sich der Blüthenstiel, der ähnlich dem des wilden Zuckerrohres in einen Büschel endigt, der entweder ausgebreitet oder fahnenartig und dessen Farbe weissgrau, silberglänzend ist.
k. Gewürzschilfe, (Scytamineae) z. B. der Pisang oder Banane in verschiedener Art, deren Früchte bekanntlich genossen werden; die faulen Stämme derselben jedoch wurden hier von dem „Kahuna“, d. h. dem Arzte der Eingebornen, als Heilmittel für veraltete Wunden benutzt, indem die aufgeweichte Masse derselben als Compresse gebraucht wurde; dann der wilde Arrowrot als Sectamine Musacae und Cannacae.
l. Orchideen, Gynandrae, sind vorhanden.
— (2) 15. Dicotyledonen (Zweisamenlappige.)
(A) Parigonblüthige — Apetalae.
a. Serpentariae | } | Das Vorhandensein derselben ist mir unbewusst. — |
b. Aquaticae |
c. Mittensamige, (Centrospermeae), z. B. Sandelholzgewächse, die in früherer Zeit das gelbe und weisse Sandelholz lieferten und den Haupthandel des Inselreiches bildeten und den grössten Theil der Inseln bewaldeten, sind augenblicklich vollständig ausgerottet bis auf einzelne krüppelige Stämme, die hie und da sich noch vereinzelt zeigen; ausserdem gibt es noch einige Arten Loranthaceen.
d. Pfefferartige, (Piperitae), finden sich in zahlreichen Arten z. B. der „ava“, (piper methysticum), der ähnlich dem piper betlé ist und aus welchem die Hawaiier ein berauschendes, höchst schädliches Getränk bereiten; sie kauen nämlich in Gesellschaft den „ava“ und speien das Gekaute in ein hiezu bestimmtes Geschirr, wonach die gekaute Masse, einer Gährung überlassen, destillirt und als Getränk benutzt wird. Die zerstampften Blätter desselben mit der zerstampften „areka“-Nuss und gemahlenen verkalkten Korallen gemischt, wird gleich dem betle der Malaien zum Kauen gebraucht, ähnlich wie[S. 139] unsere Seeleute den Tabak benutzen. Die Rinde und die Wurzeln derselben werden, — d. h. als Extract, — gegen Hautkrankheiten von dem „Kahuna“ gebraucht. — Der piper cubeba wird vom „kahuna“ gegen Krankheiten der Geschlechtsorgane gebraucht.
e. Nesselgewächse, (Urticaceae) z. B. der „Kahui-láo-kaláni“ oder „nioi“ genannt, eine Artocarpee und ist ähnlich dem „Upas-pahu“ von Java (der Antiaris toxicaria) und gleich wie letzteres ein starkes Gift, welches von den „Kahunas“ zum „anaána“, d. h. dem sog. Todtengebete zur Vernichtung eines Menschen benutzt wurde. Der Glaube herrschte nämlich, dass der Gott Kolaípahoá im Baume sich aufhalte und das Gift bereite. Der Baum ist nur noch selten im Inselreich zu finden, da er, wie man sagt, zur Zeit Kamehámehá’s III. auf Befehl hat ausgerottet werden müssen. — Der Artocarpus incisa, d. h. der Brotbaum, dessen Frucht bekanntlich geniessbar, ist verhältnissmässig im Inselreiche nicht zahlreich zu finden. — Der Maulbeerbaum wird als „Morus alba“ und als „Morus nigra“ gefunden, soll jedoch importirt sein.
f. Kätzchenträger (Amentaceae) z. B. Plantanengewächse und Weidengewächse sind zahlreich zu finden.
g. Schneller, (Tricocceae), z. B. Rizinusstauden und der „makokó“, (Euphorbia multiformis), dessen milchigen Saft der „Kahuna“ mit ausserordentlichem Erfolge gegen Geschwülste oder Entzündungen brauchte.
h. Lorberen (Thymeleen), findet man als: Seidelbastgewächse (Daphnoideen), Proteaceen und Lorbergewächse (Laurineen).
i. Muskatnussartige, (Miristiceen) scheinen nicht vorhanden zu sein.
k. Spinatkräuter, (Oleraceen), z.B. der „mii-makole“ (Rumex acetosa) und „aweóweó“ (Chenopodium[S. 140] Sandwichium), das ähnlich dem Chenopodium ambrosioides (Mexiko), wurde von dem „Kahuna“ gegen Hämorrhoiden, bei Verwundungen gebraucht. Die geweichten Blätter derselben stillen das Blut. Als Thee wirken sie purgirend. Der Stand der Pflanze ist namentlich am Strande. — Der Rhabarber, (Rheum palmatum und compactum) — und viele andere Arten von Spinatkräutern sind vorhanden.
(B) Verwachsenblätterige Dikotyledonen — (Sympetalae.)
a. Grasnelken, (Plumbagines) sollen vorhanden sein.
b. Priemelblüthige, (Petalanthae) sind vorhanden, z. B. Maba ebenus, die Primula officinalis und andere.
c. Haiden, (Bicornes) sollen vorhanden sein.
d. Röhrenblumige, (Tubiflorae) z. B. der Tabak, (Nicotiana tabaccum) in vortrefflichen Sorten einheimischer und importirter Arten. — Capsicum annum, der spanische Pfeffer, wurde vom „Kahuna“ zur Blutstillung gebraucht, indem die Blätter und Wurzeln desselben mit Eucalyptus-Blättern zusammen aufgeweicht, als Compressen dienen. Der „Kowali“ (Ipomea pescaprae) dessen lange Stengel als sehr festes Bindematerial von den Hawaiiern gebraucht werden. Den Dampf von der erhitzten Pflanze brauchte der „Kahuna“ als Heilmittel gegen das Fieber und zur Heilung von Wunden resp. als Dampfbad. — Der „pohuéhué“ (Ipomea purga), dessen Extract aus den Wurzeln, als günstiger Gebrauch gegen Augenentzündungen benutzt wurde; dessen geweichte und dann gekochte Blätter verwandte der „Kahuna“ als Umschläge und auch innerlich bei Frauenkrankheiten, namentlich der prolapsis uteris. Die beiden letztgenannten Windengewächse brauchte der „Kahuna“ als purgirendes Mittel, indem er die Blätter und Wurzeln derselben zerstossen dem Kranken eingab. Zu bemerken ist, dass dieses Mittel, so auch die vorhergehenden die Indianer Mexiko’s in vollständig gleicher Weise gebrauchen. — Die Convolvulus batatae wird als Batate oder süsse Kartoffel[S. 141] genossen. — Die Convolvulus scamonia ziert reichhaltig und schön blühend die Gegend und den Strand.
e. Drehblütige, (Contortae), z. B. Strychningewächse als Baum und Strauch, deren Gift der „Kahuna“ als Heilmittel und zu Vergiftungen brauchte. — Jasmingewächse existiren als Baum und Strauch ungemein zahlreich. Der „Williwilli“ (Erithraea monosperma), dessen zerstossene Rinde gemischt mit zerstossenen Wurzeln des „Kowali“ (Ipomea pescaprae) der „Kahuna“ gegen die Geburtswehen der Frauen und als purgirendes Mittel gebrauchte.
f. Maskirtblumige (Personatae) sind mir unbewusst.
g. Nüsschentragende, (Nuciliferae), z. B. der Teak (tectonia), als Baum selten, als Strauch zahlreich vorhanden. —
h. Geissblattartige, (Caprifoliae), sehr manigfaltig als Bisamkräuter in den Weideflächen. Rubiaceen, als Kaffeebaum, Krapp- und Labkräuter sind höchst manigfaltig.
i. Glockenblüthige, (Campanulinae), sind als Kräuter und Sträucher vorhanden. —
k. Haufblüthige — (Aggregatae) als Baldriangewächse (Valeriana), Kardengewächse, und Compositen, unter denen namentlich die Disteln von Jahr zu Jahr zunehmen. — Auch findet man die Arnica montana auf den Höhen und ziemlich häufig die Micamia guaco, Artischocken, Sonnenblumen u. s. w.
(C) Getrenntblättrige Dikotyledonen — (Polypetalae).
1. Reihe: Calyciflorae — Kelchblüthige.
a. Scheibenblumige — Discanthae, sind mir unbewusst.
b. Hornfrüchtige, Corniculatae, z. B. der „punalima“ (sedum fallax), der Mauerpfeffer, den der „Kahúna“ als purgirendes Mittel gebraucht. Auch kommen verschiedene Saxifrageen vor.
c. Kürbisfrüchtige — Peponiferae, als: Melonen, namentlich aber Kürbisse verschiedenster Art, deren[S. 142] Schaalen die Eingebornen zu Speisegeschirren, zu den erdenklichsten Haushaltungsgeschirren und zu ihren musikalischen Instrumenten benutzen. — Auch die rankende Passionsblume ist vorhanden.
d. Kaktuspflanzen, Opunticae, sehr manigfaltig und von Jahr zu Jahr mit der zunehmenden Dürre sich vervielfältigend.
e. Kelchblüthige, Calicanthae, z.B. der Pfeifenstrauch (Philadelphus coronarius) und Lawsona alba und die Alkanna-Wurzel u. A.
f. Myrthenblumige, Myrthiflorae, sind sehr manigfaltig vertreten; unter den Myrtaceen auch der Eucalyptus, von denen, namentlich vom Eucalyptus globulus der „Kahuna“ die Blätter gemischt mit denen des Capsicum annuum (spanischer Pfeffer) gegen Fieberkrankheiten benutzte.
g. Rosenblüthige — Rosiflorae — sind vorhanden als z. B. u. a.: der Hawaii-Bergapfel, der eine Rosacea ist und dessen Frucht der Mispel ähnlich, höchst saftig und wohlschmeckend ist, verschiedene Crataegus- und Sorbus-Arten.
h. Hülsenfrüchte — Leguminosae sind zahlreich vertreten als Bäume, Sträucher und Kräuter in den Wäldern wie auch unter den Pflanzen des Weidelandes. Unter den Mimosen-Gewächsen sind namentlich 5 Arten des sog. „Koa“ (Akazien), die die Hauptflora des Inselreiches bilden, zu bemerken, unter denen z. B. die ebenholzartige Acazia falcata mit beständigem Wechsel ihrer Blüthenfarbe das hauptsächlichste und festeste Nutzholz liefert. Ausserdem findet man verschiedenste Mimosen und Cassia-Arten.
i. Faulbaumartige — Frangulaceae — sind mir unbewusst.
k. Balsamgewächse, Therebinthineae; unter denen ist zahlreich der Rus coriaria vertreten, von welchem der bekannte Gerbestoff, der „Summach“ gewonnen werden könnte, jedoch bisher im Inselreiche noch[S. 143] nicht als Handelsartikel benutzt wird; der Mangobaum (Mangifera indica). — Ausserdem sind verschiedene Burseraceen und Butaceen zu bemerken.
2. Reihe: Bodenblüthige, (Talamiflorae).
a. Nelkenartige, Cariophyllineae, sind ebenfalls vorhanden, unter denen z. B. das Sandkraut (arenaria elimus).
b. Säulenfrüchtige — Columniferae — unter denen namentlich der „hau“ (Hybiscus tiliaceus) als strauchartiges Malvengewächs mit weichem Holze zu nennen ist, welches wuchernd im Inselreiche gefunden wird. Die Eingebornen benutzen die Fasern der Rinde zu Angelschnüren und Bindematerial.
c. Wandfrüchtige — Parietales — sollen nicht vorhanden sein.
d. Guttigpflanzen, Guttiferae, verschiedenartig vorhanden, namentlich in Tamarindengewächsen.
e. Orangen — Hesperides — sind vorhanden.
f. Ahornpflanzen, (Acera) findet man als Sapindaceen (Lianen).
g. Milchkräuter, Polygalineae. Ob vorhanden ist mir unbewusst.
h. Storchschnabelblüthige — Gruinalis — sind vorhanden und zwar in Geranium und in Balsaminen-Gewächsen.
i. Mohnpflanzen, Rhocadeae, sind zahlreich, z. B. der „Kukui“ (Alliaria triloba), den der „Kahuna“ als Heilmittel gegen alte Wunden gebrauchte, indem er die zerstampften kleinen Nüsse der Pflanze mit den pulverisirten Blättern derselben vermischt, mit Speichel zu einen Teig geknetet und auf Blätter gestrichen, auf die Wunde legte.
k. Wasserrosen, Hydropeltineen, sollen nicht vorhanden sein.
l. Vielfrüchtige — Polycarpicae — sind namentlich als Ranunculaceen, die die Weideflächen oftmals überwuchern, zu treffen.
Im Charakter ihrer Physiognomie zeigen die Inseln[S. 144] eine gewissermassen bedeutsame Verschiedenheit, daher will ich es versuchen, jede Insel für sich in ihrer Physiognomie möglichst kurz zu schildern.
Die Insel Hawaii auch Ouaï genannt, hat als die grösste der Inseln dem Königreich und der Nation den Namen gegeben oder hat vice versa deshalb den Namen der Nation erhalten.
Die Insel ist durchgängig gebirgig. Das System des Gebirges bilden drei gewaltige Erhebungen, die des „Mauna-lóa“, des „Mauna-kéa“ und „Huálalai“, die mit weit ausgedehnten, im stumpfen Winkel sich neigenden, stellenweise gewaltig zerrissenen und mit Lavageröll bedeckten Hochebenen verbunden sind.
Die äussersten Gipfel der Gebirgskämme sind nur selten und zwar kurzweilig unter Schnee. Besonders eigenthümlich ist der dunkel schattirt, richtiger gesagt, dunkelgefleckte Schatten, den diese Gipfel auf den Ocean werfen.
An Kratern ist das Gebirge reich, an Formen steil, wild zerrissen und oft bis in den wild brandenden schäumenden Ocean sich als steile Abhänge oder Abgründe ziehend. Diese jähen Abhänge und Abgründe charakterisiren finstere Grotten, die durch gewaltige Ausströmungen der Laven ältester, älterer und neuerer Zeit in den Ocean entstanden und sehr verschieden in ihrem Colorit und in ihren meist dunklen Schattirungen sind.
Das Ufer der Insel ist meist steil, schroff und tief. — Die Umgebungen desselben, reich an Riffen, Korallenbänken, Lavabänken, tiefen Einschnitten oder weit in den Ocean sich ziehenden flachen Landzungen, macht einen wild zerrissenen, echt plutonischen Eindruck, der noch erhöht wird durch den charakteristischen, metallischen Glanz der grauen Farbe der starren Ufer, der Hochfläche des Ufersaumes und der ganzen Umgebung.
Die Insel Hawaii macht den Eindruck, dass dieselbe primitiv nur aus den 3 damals aus dem Ocean hervorragenden Vulkanen, dem „Mauna-loa“, „Mauna-kea“, und „Hualalaí“ bestand und dass dieselben durch frühere oftmalige Eruptionen, durch unterirdisches Sicherheben und[S. 145] Füllen mit den Erdgüssen der Lavamassen sich über dem Wasserspiegel vereinigt, und durch allmäligen Zuwachs die jetzige Form der Insel gebildet haben, wie es sichtlich durch die Wirkung der neueren Eruptionen, durch die — wenn auch langsamen — Vergrösserungen der Insel stattfindet und zwar nicht nur durch überseeische Lavazuströmungen, sondern auch durch unterseeische Zuströmungen und durch unterseeische Erhebung des Bodens.
Die Insel Maui ist von der Insel Hawaii durch einen 10 engl. Meilen breiten Kanal getrennt, den eine heftige Strömung und ein beständig stürmischer Luftzug charakterisirt. —
Die Insel besteht aus zwei Theilen, Ost-Maui und West-Maui. Beide Theile sind sich im Allgemeinen ähnlich, in der Formation jedoch verschieden.
In Ost-Maui haben sich durch die längere Ruhe der einstmals gewaltig wirksamen Vulkane ebenfalls Hochebenen, jedoch — im grellen Contrast zu Hawaii — sanft gegen den Ocean sich niederziehend gebildet, die mit fruchtbarstem Humus belegt, der Gegend einen üppigen Graswuchs, stellenweise eine niedrige Waldvegetation gestatten und zur Cultur sehr geeignet sind.
Ost-Maui bildet den grössern Theil der Doppelinsel und ist mit dem westlichen, kleinern Theile durch eine schmale Landzunge verbunden.
West-Maui erinnert im Kleinen in Bildung, Form und Charakter an die Insel Hawaii. Gleichwie letztere ist sie durchwühlt, zerrissen und, so zu sagen, gedrängt gehoben. Auch bei ihr im Kleinen findet man wie in Hawaii 3 ähnlich gelegene vulkanische Erhebungen, deren einstmalige Wirkung auf ihre Constellation allen Anzeichen nach wie die der Insel Hawaii gewesen sein muss.
West-Maui ist wild zerrissen, an Schluchten reich, in den Thälern und Schluchten üppig an Vegetation, ist aber trotz ihres Reichthums an Quellen, Bächen und fruchtbarem Boden durch die Zerrissenheit ihres Terrains und die zahlreichen Engschluchten ihrer Landschaft zu einer rationellen Cultur nicht durchweg geeignet, während Ost-[S. 146]Maui Dank ihrer sanft sich neigenden Landschaft mit ihrem meist fruchtbaren Boden, — wenn auch an Wald arm, daher schattenlos und den Strahlen der Sonne ausgesetzt und obgleich verhältnissmässig arm an Quellen und Bächen — zu einer rationellen Cultur höchst geeignet ist. Es erfordert aber zu den umfangreichen, künstlichen Bewässerungen und künstlichen Schattenerzeugungen bedeutende Betriebskapitalien.
Die Insel „Kauai“ hat nur einen Central-Vulkan, der durch seine einstmaligen Eruptionen — ähnlich wie in Ost-Maui der Haleakála — sanft sich neigende Ebenen gebildet hat. Die Wirkung der Eruptionen muss aber eine gewaltigere oder enger umschlossene gewesen sein als in Ost-Maui, da die sanft sich neigenden Ebenen, stellenweise gewaltsam durchrissen, durchwühlt, mehr den Charakter von West-Maui annehmen.
Gleich dem zeigt sich auch der Charakter ihrer Vegetation. Der grösste Theil der Insel trägt nämlich einerseits und zwar im noch üppigeren Masse, die Reichhaltigkeit der Vegetation von West-Maui anderseits, — die Nachtheile ausgenommen, — den Charakter der Vegetation von Ost-Maui, da Kauai durchgehends reich an Quellen und weniger schattenlos ist. Ihre üppigere Vegetation verdankt die Insel dem längeren Ruhestande ihrer Vulkane, die, wie man sagt, lange vor denen Maui’s erloschen sind.
Die Insel Oahú zeigt am wenigsten Folgen gewaltiger vulkanischer Umwälzungen und weniger Veränderungen ihrer Urform durch vulkanische Eruptionen. Die stattgefundenen und noch stattfindenden Erweiterungen verdankt die Insel mehr dem Bau der Coralle und den Alluvialanschwemmungen.
Die Ursache, dass die an Kratern reiche Insel weniger gewaltsam verändert worden ist, scheint mir gerade in diesem Reichthume der Krater zu liegen, da dieselben — zahlreich und niedrig, — ihre Kraft weniger auseinander sprengend ausgeübt und daher nur eine Veränderung durch die Ablagerung ihrer ergossenen Lava hervorgerufen haben.
Gebirgszüge der Insel sind 2: der nördliche, der sog.[S. 147] Nuaná, dessen südliches Ende die sogenannte Diamantspitze bildet und der südliche, der sog. Wainéa, der parallel dem ersteren den südöstlichen Theil der Insel durchzieht. Beide Züge sind reich an erloschenen Kratervertiefungen.
Die einheimische Flora der Insel Oahú ist verhältnissmässig zu der der andern Inseln eine ärmere zu nennen. Sterile Flächen nehmen einen grossen Theil der Insel ein. Demungeachtet ist Oahú durchgängig zu einer rationellen Cultur, da die Insel reich an Feuchtigkeit, sehr geeignet. —
Aehnlich Oahú ist der Charakter der Insel Molokai. Die übrigen Inseln mit Ausnahme der von Nihau und theilweise der von Lanai, bilden gegenwärtig wasserlose Felsmassen, die vegetationslos, culturunfähig und nur zeitweilig von Fischern bewohnt sind. —
Im Allgemeinen hinterlassen die bewohnten Inseln des Königreiches den Eindruck, dass — Dank ihrem Boden und ihren günstigen klimatischen Verhältnissen und ihrer gleichmässigen Temperatur — auf denselben jede Pflanze und zwar die Pflanze jeder Zone vortheilhaft gedeihen muss.
Die üppigste der Inseln ist unstreitig Kauai, und dieser folgen der Ueppigkeit nach Maui, Hawaii, Oahú, Molokai und dann die andern.
Die Insel Hawaii könnte die ertragreichste dieser Inseln sein, wenn nicht die weit ausgedehnten, mit Lava bedeckten Strecken nahezu die Hälfte ihres Areales einnehmen, und die Cultivirung derselben entweder unmöglich, zu schwer oder zu kostspielig sich herausstellen würde. Ausser dieser Ursache wirkt bedeutend lähmend auf die Entwicklung der Insel die beständige Erwartung neuer Ausbrüche ihrer Vulkane, wodurch natürlich die Muthlosigkeit der Einwohner erhöht und der Unternehmungsgeist derselben gehemmt wird.
Noch im Jahre 1856 war der Haupterwerbszweig der Inseln der regelmässige Besuch der hier zur Winterszeit zahlreich stationirenden Schiffe der Walfischfänger, die zu ihrem Hauptstapelplatz, seit über einem Jahrhundert, die Inselgruppe gewählt hatten.
Es sollen nämlich, wie man sagt, bisweilen in den[S. 148] Häfen der verschiedenen Inseln bis 500 und vor Honolulu seit der Entdeckung des Hafens oft bis 170 solcher Schiffe gelegen haben, die hier ihre Provision bezogen und ein, wenn auch demoralisirtes, so doch freigebiges Leben führten.
Im Frühjahr, von der Südsee kommend, würden die Schiffe hier ausgebessert, gereinigt und zum Sommerzug in den Norden gegen die Walfische der japanesischen und arktischen Gewässer und der Beringsstrasse gerüstet und die erforderliche Hülfsmannschaft unter den als Seeleute gewandten Eingebornen recrutirt.
Dieses regelmässige und lange dauernde Treiben einer Horde unternehmender, meist übermüthig freigebiger Abenteurer brachte regen Handel und Wandel den Inseln, gab der Bevölkerung — freilich auf Kosten ihrer Moralität — einen guten Verdienst und die ihr beliebte Möglichkeit ihre Gewandtheit in der See gegen eine verhältnissmässig gute Besoldung als Hülfsmannschaft zu verwerthen.
Von 1865 an begann merklich die Zahl dieser Schiffe abzunehmen. Die Ursache war die, dass einerseits die Walfische damals mehr nach Norden sich zurückzuziehen begannen, wodurch den Walfischfängern die nördlichen Häfen der westlichen Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika als Stationen sich günstiger ergaben und anderseits ihnen der Reiz der bisher so freien, moralisch ungebundenen Lebensweise im Inselreiche, durch das Christenthum, durch die alljährlich zunehmende Civilisation des Landes, die Einführung geregelter Gesetze, Verpflichtungen etc. etc. genommen wurde.
Im Inselreich ist zur heutigen Stunde fast vollständig diese den Inseln ergiebige Quelle versiegt und unerwartet rasch tauchte dem Lande die ernste Frage auf, durch welches Aequivalent dieser fühlbare Verlust ersetzt werden könnte.
Es erblühte freilich ein unwillkürlicher Ersatz im bald fühlbaren Umschwung zum Bessern der stark gesunkenen Moralität der Nation und diesem zur Folge eine allmälig zunehmende Hemmung der bis dahin abnormen Sterblichkeit der Nation.
Abgesehen von diesem geistigen Ersatz hatte das Aus[S. 149]bleiben der Walfischfahrer dem Inselreich noch den materiellen gebracht, dass die Bevölkerung, die bis dahin das abenteuerliche, freie Seeleben der Walfischfahrer der Landwirthschaft und der Häuslichkeit vorzogen, daher letztere vernachlässigten, sich jetzt mehr diesen Beschäftigungen hinzugeben und allmälig wieder auch die sehr vernachlässigte Fischerei zu heben begann. Die günstigsten Resultate zeigten sich bald in dem sich mehr und mehr aufschwingenden „tárro“-, Kaffeeanbau, Reisfelderanlagen — deren Aufschwung das Land den Chinesen, die fast die einzigen Anbauer derselben sind, verdankt — und Viehbetrieb.
Eine rationelle Landwirthschaft wird noch Zeit erfordern, um ein nutzbares Stadium im Lande zu erreichen, da die Natur der Kanaken zu einer systematischen Entwicklung derselben zu indolent ist. Die Viehzucht hätte — Dank den nahrhaften Gräsern und dem verhältnissmässig grossen Reichthum an gesundem Wasser — eine dankbare werden können, wenn nicht die Heerden schon jetzt zu übertrieben zahlreich geworden wären und wenn nicht die Devastation der Waldungen schon jetzt die Qualität und die Ertragfähigkeit der Grasflächen durch die denselben gefährlich gewordene Schattenlosigkeit und die von Jahr zu Jahr zunehmenden Dürren vermindert hätten.
Ein Aequivalent diesem schwer wieder gut zu machenden Uebel würde freilich der von Jahr zu Jahr zunehmende Anbau des Zuckerrohres bieten, wenn nicht derselbe — mit Ausnahme nur weniger nativer Grundbesitzer — ausschliesslich in den Händen einen raschen Erwerb suchender ausländischer Compagnien sich befände, wodurch der Bevölkerung die direkte Betheiligung an demselben vollständig genommen und daher auch der Nutzen desselben theilweise verloren geht.
Abgesehen davon, dass das hiesige Klima, der hiesige Boden und die Lage der Landschaft günstig dem Anbau des Zuckerrohres ist, so tritt noch der günstige Umstand hinzu, dass das Zuckerrohr keinen Schatten braucht, daher die Waldvernichtung und das Schwinden der Vegetation seinem günstigen Gedeihen nicht im Wege steht, seinem[S. 150] Betriebe aber doch. Denn gleich wie gerade der Zuckerrohr-Anbau theilweise die Ursache der übermässigen Entwaldung gewesen, so erfordert der Betrieb einer rationellen Zuckerrohrplantage die Arbeit durch Dampf, dieser zu seiner Entwicklung das erforderliche Brennmaterial, und dieses erweckt wiederum den unaufhaltsamen Trieb zur weiteren Entwaldung. Die Entwaldungen rufen zunehmende Dürren hervor, die mit der Zeit — und das progressiv — das Land seiner natürlichen Feuchtigkeit berauben und den Wasserreichthum desselben vermindern, wodurch die Frage entsteht, wie es mit den dem Zuckerrohr erforderlichen künstlichen Bewässerungen sein wird, wenn der Fall eintritt, dass nicht mehr das genügende Wasser zu diesem Zwecke zu schaffen sein wird. Den Unglauben an die Möglichkeit eines solchen Falles verwerfen die ernsten Zeichen der jetzigen Zeit schon, da stellenweise, namentlich auf der Insel Hawaii, sich ein derartiger Mangel an Feuchtigkeit gezeigt hat, indem der an und für sich poröse vulkanische Boden die Feuchtigkeit rascher verbraucht, daher auch mit den jährlich zunehmenden Dürren die Feuchtigkeit der so kostspieligen künstlichen Bewässerungen rascher absorbirt wird.
Höchst lucrativ wäre der Zuckerrohr-Anbau, wenn derselbe nicht so viel Brennmaterial erfordern würde, da das Holz, wenn die noch bestehenden Waldungen geschont werden sollen, bald nicht mehr genügend vorhanden sein wird und die importirte Steinkohle sich kostspielig erweist.
Ein gewichtiger Uebelstand zu diesem Anbau liegt im Mangel der erforderlichen Arbeitskraft. Die Zuckerrohrfelder gebrauchen Arbeiter in Massen und daher billige. Sie gebrauchen Arbeiter, die die Fähigkeit besitzen, im dumpfen, feuchten, heissen Rohrdickicht auszuharren und die nüchtern, fleissig und standhaft sind.
Der Kanake liebt nicht, sich zur Arbeit zu verdingen, liebt keine ihn fesselnde Arbeit und liefert daher nur selten zu dieser Arbeit fähige Individuen.
Es sind Versuche — und das günstige — mit Südseeinsulanern gemacht worden, die verwandt mit dem Stamm[S. 151] der Hawaiier, sogar eine gute Kreuzung erzeugen und eine günstige Einwanderung für das Inselreich sein würden, wenn nicht das continentale Australien dieselben in sein Land verlockten, wodurch ein Mangel derselben sich schon jetzt fühlbar macht. Es wäre der Chinese der richtigste Mann zu diesem Zweck, doch leider, solange das europäische Element seinen Einfluss im Inselreiche ausübt, wird hemmend einer gründlichen Einwanderung derselben entgegengewirkt werden, da die Furcht jener, dass diese in allen Beziehungen brauchbare, intelligente, nüchterne und arbeitsame Race einen Einfluss im Inselreiche erringen würde, höchst rege ist.
Der Kaffeeanbau gedeiht im Lande, und die Kaffeestaude wird auf den Inseln sogar wildwachsend gefunden. Die Cultivirung derselben, namentlich auf den Inseln Maui und Hawaii, würde ein rentables Unternehmen sein, wie es sich 1845 erwiesen, wo ein Export von 248 Pfund sich herausstellte. Es müsste die Pflanze jedoch nur als Baum gezogen werden, um dem Lande Schatten zu geben, da in Plantagen gezogen, dieselbe zur Anlage die Devastation des Waldes erfordert und nach 60 Jahren ein wüstes Land hinterlässt, wie es sich in Ceylon so fühlbar schon erwiesen hat.
Meiner Ansicht nach, einer Ansicht, die ich durch Aeusserungen verständiger Männer, die das Land kannten, gewonnen habe, wäre ein bedeutender Erwerbszweig durch eine ausgebreitete Seidenraupenzucht dem Lande eröffnet.
Die klimatischen Verhältnisse sagen dem Maulbeerbaum, so auch der Raupe zu. Der Charakter der Nation — der der Frauen gleichwie der der Männer — eignet sich zu dieser, wenngleich mühsamen, so doch physisch leichten Zucht.
Schon im Jahre 1840 wurden glückliche Versuche auf der Insel Kauai gemacht, die damals allem Anscheine nach die Seidenraupenzucht über die Insel Kauai rasch verbreitet hätten, wenn nicht durch den blinden Fanatismus gewisser, damals einflussreicher Missionäre — die Entheiligung des Sabbathes befürchtend — die den Raupen erforderliche Fürsorge an den Sonntagen verboten worden wäre, wodurch[S. 152] das glänzend sich gestaltende Unternehmen des Mr. Titcomb vereitelt wurde.
Um diesen lucrativen Erwerbszweig über das ganze Inselreich zu verbreiten, wäre verhältnissmässig wenig Kapital erforderlich, es wäre nur erforderlich eine bindende Garantie des Staates gegen Fälle, wie die des Jahres 1840 und die Fähigkeit und die Ausdauer eines Mannes wie Mr. Titcomb.
In Verbindung mit der Seidenraupenzucht wäre die der Obstbaumzucht zu empfehlen, da alle Obstarten jeder Zone im Lande günstig gedeihen und demselben Schatten geben. Da die Versendung des Obstes durch die gewaltige Entfernung des Inselreiches von den Continenten möglicherweise Schwierigkeiten hervorrufen könnte, so wäre das Einmachen oder Verzuckern derselben, zu welchem die Zuckerraffinerien des Landes ihre Produktion vortheilhaft verwerthen könnten, zu empfehlen.
Die beiden letztgenannten Culturen haben Folgendes für sich: dass sie zu ihrem Betriebe die Devastation der Waldungen nicht erfordern, dass sie Schatten erzeugen, dass sie keine bedeutende Arbeitskraft gebrauchen, dass sie im Kleinen gleichwie im Grossen vortheilhaft betrieben und leicht zur nationalen Ueblichkeit werden können, da ein Jeder, Arm oder Reich, im Stande sein wird, sie zu betreiben, und dem abgesehen würden dieselben allmälig auch die Indolenz der Nation ersticken und in derselben den produktiven Geist erwecken.
Ein grosser Uebelstand, der im Allgemeinen jedes Unternehmen im Inselreiche erschwert oder kostspielig macht, ist, abgesehen von der isolirten Lage und der weiten Entfernung des Inselreiches von den Continenten, wodurch die Beschaffung und die Reparatur der zum Betriebe gewisser Unternehmungen erforderlichen Einrichtungen und Gegenstände nicht nur einen bedeutenden Zeitaufwand erfordern, sondern auch bedeutend kostspieliger sich stellen, die herrschende Schwierigkeit, im Lande Capitalien aufzutreiben oder — im Falle dieses mit Schwierigkeiten gelingt — im hohen Zinsfuss desselben, der für die sicherste Hypothek mindestens 12% beträgt. Wer also mit aufgenommenem[S. 153] Kapital im Inselreiche ein Unternehmen beginnt, verfällt denselben Schwierigkeiten und dazu noch der der hohen Prozente.
Diese Uebelstände, da sie durch die Lage der Inseln hervorgerufen worden sind, werden nie vollständig beseitigt werden können, und es wäre dem Lande zu seiner Blüthe, seiner Erhaltung und seinem nationalen Wohlstande laut meiner Ansicht Folgendes erforderlich:
1) ihm eine, seiner Nation sympathische und zugleich lucrative Beschäftigung zu finden und dass namentlich eine, die die nationale Moralität zu heben vermag,
2) das Land in klimatischer Berücksichtigung vor fernerer Entholzung zu schützen,
3) die Viehzucht im Inselreiche gesetzlich zu beschränken, d. h. auf einen geringeren Massstab zu stellen, damit der Graswuchs des verhältnissmässig kleinen Areales nicht durch dieselbe in seiner Produktivität leidet,
4) die Einwanderung nützlicher, sich leicht und gerne naturalisirender Elemente, wie z. B. die der Chinesen zu unterstützen, die ob einflussreich oder nicht einflussreich werdend, in beiden Fällen dem Lande in jeder Beziehung mehr Vortheil als Nachtheil bringen werden, wie es die Insel Java genügend beweist. Man muss natürlich das Land zur Erhaltung des nationalen Charakters, des nationalen Typus vor der chinesischen, gleichwie vor jeder fremdnationalen Monopolisirung schützen.
5) Ein nur langsam progressiver Fortschritt und das namentlich in den Einrichtungen mit Dampfbetrieb, die soviel als möglich vermieden werden müssten.
6) Erhaltung der Naturkräfte des Landes und wo dieselben durch Uebereilung oder durch die Erwerbswuth gewisser Unternehmer geschädigt worden, dieselben sofort zu ersetzen und zwar namentlich durch die Erhaltung der noch bestehenden und die Wiederpflanzung der vernichteten Waldstrecken unter dem Schutze eines geregelten Forstgesetzes.
7) Erhaltung und Vermehrung der augenblicklich sichtlich[S. 154] schwindenden Insecten fressenden Vogel durch ein Schonungsgesetz.
8) Man vermehre den Anbau des Kaffeebaumes, des Cinnamóm und des Cinchóna als auch anderer nützlicher Busch- und Straucharten, die an und für sich nützlich sind, dem Boden Schatten geben, demselben die Feuchtigkeit erhalten und daher den Graswuchs befördern, vermeide deshalb den Anbau des Kaffeebaumes als Plantage.
9) Einführung der Seidenraupenzucht resp. des Maulbeerbaumes und der Obstbaumzucht. Man legatisire ein durch jährlichen Staatszuschuss sich vergrösserndes Capital zur Unterstützung und Prämirung dieser Anbauten.
10) Man versuche durch Saat oder Pflanzungen des Sandelbaumes die weiten öden Strecken der Inseln wieder nutzbar zu machen.
11) Man suche durch Südseeinsulaner und namentlich einwandernde Chinesen, die sich bekanntlich leicht naturalisiren und mit dem nationalen Stamme amalgamiren, die Bevölkerung der Inseln und dadurch die Arbeitskraft derselben soweit zu vermehren, dass man weniger die Dampfkraft in Anspruch zu nehmen braucht, die laut meiner festen Ueberzeugung ein unheilbares Gift dem kleinen Inselreiche werden muss, da unsere Zeit der masslosen Erwerbssucht keine Schranken kennt.
12) Man suche dem einheimischen und naturalisirten Einwohner die Unternehmungen im Lande zu erleichtern und suche dem fremden durch Steuern solche zu erschweren, um ein Gleichgewicht, womöglich ein Uebergewicht zu Gunsten der ersteren zu entwickeln. Denn keine bleibende, reelle Wohlfahrt lässt sich in einem Lande erwarten, wo ein den Interessen des Landes fremd-nationales Element, das nur seines eigenen Vortheiles bedacht, die Machthabung erlangt und sozusagen die Nation des Landes verdrängt, durch welche Dominion das Land alsdann nur leidet. Wo ein fremdes Element die Machthabung im Lande hat, da wird, wenn auch eine Blüthe des Landes sich zeigt, es nur eine Scheinblüthe sein, die oft erschreckend plötzlich schwindet, so[S. 155]bald das machthabende fremde Element nach jahrelangem Aussaugen und Devastiren des Landes sich quasi gesättigt fühlt oder für sich keinen genügenden Vortheil mehr zu finden glaubt: ein Resultat, welches sich leider in so vielen Ländern schon gezeigt, wo ein solches machthabendes und monopolisirendes, fremdes Element gewirkt hat; namentlich in den Ländern, die unter dem philantropischen Joche oder dem Protektorate der anglo-sächsischen Race sich befinden, zeigt sich dieses Resultat in erschreckender Weise. Bei dieser Race, sobald sie die Macht errungen, wird eine sich der Corruption hingebende Tendenz auffallend entwickelt, der zur Folge Oppressionen und von Tag zu Tag zunehmend egoistische Missbräuche ihrer Gewalt mit auffallend gewandt erdachten Entschuldigungsgründen entstehen. Diese Tendenz und die Folgen derselben bilden freilich einen grellen Contrast gegen die möglicherweise auch nur scheinbare, jedoch bestehende philantropische, stets von Gerechtigkeit und Freiheit sprechende und gemäss dieses Principes constituirte Handlungsweise der regierenden Elemente ihres Mutterlandes, Englands. Dieser Contrast lässt sich, wenn er ein wirklicher und nicht ein scheinbarer blos ist, folgendermassen erklären:
1) Durch die grosse Entfernung vom Mutterlande. In der Ferne ist der Auswanderer weniger der Furcht ausgesetzt, vor seinen Mitbürgern im Mutterlande zu erröthen, ist demnach in seinen Thaten ungebundner, despotischer, jähzorniger und ungerechter.
2) Durch das tropische heisse Klima. Der Körper verliert daselbst leichter seine Rüstigkeit und Frische. Demzufolge verliert auch die Seele an Kraft und Frische. Hierdurch schwindet allmälig die nationale Ausdauer, die Humanität und so auch die Gerechtigkeit.
3) Durch die Eigenthümlichkeiten der Länder unter den Tropen, wo die Natur und die Gebräuche sogar den Eingebornen, freilich in seiner Art, zur Weichlichkeit verleiten, und daher auch den Fremdling als Inwohner[S. 156] in seiner Art verweichlichen. Denn es entsteht bei demselben eine gewisse Erschlaffung des Geistes und des Körpers, eine gewisse Gleichgiltigkeit, Fahrlässigkeit und demzufolge oft unwillkürliche Ungerechtigkeit.
4) Dadurch, dass in einem Lande, wo der Fremde auf Kosten seiner Gesundheit und einer ihm unsympathischen Lebensweise, entfernt von seiner Heimath, nur hingewandert, um möglichst rasch reich zu werden oder durch pompöse Thaten und weltschallenden Ruf in Rang und Amt rasch einen Glanzpunkt zu erlangen, im Individuum die Erwerbssucht, das Selbstgefühl und der Ehrgeiz derart überhand nehmen, dass sein ganzes Streben nur nach Geld, Ruhm und auf das liebe Ich gerichtet ist, wodurch Humanität und daher auch Gerechtigkeit so leicht bei ihnen vollständig schwindet.
Ich habe unter dieser Nation principielle Aussprüche gehört, die erschreckende waren und die ihre Handlungen und Tendenzen in das klare Licht stellten, so z. B.:
„Es möge die verdammte Gegend, es möge das verdammte Volk des Landes, wo er sich gegenwärtig befindet, untergehen, es mögen ihre verdammten Mitbürger, ihre heimathlichen oder ausländischen Compagnons, es möge Alles untergehen, so lange sie nur dadurch reich werden oder einen Ruf erlangen können. Alle Gegenden der Erde sind ihnen zu diesem Zwecke gleich. Jungfräuliche Regionen gibt es für sie in der Welt noch viele, die sie, nachdem sie die eine ausgenutzt und verwüstet haben, von Neuem aussaugen und devastiren können.“
Wie soll bei einem solchen Principe — und das einem sehr ausgebreiteten — eine Weltmacht habende Nation einem Lande und dessen einheimischem Volke auch nur den geringsten Nutzen bringen? Es kann ein solches Princip nur die Vernichtung der Kräfte des Landes und die sittliche Verderbniss des nationalen Volkes hervorrufen!
Wie schon früher erwähnt, hat die intelligente Nation der Hawaii-Kanaken es verstanden, im Verlauf von 53 Jahren aus dem grellsten Barbarismus unter der Leitung einer constitutionellen Regierung sich zur Stufe eines gebildeten[S. 157] Staates emporzuschwingen und dies obendrein mit gewaltigen Hemmnissen, die sich ihrer natürlichen Entwicklung entgegenstellten. Diese Hemmnisse lagen in dem wenn auch nicht direkten, so doch indirekten Bestreben Englands, der Vereinigten Staaten und Frankreichs, das Inselreich zu annektiren oder, richtiger gesagt, lagen und liegen noch in der begründeten Befürchtung des Landes, dass benannte Staaten den günstigen Augenblick erwarten, um die Inseln zu annektiren, wie es meine hier nachfolgende Entwicklungsgeschichte des Inselreiches klar beweisen wird und mich berechtigt, als Motto derselben „Homo hominis lupus“ zu wählen.
Zu schwach, um mit Energie und Gewalt gegen diese, ihre Selbstständigkeit und ihre Entwicklung bedrohenden Tendenz aufzutreten, oft abhängig von ihrem, der Wankelmüthigkeit oder den verlockenden Versprechungen und Zureden hinneigenden Könige, drückt die Nation moralisch, gleich wie ein Alp, der Gedanke an eine plötzliche speculative Annexion des Landes oder der des Gefühles, das Loos der Fitgi-, und Tahiti-Inseln und in Bälde auch das von Madagascar theilen zu müssen.
Dieses Loos wie bei allen bisher annektirten Ländern der anglosächsischen Race, die die Verachtung der Eindringlinge gegen die Eingebornen stets zeigt, hat die Ausrottung derselben fast ausnahmslos zur Folge gehabt. Diese Ausrottung entstand und entsteht noch durch die Demoralisirung der Eingebornen in Folge der verachteten secundären Stellung, die sie nach der Annexion sofort einzunehmen gezwungen wurden und noch werden, sowie durch das Verdrängen der Nation, durch die progressive Massenzuströmung meist abenteuerlicher, erwerbgieriger Einwanderer der sie fühlbar und wirksam verachtenden weissen Race und endlich durch die Einführung nordischer Gewohnheiten, Gebräuche und Laster, namentlich durch den Import des dem Anglosachsen zum Lebensbedürfniss gewordenen Alkohols. Durch dieses den Geist des Menschen monopolisirende Gift hatten die Nordamerikaner das wirksamste Mittel gefunden, um radikal die Indianer zu vernichten,[S. 158] und hat dasselbe auch in den Sandwichinseln oder den Inseln von Hawaii, die noch nicht annektirt, jedoch unter dem Einflusse des anglosächsischen Elementes resp. der vereinigten Staaten sich befinden, schon seine tödtliche Wirkung gezeigt und würde jene noch verwüstender zeigen, wenn nicht die weise Regierung des Inselreiches durch ein, durch die weisse Bevölkerung des Landes stark bekämpftes Gesetz das Ausschänken und Verkaufen von Alkohol an Eingeborene, so auch das Trinken desselben im Volke gegen Strafe verboten hätte. Denn bekanntlich ist der Kannake gutmüthig von Natur, wird aber durch den Alkohol im Rausche leicht einem wilden Thiere gleich.
Motto:
„Homo hominis lupus.“
Entdeckung der Sandwich- oder Hawaii-Inselgruppe.
Der spanische Seefahrer Gaëtano war es, der 1542 die Inseln entdeckte, 1567 der spanische Seefahrer Mendona, der 1542 die Reise mit Gaëtano gemacht hatte, der die genaue geographische Lage der Insel Kauai und approximativ die der andern Inseln feststellte.
Die Inseln sollen jedoch schon früher spanischen Handelsschiffen bekannt gewesen sein, da einer Sage der Kanaken gemäss ein Küstenstrich der Insel Ouai d. h. Hawaii von den Nachkommen einstmalig gestrandeter Spanier resp. Mexikaner jetzt noch bewohnt sein soll.
Nämlich laut der Sage sollen ungefähr um das Jahr 1527 zur Zeit des Königs Kealiókalóa vor Hawaii zwei Schiffbrüche stattgefunden haben. Der eine in der Nähe der jetzigen Kéalakéakuá-Bai und der andere an der Kauá-Küste der Insel Hawaii in der Nähe des jetzigen Púnaá. Eine mexikanische Ueberlieferung spricht von drei Schiffen, die gegen Ende des Jahres 1526 Cortez, der Eroberer von Mexiko unter dem Commando des Alváro Saavédra Cerón aus Ziguetlan, einem Hafen von Sinaloa zur Inselgruppe der Molucken, die zwischen dem vierten Grad nördlicher und vierten Grad südlicher Breite und zwischen den Längengraden 128 und 134 westlich von Greenwich gelegen, ab[S. 162]geschickt haben soll. Unter dem genauen Breiten- und Längengrade der Insel Hawaii soll die Schiffe ein gewaltiger Sturm getroffen haben, der die bis dahin beisammen sich haltenden drei Schiffe auseinander trieb und von denen nur eines die Moluckische Inselgruppe erreichte, während die zwei anderen laut der mexikanischen Ueberlieferung weiterhin kein Lebenszeichen mehr gegeben haben sollen. Hierdurch ist es sehr wahrscheinlich, dass der Sturm und der Schiffbruch in der Nähe der Inseln stattgefunden hat. Die Nachkommen der Bewohner der erwähnten Küstenstriche sind in ihrem feineren Körperbau, in der Farbe ihrer Haare, in der Sprache, in ihren Gewohnheiten und Gebräuchen unverkennbar spanischer resp. mexikanischer Herkunft und deutlich — obgleich durch Ehen vermischt — noch gegenwärtig von den Eingeborenen zu unterscheiden. Sie werden von den Kanaken mit dem Namen Ihú benannt und leben bis jetzt im Umkreise der Küstenstriche Kaú und Kauá.
Die von Mendona 1567 festgestellte geograpische Lage der Inseln war die der jetzigen des Inselreiches. Seine Namen für dieselben waren 1) die grösste derselben „La Mesa“ für Hawaii; es bedeutet das „Tafelland“ — höchst charakteristisch für die Lage der Insel und die Umgebung ihrer drei vulkanischen Erhebungen. 2) Die „La Disgraciada“ für Maui, bedeutet die „Unglückliche“. 3) Die „Los Mónjas“ für Oahú, Molokai und Lanaï, bedeutet die „3 Mönche“, 4) die „Los Vicinas“ für Kauai und Nihau, bedeutet „die Nachbarn“ und sind von Mendona in ihrer genauen jetzigen Lage angegeben worden, während die vorgehenden Inseln eine Differenz nach Osten ausweisen.
Capitän Cook, der lange Zeit als der Entdecker der Inselgruppe bezeichnet wurde, fand dieselben erst im Jahre 1778, demnach 211 Jahre nach Gaëtano, und nachdem schon 1777 nicht nur die Existenz, sondern sogar die Lage der Inseln im Middleton’schen geographischen Werke approximativ auf dessen Karte verzeichnet war. Demnach musste Cook unzweifelhaft nicht nur die Existenz, sondern auch die approximative Lage der Inseln bekannt gewesen sein. Ausserdem wird traditionell im Lande behauptet, dass lange[S. 163] vor Cook’s Erscheinen nicht nur die erwähnten gestrandeten, sondern auch zahlreiche andere Schiffe den Inseln, namentlich der Insel Hawaii in Sicht gewesen sind und dass öfters Boote mit weissen Menschen gelandet seien, die oft geblieben und deren Nachkommen sich mit den Eingeborenen allmälig vermischt haben. Als Beweis für Wahrheit dieser Tradition spricht schon der Umstand, dass, als Cook die Insel besuchte, den Eingeborenen der Gebrauch des Eisens, so auch andere Erfindungen der damaligen europäischen Civilisation bekannt waren.
Der Ursprung der Eingeborenen der Inseln der sogenannten Kanaken ist nach neueren Forschungen eine der jetzigen japanesischen Race oder der Bewohner der westlichen Küste Amerikas gleiche, d. h. eine toltekische. Die Gründe zu dieser Hypothese sind, wenn man die toltekische Race als eine westmalaische annimmt, folgende:
1) Dass die Strömungen des Oceanes und die herrschenden Winde desselben genau ihre Hauptrichtungen von Japan zur Westküste von Amerika und vice-versa ihren Lauf über die Sandwichinseln nehmen. Die von Japan auslaufende „Kuro-Síwo“ oder Nordpacific’sche Strömung geht, in einem nördlichen Bogen zwischen dem 24. und 50. Grade nördl. Breite, der Kette der Aleuten sich vorbeiziehend zu der westlichen Küste von Nord-Amerika. Diese vom 44. bis 20. Grad nördl. Breite längs umziehend, biegt sie alsdann nach Westen, um fast ununterbrochen, dem Wendekreis des Krebses entlang sich ziehend, zwischen dem 10. und 20. Grad nördl. Breite als die sogenannte Nordäquatorialströmung ihren Lauf über die Sandwichinseln und endlich die Philipinen zu nehmen. Von den Philipinen aus theilt sie sich in zwei Hauptströmungen, von welchen die eine nördlich wieder in die Kuro-Siwo-Strömung resp. in die Japanesische See und der andere Theil, sich südlich richtend, in zwei Theile sich spaltet. Von diesen verzieht sich der eine als Gegenströmung in die Wechselströmungen der Torres-Strasse, der andere zieht sich kurz vor den Molucken fast parallel zur „Nord-Aequatorialströmung“, die Carolinen umwaschend, als die „Aequatorial-Gegenströmung[S. 164]“ zwischen dem 4. und 10. Grad nördl. Breite wieder zurück nach Amerika und zwar zur Küste des Isthmus von Panama, um daselbst, der Küste von Panama längs ziehend, sich mit der von der südlichen Halbkugel kommenden kalten „Peruanischen Süd-Antarktischen Strömung“ zu vereinigen, und, mit dieser vereinigt, die breite „Süd-Aequatorial-Strömung“ zu bilden, die ihren Lauf zwischen dem Wendekreis des Steinbocks und dem Aequator nimmt, die polinesischen Inselgruppen umzieht und alsdann sich als Gegenströmung der Torres-Strasse, oder als Strömung der Ost-Australischen Küste oder als Strömung der Ostküste von Neuseeland sich vertheilt, um sich in das Südpolarmeer zu verziehen.
Wie sehr die gewaltige „Nordäquatorialströmung“ das Inselreich von Hawaii beherrscht, zeigt sich in den jährlichen Anschwemmungen von Treibholz aus Oregon und Californien an die Küsten der Inseln.
Durch diese Strömungen ist der Glaube an die Möglichkeit einer Tolteken-(Nahóa) resp. einer West-Malaischen Wanderung nach Amerika, die „Kuro-Siwo-Strömung“ und die günstig herrschenden Winde benutzend, gerechtfertigt; desgleichen der Glaube an die Möglichkeit, dass von den Nahóa- oder Tolteken-Auswanderern eine Rückkehr in ihre Heimath von der Westküste Amerikas mit der „Nord-Aequatorial-Strömung“ und wiederum günstig herrschenden Winden, unternommen werden konnte und dass ein Theil derselben möglicherweise durch irgend welchen Zufall auf die klimatisch begünstigten Inseln der Gruppe von Hawaii gestrandet oder gelandet, geblieben und einheimisch geworden ist.
2) Diese Möglichkeit wird noch mehr glaubwürdig durch den Umstand, dass der amerikanische Stamm der westlichen Küste von Amerika in vielen Beziehungen den Tolteken ähnlich und dieselbe Aehnlichkeit auch in der Race der Kanaken der Sandwichinseln zu finden ist. Diese Aehnlichkeit ist nicht nur in den physiologischen und psychologischen Charakterzügen der Stämme der westlichen Ufer Amerikas und der Kanaken von Hawaii mit den[S. 165] Tolteken zu finden, sondern auch in den religiösen Sagen, Aberglaube, Gebräuchen, Federarbeiten, Waffen, Kleidungen, Hausgeräthen, musikalischen Instrumenten, traditionellen Sprichwörtern, Gewohnheiten und Ueblichkeiten. Auch in der Sprache findet man eine Analogie in der Struktur und viele gleichlautende Worte. Sehr auffallend ist aber der dafür sprechende Umstand, dass die Flora der Inseln und namentlich auch die armselige Fauna derselben, soweit es die Hausthiere anbelangt, eine gewisse Analogie zu der von Sinaloa (Mexiko) aufweisen, daher eine einstmalige Importation der nützlichen Flora und Fauna sehr glaublich wird, besonders da im Inselreiche fast ausschliesslich nur eine nutzbare Flora und eine nützliche Fauna zu finden ist.
Es möge sein, dass bei einer einstmaligen Landung und Ansiedelung der Tolteken oder eines resp. West-Malaischen Stammes eine Urbevölkerung vorhanden gewesen ist, deren Stamm — wollen wir sagen — beispielsweise der „Polinesische“ genannt werden soll, so bleibt es aber unzweifelhaft laut der sub 2 benannten Aehnlichkeiten, dass die damals civilisirte Tolteken- oder West-Malaische Race einen gewaltigen Einfluss auf die Urbevölkerung der Westküste von Amerika, die Inseln von Hawaii und viele Inseln des Polinesischen Archipels und sogar auf die Urväter der Maóri von Neuseeland, deren Sprache mit der der Hawaiier, gleichwie der von Tahiti, nur im Dialekt verschieden, gehabt und in der Nachkommenschaft progressiv den Charakter ihrer Race übertragen haben muss, demnach die Race — wenn auch nicht rein, so doch — sehr anverwandt mit der der Tolteken sein kann.
Da von der Zeit der Entdeckung der Inseln von Gaëtano 1542, der Landung Mendonas 1567, nur wenige Ueberlieferungen vorhanden sind, so beginne ich vom 18. Januar 1778, dem Tage, wo Capitän James Cook, von den Weihnachtsinseln kommend, zum ersten Mal die Inseln von Hawaii betrat, mit der Schilderung der Entdeckung derselben. Sein erster Besuch war, ohne zu landen, die Insel Oahú, dann Kauai, dann Nihau und endlich wieder[S. 166] an der Küste von Kauai vor dem jetzigen Waiméa, wo er zu landen sich entschloss.
Zahlreiche Kano’s umringten seine Schiffe, die „Resolution“ und die „Discovery“, während er der Küste entlang segelte. Friede, Milde, grosse Neugierde zeigte der Ausdruck der Eingeborenen, die anfänglich schüchtern, allmälig jedoch mit mehr Vertrauen sich den Schiffen näherten, um Fische, Cocosnüsse und Bataten (süsse Kartoffeln) gegen Nägel und Eisengegenstände im Allgemeinen einzutauschen. Unbewaffnet, freundlich und eine intelligente Neugierde zeigend, erweckten sie sofort die vollste Aufmerksamkeit und bald auch das Vertrauen des Capitän Cook. Er landete, wie gesagt, vor Waiméa und wurde sofort von den zahlreich versammelten Eingeborenen und deren Priestern mit anbetungsvoller Achtung und mit Geschenken empfangen.
Nachdem er im Waiméa-Flusse seinen Bedarf an Wasser eingenommen hatte, segelte er wieder zur Insel Nihau, wo er in der, nach seinem Namen benannten Cooks-Bai ankerte. Er handelte von den ebenfalls sehr achtungsvoll und freundlich sich zeigenden Eingeborenen der Insel Seeenten und Fische gegen Eisengegenstände ein. Nach kurzem Aufenthalte segelte er zur N.-W.-Küste der Insel Maui, wo er während eines kurzen Aufenthaltes, ohne zu landen, an Bord den Besuch des Häuptlings Kaméhamehá, dem späteren Eroberer sämmtlicher Inseln der Gruppe und erstem Könige des Inselreichs, empfing.
Von Maui segelte er zur Küste von Hawaii, ankerte in der Bai Kéalákékua. Die Eingeborenen dieser, der grössten Insel der Gruppe, mit ihren Alii’s (Häuptlinge) und ihren Priestern empfingen ihn mit allen Zeichen der Vergötterung. Als er landete, warfen sich die Priester und das Volk zu Boden, murmelten Gebete und verehrten ihn mit allen Zeichen ihres heidnischen Cultus, bekleideten ihn mit einer rothen Toga und opferten ihm Schweine und Früchte.
Während 18 Tagen seines Aufenthaltes weigerten sich zum grossen Erstaunen Cook’s die Eingeborenen, irgend[S. 167] welche Entschädigung, Zahlung oder Geschenke für die gelieferten Victualien der ausgesuchtesten Produkte der Gegend, als auch für die Lieferung des süssen Wassers aus weiter Entfernung anzunehmen.
Folgende mir erzählte Sage giebt eine Erklärung zu dieser so auffallend göttlichen Verehrung des englischen Capitäns.
Der religiöse Aberglaube des Volkes erhob ihre Häuptlinge nach ihrem Tode zur Verehrung eines Halbgottes oder — richtiger gesagt — eines Heiligen. So war es auch mit einem sehr beliebten Könige der Insel Hawaii, dem Lóno, gewesen. König Lóno lebte nämlich mit seiner laut der Sage „göttlich-schönen“ Frau Kaíkiláne, in Kéalákékua, sich gegenseitig innig liebend. In einem Augenblick unüberwindlicher Eifersucht tödtete er sie. Gewissensbisse folterten ihn, und er suchte seine tief bereute That und seinen Schmerz durch Trauer-Tanz, Trauer-Gesang und zahlreiche Opfer zur Ehre der Verstorbenen zu sühnen, doch fand er keine Ruhe. — Er fasste endlich den kühnen Entschluss, in einem eigens hierzu verfertigten Kano mit grossen Segeln sich in das Meer zu begeben. Sein Volk, das ihn über Alles lieb hatte, flehte ihn an zu bleiben, doch umsonst — er blieb bei seinem Vorhaben, versprechend, auf einer schwimmenden Insel zur Zeit ihrer Kinder und Kindeskinder wiederzukommen und rief ihnen zu: „Weinet nicht, sondern, wenn ihr mich liebt, so freut euch, tanzt und singt, bis ich eurem Blick verschwunden!“ — Und er ward nimmer wiedergesehen.
Die Ankunft Cook’s auf seinem grossen Schiffe, einer schwimmenden Insel gleich, und ziemlich zur besagten Zeit des Wiedererscheinens des Königs Lono zutreffend, erweckte bei dem Volke die Muthmassung der Erfüllung des königlichen Versprechens, und es glaubte im Schiffe die schwimmende Insel und in Cook ihren göttlich wiedererscheinenden König Lono zu erblicken. Diese Sage ist gleich wie die vielen anderen der Hawaiier von Mund zu Mund, von Eltern auf Kind überliefert und wird in melodischem Gesange eines Liedes von dem höchst musikalischen Volk[S. 168] gerne Dem, der es darum befragt, wiedergegeben und ist voll Melancholie und Gefühl.
Den vierten Februar 1779 verliess Cook die Bai von Kéalákékua und stach wieder in See. Die Eingeborenen, nachdem sie während 18 Tagen bedeutende Opfer ohne jegliche Entschädigung dem Capitän resp. den Schiffen gebracht, schienen sich ebenso sehr über die Abfahrt der „schwimmenden Insel“ zu freuen als sie sich über die Ankunft derselben gefreut hatten.
Nach einem Tage jedoch in Folge eines defecten Mastes, erschien Cook wieder in der Bai und ankerte vor der Stelle des Dorfes von Kaáwalóa, um eine gründliche Reparatur seiner Schiffe vorzunehmen. Zu seinem nicht geringen Erstaunen war dieses Mal der Empfang ein kalter, fast zurückweisender, und zwang letzterer ihn, Vorsichtsmassregeln zu treffen, um sich vor feindlich gesinnten Angriffen zu sichern. Dem ungeachtet kamen täglich — und das progressiv — Diebstähle vor, und er glaubte, Retributionen fordern zu müssen, was jedoch unberücksichtigt blieb.
Den 14. Februar forderte er den König Kalániópuú auf, ihn an Bord seines Schiffes zu begleiten, um ihm dasselbe zeigen zu können; er hatte aber die hinterlistige Absicht, ihn an Bord als Geisel oder Pfand zu behalten, bis ihm die geforderten Retributionen für begangene Diebstähle geliefert worden wären. Der greise König war aber klug, bedankte sich, da er zu alt und zu schwach sei. Während dieses Zwiegesprächs kam plötzlich die Nachricht, dass ein Häuptling der Insel bei seiner Einfahrt in die Bai den Eingang derselben von den zur Wache kreisenden Booten Cooks gesperrt gefunden und bei dem Erzwingen des Durchganges von der Mannschaft der Boote erschlagen worden sei.
Die Umgebung des Königs und das Volk war über diese Nachricht empört und forderten Genugthuung. Der noch nicht völlig erloschene Glaube der Heiligkeit Cooks hielt sie von der Handgreiflichkeit ab, bis ein Häuptling, der Bruder des Getödteten, mit einem Speer bewaffnet gegen Cook trat und als Bruder Vergeltung forderte. Hieraus entstand[S. 169] beiderseits ein heftiger Geberdenwechsel, bei welchem Cook die Unvorsichtigkeit beging, den Häuptling zu erschiessen. Diesem Akte folgte ein allgemeiner Aufruhr; von allen Seiten flogen Steine; ein Stein traf Cook. Dieser erschoss den Mann, der den Stein geschleudert und versuchte zugleich, der Uebermasse weichend, mit gezogenem Schwerte seine Boote zu erreichen. Ein Häuptling sperrte ihm den Rückweg ab und fasste ihn; es folgte ein heftiges Balgen, bei welchem die Ueberkraft des Gegners dem Capitän Cook ein gewaltiges Stöhnen entlockte. Dieses Stöhnen wurde das Signal zu seiner Ermordung. Das Volk sah in demselben das Zeichen der menschlichen Schwäche, den Widerspruch zur göttlichen Kraft und tödtete ihn und seine Begleiter mit den „pahóas“ (Speere).
Die Mannschaft, als sie ihren Capitän fallen sah, feuerte vom Schiffe aus und tödtete Viele. Die Eingeborenen flohen in das Innere der Insel, den Körper Cooks und die seiner Begleiter mitnehmend. Die Leichen der Begleiter wurden den Göttern geopfert, die des Capitäns wurde in Stücke getheilt, und die Theile nach verschiedenen Stellen der Insel geschickt, woselbst die Knochen sorgsam vom Fleische gereinigt und demnächst vom Könige als Reliquien aufbewahrt werden sollten; das Fleisch wurde verbrannt. Die Eingeborenen glaubten, hiermit Sieger zu sein und wurden von diesem Augenblicke an gegen das Schiff und die Mannschaft höchst gleichgiltig oder arrogant in ihren Geberden. Capitän Clarke, der Nachfolger Cooks, beschloss, um die Ermordung Cooks zu rächen, den Ort zu bombardiren. Nachdem er das Dorf vernichtet, landete er eine Zahl bewaffneter Matrosen, die viele Eingeborene tödteten. Hierauf bat der greise König um Frieden, den Clarke mit der Bedingung gewährte, dass ihm die Knochen Cooks sofort wiedererstattet würden. Den 21. Februar waren ziemlich alle Knochen wieder beisammen, wurden in einen Sarg gelegt und mit den auf der See gebräuchlichen Ceremonien in die Tiefe der Bai Kéalákékua versenkt.
Erst den 15. März 1779 segelte Capitän Clarke wieder[S. 170] ab, und viele Jahre verstrichen, ohne dass ein Schiff die Insel besuchte.
1786 war es Laperouse — bald darauf liess er sein Leben auf einer der Navigator-Inseln —, der vor Maui ankerte und landete. Seitdem ist die Insel oft besucht worden, da sich auf derselben ein reger Handel mit dem jetzt fast vollständig im Inselreiche ausgerotteten Sandelholz entwickelte.
Von 1779, d. h. der Ermordung Cooks, bis 1792 waren die Inseln Maui und Hawaii mit einander im steten Kriege gewesen.
1780 starb König Kalániópuú von Kau, einem wüsten, von oftmaligen vulkanischen Eruptionen heimgesuchten Landstriche der Insel Hawaii. Sein Sohn Kiwaló wollte seinem Vater im Orte Kailúa die einem gestorbenen Häuptlinge üblichen Ehrenbezeigungen erweisen.
Der Ort Kailúa nämlich gehörte zum Landstrich des Häuptlings Kamehámehá und war zu diesem Zweck für alle Häuptlinge von Hawaii von jeher bestimmt.
Kiwaló zog mit einer Schaar Krieger auf grossen Kano’s zu den Gestaden von Kailúa, der Aufforderung Kamehámehá’s: mit geringerer Begleitung zu erscheinen, trotzend, wodurch sich die Schlacht von Mókuahé entspann, die mörderisch mehrere Tage währte und den Tod von Kiwaló und die Besitznahme seines Landstriches durch Kamehámehá zur Folge hatte. Kamehámehá musste aber diesen Landstrich erst Fuss für Fuss erobern, und kostete ihn dies viele tausende von Menschen, da ihm der Landstrich durch Kéoná von Púna, dem muthmasslichen Nachfolger des gefallnen Kiwaló, streitig gemacht wurde, und erst 1790 gelang es Kamehámehá, den tapfern Kéoná gefangen zu nehmen und zugleich auch den Distrikt von Puna zu erobern. Hierauf ordnete der Sieger rasch seine Schaaren zur Eroberung der übrigen Theile der Insel Hawaii, um sich an dem Häuptling Kahikíli resp. Könige der Inseln Maui und Oahú, dessen natürlicher Sohn Kamehámehá muthmasslich gewesen sein soll, zu rächen, weil jener Kiwaló unterstützt hatte.
Er liess den Häuptling Kiána als Stellvertreter in den eroberten Landstrichen und die Abwesenheit Kahikilis — der zur Zeit auf der Insel Oahú sich befand — benutzend, überfiel er die Insel Maui. Kalánikúpuli, der Sohn des Kahikíli lieferte ihm eine Schlacht im „Jáo“-Thale, die sogenannte Wailúku-Schlacht, die Kamehámehá — mit einem im Volke zur Schreckenssage gewordenen Verluste an Menschen — als Sieger zum Besitzer der Insel Maui machte.
Während dieser Zeit hatte Kéoná von Puna auf der Insel Hawaii die Abwesenheit des gefürchteten Kamehámehá’s benutzen wollen, um den Distrikt Kau wieder zu erobern. Kiána sammelte Kamehámehá’s auf der Insel Hawaii nachgebliebene Krieger und zog gegen Kéoná. Der Sieg war zweifelhaft, bis ein Erdbeben und bedeutender Schwefel- und Aschenauswurf des Kilauéa 1789 die Krieger des Kéoná factisch zu ersticken drohte und ein Drittel der gesammten Zahl seiner Schaaren vernichtete und ihn zum Rückzug zwang.
Während dieser Zeit war Kamehámehá siegreich von der Insel Maui zurückkehrend, und, zurückgekehrt, verfolgte er sofort mit seinen muthigen, siegesbewussten Schaaren den tapfern Keoná, der nach hartnäckigem Widerstande in den Bergen endlich sich ergeben musste und durch einen Häuptling und Freund Kamehámehá’s, den Dichter des prophetischen Liedes Káuikaláni — in welchem er die Zukunft Kamehámehá’s als alleinigen Herrschers des Inselreiches im Voraus besingt —, den im Volksmunde bekannten Keaúlumóku, getödtet wurde. Mit dem Tode des Keoná wurde Kamehámehá Herr der ganzen Insel Hawaii.
Zur Zeit seines Sieges auf Maui 1790 besuchte die Inseln das erste amerikanische Schiff, die „Eleanor“, unter Commando des Capitän Metcalf, zu dessen Mannschaft die beiden in der Entwicklungsgeschichte des Königreiches bekannt gewordenen Männer Isak Davis und John Jung sich befanden. Das Schiff hatte seine Boote ans Land geschickt; eines derselben war, während die Leute im Lande beschäftigt waren, abhanden gekommen, woraus sich mit den[S. 172] Eingeborenen ein heftiger Kampf entspann, bei welchem Viele getödtet wurden. Die Mannschaft verliess, der Uebermacht weichend, eiligst die Gestade, die zwei genannten Männer, da sie noch nicht anwesend waren, zurücklassend. Der König liess sie vor sich führen; sie erweckten seine Sympathie, wurden von ihm freundlichst aufgenommen, angestellt und später Häuptlinge und Freunde des Königs.
Die gewaltigen Vorbereitungen Kamehámehás entschlossen 1791 den König Kahikíli von Oahú — dem die Insel Maui schon genommen war —, sowie den König Kaéo von Kauai, ihre Kanoflotten zu vereinigen, um einen energischen Angriff gegen Kamehámehá zu wagen.
Die Verbündeten erschienen vor Hílo resp. der Insel Hawaii, wurden jedoch sofort von Kamehámehá geschlagen, bis Oahú verfolgt und in der blutigen Schlacht im Thale von Nuúanú, wo der nicht im Kampfe gefallene Theil der Schaaren des Kaéo von Kauai und des Kahikíli von Oahú bis auf den letzten Mann in den Abgrund gestürzt wurden. Kalánikúpuli, der Sohn Kahikílis, blieb in der Schlacht.
Dieser Sieg machte Kamehámehá zum Besitzer der Insel Oahú und der ganzen Doppelinsel Maui und es beginnt von diesem Augenblicke an die gewandte Organisationsthätigkeit des Königs Kamehámehás I.
Zur Vollständigkeit des Inselreiches fehlte ihm nur noch der Besitz der Inseln Kauai und Nihau, deren Eroberung durch die grössere Entfernung derselben, die sehr reissenden Strömungen des Oceanes, durch die Tapferkeit ihrer Bevölkerung und Führer schwieriger erschien. Nach der Schlacht von Nuúanú 1791 —, wo — wie schon gesagt — Alle, die die blutige Schlacht überlebt hatten, inclusive die Könige Kaéo und Kahikíli, den Tod durch den Sturz von der steilen Höhe von 1200 Fuss in den Abgrund fanden, war Kamehámehá König von Oahú, Maui, Hawaii, Lanaï und Mólokai geworden, und er bereitete sich hierauf mit aller Anstrengung zur Vervollständigung seiner Kanoflotte vor, um die heftige Strömung leichter überwältigen zu können und durch eine bessere Armirung derselben den tapfern König von Kauai und Nihau leichter zu besiegen.
Im Jahre 1792 im März machte Vancouver seinen ersten, 1793 im März seinen zweiten Besuch den Inseln und zwar namentlich vor Lahaïna, der Insel Maui, ankernd. 1795 machte er seinen dritten und letzten Besuch derselben vor Waikíki, der Insel Oahú, ankernd. Den 6. Dezember 1794 wurde durch die Capitäne der amerikanischen Schiffe „Prince Leboo“ und des „Jackhall“ die Einfahrt in den Hafen von Honolulu entdeckt, und glücklich fuhren beide ein und ankerten in demselben.
Bis 1804 verbrachte Kamehámehá im Frieden, seine Kanoflotte, die sogenannte Péleleú, seine Krieger und die Regierung der eroberten Inseln mit auffallender Gewandtheit und Weisheit organisirend und sich zur Eroberung der Insel Kauai vorbereitend.
Während der Besuche der Inseln fand Vancouver die freundlichste Gesinnung des Königs, und als Erwiderung derselben überreichte er ihm als Geschenk Vieh aus Californien, das erste Rindvieh des Inselreichs, aus dem allmälig die Heerden desselben entstanden sind.
Während seines letzten Besuches trachtete der König kurz vor Erneuerung seiner Kriege gegen Kauai und Nihau, von Vancouver Munition und Waffen zu erhalten, was ihm jedoch nicht gelang. Vancouver gab dem hervorragend begabten Könige höchst praktische Rathschläge für seine Eroberungspläne und die weitere Entwickelung seines Landes.
1801 fand auf der Insel Hawaii eine gewaltige Eruption des Húalalaï, den nördlichen Theil von Kóna verwüstend, statt, und Kamehámehá verlegte in Folge dessen seine Residenz von Kailúa, seinem Lieblingsorte nach Waikíki der Insel Oahú, in unmittelbarer Nähe des jetzigen Honolulu, bei welcher Gelegenheit das erste Probemanöver der „Péleleú“-Flotte gemacht wurde.
1802 machte diese Flotte den Weg von Kawaihae auf der Insel Hawaii bis Lahaïna auf der Insel Maui, 1803 von Lahaïna nach Honolulu, bereit zum Abgang nach Kauai. 1804 hatte Kamehámehá eine Schaar von 7000 Mann regulärer Krieger in Waikíki formirt, 27 Schaluppen mit Kanonen armirt, 500 Kriegskanos bemannt und sogar[S. 174] ein Kriegsschiff mit 20 Kanonen ausgerüstet und erwartete den günstigen Wind, um nach Kauai zu segeln.
Der Nachfolger des Königs Kaéo, der im „Nuúanú“-Thale seinen Tod im Abgrund gefunden hatte, war dessen muthiger Sohn Káumuálií.
Die mehrere Jahre dauernden Vorbereitungen Kamehámehás bemerkend, war Káumuálií seinerseits nicht müssig geblieben.
Er hatte seine tapfersten Streitkräfte gesammelt und die Ueberzeugung gewonnen, dass sein Volk bis auf den letzten Mann entschlossen sei, für die Selbstständigkeit der Inseln Kauai und Nihau bis auf das Aeusserste zu kämpfen, und den Entschluss gefasst hatte, im Falle es besiegt würde, die Inseln zu verlassen, um eine andere zu suchen, wo es sich, geschützt vor der Eroberungssucht Kamehámehás, niederlassen könnte. Zugleich war er aber nicht blind gegen die grosse Gefahr, der sein Volk durch diesen Krieg entgegenging, denn er kannte den unbeugsamen Willen Kamehámeás, als auch die bedeutende Uebermacht seiner Streitkräfte. Hiervon abgesehen, hatte er eine gewisse Sympathie für den Charakter und die Geistesgrösse des gewaltigen Eroberers.
Kamehámehá seinerseits kannte die Tapferkeit der Kauaier und ihre Fähigkeit, einen einmal gefassten Entschluss auszuführen; er war daher überzeugt, nur mit grosser Schwierigkeit sie unterjochen zu können. Auch er hatte Achtung und Sympathie für den tapfern Káumuálií. Diese Sympathie und die Berücksichtigung der Schwierigkeit des bevorstehenden Kampfes bewogen ihn, erst auf freundschaftlichem Wege es zu versuchen, seinen Zweck zu erreichen. Er liess hierzu den König von Kauai und Nihau zu einer Unterredung nach Oahú einladen.
Káumuálií, auf die Ehrlichkeit Kamehámehás fest vertrauend, nahm die Einladung zum grossen Leidwesen seines um sein Leben besorgten Volkes an, und, nachdem er Alles gleichwie vor seinem Tode geregelt und angeordnet hatte, verliess er Kauai.
Vor Kamehámehá erscheinend, war sein Erstes, ihn[S. 175] um die Ursache seiner kriegerischen Vorbereitungen zu befragen; er machte ihm Vorwürfe für die ungerechten Absichten, die er gegen ihn und die Selbstständigkeit seines Volkes zeige, die er so energisch zu verwirklichen suchte und schloss mit den muthigen Worten: „O Kamehámehá, wisse, dass, wenn ich todt, mein Volk noch lebt, welches meinen Tod mit verdoppelter Hartnäckigkeit rächen wird. An Muth fehlt’s meinem Volke nicht! Wisse aber auch, dass, wenn Du mich laut Deinem mir gegebenen Versprechen frei von hier gehen lässt, ich an der Spitze meines tapferen Volkes mit unverwandtem Muthe Dich bekämpfen werde!“
In dieser Sprache erkannte Kamehámehá einen Mann, wie er sich denselben früher dachte, von festem Entschluss und voll Muth und antwortete: „Du bist frei, Káumuálií, heimzukehren. Du bist frei, zu handeln, wie gut Dir scheint. Du bist mein Gast, und ich danke für Dein mir geschenktes Vertrauen!“
Hierauf erzählte er ihm, wie er in seiner Jugend, gedrängt von allen Seiten, als schwacher Häuptling zur Selbsterhaltung sich hat vertheidigen müssen und dadurch in Kriegsübung und Kriegslust gerathen ist, dass die Götter ihm sichtlich beigestanden und er durch dieselben stets siegreich gewesen, dass er — Dank den Göttern — die Gruppe der Inseln mit Ausnahme der Inseln Kauai und Nihau besitze und die beiden noch fehlenden Inseln auch besitzen muss, und dass er, Káumuálií, an seiner Stelle dasselbe für das Wohl der gesammten Nation thun würde, da eine Nation, in kleinen Theilen zersplittert, der Willkür ihrer Häuptlinge ausgesetzt, nie aus dem Kleinen sich herausarbeiten, nie eine Nation werden kann und stets im Kleinen klein bleibt. Wenn er, Kamehámehá, die Inseln Kauai und Nihau nicht erobert, so würden es seine Nachfolger thun; es müssten die Inseln stets in unruhiger Erwartung des Kommenden, in beständiger Sorge leben, denn Kauai und Nihau können nie und nimmer trotz der bekannten Tapferkeit ihres Volkes und dessen Führer gegen die vereinigten Kräfte der anderen Inseln sich halten.
Er, Kamehámehá, habe jedoch eine besondere Achtung und Hinneigung zu ihm, dem tapfern Káumuálií, und will daher die Eroberung seiner Inseln aufgeben und ihn als König der Inseln Kauai und Nihau anerkennen, wenn er ihm dagegen verspricht, ihn, Kamehámehá nebst Nachfolger, als seine Nachfolger anzuerkennen.
Káumuálií, in der Aeusserung Kamehámehás einen festen bestimmten Entschluss wahrnehmend, zugleich auch der nationalen Anschauungsweise Kamehámehás beistimmend und im Allgemeinen eine grosse Zuneigung für den Stifter des nationalen Reiches hegend, ging nicht nur auf den Vorschlag Kamehámehás ein, sondern, um die Einheit des Reiches zu begründen, erklärte er sich sofort als Vasall des Königs des vereinigten Inselreiches von Hawaii, Kamehémehá’s I.
Von diesem Augenblicke an wurde Káumuálií des Königs vertrautester Freund. Durch diesen Akt hatten die zwei weise denkenden Könige dem Lande ein neues Blutbad erspart und tausenden Menschen das Leben erhalten. Letzteres wurde doppelt wichtig, da im selbigen Jahre, d. h. 1804 eine pestartige Seuche, die ahú-laú-o-kua, verheerend unter der Bevölkerung des Inselreiches wüthete.
Vom Zeitpunkte dieses Aktes an lässt sich die einheitliche Gründung des Inselreiches von Hawaii rechnen und von diesem Zeitpunkte an auch die so auffallend rasch sich entfaltende Entwicklungsgeschichte des Königreiches beginnen.
Den chronologischen Umriss dieser Entwicklungsgeschichte will ich kurz und bündig aus den besten authentischen Quellen, die mir zu Gebote standen, zu schildern versuchen und mit der Charakteristik des Königs Kamehámehá’s I., des Grossen, des Gründers des Inselreiches beginnen.
Die Gründung des Königreichs von Hawaii unter Kamehámehá I. — Kamehámehá II. während seiner Minderjährigkeit. — Die Regentschaft.
Kamehámehá I., der Grosse benannt, ist geboren 1736 als Häuptling in Kokoïki im Distrikte Kohála der Insel Hawaii.
Von der Stellung eines untergeordneten Häuptlings hat er es verstanden, durch Energie, Ausdauer und Gewandtheit sich zum Herrscher der ganzen Inselgruppe zu erheben. Er verstand es, sich selbst zu beherrschen, daher auch über Andere zu herrschen. Durch Grossmuth gegen seine Feinde und Anverwandte derselben fand er das Mittel, sich oft dieselben zu Freunden zu machen. Sein ganzes Wesen war genial. Seine Eigenschaften waren die eines Organisators, als z. B. Entschlossenheit, rascher Begriff, ausserordentliche Beurtheilungskraft, Menschenkenntniss, Gerechtigkeit und eine besondere Hinneigung zu Allem, was gross, genial und edel ist, wie es die Aussprüche Vancouvers und Kotzebues genügend bestätigen.
Dem Aberglauben war er in seiner Art gleichwie die meisten politisch genialen Männer der Geschichte ergeben, indem er an die Zeichen einer seine Thaten leitenden übernatürlichen Kraft, zu deren Ausführung er berufen war, fest glaubte.
1775 wurde die siebenjährige, in der Entwickelungsgeschichte des Inselreiches berühmt gewordene Kaahúmanú sein zweites Weib. — 1778 machte er Capitän Cook, der vor Maui lag, einen 24stündigen Besuch an Bord, wo er die erste Gelegenheit hatte, die neueren Erfindungen Europas kennen zu lernen und von welcher Zeit an er seine Eroberungspläne zu entwickeln begann. — 1782 eroberte er[S. 178] den grössten Theil der Insel Hawaii durch die Schlacht von Mókuahae. — 1790 wurde Keouá von Puna gefangen und getödtet und er alleiniger Herrscher der Insel Hawaii. — 1791, durch die Seeschlacht von Hilo und die Thalschlacht von Nuuanú wurde er alleiniger Herrscher der Inseln Maui, Oahú, Lanai und Molokai. — 1792 fand der erste Besuch Vancouvers, 1793 der zweite und 1795 der letzte Besuch desselben statt, durch dessen Geschenke die Viehzucht auf dem Inselreiche sich zu entwickeln begann. — 1797 wurde ihm von seinem ersten Weibe Keopuoláni, der Tochter des Königs Kalániopuú von Maui, sein Sohn Liholího geboren. — 1801 war die „Pelelehú“-Flotte beendet; 1803 sollte dieselbe bereits nach Kauai abgehen und lag vor Oahú. — 1804 fand der Vergleich mit dem König Káumuálii von Kauai und Nihau statt, durch welchen er als Nachfolger desselben ernannt und Herrscher des vereinigten Inselreiches wurde. —
Nachdem er Herrscher des Inselreichs geworden, bestand seine erste Handlung in der Ernennung tüchtiger Gouverneure für jede Insel. Die Gouverneure wurden mit grossen Apanagen ausgestattet, damit dieselben, zufrieden gestellt, mit mehr Lust und Ausdauer die Anordnungen des Königs ins Leben rufen sollten. Er regelte das Recht der Fischerei und der Waldnutzung des Landes. Er nahm die Herstellung und Einrichtung des Hafens von Honolulu und dessen Befestigung vor. Er suchte mit ausländischen Ländern in Handelsverbindung zu treten, ausländische Kaufleute zur Niederlassung im Archipel anzulocken; er legte eine minime Steuer auf den Import, um die Produktion des Landes zu entwickeln und um eine reelle Einnahme des Staates zu gründen. Er forderte die englische Regierung auf, ihm Missionäre zu schicken, um die Grundsätze der christlichen Religion kennen zu lernen, über die er bis dahin nur einen unklaren Begriff hatte, indem die beiden höchst moralischen, strebsamen und intelligenten Jung und Davis, seine treuen Rathgeber und Factotums, in der Religion wenig bewandert waren, daher ihm dieselben kein klares Bild über die Grundsätze der christlichen Religion geben konnten.
Seine Regierung war eine weise; er ermunterte und[S. 179] erleichterte den Besuch fremder Schiffe, belebte — und das selbst thätig als Handelsmann — den Handel des Sandelholzes, baute mit Hilfe seiner beiden Freunde Jung und Davis und ausländischer Arbeitsleute Schiffe, sodass er bald im Stande war, solche mit Sandelholz beladen nach China zu senden, um von dort Rum, Stoffe und andere Waaren zurückzubringen, die er alsdann im Lande gegen harte Dollar zu verkaufen verstand und auf diese Weise in kürzester Zeit zu Staatsmitteln gelangte.
Als das Sandelholz, welches zu der Zeit viel einbrachte, im Inselreiche abzunehmen begann, befahl Kamehámehá, die jungen Bäume stehen zu lassen, und als die Häuptlinge ihn fragten, weshalb er dies thue, da er alt und doch bald sterben müsse und sie es nicht begreifen können, für wen er die Bäume erhalten wolle, antwortete er ihnen entrüstet: „Ich habe Söhne, und diesen gehören die jungen Bäume gleichwie mir die alten!“ Hätten seine Nachfolger ihm gleich gedacht, so hätten augenblicklich die Inseln noch diese jetzt vollständig geschwundene ertragreiche Quelle der Einnahmen.
1814 im März wurde ihm ebenfalls von seiner ersten Frau sein zweiter Sohn Kaúikeaulí geboren.
1817 beendete er die Festungswerke von Honolulu, die 1816 begonnen und von seinem Feldherrn und Oberhäuptling Kalánimokú erbaut worden waren.
Die Religion des Königreichs war der Götzendienst, und Kamehámehá I. genoss den Ruf eines Frommen, indem er pünktlich die Formen und Ceremonien der Religion einhielt. Sein ausgesprochener Wunsch wurde von der englischen Regierung zu spät erfüllt, um Christ zu werden. Anstatt eines Missionärs wurden viele geschickt, jedoch erst 1820 nach dem Tode des grossen Königs, der wie durch ein Vorgefühl getrieben, das liebliche Waikiki verlassen hatte, um nach seinem Lieblingsort Kailua im Districte Nord-Kona 1819 überzusiedeln, wo er in seinem 83. Lebensjahre den 8. Mai starb.
Mehrere Wochen wurden demzufolge als „tabú“ erklärt, während welcher Zeit die schrankenloseste Willkür[S. 180] nach uralter Sitte dem Volke gewährt wurde. Zahlreiche Opfer an Menschen und Thieren wurden den Göttern gebracht. Alle Achtungsbezeugungen, die das Heidenthum erdenken konnte, wurden dem Verstorbenen erwiesen. Sein Körper wurde nach religiösem Gebrauche den Priestern mit heidnisch heulendem Ceremoniel übergeben, die die Knochen sorgfältig reinigten, und, nachdem sie das Fleisch verbrannt, dieselben in kostbare Stoffe hüllten und an einer bisher unbekannten Stelle, wahrscheinlich im glühenden Schlünde der Péle, d. h. im Krater des Kiloéa bewahrten.
Wochenlang füllte die Berge und Thäler der Insel heidnischer Trauergesang. Es schien als ob das finstere Heidenthum, gleichwie seinen baldigen Untergang — durch das von Milde und Liebe in seinen ursprünglichen Grundsätzen leuchtende Christenthum verdrängt — ahnend, zur Bestattung des Gründers seines nationalen Reiches, welcher der eigentliche Urheber der baldigen Vernichtung des Heidenthums gewesen, den Pomp und die abergläubischen Ueblichkeiten desselben gleichsam wie zum letzten Male mit grösstem Glanze und Vollständigkeit aufbieten wollte.
Kamehámehá I. hatte seinen Sohn Líholího als seinen Nachfolger und seine zweite Frau, die Kaáhúmanú, als Regentin, d. h. als „Kuína-nui“ ernannt.
Nach dem Tode Kamehámehá’s I. zog sich Líholího als Kamehámehá II. nach Kawaihae auf die Insel Hawaii zurück, um nach herkömmlicher Sitte die „tabunirten“ Wochen vom bisherigen Wohnort des Verstorbenen entfernt zuzubringen. Mit ihm zogen seine Frau Kamamalú, die eine Tochter seines Vaters aus anderer Ehe war, und zwei Concubinen.
Kamehámehá II. war der erste König des Inselreichs, der sich gewissermassen krönen liess. Es wurde nämlich eine Ceremonie vollzogen, die ein Gemisch der alten Sitte der sogenannten „poni“ (der Salbung und Bekränzung der Häuptlinge) und der europäischen Krönungsceremonie war.
Zwei Tage, nachdem die „tabunirte“ Zeit der Trauer vorüber war, liess er die Häuptlinge seines verstorbenen Vaters und die Einwohner des Districts Kóna auf der[S. 181] Insel Hawaii sich versammeln, und als alle versammelt waren, trat er aus dem „heiau“, d. h. dem Tempel, roth gekleidet, umhüllt mit dem berühmten Federmantel seines Vaters und dem „pulúuluú“, d. h. dem „tabú“-Stabe, in der Hand, auf dem Haupte einen Hut, den ihm der König von England gesandt — zu beiden Seiten ein Häuptling schreitend, von denen der eine der Träger der königlichen Insignie, des „Kahíli“, der andere mit den Speibecken, welcher den Hauptwürdenträger des Staates vorstellt. Hierauf trat die „kuína-nui“, die verwittwete Königin Kaahumanú mit den Worten ihm entgegen: „Behalte, Líholího, die Häuptlinge und Männer Deines grossen Vaters, seine Kanonen und sein Land, doch Du und ich, wenn es Dir so gefällig ist, wollen zusammen den Staat im Sinne Deines Vaters regieren!“
Kamehámehá II. war geistig begabt, gefühlvoll, doch leichtsinnig, wankelmüthig und jung. Er überliess die Regierung des Landes Anderen und ergab sich den schrankenlosesten Ausschweifungen und der Buhlerei. Ihm war jeder Zwang zuwider, daher auch der Einfluss der Priester und die Pflichten des „tabú“. Sein religiöses Wesen schwankte zwischen dem Einhalten der traditionellen Ueblichkeiten und dem Verwerfen der religiösen Gebräuche; er wünschte bald die Einführung des Christenthumes, weil dasselbe den Menschen vom Aberglauben des Heidenthumes befreien sollte, bald befürchtete er wiederum die Einführung desselben der moralischen Verpflichtungen wegen. Am liebsten hätte er sich von jeder Religion losgesagt, wenn er nicht mit seinem hervorragenden Verstande eingesehen hätte, dass eine Nation ohne Religion nur die Vernichtung des Wohlstandes ihres Landes herbeiführen kann. In diesem Kampfe zwischen Sollen und Nichtsollen befand er sich bis zur „tabunirten“ Nacht der „Kukahi“, den 6. October 1819, wo er den „tabú“ dadurch brach, dass er zu seinen Weibern eintrat und mit ihnen speiste.
Es soll dieser sein Entschluss mit der Einwilligung der geistreichen, im Sinne Kamehámehá’s I. regierenden „kuina-nui“, der Kaáhumanú, stattgefunden haben, um dem,[S. 182] den Fortschritt der Nation hemmenden Einfluss der Priester ein Ende machen zu können.
Dieser wichtige Akt des Königs kam dem Lande und namentlich den Priestern höchst unerwartet; letztere sahen in demselben eine ernste Gefahr für das Bestehen ihrer bisherigen unbeschränkten Macht, da die Wirkung des königlichen Beispieles auf die Nation eine unzweifelhaft gegen sie gerichtete werden würde.
Bruch der Priester mit dem König. — Sturz des Heidenthums. — Das Christenthum fasst Wurzel. — Kamehámehá II. und die Regentschaft. — Tod des Königs. — Kamehámehá III. unmündig. — Tod der Regentin. — Ihre Nachfolgerin.
In Folge des vorhin erwähnten Aktes des Königs sammelten die Priester sofort ihre Anhänger, um die Zeit zu benutzen, wo der König nach Brechung des „tabú“ sich Orgien hingegeben, um denselben zu beseitigen und an seine Stelle den fest an den traditionellen Glauben haltenden Vetter des Königs Kekuaókaláni zu erwählen.
Kekuaókaláni stellte sich in Hawaii mit seiner excentrischen, jedoch höchst tapferen Frau, der Manóno, an die Spitze einer beträchtlichen, durch die Priester begeisterten Schaar.
An die Spitze der königlichen, mehr regulären Krieger war Kalánimóku, ein alter Krieger und Genosse Kamehámehá’s I., ernannt worden.
In der Schlacht bei Kuámoó auf Hawaii 1820 im Januar siegte Kalánimóku; und Kekuaókaláni nebst seiner muthig kämpfenden Frau blieben unter den Todten.
Die Folge dieses Sieges war eine für das Heidenthum vernichtende; da die Nation fest auf die Hülfe der Götter in diesem für sie so wichtigen Ereignisse rechnete und keine Hülfe wahrnahm und schon längere Zeit sich dem Zweifel und dem Unglauben hinzugeben neigte, loderte plötzlich ihr Aerger gegen die bisher als unfehlbar geglaubten Götter in hellster Flamme auf. Es wurden nicht nur mit verzweifelter Verachtung, und als Lüge angesehen, alle Zeichen und Tempel ihres Götzendienstes — und das ohne Befehl des Königs — vernichtet, sondern auch die Zauberer und Priester verfolgt und in den Bergen, wohin sie mit den Insurgenten geflohen waren, sammt dem Oberpriester, dem bis dahin als göttlich gehaltenen „Kuáwa“, zumeist ermordet. Und ein Tag hatte genügt, um das Volk zu bewegen, in glühendem Hasse und mit begeistertem Eifer das, was seine Urväter seit undenklicher Zeit und was es noch vor einem Tage als unantastbar heilig gehalten, zu vernichten. Dieser Tag des Januar 1820 wurde demnach der Tag der Befreiung des Inselreichs von dem Joche des finstern Heidenthums und der Tag des Aufganges und des Einzuges des leuchtenden Christenthumes in dasselbe.
Der König Kamehámehá II. war durch einen Akt, der nur durch seine Wollust und seine religiöse Indifferenz hervorgerufen wurde, die unwillkürliche Ursache dieses wichtigen Ereignisses geworden. Es verdankt die Nation dieses Ereigniss eigentlich ihrer regierenden Gewalt, der energischen, willenskräftigen Kaáhúmanú, welche, die Nothwendigkeit dieses Ereignisses einsehend, es indirekt hervorgerufen hatte.
1820 den 4. April landeten aus Amerika kommend die ersten congregationellen Missionäre und zwar ein Jahr nach dem Tode Kamehámehá’s I., drei Monate nach der Vernichtung der Götzen in Kawaihae auf der Insel Hawaii. Bei ihrer Landung hauchte ihnen sozusagen die Luft des Inselreiches im Namen der Nation zu: „Unsere Inseln sind[S. 184] im Frieden, das System der Gräuel des „tabú“ ist gebrochen, die Götter und die Lüge sind vernichtet, die Tempel derselben zerstört! Kommt! bringt uns die Moral, lehrt uns Gott und die Wahrheit kennen und helft uns den Tempel der wahren Liebe, der Nächstenliebe, erbauen!“
Diesen Missionären wurde das Recht zu landen gestattet, jedoch die Erlaubniss zu bleiben und sich niederzulassen nicht gegeben, da Kamehámehá II. resp. die Kaáhumanú befürchtete, dass, da Kamehámehá I. die englische Regierung gebeten hatte, Missionäre zu senden, die benannte Regierung es übeldeuten könnte, wenn man amerikanischen Missionären den Voreinlass gestattete. Sie hiess jedoch umgehend die Häuptlinge sich versammeln und hielt Rath. Mr. Jung, der treue Freund und Begleiter Kamehámehá’s I., als Amerikaner, setzte der Versammlung auseinander, dass die Grundlage der Religion Amerikas und die Englands als christliche ein und dieselbe sei und beruhigte die Zweifel derselben soweit, dass der König resp. seine Regierung die Erlaubniss zum Sichniederlassen der Missionäre den 18. April 1820 formell gewährte.
Im selbigen Jahre kehrte der erste Walfischfahrer in den erst von Kamehámehá I. eröffneten Hafen von Honolulu ein, und bald wurde derselbe die beliebteste Station dieser Schiffe, dem sie auch vor allen bis dahin benutzten Häfen der Inseln den Vorzug gaben.
Den 18. April landeten die ersten amerikanischen Missionäre, die ebenfalls Congregationalisten waren, in Honolulu. 1821 wurde das erste christliche Bethaus daselbst eröffnet. Bis 1822 ging es ziemlich langsam mit dem Fortschritt der Missionäre. Der Hauptgrund dessen lag nicht nur in der Indolenz und der Indifferenz der Nation, sondern mehr in der Erwartung derselben, dass das Haupt ihrer Regierung und ihre Häuptlinge ihnen mit gutem Beispiel vorangehen würden.
Den 7. Januar 1822 wurde die erste nationale Druckerei in Honolulu eröffnet, und es erschienen die ersten gedruckten heiligen Bücher der Missionäre in Hawaii’scher Sprache. Der König zog eigenhändig die erste und der[S. 185] Oberhäuptling Keoúmóku die zweite Platte des ersten Druckversuches ab.
Im Jahre 1823 den 25. April überfluthete ein Lavaauswurf des Kilauéa-Beckens eine Strecke von 12 Meilen bis zum Ocean verwüstend.
Den 27. April 1823 landete die zweite Compagnie amerikanischer Missionäre in Honolulu, und mit ihr begann die Wirkung der Missionäre im Lande eine rege zu werden.
Trotz des friedlichen Entgegenkommens der Kaáhumanú den in das Land ziehenden Missionären gegenüber, ungeachtet ihrem ausdrücklichen Wunsche, dass das Volk und dessen Häuptlinge den Missionären Achtung erweisen, deren öffentlichen Reden mit Aufmerksamkeit zu lauschen und das Lesen und Schreiben erlernen sollten, war sie selbst merkwürdigerweise den Missionären nicht zugänglich und verkehrte mit ihnen gar nicht, fand aber die Möglichkeit, ihre öffentlichen Reden kennen zu lernen und folgte ihrem Schalten und Walten unbemerkbar mit grösster Aufmerksamkeit.
Der Grund dieser Zurückhaltung lag, glaube ich, in dem Wunsche der Regentin, sich und dem Volke ohne Ueberstürzung Zeit zu reiflicher Ueberlegung zu geben. Sie selbst wollte erst den Unterschied verschiedener christlicher Religionen genauer kennen lernen, um erst nach dem Erlangen einer Ueberzeugung mit eigenem Beispiele und alsdann mit der ganzen Kraft ihres gewaltigen Einflusses zu Gunsten des Christenthumes zu wirken.
Den 27. November 1823 verliess der König nebst seiner Frau, der Königin Kamámalú, begleitet von seinem Bruder Boki nebst Frau, den Häuptlingen Lilihá und Kékoanása, das Inselreich, um auf dem zu diesem Zweck gemietheten Walfischfahrerschiffe, dem „Aigle“, — unter Commando des Capitäns Starbuck — das Cap Horn umfahrend, der Einladung des Königs Wilhelm IV. zu folgen und nach England zu segeln.
Es war das erste Mal, dass ein König das Inselreich verliess.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Rio de Janeiro[S. 186] (Brasilien) landete der König nebst Begleitung im Mai 1824 in London, wo er vom König auf das Gastfreundschaftlichste aufgenommen wurde.
Der schroffe Wechsel des Klimas und der Lebensweise wirkten tödtlich auf den König und die Königin. Er starb den 8. und sie den 13. Juli 1824. Ihre Leichen brachten Boki nebst Begleiter auf der englischen Fregatte „Blonde“ unter Commando des Capitän Lord Byron nach Honolulu, wo sie den 4. Mai 1825 eintrafen. Zur Zeit, als der König in London starb, liess sich seine und seines Nachfolgers Mutter, die erste Frau Kamehámehá’s I., Kéopúoláni, taufen.
Im August desselbigen Jahres, d. i. 1824 benutzte George Kaúmuálií, Sohn des verstorbenen Königs von Kauai, der, wie schon früher erwähnt, als seinen Nachfolger Kamehámehá I. ernannt hatte, die Abwesenheit des Königs in London, um zu versuchen, der Insel sich wieder zu bemächtigen. Er war nämlich nach dem Tode seines Vaters als privilegirter Gouverneur von Kauai mit dem vollsten Vertrauen des Königs ernannt worden. Dieses Vertrauen vergalt er, unterstützt von der seiner Dynastie treuen Bevölkerung, mit dem Aufstand. Die Vorbereitungen der Kauaier hatten schon im Mai die Regentin bewogen, einen neuen Gouverneur in dem Oahú-Häuptling Kahalaía zu ernennen. Den 8. August stürmte George mit seinen Schaaren Waiméa, den Sitz des Gouverneurs, trotz seiner 2 Kanonen und der Feuergewehre seiner Mannschaft resultatlos, indem die Kugeln meist über die Feinde wirkungslos hinwegflogen. Der Gouverneur von Maui, Hóapíli, ein Vetter der Regentin, kam zu Hülfe, stürmte die Verschanzungen der Kauaier, und nach einer kurzen Schlacht zwang er George nebst seinen Schaaren zu fliehen, und, sie verfolgend, schenkte er ihnen nach alter Sitte keinen Pardon. Viele Tage hindurch wurden ohne Ausnahme Alt und Jung, Weib und Kind niedergemetzelt. George entkam, in die Berge sich flüchtend, und ergab sich erst später, als er in Rücksicht auf seinen verstorbenen Vater begnadigt worden war.
An Stelle des Kohalaía, dafür, dass er saumselig in seiner Verwaltung gewesen und nicht zur rechten Zeit die Vorbereitungen der Aufständischen gehemmt hatte, wurde Kaíkioéwa, ebenfalls ein Vetter der Regentin, als Gouverneur der Insel Kauai ernannt, dessen erstes Werk darin bestand, die noch am Leben gebliebenen Aufständischen in die anderen Inseln zu versetzen.
Nach dem Tode des Königs wurde sein minderjähriger Bruder Kauikeadúli als Kamehámehá III. proklamirt. Die Káahúmanú setzte ihre Regierung als Regentin für den minderjährigen König fort.
Bald nach Rückkehr Bokis mit den Leichen des Königs und der Königin aus England, bekannte sich die Regentin zum christlichen Glauben und wurde in Honolulu congregationalistisch getauft.
Dieser Akt wirkte auf die Verbreitung des Christenthumes im Inselreiche rascher als die Arbeit eines Jahrhunderts der Missionäre gewirkt hätte. In Schaaren stellten sich die Leute zur Taufe und zum Glauben an den „akuá-oiaio“ (den wahren Gott). Schulen wurden errichtet, die erstaunlich rasch der Bevölkerung, Alt und Jung, das Lesen und Schreiben beibrachten. Denn zum Verwundern ist es, dass gegenwärtig es kaum noch Einen im Inselreiche giebt, der nicht zu lesen, schreiben und zu rechnen versteht.
Im selbigen Jahre wurde die Presbyterianer Kaiwahae-Kirche, an der jetzigen Ecke der „King“- und „Punch-bowl“-Strasse gelegen, eröffnet, der der höchst thätige und für die Verbreitung seines Glaubens als wahrer Christ wirksame Pastor H. Bingham vorstand.
Von diesem Augenblicke an unterstützten die Regentin, als auch die Häuptlinge die Missionäre, beförderten mit glänzenden Resultaten die Befestigung des christlichen Glaubens im Inselreiche durch Gründung christlicher Schulen und Kirchen, und man kann annehmen, dass vom Januar 1820, d. h. seit der Niederlage der Priester, und der Schaaren des Kekuáoókaláni in der Schlacht von Kuámoó das Bestreben der damals noch heidnischen Regierung und der[S. 188] Wille des damals noch heidnischen Volkes zum progressiven Fortschritte der Missionäre vereint zu wirken begonnen haben.
Weder die Regierung, noch das Volk haben je den Missionären einen Widerstand entgegengestellt. Sie haben im Gegentheil dieselben stets ermuthigt, ihre allein seligmachende Lehre der Vergebung, der Milde, der brüderlichen Nächstenliebe im Lande zu verbreiten, indem die Majorität der Bevölkerung ihren Versammlungen andächtig beiwohnte.
Eine Schwierigkeit nur und einen bedeutenden Widerstand fanden die Missionäre in der brutal ungebildeten Opposition der im Inselreich damals lebenden oder sich zeitweilig aufhaltenden weissen Bevölkerung, die sich Christen nannten und unter denen die rohen Walfischfänger namentlich ihre wirksamsten Gegner waren. Die Missionäre, um einen gesunden christlichen Glauben einzuführen, mussten mit aller Macht dahin streben, auch die moralische Tendenz desselben so rein wie möglich zu importiren und nach Möglichkeit es zu verhüten suchen, dass die dem christlichen Glauben so widersprechenden Gewohnheiten und eingeschlichenen Ueblichkeiten der weissen Race mit dem reinen Glauben eingeschmuggelt werden: Gewohnheiten und Ueblichkeiten, die den christlichen Glauben bekanntlich so bedeutend unter den stolzen selbstbewussten Trägern des christlichen Banners „der weissen Race“ gelockert haben. Unter diesen Gewohnheiten und Ueblichkeiten spielt die wichtigste Rolle im sichtlichen Verfall unserer Moralität der Alkohol, der soweit die gegenwärtige Generation dämonisch gefesselt hat, dass wir sozusagen einer Seuche verfallen sind, der sogenannten „Alkohol-Pest“, was keiner, der in der Welt gelebt, beobachtet und gefühlt hat, bestreiten kann.
Das Einschmuggeln dieses Giftes befürchtend, bewogen die Missionäre die Regierung, die Einfuhr von Spirituosen zu erschweren und, wenn möglich, zu verbieten, da der Genuss derselben durch das Beispiel der Walfischfänger sich fühlbar unter den Eingeborenen verbreitet hatte. Desgleichen lag ihr Bestreben darin, die Regierung zu bewegen, die durch die Walfischfänger in das Land gebrachte Sitte[S. 189] der Prostitution, die im Lande zur vollständig öffentlichen schamlosen Gewohnheit geworden war, zu verbieten.
Wie sehr die Walfischfahrer sich gegen die Tendenzen der Missionäre, die sie unter dem Volke lächerlich zu machen suchten, sträubten, liegt in folgenden schamlosen Beispielen:
1825 im Oktober lag z. B. vor Lahaïna (Insel Maui) der britische Walfischsegler „Daniel“ vor Anker; entrüstet über die von der Regierung der Inseln unerwartet günstig aufgenommenen Vorschläge der Missionäre, sammelte sich dessen Mannschaft, um mit bewaffneter Hand die Missionäre zu zwingen, ihren Einfluss auf die Regierung in Hinsicht auf die Moralität aufzugeben und versuchte mit Gewalt, ihre Gelüste zu befriedigen. In stark angetrunkenem Zustande forderten sie drohend die Häuptlinge und das Volk auf, den Missionären kein Gehör zu schenken und nach früherer gemüthlicher Sitte den Frauen und Töchtern des Landes den Zutritt auf ihre Schiffe zu gestatten; die Regierung hatte nämlich in Folge der Vorstellung seitens der Missionäre ein strenges Verbot gegen diese Unsitte erlassen und zur Bekräftigung desselben als Grundlage des Reichsgesetzes die zehn Gebote proklamirt, und es gelang ihr nur durch Energie, den Ausbruch von Gewaltthaten der rohen Bande gegen die Missionäre abzuhalten.
Aehnliche Fälle fanden unter britischen, amerikanischen Schiffen, namentlich Walfischfahrern derselben, noch öfters statt, der gewaltigste jener Fälle ist der von 1826 im Januar, wo das den Vereinigten Staaten gehörige Walfischfängerschiff „Delphin“ im Hafen von Honolulu vor Anker lag. Die angetrunkene Mannschaft desselben landete nämlich bewaffnet, belagerte im vollsten Sinne des Wortes die Wohnung der Missionäre, forderte brutal die augenblickliche Annullirung der Gesetze und die Wiedererstattung der alten Gewohnheiten an das Volk. Da die Missionäre die lärmende Bande nicht beschwichtigen konnten, so sagten sie ihnen, dass es nicht von ihnen, sondern von der Regierung abhänge, ihren Forderungen Folge zu leisten, worauf die Bande kühn unter Anführung ihres Capitänlieutenants John[S. 190] Percival vor dem Haus des kranken Gouverneurs der Insel, Kalanimokú, erschien und dasselbe belagernd ihre Forderung stellte. Nach einem scharfen Handgemenge wich sie jedoch der allmählich zunehmenden Uebermacht des Volkes, nachdem sie die Fenster und Thüren des Hauses zertrümmert und die sie zu beruhigen suchenden Missionäre brutal behandelt hatte.
1827 lag vor Lahaina (Insel Maui) das britische Handelsschiff „John Palmer“. Die Mannschaft brachte sich — scheinbar mit Gewalt — Frauen auf das Schiff. Hoapíli, der energische, mannhafte Gouverneur der Insel, der Held der Schlacht in Kauai gegen den Prätendenten George, liess umgehend auf Grund des Gesetzes von 1825 den Capitän des Schiffes höflichst auffordern, sofort die Frauen wieder ans Land zu befördern, erhielt jedoch hierauf eine spöttische höchst unmoralische Antwort. Hoapíli war nicht der Mann, dem Furcht eingeflösst werden konnte, er benutzte den Augenblick, wo der Capitän ans Land gekommen war, um denselben arretiren und sein Boot confisciren zu lassen. Der Capitän, scheinbar unterthänigst, erbat sich die Erlaubniss — die ihm natürlich gestattet wurde —, einige Anordnungen seinem Schiffe geben zu dürfen. Diese Anordnung bestand im Befehl, dass, im Fall er nicht innerhalb einer Stunde wieder an Bord erscheine, die Mannschaft die Stadt zu beschiessen habe, was denn dieselbe auch nach Ablauf einer Stunde pünktlich erfüllte, ohne jedoch dem Orte einen erheblichen Schaden zu verursachen. Der Capitän wurde endlich unter dem Versprechen, die Frauen sofort ans Land zu schicken, entlassen. Kaum an Bord, lichtete er die Anker und segelte mit den Frauen nach Oahú resp. dem Hafen von Honolulu.
Die oftmaligen Wiederholungen solcher Excesse wirkten missstimmend auf die ausländische Bevölkerung der Inseln, namentlich der von Honolulu. Die Schiffsbesitzer und einige Handlungshäuser waren meist entrüstet über das sogenannte moralische Gesetz der Dummheit, welches ihre Seeleute vollständig unwillig machte, und wurden beängstigt durch die Zeitungs-Artikel der Vereinigten Staaten, die die[S. 191] Handlungsweise der betreffenden Schiffe auf das Strengste rügten. Sie traten mit Heftigkeit und fast drohend auf und forderten von der Regierung die sofortige Annullirung der proklamirten Gesetze, die ihrem Geschäfte nur nachtheilig seien, und forderten die Bestrafung gewisser Missionäre für ihre das Volk unnütz aufregende Demonstration und falsche Denunciation im Auslande. Ihr Auftreten war ein derart gebietendes und drohendes, dass viele Häuptlinge der Ruhe wegen oder — eingeschüchtert — geneigt waren, den Forderungen nachzugeben oder zu Gunsten derselben auf die Regierung zu wirken.
Die Regentin war bis dahin verhältnissmässig sehr zurückhaltend und scheinbar inaktiv gewesen. Die Geneigtheit einiger Häuptlinge, den barbarischen Forderungen eines Theiles der europäischen Bewohner Honolulus nachzugeben, bewog sie, den Reichsrath sofort zu berufen, um die Sache reiflich zu besprechen, einen definitiven Beschluss zu fassen und wirksame Massregeln zu treffen, damit diesen unheilvollen, eigenmächtigen Auftritten ein für alle Mal eine gesetzliche Schranke statuirt würde, die die Wiederholung derselben unmöglich machte.
Einstimmig wurde — Dank dem unerschütterlichen Willen der Regentin — definitiv beschlossen, die Missionäre und die neuen Gesetze der Moralität unveränderlich zu schützen. Dieser Entschluss des Conciliums wurde gedruckt und proklamirt. Den folgenden Tag erschienen formell in vollster Uniform der englische Consul Mr. Buckle, der Capitän des schon früher, 1825, erwähnten Schiffes „Daniel“, einige ausländische Kaufleute und zwei Häuptlinge bei der Regentin und forderten die Bestrafung des Missionärs Richard. Die Antwort der Regentin war fest und bestimmt verneinend, und sie schloss mit der Erklärung, dass die Wirkung der Ansichten der Ausländer und Eingeborenen über diese ihre festverneinende Antwort und den Entschluss, die Missionäre und die moralischen Gesetze in Schutz zu nehmen, gleich der der wilden See gegen den festen Felsen sein würde.
1828 den 30. März landete die 3. Compagnie der[S. 192] amerikanischen Missionäre und wurde von der Regierung auf das Freundlichste bewillkommt.
1829 wurde eine Proklamation im Namen des Königs durch die Regentin erlassen, in welcher die seit 1825 bestehenden Gesetze des Inselreiches der Art erklärt wurden dass dieselben eine ausnahmslose Wirkung auch auf die Fremden und Nichteingeborenen des Landes in vollster Kraft haben sollten. Diese Gesetze enthielten die erforderlichen Massregeln gegen Vergehen als: Mord, Diebstahl, Verkauf von spirituösen Flüssigkeiten und Substanzen, Entweihung des Sonntags, Hazardspiel, Ehebruch, Polygamie, Polyandrie u. s. w.
Gegen diese Proklamation protestirten sofort viele Bewohner der Insel fremder Nationalität, die sich nicht unter die Hawaii’sche Jurisdiction stellen wollten. Doch mussten sich dieselben trotz ihres Protestes, der vollständig unberücksichtigt geblieben war, in Folge des unbeugsamen Willens der Regentin Káahúmanú den Gesetzen fügen. Den 19. Oktober 1829 traf noch obendrein ein officielles Schreiben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an die Regierung ein, welches den König resp. die „Kuína-nui“ Káahumanú für die reellen, so eingreifenden Reformen und die Einführung des christlichen Glaubens, der im Lande sich so überraschend erfolgreich verbreitet beglückwünschte und ferner die Hoffnung ausdrückte, dass die Fremden im Königreiche — und dass namentlich die amerikanischen Bürger in demselben — gleichwie die Eingeborenen den herrschenden Gesetzen des Landes unterworfen werden würden.
Von 1829 bis 1838 waren keine neuen Gesetze creirt worden, die bestehenden jedoch wurden den Eingeborenen und den fremden Nationalitäten des Landes eingeschärft und allmählig zur Gewohnheit, was dadurch erleichtert war, dass die Regierung eine absolute Monarchie, d. h. des Königs Wort Gesetz war.
1831 den 7. Juni landete die 4. Compagnie amerikanischer Missionäre, und in demselben Jahre im September wurde die erste Hochschule des Inselreiches in Lahaïna eröffnet.
Von 1831 bis 1832 wurde das Fort Lahaïna erbaut.
Den 17. Mai 1832 landete die 5. Compagnie amerikanischer Missionäre und bald darauf den 5. Juni 1832 starb die energische „Kuína-nui“ Káahúmanú als eine ihrem Lande unvergessliche Regentin, der die Nation das erste Stadium ihrer Entwickelung verdankt.
Als ihre Nachfolgerin, d. h. als „Kuína-nui“ wurde die Tochter Kamehámehás I., die Kinau, unter dem Namen Káahúmanú II. erwählt. Sie war seit 1827 im October an den Oberhäuptling Kékuánaóa vermählt.
Im Juni desselben Jahres fand eine gewaltige Eruption des Kilauéa und zugleich des „Mauna-lóa“-Gipfelkraters statt.
Nach dem Tode der Káahúmanú I., sich seiner Volljährigkeit nähernd, erlöst von der strengen moralischen Aufsicht und Leitung der Verstorbenen, ergab sich der jugendliche König der Depravation und namentlich dem Trunke. Beeinflusst von einer nichts weniger als moralischen europäischen Umgebung, die meist gegen die neu eingeführten Gesetze des Reiches gestimmt war und den Zweck verfolgte, durch die Depravation des Königs auch das Land allmälig wieder in die früheren ungebundenen Verhältnisse desselben zu versetzen, näherte er sich immer mehr und mehr der Anschauungsweise der Feinde der öffentlichen Ordnung und ermuthigte dadurch die Hoffnungen seiner Umgebung. Diese Hoffnungen schienen sich auch schon wirklich erfüllen zu wollen. Das Beispiel des Königs zeigte allmälig einen gewaltigen Umschwung in dem noch frisch umgewandelten Geiste des Volkes. Schwelgerei und Akte der Demoralisation fanden wieder statt ungeachtet der ernsten Mahnungen und Bemühungen der Missionäre, es zu verhüten. Es schien als ob die jahrelangen Bemühungen der Káahúmanú I. und ihre weisen Einrichtungen verschwinden sollten.
Volljährigkeit des Königs Kamehámehás III. — Die „Kuina-nui“ Kinau und ihre Regierung. — Kamehámehá III. giebt eine Constitution. — Seine Regierungszeit. — Sein Tod.
1833 im März übernahm Kamehámehá III. als Volljähriger die Regierung und die Kinau blieb als „Kuína-nui“ d. h. als Premier und leitete als solche anfänglich allein die Regierung, da der König fast beständig in Orgien sich befand und wenig oder gar nicht sich um jene kümmerte.
In selbigem Jahre erschien die 6. Compagnie amerikanischer Missionäre, und 1834 den 2. Januar wurde das weibliche Seminar von denselben in Wailúka auf der Insel Maui und zugleich die zweite Hochschule in Hilo (Insel Hawaii) in Gegenwart der Kinau eröffnet.
1834 den 14. Februar erschien das erste Blatt, in Hawaii’scher Sprache gedruckt, die Zeitschriften: „Lama-Hawaii“ in Lahaïna (auf der Insel Maui) und „Kúnau-Hawaii“ in Honolulu.
1835 den 6. Juni landete die 7. Compagnie der amerikanischen Missionäre.
Die grenzenlos zunehmenden Ausschweifungen des Königs hatten zur Folge die geringere Wirksamkeit der Gesetze und den allgemeinen Glauben an die vollständige Vernichtung der glänzenden Resultate der Kaahúmanú I.
1836 jedoch zum grossen Erstaunen Vieler änderte sich das Wesen des Königs unerwartet plötzlich. Ueber die ernsten schon merklich in der Bevölkerung fühlbaren Folgen seines unmoralischen Beispiels erschreckend, erliess er den Befehl, dass die Gesetze von 1829 ausnahmslos gegen Jedermann in strengste Kraft wieder treten sollten,[S. 195] und bemühte sich selbst von diesem Augenblicke an, einen dem früheren vollständig entgegengesetzten Lebenswandel einzuschlagen. Leider hat der Trunk eine fest haftende Eigenschaft, die nicht leicht dem Willen nach beseitigt werden kann. Begabt, gutmüthig, von grundehrlichem Charakter sah der König die Gefahr ein, fühlte aber auch die Schwäche der menschlichen Natur, suchte daher durch Handlungen und Thätigkeit seine Leidenschaft zu ersticken.
Dieses Gefühl des Königs benutzte die hochbegabte, jedoch fanatisch protestantische Kinau, um ihn zu bewegen, die Verfolgung des allmälig sich mehr und mehr verbreitenden römisch-katholischen Glaubens wieder zu beginnen.
Schon im Jahre 1819, im August, als die französische Corvette „l’Uranie“ vor Kawaihae und später vor Honolulu ankerte, bekehrten sich heimlich zum katholischen Glauben die Brüder des Königs, Kalánimokú und Bóki, und wurden mit einigen ihrer Anhänger durch den Abbé de Quellin, den Geistlichen der Corvette, auf dem Schiffe getauft.
1827 trafen die ersten katholischen Missionäre in Honolulu ein; es waren die Väter Augustin Bachelet als apostolischer Präfect der Sandwichinseln und Short nebst diversen Kirchendienern. Die Landung wurde ihnen durch den Protest der protestantischen Missionäre von der Regierung verweigert. Das Schiff ging ab; die geistlichen Herren jedoch blieben auf der Insel. Die Káahúmanú I. war damals auf der Insel Hawaii. Durch Bókis Einfluss wurde den Vätern das Predigen ermöglicht, und es gelang ihnen auffallend rasch, eine kleine Gemeinde zu bilden. Leider verliess 1828 im Dezember Boki Honolulu, um auf den Südseeinseln Sandelholz zu suchen, mit welchem er seine erschöpfte finanzielle Lage durch ein rentables Geschäft mit China zu verbessern hoffte. Mit zwei Briggs ging er ab und ist nie wiedergekehrt. Sein Verschwinden that der katholischen Sache einen erheblichen Schaden, da die Gemeinde in ihm ihre einzige kräftige und einflussreiche Stütze verlor.
Die protestantischen Missionäre waren während dieser Zeit nicht müssig gegen die ihnen erwachsende Gefahr ge[S. 196]blieben, indem sie die Káahúmanú. I. nach Hawaii über den Vorfall benachrichtigten und sie auf die entstehende Gefahr für das Bestehen der protestantischen Kirche aufmerksam machten.
Mit ihrer Rückkehr nach Honolulu, die die Missionäre bedeutend antrieben, änderte sich plötzlich die Lage der katholischen Gemeinde auf der Insel Oahú. Sie erkannte sofort die bedeutende Wirkung der Priester auf das Volk und — beeinflusst durch die protestantischen Missionäre und auf das Zureden der sehr protestantischen Kinau — entschloss sie sich die Priester aus dem Lande zu verweisen und die Gemeinde zur Annahme des Protestantismus, wenn es erforderlich würde, zu zwingen, da zwei Religionen im kleinen Reiche ihr zuviel erschien. Sie verbot den durch ihre Menschenfreundlichkeit, durch ihre Pflichttreue allgemein geachteten Priestern das Predigen, befahl ihnen, ihre Capellen sofort zu schliessen und bedrohte mit strengster Strafe die Gläubigen, wenn sie ihrem Glauben treu bleiben würden. Die Ausführung dieser Drohungen wurde noch durch die in dieser Sache hauptsächlich wirkende Kinau verschärft; keine Nachgiebigkeit, keine Entschuldigung fand statt. Mit oft grausamer Strenge wurde der Wille der Regierung, wenn gleich mit geringem Erfolge unausgesetzt bis 1831 ausgeführt.
Die Ursache des Misserfolges der protestantischen Tendenz der Regierung in dieser Sache lag in den katholischen Geistlichen, die das Land nicht verliessen, mit aufopfernder Geduld, Selbstverleugnung und Liebe die Verfolgten trösteten und sie zum Festhalten an ihrem Glauben soweit ermunterten, dass die Gemeinde trotz der Verfolgung — wenn nicht öffentlich, so doch heimlich — statt abzunehmen an Zahl wuchs.
Die Kinau, dieses spürend, überredete die Regierung, ein Schiff auf Kosten des Staates zu miethen und die katholischen Missionäre höflichst nach Californien abzuführen, um dadurch endlich die zähe Gewalt ihres Einflusses zu beseitigen. Die Brigg „Wawerley“ unter Commando des Kapitän W. Summner war accordirt worden,[S. 197] und steuerte im Jahre 1831 mit den Missionären nach Californien.
Zu derselben Zeit und das zum Glück der von ihren Seelsorgern getrennten Gemeinde trafen zwei Schiffe aus Chili ein, deren Commandore, katholischen Glaubens, sofort nach ihrer Ankunft für die hartgedrängte und verfolgte Gemeinde bei der Regierung des Landes energische Fürsprache einlegten und dieselbe auf die Möglichkeit einer Intervention katholischer Grossstaaten aufmerksam machten und namentlich ihr zu beweisen verstanden, dass der römisch-katholische ebenfalls ein und zwar der älteste christliche Glaube sei; dass 1819 schon sich durch den Abbé de Quellin eine katholische Gemeinde im Lande gebildet habe, zu deren Seelsorge in Folge der Schritte des Abbé in Rom vom Papst die nach Californien abgeschickten katholischen Priester gesandt worden waren. Dank ihrer gewandten Fürsprache gelang es ihnen, die Verfolgung aufzuheben.
Infolge dieser Schritte der chilenischen Commandore bestand eine scheinbare Toleranz des römisch-katholischen Glaubens auch während der Regierungszeit der Kinau bis 1836. Im Innern jedoch und das von den protestantischen Missionären zunehmend beeinflusst, wartete sie nur auf einen günstigen Augenblick und eine fassbare Ursache, um ihre fanatische Idee der Verfolgung und Ausrottung des katholischen Glaubens für die Bildung einer einheitlichen protestantischen Kirche des Landes zu realisiren.
Als nun 1836 König Kamehámehá III., erschreckt über den Einfluss, den das Beispiel seines ausschweifenden Lebens auf das Volk gehabt, erschreckt über die durch jenes entstandene Missachtung der Gesetze, den Befehl ertheilte, die bestehenden Gesetze ohne Ausnahme in ihre vollste Wirkung wieder treten zu lassen, und er sich selbst und seine Leidenschaften durch Thätigkeit und rege Handlungen zu bemeistern suchte, unterwarf er sich vollständig dem Willen der energischen jedoch religiös tendenziösen Kinau.
Diesen Augenblick benutzte hastig die kluge Regentin, um ihren Plan einer einheitlichen Kirche des Reiches end[S. 198]lich durchzusetzen. Sie bewog den König, hierzu seine vollste Thätigkeit zu entfalten.
1836 wurde demnach die Verfolgung der katholischen Gemeinde mit verdoppelter Energie wieder begonnen; doch merkwürdigerweise brachte die Vorsehung der Verfolgung wieder Schwierigkeiten und der unglücklichen, jedoch seit 1831 gewachsenen Gemeinde eine Hülfe zur Standhaftigkeit, durch die den 30. September des Jahres stattfindende Wiederlandung in Honolulu des Paters Robert Walsh, aus Valparaiso kommend. Die Kinau erliess sofort den Befehl, ihn nicht landen und, wenn er es gethan, wieder an Bord des Schiffes führen zu lassen. Der englische Consul jedoch nahm sich seiner als Britten an und stellte ihn unter brittischen Schutz. Der Pater Walsh blieb in Honolulu, jedoch mit dem ausdrücklichen Verbote zu predigen.
1837 den 4. Februar vermählte sich der König mit der Kaláma, was eine überaus günstige Wendung in der Lebensweise des Königs hervorrief und ihm die Bemeisterung seiner Leidenschaften, namentlich die Entfernung seiner ihn so schädlich beeinflussenden Junggesellenumgebung erleichterte.
Im selbigen Jahre den 9. April landete die 8. Compagnie amerikanischer Missionäre und fast zur selbigen Zeit d. h. den 17. April landeten zur grossen Freude der katholischen Gemeinde die 1831 auf der Brigg „Wawerley“ verschickten Geistlichen Bachelet und Short wieder in Honolulu. Sofort wurde ihnen natürlich von der Regentin der Befehl ertheilt, wieder an Bord ihres Schiffes sich zu begeben und das Land, da sie 1831 schon aus demselben ausgewiesen waren, für immer zu verlassen. Diese weigerten sich und wurden demnach mit Gewalt auf die Brigg „Clementine“ gebracht, der der Befehl ertheilt wurde, das Inselreich sofort zu verlassen. Der Besitzer der Brigg, Capitän Dudoit weigerte sich seinerseits, da er noch Ladung zu empfangen hätte, sofort abzusegeln und auf den wiederholten Befehl es zu thun liess er die Flagge seiner Brigg nieder und überliess sein Fahrzeug — der Gewalt weichend — der Regierung von Hawaii mit Protest und Stellung einer Forderung von 50,000 Dollar als Schadenersatz für[S. 199] die quasi gewaltsame Abnahme des Schiffes. Die Sache blieb fraglich bis zum 10. Juli des Jahres, der Zeit, wo die französische Fregatte „Venus“ des Capitän Du-Petit-Tours im Hafen von Honolulu erschien.
Der Capitän, mit echt französischem Eifer, nahm sofort seinen Landsmann, den Capitän der „Clementine“, die katholischen Geistlichen und im Allgemeinen die Sache der katholischen Gemeinde des Inselreiches in Schutz. Seiner energischen Fürsprache gelang es, die Befreiung der „Clementine“, und die Erlaubniss für die Priester zu erhalten, bis zu einer nächsten Schiffsgelegenheit zu landen. Mit diesem Resultate war er für den Augenblick zufrieden, wollte aber der katholischen Gemeinde effectivere Hülfe durch die französische Regierung nachträglich verschaffen.
Den zweiten November landeten zum grossen Entsetzen der Kinau in Honolulu der katholische Bischof von Nicopolis, M. Maigret, und der Pater Murphy, ebenfalls aus Valparaiso kommend. Ihnen wurde zu landen nicht gestattet, und sie kauften sich d. h. Maigret und Bachelet eine Brigg und segelten, die Väter Short und Murphy mitnehmend, den 23. November zu den Südseeinseln, auf welcher Reise Bachelet starb. Der Pater Walsh blieb allein im Inselreich zurück und das nur, weil er brittischer Unterthan war. Wären die anderen auch brittische Unterthanen gewesen, so wäre ihnen das Bleiben ebenfalls ermöglicht worden, da der Hauptagitator und Intrigant gegen die katholische Gemeinde und ihre Priester ein gewisser Mr. Bingham, ein fanatischer Engländer, war.
Während dieser religiösen Streitigkeiten der Regierung hatte auch die vulkanische Unterwelt des Inselreiches keine Ruhe; den 7. November nämlich wiederholte sich das Phänomen des Mai 1819 durch eine noch bedeutend gewaltigere, sich mehrfach wiederholende Ebbe und Fluth. Dieses Phänomen zeigte sich in folgender Art:
Um 6 Uhr Morgens zog sich plötzlich das Wasser in Honolulu bis 8 Fuss unter sein Niveau, die Umgebung der Insel und sämmtliche Riffe trocken legend; die Fische am Grunde waren todt. Bald stieg das Wasser lärmend wieder[S. 200] und hatte in 24 Minuten die normale Höhe der Fluth erreicht, um nach kurzweiligem Stillstand sich wieder bis auf 6 Fuss unter sein normales Niveau zurückzuziehen. Es wiederholten sich diese abnorme Ebbe und Fluth in Intervallen von 28 Minuten bis zum 8. November um 12 Uhr.
Auf der Insel Maui zeigte sich dasselbe Phänomen und das zur gleichen Zeit wie in Honolulu auf der Leeseite der Insel, während auf der Luvseite derselben der Ocean sich auf circa 20 Klafter zurückzog, um darauf rasch in Form eines gewaltigen Walles zurückzukehren und Alles, was ihm in den Weg kam, vernichtend mit sich fortschwemmend.
Auf der Insel Hawaii in Hílo fand dasselbe statt. Der grösste Theil des Hafens war plötzlich trocken gelegt und bedeckt mit todten Fischen. Eine Unmasse Neugieriger eilte zum Hafen das sonderbare Schauspiel anzusehen, als plötzlich — gleichwie in Maui, doch noch gewaltiger — ein Wasserwall lärmend und zwar mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 8 Meilen die Stunde und 20 Fuss über das normale Niveau sich erhebend zurückkehrte und, das Land überfluthend, alle Menschen, alles Vieh, die Häuser und Gärten und Alles, was sich in seinem Lauf vorfand, in seinen wälzenden gewaltigen Strudel vernichtend erst in das Land und dann mit sich wieder zurück in den Ocean zog. Ein Erdbeben war weder vor noch nach diesem Phänomen zu spüren; es wurden nur heftigere Bewegungen des Kilauéa-Kraterbeckens, stärkere Dampfqualme, neue Spaltenbildungen und plötzliches Schwinden der Glühfeuer desselben wahrgenommen. Dieses Phänomen hatte dem Inselreich bedeutend viel Menschenleben und Eigenthum gekostet und ist unter die gewaltigsten Naturerscheinungen des vulkanischen Inselreiches zu stellen.
Den 8. November hatten sich, wie gesagt, die vulkanischen Umtriebe wieder beruhigt, die religiösen der Regierung von Hawaii jedoch nicht. Den 18. December 1837 nämlich wurde der Wille des Königs veröffentlicht, durch welchen auf Grund dessen, dass das Königreich zu klein, um zwei Religionen zu haben, das Lehren, so auch[S. 201] das Bestehen des katholischen Glaubens ein für allemal gesetzlich verboten wurde und Jeder, der sich vom Tage dieser Veröffentlichung ab gegen dies Verbot — ob Ausländer oder Inländer — vergehe, der gesetzlichen Strafe verfällt. Die Norm der Strafe für jedes einzelne Vergehen dieser Art wurde pro Person auf 100 Dollar und für jeden landenden katholischen Geistlichen oder Missionär auf 10,000 Dollar unter Confiscation des Schiffes, welches den betreffenden Geistlichen in das Königreich gebracht, festgestellt.
Zum Glück für die wieder bedrängte katholische Gemeinde und für die endliche Ruhe des Landes starb 1838 den 5. April die Kinau oder Káahúmanú II., und ihr folgte als „Kuína-nui“ oder als „Premier“ Kékaulúohí, um das Steuer des jungen Staates in einer für das Land politisch bald sehr verwickelten Zeit zu übernehmen.
Den 2. September 1838 wurde Lydia Kámakaehá, Schwester des gegenwärtigen Königs, Kalakaua I., geboren.
Den 10. Juli 1839 in Folge der Schritte des Capitäns Du-Petit-Tours und in Folge späterer Nachrichten über die bedrängte Lage der katholischen Gemeinde des Königreiches von Hawaii erschien die Corvette „l’Artemise“ unter Commando des Capitän Laplace vor Honolulu. Der Capitän überreichte seine Legitimationen und forderte im Namen der französischen Regierung über die Gründe der Ausstossung der katholischen Priester eine Erklärung, und nachdem er dieselbe erhalten, verlangte er vom Könige eine sofortige Proklamation der religiösen Toleranz im Königreiche, die sofortige Befreiung der nur ihres Glaubens wegen gefangen gehaltenen Glieder der katholischen Gemeinde, die sofortige Einräumung gleicher Rechte derselben mit der protestantischen und zum Aufbau einer katholischen Kirche in Honolulu einen dazu geeigneten Platz. Zur Sicherstellung der Erfüllung dieser Forderungen sollte die Regierung bei dem Capitän resp. der französischen Regierung den Betrag von 20,000 Dollar deponiren. Diese Forderungen waren als Ultimatum gestellt mit dem Hinweis, dass der Nichterfüllung derselben eine sofortige[S. 202] Beschiessung der Stadt und die Besitznahme der Insel erfolgen würde.
Es blieb natürlich dem Könige nichts Anderes übrig als die nicht übertriebenen, jedoch energisch gestellten Forderungen anzunehmen. Der Gouverneur der Insel, Kékuanaóa, überbrachte dem Capitän Laplace die geforderte Caution von 20,000 Dollar, und der König unterzeichnete einen laut der Forderungen der französischen Regierung gestellten Vertrag, durch welchen der römisch-katholischen Kirche für ewige Zeiten die freie Ausübung ihres Cultus genehmigt wurde. Zu bemerken ist hier, dass gegenwärtig die Zahl der römisch-katholischen Bevölkerung gleich der der protestantischen im Inselreiche ist.
Im Januar 1840 starb ein wahrer Verfechter des Guten, der Gouverneur von Maui, Hoapíli. Zu gleicher Zeit wurde die adelige Schule in Honolulu unter Leitung eines Mr. Cooke eröffnet. Im Mai 1840 landete wieder der Bischof Maigret nebst zwei Priestern auf der „Clementine“ und legte den Grundstein zu der aus Korallensteinen erbauten Kathedrale in Honolulu. Zur Messe und namentlich zu seinen Predigten strömte das Volk und trat in Massen zum katholischen Glauben über.
Den 10. Mai 1840 erschien die erste gedruckte Ausgabe der Bibel in Hawaiier Sprache.
Im August des Jahres, missmuthig über die Erfolge der katholischen Kirche, verliess der Hauptagitator gegen dieselbe und die rechte Hand der verstorbenen Kinau, Mr. Bingham, nebst Familie für immer das Inselreich, um sich in den Vereinigten Staaten niederzulassen, was den protestantischen Missionären zu grossem Verlust und den katholischen zu grossem Vortheil gereichte.
Kámehámehá III., gefesselt durch den Einfluss der Missionäre, war eigentlich glücklich, durch einen unübertriebenen Zwang der französischen Regierung von dem Verfolgen der römisch-katholischen Kirche befreit worden zu sein. Von Herzen gut, liebevoll, gerecht und liberal hasste er diese grundlose Verfolgung und hatte nie die Ansicht der verstorbenen Kinau getheilt und hatte sich, wie schon[S. 203] gesagt, nur durch den Trieb nach Handlungen und überhaupt Beschäftigung, um seine Leidenschaften zu bekämpfen, der antikatholischen Tendenz hingegeben. Nach der Beseitigung dieser jahrelangen Calamität des Landes ging er mit doppeltem Eifer an die Effectuirung eines von ihm jahrelang überdachten Planes, nämlich: dem Lande auf Grundlage der Bibel eine constitutionelle Verfassung zu geben.
Den 8. October 1840 wurde die Verfassung vom Könige unterschrieben, besiegelt und proklamirt. Durch diesen Akt erschwerte Kámehámeha III. bedeutend die Erfüllung der sich gewaltig regenden Gelüste einiger Grossstaaten und einiger Fürsprecher im Lande, die Inseln zu annektiren.
Die Hauptpunkte der Constitution waren in das sogenannte „blaue Buch“ eingetragen, in welchem ausserdem sämmtliche „Penal-Gesetze“ über Verbrechen im Allgemeinen und „Strafengesetze“ der Gerichtshöfe beider Instanzen, „Gesetze der Geschworenengerichte“, die „Regulationen der Landrechte“, „des Fischereirechtes“, „die Regulationen der Gesetze über Vermögensverfügungen“, „Gesetze über Schuldencollekten“, „Gesetze über Interessen, Gewichte, Maasse u. s. w.“, kurzgesagt die Regulirung sämmtlicher in einem civilisirten Staate erforderlichen Gesetze verzeichnet waren. Es fehlten nur die Handelsgesetze, deren Ausarbeitung noch nicht beendet war.
Die Hauptpunkte der constitutionellen Verfassung bestanden in:
1) der Deklaration der Rechte des Volkes und seiner Häuptlinge,
2) der Deklaration über den dem Volke zukommenden Schutz,
3) der Auseinandersetzung der Verfassung,
4) der Auseinandersetzung der Principien der gegenwärtigen Dynastie,
5) der Definition der Stellung und der Rechte des Königs,
6) der Definition der Stellung und Rechte des Premiers (Kuína-nui),
7) der Definition der Stellung und Rechte der Gouverneure der Inseln,
8) der Definition der Stellung und Rechte der Oberhäupt[S. 204]linge (alii), deren 14 an der Zahl 1840 waren, gegenwärtig keiner mehr am Leben ist,
9) der Definition der Stellung und Rechte der repräsentativen Körperschaft (Abgeordnetenhaus),
10) der Definition der Stellung und Rechte der legislativen Körperschaft (legislative Versammlung),
11) der Definition der Stellung und Rechte der Steuerbeamten,
12) der Definition der Stellung und Rechte der Richter und Gerichtshöfe,
13) der Definition der Stellung und Rechte des Oberrichters und des Obergerichtshofes (Supreme court),
14) der Definition der Rechte zu Veränderungen der Constitution.
Zur Einführung der constitutionellen Verfassung betheiligten sich mit selbstaufopfernder Mühe und gelungenem Resultate
a. als Finanzminister Dr. Judd, ein Amerikaner, bisheriger Missionsarzt der amerikanischen Missionäre,
b. als Minister des Aeussern M. R. C. Wyllie, ein Schotte,
c. als Minister der Justiz und Oberrichter M. W. L. Lee, ein Amerikaner,
d. als Minister des Innern M. J. Jung, der Freund Kámehámehás I.,
e. als Minister der Volksaufklärung M. Armstrong,
f. M. E. H. Allen als Nachfolger des Dr. Judd in den Finanzen.
Im selbigen Jahre fand wieder eine Eruption des Kilauéa-Kraterbeckens statt, deren Lava einen Umfang von 20 Meilen in der Breite verwüstete und sich bei Nanaúalé in den Ocean ergoss.
Den 8. October, wie gesagt, gab der König seinem Lande eine constitutionelle Verfassung, und bald nach der Proklamation derselben fand gleichsam zu ihrer Probe im Fort von Honolulu den 20. October die erste gesetzliche öffentliche Hinrichtung und zwar eines Häuptlings mit seinem Diener statt, dessen Name Kamanáwa war, der seine Frau mit Hülfe seines Dieners vergiftet hatte. Es[S. 205] war durch diesen Fall dem Volke der sichtliche Beweis gegeben, dass die neuen Gesetze keine Ausnahmen zulassen und dass der Häuptling laut derselben dem niedrigsten Mann im Volke als Verbrecher gleichgestellt ist.
Kámehámehá III. verdankt das Land durch die constitutionelle Verfassung die so überraschend schnelle Entwickelung des Inselreichs zu einem civilisirten Staat.
Leider blieb jedoch der König treu dem ihn dominirenden Einflusse der amerikanischen Missionäre, die seine Wirksamkeit bedeutend lähmten und dadurch die von ihm sehnlichst gewünschten rascheren Erfolge der Constitution hemmten. Demungeachtet hatte die Constitution das sofort erzielt, dass die Eigenmächtigkeiten der Missionäre und sogar die des Königs unmöglich gemacht wurden, indem die Regierung des Landes, auf feste Gesetze gegründet, durch letztere einen gewaltigen Schutz gegen die selbstsüchtigen Elemente des Landes fand.
Dieses hatte der durch und durch national gesinnte, trotz seiner Leidenschaften edle, seines Landes liebevoll gedenkende König, indem er seinen zu Einflüssen so geneigten Charakter und seine eigenen Schwächen kannte, eingesehen und zum Wohle der Nation in Berücksichtigung dieses, die festesten Schranken durch die constitutionelle Verfassung sich und Anderen auferlegt.
Wie schon gesagt — der Einfluss der Missionäre auf den König war ein grosser. Als Amerikaner republikanisch gesinnt und als Patrioten wirkten sie nachtheilig auf die so rasch aus dem heidnischen Barbarismus zur Civilisation sich ausgebildete Nation. Ihre ursprünglich nur geistliche Stellung hatten sie nämlich allmälig zu einer rein politischen umgewandelt. Ihr Streben wurde mehr und mehr auf den Vortheil der Vereinigten Staaten von Nordamerika und dadurch weniger auf die Erhaltung der Selbstständigkeit der Nation und des Inselreiches von Hawaii gerichtet.
Als sie in das Land kamen, erschienen sie der Nation als dem Lande ergebene Wesen, die für das Wohl desselben und des Volkes mit Selbstverleugnung in Liebe und Aufopferung sich hingeben wollten.
Diesen anfänglich und auch später — was ihre moralisch-religiöse Einwirkung auf das Volk betrifft — verdienten Ruf, benutzten sie leider als Deckmantel gegen ihre politischen rastlosen Umtriebe. Ihre politische Wirksamkeit erhielt erst einen vollständig öffentlichen Charakter seit dem Eintreffen der Vereinigten-Staaten-Entdeckungsexpedition in Honolulu im September 1840 und seit dem Augenblick, wo in Folge der durch sie provocirten Verfolgung der römisch-katholischen Geistlichen resp. des römisch-katholischen Glaubens die französische Regierung energisch gegen diese Verfolgung auftrat und scheinbar die Gelüste zeigte, das Inselreich annektiren oder gleich Tahiti unter französisches Protectorat stellen zu wollen.
Die Befürchtung daher, dass Frankreich die erste Gelegenheit benutzen werde, diese Absicht zu erfüllen, oder dass England, um diesen Schritt Frankreichs zu vereiteln, die Annexion oder das Protectorat sich erzwingen werde, brachte regeres Leben und das öffentliche Auftreten in die politische Wirksamkeit der Missionäre zu Gunsten der Vereinigten Staaten hervor. Sie stellten dem Könige einerseits die Gefahr einer eigennützigen Annexion Frankreichs oder Englands in den grellsten und die Unmöglichkeit eines Widerstandes des kleinen Reiches ohne Hülfe eines Grossstaates in den düstersten Farben vor, anderseits suchten sie ihm die Liberalität, die Uneigennützigkeit und die stets freundlichen Beziehungen der Vereinigten Staaten fassbar zu machen. Sie verstanden gewandt den König zu überzeugen, dass nur durch ein Bündniss mit den Vereinigten Staaten resp. ein Protectorat derselben ein fester Schutz dem Inselreich gegen die die Entwicklung des Landes hemmenden Gelüste Frankreichs und Englands geboten sei. Auf diese Weise bewogen sie den König, ihrer Ansicht — zum grossen Schrecken des Volkes — beizustimmen und sich bereit zu erklären, die erforderlichen Schritte zu diesem Zweck zu thun.
Den 21. Mai 1842 traf die 9. Compagnie der amerikanischen Missionäre ein und wurde zur gleichen Zeit vom König das „Oahú-Collegium“ als Schule für die Kinder[S. 207] der Missionäre in Punahú in der Nähe von Honolulu eröffnet.
Wie ungern sich der König zu dem von den Missionären ihm vorgeschlagenen Schritt, sein Reich unter das Protectorat der Vereinigten Staaten zu stellen, entschloss, zeigte sich dadurch, dass er den 8. Juli 1842 den Missionär Richards und seinen Adjutanten Haalílio zu diesem Zwecke absandte, jedoch mit dem Befehl, keine bindenden Vereinbarungen mit den Vereinigten Staaten einzugehen und vor Allem erst England, Frankreich und Belgien zu besuchen, um von den drei Staaten im Namen seiner Regierung eine schriftliche Anerkennung der unantastbaren Selbstständigkeit des Königsreichs von Hawaii zu erwirken und die benannten Staaten namentlich darauf aufmerksam zu machen, dass das Inselreich durch seine ins Leben gerufene constitutionelle Verfassung und seine Reformen die vollständigste Kraft in sich selbst zu besitzen glaubt, unter civilisirten Staaten sich selbst zu regieren.
Den 21. September 1842 traf die 10. Compagnie der amerikanischen Missionäre ein.
Auf Grundlage der vorhin erwähnten Aufträge des Königs verliessen die Abgesandten Honolulu und erreichten das glänzende Resultat, dass die Vereinigten Staaten, England, Frankreich und Belgien im Verlauf des Jahres 1843 das Inselreich als selbstständiges Königreich anerkannten und demselben ihren Schutz gegen jedes Gelüst irgend eines Staates, dasselbe zu annektiren zusagten — Zustimmungen, die im Verlaufe des Jahres 1844 documentirt worden sind.
Während dieses glückliche Resultat in Amerika und Europa von den Gesandten bearbeitet und endlich 1843 erreicht wurde, und bevor die Nachricht davon in Honolulu bekannt geworden, sollte jedoch der arme König und sein Volk eine sonderbare, den Resultaten seiner Gesandtschaft widersprechende Zeit durchmachen.
Der brittische Gesandte nämlich in Honolulu, Mr. Charlton, verliess gleich nach Abfahrt der Gesandtschaft ebenfalls Honolulu — wie er angab — geschäftlich nach Südamerika reisend. In Valparaiso angelangt, verklagte[S. 208] er die Regierung von Hawaii bei der dortigen brittischen Marinebehörde, demzufolge die Fregatte „Carysfort“ unter Commando des Lord George Paulet zur Regelung der Entschädigungsfrage des Mr. Charlton nach Honolulu abgesandt wurde. Sie traf den 11. Februar 1843 in Honolulu ein. Der König war gerade infolge sogenannter asthmatischer Zufälle zur Erholung auf der Insel Maui. Lord Paulet überreichte sofort nach Ankunft seine Legitimation dem Gouverneur der Insel, Kekuánaóa, nebst einem Schreiben an den König mit dem Befehl, dasselbe sofort dem König zu senden und ihn anzuweisen, dass er sich umgehend in Honolulu zu stellen habe, da er — Lord Paulet — nur mit dem Könige selbst verhandeln wolle.
Den 16. Februar traf der König ein und Lord Paulet übersandte ihm folgende Forderungen mit dem Hinweis, dass wenn bis 4 Uhr des folgenden Tages er dieselben nicht bedingungslos angenommen haben würde, er sofort die Stadt bombardiren und einnehmen lassen werde.
Die dem König gestellten Forderungen waren folgende:
1) die augenblickliche Aufhebung der Beschlagnahme von Mr. Charltons Besitzungen,
2) die Rückgabe der dem Mr. Charlton von der Regierung streitig gemachten Landstrecke,
3) den Bevollmächtigten des Mr. Charlton, Mr. Simpson, für alle entstandenen und noch entstehenden Unkosten zu entschädigen,
4) die augenblickliche Anerkennung des Mr. Simpson als Stellvertreter des brittischen Consuls,
5) Stellung einer Garantie in Geld darauf, dass fernerhin keine brittischen Unterthanen mit Ausnahme der Verbrecher gefänglich eingezogen werden dürfen,
6) Stellung einer Garantie in Geld für die gesetzliche Untersuchung der Klage des Hauses H. Skinner & Co.,
7) die sofortige Zusammenberufung eines Geschworenengerichtes zur Schlichtung sämmtlicher Streitfragen der brittischen Unterthanen gegen die Regierung. Von den Geschworenen sollten die Hälfte vom brittischen Consul gewählt sein.
Der König musste der Gewalt sein Recht opfern; er sandte den 18. Februar den Premier Kekaúluohí zu Lord Paulet, ihn benachrichtigend, dass, obgleich seine Regierung den 8. Juli des Jahres einen ausserordentlichen Bevollmächtigten nach London gesandt um daselbst die bestehenden Streitfragen der Regierung von Hawaii gegen einige brittische Einwohner des Inselreiches auf friedlichem Wege zu schlichten, und, obgleich einige der Forderungen Lord Paulets so ernstlicher Natur für das kleine und arme Land sind, dass die Bewilligung derselben das Land zu ruiniren drohe, er doch sein Recht der Uebermacht weichen lassen muss und daher auf die Forderungen — jedoch nur provisorisch — eingehen will, indem er gegen dieselben protestirt und das ausdrückliche Recht sich vorbehält, diesen seinen Protest der Königin von England resp. der brittischen Regierung zur Entscheidung vorlegen zu lassen.
Dieser Erklärung folgten gegenseitige „Salute!“ und zum 25. des Monats wurde die Zusammenkunft zwischen dem König und Lord Paulet festgesetzt, an welchem Tage letzterer die Summen der Garantien und der Entschädigungen bestimmen wollte.
Diese Zusammenkunft fand auch wirklich am 25. statt und schloss mit der das Volk überraschenden, jedoch vom König wohlbedachten Cedirung des Inselreiches an England. Die Summen der Garantien und Entschädigungen nämlich, die Lord Paulet feststellte, waren so abnorme, dass Kamehámehá III. nicht nur die Ungerechtigkeit, sondern auch das bis aufs Lächerliche übertriebene derselben begriff und daher kurz und klar Lord Paulet erwiderte, dass das Land auf diese Forderungen nicht eingehen könne, da es nicht die Mittel zur Erfüllung besitze und dass er in Folge der plötzlichen Ueberrumpelung keinen andern Ausweg finde, als provisorisch sein Königreich der Krone von England zu cediren.
Er erliess eine schon von ihm, da er das Kommende vorausgesehen hatte, verfertigte Proklamation an das Volk, in der er die Ursache seines Entschlusses erklärte und die Bevölkerung mit dem Hinweis einer nur kurzweiligen Cession[S. 210] seiner Rechte tröstete, seine gegenwärtige schwere Stellung schilderte und seine Ueberzeugung von der Gerechtigkeit der Königin von England namentlich betonte.
Zu gleicher Zeit erliess Lord Paulet ebenfalls eine Proklamation an das Volk, in der er die Fahne Brittanniens als im Lande machthabende entfaltete und das Volk als von nun an englische Unterthanen beglückwünschte. Der Inhalt der Proklamation war folgender:
1) dass die Leitung der Regierung des Inselreichs dem König, seinen Häuptlingen und den bestehenden Regierungsorganen desselben überlassen bleibt, soweit es die Interessen des Landes und der eingeborenen Bevölkerung betrifft. Was jedoch die Ausländer und was namentlich die brittischen Unterthanen im Inselreiche anbelangt, so sollen deren Angelegenheiten der inappellablen Obrigkeit einer Commission unterworfen werden; diese Commission soll bestehen aus: dem König oder seinem Stellvertreter als Vorsitzer, Lord Paulet, Mr. Dancan, Mr. Forbes, Mr. Macay und dem Lieutenant Frère.
2) die bestehenden Gesetze des Landes verbleiben in ihrer Kraft. Die vom Könige oder den Häuptlingen fernerhin neuproklamirten Gesetze treten wie bisher in Kraft, jedoch nur für die Eingeborenen.
3) die Revenüen des Staates werden wie bisher von Angestellten des Königs collektirt, jedoch die Rechnungen derselben müssen der Commission zur Durchsicht und Begutachtung vorgelegt werden.
4) die Schiffe des Inselreichs müssen, wann und wohin erforderlich zum Dienste Ihrer Majestät der Königin von England gestellt werden.
5) kein Verkauf oder Tausch von Land oder Eigenthum darf vom 25. Februar 1843 an bis zum Eintreffen der Entscheidung Englands wegen der Cedirung des Inselreiches stattfinden.
6) alle bestehenden bona fide-Abmachungen des Königs oder des Premiers sollen vom 25. Februar an als ungültig angesehen werden.
In die Commission ernannte der König als seinen Stellvertreter Dr. Judd.
Den 10. Mai des Jahres reichte Dr. Judd im Namen des Königs einen Protest gegen die Eigenmächtigkeiten Lord Paulets der Commission ein, und den 11. kündigte er seinen Austritt aus der Commission derselben an. Dieses that er, um den König von jeder ferneren Verantwortung zu befreien, in die die eigenmächtige Handlungsweise der Commission ihn unwillkürlich hätte ziehen können.
Die Commission setzte dem ungeachtet ihr ruchloses Treiben schamlos fort, bis endlich den 2. Juli das englische Schiff „Hazard“ unter Commando des Capitän Bill aus Tahiti und die Verein.-Staat.-Fregatte „Constitution“ unter Commando des Capitän Kearney, aus China kommend vor Honolulu ankerten.
Kearney protestirte augenblicklich im Namen seiner Regierung erstens gegen die Abtretung des Inselreichs an England und zweitens gegen die lächerliche Handlungsweise der Commission, durch welche den Interessen der amerikanischen Bürger des Inselreiches Schäden entstanden.
Zu dieser Zeit war der König in Lahaïna auf der Insel Maui, wohin er sich seit der Abtretung des Königreichs zurückgezogen hatte, und Lord Paulet befand sich geschäftlich in Hilo auf der Insel Hawaii.
Den 16. Mai erschien Lord Paulet in Honolulu und nach Empfang des Protestes Kearney’s sandte er ein Schiff nach Lahaïna mit dem Befehl, den König sofort nach Honolulu zu bringen.
Der König kam nicht, sandte statt dessen einen Protest an die Commission gegen die ungesetzliche, dem Wortlaut des Cessionsvertrages widersprechende Handlungsweise derselben und die Eigenmächtigkeiten Lord Paulets.
Den 25. Juli traf der König in Honolulu ein und den 26. erschien das brittische Linienschiff „Dublin“ unter Commando des Admirals Thomas aus Valparaiso kommend.
Den 27. Juli fand eine Zusammenkunft des Admirals mit dem Könige statt, den 28. eine längere Conferenz, während der der Admiral die vollste Liebenswürdigkeit und[S. 212] Achtung dem Könige erwies und im Namen der englischen Regierung erklärte, sofort dem Wunsche des Königs und seines Volkes zu willfahren und die Flagge von Hawaii dem Königreich zu restituiren.
Den 31. Juli 1843 nach circa fünfmonatlicher verworrener Interimsregierung des Lord Paulet fand die formelle und öffentliche Restituirung der Hawaii’schen Flagge und der Selbständigkeit des Königreiches statt. Diese Feier wurde auf der sonnigen Fläche des reizenden Waikíki in Gegenwart des Königs und des Admirals Thomas, zahlreicher Ausländer mit ihren Damen, der Notabeln des Landes und des jubelnden Volkes vollzogen.
Der König hielt mit freudestrahlendem Auge eine begeisterte Rede, in welcher er seine Dankbarkeit für die gerechte und edle Handlungsweise des Admirals, seine Freude über die Restituirung der nationalen Selbstständigkeit des Landes, seinen Stolz über die glückliche Rettung desselben aus der unerwartet plötzlich ihn überrumpelnden Eventualität betonte und seinen Willen äusserte, alle seine Kräfte aufzubieten, damit die Behörden des Landes die Gesetze gegen Jedermann gerecht und unparteiisch handhaben sollten. Er schloss seine Rede mit den Worten: „Uá mau ke éa o ka aina i ka póno!“ (d. h. das Leben des Landes sei wiedergegründet im Gutthun!).
Dieser Ausspruch ist das nationale Motto des Königreichs und der 31. Juli ein alljährlich öffentlich national gefeierter Festtag geworden.
Der Admiral Thomas in seiner Gegenrede dankte für die freundlichen Erwähnungen des Königs, die er eigentlich nicht verdiene, da er nur die Pflicht der Gerechtigkeit erfüllt habe; er versicherte den König und das Volk der unveränderlichen Freundschaft der Königin von England, deren sehnlichster Wunsch stets sein wird, dass Seine Majestät der König Kámehámeha III. in seiner weisen Regierung stets als unabhängiger Souverän betrachtet werde u. s. w.
Sonderbar war es, dass gerade zur Zeit, als Lord Paulet den 25. Februar 1843 das Königreich so plötzlich für die Krone Englands annektirte, die Hawaii’sche Gesand[S. 213]schaft in London die besten Resultate ihrer Mission zu erreichen schien, da den 3. Juli, wie schon gesagt, Belgien, Frankreich, England und die Vereinigten Staaten von Amerika die Unabhängigkeit des Königreichs anerkannt hatten.
Die ungerechte, eigenmächtige Handlungsweise des Lord Paulet wurde jedoch dem Lande ein glücklicher Zufall, da dieser Akt dasselbe aus der unsichern Lage einer vollständig unbestimmten politischen Stellung gezogen und, ohne es zu beabsichtigen, das Land vor einer faktischen Annektirung gerettet hatte. Denn wäre Paulet nicht so rasch und energisch aufgetreten, hätte er die Sache nur bei einer Drohung bewenden lassen und erst definitive Befehle aus England erwartet, so hätte der über alle Maassen verblüffte und von den amerikanischen Missionären und der amerikanischen Partei im Lande in seiner Noth doppelt stark beeinflusste König sich leicht veranlasst gefühlt, sich und sein Land sofort dem Schutze der Vereinigten Staaten zu übergeben, wodurch eine Annektirung des Landes unzweifelhaft gefolgt wäre. Es ist demnach sehr glaublich, dass die auffallende Handlungsweise Lord Paulets in Berücksichtigung dieser Voraussicht stattgefunden hat.
Im Juli 1843 entlud sich ein starker, jedoch kurz andauernder Auswurf des Mauna-Lóa, ohne beträchtliche Verwüstungen zu hinterlassen.
Ungeachtet dessen, dass den 28. November 1844 die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Inselreiches von Belgien, Frankreich, England und den Vereinigten Staaten dokumentarisch anerkannt worden war, und ungeachtet der glücklichen Wendung der sonderbaren Handlungsweise des Lord Paulet durch den Admiral Thomas, hörten die Missionäre der Vereinigten Staaten, deren Zahl durch die den 15. Juli des Jahres eintreffende 11. Compagnie derselben zugenommen hatte, nicht auf, den König für die Cession des Königreiches an die Vereinigten Staaten zu beeinflussen. Sie suchten, um eine wirksamere Unterstützung hierin zu erlangen, die Häuptlinge des Landes für ihren Zweck zu gewinnen.
In demselben Jahre fand der erste Export von Seide[S. 214] statt und zwar 197 l̶b̶. bester Qualität — ein Resultat, welches das Land der Energie und Ausdauer des Mr. Tittcomb auf der Insel Kauai verdankte. Dieses aufblühende Unternehmen, welches dem Lande eine glanzvolle Zukunft versprach, wurde leider durch die Missionäre vernichtet, indem sie die Fütterung der Raupen am Sonntage der Bevölkerung als Sonntagsentweihung verboten.
Im April 1845 kehrte Mr. Richards, der Begleiter des Gesandten Haalílio von der Mission mit den die Unabhängigkeit des Königreichs von Hawaii anerkennenden Documenten der Staaten Belgien, Frankreich und England zurück. Haalílio war auf der Rückreise im November 1844 gestorben.
Zu derselben Zeit starb der „Kuina-nui“ Kekaúlúohí, und an seiner Stelle ernannte der König John Jung, der den nationalen Namen Keóniána als Premier annahm.
Ebenfalls zu gleicher Zeit fand die Einweihung der römisch-katholischen Kathedrale in Honolulu statt, deren Grundstein 1840 den 6. August gelegt worden war. Zur ersten Messe, die der Bischof selbst celebrirte, war die Kirche überfüllt, und demonstrativ beglückwünschte nach Schluss derselben die Gemeinde den Bischof Maigret für die Vollendung dieses schmucken Baues, ohne jegliche Subvention des Staates erhalten und die Gemeinde mit Beisteuern gedrückt zu haben.
Im Jahre 1846 brachte der französische Admiral Hamelin die im Jahre 1839 den 10. Juli von der Regierung von Hawaii dem Capitän Laplace eingehändigte Caution von 20,000 Dollar in einem zu damaliger Zeit versiegelten und ungeöffneten Packet der Regierung wieder, mit dem Dank der französischen Regierung für das treue Einhalten der damaligen Vereinbarung und für den gerechten Schutz, den die römisch-katholische Kirche im Inselreiche seitdem genossen hatte und der Versicherung ihrer Freundschaft.
Den 11. Februar 1846 erwählte der König eine Commission zur Regelung der Besitztitel des Reiches, — eine Massregel, die unter die wichtigsten und erfolgreichsten Thaten des gerechten, für das Wohl seines Landes stets[S. 215] besorgten Königs zu stellen ist. Für das selbstlose Wirken und Handeln, für das Streben, das Interesse des Volkes wahrzunehmen und den Wohlstand des Landes zu heben, erhielt der König den lohnenden Nachruf seines Volkes als Kamehámehá III., der Gute.
Die Arbeiten der erwähnten Commission — Arbeiten, die 9 Jahre in Anspruch nahmen — bestanden in der systematischen Prüfung, definitiven Feststellung und endlichen Bestätigung der Besitztitel, in der Gewährung von Besitztiteln an Arme, in Austheilung von Besitzen und Besitztiteln an Besitzlose, und in der Ausarbeitung von Entwürfen zur Hebung des Grund und Bodens, mit einem Worte des Wohlstandes des Landes.
1847 verlor das Land durch den Tod zwei treue Mitarbeiter der Commission in Mr. Richards und dem Gouverneur von Oahú Koakíni.
In selbigem Jahre kam die früher erwähnte Streitfrage Charltons vor die Commission — eine Streitfrage, die dem Lande den unvergesslichen Trauertag des 25. Februar 1843 und den nationalen Befreiungstag des 31. Juli 1843 hervorgerufen hatte. Die Commission, durch Beweise überzeugt, dass Charlton im Unrecht, hatte ihm seine Besitztitel verweigert. Diesem Urtheil zufolge reichte er eine neu bearbeitete Klageschrift der Commission ein, in welcher er angab, von einem gewissen Kalaímokú den werthvollen Landcomplex, auf welchem augenblicklich die „Núuanú-“, die „Merchant-“, die „Káahúmanú-“ und die „Queen-“ Strasse der Stadt Honolulu gelegen, käuflich erworben zu haben. Documentarische Beweise lagen jedoch vor, dass dieser Landcomplex das Eigenthum der Káahúmanú und ihrer Erben seit undenklicher Zeit gewesen und weder von ihr noch von ihren rechtmässigen Erben verkauft worden war. Daher waren der König, die Häuptlinge, die Richter und die Glieder der Commission der Ueberzeugung, dass Kalaímokú kein Recht zum Verkaufe desselben hatte und dass Charlton in jedem Fall ungesetzlich gehandelt, indem er zwanzig Jahre den angeblichen Kauf geheim gehalten hätte, während er deutlich sehen konnte, dass man den Besitz[S. 216] des Landstriches — als das Eigenthum der Káahúmanú betrachtend — durch Anlage von Strassen und Häuserbau benutzte und dass im Allgemeinen bei Kauf oder Verkauf eines Landstriches — besonders eines so werthvollen, dem öffentlichen Verkehr erforderlichen, — eine sofortige Publikation zur Sicherstellung des Kaufes oder Verkaufs stattfinden musste.
Also 20 Jahre hatte Charlton den erwähnten Kaufvertrag geheim gehalten, und als er 1843 sein Besitzrecht geltend machte und dasselbe von der Regierung nicht anerkannt wurde, war der vermeintliche Verkäufer Kalaimokú, als auch sämmtliche auf dem Dokumente verzeichnete Zeugen gestorben. Dieses so langjährige Geheimhalten des Kaufes bis zu der Zeit, wo der Verkäufer und sämmtliche Zeugen des Aktes nicht mehr am Leben waren, rief an und für sich ein gerechtes Misstrauen hervor, und warf auf den ganzen Hergang der Sache ein sonderbares Licht. Abgesehen hiervon lagen jedoch so viele faktische Beweise gegen das vermeintliche Recht Charltons vor, dass die Commission und der König sein Recht nicht anerkennen konnten und dass der König den 18. Februar 1843 nur in Folge der drohenden Forderungen Lord Paulets und zwar nur provisorisch das Dokument Charltons unterzeichnet hatte.
Als nun 1847 die Klage Charltons der Commission von Neuem vorgelegt, dieselbe aber wieder zurückgewiesen wurde, und Charlton hierauf an die englische Regierung zu appelliren drohte, so entschloss sich der König zur Vereinfachung der Sache, in der Ueberzeugung, dass überall, wo eine wahrhafte Gerechtigkeit existirt, Charlton mit seiner illegalen Forderung zurückgewiesen werden müsse, die Entscheidung dem schiedsrichterlichen Ausspruche der englischen Regierung vorzulegen. Leider wie so oft in den brittischen Landen wirkten auch hier die Nationalitätsberücksichtigung und das liebe Geld, indem die Entscheidung Englands zum grossen Erstaunen und Leidwesen des Königs zu Gunsten Charltons ausfiel. Er blieb Besitzer eines Landstriches, welches heute der belebteste Theil der Residenz[S. 217] ist, und so wird durch das Besitzrecht Charltons die Entwicklung der Stadt bedeutend gehemmt.
1848 traf die 12. Compagnie amerikanischer Missionäre ein und verstärkte die immer mehr und mehr an Kraft zunehmende Tendenz ihrer Mitglieder für die Cession des Inselreichs. In dieser Richtung fand ihr Einfluss eine bedeutende Unterstützung durch die schiedsgerichtliche Entscheidung Englands in Sachen Charltons, die im Könige das bis dahin hohe Vertrauen für die Gerechtigkeit der englischen Regierung verminderte und im Allgemeinen ihn entmuthigte. Diese Entmuthigung wurde noch erhöht durch den Ausbruch einer bösartigen Epidemie der Masern, der sogenannten „mai-pu-pu-úla“, die verheerend sich unter der Bevölkerung verbreitete. Dieser Landplage folgte noch im selbigen Jahre, 1848, im Inselreiche das importirte „Californische Goldfieber“; in dessen Folge Massen der Bevölkerung, in der Hoffnung mit Schätzen wieder heimzukehren, in die Goldfelder Californiens sich begaben und von denen 1849 nur wenige — und zwar enttäuscht — zurückkehrten, da die meisten durch den zu schroffen, klimatischen Wechsel, die veränderte Lebensweise und durch Verführungen zur Depravation in der Fremde umkamen. Diesen die Bevölkerung decimirenden, die Entwickelung des Landes hemmenden Prüfungen folgte noch unmittelbar eine — quasi — Wiederholung des Auftrittes Lord Paulets durch den französischen Admiral Tromelin.
Das geschäftlich günstige Resultat, das Charlton durch seine Klage gegen die Regierung erzielt, hatte natürlich andere Abenteurer ermuthigt, ihr Glück auf gleichem Wege zu versuchen.
Der im Lande verhasste französische Consul Dillon reichte nämlich bei der Ankunft des Admirals Tromelin mit der Corvette „Poursuvant“ demselben mehrere meist frivole Klagen gegen die Regierung von Hawaii mit der Bitte um sofortigen Beistand und energische Hülfe ein. Der Admiral hatte nichts Eiligeres zu thun, als ohne jegliche Voruntersuchung dem Könige als Ultimatum die sofortige Erfüllung sämmtlicher Forderungen des Consuls[S. 218] Dillon zu stellen. Der König konnte, ohne ungerecht zu sein, hierauf nicht eingehen, wovon die Folge war, dass der Admiral ohne Weiteres seine Mannschaft mit zwei Kanonen landen hiess und mit Trommelwirbel und fliegender Fahne auf das Fort marschirte. Er fand keine Opposition und die Pforten des Forts geöffnet und hielt seinen Einzug. Erstaunt über die sonderbare Stille des Forts machte er Halt. Er sah nur einen Mann, den er ansprach; es war der Gouverneur der Insel Kékuanaóa. „Wo sind Ihre Soldaten?“ fragte ihn der Admiral. „Nach Hause ins Land geschickt!“ antwortete Kékuanaóa. „Wo sind Ihre Waffen?“ fragte weiter der Admiral. „Ein jeder Soldat hat seine Waffen mitgenommen,“ entgegnete der Gouverneur. „Nun, dann übergeben Sie mir die Festung!“ rief heftig Tromelin. „Sie haben die Festung, Excellenz, und zu übergeben ist in derselben nichts!“ antwortete gelassen Kékuanaóa, grüsste höflichst und ging ab, die muthigen Eroberer im Besitz des leeren von Korallensteinen erbauten Forts lassend.
Nach einem einwöchentlichen Aufenthalt im Fort, bemerkend, dass ihm in keiner Weise Widerstand geleistet und dass er als vollständig nicht vorhanden behandelt werde, verliess der Admiral mit seiner kampflustigen Mannschaft die Festung, nachdem die Calabassen des Gouverneurs (die Speisegeschirre) von denselben in Stücke zerschossen, die Wände der Festung zur Erinnerung an die muthige That mit französischen Inschriften bekritzelt worden waren.
Vom Schiffe aus wurde die Stadt zur Ermunterung der Mannschaft mit dem im Magazine des Forts noch vorgefundenen Pulver beschossen, und am Schlepptau den Yachtschoner des Königs, den er in Baltimore 1846 für 11,500 Dollars gekauft hatte, mitnehmend, lichtete die „Poursuvant“ die Anker und stach mit lärmenden Siegesrufen in die See. Der Yachtschoner wurde nie wieder gesehen.
Dieser sonderbare Fall erinnert ungemein an die Ueberrumpelung von Piraten, und wie oft mögen nicht unter dem Deckmantel philanthropischer Gerechtigkeit gewinnsüchtige Nationen in den weiten Meeren ihres Wirkungs[S. 219]kreises solche Thaten wie die von Lord Paulet und des Admirals Tromelin verübt haben, ohne dass ein Hahn der Gerechtigkeit dieselben wahrheitsgetreu der öffentlichen Meinung ausgekräht hätte!
1849 wurde der deutsche Verein in Honolulu „the german club“ gegründet.
Im selben Jahre 1849 fand der erste Fleischexport des Landes mit 158 Fässern statt.
Bis 1849 waren der Handel und die Industrie des Landes sehr unansehnlich. Seitdem jedoch das Gold die Bevölkerung Californiens vermehrt hatte, und die Pacificbahn noch nicht den amerikanischen Continent durchzog, so nahmen die Nachfragen Californiens nach Westen zu, wodurch natürlich sich der Handel des Inselreiches bedeutend hob, indem dasselbe solchen Nachfragen in vielen Beziehungen genügen konnte. Was die commercielle Entwicklung des Inselreiches betrifft, so werden meine am Schlusse beigefügten zusammengestellten Importe und Exporte desselben von 1848 bis zur Gegenwart eine klare Uebersicht gewähren.
Dieses kurze Intermezzo einer — quasi — französischen Anexion hatte — obgleich kurzweilig und erfolglos — so doch einen grossen Eindruck auf den König gemacht, und den Missionären eine willkommene Ursache gegeben, um den König zu überzeugen, dass auf die Länge die Selbstständigkeit seines Reiches unhaltbar sei, wenn solche eigenmächtige Handlungsweise Englands oder Frankreichs sich wiederholen würde.
Der König, um das Land vor solchen Auftritten zu schützen, begann ernstlich an die Nothwendigkeit zu denken, sich und sein Land dem Schutze der Vereinigten Staaten von Amerika, die bisher dem Scheine nach nur ihm und seinem Lande eine uneigennützige Freundschaft bewiesen, zu unterwerfen und liess vorderhand die erforderlichen Schritte bei der Regierung der Vereinigten Staaten nur vag thun, um sozusagen die Basis zu einer solchen Vereinbarung erst zu entwerfen.
Vor allem wollte er, bevor er mit den Vereinigten Staaten eine definitive Vereinbarung trifft, die Verhältnisse[S. 220] seines Landes soweit regeln, dass für den Fall eines solchen Uebereinkommens das Land in geordnetem Zustande sich befände. Zu diesem Zwecke berief er eine ausserordentliche legislative Versammlung, die den 20. Juni 1850 eine Commission, die aus drei Gliedern bestand, zur Revision der Constitution von 1840 ernannte. Ein Glied derselben wählte der König und zwar den Finanzminister Dr. Judd, ein Glied die Nobeln und zwar John J-i (einen Hawaii’er Häuptling), das dritte die Vertreter des Volkes in W. L. Lee. Die Aufgabe der Commission bestand in der Revision und in der Bearbeitung erforderlicher Zusätze der Constitution von 1840 und in der Beendigung der Arbeiten zur nächsten ordinären Sitzung der legislativen Versammlung.
Dr. Judd war bei der Wahl abwesend, da er den 11. September 1849 die vom König mit einer Mission, die letzten vorgefallenen Ereignisse betreffend, an die Verein. Staaten, England und Frankreich abgesandten Prinzen Alexander Liholího und seinen Bruder, Prinzen Lot, begleitet hatte. Unter Anderem war Dr. Judd beauftragt, eine Krone für den König zu bestellen. Kámehámeha III. wollte nämlich, um die Selbstständigkeit seines Reiches voll darzustellen, auch sich als Haupt desselben auf christlich civilisirte Weise gekrönt wissen, besonders da er als erster christlicher König des Reiches der üblichen Salbung nicht unterworfen gewesen. Schon gleich nach seiner Volljährigkeit hatte er die Absicht gehabt, die Ceremonie zu vollziehen; der Mangel an Mitteln zwangen ihn jedoch sein Vorhaben hinauszuschieben. Auch Dr. Judd war nur mit einem geringen Credit zur Anschaffung der Krone versehen, konnte demnach nur eine überaus einfache mitbringen; sie bestand in einer Kappe aus feinem, rothem Sammt nebst Stirnband und Bogen aus feinem Golde — höchst zierlich gearbeitet. Die Kosten der Krönung jedoch, obgleich die Minister und die Repräsentativen des Volkes für dieselbe waren, bestimmten dem ungeachtet den König, die Ceremonie bis zur Zeit seines Nachfolgers zu vertagen.
Den 9. September 1850 traf die Gesandtschaft wieder in Honolulu ein und Dr. Judd übernahm mit Eifer die[S. 221] Ausführung seiner Stellung in der vorher erwähnten Commission.
Die Prinzen Liholího und Lot waren Grosssöhne Kámehámehás I.; ihre Mutter war die „Kuína-nui“ Kinau, und ihr Vater war der langjährige Gouverneur der Insel Oahú und Oberhäuptling Kekuánaóa. Kámehámehá III., kinderlos, hatte Liholího, obgleich jüngsten der Brüder, als Sohn und Nachfolger adoptirt; demungeachtet bestand ein überaus inniges Verhältniss zwischen den Brüdern, die beide durchweg begabte, hervorragende Persönlichkeiten waren.
Den 13. Januar 1851 wurde Miram Likelíke, die poetische, höchst begabte Schwester des gegenwärtigen Königs Kalakaua I., geboren.
Die legislative Versammlung bewilligte der „Hawaii-Agriculturgesellschaft“ ein jährliches Subsidium von 500 Dollar für Prämien und zum Import von dem Lande erforderlichen Saamen, Saaten, Pflanzen, Vögel und Bienen aus dem Auslande. Diese Gesellschaft war den 10. August 1850 unter dem Namen „Hawaiian-Agricultural-Society“ unter dem Präsidium des W. Lee und 13 lebenslänglich erwählten Mitgliedern gegründet.
1852 im Juni wurde die ordinäre Sitzung der legislativen Versammlung eröffnet. Die zur Revision der Constitution ernannte Commission, mit ihrer Arbeit fertig, unterbreitete die 78 Artikel derselben der Versammlung, die nach längerem Berathen von ihr angenommen und vom König sanctionirt wurde.
Das Stimmrecht hatte laut dieser verbesserten Constitution jeder männliche Unterthan Sr. Majestät. Jeder Bürger des Königreiches wurde verpflichtet, von seinem 20. Lebensjahre an eine gewisse Bürgertaxe zu zahlen und hat alsdann das Recht, für die Wahl der Repräsentativen seines Distriktes zu stimmen; er muss jedoch hierzu drei Monate vor der Wahl im betreffenden Distrikte domicilirt haben, nicht irrsinnig oder Idiot und keines Verbrechens überwiesen sein; es wäre denn, dass in dem letzteren Falle der König eine solche Person in seiner Ehre und seinen Rechten vollständig rehabilitirt und begnadigt hat.
In der 1852 höchst liberal verbesserten Verfassung bestand wie früher die legislative Gewalt aus dem König, dem Hause der Nobili und dem Hause der Repräsentativen, deren jeder Theil das Recht zur Verneinung hatte. Die Stellung und die Rechte, die Kamehámehá I., dem „Kuina-nui“ resp. (dem Premier) eingeräumt hatte, wurden unverändert beibehalten.
Die exekutive Gewalt hatte der König, dem ein Staatsconseil, deren Glieder er ernannte, zur Berathung beigegeben war und das Cabinet, welches aus den Ministern, dem Staatsrecht-Anwalt (zugleich Justizminister), und den Gouverneuren der Inseln bestand, die ex officio auch Mitglieder des Conseils waren.
Die Jurisdiction des Landes resp. die gerichtliche Gewalt hatte die „Supreme-Court“ (Obergericht), welches aus dem „Cheef-justice“ (Oberrichter) und zwei Richteradjunkten bestand, und vier Kreisgerichten und einem Distriktsgerichte in jedem Distrikte.
Kamehámehá III., der seit den letzten Plagen des Landes leidender geworden und zur Linderung seiner Leiden wieder mehr den Spirituosen sich ergeben, begann wieder dem gewaltig wachsenden Einflusse der Missionäre mehr Gehör zu schenken, indem er auf Grundlage der verbesserten constitutionellen Verfassung unter Beibehaltung seiner königlichen Rechte die erforderlichen Schritte that, um ein vertragsmässiges Protectoratsrecht den Verein. Staaten über das Inselreich einzuräumen.
Um diese Zeit fand wieder eine 24 Stunden dauernde heftige Eruption des Kilauéa statt und nach zweitägigem Ruhestande desselben öffnete sich 15 Meilen südöstlich von besagtem Krater, der Stadt Hilo gegenüber, auf einer Höhe von circa 10,000 Fuss ein neuer Krater, dessen Ausbruch eine Fläche von circa 30 englischen Meilen, ohne das Meer zu erreichen, überdeckte.
Das Jahr 1853 wurde ein verwüstendes für die Bevölkerung der Inseln durch den Ausbruch der asiatischen Pocken, den sogenannten „maipupulíli“.[S. 223] 1854 wurde die „Ladies Benevolent Society“, eine überaus thätige Wohlthätigkeits-Association, gegründet.
1854 wurde durch den Befehl der Regierung das Fort von Lahaïna, da es dem Lande von keinem Nutzen und nur kostspielig war, planirt.
Den 12. November des Jahres trafen zwei „Sloops“ der Vereinigten Staaten, die „Mary“ und „Portsmouth“, als auch die Vereinigten-Staaten-Kriegsdampfer „Mississippi“ und „Susquehanna“ vor Honolulu ein. Der Hauptzweck ihres Erscheinens war eine projektirte Abtretung des Inselreichs an die Vereinigten Staaten.
Von diesem Augenblicke an begann die Wirkung der Missionäre eine ernstere Wendung für das Land zu nehmen. Der endliche Beschluss des Königs wurde von der dagegen stimmenden Majorität der Bevölkerung mit Kummer und Sorge von Tag zu Tag erwartet. Endlich war das Dokument soweit fertig, dass es nur noch der Unterschrift des Königs bedurfte. Sein asthmatischer und in letzter Zeit durch starke Getränke öfters unzurechnungsfähiger Zustand war die Ursache, dass diese Unterschrift von Tag zu Tag verschoben wurde, bis endlich den 15. December 1854 plötzlich zum grossen Aerger der Missionäre, ohne seine Unterschrift gegeben zu haben, Kaúkeaúli oder Kámehámehá III., der Gute, im Alter von 40 Jahren 2 Monaten starb. Er war geboren den 17. März 1814 auf der Insel Hawaii in der Nähe von Keaúhoú in Nord-Kóna, war der Sohn Kamehámehás I., seine Mutter war die Kéupúoláni, eine Tochter des Königs Kiwaláo, der ein Sohn des zur Zeit der Ermordung Cooks in der Insel Hawaii regierenden Königs Kalániópuú war. —
Kamehámehá IV. und seine Regierung bis zu seinem Tode. — Kamehámehá V. und seine Regierung bis zur neuen Constitution von 1864.
Kamehámehá III. folgte sein Neffe Alexander Liholího als Kamehámehá IV. Er war geboren den 9. Februar 1834, erzogen in der „royal-scool“ unter der Leitung amerikanischer Missionäre, talentvoll und körperlich kräftig, sein ganzes Wesen weise, gerecht und gut, jedoch einer sehr lebhaften Einbildungskraft unterworfen; er besass eine ausserordentlich rasche Auffassungsgabe, zugleich aber die Neigung zu plötzlichem Wechsel seiner Ansichten.
Sein erstes und sofortiges Werk, als er 1854 den 15. December zur Regierung gekommen, bestand darin, alle die die Cession des Königreiches betreffenden Schritte seiner Vorgänger rückgängig zu machen, und sein zweites zur gleichen Zeit war die Beschaffung der erforderlichen Mittel zum Bau des königlichen Hospitales, welches gegenwärtig unter dem Namen „Queens-Hospital“ als eine der wohlthuendsten Institutionen des Landes bekannt ist. Zur Beschaffung der Mittel hierzu machte er persöhnlich die ersten Collekten, durch die Stadt von Haus zu Haus wandernd und hatte die Freude im Jahre 1859 schon den Eckstein zu jenem Bau legen zu können.
Die Minister reichten Kamehámehá IV. ihre Demission ein; er nahm dieselbe an, jedoch mit der Aufforderung, dass sie in ihrer Stellung, bis er der Constitution seinen Amtseid geleistet haben würde, verbleiben. —
Den 10. Januar 1855 fand die Beisetzung des verstorbenen Königs, den 16. die Eröffnung seines Testamentes und die Proklamirung des Prinzen Liholího als Kamehámehá IV. statt und zugleich forderte er die Minister auf,[S. 225] ihre Demission zurückzunehmen und in ihrer Stellung zu verharren.
Die Minister seiner Regierung waren:
als Minister des Aeussern M. R. C. Wyllie,
als Finanzminister M. E. H. Allen,
als Minister des Innern M. J. Jung oder auch Keoniána genannt,
als Minister der Volksaufklärung M. Armstrong,
als Oberrichter M. W. L. Lee.
Die Charakteristik dieser an der Spitze der Regierung in der wichtigsten Zeit der Entwicklungsgeschichte dieses Landes stehenden Männer war folgende:
R. C. Wyllie, geboren 1798 zu Hazelbank (Schottland), hatte die Medizin in Edinburg studirt, wurde jedoch Kaufmann und bereiste als solcher Südamerika und Mexiko, ein bedeutendes Vermögen erwerbend; im Jahre 1842 kam er auf seiner eigenen Yacht nach Honolulu, und höchst eingenommen von Klima, Land und Volk des Inselreichs, verliess er Honolulu 1844, um bald darauf zum Bleiben wieder zurückzukehren. Der König Kamehámehá III. bot ihm den Posten als Minister des Aeussern an, den er annahm und unter drei Königen bis zu seinem Sterbetage, den 19. October 1865, zum Wohle des Landes bekleidet hat. Sein Ruf im Lande ist ein unvergesslicher, seine gelungene Zuckerrohrplantage auf der Insel Kauai ist ihm ein Monument seiner industriell einstmals wirkenden Kraft und die Selbstständigkeit des Reiches, so auch die Akten des Staatsarchivs der Ruhm seiner politischen und socialen Thätigkeit geworden.
M. E. H. Allen, geboren als Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika und zeitweiliges Mitglied des Congresses derselben, war zu der Zeit naturalisirter Bürger des Inselreichs, 18 Jahre Oberrichter und später Kanzler des Reichs gewesen. Seine Charakteristik war die eines thätigen, gerechten und pflichttreuen Mannes.
Keoniána oder M. J. Jung war der Sohn John Jungs, des Freundes Kamehámehás I. Seine Mutter war die Kaoanaéa, die Tochter der Keliimaikii, einer Cousine des[S. 226] grossen Königs Kamehámehás I. Er war geboren 1810 im Juli und starb den 18. Juli 1857, war ein durch und durch nationalgesinnter Mann und strebte mit Eifer und Verständniss, die Entwickelung des Landes zu fördern.
M. Armstrong war Bürger der Vereinigten Staaten Amerikas.
W. L. Lee als Bürger der Vereinigten Staaten Amerikas, 1821 in Oregon geboren, kam nach Honolulu den 12. October 1846 und starb den 28. Mai 1857. Seinem Gerechtigkeitssinn und seinem klaren Verstande verdankt das Land den günstigen Stand seiner Jurisdiktion, die er bis zu einer allgemeinen Beachtung von Seiten der civilisirten Staaten gehoben hatte.
Nach Antritt seiner Regierung war, wie schon gesagt, der erste Akt des Königs, die Schritte seines Vorgängers wegen einer Cedirung des Reiches an die Vereinigten Staaten definitiv rückgängig zu machen. Zu diesem Zwecke sandte er seinen Justizminister Lee nach Washington mit dem Auftrage, von dort nach England und Frankreich zu gehen, die durch seine Vorgänger gemachten, die Abtretung des Reiches an die Vereinigten Staaten betreffenden Schritte zu annuliren und mit den drei Mächten auf Grundlage der Dokumente von 1843 einen noch mehr bindenden Garantie-Traktat abzuschliessen, in welchem die benannten Staaten auf Grund der von ihnen 1843 und 44 unterzeichneten Vereinbarungen, nicht nur die Unabhängigkeit, daher die vollste Selbstständigkeit, des Königreiches von Hawaii und der Dynastie Kamehámehás I. anzuerkennen sich verpflichten, sondern auch die Garantie dafür übernehmen sollten, das Königreich vor jedwedem eigenmächtigen Vorfall wie dem des Lord Paulet und namentlich dem des Admirals Tromelin zu schützen.
Der sachkundigen und klugen Befürwortung Lee’s gelang es — wenn auch mit Schwierigkeiten so doch vollständig — den Auftrag zu erfüllen, indem der Garantie-Traktat abgeschlossen wurde.
In demselben Jahre fand der erste Mehlexport (463 Barrels) nach Californien statt.
Den 7. Juli wäre durch den Brand des Variété-Theaters in der „King-street“ fast ganz Honolulu in Brand gerathen, wenn nicht die neu organisirte Feuerwehr mit Beihülfe der Bevölkerung denselben erstickt hätte. Der Verlust betrug 25,000 Dollar.
Den 2. Juni 1856 vermählte sich der König mit Emma Rook, einer Tochter des Oberhäuptlings Naéa, dessen Frau die Fanny Jung, eine Tochter John Jungs war. Die Frau John Jungs war Káoanaéa, die Tochter des Keliimaiikai, eines Vetters Kámehámehás I. Der reiche Dr. Rook hatte die erwähnte Emma als Adoptivtochter anerkannt und ihr seinen Namen und sein ganzes Vermögen übertragen.
Es war und ist eine kluge, liebenswürdige, humane Frau, die die Liebe und Achtung der ganzen Bevölkerung genoss und noch geniesst.
In demselben Jahre wurde der Finanzminister Allen als Bevollmächtigter und ausserordentlicher Gesandter nach Washington gesandt, um mit den Verein. Staaten einen gegenseitigen Handelsvertrag anzubahnen, durch welchen dem Inselreich die stets freie Einfuhr in die Häfen der Verein. Staaten gewisser Landesprodukte, namentlich des Zuckers, zugesichert wird.
Die Südstaaten der Verein. Staaten Nordamerikas waren gegen dieses Projekt, daher dasselbe mit dem Winke der Regierung, den Schritt gelegentlich zu wiederholen, für den Augenblick zurückgewiesen wurde.
Bald nach der Rückkehr des Finanzministers Allen aus Washington berief unerwartet plötzlich der König die legislative Versammlung zur Codification und der gründlichen Revision und Vervollständigung der bestehenden Gesetze des Reiches und zur vollständigen Umgestaltung des Penalcodex von 1856.
Die legislative Versammlung wählte zu dieser schwierigen Arbeit eine Commission, bestehend aus dem Prinzen Lot-Kámehámehá, einem Bruder des Königs, dem Oberrichter L. Lee und dem Gehülfen desselben, Robertson.
Die Aufgabe der Commission bestand 1) in der Ausarbeitung auf Grundlage der bestehenden Gesetze eines voll[S. 228]ständigen Civilcodex, 2) in der Verwerfung, Verbesserung, Ergänzung und Vervollständigung gewisser Gesetze, 3) bis 1858 d. h. bis zu der nächsten ordinären legislativen Versammlung die Arbeit zu vollenden.
Im Jahre 1857 liess der König die Festung von Honolulu planiren und legte den Grundstein zu einem Gefängniss auf einer Korallenbank der sogenannten Landzunge Lilío. Die Stelle der Festung bildet jetzt eine Esplanade, die eine Zierde Honolulus geworden ist.
Den 28. Mai starb W. L. Lee, 36 Jahr alt. An seiner Stelle wurde der bisherige Finanzminister Allen Minister der Justiz (Oberrichter) und Glied der Commission. Zur selbigen Zeit starb David Maloo, der Nationalhistoriker, und den 2. Juli 1857 starb der Minister des Innern John Jung in seinem 47. Lebensjahre. An seiner Stelle wurde als Premier oder Kuina-nui die Schwester des Königs, Victoria Kamamalú, und als Minister des Innern der Bruder des Königs, Prinz Lot, ernannt.
Im selben Jahre den 20. August brachte die königl. Hawaii’sche Agrikultur-Gesellschaft die ersten Bienen in das Land, die sich seitdem vortrefflich akklimatisirt haben.
Den 20. Mai 1858 wurde dem König zu seiner und seines Landes Freude ein Sohn geboren.
Im Juni des Jahres hatte die früher erwähnte Commission ihre Arbeit vollendet und den Civil-Codex-Entwurf der legislativen Versammlung vorgelegt, welche die Arbeit einem Special-Comité zur Prüfung übergab. Dieses Special-Comité bestand aus 5 durch die Nobeln und 5 durch die Repräsentativen des Volkes gewählten Gliedern, die unter die Leitung des Mr. Armstrong und G. M. Robertson gestellt waren. Das Special-Comité war beauftragt, die Prüfung der Arbeit im Dezember des Jahres zu beginnen und zum Frühjahr 1859, d. h. zur Einberufung einer ausserordentlichen legislativen Versammlung zu beenden.
In demselben Jahre wurde die erste systematische Reiskultur durch Chinesen in der Nähe von Honolulu und auf der Insel Kauai begonnen, die in gegenwärtiger Zeit eine auffallende Blüthe im Inselreiche erreicht hat.
Den 2. Mai 1859 war das Comité mit seiner Arbeit fertig, der Civil-Codex von der legislativen Versammlung angenommen und den 17. Mai vom König unterschrieben. Die Arbeit wurde in hawaii’scher und englischer Sprache gedruckt und veröffentlicht.
Das in Kraft getretene Civilgesetzbuch nebst einem Appendix, einem Index und sämmtlichen Verträgen des Königreichs mit Frankreich, Belgien und Grossbritannien vom 26. März 1846, mit Dänemark vom 19. October 1846, mit Hamburg vom 8. Januar 1848, mit den Verein. Staaten von Amerika vom 19. August 1850, mit England vom 6. Mai 1852, mit Bremen vom 27. März 1854, mit Schweden und Norwegen vom 5. April 1855, mit Frankreich vom 8. September 1858 bildeten ein Volumen von 555 Seiten.
Im Jahre 1856 hatte die legislative Versammlung nämlich mit Zustimmung des Königs dem Justizministerium einen Zuschlag von 500 Dollar zur Sammlung sämmtlicher publicirter gerichtlicher Berichte seit dem Bestehen der Gesetze und der Gerichtshöfe im Königreiche, sämmtlicher Urtheilssprüche und im Allgemeinen der Akten der diversen lokalen Gerichte des Reiches, die bis dahin in der Regierungszeitschrift freilich publicirt, aber von den betreffenden Behörden nicht gebucht worden waren, bewilligt.
Diese Arbeit wurde damals dem Oberrichter Lee und seinen Adjunkten Robertson und John J-i übertragen.
Da ersterer leidend wurde, so verdankt das Land das sorgsam bearbeitete voluminöse und höchst interessante Werk der rastlosen Thätigkeit der beiden Adjunkten des Oberrichters und namentlich Mr. Robertson. Der erste Band dieser Arbeit wurde 1857 beendet und enthielt 125 bis zum Jahre 1857 vorgekommene Gerichtsfälle. Es ist diese Sammlung für die das Rechtswesen studirende Jugend des Reiches eine überaus nützliche. Seit 1857 wird dieselbe systematisch fortgesetzt und liefert einen eclatanten Beweis der Fähigkeit der Nation, sich selbst zu regieren.
Im August 1858 erhielt der französische Consul in Honolulu, Mr. Perrin, endlich den ratificirten Handelsvertrag[S. 230] Frankreichs mit dem Inselreiche und den ausdrücklichen Befehl, denselben ohne Aufschub abzuschliessen.
Der Minister des Aeussern Mr. Wyllie gab dem Consul die Antwort, dass der König ohne den Rath des Conseils laut der Constitution keinen definitiven Schritt in dieser Angelegenheit thun dürfe und dass er glaube, dass das sehr amerikanisirte Minister-Conseil und namentlich der Reporteur des Staates, Mr. G. M. Robertson, gegen die Annahme desselben sein werden.
Das hierauf versammelte Conseil entschloss sich, den Vertrag, jedoch nur mit bedeutenden Umänderungen, anzunehmen, auf die der Consul „ad referendum“ einging. Der König, wenig voraussichtig und zu ehrlich, unterschrieb den Vertrag, das „ad referendum“ übersehend, und 1859 traf die Antwort Frankreichs ein, jedoch mit der Bemerkung, den Vertrag ohne die proponirten Veränderungen als unterschrieben und dokumentirt, demnach als definitiv angenommen, zu betrachten, wodurch das kleine Königreich wieder einmal durch naive Ehrlichkeit in die ihm gestellte Falle gegangen war.
Den 23. Januar 1859 begann der Mauna-Lóa wieder sein wildes Treiben. Der westliche Abhang seines Kraters begann gewaltig zu dampfen und gegen Nacht obengenannten Tages brachen vielfältige Lavaströmungen aus demselben hervor. Bis 250 Fuss über den Gipfel des Kraters stieg die Glühmasse. Die Lavaströmungen nahmen die Richtung nach Kona sich wälzend. In 3 Tagen hatte die heftig sich bewegende Glühmasse schon bei Wainanálii im Nord-Kona-Distrikt den Ocean erreicht und begann 40 englische Meilen als eine 20 bis 50 Fuss breite und bis 15 Fuss dicke Glühmasse, Alles auf ihrem Wege vernichtend, zischend und brausend in den Ocean sich zu ergiessen und ihren Weg circa ½ Meile in denselben hinein, einen vollständigen Damm bildend, fortzusetzen. Dieser gegenwärtig noch bestehende Damm ist eine Viertelmeile breit.
Die Glühmasse, als sie den Abhang entlang mit gewaltiger Geschwindigkeit sich niederzog, hatte eine Breite[S. 231] von circa 1500 Klaftern und machte den Eindruck als ob der Berg mit dunkelgefärbtem Blute übergossen wäre. Das Farbenspiel, die Bewegung und die Form der Masse war eigenthümlich wechselnd, bald fliessend, bald wälzend, bald glitschend, bald Kascaden bildend, bald spritzend und sprühend, bald Niederfälle bildend, oftmals durch Unebenheiten des Terrains energisch schwellend und dann wieder wogenartig — gleich einer wilden Feuersee — mit hohem Wellenschlag sich weiter drängend, bald wieder eine Spiegelglätte bildend, oft in Abgründen oder Grotten verschwindend, um mit Gedonner und Gezisch sich gleich wieder zu erheben und alsdann mit doppelter Wucht Alles verwüstend sich in sich und über sich — gleichwie im tollen Jubel — wälzend ihren Lauf fortzusetzen.
Bis zum 7. August — volle 6 Monate und 15 Tage — währte diese Lavaströmung in den Ocean. Dieselbe war freilich nicht beständig gleich stark, da schon im Juni Pferde über die Lavaschichten stellenweise treten konnten, obgleich eine flache Zuströmung ununterbrochen stattfand. Zum Glück war die Breite der gesammten Strömungen weniger beträchtlich als sonst, daher geringere Verluste an Menschenleben und Eigenthum zu verzeichnen waren.
Den 12. März 1859 bewilligte die Legislatur dem Minister des Innern auf sein gestelltes Amendement, dem Mr. W. H. Tiffany, S. Wethered, H. Macfarlan, J. Paty & Co. & Nachfolger das garantirte Privilegium für 15 Jahre, unter dem Namen „Honolulu-Gas-Compagnie“ eine Gasleitung durch die Stadt zu legen und zwar mit der Verpflichtung der Compagnie, das Gas-Werk zu errichten, die Röhren durch alle Strassen, alle Theile und in alle Häuser der Stadt systematisch zu leiten. Alle Maschinen, Apparate, Gasröhren, deren die Compagnie zu ihrem Unternehmen bedurfte, sollten steuerfrei importirt werden dürfen.
Mit aller Macht und vollster Energie machte sich sofort der Leiter und Verwalter der Compagnie Mr. Tiffany an das Werk. Von allen Seiten trat die Bevölkerung dem Unternehmen mit bedeutenden Geldspenden und eigener thätlicher Hülfe bereitwilligst entgegen. Die Röhren waren[S. 232] theilweise bald gelegt, das Gaswerk vollendet und in Thätigkeit; einige Hotels und einige Häuser waren schon beleuchtet als Tiffany, angeblich um an Ort und Stelle die noch zur Vollendung fehlenden Maschinen und diversen Gegenstände selbst zu besorgen, nach San Francisco abreiste und sammt den mitgenommenen Geldern nie wieder zurückkehrte. Hierdurch erlitten fast sämmtliche Bewohner Honolulus und die Betheiligten bedeutende Verluste, und blieb das Unternehmen unvollendet und unbenutzt bis zur jetzigen Stunde.
Den 2. August 1859 wurde die deutsche Unterstützungsgesellschaft „the german Benevolent Society“ für deutsche Hilfsbedürftige im Inselreiche gestiftet.
Der 11. August 1859 wurde ein verhängnissvoller Tag für den König. Am 3. nämlich war derselbe mit der Königin und seiner Begleitung, unter der auch sein Jugendfreund Nelson (ein Engländer) sich befand, nach Lahaïna gefahren, um daselbst sich eine Zeit lang zu erholen. Den 11. war er im Begriff nach Honolulu zurückzukehren, als er in einem leidenschaftlichen Augenblick — einerseits sagt man einer Frau wegen, andererseits in angetrunkenem Zustande, andererseits wieder aus Versehen — auf seinen Freund Nelson schoss, der in Folge der erhaltenen Wunde bald darauf starb. Was nun auch die Ursache gewesen sein mag, Faktum bleibt es, dass der König, der dem Genusse der Spirituosen zur Erleichterung seines asthmatischen Leidens ergeben war, nunmehr durch den Tod seines Freundes den Genuss zur Leidenschaft machte, ferner, dass er in seiner Verzweiflung zu Gunsten seines Sohnes abdanken und in vollster Zurückgezogenheit leben wollte, und dass er in der Folge eine auffallende Gewissensunruhe zeigte.
Den 30. August traf der König in Honolulu wieder ein und theilte sofort seinen Entschluss abzudanken mit. Mit vieler Mühe gelang es seinem Bruder, Prinz Lot und den Ministern, ihn davon abzuhalten. Er proklamirte statt dessen seinen Sohn als Thronfolger, schickte eine Gesandtschaft nach England mit der Bitte, eine Branche der anglikanischen Kirche umgehend im Inselreiche zu stiften[S. 233] und — wenn möglich sofort — einen Bischof und einen Prediger der anglikanischen Kirche nach Honolulu zu senden. Seine der englischen Regierung hierfür angegebenen Motive waren folgende: dass ihm die methodistisch congregationelle Kirche zu gefühllos und kalt erscheine; dass er zur römisch-katholischen Kirche, die gefühlvoller, nicht übertreten wolle, da seine Frau, die Königin Emma, anglikanischer Confession und er daher lieber mit ihr zu Einer Kirche gehören möchte; dass er die Hoffnung hege, dass die auf die Seelenstimmung so wirksame Lithurgie der anglikanischen Kirche seinem kranken Gemüthe wohlthun würde und dass er endlich darauf rechne, dass die Einführung der anglikanischen Kirche im Inselreiche ihn und sein Reich mehr dem Einflusse Englands nähern werde, wodurch sein Land von dem gewaltig zunehmenden, ihn endlich lästig werdenden — quasi — Zwangeinflusse der amerikanischen Missionäre resp. der Verein. Staaten und ihrer fühlbar wachsenden Partei im Reiche befreit werden würde.
Die Erwartung der anglikanischen Geistlichen, die Vollendung des Hospitales der Königin Emma, die Erbauung eines neuen Zollhauses und die Freude an seinem Kinde wirkten ermuthigend auf den gemüthskranken König, und es erwuchs die Hoffnung, dass er sich allmälig wieder erholen würde, um mit der früheren ihm eigenen Energie und dem regen Interesse sein Land und sein Volk wieder zu regieren.
Den 5. Mai 1869 traf die nach den Verein. Staaten gehende japanesische Gesandtschaft in Honolulu ein und zu gleicher Zeit mit derselben reiste Prinz Lot nach Californien resp. Washington mit einer Mission und namentlich auch des Vorfalls des Mr. Tiffany wegen.
Den 16. September 1862 heirathete Lydia Kamakaehá, die Schwester des jetzigen Königs Kalakaua I., den J. O. Dominis, einen Schottländer. —
Den 23. September 1862 starb der gewesene Missionär und derzeitige Minister der Volksaufklärung Dr. R. Armstrong. —
Im April 1862 hatte die Regierung die Palmyra-, Kaláma-, Leyson-, Lisansky-und Cornwals-Inseln annektirt und als zum Königreich gehörende proklamirt.
Den 27. August desselben Jahres hatte den König wieder ein schwerer Schlag getroffen, der sein ganzes Wesen demoralisirte und seinen krankhaften geistigen Zustand bedeutend verschlimmerte; es starb nämlich der Thronfolger plötzlich im Alter von 4 Jahren 3 Monaten und 7 Tagen und wurde am 7. September 1862 beerdigt, mit ihm auch die Lebenskraft des Königs.
Von diesem Augenblicke an sanken vollständig der wieder erwachte Muth und die noch vorhandene Lebensfrische des Königs. Er sank sozusagen geistig und körperlich derart, dass sogar die am 11. October endlich angelangten anglikanischen Geistlichen keine Wirkung zur Besserung seines Zustandes auszuüben vermochten, doch wurde ihm ihre Ankunft ein Trost vor dem Tode, der den 30. November 1863 erfolgte. Er starb im Alter von 29 Jahren 9 Monaten und 21 Tagen, und als sein Nachfolger wurde der in Folge des Todes des Thronfolgers und in Folge der Nachricht über die ernste Erkrankung des Königs aus Californien eiligst zurückgekehrte Bruder desselben, Prinz Lot, als Kámehámehá V. proklamirt.
Die Nachlässigkeit und Untüchtigkeit der Aerzte sollen Schuld an dem Tode des Königs getragen haben; ein rascheres Einschreiten derselben hätte die Erstickung verhindern können und wurde ihnen deshalb durch Kámehámehá V. der bitterste Vorwurf gemacht.
Der erste Schritt Kámehámehá V. nach Antritt seiner Regierung war der, seine Schwägerin, die verwittwete Königin Emma, aufzufordern, im Palais wohnhaft zu verbleiben und sie seiner steten brüderlichen Liebe zu versichern. Sein zweiter Schritt war, den Ministerrath einzuberufen, um sofort die Situation der Regierung zu prüfen und festzustellen.
Kámehámehá V. war freidenkend in seinen Grundsätzen, zugleich aber auch herrschsüchtig. Er vertrug keinen Widerspruch, gab jedoch seine Befehle erst, nachdem er dieselben reiflich überlegt und geprüft hatte. Seine politischen und persönlichen Sympathien waren vollständig denen seines von ihm innig geliebten Bruders entgegengesetzte. Er war[S. 235] national gesinnt, worin er die Gesinnung seines Bruders theilte. Im Sonstigen aber war seine Tendenz eine mehr amerikanische, während die seines Bruders eine ausgesprochen englische war, daher er schon während der Regierungszeit desselben im schroffsten politischen Widerspruch zum Minister des Aeussern, R. C. Wyllie, der in letzter Zeit auch Minister des Innern war, stand, obgleich er, was ihn löblich charakterisirt, die Tüchtigkeit und Treue des letzteren der Dynastie und dem Lande gegenüber öffentlich stets anerkannte und im persönlichen Umgange demselben stets Achtung und Anerkennung erwies.
Bei Antritt seiner Regierung hoffte natürlich die amerikanische Partei sicher, dass er seinen allgemein bekannten Gefühlen umgehend freien Lauf lassen und sofort den gegen sie gewaltig wirkenden Hebel, R. C. Wyllie, beseitigen würde. Zu ihrem Entsetzen und grossem Erstaunen beherrschte jedoch Kámehámehá V. sein Gefühl und liess sich nur durch dasjenige der Vaterlandsliebe und des die Selbstständigkeit des Reiches und dessen Entwickelung fördernden beherrschen.
Er besprach mit R. C. Wyllie die Neuwahlen, die Neuerungen, die er vorzunehmen beabsichtige; er zeigte ihm sein vollstes Vertrauen und sprach seine Ueberzeugung aus, dass Wyllie für das Wohl des Landes gleichwie er, der König, es gethan, auch seine politischen Principien zu beherrschen verstehen wird.
Während 4 Tagen war das Palais, der Garten und der Hofraum desselben, vom Morgen bis zum Abend, des Nachts bei Fackelbeleuchtung, gefüllt von Menschenmassen, die der ausgestellten königlichen Leiche ihre liebevolle Achtung und Trauer mit herrlichen Blumenspenden unter Weinen, Schluchzen und Heulen erwiesen.
Die Leiche war bis zur Vollendung des von Kámehámehá V. im Núnanú-Thale im Bau begriffenen Familien-Mausoleums in einen dreifachen Sarg, von denen der eine aus Eichenholz, der andere aus Kóaholz und der dritte aus Blei bestand, gelegt und im Palais unter einem Baldachin[S. 236] auf einem pompösen Katafalk bis zum 3. Januar 1864, dem Tage der Vollendung des Mausoleums, zur Beschauung ausgestellt.
Kámehámehá V. begann seine Regierung mit vollster Kraft und den deutlichsten Zeichen des Willens, eine für die Entwickelung des Landes gründliche Thätigkeit zu entfalten.
Die Wahl seiner Minister widersprach, wie gesagt, vollständig den Erwartungen der amerikanischen Partei, da der König dem tüchtigsten Manne der bisherigen Regierung, R. C. Wyllie, die Bildung des Ministeriums übertrug, welche wie folgend resultirte:
als Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen R. C. Wyllie, ein Schotte von Geburt,
als Minister der Finanzen und Kanzler des Reiches M. E. Allen, ein Amerikaner von Geburt,
als Minister des Innern Mr. Hopkins, ein Engländer von Geburt und Freund des verstorbenen und gegenwärtigen Königs,
als Minister der Justiz M. Robertson, Amerikaner von Geburt,
als „Atorny general“ (General-Rechtsanwalt) M. W. Harris, ein Amerikaner von Geburt,
als Minister des Postwesens und des öffentlichen Wegebaues C. Varigny, Franzose,
als Präsident der öffentlichen Volksaufklärung und als „Kuina-nui“ der Vater des Königs, Kekuanaóa.
Trotz der nationalen Anomalie des gebildeten Cabinets hat sich dasselbe in seinen Resultaten als ein sehr homogenes und nützliches erwiesen. Die Wahl wurde von der legislativen Versammlung einstimmig angenommen.
Das erste Werk des Ministeriums bestand darin, im Auftrage des Königs ein dem Minister des Innern untergeordnetes Comité zu erwählen, welches sich speciell mit den öffentlichen Bauten und Meliorationsanlagen des Reiches befassen und umgehend an den Entwurf und die Ausarbeitung von Plänen zu einer vortheilhaften praktischen Strassenverbindung des Landes schreiten sollte.
Leider unterblieb die Ausführung dieses so wichtigen[S. 237] Projektes, da der König und seine Regierung zu einem gründlichen Fortschritt in der Entwickelung des Landes Schritt für Schritt im Allgemeinen so auch in dem erwähnten Projekte auf Hindernisse stiessen, die die bestehende constitutionelle Verfassung von 1852 namentlich hervorrief.
Die durch zahlreiche Widersprüche sich bestätigende Unreife derselben bewog den König, die Verfassung einer gründlichen Revision und Umgestaltung zu unterwerfen.
Um das Land politisch aus dem direkten Einflusse der amerikanischen Missionäre und einem durch sie erweckten christlichen Aberglauben zu ziehen und der Entwickelung der Industrie des Landes ein frischeres Leben zu geben, entschloss sich das Ministerium, dem Wunsche des Königs sich anschliessend, eine neue Constitution laut seiner ihnen klar gemachten Grundsätze zu entwerfen und den ausgearbeiteten Entwurf einer solchen der den 2. Januar 1864 zu Neuwahlen zusammentretenden Legislatur zum definitiven Beschluss vorzulegen.
Die Arbeit wurde mit rastlosem Eifer vorgenommen, und man suchte — und das mit erwiesenem Erfolg — ein vollständiges Einverständniss der Minister zu erreichen, durch welches die Widersprüche der Opposition leichter bekämpft und die Annahme des Projektes leichter erreicht werden sollte.
Den 3. Januar 1864 fand die glanzvolle Beisetzung des verstorbenen Königs in das lieblich gelegene neuerbaute Familienmausoleum statt. Die Königin-Wittwe Emma hatte vordem mehrere Tage und Nächte gleichwie zur Einweihung desselben im Mausoleum verbracht.
Den 5. Mai unterzeichnete der König eine Proklamation, die den 7. veröffentlicht wurde. In derselben deklarirt er seinen Willen, dem Lande eine neue Verfassung zu geben, giebt seine Motive an, die ihn zu einer sofortigen Revision und Umgestaltung der bestehenden Constitution von 1852 und der Creirung einer festeren Basis derselben bewogen haben. Er fordert in dieser Proklamation die Delegirten des Volkes auf, zum 7. Juli 1864 in Honolulu sich zu ver[S. 238]sammeln mit der Bemerkung, dass diese unter dem Präsidium des Königs geleitete Versammlung aus sämmtlichen Gliedern des Hauses der Nobeln (deren 15 Glieder) und der Delegirten des Volkes (deren 27 Glieder) und den Mitgliedern des Conseils bestehen sollte.
Dieser Proklamation folgte der Befehl der Minister, dass die Wähler zum 13. Juni zu den regulären Wahlen schreiten sollten.
Der unerwartete Akt des Königs regte die Missstimmung der amerikanischen Partei bedeutend auf. Sie sah in demselben das energische Bestreben der Regierung, ihre bisherige Machtstellung zu unterdrücken und sie entschloss sich als eine — quasi — oppositionelle Körperschaft aufzutreten, gegen sämmtliche Schritte der Regierung zu protestiren, gegen die Revision der bestehenden Verfassung des Reiches zu stimmen und die Behauptung der Regierung, dass mit den bestehenden Gesetzen die dem Lande erforderlichen Reformen nicht bewerkstelligt werden können, aufs Schärfste zu bekämpfen.
Die Glieder der Opposition, dem Könige gegenüber scheinbar demüthig und unterthänig, wirkten heimlich mit grösstem Eifer und zwar nicht ohne Erfolg unter dem Volke, dasselbe gegen die Regierung, namentlich gegen den König hetzend und es überredend, der Opposition sich massenhaft anzuschliessen. Sie verbreiteten unter Anderem das Gerücht, dass der König heimlich zur anglikanischen Kirche übergetreten und fest entschlossen sei, dieselbe als Staatsreligion zu proklamiren und zu oktroyiren. Dieses Gerücht, welches durch die amerikanischen Missionäre noch mehr Bekräftigung erhielt, entwickelte sich bis zu einem gefährlichen Maassstabe unter dem Volk. Auch suchten jene das Volk zu überzeugen, dass dem König die gegenwärtige Constitution nur deshalb lästig sei, weil sie seine Herrschsucht einschränke und dass er dieselbe zu Gunsten seiner Gewalt, aber zum Nachtheil der des Volkes umändern wolle, dass die gegenwärtige constitutionelle Verfassung eine weise und freisinnige sei und dass keine[S. 239] bessere für die Freiheit und das Wohl des Volkes zu wünschen sei und dergleichen mehr.
Der König hörte von diesen sich gleich einem Lauffeuer verbreitenden und natürlich wachsenden Gerüchten und entschloss sich, um sofort dieselben im Keime zu ersticken, und um sich selbst und zugleich die Ursachen der von ihm gewünschten Revision der Verfassung dem Volke, namentlich dem der fernliegenden Inseln, genauer bekannt zu machen, ungesäumt seinen schon längst gehegten Wunsch zu erfüllen, die Inseln zu bereisen und mündlich dem Volke seine Ansichten klar auseinanderzusetzen. Den 24. Mai segelte er demgemäss unerwartet nach Hawaii, und von dort aus besuchte er die übrigen bewohnten Inseln.
Dieser rasche und der Opposition unverhoffte Schritt des Königs hatte das Resultat, dass er vielseitig sich die Liebe seines Volkes erweckte und schon den bedeutend verbreiteten Einfluss der Opposition — wenn auch nicht vollständig vernichtete — so doch hemmte.
Den 13. Juni 1864 wurde die erwähnte Versammlung unter dem Präsidium des Königs eröffnet. In seiner Rede setzte er der Versammlung mit ausserordentlicher Ruhe kurz, klar und bestimmt seine Stellung derselben gegenüber auseinander, indem er die Versammlung als souveraine in ihren Beschlüssen anerkannte, sich jedoch das laut der bestehenden Constitution ihm zugesprochene Recht des Veto vorbehielt.
Das Scrutinium über die Frage „soll eine Revision der Constitution vorgenommen werden? Ja oder nein?“ ergab das Resultat, dass unter den 27 Delegirten des Volkes 10 mit Ja und 17 mit Nein, und von den 15 Gliedern der Nobeln 2 mit Ja und 13 mit Nein stimmten.
Die Debatten der Versammlung verliefen sehr lebhaft und die Opposition in der Majorität als Siegerin — „fühlte sich.“ Dieses Sichfühlen war jedoch von kurzer Dauer, da dasselbe zur grossen Verwunderung der sich prahlenden Opposition durch das Veto des Königs vernichtet wurde.
Bis zum 15. August jubelten die Sieger, den 15. gab der König sein Veto und erklärte in kurzer Rede die Ver[S. 240]sammlung als geschlossen, dankte den Gliedern derselben für die Bereitwilligkeit mit der sie seinem Rufe, sich zu versammeln, gefolgt waren, betonte, dass die von Kámehámehá III. proklamirte Constitution laut den Urkunden nur eine zum Versuche als provisorisch verfasste gewesen sei, dass in derselben klar und deutlich dem König das Recht der Veränderung derselben vorbehalten worden war, was Jedem bekannt sein muss, der den Wortlaut der Verfassung von 1852 kennt, dass er auf Grund dieses Rechtes, so lange ihn Gott auf dem Thron des Königreiches erhält, dasselbe zum Wohle des Landes beschützen und benutzen will und wird, dass er gemäss dieses ihm zuerkannten Rechtes die bestehende Verfassung von 1852 als abgelaufen erkläre und dass er dem Lande, kraft seiner Stellung und seines constitutionellen Rechtes, eine neue constitutionelle Verfassung oktroyiren wird.
Hierauf forderte er die Minister auf, unter der neuen Constitution in ihren Stellungen zu verbleiben, mit der Bemerkung jedoch, dass er jedwede von denselben eingereichte Demission zu acceptiren willens sei, und schloss seine Rede, indem er den Deputirten zu wissen gab, dass wenn das Volk durch dieselben über die Punkte der neuen Constitution mit ihm oder seinen Ministern zu discutiren wünsche, er und seine Minister stets bereit sein werden, in solche Discussionen sich einzulassen und von jenen gemachte Vorschläge zu berücksichtigen.
Die Opposition war gleich wie niedergeschmettert; sie hatte nichts weniger als diese Wendung erwartet und nie und nimmer geglaubt, dass der König den Muth haben würde, gegen eine so bedeutende Majorität seinen Willen so energisch und auf ein nicht zu verleugnendes Recht sich stützend, so glanzvoll und dabei ruhig und gemessen durchzusetzen. Noch unangenehmer war ihnen die ernst bezeichnende Ovation des Volkes, die den Platz und die Strasse füllte. Der König zu Fuss die Versammlung verlassend, wurde nämlich mit begeisterten Hochrufen bis zu seinem Palais begleitet, während die Glieder der Opposition[S. 241] mit Kälte, sogar mit Drohungen bei ihrem Erscheinen empfangen wurden.
Am selben Tage wurde durch Plakate an öffentlichen Orten, Strassen und Plätzen der Stadt die Proklamation des Königs veröffentlicht, die über alles Erwarten günstig aufgenommen wurde und die Ueberzeugung erweckte, dass das Volk auf Seite des Königs stand, und nur beeinflusst durch die Leiter der Opposition, momentan in Opposition getreten war. Gleich nach Schluss der Versammlung machte sich sofort das Ministerconseil an die definitive Zusammenstellung der neuen constitutionellen Verfassung.
Die neue Constitution von 1864. — Fortsetzung der Regierung Kamehámehás V. bis zu seinem Tode.
Während der rastlosen Arbeit der Minister versuchte die Opposition die Zeit zu benutzen, um durch in Zeitschriften publicirte Artikel, in welchen sie ihrem Aerger freien Lauf gaben, den Unwillen und die Unzufriedenheit des Volkes zu erwecken. Die Erfolge ihrer Umtriebe waren jedoch nicht die, die sie in ihrem Mutterlande, wo das Volk Unruhe sucht, gefunden hätten. Das Volk des Inselreiches wünschte Ruhe und Frieden mit ihrem Oberhaupte und schenkte kein Gehör den Ruhestörern.
Den 19. August 1864 war die Arbeit der Zusammenstellung der Verfassung vollendet und den 20. verlas der König den Wortlaut derselben der Versammlung der Mitglieder des Staatsraths und den Grossen des Reiches und leistete seinen Eid auf die neue Constitution; desgleichen[S. 242] thaten es nach ihm alle hohen Beamten des Reiches, und den Abend wurde der Inhalt der neuen Constitution durch Zeitschriften an die entfernteren Inseln, durch Plakate in der Residenz und nachträgliche Plakate in den übrigen Inseln als in Wirksamkeit getreten veröffentlicht. Der Inhalt war mit Ausnahme nur weniger Veränderungen gleich dem der Versammlung vorgelegten Projecte, und ich will es versuchen, der Beachtungswürdigkeit wegen wörtlich denselben übersetzt wie folgt wiederzugeben:
Constitution,
verliehen von Seiner Majestät Kámehámehá V., durch die Gnade Gottes Könige der Inseln von Hawaii, am 20. Tage des August A. D. 1864. —
Artikel 1. Gott hat den Menschen mit gewissen unantastbaren Rechten ausgestattet, als: das Recht des Lebens, der Freiheit, der Erwerbung des Besitzes, der Integrität des Besitzes, und das Recht Sicherheit und Zufriedenheit zu fordern und zu erhalten.
Artikel 2. Jeder Mensch ist frei, Gott, in welcher Weise es ihm sein eigenes Gewissen gebietet, anzubeten, so lange dieses Privilegium die Sicherheit und den Frieden des Königreiches nicht gefährdet.
Artikel 3. Jeder Mensch darf frei reden, schreiben und seine Gedanken über jeden Gegenstand veröffentlichen, ist aber für jeden Missbrauch dieser Freiheit hiermit verantwortlich gemacht. Kein Gesetz soll gegen die Freiheit der Rede oder Presse creirt werden; es sei denn, dass ein solches zur Sicherstellung des Königs und seiner Familie sich als erforderlich erweise.
Artikel 4. Die Menschen haben das Recht — jedoch nur in ordentlichem und friedlichem Zustande und zwar unbewaffnet — sich zu versammeln, um sich über gemeinnützige Dinge zu berathen. Sie haben das Recht, dem Könige oder der Legislatur ihre Beschwerden in der Form einer Petition einzureichen.
Artikel 5. Das Recht des „habeus corpus“ hat Jeder und soll nicht unterdrückt werden; es sei denn, dass im Falle einer Rebellion oder Invasion die öffentliche Sicher[S. 243]heit den König zwingt, dieses Recht zeitweilig aufzuheben.
Artikel 6. Keiner soll einer Strafe, für welches Verbrechen es auch sei, unterliegen; es sei denn, dass seine Schuld oder That vor einem legalen Gerichte bestätigt und erwiesen worden ist.
Artikel 7. Keine Person darf weder für ein kleineres noch grösseres Verbrechen zur Verantwortung arretirt werden (mit Ausnahme in Fällen öffentlicher Anklagen von Verbrechen, die im Jurisdiktionskreise eines Polizei- oder Gerichtsdistriktes stattgefunden, oder von Vorgängen summarischer Widersetzlichkeit), bevor nicht auf Grund einer Anklage das kleine oder grosse Verbrechen vollständig und ausführlich beschrieben worden ist. Der alsdann Arretirte hat das Recht, seine Confrontirung mit dem Ankläger zu fordern; hat das Recht, Zeugen zu seiner Rechtfertigung und zum Beweise seiner Unschuld zu stellen; hat das Recht, selbst oder durch seinen Anwalt seinen von ihm vorgerufenen Zeugen, desgleichen seinem Ankläger und deren Zeugen Kreuz- und Querfragen zu stellen, sowie das Recht, zu seiner Vertheidigung Gehör zu verlangen. Alle Fälle, die dem Urtheil der Geschworenengerichte bisher anheimgestellt waren, bleiben demselben auch weiterhin unterworfen mit Ausnahme von solchen, die Schulden und mündliche Verträge betreffen, deren Forderungen unter 50 Dollar betragen.
Artikel 8. Keine Person darf wieder zur Verantwortung gezogen werden für ein Vergehen, für welches dieselbe schon einmal als schuldig oder unschuldig von einem legalen Gericht erklärt worden ist.
Artikel 9. Keine Person soll ohne gesetzlichen Prozess im Criminalfall weder gezwungen werden, gegen sich selbst zu zeugen noch seines Lebens, seiner Freiheit oder seines Eigenthumes verlustig gemacht werden.
Artikel 10. Keine Person darf als Richter oder Geschworener in den Fällen fungiren, in denen ihre Verwandten als Kläger oder Verklagte betheiligt sind oder in welchen das mögliche Resultat den betreffenden Rich[S. 244]tern oder Geschworenen — direkt oder indirekt — irgend welchen pekuniären Vortheil bringen kann.
Artikel 11. Zwangdienst — mit Ausnahme des dem verurtheilten Verbrecher als Strafe zudiktirten — ist im Königreiche verboten, und jeder Sklave, der das Königreich von Hawaii betritt, ist, vom Tage seiner Ankunft an gerechnet, als frei zu betrachten.
Artikel 12. Jede Person soll das Recht haben, vor jeder unvernünftigen, grundlosen Haussuchung, vor der Beschlagnahme ihrer persönlichen Freiheit, ihres Hauses, ihrer Papiere und Effekten gesichert zu werden. Kein Verhaftsbefehl darf erlassen werden, solange nicht eine glaubwürdige Ursache, die durch den Eid bestätigt worden ist, und der zu untersuchende Ort der zu verhaftenden Person oder deren Effekten deutlich beschrieben worden sind.
Artikel 13. Der König leitet seine Regierung zum allgemeinen Besten und nicht zum Vortheil, für die Ehre oder für das persönliche Interesse irgend eines Menschen, einer Familie oder Classe seiner Unterthanen.
Artikel 14. Jedes Glied der menschlichen Gesellschaft hat das Recht zu fordern, im vollen Genusse seines Lebens, seiner Freiheit und in seinem Eigenthum durch das Gesetz geschützt zu werden. Dafür ist jedes Glied derselben verpflichtet, seinerseits einen im Verhältniss zur Bevölkerung des Landes auf ihn fallenden Antheil für die erforderlichen Ausgaben, die dieser ihm gewährte Schutz hervorruft, beizutragen und zwar entweder durch persönlichen Dienst im Staate oder durch ein Aequivalent für denselben. Weder das Eigenthum einer Person, noch ein Theil desselben darf zu öffentlichen Zwecken ohne ihre Einwilligung oder den Befehl der Legislatur genommen werden, es sei denn in Zeiten eines Krieges oder einer Insurrektion zu militärischen Zwecken. Für jeden Fall jedoch, wo zum allgemeinen Nutzen des Landes der Staat die Aneignung des Eigenthumes einer Person erfordert, soll das betroffene Individuum für den entstandenen Verlust angemessen entschädigt werden.
Artikel 15. Keine Subsidien, Abgaben oder Steuern — welcher Art sie auch seien — sollen festgestellt oder erhoben werden, keine Geldenthebungen aus dem Staatsschatze sollen stattfinden ohne vorhergegangene Genehmigung der legislativen Versammlung; es sei denn, dass in der Zwischenzeit der biennalen Sitzungen derselben Kriegseventualitäten, Insurrektionen, Rebellionen, Pestilenzen oder andere öffentliche Ereignisse sich einstellen, wo sodann die Genehmigung des Cabinets und der Majorität des geheimen Conseils in pleno entscheiden muss, und ist alsdann der Finanzminister verpflichtet, eine detailirte Rechenschaft über die getroffenen Massregeln und die entstandenen Ausgaben der nächsten legislativen Versammlung vorzulegen.
Artikel 16. Kein Gesetz soll eine zurückgreifende Wirkung in Verfügungen haben.
Artikel 17. Das Militär soll den Gesetzen des Landes stets untergeordnet sein. Kein Soldat soll in Friedenszeit ohne vorhergegangene Genehmigung des Besitzers in ein Haus einquartiert werden. Nur in Kriegszeit wird hierin eine Ausnahme gemacht und zwar sodann nur in einer von der legislativen Versammlung vorgeschriebenen Art und Weise.
Artikel 18. Jeder Wähler ist während der Wahlzeit, während der Wahlsitzung und während der Zeit seiner Reise zu derselben und zurück vom Arrest befreit mit Ausnahme bei Vergehen von Hochverrath, Missethat und Bruch des öffentlichen Friedens.
Artikel 19. Jeder Wähler ist am Tage der Wahlen von seiner Militärpflicht entbunden, jedoch mit Ausnahme: in Zeiten des Krieges oder öffentlicher Unruhe.
Artikel 20. Die Obergewalt des Königreiches ist in 3 Theile getheilt, der executiven, der legislativen und der gerichtlichen. Die 3 Theile müssen stets klar von einander getrennt bleiben, daher kein Richter eines Protokoll führenden Gerichtshofes ein Mitglied der legislativen Versammlung sein darf.
Artikel 21. Die Regierung des Königreiches soll unter[S. 246] Sr. Majestät Kamehámehá V., seinen Erben und Nachfolgern eine constitutionell-monarchische sein.
Artikel 22. Die Krone ist hierdurch als beständig Sr. Majestät Kámehámehá V. und seinen gesetzlich-ehelich erzeugten Nachkommen direkter Linie confirmirt. In Ermangelung solcher fällt die Krone auf Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Victoria-Kamamalú-Kaahúmanú und deren leibliche, gesetzliche Nachkommen in direkter Linie. Das Nachfolgerrecht fällt auf das älteste männliche Kind und dessen Nachfolger, in Ermangelung eines männlichen Kindes auf die älteste Tochter und ihre leiblichen Nachkommen. Falls gar keine Nachkommen vorhanden, fällt das Recht auf eine vom König oder der Königin gewählte und vom Adel bewilligte Persönlichkeit, und muss eine solche schon vor dem Tode des regierenden Hauptes als Nachfolger proklamirt worden sein. In Ermangelung einer solchen Wahl oder Proklamation vor dem Tode des regierenden Hauptes muss gleich nach dem Tode desselben das Conseil die legislative Versammlung berufen, die alsdann durch ein Ballotement einen eingeborenen Nobeln („Alii“) als König wählen. Ein solcher Gewählter beginnt alsdann eine neue Dynastie, und er gleichwie seine Nachfolger müssen sich nach den gegenwärtigen Gesetzen der königlichen Familien reguliren.
Artikel 23. Es ist ungesetzlich, dass ein Glied der königlichen Familie von Hawaii, welches ein Anrecht auf die Thronfolge hat oder möglicherweise einmal haben kann, eine Ehe ohne die Genehmigung des regierenden Oberhauptes schliesst. Ein jedes solches Glied demnach, welches ohne die Genehmigung des regierenden Oberhauptes eine Ehe schliesst, soll durch eine Proklamation des regierenden Herrschers des Nachfolgerrechtes auf den Thron von Hawaii verlustig erklärt werden, und sein Recht geht alsdann nach früher erwähnter Ordnung auf seine Erben über.
Artikel 24. „Se. Majestät Kamehámehá V. „will“ und seine Nachkommen, die den Thron besteigen, „sollen“ den folgenden Eid leisten:
ich schwöre feierlichst in Gegenwart des allmächtigen Gottes, die Constitution des Königreiches im vollsten Sinne und unverbrüchlich zu erhalten und in Uebereinstimmung mit derselben zu regieren.“
Artikel 25. Keine Person darf den Thron einnehmen, der wegen eines verächtlichen Verbrechens schuldig erklärt worden, geisteskrank oder Idiot ist.
Artikel 26. Der König ist der Oberbefehlshaber der Armee und Flotte, wie auch aller militärischen Körperschaften des Königreichs auf dem Lande und zur See. Er hat eine unbeschränkte Gewalt für sich und ebenfalls für die Offiziere, denen er die Leitung und Einübung der verschiedenen militärischen Körperschaften nach eigenem Gutdünken zur richtigen Vertheidigung und Beschützung des Königreiches übertragen hat. Der König darf nie einen Krieg ohne Genehmigung der legislativen Versammlung erklären.
Artikel 27. Der König hat mit dem Rath des geheimen Conseils das Recht der Begnadigung und Verzeihung für jedes gerichtlich entschiedene Vergehen mit Ausnahme von Fällen öffentlicher Anklage.
Artikel 28. Der König hat mit der Berathung seines geheimen Conseils resp. durch dasselbe das Recht, die legislative Versammlung an den Ort des Regierungssitzes oder an einen anderen ihm beliebigen Ort zu berufen, im Falle das Land Feinde oder irgendwelche andere Ursachen mit Gefahr bedrohen. Er hat das Recht, wenn sich nicht Uebereinstimmungen zwischen ihm und der legislativen Versammlung zeigen, letztere zu verlängern, zu vertagen oder aufzulösen. Die Verlängerung oder Vertagung darf aber nie die nächste ordinäre Sitzung der Versammlung überschreiten. In ganz besonderen Umständen kann er eine extraordinäre Sitzung der legislativen Versammlung berufen.
Artikel 29. Der König hat die Gewalt, Verträge abzuschliessen. Die Verträge, die eine Aenderung der bestehenden Tarife und Gesetze des Königreichs erfordern, bedürfen jedoch der Genehmigung der legislativen Ver[S. 248]sammlung. Der König ernennt seine Minister, die angemessen den Gebräuchen und Gesetzen der Nation von ihm bevollmächtigt, beglaubigt und instruirt sein müssen.
Artikel 30. Der König hat das Prärogativ, die Minister zu empfangen und anzuerkennen, die Legislatur durch eine königliche Botschaft von Zeit zu Zeit über den Zustand des Königreichs zu informiren und die ihm für nothwendig und rathsam erachteten Massregeln derselben zur Berücksichtigung anzuempfehlen.
Artikel 31. Die Person des Königs soll unverletzlich und heilig sein. Seine Minister sind verantwortliche. Dem König ist die executive Gewalt übertragen. Alle Gesetze, die in der legislativen Versammlung adoptirt worden, erfordern die Unterschrift Sr. Majestät zu ihrer Gültigkeit.
Artikel 32. Im Falle nach dem Tode des regierenden Herrschers der Thronerbe jünger denn 18 Jahre, soll die königliche Gewalt von einem Regenten oder einem Regierungs-Concilium, wie folgend auseinandergesetzt, ausgeübt werden:
Artikel 33. Es soll dem König gesetzlich sein, dass wenn er sich vom Königreiche entfernen will, er einen Regenten oder ein regierendes Concilium ernennt, um die Regierung in seinem Namen zu verwalten. Desgleichen kann der König testamentarisch einen Regenten oder ein Concilium zur Verwaltung der Regierung während der Unmündigkeit eines Thronerben ernennen. Sollte ein Herrscher sterben, dessen Thronerbe unmündig ist, ohne einen testamentarischen Willen hinterlassen zu haben, so fällt die Ausübung der königlichen Gewalt auf das bestehende Cabinet-Concilium und bleibt vom Augenblick des Todes des Herrschers bis zur sofortigen Einberufung der legislativen Versammlung in seinen Händen. Die legislative Versammlung ernennt alsdann durch ein Ballotement einen Regenten oder ein regierendes Concilium zur Verwaltung des Reiches im Namen des verstorbenen Königs. Diesem Regenten oder Concilium wird alsdann die einem constitutionellen Könige zu[S. 249]stehende Gewalt und Rechte bis zum 18. Jahre d. h. bis zur Volljährigkeit des unmündigen Königs übertragen.
Artikel 34. Der König ist über alle Nobeln („Aliis“) und das Volk Souverän. Das Königreich ist sein.
Artikel 35. Alle Ehrentitel, Orden und sonstige Auszeichnungen verleiht der König.
Artikel 36. Der König prägt Münzen und regelt den Cours nach dem Gesetz.
Artikel 37. Der König hat die Gewalt im Falle einer Invasion oder Rebellion das ganze Königreich oder Theile desselben unter Kriegsrecht zu stellen.
Artikel 38. Die nationale Standarte darf nur durch einen Akt der legislativen Versammlung verändert werden.
Artikel 39. Des Königs Privatland oder anderes Eigenthum ist unantastbar.
Artikel 40. Den König darf kein Gerichtshof oder Richter seines Reiches belangen oder verantwortlich machen.
Artikel 41. Das Staats-Concilium soll wie bisher fortbestehen und soll in allen das Vermögen des Staates betreffenden Geschäften als Assistenz in der Administration der executiven Angelegenheiten und als Rathgeber des Königs — wenn er ihren Rath fordert — laut der Direktion des Königs dem Lande dienen. Dieses Concilium soll demnach benannt sein: „the kings Privy Council of State“ (d. h. „das königliche Geheim-Staats-Concilium“). Die Mitglieder desselben werden nach Belieben des Königs ernannt und bleiben im Amte, so lange es der König will.
Artikel 42. „the kings Cabinet“ (d. h. „das königliche Cabinet“) soll bestehen aus den Ministern des Aeussern, des Innern, der Finanzen und dem General-Rechtsanwalt des Königreichs. Diese Sr. Majestät speciellen Rathgeber in den executiven Angelegenheiten des Königreichs sollen ex officio Mitglieder auch des geheimen Conciliums des Staates sein. Sie werden vom König ernannt und bevollmächtigt. Sie leiten ihr Amt nach dem Belieben des Königs. Sie sind der öffentlichen Anklage unter[S. 250]worfen. Kein Akt des Königs soll Wirkung haben, ohne die Contra-Signatur eines Ministers, welcher alsdann für die Folgen des Aktes verantwortlich wird.
Artikel 43. Jedes Glied des königlichen Cabinets hat in der Residenz der Regierung ein specielles Amtslokal, ist verantwortlich für das Betragen seiner Repräsentanten und Beamten. Die Minister haben als Noble („Alii“) das Recht auf Anspruch eines ex officio-Sitzes in der legislativen Versammlung.
Artikel 44. Der Minister der Finanzen soll im Namen der Regierung der legislativen Versammlung am ersten Tage ihrer jedesmaligen Zusammenkunft das Finanz-Budget in hawaii’scher und englischer Sprache vorlegen.
Artikel 45. Die legislative Gewalt der drei Stände des Königreiches bildet der König und die legislative Versammlung. Die legislative Versammlung besteht aus dem vom König gewählten Adel (Noble) und den Delegirten des Volkes, welche ihre Sitzungen zusammen halten.
Artikel 46. Die legislative Körperschaft soll sich alle zwei Jahre im Monat April versammeln und desgleichen zu jeder andern Zeit, wenn es der König zur Wohlfahrt der Nation für erforderlich erachtet. Diese Körperschaft soll benannt werden, „the Legislature of the Hawaïaan kingdom“ (d. h. „die Legislatur des Königreichs von Hawaii“).
Artikel 47. Jedes Glied der legislativen Versammlung ist verpflichtet, folgenden Eid zu leisten: „Ehrfurchtsvoll schwöre ich in Gegenwart des Allmächtigen Gottes, dass ich treu die Constitution des Hawaii-Königreichs unterstützen und gewissenhaft als auch unparteiisch meine Pflicht als Glied der Versammlung ausüben will.“
Artikel 48. Die Legislatur hat die volle Gewalt und Autorität zur Verbesserung der Constitution laut den nachfolgenden Regeln, hat die Gewalt, von Zeit zu Zeit wohlthuende Gesetze zu schaffen, die jedoch den Verordnungen der Constitution nicht widersprechen dürfen.
Artikel 49. Jeder Gesetzentwurf und jede Resolution der[S. 251] legislativen Versammlung erfordern zu ihrer Wirksamkeit die Billigung des Königs durch seine Unterschrift, die daher vor dem endlichen Beschlusse der Legislatur stattgefunden haben muss. In dem Falle, dass der König gegen einen solchen Gesetzentwurf oder eine solche Resolution gestimmt, sendet er selbigen oder selbige der Legislatur zurück, die alsdann diesen Akt des Königs in ihr Journal einträgt und diesen vom König zurückgewiesenen Gesetzentwurf oder zurückgewiesene Resolution in derselben Sitzung nicht mehr wieder vorbringen darf.
Artikel 50. Die legislative Versammlung ist die richtende Gewalt über die Qualification ihrer Mitglieder; nur eine Majorität constituirt erst ein „quorum“ zum Geschäftsgange derselben. Eine Minorität vertagt die Sitzung von Tag zu Tag, beruft die fehlenden Mitglieder in einer ihnen beliebigen Art und Weise und sub ihnen beliebigen Straferhebungen gegen dieselben.
Artikel 51. Die legislative Versammlung wählt ihre Beamten und regelt ihren Geschäftsgang selbst.
Artikel 52. Die legislative Versammlung soll die Macht haben, Gefängnissstrafen — jedoch nicht über die Dauer von 30 Tagen — gegen Personen, die keine Mitglieder der Versammlung sind und die in ihrem Betragen Mangel an Achtung, ein unordentliches, verachtendes Benehmen gegen dieselbe oder in Gegenwart der Versammlung sich erlaubt haben, während der Sitzung der Versammlung falsche Rapporte über die Discussion oder den Geschäftsgang derselben oder beleidigende Commentirungen über Aussprüche und Handlungen der Versammlung oder über ein oder mehrere Mitglieder derselben, in einer Art, die der Körperschaft oder dem Stande derselben zu schaden drohen, veröffentlicht haben, oder im Falle eines Ueberfalles eines Mitgliedes der Versammlung oder im Falle eines Ueberfalles oder einer Arretirung eines Zeugen oder einer anderen Person, die auf ihrem Hin- oder Rückwege sich zur Versammlung zu stellen berufen war, oder im Falle einer gewaltsamen Befreiung eines durch den Befehl der Versammlung Arretirten, zu verfügen.
Artikel 53. Die legislative Versammlung soll die Macht haben, ihre Beamten für ungebührliches Benehmen zu bestrafen.
Artikel 54. Die legislative Versammlung soll ein Journal über ihren Geschäftsgang führen und in dasselbe die „Ja“ und „Nein“ ihrer Mitglieder für jede Frage, wenn es ein Fünftel der Versammlung fordert, eintragen.
Artikel 55. Die Glieder der legislativen Versammlung sollen in allen Fällen — mit Ausnahme der des Hochverrathes, der Lehensuntreue und des Friedensbruches — vom Arrest während der Dauer der Sitzung der Versammlung und während der ihrer Hin- und Rückreise befreit sein und sollen vor keinem andern Gerichtshofe oder Richterstuhl für ihre auf der Versammlung gehaltenen Reden und Debatten zur Verantwortung gezogen werden.
Artikel 56. Die Repräsentativen sollen für ihre Dienste eine gesetzlich festgestellte Entschädigung aus dem Staatsschatze („Public treasury“) erhalten. Die Entschädigung darf im Laufe des Jahres nicht mehr erhöht werden. Kein Gesetz darf die Summe von 250 Dollar pro Sitzung als Entschädigung für einen Repräsentanten überschreiten.
Artikel 57. Der König wählt den sogenannten Adel („Nobles“) lebenslänglich. Diese erhalten ihren Gehalt lebenslänglich und sind dem Artikel 53 unterworfen. Die Zahl derselben darf nicht 20 übersteigen.
Artikel 58. Keine Person soll zum Noblen ernannt werden, die nicht das 21. Jahr erreicht und nicht 5 Jahre im Königreiche wohnhaft gewesen ist.
Artikel 59. Die Noblen sollen einen Gerichtshof („court“) bilden, vor welchem als dem Ober-Untersuchungsgericht des Königreichs („the grand inquest of the Kingdom“) alle öffentlichen Anklagen der Repräsentativen gegen Beamte des Königreichs wegen Misshaltens oder Uebelverwaltens ihrer Aemter vorgebracht werden sollen und dem die selbstständige und vollständige Gewalt hiermit gegeben wird, alle Beschwerden dieser Art zu hören und zu determiniren. Vor jedem Verhör und zwar vor jeder einzelnen öffentlichen Anklage sollen die Nobeln darauf[S. 253]hin vereidigt werden, dass sie treu und unparteiisch die resp. Anklage laut den Gesetzen des Landes und der erforderlichen Beweise prüfen und determiniren werden. Das Urtheil dieses Untersuchungsgerichtes soll nur die Competenz haben, den „schuldig“ Erklärten von seinem Amte oder seiner Stellung zu entlassen, ihn als unfähig zu erklären, irgend welchen Ehren-, Vertrauens-, Einkommensposten unter der gegenwärtigen Regierung zu bekleiden und zu geniessen. Ein derart Verurtheilter soll jedoch nichts desto weniger einer weiteren Anklage, Untersuchung, Verurtheilung und Bestrafung laut den Gesetzen des Landes unterworfen werden. Die Minister sollen als Noble keinen Sitz unter denselben während des Verhörs einer solchen einnehmen.
Artikel 60. Die Repräsentation des Volkes soll auf dem Princip der Gleichheit basirt sein und wird durch die Legislatur im Verhältniss zur Zahl der Bevölkerung regulirt und vertheilt. Das Verhältniss derselben soll durch einen von Zeit zu Zeit stattfindenden öffentlichen Census der Bevölkerung festgestellt werden. Repräsentanten sollen nicht unter 24 und nicht über 40 sein. Sie werden auf zwei Jahre gewählt.
Artikel 61. Keine Person soll als Repräsentant des Volkes gewählt werden, die geisteskrank oder Idiot, die nicht ein männlicher Unterthan des Königsreichs, die nicht das 21. Jahr überschritten, die nicht lesen, schreiben und rechnen kann, die nicht 3 Jahre im Königreiche wohnhaft gewesen, die nicht ein Grundeigenthum im Königreiche und zwar im Nettowerth von 500 Dollar besitzt oder ein jährliches Einkommen von mindestens 250 Dollar aus irgend einem Besitz oder gesetzlichen Geschäfte bezieht.
Artikel 62. Jeder männliche Unterthan des Königreichs, der seine Steuern bezahlt hat, das 21. Lebensjahr überschritten und ein Jahr vor den Wahlen im Königreiche domicilirt und einen Grundbesitz im Königreiche im Nettowerth von 150 Dollar oder eine Pachtstelle, deren Rente 25 Dollar jährlich beträgt, oder eine Einnahme von[S. 254] mindestens 75 Dollar jährlich aus einem Eigenthum oder gesetzlichen Geschäft erzielt und zu schreiben, zu lesen und zu rechnen versteht (dieses im Fall derselbe nach 1840 geboren) und wenn er darum nachgesucht hat, seinen Namen in die Liste der Wähler seines Distriktes einzuschreiben und derselbe faktisch eingetragen ist, hat das Recht, eine Stimme für die Wahl des Repräsentanten oder der Repräsentanten seines Distriktes abzugeben. Ausserdem wird verfügt, dass der Wähler nicht geisteskrank, Idiot oder eines im Königreiche begangenen Verbrechens erwiesen sein darf, es sei denn, dass er im letzteren Falle vom König begnadigt und ausdrücklich wieder in alle seine Rechte als Unterthan rehabilitirt worden ist, wonach er zur Wahl wieder Berechtigung hat.
Artikel 63. Die Eigenthums-Qualification der Repräsentativen des Volkes und der Wähler darf nur durch ein Gesetz „erhöht“ werden.
Artikel 64. Die richterliche Gewalt des Königreiches soll im Obergericht („Supreme court“) und in den von der Legislatur von Zeit zu Zeit zu etablirenden Untergerichtshöfen sich befinden.
Artikel 65. Das Obergericht soll aus dem Oberrichter („chief justice“) und mindestens zwei Richteradjunkten („associate justice“) bestehen. Die Richter des Obergerichtes sollen die Sitzungen in anständigem Benehmen erhalten und leiten. Sie sollen in Folge öffentlicher Anklage der Absetzung unterworfen sein. Sie sollen für ihren Dienst eine Compensation erhalten, die während ihrer Dienstzeit nicht verringert werden darf. Es wird hiermit festgesetzt, dass ein Richter des Obergerichtes oder irgend eines anderen Protokoll führenden Gerichtshofes nur durch die Resolution von ⅔ der Stimmen der vollzähligen legislativen Versammlung und mit der Sanction des Königs abgesetzt werden kann. In einem solchen Falle muss jedoch dem betreffenden Richter die Resolution der legislativen Versammlung mit genauer Angabe der Motive seiner Absetzung nebst einer Copie des Urtheils mindestens 10 Tage vor dem Termin, an welchem die[S. 255] Versammlung das Urtheil effektuiren lassen will, benachrichtigt werden. Er soll das Recht haben vor der legislativen Versammlung alsdann gehört zu werden.
Artikel 66. Die richterliche Gewalt soll auf das Obergericht und die verschiedenen Untergerichtshöfe des Königreichs in einer Art und Weise vertheilt sein, dass die Legislatur von Zeit zu Zeit ihnen Vorschriften erlassen kann. Die Haltung der Behörden der untergeordneten Gerichtshöfe des Königreichs soll eine laut den bestehenden Gesetzen entscheidende sein.
Artikel 67. Die gerichtliche Gewalt soll in allen Rechtsfällen und Fällen der Gerechtigkeit, die unter der Constitution und den Gesetzen des Königreiches entstehen, ferner in Abschlüssen von Verträgen oder bei Verträgen, die unter ihrer Autorität abgeschlossen worden, desgleichen in allen, die öffentlichen Minister und die Consuln berührenden Fällen, sowie in allen Eventualitäten der Admiralitäts- und Marine-Jurisdiktion als competent angesehen werden.
Artikel 68. Der Oberrichter des Obergerichtes soll zugleich der Kanzler des Königreiches sein. Er soll ex officio als Präsident der Noblen in allen öffentlichen Anklagen, solange er nicht selbst angeklagt ist, fungiren. Er soll diese Jurisdiktion gleichwie alle anderen Fälle nach den Bestimmungen des Gesetzes ausüben. Sein Urtheil in diesem Falle ist zu einer Revision im Obergerichte appellabel. Sollte der Oberrichter selbst der öffentlich Verklagte sein, so präsidirt das Untersuchungsgericht während der Dauer seines Verhörs eine hierzu vom König ernannte Persönlichkeit.
Artikel 69. Die Decision, d.h. das Urtheil des Obergerichtes, wenn es die der Majorität der Richter ist, soll inappellabel und endgiltig sein.
Artikel 70. Der König, sein Cabinet und die legislative Versammlung sollen die Autorität haben, von den Richtern des Obergerichtes in wichtigen Rechtsfragen und feierlichen Gelegenheiten deren Ansicht zu fordern.
Artikel 71. Der König ernennt die Richter des Ober[S. 256]gerichtes, desgleichen alle Richter der Protokoll führenden Gerichtshöfe („courts of record“), deren Gehalt gesetzlich festgestellt ist.
Artikel 72. Kein Richter, keine Magistratsperson darf allein einer Appellation oder einem Verhöre in einer Rechtsfrage vorsitzen, über die er schon früher ein Urtheil ausgesprochen hat.
Artikel 73. Keine Person soll im Königreiche Hawaii je ein Ehren-, Vertrauens- oder Einnehmer-Amt bekleiden, die auf gesetzlichem Wege des Diebstahles, der Bestechung, des Meineides, der Fälschung, Veruntreuung oder anderer grösserer oder kleinerer Verbrechen überfuhrt worden ist, es sei denn, dass der König dieselbe begnadigt und in ihre Civilrechte restituirt hat und dass in der Begnadigungsurkunde die Wiederberechtigung einer solchen Person zum Bekleiden von Ehren-, Vertrauens- oder Einnehmerämtern deklarirt ist.
Artikel 74. Kein Beamter dieser Regierung darf ein Amt unter einer andern Regierung oder Macht bekleiden oder irgend welches Gehalt oder was es immer sein möge von einer solchen empfangen.
Artikel 75. Die Legislatur soll alle 2 Jahre nach vorhergegangener genauer Prüfung der Revenuen und Ausgaben der 2 verflossenen und der Aestimation der approximativen Revenuen und Ausgaben der 2 folgenden Jahre ihre Bewilligungen votiren. Die erwähnte Aestimation soll ihr vom Finanzminister vorgelegt werden.
Artikel 76. Der Stil im Verfertigen und Bestätigen der Verfügungen aller Urkunden und Gesetze soll sein: „Es sei demnach verfügt durch den König und die legislative Versammlung der Hawaii-Inseln in der versammelten Legislatur des Königsreichs, dass....“
Artikel 77. Um jeden unpassenden Einfluss zu vermeiden, der durch das Vermischen in ein und derselben Urkunde von Sachen, die in keiner passenden Relation zu einander stehen, hervorgerufen werden könnte, so wird bestimmt, dass jeder Akt nur ein Objekt enthalten und dieses Objekt den Titel der Urkunde bilden soll.
Artikel 78. Alle gegenwärtig in Kraft stehenden Gesetze des Königreichs sollen in ihrer vollen Wirksamkeit noch weiterhin bestehen, so lange dieselben von der Legislatur nicht verändert oder widerrufen worden sind mit Ausnahme der Gesetze, die im Widerspruch zu dieser Constitution stehen. Alle bisher verfügten Gesetze, desgleichen die, die in Zukunft verfügt werden könnten, sind hiermit, wenn sie im Widerspruche zu dieser Constitution sich erweisen, als null und nichtig erklärt.
Artikel 79. Diese Constitution soll vom 20. Tage des August im Jahre 1864 in Kraft treten. Damit durch den Wechsel Keinem Ungerechtigkeit, dem Königreiche keine Unbequemlichkeiten entstehen, so wird hiermit verfügt: dass alle Beamte des Königreichs von der Zeit des Inkrafttretens dieser Constitution an bis zur Zeit, wo neue Beamte an ihre Stelle gewählt werden, ihre Stellung, ihre Wirksamkeit und die ihnen zuerkannte Macht beibehalten.
Artikel 80. Ein Amendement oder Amendements jeder Art zu dieser Constitution können der legislativen Versammlung vorgeschlagen werden und im Falle, dass solchen die Majorität der Mitglieder derselben zustimmt, muss ein solches vorgeschlagenes Amendement in das Journal der legislativen Versammlung mit namentlicher Anführung der „Ja“ und „Nein“ ihrer Mitglieder eingetragen und alsdann an die nächste Sitzung der Versammlung verwiesen werden. Ein solches Amendement soll 3 Monate vor der nächsten Neuwahl der Repräsentativen als Proposition publicirt werden. Wenn in der nächsten Legislatur ein solches proponirtes Amendement durch 2/3 der Stimmen der vollzähligen legislativen Versammlung angenommen und vom König bewilligt worden ist, so wird ein solches Amendement ein Theil der Constitution dieses Landes.
Kamehámehá R.
Nachdem durch diesen sehr gewandten und muthigen Staatsstreich des Königs und nachdem die neue Constitution in Kraft getreten, und er zum Wohle des Landes und dessen Entwickelung eine einflussreiche und starke Opposition[S. 258] besiegt hatte, legten weder er noch seine Minister die Hände in den Schooss, sondern begannen mit Eifer den errungenen Vortheil auszunutzen, um die Umgestaltung des Staates und die Reorganisirung seiner Verhältnisse gemäss der neuen Constitution möglichst rasch zu bewerkstelligen. Das Finanzwesen wurde mit Energie vorgenommen, und binnen kurzer Zeit war die Staatsschuld bedeutend verringert — ein Resultat des Finanzministeriums, welches die stärkste Waffe gegen die für die nächsten Wahlen sehr regsam unter dem Volke wirkende Opposition wurde.
Das Resultat der Wahlen fiel günstig für die Regierung aus, da Honolulu, Lahaïna und Hilo eine Majorität regierungstreuer Repräsentanten stellten.
Die Vorlagen zur nächsten Sitzung der legislativen Versammlung häuften sich durch Gesetze, die im Widerspruch zur neuen Verfassung standen, und daher einer Umgestaltung unterworfen werden sollten. Unter den Hauptvorlagen waren solche, die die Zuckerrohrplantagen, das Schulwesen und namentlich die Einwanderung betrafen.
Die Versammlung wurde den 15. Oktober 1864 durch den König in demselben Saale, wo die Sitzung des aufgeregten Convents den 13. Juni des Jahres stattgefunden hatte, eröffnet.
Der Sinn der königlichen Eröffnungsrede bestand hauptsächlich in der Aufforderung, dass die Versammlung einig, ohne persönlichen Hass, Parteihader und Streit sich an die Debatten mache. Ferner sagte er, dass er nicht der Ansicht sei, dass die neue Constitution gar keiner Verbesserungen bedürfe, obgleich er der festen Ueberzeugung sei, dass dieselbe mit grösster Sorgfalt redigirt und revidirt worden und dass alle Punkte derselben mit grösster Genauigkeit geprüft und debatirt worden sind. Er wiederholte die von ihm den 13. August des Jahres übernommenen Verpflichtungen, nämlich, dass wenn sein Volk durch die Repräsentative ihm den Wunsch äussern würde, die Constitution des Reiches zur Vervollständigung derselben einer Revision zu unterwerfen, er nicht nur hierzu seine Genehmigung, sondern auch seine eifrigste Mitwirkung geben[S. 259] wolle. In Kurzem schilderte er die günstige Stellung des Reiches den ausländischen Mächten gegenüber. Er betonte den günstigen Stand der Finanzen des Reiches, der durch den Rechenschaftsbericht, den der Finanzminister mit dem Budget der Einnahmen und Ausgaben des Reiches der Versammlung vorlegen wird, derselben den erfreulichen Beweis zeigen wird, dass der günstige Finanzstand keine Erhöhungen der Steuern, keine Anleihe erfordert und dass der Export des Landes derart sich gehoben, dass er mit dem Import sehr bald sich gleichstellen wird. Dem folgte eine kurze, jedoch klare Definition der der Versammlung zur Begutachtung und zur Debatte vorgelegten Gesetzentwürfe, unter denen er namentlich denjenigen der öffentlichen Erziehung und der Einwanderung auf das Wärmste zu berücksichtigen empfahl.
Als der König die Versammlung für eröffnet erklärt hatte und den Saal verliess, wurde er mit enthusiastischem Applaus und Hochrufen begrüsst, sodass die Gegenwart einer Opposition im Saale kaum zu bemerken war. Der Muth des Königs am 13. August des Jahres, seine ruhige, verständige, in keiner Weise siegesbewusste Rede des gegenwärtigen Tages, hatten die allgemeine Sympathie erweckt und seine Gegner zum Schweigen gezwungen. Die formelle Antwort der Versammlung auf die Rede des Königs war demnach in allen Punkten ihm und seiner Regierung beistimmend und enthielt Beglückwünschungen für die weise, wohlbedachte neue Constitution und den Ausdruck der Bereitwilligkeit der Versammlung, sich in jeder Beziehung seiner Anschauungsweise anzuschliessen.
Die Versammlung von 1864 begann ihre Sitzung unter dem günstigen Eindruck der befriedigenden Resultate des Finanzbudgets. Dank diesem Eindrucke wurden sämmtliche Gesetzvorschläge der Regierung diversen Comités zur Ausarbeitung übergeben.
Ueber den Antrag eines Mitglieds der Versammlung entstand eine bedeutende Meinungsverschiedenheit sogar unter den im Uebrigen einig denkenden Ministern. Es war der, welcher die Abolition des bestehenden höchst[S. 260] weisen Gesetzes befürwortete, welches den Verkauf von Spirituosen an Eingeborene verbot und unbedingt zur Erhaltung der Nation und zur Hemmung der abnormen Sterblichkeit erforderlich war. Das Ballotement ergab 26 Stimmen gegen und 11 Stimmen für den Antrag, und somit blieb das Gesetz, sich in der Zukunft als günstig bewährend, in Kraft.
Im Dezember 1864 eröffnete der König die Korrektionsschule in Kapalama bei Honolulu.
Nach der Prüfung des Finanzbudgets des Inselreiches, welches einen Ueberschuss von circa 400,000 Dollar aufwies, wurde dasselbe ohne Modification von der Versammlung begutachtet. Den 8. Januar meldete die Versammlung dem Könige die Beendigung ihrer Arbeiten, und den 10. Januar vertagte Se. Majestät die Versammlung bis zu ihrer nächsten Sitzung. In seiner Rede beglückwünschte er die Versammlung und sich hinsichtlich der herrschenden Einigkeit der Regierung und der Repräsentanten des Volkes und gab seine Zustimmung zu allen von der Versammlung adoptirten Massregeln.
In Folge des Beschlusses der legislativen Versammlung war ein Einwanderungscomité ernannt worden, welches sofort Schritte nach China, Japan, Manilla und nach Ostindien machte, um zum Anbau des Zuckerrohres hauptsächlich und zur Anlage von Reis- und Kaffeeplantagen geeignete Arbeitskräfte zu schaffen.
In kurzer Zeit erschienen tausende von Chinesen, die sogleich Arbeit fanden und bald fühlbar den Nutzen ihrer Einwanderung bewiesen. Der Muth der Plantagenbesitzer, der zeitweilig durch vollständigen Mangel an Arbeitern gesunken war, hob sich wieder sichtlich. Die Wiedererweckung des Unternehmungsgeistes wirkte belebend auf das ganze Land. Meliorationen, Wegebau, Verbesserungen der Verbindungsstrassen etc. brachten Leben und Treiben unter die Bevölkerung, und wie aus einem Traum erwacht erstand wieder reger Handel und Verkehr, und die Production des Landes nahm bald derart zu, dass man an eine Vergrösserung des Zollhauses, die Vervielfältigung der[S. 261] Werften, die Vermehrung der regelmässigen Verbindungsmittel der verschiedenen Inseln untereinander und mit den continentalen Ländern ernstlich denken musste.
Der Hafen von Honolulu wurde demnach gründlich vorgenommen und ist — wenn auch klein, sodoch — zur sichersten und bequemsten Einfahrt der Inseln des Stillen Oceans geworden.
Das „Comité für Emigranten“ bestand aus dem Minister des Innern Mr. Hutchison als Präsidenten, C. R. Bischop, C. C. Harris (später Minister der Finanzen), D. Kalakaua (späterem Könige des Reichs) und Dr. W. Hildebrand als Glieder derselben.
Infolge einer früheren Einladung der Königin Victoria von England entschloss sich die Königin-Wittwe Emma im Mai 1865, eine Reise über Amerika nach England zu unternehmen. Ihr Begleiter sollte der Minister des Innern Mr. Hopkins sein, an dessen Stelle der König M. W. F. Hutchison, einen Engländer von Geburt und Anti-Amerikaner im Princip ernannte.
Am 19. October 1865 starb der Minister der auswärtigen Angelegenheiten M. Wyllie im Alter von 67 Jahren nach einem dem Lande unvergesslich nützlichen und an Thaten reichen Leben. An seine Stelle wurde der bisherige Minister der Finanzen und Freund des Königs, de Varigny, und an dessen Stelle der bisherige Generalrechtsanwalt C. C. Harris als Minister der Finanzen und an dessen Stelle E. H. Phillips den 20. Dezember 1865 ernannt. Als Oberrichter blieb der frühere E. H. Allen, als erster Richter M. G. Robertson und als zweiter Richter H. A. Wiedemann.
Den 25. April 1866 eröffnete der König die legislative Versammlung und schilderte in seiner Rede seine Zuversicht auf die Zunahme des bedeutenden Progresses des Landes, drückte in derselben seine Freude über die progressive Zunahme des Handels im Reiche aus, betonte namentlich das wohlthuende Einverständniss, welches unter seinen Ministern bestehe, und sprach seine feste Hoffnung aus, dass auch die legislative Versammlung einig den erfreulichen Resultaten der Regierung beistimmen wird.
Zu bemerken wäre hier, dass im verflossenen Jahre der Export an Zucker 3 Millionen Dollar ergab, während 1860 derselbe nur 600,000 Dollar betrug.
Den 29. Mai 1866 starb die Schwester des Königs, die Thronfolgerin Victoria Kamamalú Kaahúmanú im Alter von 27 Jahren unverheirathet, daher kinderlos.
Die wichtigsten Angelegenheiten der legislativen Versammlung von 1866 waren 1) die Veränderungen in dem 1857 auf 10 Jahre mit Frankreich geschlossenen 1867 ablaufenden Handelsvertrag und 2) der Antrag eines Vertrages mit den Vereinigten Staaten, durch welchen entweder die freie Einfuhr des Hawaii’er Zuckers nach Californien und Oregon ermöglicht oder mindestens eine feste Steuer auf denselben, um den beständigen eventuellen Schwankungen des Zolltarifes zu entgehen, bezweckt werden sollte.
Die legislative Versammlung von 1866 stimmte sämmtlichen Anträgen der Regierung bei und accreditirte die Ministerien für die Ausführung der verschiedenen durch dieselben entstehenden Arbeiten und die Einführung dem Lande passender Arbeitskräfte. Sie erhöhte um Bedeutendes die Subventionen öffentlicher unentgeltlicher Erziehungsanstalten des Landes.
Den 27. meldete die Versammlung den Schluss ihrer Arbeiten, und den 28. vertagte der König dieselbe, in seiner Rede wiederum seine Freude und Zufriedenheit über die herrschende Einigkeit der Regierungsorgane des Landes kund gebend.
In Folge der Beschlüsse der legislativen Versammlung wurde der bevollmächtigte Agent des Königreichs in Washington Mr. Cooke beauftragt, die erforderlichen Schritte zur Abschliessung eines Vertrages mit den Vereinigten Staaten wie vorgehend erwähnt zu thun.
Den 20. October 1866 kehrte die Königin-Wittwe Emma von ihrer Reise glücklich wieder heim und wurde mit Jubel und mehrere Wochen dauernden Festlichkeiten empfangen, die noch glanzvoller für den Admiral Thatcher und die Offiziere des Admiralschiffs der Vereinigten Staaten,[S. 263] mit welchem die Königin-Wittwe zurückgekehrt war, veranstaltet wurden.
Der Aufenthalt dieses Kriegsschiffes zog sich jedoch so auffallend in die Länge, dass er den Anschein einer politischen Ueberwachung zu haben begann. Obgleich der Admiral sich sehr eingenommen für die Einrichtungen des Landes aussprach, sogar seinen zahlreichen Landsleuten der Opposition den Rath gab, den oppositionellen Geist aufzugeben und in Friede und Einigkeit und Hand in Hand mit der gegenwärtigen Regierung, die es so wohl mit dem Lande und ihnen meint, zu leben und zu wirken, und obgleich dieser Rath eine gewisse Wirkung auf jene hervorzubringen schien, blieb dennoch dem Lande das Gefühl des Unbehagens und Misstrauens.
Im Beginn des Jahres 1867 gab die Regierung der Vereinigten Staaten durch Cooke zu wissen, dass sie willig sei, einen gegenseitigen Handelsvertrag laut den Vorschlägen des Königreichs zu negotiiren und dass zum Abschlusse desselben ein von der Regierung des Königreiches speciell zu diesem Zweck accreditirter Agent erforderlich sei. Demzufolge wurde der Finanzminister M. C. C. Harris, mit einer Generalvollmacht versehen, abgesandt. Während seiner Abwesenheit trat der Generalrechtsanwalt Phillips in seine Stelle.
Harris und Cooke arbeiteten ein Projekt zu einem solchen Handelsvertrage aus, welches das Cabinet von Hawaii annahm, und auf Grundlage dessen die erforderlichen Schritte bei den Vereinigten Staaten gemacht werden sollten.
Das Cabinet der Vereinigten Staaten empfing das Projekt und übergab es zur Prüfung dem Comité für ausländische Angelegenheiten, von welchem es alsdann zur Begutachtung dem Senat vorgelegt werden sollte.
Den 6. März 1867 legte der König den Eckstein zur anglikanischen Cathedrale („Protestant Episcopal-“ oder „Reformed catholic church“).
Den 12. März 1867 starb G. M. Robertson, erster Richter des Obergerichtes, das Haupt der Justizbehörde und[S. 264] einer der tüchtigsten Juristen des Landes, und an seiner Stelle wurde seinem Wunsche gemäss A. S. Hartwell, ein Amerikaner aus Massachusetts, ernannt.
Im August des Jahres traf der von den Vereinigten Staaten festgestellte Inhalt des Handelsvertrages ein und zum Beschlusse desselben berief der König zum 1. September 1867 eine ausserordentliche legislative Versammlung.
Während dieser Zeit war ein Kriegsschiff der Vereinigten Staaten, die „Lacka-Wana,“ vor Honolulu erschienen und zwar unter Commando des Capitän Reynold, der 10 Jahre früher im Inselreiche gelebt hatte, die Verhältnisse des Landes und die Landessprache genau kannte, im Lande allgemein bekannt war und viele Freunde und freundschaftliche Beziehungen im Inselreiche besass und der zur Zeit Kamehámehás IV. einer der eifrigsten Befürworter einer Cedirung des Königreichs an die Vereinigten Staaten gewesen und schon damals einen bedeutenden Einfluss in dieser Sache im Lande ausübte und auch jetzt gleich nach seiner Ankunft seinen Wunsch offen kundgab, dass dieses Projekt einmal erfüllt werde.
Sein ganzes Benehmen, seine vielseitig gestellten Fragen, seine Bemerkungen deuteten klar darauf hin, dass er in einer bestimmten Mission hergesandt worden sei. Diese Vermuthung wurde derart gesteigert, dass die Regierung unumwunden eine offizielle Anfrage bei den Verein. Staaten in Washington machte und um Erklärung bat.
Die Antwort hierauf war eine unbestimmte, unklare und höchst zweideutige seitens der Regierung der Verein. Staaten. Zur selbigen Zeit trafen, gleichwie eine Annexion der Inseln durch die Verein. Staaten befürchtend, und um das auffällige Treiben der „Lacka-Wana“ zu beobachten, ein englisches und zugleich auch ein französisches Kriegsschiff im Hafen von Honolulu ein, und wieder musste das kleine strebsame Inselreich die Rolle eines fetten Hammels, umgeben von gefrässigen Geiern, spielen.
Ob infolge dieser letztbenannten Kriegsschiffe, oder infolge der unumwundenen Anfrage der Regierung von[S. 265] Hawaii — erhielt unerwartet plötzlich die „Lacka-Wana“ den Befehl, nach San-Franzisco zurückzukehren.
Den 1. September 1867 eröffnete der König die ausserordentliche legislative Versammlung, die den ihr vorgelegten Handelsvertrag der Verein. Staaten annahm und vom Könige ratificirt wurde. Vom Finanzminister wurde der Versammlung zugleich auch ein neues Steuerprojekt vorgelegt, welches die durch den mit den Verein. Staaten abzuschliessenden Vertrag entstehenden Verringerungen der Einnahmen, ohne dem Lande zu schaden, ausgleichen soll. Das Projekt wurde einstimmig angenommen. Nachdem die legislative Versammlung ihre Vollmacht zum Abschluss des erwähnten Vertrages dem Minister ertheilt und ihn ersucht hatte, den Abschluss zu beschleunigen, vertagte der König die Versammlung bis zur ordinären Sitzung derselben.
Umgehend wurden die erforderlichen Schritte nach Washington gemacht und höchst unerwartet traf man daselbst wieder Schwierigkeiten zum endlichen Abschluss des Vertrages, indem die ganze Sache daselbst unter die unerledigten Vorlagen wanderte, weil der Präsident des Comités der äusseren Angelegenheiten und die Südstaaten der Verein. Staaten plötzlich gegen den Vertrag waren.
Den 18. April 1868 wollte der König die ordinäre Sitzung der legislativen Versammlung mit einer Rede eröffnen, in der er seine Befriedigung über die endliche Abfahrt der „Lacka-Wana“, seine Freude über den erfreulichen Progress des Exportes des Königreiches laut den Aufnahmen des Zollamtes, den günstigen Stand des Staatsschatzes und den hoffnungsvollen Zustand fortschrittlicher Entwicklung des Königreiches ausdrücken, doch kam er weder zu dieser Rede noch zur persönlichen Eröffnung der legislativen Versammlung, da den 29. März 1868 er die Trauerbotschaft erhielt, dass der Mauna-Loa den 27. in eine überraschend heftige Eruption seines 4477 Meter hohen von Kaiwahae 25 engl. Meilen entfernten Gipfelkraters — des Mokuaweowá, der seit 1855 in vollständiger Ruhe gewesen, gerathen, und dass allem Anscheine nach diese Eruption sich zu einer gewaltigen auszubilden scheine.
Den 2. April war der Ausbruch ein so gewaltiger, dass in Honolulu sogar das Erdröhnen zu fühlen und ein gewaltiges unterirdisches Donnern zu hören war. In der Richtung der Insel Hawaii war der Himmel mit Dampfwolken bedeckt, die Sonne durch dieselben in feuerrother Färbung, und über Honolulu, ungeachtet der grossen Entfernung, fiel feiner, jedoch dichter Lavastaub.
Die ernsten Zeichen einer gewaltigen Eruption des Mauna-Lóa veranlassten den König sofort, sein Concilium zu versammeln, um Beschlüsse und Massregeln zum Schutz und zur Hülfe der Bewohner der Insel Hawaii zu treffen, worauf der König in Begleitung des Ministers des Aeussern und seines Adjutanten sich mit Geld, Lebensmitteln und Kleidungen nach Hawaii resp. Hilo auf dem im Mai 1860 von der Regierung gekauften Schraubendampfer „Kilauea“ sich begab.
Ausser dem Krater Mokuaweowá erhob sich mit Erdbeben und gewaltiger Vernichtungskraft ein neuer Krater in der unmittelbaren Nähe von Waiöhíno am sogenannten „Páli“ am Abhange des Manuâla, 26 englische Meilen von Hilo entfernt.
Die Eruption dieses Jahres war an Verlust an Leben und Eigenthum laut traditioneller Berichte die gewaltigste und umfangreichste des Inselreiches. Sie begann, wie schon gesagt, den 27. März mit heftigen, kurzweiligen, jedoch vielseitigen Dampfausstossungen. Den 28. folgte starkes Erdbeben mit sich wiederholendem unterirdischen Donner und Rollen, welches in Intervallen von ca. 1 Minute allen Inseln fühlbar wurde. Im Distrikt Kóa der Insel Hawaii sollen bis 300 Erdstösse am Tage gezählt worden sein. Die Umgebung des Kilauea-Kraterbeckens war in beständiger Bewegung und Glühungen bildend. Den 2. April um 4 Uhr ca. um die Zeit, als der König bei höchst aufgeregter See um Hawaii zu Hülfe zu eilen, Honolulu verliess, fand die gewaltigste Erdröhnung statt, die namentlich im Distrikte Kaua verwüstend gewirkt, indem alle Kirchen, die gemauerten Gebäude und Mauerwerke im Allgemeinen zertrümmert wurden. Der Boden schwankte hin und her; die Bewegung[S. 267] desselben war anfänglich von Norden nach Süden, später wechselnd von Osten nach Westen, und schloss seine Bewegung — gleichsam durch einen Wirbel gezogen — den Boden drehend, hebend und senkend, um Alles, was in die Bewegung gefasst, in wenigen Minuten zu vernichten. Bäume wurden später gefunden, die mit ihren Wurzeln aus der Erde förmlich geschraubt worden waren. Während dieses gewaltig wirbelnden Erdbebens erhob sich in Kapapála d. h. im südlichen Theile des Distriktes Kóa, ca. 15 englische Meilen vom Kilauea eine heisse Masse von Koth und Wasser, die das üppige Thal überströmend und ca. 3 Quadratmeilen verwüstend und 31 Menschen und ca. 1000 Stück Thiere als Rindvieh, Pferde, Ziegen tödtend mit einer Geschwindigkeit von ca. 1 Meile die Minute in den Ocean sich ergoss. Diesen kurzweiligen Auswurf von glühendem Koth und heissem Wasser folgte merkwürdigerweise und zwar ohne allmäligen Uebergang plötzlich aus derselben Oeffnung, mit derselben Vehemenz reines, kaltes Wasser.
Den 7. April öffnete sich eine neue und gewaltige Spalte am westlichen Abhange des Mauna-Lóa, die mit einem mächtigen Lavaauswurf den westlichen Theil und das üppige, grasreiche Plateau von Kahukú überströmend, sich in den Ocean stauend ergoss. Am selbigen Tage öffnete sich noch ein neuer Krater, einige Meilen unterhalb des ersteren, die Ebene von Kahukú vollständig überschüttend, indem kein Haus, kein Baum, kein lebendes Geschöpf Rettung vor der gewaltig niederströmenden Lavamasse fand, die sich im südlichen Theile der Insel in den Ocean ergoss und daselbst eine circa 1 Meile vom Ufer entfernte konisch geformte Insel mit dem Lande — einen Damm bildend — vereinigte.
Die vorhin erwähnte Masse von glühendem Koth und Wasser enthielt weder Scorium noch Lava, nur cementartigen Thon, und die Quelle existirt noch gegenwärtig, und ihr Wasser enthält gar keine mineralischen Bestandtheile.
In Hilo hatte das Erdbeben bedeutende Schäden verursacht; das Zollhaus, die neue katholische Kirche und viele Wohnhäuser waren nahezu Ruinen geworden, und[S. 268] jetzt noch zeigt die Stadt die deutlichsten Spuren der gewaltigen Wirkung des Erdbebens von 1868 und kann von Glück reden, durch die Ausströmungen des in seiner Nähe neu gebildeten Kraters nicht vollständig vernichtet worden zu sein.
Rührende Scenen der Dankbarkeit sollen auf der Insel Hawaii stattgefunden haben, als der König der grössten Gefahr mit selbstverleugnendem Muthe, mit herzlicher Theilnahme und gründlicher Hülfe erschien.
Als er nach Honolulu zurückgekehrt, empfing ihn das Volk und die Bevölkerung von Oahú an der Werfte mit Jubel und dem Ausdrucke der Anerkennung und des Dankes.
Die legislative Versammlung fand er laut seiner Genehmigung bereits eröffnet und in vollster Arbeit. Sogleich liess er der Versammlung ein Projekt vorlegen, um die Entschädigungen der Verunglückten der Insel Hawaii festzustellen, was von der Versammlung sofort acceptirt wurde, sodass schon den folgenden Tag die für den Augenblick erforderlichen Kleidungsstücke, Nahrungs- und Geldmittel für die Obdachlosen durch einen Dampfer nach Hawaii geschickt werden konnten.
Der Gesammtprivatschaden, ungerechnet der des Landes und die vielen Menschenleben, soll 30,000 Dollar betragen haben.
Unter den wichtigsten Vorlagen der legislativen Versammlung von 1868 war unter anderen die der Bewilligung einer Subvention zur Erlangung einer direkten, constanten und regelmässigen Dampferverbindung zwischen Honolulu und San Francisco und vice versa, da bisher nur eine unregelmässige Segelschiffverbindung stattfand.
Diese Vorlage wurde trotz kräftig entgegenstrebender Opposition durch eine Majorität angenommen und der Maximalbetrag der Subvention festgestellt.
Den 15. Juli 1868 vertagte der König die Versammlung und ertheilte nach Schluss derselben dem Minister des Aeussern de Varigny einen Urlaub auf ein Jahr nach Frankreich und ernannte als seinen Stellvertreter den General[S. 269]rechtsanwalt Phillips, der zugleich in seinem bisherigen Amte verblieb.
Den 4. August starb plötzlich im Alter von 75 Jahren der noch auffallend rüstige Vater des Königs, der „Kuïnanui“ M. Kekuanaoa.
Im Jahre 1869 sollten das Inselreich nicht nur die vulkanischen Umtriebe beunruhigen, sondern auch die des religiösen Wahnes.
Ein fanatisch religiöser Mann des Distrikts Kóna, dessen Name Kaóna, glaubte ein Prophet und Abgesandter Gottes zu sein. Er war ein Mann — nach Hawaii’schen Verhältnissen — von gründlicher Bildung, verstand mit Begeisterung zu predigen und sich in kürzester Zeit einen bedeutenden Anhang zu verschaffen. Die Reden des Mannes wurden jedoch derart excentrisch, dass die — obgleich sehr freisinnige — Regierung gezwungen war, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe wegen einzuschreiten, demzufolge Kaóna arretirt und der Irrenanstalt übergeben wurde. Diese aber entliess ihn in kurzer Zeit, da er laut dem Zeugniss des Arztes, der Bestätigung der Beamten der Anstalt sich ruhig und geordnet verhalten und in keiner Weise Zeichen des Irrsinns entwickelt hatte. Im Frühjahr 1870 wieder in Freiheit gesetzt, kehrte er sofort in den Distrikt von Kóna zurück. Er sammelte circa 100 Anhänger, pachtete ein Stück Land von dem ausländischen Besitzer desselben und liess sich daselbst mit seinen Anhängern Ackerbau treibend und predigend nieder.
Seine Predigten hatten einen derartig aufregenden Einfluss auf die Bevölkerung, dass der Sherif Mr. Neville einschreiten musste. Mit einer Abtheilung Polizei und einer formellen Ordre des Magistrats begab er sich zur Ansiedelung, um die Inwohner zu arretiren. Die Ansiedler stellten sich zur Gegenwehr, Neville wurde durch einen auf ihn geschleuderten Stein getödtet, und es entstand eine vollständige Rebellion, die die Sendung von Truppen nach Hawaii zur Folge hatte. Bis die Truppen die Insel Hawaii erreichten, fand noch ein zweites Scharmützel statt, in welchem der Constabler Komoï getödtet wurde. Diesem[S. 270] Scharmützel zur Folge sammelte sich eine Schaar Ausländer und Eingeborene, die gegen die Rebellen bewaffnet zogen, und bevor die Truppen noch gelandet waren, Kaóna und seine Bande umzingelte und gefangen nahm. Das Bezirksgericht von Hilo verurtheilte im selbigen Frühjahr Kaóna und 4 seiner Hauptgenossen zu 5–10 Jahren Zwangsarbeit, die übrigen wurden freigesprochen.
Den 21. Juli 1869 traf der Herzog Alfred Ernst von Edinburg als Commandor der Fregatte „Galathea“ von Tahiti kommend und über Japan nach Ostindien gehend vor Honolulu ein. Er hatte nämlich seinen Besuch der Königin-Wittwe Emma in London versprochen, daher sein baldiges Kommen dem König bekannt war und glanzvolle Vorbereitungen zu seinem Empfange beizeiten gemacht werden konnten.
Den 22. landete der Herzog unter dem Donner der Kanonen sämmtlicher im Hafen liegenden Schiffe und der alten Geschütze des „Punch Bowl-hill“.
Er sprach über den Anblick von Honolulu sein Erstaunen aus, da es ihm kaum glaublich erschien, dass das die Hauptstadt desselben Inselreiches sei, wo Cook vor nur 90 Jahren, d. h. 1779 das Inselreich besuchend, damals von fast vollständig nackten Wilden empfangen wurde, nunmehr dies eine der lieblichst gelegenen Städte der civilisirten Welt mit ihrem eigenthümlichen nationalen Anstrich, schmucken Gebäuden, Kirchthürmen, Gärten, Esplanaden, Villen, so rein gehaltenen, gut makadamisirten Strassen, einer gut gekleideten, wohl und freundlich aussehenden Masse einer höflichen christlichen Bevölkerung sei. Sein Erstaunen soll ein so bedeutendes gewesen sein, dass es Zeit brauchte, ehe er den Eindruck desselben bemeistern konnte, um in Worten seine Ueberraschung klar auszudrücken.
Während 12 Tagen wurde jeder Wunsch des so liebenswürdigen, nunmehr verstorbenen Herzogs erfüllt. 12 Tage hindurch fanden Zerstreuungen, nationale Vergnügungen, Vorstellungen alter und noch bestehender Gewohnheiten der Nation als z. B. die nächtlichen „hula’s“ (Tänze) und[S. 271] „méle’s“ (Gesänge) in ununterbrochenem Wechsel statt. Namentlich war es die liebenswürdige Mrs. Dominis, die Schwester des jetzigen Königs, die Alles aufbot, um den hohen königlichen Besuch in allen Beziehungen zu befriedigen.
Sichtlich erbaut von seinem Aufenthalte verliess der Herzog das ihm — wie er sich aussprach — unvergessliche Inselreich, wo er so gastfreundschaftlich empfangen und gern noch länger geweilt hätte, den 2. August, nach Japan seine Reise fortsetzend.
Da de Varigny seinen Abschied eingereicht hatte, wurde zum Minister des Aeussern M. Harris und an dessen Stelle als Minister der Finanzen J. M. Schmidt, der längere Zeit ein Glied der Repräsentativen-Kammer gewesen war, ernannt.
Das Jahr 1870 war sonst ohne bemerkenswerthe Vorfälle, es sei denn die wachsende Unruhe der Opposition im amerikanischen Stile, die wühlend und intriguirend unter der Zahl der dem vernünftigen und ruhigen Elemente des Landes Angehörigen ein Gefühl von unbehaglicher Schwüle gleichwie das vorm Ausbruch eines gewaltigen Gewitters unwillkürlich erweckte, zu erwähnen.
Dass ein baldiger Ausbruch der Gefühle der Opposition stattfinden würde, zeigte sich in der Regierung selbst, indem die seither so vortheilhaft wirkende, auch dem Könige zur Regierung des Landes so erforderliche Einigkeit der Minister zu schwinden begann und hierdurch der amerikanische Einfluss der Opposition — um die Frage einer Abtretung des Königreiches oder die Anschliessung desselben an die Vereinigten Staaten wieder ins Leben zu rufen — in die Handlungen der Regierung tendenziös einzudringen verstand. Diese unglückselige Idee, welche die einer Minorität des Landes ist, wird demungeachtet, befürchte ich, doch einmal das kleine durch seine isolirte Lage, durch seine intelligente Nation und fruchtbaren Boden zur Selbstständigkeit geeignete Königreich dem Zwecke dieser gewinnsüchtigen, durch ihr Capital gekräftigten Minorität seine Selbstständigkeit opfern müssen.
Die Sitzung der legislativen Versammlung im April 1870 verlief wie gesagt ruhig, jedoch mit dem Zeichen unerwartet eintretender Eventualitäten. Die Eröffnungsrede des Königs war eine Zufriedenheit erweckende. Er drückte seine Freude aus über die, Dank der legislativen Versammlung in ihrer letzten Sitzung genehmigte Subvention, durch welche eine reguläre Verbindung des Inselreiches mit Californien, Australien, Neuseeland und den Fidgi-Inseln ermöglicht worden ist. Er empfahl der Versammlung die Annahme der Vorlage des den „habeus corpus“ betreffenden Gesetzes und sprach seine Hoffnung aus, dass die legislative und die executive Gewalt des Staates in unveränderter Eintracht verbleiben werde. Die Vorlage des „habeus corpus“-Gesetzes wurde von der Versammlung angenommen.
Den 19. April 1870 eröffnete der brittische Dampfer „Wagga-Wagga“ die regelmässige Verbindung von Sydny via Auckland (Neuseeland) über Honolulu nach San Francisco und vice versa, abwechselnd auch vor Levuka (Fidgi-Inseln) haltend.
Die Linie hatte zu jener Zeit 3 Dampfer zu diesem Zweck, den „Wagga-Wagga“, die „City of Melbourne“, „City of Adelaide“ und jetzt noch die „City of Sidney.“
Diese Eröffnung einer regelmässigen Verbindung Honolulus mit Amerika und Australien brachte neues Leben den Inseln, hob bedeutend den Handel und die Produktionsfähigkeit, vermehrte die Einnahmen des Landes, steigerte und erleichterte jedoch auch den gefährlichen Einfluss der amerikanischen Partei und schmuggelte in das Land — und zwar in grossem Massstabe — den betäubenden und demoralisirenden Schwindel der Vereinigten Staaten und Australiens.
Den 22. September 1870 heirathete die Schwester des jetzigen Königs, die Miram Likelike, den Kaufmann A. Scott Cleghorn.
Im Jahre 1871, beeinflusst durch die amerikanische Partei, reichten Harris und Shmidt ihre Demissionen ein, und der König ernannte den bisherigen Minister des Innern Hutschison an Stelle des Mr. Harris als Minister des Aeussern mit dem Auftrage ein neues Cabinet zu bilden.
Sämmtliche Minister wurden von ihm wieder gewählt mit Ausnahme von Smidt, an dessen Stelle Stirling, ein englischer Ingenieur als Finanzminister gewählt wurde.
Den 17. April 1871 eröffnete mit dem Dampfer „Nevada“ die Linie „U. S. New-Zealand and Australian Steamship line“ den regelmässigen Verkehr von San Francisco via Honolulu über Auckland (Neuseeland) nach Sidney und vice versa. Die Flotte dieser Linie bestand zu der Zeit aus 3 Dampfern, „Nevada“, „Nebrasca“, „Dacota“ und gegenwärtig noch „Zealandia“.
Die Sitzung der legislativen Versammlung von 1872, welche ruhig und ohne bedeutsame Vorfälle verlief, sollte die letzte Versammlung sein, die der König Kamehámehá V. eröffnete.
Obgleich frisch und gesund, starb er plötzlich den 11. November 1872 im Alter von 43 Jahren. Die Ursache seines Todes blieb ein Geheimniss. Die mannigfaltigsten Muthmassungen coursirten im Land; doch, wo kein Beweis, da ist kein Urtheil; daher sei hierüber geschwiegen. Mit ihm starb die männliche Dynastie Kamehámehás I. aus, und von der weiblichen blieb nur noch die Prinzessin Ruth Keelikoláni, die kinderlos war. Der Thron blieb unbesetzt, da der König, einen so raschen Tod nicht voraussehend, dokumentarisch keinen Thronfolger ernannt hatte.
Sofort nach dem Tode des Königs wurde die legislative Versammlung berufen, die von den 4 zur Thronfolge proponirten Candidaten nur über 2 derselben ballotirte und das namentlich über den Prinz Lúna-lílo und David Kalakaua. Ueber die Königin-Wittwe Emma, die, obgleich beliebt und von Jedermann ihrer Herzensgüte und Wohlthätigkeit wegen geliebt war, und obgleich sie sich unter den vier Candidaten befand, wurde unter der Befürchtung, dass sie möglicherweise einen Ausländer heirathen könnte, nicht ballotirt. Aus ebendemselben Grunde, da sie an einen Ausländer verheirathet war, kam die Tochter des verstorbenen Oberhäuptlings Pakí, die Mrs. Bishop, trotz ihres hochgeachteten Charakters nicht zur Wahl.
Der Prinz William Lúna-lílo war ein Vetter des ver[S. 274]storbenen Königs mütterlicherseits, geboren 1839, ein überaus leichtsinniger Charakter. Er hatte sein Vermögen verprasst, war aber schön, liebenswürdig und bei den Ausländern, namentlich den Frauen derselben, sehr beliebt.
David Kalakaua, Sohn des Oberhäuptlings Kapaákéa und der Kéohókalóle, war sehr beliebt, von tadellosem Betragen, leutselig und überaus populär.
Die Verwandtschaft mit dem verstorbenen König gab einerseits Lúna-lilo den Vorzug, anderseits stimmte die Opposition für ihn, da sie hofften, dass sie seinen schwachen, leichtsinnigen, bis dahin sehr wankelmüthigen Charakter beherrschen und allmälig die Leitung der Regierung vollständig in ihre Hände bringen würde. Demnach wurde den 8. Januar 1873 Lúna-lilo mit einer nur geringen Majorität von Stimmen als König gewählt und proklamirt.
Die Minister reichten — wie bei einem Thronwechsel üblich — ihre Demission ein, die der König mit Ausnahme der des Finanzministers Stirling, der in seinem Amte verblieb, annahm. Er ernannte als Minister des Aeussern den Banquier M. R. Bishop, der ein Amerikaner im Prinzip, ein tüchtiger Geschäftsmann, ein liebenswürdiger Gentleman, jedoch von sehr geringer politischer Begabung war; als Minister des Innern M. Hall, ein eingefleischter Amerikaner und treu der Tendenz der amerikanischen Missionäre, nämlich der der Vereinigung des Reiches mit den Vereinigten Staaten; als Generalrechtsanwalt und Kanzler des Reiches den Sohn Dr. Judds, A. F. Judd, ebenfalls ein eingefleischter Amerikaner.
Die Wahl war die der Opposition, und doch war diese mit jener nicht zufrieden, da die Gewählten — obgleich zumeist eingefleischte Amerikaner, — doch gewissenhafte Männer waren und den Vortheil des Landes und der Nation mehr als die Speculationen der Glieder der Opposition ins Auge fassten.
Das Resultat dieser Wahl und der bekanntlich leichtsinnige Charakter des Königs veranlassten die Regierung der Vereinigten Staaten im festen Glauben, den günstigsten Moment erreicht zu haben, sich — wenn auch nicht sofort[S. 275] das Inselreich zu annektiren — so doch vorderhand in demselben festzusetzen, um alsdann allmälig die Annexion zu ermöglichen. Die Regierung der Vereinigten Staaten schlug nämlich der von Hawaii vor, ihr zu gestatten, eine Kohlenniederlage resp. eine Marinestation an der Mündung des Perle-Flusses, circa 14 Meilen von Honolulu entfernt, zu gründen. Zu diesem Zweck sollte die Regierung von Hawaii den Vereinigten Staaten die dazu erforderliche Strecke Landes für ewige Zeiten cediren und den Vereinigten Staaten das ausdrückliche Recht einräumen, auf diesem Gebiete Häuser zu bauen und einen permanenten Direktor zu ernennen, der, unabhängig von der Regierung des Königs, als Beamter der Vereinigten Staaten fungiren sollte. Als Aequivalent für diese Gewähr würden die Vereinigten Staaten dem Königreich von Hawaii für ewige Zeiten die zollfreie Einfuhr der Produkte des Inselreiches in das gegenwärtige und zukünftige Territorium der Vereinigten Staaten von Nordamerika garantiren.
Dieser verlockende Vorschlag wurde von den Plantagenbesitzern ausländischer Race und von den Gliedern der Opposition im Allgemeinen mit Jubel aufgenommen. Der Kern der Bevölkerung jedoch, sogar viele Ausländer, die im Inselreiche lebten und das Interesse des Landes zu dem ihrigen gemacht hatten, verwarfen sofort mit Eifer diese schlaue Proposition einen kleinen Staat im Staate zu bilden, wodurch die Selbstständigkeit und die Erhaltung des nationalen Charakters des Inselreichs, bedroht wurde.
Der König, trotz seines Leichtsinnes, seiner Wankelmüthigkeit und des Gelüstes nach materiellem Wohlstande, war jedoch ein zu guter Patriot und achtete seinen Nachruf als König zu sehr, um diesem Vorschlage Gehör zu geben, und, unterstützt von seinen Ministern, schlug er höflichst am 20. Januar 1874 den Vorschlag der Vereinigten Staaten mit der Bemerkung ab, dass die Annahme dieses Vorschlages nie und nimmer in der sich im April des Jahres versammelnden Legislatur durchzusetzen möglich sein werde, da eine bedeutende Majorität, sogar ein Theil der Opposition gegen denselben stimmen, und dass er, der[S. 276] König, im Falle die legislative Versammlung den Vorschlag auch annähme, nie demselben seine Zustimmung geben wird.
Somit war wieder das Land von einem schlau geführten Versuche die Selbstständigkeit desselben zu vernichten, gerettet worden.
Den 3. Februar 1874 starb plötzlich, gleichsam zur Strafe seiner zum Wohle des Landes bewiesenen Selbstständigkeit, der König Lúnalilo kinderlos, jedoch kräftig und gesund in seinem 39. Lebensjahre. Sein schmuckes Mausoleum befindet sich im Hofraum der Kawaiahae-Kirche.
König Kalakaua und sein Wirken.
Den 12. Februar 1874 erwählte die versammelte Legislatur zum grossen Missvergnügen der Königin-Wittwe Emma die stark auf den Thron rechnete und eine bedeutende Partei für sich hatte, mit grosser Majorität der Stimmen David Kalakaua zum Könige, mit welchem die Dynastie Kamehámehás als erloschen, und die Kalakauas als beginnend zu betrachten ist.
König Kalakaua war geboren 1836 den 16. November auf der Insel Kauai. Die Glieder seiner Familie bestanden zu dieser Zeit aus:
seiner Frau, der Königin Kapioláni, geb. den 31. Dezember 1834,
seiner Schwester Lydia Kamákaehá, geb. den 2. September 1838,
seiner Schwester Miriam Líkelíke, geb. den 13. Januar 1851, verheirathet an den Banquier A. Scott Cleghorn den 22. September 1870,
der Schwester der Königin, Poómaikiláni,
der Schwester der Königin, der Prinzess Kekaulíki.
Die noch lebenden direkten und indirekten Nachkommen Kamehámehás I. waren zu der Zeit:
die Prinzess Ruth Keelíkoláni, geb. den 9. Februar 1818, eine Schwester der Könige Kamehámehás IV. und V. und die Königin-Wittwe Emma, geb. den 2. Januar 1836, vermählt mit dem König Kamehámehá IV. den 19. Juni 1856.
Der Regierungsantritt des Königs Kalakaua begann mit einem Aufstand der bewaffneten Partei der Königin-Wittwe Emma. Das Rathhaus („court house“) wurde von den Rebellen erstürmt, die Fenster und das Mobiliar desselben zertrümmert und ein Mitglied der legislativen Versammlung, welches die Masse beruhigen wollte, verwundet.
Dieser Aufruhr hätte unzweifelhaft eine höchst tragische, für das aufblühende Reich ernste Wendung nehmen können, da ein grosser Theil der kleinen Armee des Reiches, namentlich die durch Subscription besoldete Compagnie der „Honolulu-Rifles“ unter den Aufständischen sich befanden.
Die zufällige Gegenwart von 4 Kriegsschiffen, von denen 2 den Vereinigten Staaten und 2 der britischen Regierung gehörten, sowie die kaltblütige Ruhe und Besonnenheit des Königs und der Minister hemmten sofort die Verbreitung des Aufstandes, und nach 2tägigem Lärmen war Honolulu wieder in seiner gewöhnlichen friedlichen Ruhe.
Die erste Handlung des Königs bestand in der Ernennung seiner Minister, da die bisherigen — wie nach dem Tode eines Königs Gesetz war — ihre Demission eingereicht hatten.
Die Wahl dieser, sowie anderer hoher Beamten war folgende:
Als Premier und Minister des Aeussern J. M. Kapéna, eine seinem Vaterlande und Könige ergebene Persönlichkeit, ein Mann von Energie und wissenschaftlicher Bildung mit gefühlvollem Herzen und edelmüthiger Gerechtigkeit. Es lag in dieser weisen Wahl das Vorgefühl des Königs, in Kapéna eine gediegene Stütze zur Ausführung seiner grossen Pläne, zur glanzvollen Vollendung[S. 278] und Regelung der von seinen tüchtigen Vorgängern angebahnten Organisation des Landes, gefunden zu haben.
Als Minister des Innern H. A. Wiedemann, ein Deutscher von Herkunft, Kaufmann und Plantagenbesitzer, langjähriges Mitglied des „Privy Council“ und ein Mann, der die Verhältnisse des Landes genau kannte, durch seine Stellung in demselben mit den Interessen der Nation verwachsen war.
Als Minister der Finanzen S. K. Kaáï, ein Mann, der im Reiche von allen Nationalitäten geachtet, mit einem ausserordentlich klaren Verwaltungstalente begabt und seinem Vaterlande und dem König aus vollem Herzen ergeben war.
Als Generalrechtsanwalt A. S. Hartwell, der bisher als erster Richteradjunkt der „Supreme court“ höchst thätig gewesen und eine als Jurist und als Mensch allgemein geachtete Stellung eingenommen hatte.
Als Kanzler und Oberrichter der „Supreme court“ wurde E. H. Allen, der bisherige, wiedergewählt. Er war, Dank seiner Thätigkeit und Verdienste, während der ganzen Entwicklungsgeschichte des Königreiches eine allgemein geachtete und einflussreiche Persönlichkeit.
Als Vice-Kanzler und erster Richteradjunkt der „Supreme court“ C. C. Harris, ein überaus tüchtiger Jurist der Universität Harward; er war 25 Jahre schon im Lande und daher bekannt mit Land, Volk und Sitte. In das Land kommend, fungirte er erst als Privatrechtsanwalt, später bekleidete er unter verschiedenen Regierungen des Inselreiches das Amt des Staatsprosecutors, verschiedene Ministerien und andere Aemter mit Geschick.
Als Vice-Kanzler und zweiter Richteradjunkt der „Supreme court“ wurde der bisherige Generalrechtsanwalt A. F. Judd ernannt, der ein Sohn des im Reiche wegen seiner manigfaltigen Thätigkeit als Minister und Leiter der Interessen des Landes — während der Entwicklungszeit desselben — hochverdienten Doctors Geritt P. Judd war.
Als Generalpostmeister wurde A. P. Brickwood wieder ernannt.
Als General-Collector wurde W. F. Allen wieder ernannt.
In Folge des Aufruhrs löste der König im März des Jahres 1874 die im Jahre 1857 an Stelle der 1850 organisirten „Hawaiian-Guard“ creirten Compagnie der „Honolulu Rifles“ auf und formirte aus im Lande gebürtigen Hawaii’ern die Compagnie „A“ der „Hawaiian-Guard“ und schuf eine neue Compagnie unter dem Namen „Prince’s-own“, die ebenfalls ausschliesslich aus im Lande gebürtigen Hawaiiern bestehen sollte. Er reorganisirte die 1859 formirte Cavallerie-Compagnie, die sogenannte „Leéleïóhúku-Guard“ und legte sich eifrigst auf das Eindrillen und Discipliniren der kleinen Truppen.
Die legislative Versammlung von 1874 eröffnete der König mit einer Rede, in der er klar und bestimmt seine Tendenz zur weiteren Entwickelung des Landes in einer unübertrieben fortschrittlichen Art auseinandersetzte. Er hob hervor, dass er fest darauf rechne, dass die Repräsentativen des Volkes, gleichwie seine Minister und die Leiter seiner Behörden ihm zur Entwicklung des industriellen Wohlstandes des Landes laut den Bedürfnissen der Bevölkerung hülfreich zur Hand gehen werden, da er der festen Ueberzeugung sei, dass sie, gleich wie er, auch der Ansicht sind, dass der Hauptzweck einer Regierung darin liegen muss, das Land und die nationale Bevölkerung desselben zu entwickeln und zu heben, und nicht blos darin liegt, das Interesse der Fremden im Lande und ihre speculativen Unternehmungen zu berücksichtigen, indem durch die Entwickelung des Landes und der nationalen Bevölkerung auch die Vortheile der Fremden und deren speculativen Unternehmungen unwillkürlich zunehmend erblühen müssen.
Während der Session der Versammlung wurden mehrere vom Könige vorgeschlagene Meliorationsmassregeln angenommen und zum Gesetz erhoben. Dem Staatsmuseum zu seiner Uebersiedelung in das neue ihm zur Disposition ge[S. 280]stellte Lokal in der „Alioláni“-Halle zur gründlichen Einrichtung desselben 1000 Dollar bewilligt. Das bisherige Bezirksgericht der Insel Oahú wurde aufgehoben und dieses juristische Amt einem der Richter der „Supreme court“ übertragen, wodurch eine nicht unbedeutende Ersparniss dem Lande erwuchs. Die Ursache zu diesem Schritt war, dass die „Supreme court“ oft in Honolulu Sitzungen hielt, da es ihr leicht wurde, das Amt des benannten Bezirksgerichtes mit demselben zu vereinigen.
Bisher war das Reich in 4 juridische Bezirke getheilt: Der erste war der der Insel Oahú, der zweite der der Insel Maui, Molokai, Lanaï und Kahóóláwe, der dritte der der Insel Hawaii und der vierte der der Insel Kauai und Nihau. Der zweite Bezirk hielt seine Sitzung jeden ersten Dienstag des Monats Dezember in Wailuka und jeden ersten Dienstag des Juni in Lahaïna, der dritte jeden ersten Dienstag des Mai in Hilo und jeden ersten Dienstag des November in Waiméa, der vierte Bezirk jeden ersten Dienstag des Februar und jeden ersten Dienstag des August in Navillivilli.
Die Sitzungen der Bezirksgerichte werden von einem der Richter der „Supreme court“ assistirt und von mindestens 1 Bezirksrichter präsidirt und dürfen nicht die Dauer von 14 Tagen überschreiten, indem die in dieser Zeit nicht erledigten Sachen für die nächste Sitzung ad acta gelegt werden.
Im Jahre 1875 wurde die „Hawaiian Artillerie-Compagnie“ organisirt.
Den 16. Oktober wurde die Prinzessin Victoria Kawekiú-Kaiuláni-Lunalílo-Kaláninuiáhilápa, die Tochter der zweiten Schwester des Königs, der Miram Likelike Cleghorn, geboren.
1876 wurde die Compagnie „B“ der „Hawaiian-Guard“ organisirt; letztere bestand demnach aus 2 Compagnien „A“ und „B“, deren Major C. F. Gulik, Capitän „A“ F. Wundenberg, Capitän „B“ C. B. Wilson waren.
Während der legislativen Versammlung des Jahres 1876 wurde ein Vertrag mit den Vereinigten Staaten, die gegen[S. 281]seitige zollfreie Einfuhr gewisser Landesprodukte der beiden Staaten angenommen und vom König genehmigt. Dies Uebereinkommen, welches seit vielen Jahren das Bestreben der Monarchen des Inselreichs gewesen und oft bis zum Abschlusse gelangt, jedoch stets durch verschiedene Hindernisse wieder vereitelt worden war, wurde dieses Jahr endlich und zwar in Folge einer persönlichen Besprechung des Königs mit der Regierung der Vereinigten Staaten in Washington — einer Besprechung, welche er auf einer im vorigen Jahre gemachten Reise nach Amerika ermöglichte, allem Anscheine nach zu Gunsten des Inselreiches geschlossen.
Da dieser dem Inselreiche so wichtige Akt möglicherweise bei Vielen Interesse erwecken könnte, so theile ich die wörtliche Uebersetzung desselben wie folgt mit:
Gegenseitiger Handelsvertrag der Vereinigten Staaten von Nordamerika mit den Inseln von Hawaii.
Artikel I.
In Consideration der Rechte und Privilegien — die der König der Inseln von Hawaii den Verein. Staaten von Amerika laut nachfolgenden Artikeln dieser Convention zugestanden hat und als Aequivalent für dieselben — genehmigen hierdurch die Verein. Staaten, die laut folgender Liste benannten Gegenstände, solange dieselben die Erzeugnisse, die Manufacturen oder Produkte der Inseln Hawaii sind, zollfrei in alle Häfen der Verein. Staaten einzuführen.
Liste: Arowroot, Bananen, Ricinusöl, Nüsse, rohe Felle und Häute, Pulu (pterus esculenta, ein Krautfarren), Reis, Saamen, Pflanzen, Sträucher oder Bäume, Muscowado (braune und alle anderen nicht raffinirten Zuckersorten; hierunter wird nämlich die Qualität des Zuckers verstanden, die bisher auf den San Francisco- und Portland-Märkten als Sandwichinselzucker bekannt ist), Syrupe (aus dem Zuckerrohr), Melado und Molasses, Talg, Vegetabilien (getrocknete und ungetrocknete, eingemachte und nicht eingemachte).
Artikel II.
In Consideration der Rechte und Privilegien — die die Verein. Staaten von Amerika den Inseln von Hawaii[S. 282] laut dem Artikel I der Convention zugestanden haben und als Aequivalent für dieselben — genehmigt hierdurch der König der Inseln von Hawaii die laut folgender Liste benannten Gegenstände, so lange diese die Erzeugnisse, die Manufacturen oder Produkte der Verein. Staaten von Amerika sind, in alle Häfen der Inseln von Hawaii zollfrei einzuführen.
Liste: Agrikulturgeräthe, Thiere, Rindfleisch, Speck, Schweinefleisch, Schinken, alles frische, geräucherte oder eingemachte Fleisch, Stiefeln, Schuhe, Ziegeln, Kalk, Cement, Butter, Käse, Schmalz, Talg, Bouillon, Kohlen, Tauwerk, die See betreffende Waarenvorräthe inclus. Theer, Pech, rohes und rectificirtes Terpentin, Kupfer und Compositions-Ueberzüge, Nägel, Bolzen, Baumwolle und baumwollene Manufacturen (als geblichene oder ungeblichene, gefärbte oder ungefärbte, gefleckte, gemalte oder gedruckte), Thüren, Fensterrahmen, Fensterluken, Eier, Fische, Austern und alle Geschöpfe die im Wasser leben, und Produkte des Wassers, Früchte, Nüsse und Vegetabilien (grüne, getrocknete oder ungetrocknete, eingemachte oder nicht eingemachte), Korn, Mehl, Kleie, Brot und Brotstoff jeder Art, Eisenwaaren, Pferdegeschirr und jede Art Ledermanufacturen, Felle, Pelze, Häute, Filze (zugerichtete oder nicht zugerichtete), Reifeisen, Nieteisen, Nägel, Pflöcke, Bolzen, kleine Stifte (tacks), Nägel ohne Kopf (brads), „sprigs“, Eis, Eisen, Stahl und Manufacturen von denselben, Leder, Bretter, Bauholz jeder Art (roh, gehobelt, zersägt, unbearbeitet, in ganzen Stücken oder in Theilen), Maschinerien jeder Art, Dampfmaschinen und Theile derselben, Hafer und Heu, Papier, Schreibmaterial, Bücher und Manufacturen von Papier und Papier mit Holz in jeder Art, Petroleum und alle Oele die zum Einölen und Beleuchten dienen, Pflanzen, Sträuche, Bäume und Saamen, Reis, Zucker (raffinirter und nicht raffinirter), Salz, Seife, Stärke, „shooks“, Fassdauben, Fassbretter (headings), Tabak (in Blättern oder verarbeitet), textile Manufakturen (die aus einer Combination von Wolle, Baumwolle, Seide oder Leinwand oder aus zweien oder mehreren derselben gemacht, mit Ausnahme, wenn dieselben[S. 283] schon verfertigte Kleidungsstücke sind), Wolle und wollene Manufakturen (mit Ausnahme, wenn es verfertigte Kleider sind), Wagen und Karren (zu Agrikultur- oder Kärrner-Betrieb), Holz oder Manufacturen aus Holz oder Holz und Eisen (mit Ausnahme der gepolsterten oder geschnitzten Geräthe und Fahrzeuge).
Artikel III.
Die Evidenz, dass die vorgeschlagenen Artikel, die in die Häfen der Verein. Staaten von Amerika oder in die der Inseln von Hawaii laut Artikel I und II dieser Convention zollfrei eingeführt werden dürfen, wirklich die Erzeugnisse, Manufacturen und Produkte der Verein. Staaten oder beziehungsweise die der Inseln von Hawaii sind, soll zur Sicherstellung der Revenuen durch von Zeit zu Zeit von den beiden Regierungen vorgeschriebenen Regeln, Regulationen und Bedingungen festgestellt werden.
Artikel IV.
Es dürfen Exportsteuern oder Belastungen weder in den Inseln von Hawaii noch in den Vereinigten Staaten auf einen der sub Artikel I. und II. dieser Convention als zollfrei benannten Gegenstände erhoben werden. Es ist Beschluss Sr. Majestät der Inseln von Hawaii, solange diese Convention in Kraft steht, dieselbe weder zu vergeben oder auf irgendwelche Art über dieselbe zu verfügen oder über irgend einen Port, Hafen oder Theil seines Territoriums Vasallen zu creiren oder in seinem Territorium, einer anderen Macht, Regierung oder einem anderen Staate Privilegien zu garantiren oder eine Vereinbarung zu treffen, durch welche irgend einer Nation durch die freie Einfuhr irgendwelcher Artikel das gleiche Privilegium zugestanden wird, welches hierdurch den Vereinigten Staaten zugesprochen worden ist.
Artikel V.
Die gegenwärtige Convention soll in Wirkung treten, sobald sie von Sr. Majestät, dem König der Inseln von Hawaii, genehmigt und publicirt und von der Regierung der Vereinigten Staaten ratificirt und publicirt worden ist, und nachdem der Congress der Vereinigten Staaten ein Gesetz zur Ausführung dieser Convention erlassen haben[S. 284] wird. Sobald dieses geschehen und die gegenseitige Ratification des Vertrages stattgefunden haben wird, soll laut Artikel VI diese Convention für die Dauer von 7 Jahren — vom Tage an gerechnet, an welchem sie in Wirkung treten wird — in Kraft bleiben und auch fernerhin bis zum Ablauf von 12 Monaten nach von einem der contrahirenden Theile erfolgten Kündigung derselben. Jeder der hohen Contrahenden hat erst das Recht einer solchen Kündigung bei Ablauf der benannten Frist von 7 Jahren und alsdann weiterhin zu jeder Zeit.
Artikel VI.
Die gegenwärtige Convention soll regelrecht ratificirt sein und die Ratificationen in der Stadt Washington im Verlaufe von 18 Monaten vom unterzeichneten Tage an gerechnet oder — wenn es möglich ist — früher, ausgewechselt werden.
(S. L.) |
Vor nachstehendem Zeugen haben Wir hierunter Unsere Hand gesetzt und das Siegel Unseres Königreiches aufdrücken lassen. |
den 17. Tag des Juni a. D. 1876.
vom König W. L. Green, Minister des Auswärtigen. |
Kalakaua R. |
Ein anderer für das Land sehr wichtiger Beschluss wurde in der Feststellung der Valuta ausländischer Gold- und Silbermünzen gefasst, die — da dieselben in auffallender Manigfaltigkeit im Inselreiche coursirten — oft bedeutende Verluste hervorriefen.
Die Valuta derselben wurde unter dem Titel „Currency-Act“ wie folgend festgestellt und als vom 1. März 1877 gültig sofort proklamirt:
Section I. Vom 1. März 1877 und nach demselben soll in diesem Königreich in allen Schuldzahlungen die Goldmünze der Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem nominellen Werthe als Normalwerth und legale Schätzung dienen.
Section II. Die Silbermünze der Vereinigten Staaten soll nach ihrem nominellen Werthe als Normalwerth und[S. 285] legale Schätzung in diesem Königreiche für Schuldzahlungen, die den Betrag von 50 Dollar nicht übersteigen, dienen. Für Schuldzahlungen von 50 zu 100 Dollar sollen 50 Dollar in Silbermünze und der Rest in Goldmünze wie vorher erwähnt, bezahlt werden.
Section III. Für alle Schulden von 100 bis 1000 Dollar soll die legale Schätzung einer solchen Schuld mit 25% derselben in Silbermünze der Vereinigten Staaten wie vorhergesagt und 75% in Goldmünze wie früher erwähnt bezahlt werden.
Section IV. Für alle Schulden die 1000 Dollar übersteigen, wird für die ersten 1000 Dollar die Zahlung laut Vorschrift der Section III. und für den Rest der Summe 15% in Silbermünze und dessen Rest in Goldmünze gemacht.
Section V. Gold- und Silbermünzen anderer Staaten als die der Vereinigten Staaten — wenn solche den legalen Stempel eines souveränen Staates tragen — können desgleichen als Zahlungen von Staatsgebühren, Abgaben, Steuern an die Schatzkammer und desgleichen bei Schätzungen und Schuldzahlungen privatpersönlicher Verträge, die in diesem Königreiche zahlbar sind — angenommen werden und zwar nach einem vom König in seinem geheimen Conseil („Privy-Council“) festgestellten und vom Minister der Finanzen publicirten Werth.
Section VI. Silbermünze bis zum Betrage von 25 Cent oder einem geringeren, darf als legale Schätzung in allen Zahlungen die nicht 10 Dollar übersteigen, dienen; in allen anderen Fällen jedoch, wo laut den vorgehenden Sectionen Silbermünze gezahlt werden darf, können Münzen von 25 Cent und darunter, in Raten von 15 Dollar auf je 100 Dollar gezahlt werden.
Section VII. Es soll auf alle Silbermünzen, die in das Königreich von anderen Ländern — mit denen Se. Majestät keine entgegengesetzte Vereinbarung getroffen hat — importirt sind, eine Steuer von 10% ad valorem erhoben, collectirt und bezahlt werden. Es wird jedoch verfügt, dass die Verordnung dieser Section nicht eher in Wirk[S. 286]samkeit treten soll, bis nicht eine Proklamation von Sr. Majestät — nachdem er den Rath und die Uebereinstimmung einer Majorität seines geheimen Conseils hierzu eingeholt hat — erlassen worden ist.
Section VIII. Vom Datum der Bestätigung dieses Gesetzes an und nach demselben sollen alle auf den Import zu zahlende Steuern in Goldmünze der Verein. Staaten oder ihrem Aequivalent gezahlt werden.
Section IX. Vom 1. März 1877 und nach demselben sollen die Interessen für alle „Bond’s“ des Staates in Goldmünze der Verein. Staaten oder ihrem Aequivalent bezahlt werden, sobald die Interessen eines solchen „Bond“ 5 Dollar oder mehr betragen; ist der Betrag derselben geringer denn 5 Dollar, so kann Silbermünze in früher gesagter Weise bezahlt werden.
Cours des Königreiches.
Legale Schätzung des Werthes folgender Münzen:
Gold. | ||||||
in ½ Dollar | ||||||
Ver. | Staaten | Double Eagle | = | „ | 40 | |
„ | „ | Eagle | = | „ | 20 | |
„ | „ | ½ Eagle | = | „ | 10 | |
„ | „ | ¼ „ | = | „ | 5 | |
Engl. | u. | Oest. | Sovereign | = | „ | 10 |
„ | „ | „ | ½ „ | = | „ | 5 |
Frankreich | 50 | Franken | = | „ | 20 | |
„ | 20 | „ | = | „ | 8 | |
„ | 10 | „ | = | „ | 4 | |
Italien | 20 | Lire | = | „ | 8 | |
„ | 10 | „ | = | „ | 4 | |
Russland 5 Rubel | = | „ | 5 |
Silber. | ||||||
in ½ Dollar | ||||||
Frankreich 5 Franken | = | „ | 5 | |||
Mexico Dollar (alt) | = | „ | 2 | |||
Belgien 5 Franken | = | „ | 2 | |||
Italien 5 Lire | = | „ | 2 | |||
in Cents | ||||||
England 1 Schilling | = | 25 | C. | |||
Spanien ¼ Dollar | = | 25 | „ | |||
Mexico ¼ Dollar | = | 25 | „ | |||
Peru ¼ Dollar | = | 25 | „ | |||
Mexico 1 Dollar (neu) | = | 70 | „ | |||
Chili 1 Dollar (un peso) | = | 70 | „ | |||
Peru 1 Dollar (Sol) | = | 70 | „ | |||
England ½ Krone | = | 50 | „ | |||
Indien 1 Rupee | = | 35 | „ | |||
Mexico ½ Dollar (neu) | = | 35 | „ | |||
Chili ½ Dollar | = | 35 | „ | |||
Peru ½ Dollar | = | 35 | „ | |||
England 1 Florin | = | 35 | „ |
Desgleichen wurde in derselben Sitzung das seit 1868 bestehende Stempelgebührgesetz einer Aenderung unterworfen und als neues Gesetz laut folgendem Wortlaute proklamirt:
Stempelgesetz von 1876. (Stamp-Act.)
Section I. Von dem Augenblicke an, wo dies Gesetz in Wirksamkeit tritt, und nach demselben soll es die Pflicht eines Jeden sein, Sr. Majestät — in Berücksichtigung verschiedener Titel, Dokumente und Urkunden — die in der dem Akte beigefügten Liste specificirt sind, verschiedene Geldsummen als Stempelgebühr zu zahlen.
Section II. Der Minister der Finanzen soll — und ist hiermit angewiesen — eine genügende Anzahl Stempel für die Gepräge und Stempelmarken — um die Verordnung dieses Gesetzes ausführen zu können — anschaffen.
Section III. Die verschiedenen Stempel und Stempelmarken sollen dem Registrator der öffentlichen Rechnungsführung („Public Accaunts“) zur Aufbewahrung gegeben werden, der alle Urkunden, die eine Stempelung erfordern, mit dem richtigen Stempel, der die Summe der bezahlten Gebühr trägt, versieht und der jeder Person auf Verlangen geforderte Stempelmarken gegen Empfang des Betrages zu verabfolgen hat. Es wird jedoch verfügt, dass, bis nicht der Minister der Finanzen durch eine öffentliche Kundmachung in allen Zeitschriften Honolulus mittheilt, dass er genügend Stempelmarken zur Befriedigung des Publikums hat, Postmarken des Königreiches von den Parteien zu allen Urkunden, die eine Stempelgebühr von weniger als 1 Dollar erfordern, zu verwenden gestattet sei.
Section IV. Alle Personen, die Stempelmarken oder Postmarken gebrauchen, sollen dieselben sofort vernichten, indem sie quer über dieselben ihren Namen und das Datum der Vernichtung geschrieben oder auf irgend eine andere Weise die Ungültigkeit derselben zum wiederholten Gebrauch bezeichnet haben.
Section V. Jede Urkunde, die eine Abstempelung erfordert, soll sauber und derart gestempelt sein, dass der Stempel auf demselben Papiere für eine andere Urkunde nicht benutzt werden kann.
Section VI. Jede Urkunde, die unterschiedliche Gegen[S. 288]stände betrifft oder für mehr denn einen Umstand entworfen ist, soll für jeden Gegenstand oder für jeden Status getrennt gestempelt werden.
Section VII. Die Geldsummen sollen in allen Urkunden mit lang geschriebenen Worten eingetragen werden, und alle anderen Zahlen, die die Verbindlichkeit der Urkunde zur Steuer bezeichnen, sollen ebenfalls in ihren Summen mit Worten ausgeschrieben sein.
Section VIII. Alle Urkunden mit Ausnahme derjenigen, zu denen Stempelmarken gebraucht werden, sollen bei dem Registrator der öffentlichen Rechnungsführung — und zwar im Verlaufe von 3 Monaten nach der Effektuirung — ohne Strafgeld gestempelt werden; nach Verlauf von 3 Monaten jedoch verfällt die Urkunde einer Versäumungsstrafe und die dieselbe vorweisende Person hat sodann 100 per cent des resp. Gebührwerthes zu zahlen. Es wird jedoch verfügt, dass Urkunden, die im Auslande exekutirt werden, erst im Verlaufe von 3 Monaten nach ihrer Ankunft in dem Königreiche zu stempeln sind.
Section IX. Keine Urkunde, die gestempelt werden muss, darf vom Registrator der Ueberlieferungen eingetragen werden oder vor irgend welchem Gerichtshofe Gültigkeit haben, so lange eine solche nicht regelrecht gestempelt ist, es sei denn, dass eine solche Urkunde als Evidenz in den „Courts of Record“ empfangen wird, nachdem die nicht gezahlte Gebühr nebst dem gesetzlichen Strafgelde dem Sekretär des resp. Gerichtshofes ausgezahlt worden und der alsdann die betreffende Urkunde dem Registrator der öffentlichen Rechnungsführung zur regelrechten Abstempelung zu übersenden hat.
Section X. Der Registrator der öffentlichen Rechnungsführung soll in allen Fällen bei der Präsentation einer Urkunde die Gebühr derselben schätzen und bestimmen und nach Empfang des Betrages den Stempel affixiren und den bezahlten Betrag und den Tag der Zahlung vermerken.
Section XI. Im Falle der Registrator der öffentlichen Rechnungsführung der Ansicht ist, dass eine ihm vor[S. 289]gelegte Urkunde keiner Gebühr, daher keiner Stempelung bedarf, so soll er dieselbe mit einem, diesen Fall bezeichnenden Stempel versehen.
Section XII. Im Fall der Registrator der öffentlichen Rechnungsführung im Zweifel ist, ob eine Urkunde einer Stempelgebühr oder Stempelung bedarf, so stellt er den Fall dem Finanzminister zur Entscheidung vor.
Section XIII. Jede Person, die mit dem Assentiment des Ministers der Finanzen unzufrieden ist, darf, nachdem er im Verlauf von 21 Tagen die Gebühr bezahlt und bei dem Finanzminister für entstehende Kosten die Summe von 10 Dollar deponirt hat, an die „Supreme court“ appelliren, welche in ihrer nächsten Sitzung die Frage zu entscheiden hat. Ist diese Entscheidung für die Bestimmung des Ministers lautend, so wird die deponirte Summe dem Sekretär des Gerichtshofes ausgezahlt, im entgegengesetzten Falle dem Appellanten zurückerstattet.
Section XIV. Wenn die betreffenden Zahlungen eines Uebertragungsaktes periodische sind, so soll die Gebühr auf den ganzen Betrag erhoben werden.
Section XV. Wenn die Perioden einer solchen Zahlung nicht mit der Lebenszeit des Betreffenden beendet sind, so soll die gezahlte Gebühr für den Total-Betrag, 12 Jahre nach dem Todesfall noch gültig sein.
Section XVI. Betrifft die Urkunde eine Leibrente, so ist die Gebühr noch 7 Jahre nach dem Todesfall gültig.
Section XVII. Wenn ein Eigenthum — aus irgend einer Berücksichtigung — in verschiedenen Urkunden an den Käufer übertragen werden soll, so steht das Verhältniss der Theilung derselben dem Wunsche des Käufers frei.
Section XVIII. Wenn ein Käufer, an den die Uebertragung noch nicht stattgefunden, einem anderen die Acquisition verkauft, und dem das Eigenthum alsdann direkt übertragen werden soll, so wird die resp. Gebühr nicht dem letzteren, sondern dem ersteren aufgebürdet.
Section XIX. Wenn die Urkunde irgend welche Uebertragung oder sonstige Transferirung von Eigenthum an Gütern oder Ländereien betrifft, so soll die Gebühr je nach dem Marktwerth derselben — den der Finanzminister zu bestimmen hat — berechnet werden.
Section XX. Wenn ein Eigenthum das Objekt einer hypothekarischen Uebertragung ist, so muss der Schuldbetrag der Hypothek in der Uebertragungsurkunde statuirt sein, und die Gebühren sollen für den auf solche Art schuldig gebliebenen Betrag und für den zu zahlenden Rest des Kaufschillings berechnet und bezahlt werden.
Section XXI. Bei Verkauf einer Zucker- oder Reisplantage eines Schaf- oder Viehgutes („sheep or cattle run“) ist die Gebühr auf den vollen Werth der Plantage, der Meliorationen, der Weideflächen („runs“), des Viehstandes („stock“) und der zu dem Augenblick wachsenden Ernte der Felder zu berechnen.
Section XXII. Der Registrator der öffentlichen Rechnungsführung ist autorisirt, Stempel auf Blanquette zu drucken und solche den Gerichtshöfen, den executiven Departements, den Collektoren des Zollamtes, den Mitgliedern des Gerichtes („the members of the Bar“) und anderen Persönlichkeiten zur Bequemlichkeit des Publikums gegen Empfang des Betrages zu verabfolgen. Es wird jedoch verfügt, dass der General-Collektor des Zollamtes und andere Beamte der Oeffentlichkeit, die in der Vollziehung ihrer Pflicht Stempelungen erfordern, berechtigt sind, solche ohne dieselben zu bezahlen zu erhalten, sind jedoch alsdann verpflichtet, eine formelle Quittung hierüber zu geben und über den richtigen gesetzlichen Gebrauch derselben Rechenschaft abzulegen.
Section XXIII. Der Minister des Innern darf alle Urkunden, die augenblicklich laut den Gesetzen einer Gebühr unterworfen sind, stempeln, im Falle dieselben vor dem Inkrafttreten dieses Aktes exekutirt oder solche zu diesem Zweck ihm bis einen Monat nach dieser Zeit vorgelegt worden sind. Alle Urkunden jedoch, die nicht[S. 291] während dieser Zeit ihm vorgelegt worden, sollen mit den Gebühren die dieser Akt vorschreibt, belastet sein.
Section XXIV. Die folgenden Gesetze und Theile von Gesetzen sollen widerrufen sein und sind hiermit aufgehoben als: Sect. 422, 423, 424 und 425 des Civilcodex, dann ein Akt des 13. Mai 1868, bestätigt und unter dem Titel „An Act to amend Sections 422, 423 und 425“ verzeichnet.
Section XXV. Dieser Akt tritt in Kraft und wird Gesetz den ersten Tag des Januar 1877.
Die hier folgende Liste der Gebühren gebe ich hierbei nicht weiter bekannt, da dieselbe zu weitläufig und zu wenig Interesse erweckend ist. —
Alsdann fand auf derselben legislativen Versammlung von 1876 die Regelung des Postwesens statt. Es wurde das Normalgewicht für Briefe auf ½ Unze und das Porto im Inlande für ein solches auf 2 Cents, mit Stellung der Briefe zum Postamte der Postdampfer 3 Cents, für solche in das Ausland und vom Auslande mit 6 Cents festgestellt. Für Zeitschriften und ungebundene Publikationen in jeder Form wurde die Taxe per 4 Unzen mit 1 Cent fürs Inland, und 2 Unzen mit 1 Cent für das Ausland festgesetzt; für Bücher und Packete der Postdampfer, für Zeichnungen, Muster, Saamen, Schnittlinge, Wurzeln etc. wurde per Unze 1 Cent erhoben. Zeitschriften, die im Königreiche publicirt werden sollen frei durch das Postamt den Subscribenten zugestellt werden. Eine Fraktion im Gewichte wird stets mit voller Rate bezahlt. —
Zur gleichen Zeit wurde eine Taxe für die Lohnwagen in Honolulu festgestellt. —
Dem Museum und der öffentlichen Bibliothek wurden für das folgende Biennium 1000 Dollar bewilligt. —
Es wurde laut Capitel XLVII zur Feststellung der Arbeitsdauer des Tages für Fälle, wo dieselbe in dem Arbeitercontrakt nicht specificirt ist, folgende Bestimmung zum Gesetz erhoben:
In allen Dienstcontrakten unter der Section 1417 des Civilcodex ist die Zahl der Stunden, die die Arbeitszeit[S. 292] eines Tages bilden sollen, nicht erwähnt; demnach ist hiermit bestimmt, dass die Arbeitszeit des Tages 9 Stunden nicht überschreiten darf. Für jedes Ueberschreiten dieser Zeitdauer soll der Arbeiter zu einer Compensation berechtigt sein, welche nicht unter dem Betrage des contraktlich stipulirten Lohnes sein darf. —
Es wurde ebenfalls sub Capitel VII die Befreiung aller Personen, die contraktlich dienen, von der Arbeit an Regierungsfeiertagen und an den Tagen der Wahlen der Repräsentativen zum Gesetz erhoben. —
Den 25. September 1876, während der legislativen Versammlung, ernannte der König mit dem Einverständniss derselben eine Commission zur Inspektion der Inseln und der Bearbeitung von Vorschlägen zur gründlichen Entwickelung der commerciellen Hülfsmittel des Königreichs. Zu Gliedern dieser Commission wurden J. M. Kapéna, H. A. P. Carter und James Makee ernannt.
1877 hatte die den 25. Februar 1876 ebenbenannte Commission ihre Arbeit vollendet, die Inseln besucht und den 27. Februar ihren Rapport dem Könige eingereicht, in welchem sie ausführlich den Zustand der grössten Insel des Reiches d. h. der Insel Hawaii schilderten und ausserordentliche Massnahmen zur Beförderung der Entwickelung des Reiches vorschlugen. Die hauptsächlichsten Berücksichtigungen und Rathschläge dieser Commission waren:
Für die Vermehrung der Strassen und Brücken im Lande zu sorgen, von den vorhandenen einige einem gründlichen Umbau oder einer Reparatur zu unterwerfen und das namentlich auf der Insel Hawaii im Distrikte Kohála, wo die Brücken zwischen Makapála und Nuïlii schlecht und zu schmal sind sowie der Weg einer Schotterung bedarf, um den Transport des Zuckerrohres zu erleichtern; desgleichen den Weg von Paáhúaú bis Waïpio im Distrikte von Hamákuá, der in liederlichster Art angelegt und erhalten ist.
Für die Verbesserungen der bestehenden und Erbauungen von neuen Docks für Boote in Nähe der Häfen[S. 293] Honoipú und Mahukóna der Insel Hawaii mit der Bemerkung, dass die für die Docks erforderlichen Sprengungen in die Lavafelsen durch vorhandene Grotten sehr erleichtert sein werden.
Namentlich aber betont die Commission die Nothwendigkeit der Einführung in den Distrikt von Kohála der Insel Hawaii, zur Entwickelung derselben, einiger Hunderte von Arbeiterfamilien.
Sehr beklagt sie die Folgen der Vernichtung der Waldungen im Inselreich, derzufolge die noch bestehenden sichtbar absterben, besonders im Distrikte Waiméa und zwar der Strecke von Puuhué bis Waiméa der Insel von Hawaii zeigen es die Berge und die früher so üppige sogenannte Ebene von Waiméa, die jetzt in erschreckender Art waldlos, dürr und öde ist. Weniger zeigen sich diese Folgen jenseits der Berge in der Ebene Kohálalóku. Ferner machte die Commission die Regierung darauf aufmerksam, dass zur Hebung der commerciellen Hülfsquellen des Reiches vor Allem und insbesondere energisch an die Restauration der Waldungen, an die Regelung des Wasserverbrauchs, an die Verminderung der abnormen zahlreichen Viehheerden — die die Gegend in unverhältnissmässiger Zahl zu verwüsten drohen — an die Einschränkung des Weidelandes und endlich an die Aufmunterung des Ackerbaues geschritten werden muss.
Sie betonte den Schaden, der die Weideländereien der Agrikultur verursachen, da dieselben durch die infolge der Vernichtung der Waldungen hervorgerufene fühlbare Wasserabnahme derartig austrocknen, dass sie allmälig jeden Versuch der Agrikultur unmöglich zu machen drohen. Ferner erklärte sie, dass Klagen über Wassermangel unter dem Volke im ganzen Inselreich, hauptsächlich im Waiméa-Distrikte der Insel Hawaii hörbar werden, dass namentlich ihr Klagen über die schlechte Qualität desselben vorgebracht und sie um Abhülfe gebeten worden sei.
Die Commission glaubt, nachdem sie sich über die[S. 294] gerechten Klagen des Volkes, wegen der benannten Uebelstände, überzeugt hatte, dass es die Pflicht der Regierung sei, sofort — in sanitärer Berücksichtigung allein schon — umgehende Schritte zu thun, um diese gefährlichen Uebelstände des Inselreiches schleunigst zu beseitigen.
Die Ursache von dem Schlechtwerden des Wassers soll gemäss der Klagen der Bevölkerung namentlich in Waiméa und in Waiohíno des Distrikts Káo auf der Insel Hawaii und laut der an Ort und Stelle gemachten Prüfung der Commission darin liegen, dass der abnorm zahlreiche Vieh- und Pferdebestand der Gross-Grundbesitzer die meist langsam fliessenden Gewässer durch Trampeln des Viehes oder Veraasung gefallener Thiere in denselben verunreinigt und verpestet. Zu erwähnen wäre hierbei, dass dieses verunreinigte und verpestete Wasser von der Bevölkerung gegenwärtig gebraucht und genossen wird, und so Krankheiten und Seuchen erzeugen muss. Ein Mittel gegen dieses schwer zu beseitigende Uebel glaubt die Commission gefunden zu haben, indem sie die Regierung auffordert, Quellen in Röhren oder auf irgend eine andere Art aufzufangen und das Wasser durch Leitungen, dem Vieh in Tröge zu liefern.
Laut ihrer Ansicht wäre es sehr günstig für das Reich, wenn der Staat die Ländereien der Regierung und der Krone — nicht wie sie es leider mit den meisten schon gethan, nämlich dieselben auf eine längere Reihe von Jahren zum Weidezweck für einen verhältnissmässig sehr geringen Zins zu verpachten oder zu vergeben, sondern diesen Fehler wieder gut zu machen suche, indem er die noch freien und frei werdenden Ländereien — die unter „Wald“ — als Wald schone und — die unter „Weide“ — entweder unter Wald wieder stelle oder der Agrikultur anheim gebe, so z. B. auf der Insel Hawaii die 10,000 Acker Wald zwischen Kalópa und Kaohé im Hamakoa-Distrikt, der leider auch an vielen Stellen schon eine Abnahme der Gewässer und hier und da gänzliche Wasserlosigkeit zeigt und einer sofortigen Fürsorge[S. 295] bedarf. Erforderlich sei namentlich für den Nachwuchs der noch stehenden Waldungen die Befreiung von dem faulenden Fallholze, welches eine rentable Verwendung in Honolulu finden könnte.
Eine überaus richtige Ansicht vertrat die Commission, indem sie behauptete, dass im Inselreiche im Allgemeinen das beste Land und zwar in grossen Complexen, in den Händen reicher Viehzüchter sich befindet, die das Land als Weideland benutzen und deren meist abnorm zahlreichen Viehheerden oft auf die angrenzenden Ländereien verheerend eindringen. Als Beispiel stellt die Commission unter vielen andern den Distrikt Hamákuá der Insel Hawaii, welcher durch dieses Uebel nahezu dem Schicksal des früher erwähnten Distriktes Waiméa d. h. der Verödung und Verwüstung verfällt.
Die Schwierigkeit der Beseitigung dieses Uebelstandes liegt in dem Gesetze, welches vorschreibt, dass nur cultivirtes Land einer Steuer unterworfen werden soll, wodurch natürlich die Steuer auf die Meliorationen des Landes fällt, während der grösste Theil der Inseln aus grossen Landcomplexen besteht, die höchst fruchtbar jedoch unter „Weide“ stehen und daher, da die Besitzer derselben die culturfähige Entwickelung dieser Landstriche nicht vornehmen wollen, dieselben laut Gesetz als uncultivirte nicht besteuert sind. Es liegt nicht nur eine grosse Ungerechtigkeit in dieser Steuererhebung, sondern auch ein gewaltiges Hemmniss zur weiteren Entwicklung des Landes, welches beseitigt werden muss. Diese Beseitigung wäre möglich laut der Ansicht der Commission: 1) indem man alles culturfähige Land nach seiner Fähigkeit besteuert; 2) dass man durch eine Einwanderung tüchtiger Arbeiterfamilien, als z. B. aus Ostindien, die Bevölkerung vermehre; es muss jedoch eine Einwanderung sein, die sich mit den Eingeborenen leicht und gerne assimilirt und welche mit ihnen sympathisirt; 3) indem man das bisher unter „Weide“ liegende Land der Regierung parzellirt, und die Einwanderer auf diese Parzellen ansiedelt, so z. B. in den Distrikten von Hamákuá[S. 296] und Hilo auf der Insel Hawaii könnte man eine Bevölkerung von 30 bis 40 Tausend nützlich zum Zuckerrohranbau ansiedeln, indem zur Zermalmung ihres geernteten Rohres Centralfaktoreien nebst Mühlen seitens der Regierung alsdann creirt werden müssten.
Besonders vortheilhaft würde es sein, meinte sie, wenn man auf allen Inseln auf den Weideländern der Krone, kleine Farmen creirte, da sichtbar der Wunsch der Bevölkerung an der Entwickelung des Landes theilzunehmen erwache, und es unleugbar ist, dass durch Creirung kleiner Farmen die Ländereien am besten ausgenutzt und der Betriebsinn und Fleiss der Bevölkerung befördert wird.
Sehr empfahl die Commission der Regierung, eine sofortige Messung der Küstenlinien und der Hauptstrassen sämmtlicher Inseln und namentlich der von Hawaii vornehmen zu lassen, damit zu ferneren Vermessungen des Inlandes die Feldmesser eine sichere Basis zu ihren Arbeiten vorfänden und um im Falle Liebhaber zu Farmen sich finden, sie sofort ohne Zeitverlust an die Einmessung der Stücke gehen könnten.
Sehr empfiehlt sie ferner die Ermuthigung der Bevölkerung zum Kaffeebaum-Anbau, da viele Strecken auf den Inseln, namentlich auf der Insel Hawaii, wie es die Plantage des Mr. Kinney im Distrikte Hilo glänzend beweist, sehr geeignet dafür sind, als z. B. in den 2 bis 3000 Fuss hoch über dem Meeresspiegel liegenden Ländereien die den Hintergrund des Hilo-Distriktes bilden und verhältnissmässig reich an Quellen sind. Letztgenannte Strecke hat den Vortheil noch, dass dieselbe sich für den Anbau des „tarro“ eignet, daher die Ansiedler, bis der Kaffeebaum Erträge zu liefern beginnt, durch den bekanntlich sehr rentablen „tarro“-Anbau sich erhalten können.
Es empfiehlt dieselbe ferner im Hafen von Hilo die Werfte von Waïakéa durch einen soliden circa 200 Fuss langen Hafendamm zu ersetzen, damit die Schiffe der Länge nach anlegen können, da sie der Ansicht ist, dass[S. 297] dieser Hafen, zur Entwickelung der Industrie auf der Insel zu einem Export-Verschiffungshafen des Reiches erhoben werden muss.
Die grosse Ueppigkeit, mit der der Sumach hier wild ganze Waldungen bildet, weist auf die Möglichkeit, dem Reiche eine neue und zwar ergiebige Einnahmequelle zu bieten, da zu Gerbzwecken zugerichtet derselbe in Californien pro Tonne mit 150 Dollar bezahlt wird, und eine grosse Nachfrage um dieses Produkt an der ganzen Westküste von Amerika, vorhanden ist. Die ausserordentlich vortheilhafte Lage des Inselreiches zu der Westküste Amerikas sichert die Entwicklung seines Handels und den Absatz seiner Produkte, und glaubt die Commission die Regierung auffordern zu dürfen, furchtlos die energischsten Massregeln zu treffen, die zahlreichen noch schlummernden Hülfsquellen des Inselreiches zu erwecken.
Die Hauptsache wäre jedoch vor Allem, sich an die sofortige Vermehrung der Bevölkerung durch eine dem Lande und der eingeborenen Nation passende Einwanderung von Arbeiterfamilien zu machen.
Die Ausgaben, die durch eine solche Einwanderung dem Lande momentan entstehen, würden, laut der Ansicht der Commission, in kurzer Zeit durch die bedeutend sich vergrössernden Einnahmen der alsdann stärker bevölkerten Distrikte, sich ausgleichen. Es wäre vor Allem mit den Distrikten Hamákuá, Hilo und Kau der Insel Hawaii, überhaupt mit dieser ganzen Insel die Ansiedelung zu beginnen, da — abgesehen davon, dass dieselbe verhältnissmässig am wenigsten bevölkert ist — der Staat in derselben die meisten zu diesem Zwecke freistehenden Ländereien besitzt. —
Den 31. Januar 1877 resignirte der Oberrichter und Kanzler E. H. Allen, da die Regierung ihn als ausserordentlichen Gesandten nach Washington ernannt, um endlich die Ratification des gegenseitigen Handelsvertrages der Vereinigten Staaten mit dem Königreich zu beenden. Zu bemerken ist hier, dass er 1856 — damals als Finanz[S. 298]minister — zu demselben Zweck hingesandt wurde, was einen Zeitraum von 21 Jahren repräsentirt, während welchen die verschiedenen Regierungen des Königreiches nach dem jetzigen Resultate gestrebt hatten. An seine Stelle trat der erste Richteradjunkt C. C. Harris, an dessen Stelle A. F. Judd und an dessen Stelle L. Mc Cully, der so wie Judd ein Schüler des „Yale-College“ — einer Universität der Vereinigten Staaten — gewesen, seit 1854 im Inselreiche, seit 1859 ein Mitglied der juristischen „Bar“ des Inselreiches war und das Land und die Nation kannte.
Der Generalrechtsanwalt A. S. Hartwell resignirte einer Reise nach Europa wegen, und an seine Stelle trat E. Preston und als stellvertretender General-Rechtsanwalt wurde C. Brown ernannt.
Den 11. April 1877 wurde Lydia Kamakáehá, die Schwester des Königs, als präsumptive Thronfolgerin proklamirt.
1878 ist wieder an der Spitze des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten — welches von 1876 an als Stellvertreter W. L. Green bekleidet hatte — J. M. Kapéna. Es fand für das kommende Biennium kein Ministerwechsel statt, und auch die übrigen hohen Staatsämter blieben unter der bisherigen Leitung.
Die legislative Versammlung des Jahres 1878 verlief ruhig und einmüthig wie die bisherigen seit der Thronbesteigung des Königs Kalakaua, obgleich die Regierung, derselben viele neue Gesetzentwürfe und Amendements vorgelegt hatte, unter denen die bemerkenswerthesten folgende waren:
Ein Zusatz zu dem 1876 sub Cap. XLVII „die Bestimmung der Arbeitszeit eines Tages für contraktliche Arbeiter“, welcher sub Capitel VII unter dem Titel des Aktes: „Befreiung jeder Person die im contraktlichen Dienste steht, von der Arbeit an Regierungsfeiertagen und an Tagen der Wahlen von Repräsentativen“ verzeichnet war und wie folgend lauten soll:
Da es „gehörig“ ist, dass die ganze Nation die Regierungsfeiertage berücksichtigen soll, und da es für[S. 299] die Dienstthuenden unmöglich wird, laut ihrem Wunsche zur Wahl der Repräsentativen zu erscheinen, wenn sie zur Arbeit angehalten werden, so wird demnach vom König und der legislativen Versammlung der Inseln von Hawaii in der versammelten Legislatur des Königreiches verfügt:
Section I. Dass alle Personen, die gegenwärtig und hinfüro unter Contrakte dienen, von der Zeit an, wo dieser Akt bestätigt sein wird, befreit von der Arbeit sein sollen: an den vom Minister des Innern in den Zeitschriften festgestellten Feiertagen und an den Tagen der Wahl der Repräsentativen. Es dürfen an solchen Tagen die Arbeiter weder zurückgehalten noch zur Arbeit angehalten werden.
Section II. Dieser Akt ist, vom Tage seiner Bestätigung an und nach demselben, Gesetz und alle Gesetze und Theile eines solchen, die diesem widersprechen, sollen hiermit widerrufen sein.
Section 1417 des Civilcodex: Es soll jede Person die das 20ste Jahr erreicht, das Recht haben, sich durch schriftlichen Contrakt Jemandem in irgend welcher Art, oder Beschäftigung nur für die Dauer von nicht länger als 5 Jahren zu binden.
Section 1418 des Civilcodex: Alle Dienstverträge die im Auslande geschlossen, müssen hier effektuirt werden und bindend sein, es sei denn dass dieselben im Widerspruch zu den hiesigen Gesetzen sich erweisen. Alle derartige Verpflichtungen, wenn sie die Dauer von 10 Jahren überschreiten, sollen, vom Tage der Ankunft der sich contraktlich gebundenen Person, nur für 10 Jahre giltig sein.
Section 1419 des Civilcodex: Im Falle eine derart contraktlich sich verpflichtete Person eigenwillig, ohne Wissen ihres Herren sich von ihrem Dienst entfernt, so soll jeder Distrikts- oder Polizei-Richter des Königreichs berechtigt sein, einen Verhaftsbefehl gegen dieselbe zu erlassen und die betreffende Person vor sich zu citiren. Dieses darf jedoch erst der Richter nach[S. 300] einer von dem resp. Herrn oder dessen Stellvertreter eingereichten vereidigten Klage thun. Wenn eine solche Klage gerechtfertigt ist, so soll der Richter den Schuldigen dem resp. Herrn zurückstellen lassen und ihn laut Urtheil des Gerichtshofes als Maximum zur Abdienung der doppelten Zeit seiner Abwesenheit verpflichten oder aber der Schuldige vergütet seinem Herrn den durch seine Abwesenheit entstandenen Schaden. Es wird ferner verfügt, dass die ebenerwähnte verdoppelte Zeit seiner Abwesenheit nicht den Zeitraum eines Jahres — nach Ablauf des ursprünglichen Termines seines Dienstes — überschreiten darf.
Section 1420 des Civilcodex: Wenn eine solche Person sich weigert den in vorgehender Section erwähnten Strafdienst zu erfüllen, so hat der Herr das Recht, an irgend einen Distrikts- oder Polizeirichter zu appelliren, der alsdann verpflichtet ist, durch einen Verhaftsbefehl oder auf irgend eine andere Art die sich weigernde Person zu citiren und im Falle einer fortgesetzten Weigerung, dieselbe ins Gefängniss zu schicken, wo dieselbe bei harter Arbeit, bis sie willig ist ihre gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zu erfüllen, verbleibt.
Section 1421 des Civilcodex: Wenn der Verhaftsbefehl des Richters laut Section 1419, einem Beamten oder einer anderen Person von Stellung übertragen worden, so ist der Beauftragte autorisirt, den Schuldigen zum Platz oder der Residenz seines Herren — wenn es nicht auf einer anderen Insel des Königthumes ist — zu führen oder führen zu lassen.
Section 1422 des Civilcodex: Alle die laut Section 1419 oder 1420 entstandenen Prozesskosten in Klagen gegen Dienende sollen in erster Instanz vom Kläger bezahlt werden, und im Falle einer gerechtfertigten Klage soll der Herr das Recht einer Entschädigung seitens des Schuldigen und der Execution gegen denselben haben.
Section 1423 des Civilcodex: Wenn irgend ein Herr sich einer Grausamkeit, Misshandlung oder Verletzung[S. 301] des Contraktes gegen eine laut Section 1417 und 1418 zum Dienste sich verbindlich gemachte Person schuldig erweist, so kann letztere bei einem jeden Distrikts- oder Polizeirichter klagen, der alsdann die beiden Parteien vor sich zu laden, die Klage zu prüfen und zu entscheiden hat. In allen solchen Prüfungen muss der Kläger einen competenten Zeugen stellen. Im Fall die Klage gerechtfertigt, so wird der Kläger von allen seinen Dienstverpflichtungen entbunden und der betreffende Herr wird zu einer Geldbuse von 5 bis 100 Dollar verurtheilt. Im Falle der Nichtzahlung wird derselbe zu einer Gefängnissstrafe mit harter Arbeit, bis der Betrag bezahlt ist, verurtheilt.
Section 1424 des Civilcodex: Kein sub Section 1417 oder 1418 dieses Capitels geschlossener Dienstvertrag soll den Dienenden nach dem Tode des Herrn binden. Es wird aber verfügt, dass falls eine Compagnie eine solche Abmachung getroffen hat, der Tod eines der Partner oder Wechsel der Partner einer solchen Compagnie, den contraktlich Dienenden von der Verbindlichkeit seines Vertrages nicht befreit.
Section 1425 des Civilcodex: In keiner Weise soll dieses Gesetz die Rechte zu einem juridischen Verfahren — über die Entschädigungen des Herren oder des Dienenden für Bruch des Vertrages — beschränken. —
Die legislative Versammlung von 1878 ernannte eine Commission zur Bearbeitung und Publizirung sanitärer Instruktionen für das Volk von Hawaii und bewilligte zu diesem Zweck der Commission die Summe von 1500 Dollar. Die Commission bestand aus J. M. Kapéna, W. M. Gipson und H. A. P. Carter.
Die Sitzung beschloss ein Denkmal für das 100jährige Jubiläum der Entdeckung der Inseln durch Cook durch ein Standbild des Königs Kámehámehás I., des Grossen, zu errichten. Das Denkmal sollte jedoch den Zweck in sich fassen, namentlich die Gründung des Inselreiches durch den grossen König zu bezeichnen, und wurde zu[S. 302] demselben als Maximum die Summe von 10,000 Dollar bewilligt.
1879 wurde am Geburtstage der Königin Kapioláni den 31. Dezember der Grundstein zum neuen Joláni-Palais — östlich vom alten, von Kámehámehá I. erbauten — mit üblichem Ceremoniell vom König Kalakaua gelegt.
Während 1879 publicirte die 1878 ernannte Commission — für sanitäre Instruktionen — vom Januar bis Dezember des Jahres in den nationalen Zeitschriften „Kua-kóa“ und „Pae-aïna“ ihre Instruktionen. Die liebevolle, humane, der Wahrheit getreue Schilderung der Uebelstände der Nation in Sitten, Gebräuchen und Gewohnheiten derselben wirkten sofort sichtlich auf das kindliche Gemüth des höchst intelligenten Volkes.
Dieses Volk mit kindlichem Gemüth, welches — obgleich begabt, so doch dem unmündigen Kinde gleich — nur eine ihm verständliche Belehrung erwartet, um sich zum Besseren zu bekehren, erweckt die zuversichtliche Hoffnung, dass es, gleichwie es sich während eines halben Jahrhunderts so auffallend empfänglich für die ihm beigebrachten Lehren des christlichen Glaubens und der Civilisation gezeigt hat, auch den ihm eindringlich vorgelegten Instruktionen für den Wohlstand des Körpers und zu seiner Selbsterhaltung ein gleiches Gehör schenken wird, um die gegenwärtige abnorme Sterblichkeit in der Folge zu hemmen.
Da die Ansichten benannter Commission mit den meinigen, die ich in meiner Reisebeschreibung ausführlich mitgetheilt habe, vollständig übereinstimmen, so übergehe ich die weitere Erörterung derselben.
Während der legislativen Versammlung von 1880 wurden viele neue Gesetze creirt, von denen die die Entwickelung des Reiches charakterisirendsten, folgende waren:
Dem 1876 sub Cap. VI. verbesserten Gesetz, welches die Protektion der Verträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrifft, wurden folgende Zusätze zu geben beschlossen:
Section II des Capitels XL. Um die Verordnungen dieses Gesetzes auszuführen wird der Minister des Innern[S. 303] hiermit ermächtigt, ein oder mehrere Agenten in den Wahldistrikten dieses Königreiches mit der Machtbefugniss zu ernennen, die sub Section 1417 des Civilcodex gestatteten Verträge zu prüfen. Diese Agenten sind verpflichtet, während ihrer zeitweiligen Abwesenheit einen Stellvertreter für sich zu ernennen, der alsdann mit derselben Machtbefugniss ausgestattet sein soll. Es darf weder ein Richter noch dessen Stellvertreter, weder der Inhaber eines Kaufladens („Store-Keeper“) als Agent gewählt werden.
Es wurde zur Section 1420 des Civilcodex folgende Veränderung beigefügt: und im Fall derartig contraktlich gebundene Persönlichkeiten in Folge des richterlichen Urtheilsspruches in den Dienst ihrer resp. Herren zurückgekehrt sind und wiederholentlichst ohne Erlaubniss ihrer Herren ihren Dienst versäumen, so soll der Distrikts- oder Polizeirichter die Schuldigen für den ersten Fall pro Person mit einer Strafe von maxim. 5 Dollar und für die nächsten wiederholentlichen Fälle mit maxim. 10 Dollar pro Person bestrafen. Falls der Schuldige nicht zahlt, so soll der Richter denselben einer Gefängnissstrafe mit harter Arbeit unterwerfen und nach Ablauf derselben ihn seinem Herrn zurückstellen und ihn zur Abdienung der versäumten Zeit zwingen.
In Folge der Arbeiten der Sanitäts-Commission des Reiches, wurde folgendes die Wohnungen des Volkes betreffendes Gesetz, sub Capitel III creirt:
In Folge der Ueberfüllungen diverser Lokalitäten mit Personen wird es in sanitärer Berücksichtigung zur Nothwendigkeit, für Wohnhäuser Nachstehendes zu verfügen:
Section I. Jedes Haus oder Miethlokal, welches als Wohnung für Contraktarbeiter oder Miether benutzt wird, soll von seinem Besitzer in guter Reparatur mit wasserdichtem Dach erhalten werden und soll einen Rauminhalt von mindestens 300 Kub.-Fuss für jeden Inwohner, oder 900 Kub.-Fuss für einen Mann nebst Frau und 2 Kindern, haben.
Section II. Der Hofraum und die Umgebung der Wohnhäuser selbst, soll gut drainirt und rein von jeglichem Unrath gehalten werden. Das erforderliche Closet oder der Abtritt soll ebenfalls vom Miethhausbesitzer oder dem Arbeitgeber in Reparatur erhalten werden und soll für je 6 Inwohner, ein solches Closet vorhanden sein.
Section III. Die Besitzer oder Halter der Miethhäuser oder Wohngebäude für Contraktarbeiter und alle anderen Personen, die die Aufsicht oder Verwaltung solcher Häuser vertreten, sollen zu jeder Zeit, wenn es die Sanitätsbehörde oder deren Agenten fordern, den freien Einlass denselben in das Haus und in Theile desselben gestatten.
Section IV. Jeder Miethhaushalter oder Arbeitgeber, der den durch diesen Akt vorgeschriebenen Vorschriften nicht nachkommt, wird einer Geldstrafe von maxim. 50 Dollar unterworfen.
Section V. Jede Person, die ihre Wohnung in so unsauberer Art hält, dass es zum Nachtheil der Gesundheit sich erweist oder sich weigert oder vernachlässigt, den Uebelstand oder die Substanz, die sie in der Nachbarschaft des Hauses welches sie bewohnt, oder eines anderen Hauses verursacht, zu beseitigen, oder im Falle dieselbe irgend eine Unreinlichkeit in irgend welcher Strömung oder Durchfahrt begangen hat, soll nach erfolgtem Beweise zu einer Strafe von maxim. 3 Dollar oder aber 30 Tagen Gefängniss verurtheilt werden.
Section VI. Dieser Akt soll 90 Tage nach dem Tage seiner Bestätigung in Kraft treten. —
Es wurde der 1868 zum Gesetz erhobene Akt „die Regulirung der Contrakte zwischen den Arbeitgebern und Arbeiter“, wie folgend verändert:
Section I. Alle Dienstcontrakte zwischen dem Arbeitgeber und dem Dienenden — wenn einer derselben ein eingeborner Hawaiier ist — sollen in hawaiier und englischer Sprache geschrieben oder gedruckt sein. Kein Dienstvertrag soll gesetzlich gültig sein, wenn er nur in einer Sprache abgefasst ist, wenn nicht beide Parteien eingeborne Hawaiier sind.
Section II. Der Minister des Innern ist hierzu beauftragt, in beiden Sprachen gedruckte Formbogen zu den Contrakten vorzubereiten, und zwar in einer Art, dass nur der Zeitraum des Dienstes, der Lohn, der Name, der Ort der Eingetragenen auszufüllen sind. —
1880 fand nur ein Ministerwechsel statt. Der Minister des Innern A. H. Wiedemann resignirte, und an seine Stelle wurde S. G. Wilder ernannt. —
Im Februar, den 27., wurde unter dem Präsidium des Juweliers Herrn Max Eckart die deutsche Krankenkasse gegründet, deren Mitglieder ihre Zusammenkünfte in dem 1879 den 11. Juli eröffneten schmucken „German Club“ — einem deutschen Verein in der „Punch-bowl-Street“ — halten. Die Bedingungen dieser Krankenkasse sind: Aufnahmegebühr 5 Dollar, monatliche Beitragszahlung 1 Dollar. Die Kranken erhalten pro Woche 5 Dollar oder freies Hospital. Die Bedingungen des deutschen Vereines — in welchem letztere ihre Versammlungen halten — sind: Aufnahmegebühr als Mitglied 20 Dollar, monatliche Beitragszahlung 3 Dollar. Jeder kann aufgenommen werden, jedoch die Deutschen allein haben das Recht der Wahlen.
In Berücksichtigung des Wunsches seiner Vorfahren — man kann sagen, schon Kamehámehás I., des Gründer des Reiches — eine förmliche, der Sitte anderer selbstständiger Staaten gleiche Krönung der Könige im Reiche einzuführen und um dem Inselreiche auch in dieser Hinsicht eine gleichberechtigte Stellung unter den monarchischen Staaten einzuräumen — nachdem dem kleinen Reiche durch Energie, Ausdauer, Fleiss und Verständniss es gelungen war, in so kurzer Zeit eine Stellung und einen Namen im Welthandel zu erlangen — und durch diese Ceremonie demselben den Stempel der Anerkennung seiner Selbstständigkeit und der Fähigkeit seiner Selbstregierung zu geben, wurde der Vorschlag des Königs, da derselbe der ausgesprochene Wunsch der Nation, von der versammelten Legislatur einstimmig angenommen. Demzufolge erhob der König folgenden Akt unter dem Titel „Bestimmungen für die Krönung der Könige von Hawaii“ zum Gesetz:
Da seit undenklichen Zeiten die Könige von Hawaii zur Befestigung der Würde ihres Thrones gekrönt wurden und da die Constitution es versäumt hat diesen Akt zu bestimmen, und es erforderlich ist, dass dieser Akt durch ein Gesetz bestimmt wird, so wird demnach vom Könige und der legislativen Versammlung der Inseln von Hawaii in der versammelten Legislatur des Königreiches verfügt:
Section I. Dass Se. Majestät der König in seinem „Privy Council“ die Zeit seiner Krönung bestimmen und durch eine Proklamation veröffentlichen soll; dass er in seinem „Privy Council“ für diese Gelegenheit die ihm passenden Regeln und Einrichtungen bestimmen darf und dass alle durch diese Begebenheit entstehenden Kosten aus den vorhandenen Geldern des Staatsschatzes — mit Ausnahme solcher Gelder, die durch Bewilligungsurkunden schon anderweitig zur Verfügung bestimmt sind — gedeckt werden. Es wird jedoch verfügt, dass die Summe der Kosten einen Betrag von 10,000 Dollar nicht übersteigen darf.
Section II. Dieser Akt wird vom Tage seiner Bestätigung an Gesetz.
Bestätigt den 9. Tag des August a. D. 1880.
Kalakaua R.
Einige Glieder der legislativen Versammlung von 1880 machten die Bemerkung, dass in dem Wortlaute des Aktes — in Bezug auf die früheren Könige — der Satz „gekrönt wurden“ ein unrichtiger Ausspruch sei, da bisher die Könige nicht gekrönt worden sind und in alten Zeiten — die mit Kámehámehá II. schliessen — dieselben nur durch die Ceremonie einer Salbung, der sogenannten „poni“ — zu ihrer Machtstellung eingeweiht wurden und seit der Constitution — wie es auch mit dem König Kalakaua stattgefunden — mit dem feierlichen Eide die Constitution zu unterstützen, in ihre Stellung traten.
W. M. Gipson setzte der Versammlung klar auseinander, dass die qu. Krönung ebenfalls nur eine Salbung, daher die Uebersetzung des Wortes Krönung „poni“ ist und dass der einzige Unterschied im christlichen Ceremoniell und in den[S. 307] Kosten liegt. Diese Antwort genügte der geringen Anzahl der Gegner.
Dieselbe Versammlung beschloss zugleich die Anschaffung der zur Krönung erforderlichen Regalien, bestehend aus: Siegelring, Scepter, Schwert, einer Krone für den König und einer kleinen für die Königin. —
1881. — Durch den Beschluss des Königs war die Krönung, die für dieses Jahr bestimmt gewesen, verschoben worden. Der König hatte nämlich die Absicht, eine Reise um die Welt zu machen, um persönlich die Häupter der Regierungen verschiedener Staaten kennen zu lernen und mit denselben in Verbindung zu treten um dadurch seiner bevorstehenden Krönung einen effektvolleren Glanz zu verleihen und um namentlich die Zustände als auch die Organisation der verschiedenen Länder der Welt in Augenschein zu nehmen und für sein Reich auszunutzen. Abgesehen von diesen Motiven wünschte der König, zur vollständigeren Feier der Krönung, erst die Vollendung des neuen Jolani-Palais abzuwarten.
Da der Minister der Finanzen S. K. Kaai — eine der Hauptstützen seiner erfolgreichen Regierung — ihn auf seiner Reise begleiten sollte, so wurde an seiner Stelle als stellvertretender Finanzminister der General-Auditor J. S. Walker mit Beibehaltung seines Amtes ernannt. —
1882. Zur Eröffnung der legislativen Versammlung des Jahres war der König — befriedigt von seiner Reise um die Welt — zurückgekehrt. Mit allen Staaten Europas war er in — für die Zukunft seines Reiches — nützliche Verbindungen getreten, hatte die verschiedenen Länder und ihre Organisationen mit auffallendem Verständniss genau kennen gelernt und betrat sein Land nicht nur mit aufgefrischtem Muthe, sondern auch mit dem Entschluss, die von ihm begonnene Organisation und Entwickelung seines Reiches mit verdoppelter Kraft fortzusetzen.
Seine Minister und höheren Beamten waren folgende: als Minister des Auswärtigen, d. h. als Premier — an Stelle von J. M. Kapéna — der seit 1861 im Königreich weilende[S. 308] W. M. Gipson; als Minister des Innern an Stelle des S. G. Wilder J. E. Bush; als Finanzminister der bisherige S. K. Kaai; als Generalrechtsanwalt der bisherige E. Preston; als Generalpostmeister und Minister des Hofes und Hofmarschall u. s. w. J. M. Kapéna; als Oberrichter und Kanzler des Reiches A. F. Judd; als erster Richter und Vice-Kanzler L. Mc Cully, als zweiter Richter und Vice-Kanzler B. H. Austin; als General-Auditor J. S. Walker.
Die legislative Versammlung von 1882 war eine an Vorlagen überfüllte und ist unter die erfolgreichsten zu zählen. Um ein klares Bild der Verhältnisse und der gegenwärtigen Stufe der Entwickelung des Landes zu entwerfen, will ich einige der Hauptbestimmungen der Versammlung wörtlich übersetzt wiedergeben. Dieselben liefern einen klaren Beweis, dass dieses kleine Reich im Zeitraum eines halben Jahrhunderts es verstanden hat, sich zu einer fast unglaublichen Reife zu entwickeln, sowie ferner, dass die Abkömmlinge der Westmalaischen Race nicht nur fähig, sondern auch strebsam für den Fortschritt in der Cultur sind, was so Viele, denen die dunkle Farbe gewisser Nationen zuwider ist, bezweifelten und noch gegenwärtig bezweifeln, wie es sich in Neuseeland zeigt, wo die Eingeborenen, verdrängt und missachtet, zu schwinden beginnen, während dieselben d. h. die Maoris, ebenso fähig, wahrscheinlich durch ihren energischeren Charakter noch fähiger als ihre Stammesgenossen die Hawaiier, zur Selbstverwaltung und zur fortschrittlichen Entwickelung ihres Landes, mit einem Worte zur Selbstständigkeit geeignet sind.
Eine der Vorlagen lautete: „Creirung eines additionalen Aus-und Einfahrtshafens für ausländische Schiffe im vereinigten Distrikt von Kawaihae auf der Insel Hawaii“; dieselbe wurde angenommen und Gesetz wie folgt:
Section I. Máhukóna auf der Insel Hawaii im vereinigten Distrikt von Kawaihae soll fortan ein additionaler Ein- und Ausfahrtshafen für ausländische Schiffe sein.
Section II. Dieser Akt wird Gesetz vom 1. Tage des Juli an.
Der Vorschlag der Veränderung des Artikels 56 der[S. 309] Constitution von 1864, welcher den 13. Mai 1868 auf Grundlage des Artikels 80 der Constitution schon einmal verändert worden war, lautet in seiner Verbesserung sub Cap. III wie folgt:
Section 56. Die Repräsentativen sollen für ihren Dienst aus dem Staatsschatz eine durch das Gesetz festgestellte Compensation erhalten. Diese Compensationen dürfen während des Jahres, an welchem dieselben festgestellt worden sind, nicht erhöht werden, und nie darf ein Gesetz die Compensation eines Repräsentativen über die Summe von 500 Dollar erhöhen.
Bestätigt durch den König den 13. Mai 1882. —
Der Vorschlag, die Section I des 1868 zum Gesetz erhobenen Aktes „Feststellung der Compensationen der Repräsentativen des Volkes“ zu verändern, lautet nach der Bestätigung des Königs vom 22. Mai 1882 wie folgt:
Section I. Die Compensation der Repräsentativen des Volkes wird hierdurch mit 500 Dollar für jede Sitzung festgestellt.
Section II. Dieser Akt wird vom Tage der Bestätigung an Gesetz, und alle Gesetze und Theile derselben, die zu diesem im Widerspruch sind, werden hiermit aufgehoben. —
Der Vorschlag, die Section III des Capitels 22 des Penalcodex zu verändern, lautet sub Capitel 5, bestätigt den 22. Mai 1882 als Gesetz, folgendermassen:
Section I. Ein Jeder, der vorsätzlich oder aus Bosheit am Tage oder in der Nacht das Wohnhaus eines Anderen in Brand legt, soll mit Gefängniss bei harter Arbeit auf Lebenszeit oder so und so viel Jahre je nach dem Urtheilsspruch bestraft werden. —
Der Vorschlag, die Section II des Capitels 10 des Penalcodex wurde wie folgt verändert und den 22. Mai 1882 zum Gesetz erhoben:
Section I. In Fällen von Vergehen nicht bedeutungsvollen Charakters kann der betreffende Gerichtshof den Schuldigen zu Geldstrafen bis 200 Dollar oder zu einer Gefängnisshaft mit harter Arbeit bis auf 2 Jahre verurtheilen; im Falle jedoch eine solche Strafe als zu gering sich erweisen[S. 310] sollte, so soll der Schuldige einer förmlichen gerichtlichen Untersuchung laut den Verordnungen der bestehenden Gesetze unterworfen werden. —
Der Vorschlag, dass die Sektion 892 des Civilcodex einer Veränderung unterworfen werden sollte, wurde angenommen und den 5. Juli 1882 zum Gesetz erhoben und lautet:
Section 892. Einer der angestellten Distriktsrichter von Oahú soll gegen Besoldung zugleich auch der Polizeirichter des Hafens von Honolulu sein. Einer der angestellten Distriktsrichter von Maui soll zugleich auch Polizeirichter des Hafens von Lahaïna sein. Einer der angestellten Distriktsrichter des zweiten Distrikts von Maui soll zugleich auch der Polizeirichter für den Distrikt Wailuku sein. Einer der angestellten Distriktsrichter für den ersten Distrikt der Insel Hawaii soll zugleich Polizeirichter des Hafens von Hilo sein. Einer der angestellten Distriktsrichter des zweiten Distriktes von Hawaii, soll zugleich auch der Polizeirichter des Distriktes von Nord-Kohála sein.
Durch diese Veränderungen ist dem Staate eine bedeutende Ersparniss geboten worden. —
Der Vorschlag zur Erhöhung der lebenslänglichen Bewilligung („Permanent Settlement“) des Staates an die Königin-Wittwe Emma wurde angenommen und den 5. Juni 1882 zum Gesetz und lautet:
Section I. Vom Tage der Bestätigung dieses Aktes an soll Ihrer Majestät der Königin-Wittwe Emma die Summe von 2000 Dollar per annum als Zuschlag zu der ihr durch den Akt des 31. Dezember 1864 bestimmten Jahresrente ausgezahlt werden. —
Der Vorschlag, die Commissionäre der Ländereien der Krone zu autorisiren, gewisse Landstrecken auf den Claus Spreckels — zur Befriedigung seiner erhobenen Ansprüche auf gewisse Ländereien der Krone — zu übertragen, wurde angenommen und lautete gemäss der Bestätigung des Königs vom 21. Juli 1882 derart: Da Claus Spreckels durch eine Ueberlieferung Ihrer Hoheit der Ruth Keelikoláni, behaupten[S. 311] will, ein Recht auf die ungetheilte Hälfte der Ländereien die unter dem Namen „Ländereien der Krone“ bekannt sind, zu haben und da es rathsam und dienlich erscheint, dass diese Forderung im Interesse des Staates durch Befriedigung oder durch einen Ausgleich des Prätendenten erfüllt wird, so wird hiermit verfügt:
Section I. Dass die Commissionäre der Ländereien der Krone hiermit autorisirt sind, dem Claus Spreckels einen regelrechten Garantieschein über die in folgender Liste specificirten Ländereien auszustellen und zwar in der Art und Weise, dass er vollständig befriedigt werde und dem Staat für die Zukunft keine Forderungen auf die sogenannten „Ländereien der Krone“ stellen darf.
Section II. Bevor jedoch dieser Garantieschein ihm übergeben wird, soll der pp. Claus Spreckels seinerseits einen regelrechten Garantieschein der Commission ausstellen, in dem er allen seinen Rechten und Interessen an den „Ländereien der Krone“ und allen Forderungen an dieselben entsagt.
Section III. Der Minister des Innern wird hierdurch beauftragt, das Königliche Patent auf die Uebertragung der nachfolgend benannten Ländereien anzufertigen und dem Claus Spreckels einzuhändigen:
Liste:
Das Ahupuaá von Wailuku auf der Insel Maui mit den dazu gehörigen kleinen Inseln, welches einen Umfang von circa 24,000 amerikanischen Ackern betragen soll. —
Der Vorschlag, die Section 11 des Capitels 55 des Penalcodex, die Tanzhäuser betreffend, zu verändern, wurde angenommen und durch die Bestätigung den 21. Juli 1882 als Gesetz erhoben und lautet:
Section XI. Der Minister des Innern kann nach seinem Gutachten gegen eine ihm schriftlich eingereichte Bittschrift einen Erlaubnissschein zum Halten eines Tanzlokals in der Stadt Honolulu und in der Stadt Wailuku auf der Insel Maui bewilligen, wogegen der Bittsteller ihm einen Betrag von 100 Dollar zum Vortheil des Staatsschatzes einzuhändigen hat. Es wird jedoch be[S. 312]stimmt, dass eine derartige Erlaubniss Keinem bewilligt wird, der eine Licenz zum Verkauf spirituöser Flüssigkeiten besitzt, ein Verkaufslokal, Theelokal oder Billardsalon hält oder an solchen Unternehmungen sich betheiligt.
Der Vorschlag, das Capitel 3 der Gerichtssitzungsstatuten die „Pässe“ betreffend, zu verändern, wurde angenommen und ist laut der Bestätigung vom 21. Juli 1882 Gesetz und lautet wie nachstehend:
Section I. Eines schriftlichen Avisos zufolge eines Protestes, einer Klage oder Forderung wegen Jemandem einen Pass nicht zu bewilligen der laut diesem Akte einen Pass fordert, darf nur Folge geleistet werden, wenn die Wahrheit der gegen eine solche Person gerichteten Forderungen, oder Klagen durch einen Eid des Anklägers vor dem Collektor des Zollamtes oder dessen Stellvertreter des Hafens wo die Bitte um einen Pass eingereicht worden ist, attestirt wird. Ohne ein solches beeidigtes Attest soll ein solches Aviso kein Hinderniss zur Verabreichung eines Passes sein, und nach Ablauf von 10 Tagen — von der Zeit an gerechnet, wo das Aviso eingereicht worden war — ist es die Schuldigkeit des resp. Collektors oder seines Stellvertreters, der betreffenden Person den geforderten Pass zu verabfolgen; es sei denn, dass in dieser Zeit der resp. Collektor des Zollamtes oder dessen Stellvertreter sich überzeugt hat, dass in irgend welchem Gerichtshofe die resp. Forderung, oder die Collektirung der resp. Schuld, vorgebracht worden ist. Nach Empfang eines schriftlichen Avisos über die Beendigung eines solchen gerichtlichen Vorganges oder eines beglaubigten „Bonds“, durch welchen der Betreffende sich verpflichtet, im Fall der richterliche Ausspruch gegen ihn stimmt, die von der gegen die Auslieferung seines Passes protestirende Person gestellte Forderung zu erfüllen, so soll es die Pflicht des resp. Collektors oder seines Stellvertreters sein, den Pass zu bewilligen.
Section II. Ein Pass darf keinem Arbeiter verweigert werden, der seinen schriftlichen Contrakt ausgedient und aus seinem Dienst entlassen worden ist. —
Der Vorschlag, die Section 428 und 429 des Civilcodex die „Naturalisirung der Ausländer“ betreffend zu verändern, wurde angenommen und den 27. Juli 1882 bestätigt und das Gesetz lautet:
Section 428. Der Minister des Innern soll mit der Genehmigung des Königs die Superintendenz und die Direktion über die Naturalisirung der Ausländer haben.
Section 429. Der benannte Minister soll mit der Genehmigung des Königs die Macht haben, wenn es sich als für das Königreich nützlich erweist, jede Person, die da wünscht ein beständiger Inwohner des Königthumes zu werden, in den Unterthanenverband des Reiches aufzunehmen und persönlich von derselben den Eid der Lehenstreue zu empfangen. Eine solche Person muss jedoch 5 Jahre bis zur Zeit der Effektuirung ihrer Bittschrift als Unterthan des Königreiches aufgenommen zu werden, im Lande gelebt und einen schuldenfreien, steuerpflichtigen Realbesitz im Inselreiche von Hawaii haben, nicht von unmoralischem Charakter, weder eine von irgend welchem Gerichte ausländischer Länder flüchtige oder ein desertirter Matrose, Seesoldat, Landsoldat oder Offizier sein. —
Der Vorschlag eines Gesetzes zur „Beförderung der Agrikultur“ wurde angenommen und den 3. August 1882 bestätigt und das Gesetz lautet:
Section 1. Ausser den Summen, die die Legislatur zur Ermuthigung der Landwirthschaft incl. für die von Faktoreien zur Zubereitung und dem Einmachen von Früchten als z. B. Ananas, Birnen, Aepfeln, Pfirsichen, Feigen und anderen werthvollen Früchten bewilligen, soll der Minister des Innern hiermit autorisirt sein, die erforderlichen Summen zur Errichtung von Faktoreien für die in diesem Akte designirten Zwecke an solche Personen oder Compagnien vorzustrecken, die ein solches Geschäft etabliren und mindestens 10 Jahre betreiben wollen.
Section 2. In der laut diesem Akt bedachten Unterstützung der Agrikultur soll auch die Anschaffung und[S. 314] die Einführung ausländischer Früchte in das Königreich, sei es als Pflanzen, sei es in Saamen, ebenso auch Bäume von ertragfähiger Art inbegriffen sein. Die Pflicht, solche aus dem Auslande zu verschaffen und unter das Publikum zu vertheilen, soll dem Minister des Innern übertragen sein und die Kosten des Imports sollen durch die von der Legislatur zur Unterstützung der Agrikultur bewilligten Gelder bestritten werden.
Section 3. Die Summe von 5000 Dollar soll zur Ausführung dieses Aktes in die Bewilligungsurkunde eingetragen werden.
Der Vorschlag eines Gesetzes „die Hospitalgebühren der Passagiere“ betreffend, wurde angenommen und den 3. August 1882 bestätigt und wie folgend Gesetz:
Section 1. Die Vorsteher des „Queens-Hospital“ sind hiermit autorisirt und angewiesen, von den, seitens der in den verschiedenen Häfen des Landes landenden Passagieren als Hospitalgebühr empfangenen Geldern, 2500 Dollar jährlich zu reserviren. Alles was in irgend einem existirenden Gesetze dieser Verfügung widerspricht, wird hiermit als ungiltig erklärt.
Section 2. Diese jährlich zu reservirende Summe von 2500 Dollar soll von den resp. Vorstehern laut ihrem Gutachten, zur Distribution an die verschiedenen Wohlthätigkeitsvereine Honolulus, zur Unterstützung von Kranken und bedürftigen Ausländern benutzt und angewendet werden.
Der Vorschlag, die „Section 2 des Cap. 7“ der Sitzungsgesetze von 1880 zu verändern, wurde angenommen und den 3. August 1882 bestätigt und mit folgendem Wortlaut zum Gesetz:
Section 2. Der Minister des Innern ist hiermit autorisirt, die Ausgaben benannter Behörden für die biennale Periode bis zu einem Betrage von 10,000 Dollar zu bezahlen. In dieser Summe sind inbegriffen: das Gehalt der Präsidenten und der Mitglieder der Behörden, die Annoncen, der Ankauf von genealogischen Büchern, von Werken der alten Geschichte und Reisekosten, desgleichen Archiv[S. 315]bücher, Papier, Federn, Dinte, die Herstellung der Wappen und Insignien der Häuptlingsfamilien, das Suchen nach alten Reliquien, (die da verloren oder an versteckten Orten verborgen sind), das Bestimmen alter Beerdigungsplätze der Häuptlinge und das Hüten derselben vor Entheiligungen und Beschädigungen.
Der Vorschlag, ein Gesetz zu erlassen, um bis zu einer gewissen Umgebung der Stadt Honolulu „die Errichtung und die Reparatur der nicht aus feuerfestem Material bestehenden Bauten zu beschränken“, wurde angenommen und den 4. April 1882 bestätigt und wie folgt Gesetz:
Section 1. Das Wort „Gebäude“ soll in diesem Akte bedeuten: jedes Wohnhaus, Bude, Kaufladen, Waarenhaus, Werkstätte, Stall, Privat- oder andere Gebäude oder Bauten jeder Art; die Worte „in Zukunft zu bauen“ beziehen sich auf die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnenen Bauten oder auf diejenigen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden und nicht im Verlaufe eines Monats nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes unter Bedachung sind.
Section 2. In Zukunft sollen die äusseren Mauern und die Dächer der Gebäude, die in der Stadt Honolulu in der sub folgender Liste specificirten Grenze sich befinden — mit Ausnahme der Schuppen, die die Regierung zur Accommodation der Werfte längs derselben erbaut — aus Ziegeln, Steinen, künstlicher Steinmasse, Eisen oder anderem feuerfestem Material erbaut werden. Wenn Eisen gebraucht wird, so soll das Gerüst ebenfalls aus Eisen sein.
Section 3. Jede Person, die den Vorschriften dieses Gesetzes zuwider handelt, soll — als eine einen Gemeinschaden verursachende — für schuldig erklärt sein, und soll gegen dieselbe behufs Ahndung dieses Vergehens gesetzlich verfahren werden.
Section 4. Dieses Gesetz soll, vom Tage seiner Veröffentlichung an gerechnet, in Kraft treten:
Liste.
Alle Theile der Stadt Honolulu, die der Wasser[S. 316]front angrenzen und dieser Wasserfront folgend die Gebäude, die bis 80 Fuss östlich in die „Ewa“-Seite der „Nuuanú“-Strasse bis zur Makae-Seite der „King-Street“, dann längs der „King-Street“ bis zur Spitze der „Fort-Street“, 80 Fuss östlich von der „Waikiki“-Seite derselben und dann 80 Fuss von der „Waikiki“-Seite der „Fort-Street“ wieder bis zur Wasserfront; desgleichen alle Theile der Stadt Honolulu, die auf dem zurückgeforderten sogenannten Landstriche, Wai-káhalulú, der Makae- und der „Queenstreet“ sich befinden. —
Die Vorlage zur „Feststellung der Gage der Geschworenen“ wurde angenommen und, den 5. Aug. 1882 bestätigt, wie folgt zum Gesetz:
Section 1. Vom Tage der Bestätigung dieses Aktes an soll das Gehalt der Geschworenen sein: 2 Dollar für jeden Sitzungstag im Gerichtshof, 5 Cents für jede englische Meile ihrer Reise vice versa und 1 Dollar für jeden gefällten Urtheilsspruch.
Section 2. u. s. w.
Der Vorschlag, die Section 64, 65, 66 des Civilcodex zu verändern, welche „die Auktionäre“ betreffen, wurde angenommen und den 5. August 1882 bestätigt, zum Gesetz mit folgendem Wortlaut:
Section 64. Der Minister des Innern kann zu jeder Zeit „für die Dauer eines Jahres“ einer oder mehreren hierzu geeigneten Personen für jeden Steuerdistrikt, das Recht eines öffentlichen Auktionärs für einen namentlich bestimmten Steuerdistrikt genehmigen. Eine Ausnahme hiervon bilden Personen die Unterthanen von Ländern sind, mit denen das Königreich keine Verträge geschlossen hat und denen dieses Recht nicht zugestanden wird.
Section 65. Der Preis der Licenz für Auktionäre soll für den Distrikt Honolulu (Oahú) die Summe von 500 Dollar und nicht weniger als ½ Procent vom Betrage eines jeden geschlossenen Verkaufes ausmachen. Für die übrigen Distrikte ist die Summe der Licenz von[S. 317] 500 Dollar, und der Procentsatz soll vom Minister des Innern bestimmt werden, darf jedoch nicht 1 Procent übersteigen.
Section 66. Jeder Auktionär soll bei Empfang der Licenz einen Sicherheits-Bond auf 3000 Dollar dem Minister des Innern ausstellen, wenn die Licenz für den Distrikt Honolulu (Oahú) gültig ist und einen Bond im Betrage von 500 Dollar, wenn die Licenz für andere Distrikte der Inseln ausgestellt ist.
Diese Bonds müssen sich auf gute Sicherheit stützen und vom Minister des Innern gebilligt sein und dafür gut stehen, dass die Auktionäre treue Rechenschaft über alle ihre laut dem Gesetze bewerkstelligten Verkäufe geben, dass sie vierteljährlich dem Minister des Innern den Betrag des — der laut ihren Erlaubnissscheinen ihnen auferlegten — Prozentsatzes einzahlen, dass sie es nie versäumen, den Parteien, für die sie einen Verkauf bewerkstelligen, den Betrag des — beim Verkauf nach Abzug ihrer Commission und ihrer Auslagen — entstandenen Restes empfangener Summen auszahlen und dass sie in allen Sachen sich pünktlich an die Bestimmungen der Gesetze für Auktionäre halten. —
Der Vorschlag, ein Gesetz für „die Licenz der Milchhäuser, für den Verkauf von Milch und für die Inspicirung derselben in der Stadt Honolulu“ zu creiren, wurde angenommen, den 5. August 1882 bestätigt und wie folgend zum Gesetz:
Section 1. Der Minister des Innern ist hiermit autorisirt, Licenzen zur Eröffnung von Milchhäusern und zum Verkauf von Milch für die Stadt Honolulu Allen, die eine solche nachsuchen, für die Dauer eines Jahres zu verabfolgen, nachdem er von einer solchen Person den Betrag von 25 Dollar für den Staatsschatz empfangen hat.
Section 2. Jede Person, die Milch verkauft, oder solche zum öffentlichen Verkauf in Honolulu anbietet ohne eine solche Licenz gelöst zu haben, unterliegt, nachdem dieselbe von einem Polizeirichter ihrer That überführt worden,[S. 318] je nach dem Urtheil desselben, einer Strafe von 5 bis 25 Dollar.
Section 3. Jede Person, die in Honolulu mit Wasser oder einer anderen Substanz verdünnte oder gemischte Milch verkauft, soll nach Ueberführung ihres Vergehens laut richterlichem Urtheil einer Strafe von 5 bis 25 Dollar unterworfen werden.
Section 4. Die Sanitätsbehörde soll einen ihrer Agenten für die Stadt Honolulu als „Inspektor der Milch“ ernennen. Es soll die Pflicht eines solchen Inspektors sein, hin und wieder in Honolulu verkaufte oder zum Verkauf angebotene Milch zu prüfen, und wird hiermit derselbe ermächtigt, wenn er gefälschte trifft, dieselbe sofort zu confisciren und eine sofortige Prosekution einzuleiten.
Section 5. Die Bestimmungen dieses Aktes sollen die Personen nicht berühren, die eine oder mehrere Kühe zum eigenen Bedarf halten oder Milch ihren Nachbarn verabfolgen, ohne dieselbe öffentlich zu verkaufen.
Section 6. u. s. w. Dieser Akt soll 30 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten. —
Der Vorschlag „der Autorisation einer nationalen Anleihe“ und die „Definition der Zwecke für welche die Anleihe gebraucht werden soll“, wurde nach einer Debatte angenommen, am 5. August 1882 bestätigt und wie nachstehend zum Gesetz erhoben:
Section 1. Der Minister der Finanzen unter der Direktion des Königs und des Cabinet-Conciliums wird hiermit autorisirt, von Zeit zu Zeit auf Credit der Hawaiier Regierung im Verlaufe von 3 Jahren — vom Tage der Bestätigung dieses Aktes an gerechnet — Anleihen zu bewerkstelligen, die in Summa Summarum nicht 2 Millionen übersteigen und nur für die in diesem Akte bezeichneten Zwecke dienen dürfen. Für diese Anleihen soll der Minister der Finanzen von Zeit zu Zeit je nach seinem Gutdünken Coupon-Bonds, jedoch nur zum Pari-Werthe und à 6 % jährlich bei halbjährlicher Zahlung in Cours bringen. Diese Bonds sollen von jeder Staatssteuer oder[S. 319] Gebühr befreit und nicht vor 5 und nicht später als in 25 Jahren fällig sein. Das Kapital und die Zinsen dieser Bonds sind zahlbar in Goldmünze der Vereinigten Staaten oder deren Aequivalent.
Sektion 2. Die durch diesen Akt autorisirte Anleihe soll für folgende Zwecke, benutzt und ausgegeben werden:
Einwanderung zur Wiederbevölkerung | Dollar | 500,000 |
Regierungsgebäude incl. Hospitäler | „ | 200,000 |
Füllung und Wiedereinrichtung der Wasserstellen Waïkahálulu | „ | 50,000 |
Landungen und Baken | „ | 50,000 |
Anlagen neuer Wege und Brückenbau | „ | 300,000 |
Sanitätseinrichtungen für Honolulu | „ | 100,000 |
Hafeneisenbahn in Honolulu | „ | 40,000 |
Vertiefung des Hafens von Honolulu und seiner Einfahrt | „ | 150,000 |
Telephon- u. Telegraphenverbindungen | „ | 100,000 |
Beförderung der Eisenbahn im Reiche | „ | 15,000 |
Beförderungen der Agrikultur | „ | 360,000 |
Summa | Dollar | 2,000,000 |
Section 3. Alle Anleihen, so auch alle zu diesem Akt zur Anwendung autorisirten Summen sollen dem Finanzminister eingezahlt werden, der dieselben unter dem sogenannten Anleihe-Fond „the Loan Fund“ eintragen soll. Von diesen Geldern darf unter keiner Bedingung auch nicht der geringste Theil zu anderen Zwecken als den in diesem Akt namentlich bestimmten verwandt werden.
Section 4. Der Minister der Finanzen wird hiermit autorisirt, von Zeit zu Zeit mit den im Staatsschatze befindlichen Geldern, d. h. mit den Summen, über welche nicht anders verfügt worden, die erforderlichen Ausgaben zur Anfertigung der in diesem Akt erwähnten Anleihebonds sowie die Zahlungen der von Zeit zu Zeit entstehenden Interessen derselben zu bestreiten.
Section 5. Die Bewilligungen der diesjährigen legislativen Versammlung betrugen für das folgende Biennium die Summe von 1,025,000 Dollar und sind für folgende Zwecke bestimmt:
Wege, Brücken und die „Pali“-Strasse | Dollar | 300,000 |
das Zollhaus und die Speicher für den Hafen von Kahului | „ | 15,000 |
das Zollhaus und die Speicher für den Hafen von Mahukóna | „ | 15,000 |
das Zollhaus und die Speicher für den Hafen von Hilo | „ | 15,000 |
Polizeigerichte, öffentliche Arbeiten, Wasserarbeiten, Steuerassesore etc. (d. h. die Bauten für dieselben) | „ | 35,000 |
feuerfeste Gebäude für die „Supreme court“ und andere Gerichtshöfe | „ | 15,000 |
Bau und Reparaturen der Gerichtslokale und Polizeiarrestzellen | „ | 30,000 |
Hafeneisenbahnen in Honolulu | „ | 50,000 |
die verschiedenen Landungsplätze | „ | 50,000 |
die Ermuthigung der Einwanderung | „ | 500,000 |
Summa | Dollar | 1,025,000 |
Diese Summen sollen der durch diesen Akt autorisirten Anleihe aufgebürdet und von den geliehenen Geldern ausgezahlt werden. Alle Gelder, die der Finanzminister für benannte Zwecke bis zur effektuirten Anleihe ausgezahlt haben wird, sollen ihm nach gemachter Anleihe zurückgezahlt werden.
Section 6. Dieser Akt wird vom Tage seiner Veröffentlichung an gerechnet zum Gesetz. —
Der Vorschlag der Regierung zur „Niederdrückung der Krankheiten unter den Thieren des Königreiches“ wurde angenommen, den 5. August 1882 bestätigt, und wie folgt zum Gesetz:
Da durch den Import von Viehständen aus dem Auslande verschiedene auf den Inseln von Hawaii bisher unbekannte Krankheiten eingeführt worden sind, die sich verbreitet, höchst werthvolle Viehbestände vernichtet und einen grossen Schaden verursacht haben, und da keine Bestimmungen oder Gesetze zur Verhütung dessen vorhanden, so wird hiermit verfügt:
Section 1. Dass der Minister des Innern hiermit auto[S. 321]risirt und angewiesen ist, in allen Importhäfen des Königreiches Quarantaine-Stationen für Thiere einzurichten.
Section 2. Dass der Minister des Innern competente Personen und zwar 3 für den Hafen von Honolulu und 1 für die anderen Import-Häfen des Königreiches als Thier-Untersuchungs-Inspectoren („Inspectors of animals“) zu ernennen und im Falle eine solche Stelle von Zeit zu Zeit frei werden sollte, sofort dieselbe wieder zu besetzen hat. Einer der 3 für Honolulu ernannten soll exekutiver Inspector sein; dieser soll in Berücksichtigung dieses Aktes mit der Machtbefugniss, allen Rechten, Privilegien und Freiheiten der Zollbeamten und der Sanitätsbeamten ausgestattet sein. Es soll die Pflicht dieser Angestellten sein, die verschiedenen Quarantaine-Stationen stets sauber und zum Gebrauch bereit zu erhalten.
Section 3. Der Befehlshaber eines jeden Schiffes, auf welchem lebendes Vieh für irgend einen Hafen dieses Königreiches verschifft worden ist, muss sofort bei seiner Ankunft den Zollbeamten, der zur Aufsicht des Schiffes erscheint, hiervon benachrichtigen, der betreffende Zollbeamte dieses dem Inspectionsbeamten umgehend zu wissen geben und die Landung der Thiere, sowie des Futters, des Wassers oder irgend welcher Gegenstände, die mit den Thieren während der Reise in Berührung gewesen, verbieten, bis nicht der betreffende Inspectionsbeamte die Thiere geprüft und die Genehmigung zur Landung der Thiere ertheilt hat.
Section 4. Alle lebenden Thiere mit Ausnahme solcher wie z. B. Canarienvögel und andere kleine Thiere, die speciell vom Inspectionsbeamten durchgelassen werden, sollen bei ihrer Ankunft im Königreiche aus irgend einem ausländischen Hafen oder einer ausländischen Gegend einer Quarantaine und zwar auf Kosten des Besitzers — an einem vom Minister des Innern hierzu angewiesenen Platze — für die Dauer von mindestens 14 Tagen oder längerer Zeit wenn es der Beamte für erforderlich hält, unterworfen werden. Im Falle von Zeichen einer ansteckenden Seuche, oder in Folge dessen, dass an den Orten wo die[S. 322] Thiere eingeschifft worden waren ansteckende Krankheiten oder Seuchen herrschen, oder aus irgend einem anderen Grund der öffentlichen Sicherheit, soll der Inspectionsbeamte eine Quarantaine zu verfügen befugt sein. Sollte nach sorgfältiger Prüfung der Inspectionsbeamte finden, dass ein oder mehrere Thiere mit einer Seuche oder Krankheit behaftet, die für den Viehstand des Landes gefährlich werden könnte, so soll er dies sofort dem Minister des Innern melden, der alsdann, wenn er es für zweckmässig hält, befiehlt, ein solches Thier oder solche Thiere, so auch alles Futter und alle Gegenstände die mit denselben in irgend welcher Berührung gewesen, augenblicklich zu vernichten.
Section 5. Lebende Thiere, die von einer Insel zur andern verschifft werden, sind ebenfalls den sub Section 3 benannten Vorschriften unterworfen und unterliegen einer Quarantaine, entweder am Orte der Ein- oder dem der Ausschiffung.
Section 6. Auf Grund dieses Aktes soll der Minister des Innern von Zeit zu Zeit durch Proklamation die Häfen und Orte wo Seuchen ausgebrochen sind benennen und die Einfuhr von Thieren jeder Art aus jenen — bis zur Widerrufung dieses Befehles — verbieten.
Section 7. Alle eingeführten Thiere, das Futter, die Geschirre, Effekten derselben, die den Vorschriften dieses Aktes zuwider gelandet, oder aus der Quarantaine eigenmächtig befreit worden sind, desgleichen alle Thiere, die in den Raum einer solchen Quarantaine, unter die in Quarantaine stehenden Thiere — aus welcher Ursache es auch sei — gerathen sind, verfallen alsdann zum Nutzen der Regierung von Hawaii.
Section 8. Eine jede Person die wissend oder vorsätzlich die Verordnungen dieses Aktes übertritt, oder zu einem solchen Vergehen behülflich ist, oder die ein solches Thier oder das Futter oder die Gegenstände derselben — bevor der inspicirende Beamte solche von der Quarantaine befreit hat — kauft, fortführt, wissend oder vorsätzlich bei sich beherbergt, oder sich weigert den Befehl[S. 323] des inspicirenden Beamten zu erfüllen, verfällt einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit, für die Dauer von höchstens 6 Monaten, oder einer Geldstrafe bis 500 Dollar, oder beidem zusammen.
Section 9. Vom Besitzer oder dem Commissionär der betreffenden Thiere sollen — seitens des betreffenden Beamten für Inspection und Quarantaine — folgende Beträge collektirt werden: 1 Dollar für jedes Pferd und jedes Stück Rindvieh welches geprüft worden; 50 Cents für jedes Schaf und 10 Cents für jedes andere inspicirte Thier. Von allen Strafgeldern erhält die Hälfte der Angeber oder Prosecutor. Der Minister des Innern soll nach seinem Gutachten eine gerechte und genügende Compensation den Inspectionsbeamten zukommen lassen. Er soll die erforderlichen Auszahlungen zur regelrechten Unterhaltung der Quarantaine-Stationen, desgleichen für alle durch diesen Akt entstehenden unerwarteten Kosten incl. die Zahlungen für die erwähnte Vernichtung von Thieren und Gegenständen ausrichten. Nach Erlegung der Hälfte der Strafgelder an die Angeber und Prosecutoren, soll der Rest derselben gleichwie alle in diesem Akte erwähnten Einnahmen dem Staatsschatze — zur Benutzung für Zwecke dieses Aktes — eingezahlt werden.
Section 10. Der Minister des Innern soll zur Verbesserung und effektvolleren Ausübung der in diesem Akte vorgeschriebenen Massregeln — von Zeit zu Zeit — erforderliche Vorschriften zur Regelung derselben veröffentlichen.
Der Vorschlag der Regierung zum „Schutz der Mädchen-Pensionen“ wurde angenommen, den 7. August 1882 bestätigt und wie folgend zum Gesetz:
Da bekanntlich viele Unannehmlichkeiten und üble Folgen in neuerer Zeit solchen Pensionen durch die Introduktion in dieselben unautorisirter, unmoralischer Personen, gegen die das Gesetz keine angemessene Strafe verfügt stattgefunden und noch stattfinden und es somit erforderlich wird, dass die Mädchen — die zu ihrer moralischen Erziehung in solche Anstalten gegeben worden sind — gegen den Einfluss solcher Personen gründlich geschützt werden,[S. 324] so wird hiermit verfügt, dass jede Person, die ohne Erlaubniss in die Wohnungen solcher Kostschulen („boarding-schools“) eindringt, durch einen Konstabler und zwar ohne Verhaftsbefehl, sofort — und dass auf die Klage des Direktors, der Direktrice oder, einer sonstigen Person der die Aufsicht oder, die Vormundschaft übertragen — arretirt und vor einem Polizei- oder Distriktsmagistrat zur Ueberführung ihres Vergehens gestellt und zu einer Geldstrafe bis zu 200 Dollar oder einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit bis zu 6 Monaten oder zu beidem gemäss des Dafürhaltens des Magistrats verurtheilt werden soll. Hiermit wird in keiner Weise verhindert, dass der Uebelthäter noch obendrein für andere begangene Vergehen in einer derartigen Anstalt, zu einer Strafe oder zu einem Schadenersatz verklagt werde. —
Der Vorschlag eines Gesetzes zur „Regulirung der Licenz für ausländische reisende Handelsagenten im Königreiche“ wurde angenommen, den 7. Aug. 1882 bestätigt und wie folgend zum Gesetz erhoben:
Section 1. Vom Tage der Bestätigung dieses Aktes an und in Zukunft, soll eine jede Person, ein jeder Agent oder Repräsentant einer ausländischen Handels- oder Manufacturfirma, Compagnie, oder Corporation eine Licenz um Güter oder Waaren irgend welcher Art im Inselreiche Hawaii zu verkaufen, erhalten. Eine solche Person erhält die Licenz erst, nachdem dieselbe dem Minister des Innern einen Bericht eingereicht hat, in welchem der Name, der Wohnplatz und die Branche der ausländischen Firma, Compagnie oder Corporation die dieselbe vertritt, genau angegeben ist. Nach genauer Ausfüllung des Berichtes und genauer Durchsicht desselben, darf der Minister des Innern auf Grund eines solchen und gegen eine Einzahlung von 500 Dollar, der betreffenden Person für die Dauer eines Jahres eine Licenz zum Verkauf von Gütern und Waaren in Honolulu und der Insel Oahú verabfolgen. Im Falle eine Person den erwähnten Bericht ausgefüllt und dem Minister des Innern nur 250 Dollar eingezahlt, so bewilligt der Minister ihr eine Licenz für[S. 325] die Dauer eines Jahres zum Verkauf von Gütern und Waaren in allen Städten, Ortschaften oder Distrikten der Hawaii-Inseln, jedoch mit Ausnahme von Honolulu. Einer solchen Person wird jedoch zur Bedingung gestellt, dass dieselbe Güter und Waaren nur für eine Firma, eine Compagnie oder Corporation mit der laut diesem Akt bewilligten Licenz verkaufen und dieses Recht nicht übertragen darf.
Section 2. Jede Person, die Güter oder Waaren für eine ausländische Firma, Compagnie oder Corporation — in den Hawaii-Inseln — ohne Licenz verkauft, unterliegt der Anklage und dem Arrest und nach Ueberführung des Vergehens, einer Geldstrafe von 500 Dollar. Eine jede Person soll für eine falsche Angabe in ihrem Berichte an den Minister des Innern — nach der Ueberführung ihres Vergehens — der laut den Gesetzen verfügten Strafe für das Verbrechen des Meineides, verfallen.
Section 3. Alle Gesetze und Theile derselben, die im Widerspruche zu diesem Akte sind, werden hiermit widerrufen. —
Der Vorschlag zur „Vervollständigung und Verbesserung der Steuergesetze“ wurde angenommen, als neues Gesetz den 7. August 1882 bestätigt und lautet:
Section 1. Die verschiedenen Gesetze und Theile derselben, die in der diesem Akt beigefügten ersten Liste benannt sind, sollen hiermit widerrufen werden. Der Inhalt dieses Aktes soll keine rückwirkende Kraft auf die — auf Grundlage dieser widerrufenen Gesetze — abgeschlossenen Fälle, als z. B. haftende Verfahren, sich zugezogene Strafen oder Verbindlichkeiten, stattgefundene Verordnungen, Befehle, verpflichtende Rückzahlungen und Entschädigungen, bewilligte Bescheinigungen und auf constituirte Handelsgerichte haben.
Die Kopfsteuer.
(„Pool-tax“.)
Section 2. Eine Kopfsteuer von 1 Dollar soll jeder männliche Einwohner des Königreiches von seinem 17. bis[S. 326] zum 60. Lebensjahre jährlich bezahlen; es sei denn, dass die Person — gesetzlich oder vom Assessor des Distriktes ihrer Armuth oder Schwächlichkeit wegen — von der Steuer befreit worden ist.
Die Schulsteuer.
Section 3. Eine jährliche Steuer von 2 Dollar soll ein jeder männliche Einwohner des Königreiches von seinem 20. bis zum 60. Lebensjahre zur Unterhaltung der öffentlichen Schulen bezahlen; es sei denn, dass die Person — gesetzlich oder vom Assessor seines Distriktes — ihrer Gebrechlichkeit, Schwäche oder Armuth wegen davon befreit ist, oder zur Zeit noch studirend in einer der Schulen oder Hochschulen sich befindet.
Steuer für Thiere.
Section 4. Für jeden Hund hat der Besitzer eines solchen, jährlich eine Steuer von 1 Dollar zu zahlen. Der Steuercollektor soll gegen Empfang des Betrages, dem Besitzer des Hundes eine Metallmarke für jeden Hund ausliefern, die mit einer laufenden Nummer und der Jahreszahl der Steuerzahlung gestempelt sein muss. Diese Stempelung soll dem Namen des Besitzers gegenüber in das registrirte Buch eines jeden Distrikts-Collektors von 1 aufwärts eingetragen und vom betreffenden Besitzer für die Marke 10 Cents erhoben werden.
Section 5. Jeder Besitzer eines Hundes soll die empfangene Marke dem betreffenden Hunde am Halse in haltbarer Weise befestigen. Jeder Hund der ohne Marke angetroffen wird, soll durch Polizeidiener vernichtet werden.
Section 6. Jede Person, die eine Marke benutzt die von der Vorschrift dieses Aktes abweicht, oder eine gesetzliche Jahresmarke über ein Jahr hinaus benutzt, oder eine gesetzliche Marke fälscht, oder eine solche betrügerisch vom Halse eines Hundes löst oder lösen lässt, soll nach der Ueberführung ihres Vergehen vor einem Polizei- oder Distriktsrichter, zu einer Geldbusse bis 10 Dollar oder Gefängniss bei harter Arbeit von einer Dauer bis 30 Tage durch Urtheilsspruch des Richters, unterworfen werden.
Section 7. Der Minister der Finanzen ist hiermit beauftragt, die erforderlichen Marken — in der laut Section 4 und 5 bestimmten Form — anfertigen zu lassen und den Steuercollektoren in der ihnen erforderlich scheinenden Anzahl, für welche dieselben Rechenschaft abzulegen haben, zu verabfolgen.
Section 8. Jede Person, in deren Verwahrung oder Eigenthum irgend ein steuerpflichtiges Thier sich findet, wird ohne Weiteres als Besitzer desselben angesehen und für ein solches besteuert.
Wegesteuer.
(„Road-tax“.)
Section 9. Eine jährliche Wegesteuer von 2 Dollar soll jeder männliche Einwohner des Königreichs von seinem 17. bis zum 50. Lebensjahr bezahlen, es sei denn dass die Person — gesetzlich oder durch den Assessor ihres Distrikts ihrer Armuth oder Schwächlichkeit wegen — von dieser Zahlung befreit ist.
Section 10. Abgesehen von der Steuer, die der Besitzer eines Karrens oder einer Schleife, als für persönliches Eigenthum zu zahlen hat, soll für jeden Karren oder jede Schleife ausserdem, eine jährliche Wegesteuer von 2 Dollar erhoben werden.
Section 11. Alle Steuern die laut Section 9 und 10 empfangen werden, sollen nur zur Erhaltung, zur Reparatur und zum Neubau öffentlicher Wege und Landstrassen benutzt werden und zwar in der Art, dass der Betrag solcher Einnahmen eines Distriktes nur in dem betreffenden Distrikt selbst verwendet wird.
Section 12. Jeder Wagen und jedes Fuhrwerk — mit einem Pferde oder mehreren, oder Mauleseln getrieben — für den Transport von Personen benutzt, soll jährlich einer Steuer von 5 Dollar unterliegen, die vom Besitzer zu erheben, ist.
Eigenthumsteuer.
Section 13. Jedes Grundeigenthum im Königreiche soll einer jährlichen Steuer von ¾ % seines Werthes unterworfen sein.
Section 14. Unter Grundeigenthum soll verstanden sein: alle Ländereien, alle Stadtgründe incl. die Gebäude, Bauwerke, Meliorationen und anderweitige auf denselben sich befindende Errichtungen.
Section 15. Alles persönliche Eigenthum innerhalb des Königreiches, welches keiner Steuer unterworfen war, soll einer jährlichen Steuer von ¾ % seines Nettowerthes unterworfen sein.
Sektion 16. Unter „persönliches Eigenthum“ wird verstanden: das Hausmobiliar, Effekten, Hausgeräth, bewegliches Vermögen, Waaren und Krämereien, Schiffe und Seefahrzeuge jeder Art des Landes — ob im Hafen oder auf Reisen sich befindend —, alles baare Geld, Pachtzahlungen und Zinsen des beweglichen Vermögens, Ländereien und Grundeigenthum, Ernten auf dem Felde, Staats-Aktien und -Bonds und alle Hausvögel und Hausthiere die nicht speciell besteuert sind.
Section 17. Alle Feuer-, See- und Lebensversicherungscompagnien, die im Königreiche ihr Geschäft entfalten, sollen pro 100 Dollar, die sie resp. für die im verflossenen Jahre ausgestellten Versicherungsprämien erhalten haben, 1 Dollar bezahlen. Diese Compagnien sollen laut diesem Akte keiner anderen Steuer unterworfen werden.
Ueber die Schätzung und Collekte der Steuern.
Section 18. Das Wort „Compagnie“ soll, wenn es in diesem Akte gebraucht wird, eine Corporation bedeuten, die auf Grundlage der Gesetze des Königreichs incorporirt ist und ihre Thätigkeit im Königreiche ausübt oder eine Genossenschaft bedeuten, die aus 2 oder mehr Personen besteht, die ihr Geschäft zusammen betreiben.
Section 19. Das Eigenthum einer Compagnie soll auf den Namen der Corporation oder der Firma geschätzt werden. Die individuellen Mitglieder derselben sollen bei der Schätzung des Eigenthumes keiner Verbindlichkeit — in Bezug auf ihren Antheil und ihre Interessen in der Compagnie oder Corporation — unterworfen werden.
Section 20. Die hier nachfolgend erwähnten Berichte sollen — wenn dieselben von einer Corporation ausgestellt sind — vom Präsidenten, oder dem Schatzmeister, dem Sekretair oder dem Verwalter derselben und falls es von einer Firma ist, von einem Gliede derselben ausgefertigt werden.
Section 21. Jeder Agent irgend einer Person die zeitweilig oder beständig vom Königreiche abwesend ist, jeder Vormund, Schatzmeister, Executor, Administrator oder Aufseher soll für jedes Eigenthum oder jede Pflegschaft der er vorsteht separirt geschätzt werden und zur Zahlung der betreffenden Steuer — gleichsam als wenn er der Eigenthümer selbst wäre, — angehalten und auf seinen Namen hin — als Repräsentant oder Vormund des Eigenthümers — geschätzt werden. Eine solche Schätzung soll demnach von seiner individuellen Beschätzung abgesondert sein.
Section 22. Jeder Agent, Vormund, Schatzmeister, Executor, Administrator und Aufseher soll für die Erfüllung aller dieser Handlungen, Thatsachen und Dinge — die laut den Vorschriften dieses Aktes die Schätzung des Eigenthumes dem ein solcher vorsteht und für das er die Steuern zu entrichten hat, betrifft — verantwortlich gemacht werden; desgleichen soll er für jedes Versehen, für jede Verweigerung oder Vernachlässigung der Verantwortung und Strafe unterworfen werden und ist hierdurch autorisirt, von der steuerpflichtigen Person die Auslage zurückzufordern, oder den Betrag derselben von den Summen in Abzug zu stellen die er als Repräsentant für die betreffende Person empfängt.
Section 23. Der Verpfänder irgend eines Eigenthums soll nur der Taxation der Differenz, zwischen dem reellen Werthe des verpfändeten Eigenthums und dem Betrage der Pfandschuld, unterworfen werden. Der Verpfänder soll, in dem laut diesem Akte von ihm geforderten Berichte über den Stand seines Eigenthums, einen Entwurf beifügen, in welchem das Datum der bewerkstelligten[S. 330] Pfandanleihe, der Name und die Adresse des betreffenden Pfandgläubigers angegeben sind.
Section 24. Was den Betrag der Pfandschuld betrifft, so zahlt Verpfänder auch die Steuer für den Pfandgläubiger mit dem Recht, diese Summe von den Zinsen, die er dem Pfandgläubiger zu zahlen hat, oder von der Pfandschuld in Abzug zu bringen.
Section 25. Bei Eigenthum sollen die Interessen einer jeden Person in demselben, getrennt abgeschätzt werden (mit Ausnahme der früher erwähnten Theilhaber und Glieder einer Compagnie). Bei einem Grundeigenthum, welches auf länger denn 1 Jahr pachtzinslich vergeben ist, sollen die Interessen des Besitzers eines solchen, die Summe der 8jährigen Pachtzahlung repräsentiren.
Section 26. Im Falle des Verkaufs, der Transferirung oder Ueberlieferung eines Grundbesitzes, haftet der Grundbesitz für die rückständigen Steuerzahlungen.
Section 27. Die Interessen einer jeden Person, die als Pächter, Miether oder Inhaber eines steuerfreien Grundbesitzes fungiren, sollen auf den Namen der steuerpflichtigen Person geschätzt werden.
Section 28. Mit Ausnahme der Verfügung der Section 25 sollen die Interessen einer jeden Person in einem Grund- oder persönlichen Eigenthum, nach dem Werthe eines muthmasslichen öffentlichen Ausverkaufs desselben, bestimmt werden.
Section 29. Der Finanzminister soll mit der Genehmigung des Königs jährlich zum 1. Juli oder auch früher, einen Assessor für jeden Steuerdistrikt des Königreiches ernennen, der unter der Leitung des Ministers bis zum 1. September oder früher, einen genauen Bericht über alle im resp. Distrikte gesetzlich festgestellten Steuern zu erstatten und eine genaue Liste derselben — laut den vom Minister ihm gegebenen Blankoformulare — auszustellen und alle Namen der geschätzten Personen und die verschiedenen Bemerkungen der Taxationen zu registriren hat.
Section 30. Jeder Assessor soll nach seiner Ernennung, bei einem Polizei- oder Distriktsrichter oder einem anderen[S. 331] Beamten der zu vereidigen berechtigt ist, einen Amtseid leisten, unterschreiben und die Copie eines solchen sofort dem Minister der Finanzen einreichen.
Section 31. Kein Assessor soll zu einer Dienstcompensation berechtigt sein, so lange nicht eine beglaubigte Copie seines geleisteten Eides vom Finanzminister empfangen worden ist.
Section 32. Der Assessor eines jeden Distriktes soll eine schriftliche Notiz oder gedruckte Anzeige den Bewohnern seines Distriktes veröffentlichen, in welcher er eine Zeit und einen Ort während des Monats Juli bestimmt, wo die Einwohner alsdann ihm den Entwurf ihres Gesammteigenthums — d. h. ihres Grund- und Personaleigenthums, welches den 1. Juli in ihrem Besitz, unter ihrer Controle oder Verwahrung sich befindet, desgleichen der in ihrer Obhut oder ihrem Besitze sich an besagtem Tage befindenden steuerpflichtigen Thiere, sowie über alle Personen, die an jenem Tage in ihrem Dienste stehen — einreichen sollen.
Section 33. Jede Person, die ein Eigenthum hat — sei es Grund-, sei es Personaleigenthum, sei es steuerfreies sei es steuerpflichtiges — soll in dem vorgeschriebenen Zeitraume dem resp. Assessor — zu dem von ihm bestimmten Tag und Ort — einen von ihr unterzeichneten Entwurf einreichen und zwar mit folgendem Inhalt:
I. Die Beschreibung, die Lage und den Werth ihres Grund- und Personaleigenthums; die Summen, die sie in Banken oder Bankcompagnien oder bei irgend einer anderen Person in irgendwelcher Art und Weise deponirt hat oder die Summen, über die sie den 1. Juli des Jahres das Besitzrecht, die Controle oder das Verwahrrecht hat.
II. Die Pfandverschreibungen, Belastungen und ruhenden Schulden, mit der Angabe der Namen und Wohnorte der betreffenden Personen, die im Besitze ihrer Pfandverschreibungen, Belastungsurkunden und Schuldscheine sind.
III. Die steuerpflichtigen Thiere und anderes steuer[S. 332]pflichtiges Eigenthum, das sich in ihrem Besitz, ihrer Verwahrung oder Controle am 1. Juli befindet.
IV. Die Namen der steuerpflichtigen Personen, die in ihrem Dienste am 1. Juli stehen.
Dieser Entwurf muss mit der Deklaration, dass derselbe in allen Punkten genau der Wahrheit getreu abgefasst ist, schliessen.
Section 34. Der Agent einer Versicherungscompagnie soll während der vorgeschriebenen Zeit dem Assessor desjenigen Distriktes, in welchem die Compagnie ihr Geschäft betreibt, einen genauen Bericht über die — im Verlaufe des verflossenen Jahres vom 1. Juli bis 1. Juli — empfangenen Beträge für Prämien einreichen.
Section 35. Im Falle eine Person sich weigert oder es versäumt, zur vorgeschriebenen Zeit dem resp. Assessor einen solchen Bericht einzureichen oder zur Feststellung der Richtigkeit desselben einen Eid zu leisten, so ist der Assessor berechtigt, die Schätzung ihres Eigenthumes nach möglichst sicheren Informationen, je nach seinem Gutdünken zu bestimmen und soll alsdann diese seine Bestimmung inappellabel, endgültig und bindend für die betreffende Person sein.
Section 36. Jede Person soll ihren Bericht beeidigen.
Section 37. Der Assessor soll am 1. September oder vor demselben in jedem Jahr 2 Copien seiner Steuerlisten wie früher erwähnt anfertigen.
Section 38. Ein jeder Assessor soll an einem oder mehreren Orten seines Distriktes vom 1. bis 15. Septbr. 6 nach einander folgende Tage von 9 Uhr Morgens bis 4 Uhr Nachmittags Sitzung halten, während welcher seine Steuerlisten, für alle steuerpflichtigen Personen des Distriktes, kostenfrei zur Besichtigung offen liegen müssen.
Section 39. Die Bestimmung von Ort und Zeit einer solchen Sitzung zur Inspicirung der Steuerlisten, soll der Assessor an mindestens 4 hierzu günstigen Stellen des Distriktes publiciren.
Section 40. Jede Person deren Namen auf der Liste verzeichnet ist und die ihren Bericht dem resp. Assessor[S. 333] eingereicht hat und glaubt von der Steuer frei zu sein, soll dieses Recht vortragen und im Falle sie der Ansicht, dass ein Versehen irgend welcher Art in der Berechnung der Schätzung stattgefunden, oder wenn ihr gefordertes Recht einer Steuererlassung vom Assessor nicht anerkannt wird, so soll eine solche Person eine schriftliche Appellation mit namentlicher Angabe der Gründe ihrer Unzufriedenheit — mit der Deposition der erforderlichen Appellkosten — bis zum 1. October dem Assessor einreichen.
Section 41. Wenn die Summe der geforderten Steuer-Erlassung oder -Reduction einen Betrag von 2 Dollar erreicht, so sollen die Kosten 25 Cents, von 2 bis 4 Dollar 50 Cents, von 4 bis 10 Dollar 1 Dollar und so fort, von je 5 Dollar zu 5 Dollar 50 Cents Zuschlag erhaltend, betragen.
Section 42. Nach Empfang des Betrages der Kosten von der appellirenden Person, soll der Assessor derselben ein zu diesem Zweck formulirtes Certificat ausstellen.
Section 43. Der Assessor soll — spätestens am 1. September eines jeden Jahres — eine schriftliche Notiz den Grundbesitzern seines Distriktes die nicht im Distrikt wohnen, oder ausserhalb des Königreiches sich befinden, zusenden, in welcher sie das betreffende Eigenthum benennen und den Werthanschlag desselben in ihrer Steuer-Schätzung, angeben.
Section 44. Es soll die Pflicht eines jeden Steuercollektors sein, bei Empfang einer Einwendungsschrift, dieselbe sofort dem Präsidenten des Appellhofes zu übersenden.
Ueber den Appellhof für Steuern.
Section 45. Die verschiedenen Bezirksrichter des 2., 3. und 4. juridischen Bezirks und der Insel Oahú, der Polizeirichter von Honolulu nebst 2 vom Finanzminister ernannten unbetheiligten Personen, bilden zusammen den Appellhof zur Anhörung und zur Entscheidung aller diesen Akt betreffenden Appellationen und Einwendungen. Ein Assessor darf weder aktives noch beisitzendes Glied dieses Gerichtshofes sein.
Section 46. Benannter Gerichtshof soll, zu einem vom Präsidenten desselben bestimmten Tage und Orte, in jedem Distrikte eine Sitzung im Verlaufe des Octobers halten und soll das Recht der Vertagung derselben je nach Erforderniss haben.
Section 47. Die resp. Bezirksrichter und der Polizei-Magistrat, sollen, je nach der vorkommenden Angelegenheit und je nach dem Distrikte, den Sitzungen präsidiren. Diese Sitzungen sollen nicht öffentliche sein, daher der Gerichtshof das Recht haben soll, nach Belieben eine oder alle Personen aus dem Sitzungslokale zu entfernen.
Section 48. Ein solcher Gerichtshof soll zur Berufung, zum Verhör der Zeugen, zur Einforderung diverser Schriften und Dokumente und zur Bestrafung von Personen für das Ausbleiben oder muthwillige Aufhalten der Geschäfte der Sitzung, die Macht eines Bezirksgerichtshofes haben.
Section 49. Zur Sitzungsfähigkeit eines solchen Gerichtshofes muss mindestens der Präsident und ein Glied desselben anwesend sein.
Section 50. Die Bestimmung des Gerichtshofes d. h. einer Majorität der Mitglieder desselben, soll endlich und conclusiv sein.
Section 51. Die Glieder des benannten Gerichtshofes, sollen aus dem Staatsschatze für diesen Extradienst eine Compensation von höchstens 5 Dollar für jeden faktischen Sitzungstag erhalten.
Section 52. Der Assessor soll die Schätzungsliste je nach den Bestimmungen des Gerichtshofes verringern oder verändern und die Copie einer solchen alsdann den resp. Gouverneuren und eine dem Finanzminister übersenden.
Section 53. Im Fall, dass eine Appellation oder Einwendung im vollsten Masse gerechtfertigt ist, so wird der deponirte Betrag der Kosten dem Appellanten zurückgezahlt; im Falle einer nur theilweisen Rechtfertigung bestimmt der Gerichtshof den Theil der Kosten den der Appellant zu tragen verpflichtet ist, wonach der Rest derselben letzterem zurückgezahlt wird.
Die Collekte der Steuer.
Section 54. Die verschiedenen Gouverneure, unter der Direktion des Finanzministers, sollen die Aufsicht über die Collekte aller inländischen Steuern in ihren resp. Gouvernementsdistrikten haben und die empfangenen Beträge derselben nach Abzug der Kosten des Collektirens, dem Finanzminister einzahlen. Zu diesem Zweck ernennen die Gouverneure jährlich einen durch den Finanzminister bestätigten Steuer-Collektor für jeden Steuerdistrikt, den sie mit gleicher Bestätigung nach Belieben entlassen können.
Section 55. Ein solcher Steuer-Collektor soll — bevor er in Funktion tritt — durch den Gouverneur mit 2 vom Finanzminister begutachteten Garanten — einen Bond im Betrage einer Penalsumme, die gleich der Summe der von ihm zu collektirenden Schätzungsliste sein muss, ausstellen.
Section 56. Die resp. Gouverneure sollen jedem Steuercollektor, der einen Bond ausgestellt hat, eine Copie der Steuerliste seines Distriktes übergeben, wonach derselbe sofort die Steuern zu collektiren hat. Er soll die in der Liste fehlenden steuerpflichtigen Personen und fehlendes steuerpflichtiges Eigenthum der Liste zufügen und die Steuern für solche collektiren.
Section 57 bis incl. 66 als unwichtig ausgelassen.
Section 67. Folgende Personen sollen von „allen einheimischen Steuern“ befreit sein: Se. Majestät der König und die diplomatischen Agenten fremder Länder und Attachés, sobald dieselben bei dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten beglaubigt worden sind.
Folgenden Personen soll die „Personalsteuer“ erlassen sein: allen Geistlichen christlicher Confession, allen Lehrern der Jugend die länger als 6 Monate im Jahre in öffentlichen oder Privatschulen beschäftigt sind, allen Soldaten im aktiven Dienste, desgleichen allen Freiwilligen im aktiven Dienste, den tüchtigsten aktiven Gliedern der Feuerwehr von Honolulu und anderer Städte des Königreichs. Der befehlshabende Offizier solcher[S. 336] Körperschaften und der Sekretär des Departements der Feuerwehr soll, dem Assessor des resp. Distriktes bis zum 2. Juli spätestens, eine von ihnen beeidigte Liste einreichen, in der die Namen der steuerfreien Glieder einer solchen Körperschaft oder eines solchen Departement, verzeichnet sind. Keine Person darf von der Personalsteuer befreit werden, ohne dass dieselbe im Verlaufe des Juni bei dem Assessor des Distriktes — die Gründe ihres Rechtes darlegend — darum nachgesucht hat.
Section 68. Ferner soll alles Grundeigenthum des Königs, der Königin, der Krone oder — als zu Schulzwecken bestimmt — der incorporirten und Privat-Schulen, des Hospitals der Königin, religiöser Gesellschaften zu Kirchen oder Begräbnissplätzen (welche nicht mehr als 5 Acker Flächeninhalt haben) von der Steuer befreit sein. Ferner soll alles Personaleigenthum des Königs oder der Königin, des Staates, der Schulbehörden für Schulzwecke, incorporirter oder Privatschulen und des Hospitals der Königin, von Steuern befreit sein.
„Die festgesetzte Erhebung von ¾ % auf den Werth des Eigenthums — wie früher erwähnt — soll nur von dem Personal oder Grundeigenthum erhoben werden, dessen Werth 300 Dollar übersteigt.“
Section 69. Der Finanzminister soll hiermit verpflichtet und ermächtigt sein — zur Schätzung und Collekte der Steuern auf Grundlage dieses Gesetzes — Vorschriften, die aber in keiner Weise den Statuten der Constitution widersprechen dürfen, zu erlassen.
Strafen.
Section 70. Wenn eine laut diesem Akte steuerpflichtige Person folgende Vergehen begeht: mit Wissen oder vorsätzlich eine falsche Deklaration über den Werth seines Eigenthums abgibt, oder in Bezug auf sein Eigenthum eine falsche Auskunft, mit der Absicht dadurch die Schätzung desselben zu verringern, ertheilt, oder auf betrügerischem Wege oder durch vorsätzliche Versäumniss oder auf irgend eine andere Weise der Schätzung seines[S. 337] Eigenthums entgeht oder zu entgehen sucht, soll nach Erweis ihres Vergehens, laut dem Urteilsspruch eines Distrikts- oder Polizeirichters, zur Zahlung des dreifachen Betrages der geschätzten Steuer und einer Geldstrafe von 25 bis 500 Dollar unterworfen werden.
Section 71. Jede Person die zur Ausführung eines der in Sektion 70 erwähnten Vergehens, in irgend welcher Weise behilflich ist, soll, nachdem ihr Vergehen vor einem Distrikts- oder Polizeirichter erwiesen worden, einer Geldstrafe von 25 bis 250 Dollar unterworfen werden.
Section 72. Dieser Akt soll in Wirksamkeit treten vom 1. Juni a. D. 1883. —
Der Vorschlag zur „Regelung des Verkaufes spirituöser Flüssigkeiten“ wurde von der legislativen Versammlung angenommen, den 7. August 1882 vom König bestätigt und wie folgend zum Gesetz:
Section 1. Die verschiedenen Gesetze und Theile solcher, die in der diesem Akte beigefügten Liste benannt sind, sollen hiermit insofern widerrufen werden, dass alle Punkte in denselben, die dem Wortlaut dieses Aktes widersprechen, als null und nichtig erklärt werden, mit Ausnahme solcher Fälle, wo noch unerledigte gerichtliche Verfahren, begangene Vergehen, eingegangene Verbindlichkeiten sich noch unter der Wirksamkeit der benannten widerrufenen Gesetze befinden und bis zur Erledigung derselben und nicht länger unter der Autorität derselben verbleiben sollen. Personen, die laut den Regeln der Sectionen 18, 19, 20, 21 und 22 des Capitels 41 des Penalcodex eine Licenz erhalten haben, sollen dieselbe gegen eine unter den Regeln dieses Aktes verfasste Licenz eintauschen und einen verhältnissmässigen Theil der durch diesen Akt vorgeschriebenen Sporteln entrichten.
Section 2. Folgende Worte, wenn dieselben in diesem Akte gebraucht werden, sollen folgendermassen verstanden werden: „spirituöse Flüssigkeiten“ soll bedeuten Wein jeder Art, Spiritus, Ale, Zider, Birnenmost, Bier oder andere destillirte oder gegohrene oder berauschenende Flüssig[S. 338]keiten; „Sonntag“ soll bedeuten die Zeit von Sonnabend 11 Uhr Abends bis Montag 5 Uhr Morgens; „des Königs Conseil“ soll bedeuten Seine Majestät mit dem Rath und der Beistimmung seines geheimen Conseils.
Nichts in diesem Akt soll auf Personen, die spirituöse oder destillirte Parfümerien bona fide als Parfümerien verkaufen, oder als qualificirte und licenzirte Aerzte, Chirurgen, Chemiker oder Droguisten die Spirituosen zu medicinischen Zwecken verabfolgen und verkaufen, Bezug haben.
Section 3. Licenzen, die laut den Regeln dieses Aktes verabfolgt werden, soll der Minister des Innern unterzeichnen und mit dem Siegel seines Departements versehen und sollen mit Ausnahme nachfolgender Fälle nicht transferabel und vom Tage ihrer Ausstellung an gerechnet, auf ein Jahr gültig sein.
Section 4. Ein Jeder, der zum Verkauf berauschende Getränke oder Substanzen irgend welcher Art im Königreiche zubereitet, soll einer Geldstrafe bis 500 Dollar, oder in Ermangelung der Zahlung, einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit von einer Dauer bis 2 Jahre, unterworfen werden.
Section 5. Ein Jeder, der spirituöse Flüssigkeiten im Königreiche destillirt (es sei denn, dass es unter einer Licenz, die laut dem Akt des 13. Juli 1874 der betitelt ist: „Ein Akt zur Ermächtigung des Minister des Innern zur Ausstellung von Licenzen zur Destillation spirituöser Flüssigkeiten“ stattfindet), soll zu einer Geldstrafe im Betrage von 50 bis 100 Dollar oder in Ermangelung der Zahlung zu einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit bis zu 2 Jahren, verurtheilt werden.
Section 6. Alle spirituösen Flüssigkeiten, die betrügerisch unter dem Namen von Parfümerien und praeservirten Früchten mit der Absicht einer Steuerdefraudation eingeführt werden, unterliegen der Confiscation und dem öffentlichen Verkauf zum Nutzen des Staatsschatzes.
Section 7. Alle Destillerien, Destillationsapparate (mit Ausnahme der durch den in Section 5 in Parenthese[S. 339] benannten Akt des 13. Juli bewilligten) und alle Gegenstände, die zur Destillation spirituöser Flüssigkeiten oder anderer berauschender Getränke und Substanzen im Königreiche benutzt sind, desgleichen alle spirituösen Flüssigkeiten oder berauschende Getränke oder Substanzen, die im Königreiche zubereitet werden — verfallen der Regierung von Hawaii und sollen sofort durch die Ordnungsrichter, oder deren Gehülfen, den Sheriffs oder deren Stellvertretern, oder durch Constabler in Beschlag genommen werden. Alle solche Gegenstände, die durch andere Beamte als den resp. Ordnungsrichter oder dessen Gehülfen, Sheriff oder dessen Stellvertreter in Beschlag genommen werden, sollen sofort von dem resp. Beamten dem nächsten Ordnungsrichter oder Sherif oder deren Gehülfen überliefert werden, die alsdann die Publikation einer solchen Pfändung in eine Zeitschrift verursachen und, wenn der Besitzer der gepfändeten Gegenstände im Verlauf von 20 Tagen — vom Tage der Publikation der Pfändung an gerechnet — dem Beamten, der die Pfändung bewerkstelligt hat, sein Recht und seine Ansprüche auf das gepfändete Eigenthum nicht schriftlich eingereicht hat, den Verfall derselben an die Regierung von Hawaii bestimmen. In allen Fällen jedoch, wo der Besitzer eine solche schriftliche Eingabe eingereicht hat, so ist es die Pflicht des resp. Ordnungsrichters, seines Gehülfen oder des Sheriffs, in dessen Besitz sich das betreffende Eigenthum befindet dem Generalrechtsanwalt einen schriftlichen Bericht über die Thatsache einzureichen, der hiermit autorisirt und aufgefordert wird, legale Massregeln zur Entscheidung, ob das gepfändete Eigenthum laut den Verordnungen dieser Section verfallen oder nicht verfallen ist, zu treffen.
Section 8. Der Minister des Innern ist hiermit ermächtigt, in Folge einer Bittschrift — in der der Name und der Ort, wo das Geschäft eröffnet werden soll, angegeben sein muss — Licenzen zum Engroshandel von spirituösen Flüssigkeiten zu bewilligen und zwar Denjenigen, die schon Licenzen zum Engrosverkauf von Gütern, Waaren und Handelsartikeln besitzen.
Section 9. Der Engroshandel von spirituösen Flüssigkeiten soll darin bestehen, dieselben nur in der importirten Verpackung zu verkaufen und nicht in anderer Art und Weise. Es dürfen diese Flüssigkeiten weder ganz noch theilweise in den Lokalitäten — wo sie verkauft werden oder in solchen, die vom Eigenthümer der Licenz oder in seinem Auftrage zu diesem Zweck beschafft oder gemiethet sind — getrunken oder gebraucht werden; im Falle dies geschieht, so verfällt die Licenz des Betreffenden, wie auch die festgesetzte Strafsumme seines Bonds durch das Gesetz.
Section 10. Vor der Bewilligung einer solchen Engroshandel-Licenz zum Verkauf spirituöser Flüssigkeiten, soll der Applikant zum Nutzen der Regierung von Hawaii, 250 Dollar einzahlen und einen Bond im Betrage von 1000 Dollar mit mindestens einer vom Minister des Innern gebilligten Garantie, ausstellen.
Section 11. Der Minister des Innern ist ermächtigt, in derselben Weise eine sogenannte Handelslicenz einer Person zum Verkaufe von Wein, Ale und anderen spirituösen Flüssigkeiten zu bewilligen, nachdem Applikant ihm eine Bittschrift — in welcher der Name des Verkäufers und der Ort, wo das Geschäft etablirt werden soll, angegeben ist — eingereicht hat.
Section 12. Jede Person, die eine Licenz in Uebereinstimmung mit vorstehender Section erhalten hat, darf keinerlei Spirituosen unter Quantitäten einer Gallone und keinerlei Weine, Ale und andere alkoholhaltige Flüssigkeiten unter 1 Dutzend Flaschen verkaufen. Es dürfen letztere weder ganz noch theilweise in den Lokalitäten wo sie verkauft worden, oder in zu denselben gehörenden Räumlichkeiten des Inhabers der Licenz, oder in solchen, die in seinem Auftrage für diesen Zweck geschaffen oder gemiethet sind, getrunken oder verbraucht werden. Im Falle dies geschieht, so verwirkt der Inhaber seine Licenz und verfällt mit seinem Bond der Strafe des Gesetzes.
Section 13. Vor der Bewilligung einer solchen Licenz[S. 341] zum Verkauf von Wein, Ale oder anderen spirituösen Flüssigkeiten laut Section 11 u. 12 dieses Aktes, soll der Applikant dem Minister des Innern zum Nutzen des königlichen Schatzes, die Summe von 500 Dollar auszahlen und einen Bond im Betrage von 1000 Dollar mit mindestens einer vom Minister gebilligten Garantie stellen.
Section 14. Der Minister des Innern ist ermächtigt, Licenzen zum Kleinhandel mit spirituösen Flüssigkeiten nach Empfang einer Bittschrift, in welcher der Applikant den Namen des Verkäufers und den Ort, wo das Geschäft in den Distrikten etablirt werden soll, angegeben hat, zu bewilligen.
Section 15. Vor der Bewilligung einer solchen Kleinhandelslicenz zum Verkaufe von spirituösen Flüssigkeiten laut Section 14, soll der Applikant dem Minister des Innern zum Nutzen der Regierung von Hawaii, die Summe von 1000 Dollar auszahlen und einen Bond dem Minister des Innern im Betrage von ebenfalls 1000 Dollar mit einer vom Minister gebilligten Sicherheit ausstellen.
Section 16. Letzterwähnte Licenz soll den Inhaber berechtigen, per Flasche und per Glas in den Verkaufslokalitäten selbst, spirituöse Flüssigkeiten nach Belieben täglich — mit Ausnahme des Sonntags — von 5 Uhr bis 11 Uhr Abends, zu verkaufen.
Section 17. Der Minister des Innern soll die Befugniss haben und verpflichtet sein, mit der Genehmigung des Königs im Conseil die Grenzen festzustellen, in denen Diejenigen, die eine Licenz laut den Bestimmungen dieses Aktes erhalten haben, ihre Geschäfte machen dürfen und die Veröffentlichung solcher Bestimmungen veranlassen. Er soll in der Licenz das Haus, die Bude oder den Platz benennen, wo der Besitzer einer Licenz sein Geschäft eröffnen darf. Eine solche Licenz ist nicht transferabel, daher eine andere Person als der Besitzer selbst, nicht berechtigt ist, auf Grund derselben das Geschäft zu führen; auch ist der Besitzer nicht berechtigt, an einem anderen Platze als dem durch die Licenz bestimmten,[S. 342] das Geschäft zu eröffnen; es sei denn, dass Se. Majestät im geheimen Conseil eine Veränderung der Grenzen befiehlt, in denen die spirituösen Flüssigkeiten alsdann verkauft werden können, und werden alsdann diese Veränderungen, der laut diesem Akte ausgereichten Licenz, angepasst. Für den Fall, dass Se. Majestät im Conseil, den Minister des Innern autorisirt, Licenzen zum Verkauf von spirituösen Flüssigkeiten ausserhalb der Grenzen der Stadt Honolulu zu gewähren und auszustellen, so sollen die Sporteln für solche Licenzen, gleich denen in der Section, 15 dieses Aktes bestimmten sein.
Section 18. Die Art des Verkaufs von spirituösen Flüssigkeiten soll im Wortlaute der Licenz genau bestimmt und regulirt sein und der Minister des Innern möge hierzu in der Licenz, definirte Regeln und Regulationen, an die sich die Verkäufer zu halten haben, vorschreiben.
„Jede Licenz, die den Verkauf in Lokalitäten ausserhalb der Grenzen der Stadt Honolulu autorisirt, berechtigt nicht den Verkäufer, den Genuss der verkauften spirituösen Flüssigkeiten in der Lokalität selbst, den Käufern zu gestatten.“
Section 19. Jede Person, die laut diesem Akt um eine Licenz nachsucht, ist verpflichtet, vor Empfang einer solchen einen vom Minister des Innern gebilligten Bond in folgender Form auszustellen:
„Hiermit sei Allen und Jedermann bekannt, dass wir ..... hauptsächlich und ..... als Cavent, vor dem Minister des Innern uns verpflichtet und verbindlich zu einer Strafsumme von... Dollar gesetzlichem Gelde gemacht haben, die auf unser gemeinschaftliches und persönliches Eigenthum erhoben werden soll, im Falle die nachfolgend benannten Bedingungen nicht erfüllt werden.
Für die richtige und volle Auszahlung derselben verpflichten wir uns gemeinschaftlich und einzeln für unsere Erben, Executoren, Administratoren und Assinienten.
Besiegelt mit unseren Siegeln und datirt den ... Tag des .... 18... Die Bedingungen dieser Obli[S. 343]gation sind folgende: dass der Unterzeichnete ..... an diesem Tage um eine Licenz zum Verkauf von spirituösen Flüssigkeiten in Uebereinstimmung mit dem am .... Tage des .... 18... bestätigten Gesetze unter dem Titel „„Ein Akt zur Regelung des Verkaufes von spirituösen Flüssigkeiten““ nachgesucht und alle gesetzlichen Verpflichtungen hierzu erfüllt hat und dass demselben die Licenz zum Verkauf von spirituösen Flüssigkeiten für die Dauer eines Jahres vom unterzeichneten Tage an gerechnet, ausgefertigt worden ist. Im Fall nun während der Dauer der Licenz der benannte.... keiner Lehensuntreue, keines Meineides, oder anderen ehrlosen Vergehens gegen die Gesetze oder die gesetzlichen Staatseinnahmen, oder eines Vergehens demzufolge laut den Licenzstatuten der Verfall der Licenz bestimmt worden ist, sich schuldig gemacht hat, so soll diese Obligation als erledigt zu betrachten sein. Im entgegengesetzten und zwar bewiesenen Falle soll durch den Urtheilsspruch eines Distrikts- oder Polizeimagistrates — ohne Zuziehung der Geschworenen — die im Bond erwähnte Strafsumme verwirkt und die dem benannten ...... an diesem Tage bewilligte Licenz als verfallen betrachtet sein.
Gezeichnet mit unserer Hand und unseren Siegeln am unterzeichneten Tage und Jahre. in Gegenwart des .........“
Section 20. Nach dem Uebertreten irgend einer der Verpflichtungen des Bonds, soll es die Pflicht des Ministers des Innern sein, den betreffenden Bond zur Massnahme gegen die Aussteller desselben, d. h. des Prinzipals, so auch des Caventen und alle die Uebertretung betreffenden Informationen, dem Generalrechtsanwalt des Königreichs zu übermitteln.
Section 21. Der Minister des Innern soll in das Buch der Licenzen die Namen sämmtlicher mit Licenzen versehener Verkäufer spirituöser Flüssigkeiten im Königreiche, nebst Angabe ihrer Wohnungen, den Charakter der ihnen verabfolgten Licenz, den Betrag der von ihnen einge[S. 344]zahlten Licenzsporteln und das Datum der Licenzausstellung eintragen.
Section 22. Es soll ungesetzlich sein, eine Licenz zum Detailverkauf spirituöser Flüssigkeiten für ein Haus oder eine Lokalität auszustellen, wo ein anderes Geschäft als ein Victualiengeschäft sich befindet, oder in unmittelbarer Verbindung mit einem anderen Geschäftshause oder anderer Geschäftslokalität, ausser Victualiengeschäfte, steht.
Section 23. Falls irgend eine Person mit Ausnahme des Agenten oder Dieners einer Licenzperson, im Königreiche über spirituöse Flüssigkeiten verfügt, oder solche verkauft, oder es anderen Personen gestattet, über spirituöse Flüssigkeiten zu verfügen, oder solche im Königreiche zu verkaufen, ohne vorher eine Licenz laut diesem Akte gelöst zu haben, soll dieselbe zu einer Geldstrafe von 100 bis 500 Dollar und für jede wiederholte Uebertretung zu einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit auf eine Dauer von 3 bis 6 Monaten und einer erneuerten Geldstrafe von 500 Dollar, verurtheilt werden.
Section 24. Im Fall der Inhaber solcher Licenz, einer Person gestattet, in der respect. Verkaufslokalität oder zu derselben gehörenden Räumlichkeit, ein ungesetzliches Spiel zu spielen, oder ungesetzlich sich zu belustigen, oder Jemandem gestattet, am Sonntag Billard oder irgend ein anderes Spiel in den betreffenden Lokalitäten zu spielen, oder prostituirten, trunkenen oder anderen unordentlichen Personen den Einlass in seine Lokalitäten gewährt, so soll derselbe für ein jedes solches Vergehen, mit einer Geldstrafe bis 100 Dollar bestraft werden.
Section 25. Der Inhaber einer Licenz, der am Sonntag spirituöse Flüssigkeiten verkauft oder es gestattet, in seinem Verkaufshause oder -Lokalität solche am Sonntag zu trinken, soll einer Geldstrafe bis 200 Dollar unterworfen werden. Diese Verordnung soll jedoch nicht massgebend für seine bonafide-Kostgänger und Miethbewohner des Hauses sein, denen er das Uebliche zu den Mahlzeiten verabfolgen darf.
Section 26. Im Falle irgend ein Inhaber einer laut[S. 345] diesem Akt ausgestellten Licenz, im Verlaufe von 12 Monaten 2 Mal eines derartigen Vergehens gegen die Vorschriften dieses Aktes überführt und vom Richter als schuldig erklärt worden ist, so soll der Richter ihn seiner Licenz als verlustig erklären, und es soll alsdann die Pflicht des Generalrechtsanwaltes sein, die erforderlichen Massregeln zur ferneren gerichtlichen Belangung des Schuldigen und zur Erlangung der Strafsumme des ausgestellten Bonds zu treffen. Ein solcher Schuldiger verliert alsdann sein Recht und die Fähigkeit für immer, unter diesem Akte eine Licenz zu erhalten.
Section 27. Der Inhaber einer Licenz darf weder in seinem Geschäftshause, noch in den dazu gehörigen Räumlichkeiten, spirituöse Flüssigkeiten einer Person verabfolgen, die in einem angetrunkenen Zustande sich befindet und verfällt für ein jedes Vergehen dieser Art in eine Geldstrafe von 50 bis 100 Dollar und im Fall eine derartige angetrunkene Person sich länger als drei Stunden in jenen Lokalitäten aufhält, so unterliegt der Inhaber der Licenz einer gleichen Geldstrafe.
Section 28. Der Inhaber einer Detailverkaufslicenz darf die Schulden einer Person die durch Verabfolgung spirituöser Flüssigkeiten in seiner Lokalität durch Trinken an Ort und Stelle entstanden, nicht gerichtlich einzutreiben suchen, hat jedoch das Recht, den schuldigen Betrag von Personen zu fordern und solche vor Gericht zu belangen, denen er als bonafide-Kostgängern oder Miethwohnern seines Lokales, zu den Mahlzeiten spirituöse Flüssigkeiten verabreicht hat.
Section 29. Im Falle der Inhaber einer Detailverkaufs-Licenz anstatt Geld, Bankscheine oder Geldanweisungen ein Pfand für verabreichte spirituöse Flüssigkeiten oder für irgend eine Belustigung des Hauses fordert oder empfängt, so unterliegt derselbe einer Geldstrafe bis zu 50 Dollar.
Section 30. Im Falle der Inhaber einer Licenz der Lehensuntreue, des Meineides, irgend eines ehrlosen Verbrechens oder des Vergehens der Beeinträchtigung der gesetzlichen Einkünfte des Staates sich schuldig erwiesen hat oder[S. 346] im Falle derselbe einer Person die Verwaltung, die Oberaufsicht oder die Leitung seines Geschäftes auf länger denn 40 nach einander folgende Tage im Jahre — ohne eine vorhergegangene Erlaubniss des Ministers des Innern — während seiner Abwesenheit übertragen hat, oder im Falle er als Leiter des Geschäftes — ob er selbst anwesend oder nicht — eine Person hält, die keine Licenz gelöst, oder es zulässt, dass ein solches Haus verfällt oder in Unordnung geräth, so soll in Folge einer Klage und der erforderlichen Beweise von einem solchen Vergehen, laut dem Gutachten eines Distrikts- oder Polizeirichters in der laut Liste 2 angegebenen Form, der betreffende Richter die Licenz als verwirkt erklären und die Schliessung eines solchen Hauses befehlen. Im Falle jedoch ein solches Haus durch Feuersbrunst oder Sturm oder durch eine andere Ursache, wo die Controle des Inhabers der Licenz nicht schuldig, verfallen oder in Unordnung gerathen ist, so wird das Recht der Licenz, für einen eventuellen Zeitraum, bis zur Wiederrestaurirung desselben, aufrecht erhalten.
Section 31. Im Falle die mit einer Licenz versehene Person gefälschte spirituöse Flüssigkeiten verkauft, oder solche zum Verkauf ausbietet, so soll dieselbe für jedes derartige Vergehen einer Geldstrafe von 100 bis 500 Dollar verfallen. Zur Analysirung der spirituösen Flüssigkeiten, ist ein jeder Richter — in Folge einer beeidigten Anklage und einer Deposition von 5 Dollar für die Kosten der Analyse von Seiten des Klägers — autorisirt die resp. Flüssigkeiten unter Beschlag zu legen und durch eine hierzu competente Persönlichkeit analysiren zu lassen. Die Kosten einer solchen Analyse sollen einen Theil der Geldstrafe, den der Richter dem Schuldigen auferlegt, bilden.
Section 32. Jeder Distriktsrichter, Ordnungsrichter, Ordnungsrichteradjunkt, Sheriff, dessen Stellvertreter oder jeder Constabler darf spirituöse Flüssigkeiten mit Beschlag legen und abnehmen, wo er gerechten Verdacht hegt, dass solche auf Landstrassen, Fusswegen, in Stiefeln, in Zelten, in Buden oder Schuppen, in Booten oder Schiffen[S. 347] oder wo und auf welche Art es immer sei, durch Personen ohne Licenzen zum Verkaufe heimlich transportirt werden. Dasselbe gilt von allen zum Trinken und Messen der spirituösen Flüssigkeiten erforderlichen Geschirren und Utensilien, allen Karren — Bierkarren und anderem Fuhrwerk —, allen Pferden und anderen Thieren, die zum Transport gebraucht worden, sowie allen Booten und anderen Schiffen die zur Beförderung jener gedient haben. Ein jeder Richter darf auf den vereidigten Beweis des betreffenden Vergehens hin, je nach seinem Gutachten, den Schuldigen einer Geldstrafe bis zu 250 Dollar und einer Gefängnissstrafe mit harter Arbeit bis zu 3 Monaten unterwerfen. Die abgenommenen spirituösen Flüssigkeiten, die Geschirre und Utensilien derselben, alle Karren, Bierkarren, Fuhrwerke, Pferde oder andere Thiere, alle Boote und Schiffe, die zum Transport derselben benutzt worden, soll der betreffende Richter als verfallen erklären und den Befehl zur Versteigerung derselben erlassen und mit dem Ertrag nach Abzug der Kosten laut den Vorschriften der Gesetze verfügen. Es wird ferner ausserdem noch bestimmt, dass in allen Fällen, wo spirituöse Flüssigkeiten transportirt werden, oder auf dem Wege des Transports von einem Ort zum andern sind, die Beweisführung, dass solche spirituöse Flüssigkeiten nicht zum Verkaufe transportirt werden, dem Führer eines solchen Transportes auferlegt werde.
Section 33. Jede Person, die, ohne im Besitz einer Licenz zu sein, ein Schild, eine Aufschrift, eine Bemalung oder andere Zeichen an seinem Hause oder in der Nähe desselben, oder an irgend einem Orte einen eingerichteten Schänktisch, oder Flaschen oder Fässer in einer Art und Weise ausstellt, dass anzunehmen ist, dass spirituöse Flüssigkeiten in seinem Hause oder dem betreffenden Orte verkauft oder ausgeschänkt werden, oder falls in solchen Lokalitäten mehr spirituöse Flüssigkeiten vorhanden als für den vernünftigen Privatgebrauch der Insassen erforderlich ist, soll auf Grund des prima-facie-Beweises eines ungesetzlichen Verkaufs von spiri[S. 348]tuösen Flüssigkeiten, als schuldig nach den Vorschriften dieses Aktes bestraft werden.
Section 34. Infolge der beeidigten Information einer Person an irgend einen Polizei- oder Distriktsrichter, dass sie im Glauben, dass irgend eine Person ohne Licenz spirituöse Flüssigkeiten an irgend einem Orte oder in irgend einem Hause verkauft, so soll der resp. Richter einem Constabler den Befehl ertheilen, ein solches Haus oder ein solches Lokal zu durchsuchen und alle hier und da vorgefundenen spirituösen Flüssigkeiten und alle zu diesen gebrauchten Geschirre zu nehmen oder unter Beschlaglegung zu bewahren, bis der Eigenthümer vor dem Richter — um solche spirituöse Flüssigkeiten und Geschirre derselben von der Beschlagnahme zu befreien — demselben die Mittheilung gemacht, von wo er sich dieselben angeschafft hat. Falls eine solche Person ihrer Citirung nicht Folge leistet oder im Falle es dem Richter erscheinen sollte, dass solche spirituöse Flüssigkeiten an dem qu. Orte oder qu. Hause zu ungesetzlichem Verkauf oder Verfügen vorhanden gewesen, so soll derselbe jene Flüssigkeiten nebst Geschirren als verfallen erklären und zur öffentlichen Versteigerung verurtheilen. Nach Zahlung der Unkosten einer solchen Versteigerung sollen die erforderlichen Strafmassregeln gegen den Schuldigen laut den Vorschriften dieses Aktes vollzogen werden.
Section 35. In allen Verfahren gegen Personen, die ohne eine Licenz spirituöse Flüssigkeiten verkauft oder zu verkaufen gestattet haben, sollen solche Personen, solange sie nicht während des Verhörs eine Licenz vorgewiesen, als zu dem Spirituosen-Verkauf unberechtigte angesehen werden.
Section 36. Die Verabfolgung von spirituösen Flüssigkeiten durch irgend eine Person in einem Hause, oder an einem Orte soll zur Feststellung der Ueberführung — dass solche spirituöse Flüssigkeiten für Geld oder andere Entschädigungen verabreicht worden sind — als[S. 349] genügender prima-facie-Beweis gelten, wenn nicht Gegenbeweise gestellt werden, die das betreffende Recht einräumen.
Section 37. Jeder Gatte, jede Frau, jedes Kind, jeder Verwandte, jeder Aufseher, Angestellter oder jede andere Person, die durch eine angetrunkene Persönlichkeit oder durch die Folgen davon persönlich oder in ihrem Eigenthum verletzt worden ist, oder selbst angetrunken Andere verletzt hat, soll als verletzt oder benachtheiligt das Recht haben, in eigenem Namen einzeln oder summarisch gegen den resp. Verkäufer der spirituösen Getränke, die die Berauschung der betreffenden Personen verursacht haben zu verklagen und eine Entschädigung von demselben zu fordern. Eine verheirathete Frau soll gleich einer unverheiratheten Frau berechtigt sein, ihre Klage selbst einzureichen, dieselbe zu controliren und über die empfangene Entschädigung zu disponiren. Alle Entschädigungen der Unmündigen unter diesem Akte, sollen laut der Entscheidung des resp. Gerichtshofes entweder dem Unmündigen selbst oder deren Eltern, Vormündern oder nächsten Freunden für dieselben ausgezahlt werden.
Section 38. Die in vorhergehender Sektion erwähnten Entschädigungsklagen können vor jedem competenten Gerichtshofe des Königreichs verhandelt werden.
Section 39. Eine öffentliche Versteigerung von spirituösen Flüssigkeiten darf in keinem Hause und an keinem Orte, ohne vorhergegangene Lösung einer Licenz stattfinden. Ein jeder Versteigerer oder jede Person, die diese Vorschrift übertritt, verfällt den früher erwähnten Strafen für Verkauf spirituöser Flüssigkeiten ohne Licenz, mit Ausnahme der Versteigerung von spirituösen Flüssigkeiten unter Probestempel („bond by sample“), wenn der Besitzer derselben regelrecht zum Verkaufe solcher, mit einer resp. Licenz versehen ist, desgleichen bei Fällen, wo der Minister des Innern einen gesetzlich berechtigten Auktionär autorisirt, spirituöse Flüssigkeiten die Privateigenthum sind, oder die nicht zum Profit eines Handelsgeschäftes verkauft werden, zu veräussern.
Section 40. Jede Person, die angetrunken in eine für den Verkauf von spirituösen Flüssigkeiten berechtigte Lokalität eintritt, oder in derselben sich angetrunken hat und auf die Aufforderung des Inhabers der Lokalität oder seines Stellvertreters dieselbe nicht verlässt, soll durch einen Constabler ohne Weiteres arretirt und nach Ueberführung ihres Vergehens mit einer Geldbuse von 10 Dollar bestraft werden.
Section 41. Eine jede Person, die zu den gesetzlich verbotenen Stunden, oder an Sonntagen, trinkend in einer licenzirten Lokalität gefunden wird, soll derselben Strafe, der der Inhaber eines solchen Lokales für das Offenhalten desselben während einer verbotenen Zeit unterliegt, anheimfallen, und zugleich von einem Constabler oder durch einen Beamten des Ordnungsgerichtes arretirt werden.
Section 42. Eine jede Person, die in das Königreich spirituöse Flüssigkeit ohne — laut diesem Akt vorgeschriebener — Licenz importirt und solche nicht zu seinem eigenen persönlichen Gebrauch bestimmt sind, verfällt nach Ueberführung ihres Vergehens vor einem Polizei- oder Distriktsgericht, einer Geldstrafe von 500 Dollar, oder einer Gefängnissstrafe bei harter Arbeit auf die Dauer von 2 Jahren.
Section 43. Dieser Akt wird in Kraft treten und Gesetz den 1. Oktober 1882 und bleibt wirksam bis zum 1. Januar 1885. —
Den 7. August 1882 wurde von der legislativen Versammlung folgender Akt mit der Bestätigung des Königs zur „Feststellung der Regierungsbewilligungen für das Biennium“, dessen Ende der 31. Tag des März 1884 ist, wie folgend zum Gesetz erhoben:
Section 1. Folgende Summen, die einen Betrag von 3,563,116 Dollar 86 Cent. ausmachen, sind aus den Geldern des Staatsschatzes für den Gebrauch der fiscalen Biennalperiode die den 1. April 1882 beginnt und den[S. 351] 31. März 1884 endet, bewilligt und wie folgt auszuzahlen:
Civil-Liste.
Sr. Majestät Privat-Casse und königlichem Staat | Dollar | 50,000 |
Ihrer Majestät der Königin | „ | 16,000 |
Ihrer kgl. Hoheit der mutmasslichen Thronerbin | „ | 16,000 |
Ihrer kgl. Hoh. der Prinzess Likelike | „ | 12,000 |
Ihrer kgl. Hoh. der Prinzess Kaiualáni | „ | 5,000 |
Sr. Majestät Kammerherrn und Sekretair | „ | 7,000 |
Für königl. Haushaltungskosten | „ | 20,000 |
Für Sr. Majestät Reise um die Welt | „ | 22,500 |
Summa: | Dollar | 148,500 |
Beständige Bewilligungen.
Ihrer Maj. der Königin-Wittwe Emma | Dollar | 16,000 |
Sr. Excellenz P. Kanóa | „ | 2,400 |
Henry S. Swinton | „ | 600 |
H. Kuiheláni | „ | 1,200 |
J. P. E. Kaháleáahú | „ | 400 |
Nihóa Kipi | „ | 600 |
Mrs. P. Nahaolelua | „ | 600 |
Summa: | Dollar | 21,800 |
Legislatur und das „Privy-Council“.
Ausgaben der Legislatur von 1882 | Dollar | 50,000 |
Sekretär des „Privy-Council“ | „ | 16,000 |
Zufällige Ausgaben des „Privy-Council“ | „ | 600 |
Summa: | Dollar | 25,300 |
Das gerichtliche Departement.
Gehalt des Oberrichters und Kanzlers | Dollar | 12,000 |
Gehalt des ersten Richters des Obergerichtes | „ | 10,000 |
Gehalt des zweiten Richters des Obergerichtes | „ | 10,000 |
Gehalt des 1. Clerk des Obergerichtes | „ | 6,000 |
Gehalt des 2. Clerk des Obergerichtes | „ | 3,800 |
Gehalt des Bibliothekar und Copisten des Obergerichtes | „ | 1,500 |
[S. 352] Gehalt des Dolmetschers des Obergerichtes und der Polizeigerichte | „ | 4,000 |
Gehalt des Bezirksrichters (Maui) | „ | 4,000 |
Dessen Reisekosten | „ | 200 |
Gehalt des Bezirksrichters (Hilo und Kau der Insel Hawaii) | „ | 2,000 |
Gehalt des Bezirksrichters (Kohála und Kóna der Insel Hawaii) | „ | 2,000 |
Gehalt des Bezirksrichters (der Insel Kauai) | „ | 4,000 |
Gehalt des Polizeirichters (Honolulu der Insel Oahú) | „ | 6,000 |
Gehalt des Polizeirichters (Hilo der Insel Hawaii) | „ | 2,400 |
Gehalt des Polizeirichters (Lahaina der Insel Maui) | „ | 2,000 |
Gehalt des Polizeirichters (Wailúku der Insel Maui) | „ | 2,400 |
Gehalt des Distriktsrichters (Nord-Hilo der Insel Hawaii) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Puna der Insel Hawaii) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Kau der Insel Hawaii) | „ | 1,200 |
Gehalt des Distriktsrichters (Nord-Kona der Insel Hawaii) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Süd-Kohála der Insel Hawaii) | „ | 800 |
demselben Bilance des ihm schuldigen Gehaltes | „ | 75 |
Gehalt des Distriktsrichters (Nord-Kohála der Insel Hawaii) | „ | 1,600 |
Gehalt des Distriktsrichters (Süd-Kóna der Insel Hawaii) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Kamakuá der Insel Hawaii) | „ | 1,200 |
Gehalt des Distriktsrichters (Honuaúla der Insel Hawaii) | „ | 800 |
[S. 353] Gehalt des Distriktsrichters (Makawaó der Insel Hawaii) | „ | 1,200 |
Gehalt des Distriktsrichters (Hana der Insel Hawaii) | „ | 1,000 |
Gehalt des Distriktsrichters (der Insel Lanaï) | „ | 600 |
Gehalt des Distriktsrichters (der Insel Molokai) | „ | 1,000 |
Demselben für Reisekosten | „ | 50 |
Gehalt des Distriktsrichters (Ewa der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Waianae der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Waialúa der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Koólaúlóa der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Koólaúpóko der Insel Oahú) | „ | 1,200 |
Gehalt des Distriktsrichters (Hanalae der Insel Kauai) | „ | 1,000 |
Gehalt des Distriktsrichters (Kolóa der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Distriktsrichters (Waiméa der Insel Oahú) | „ | 800 |
Gehalt des Clerk des zweiten Gerichtsbezirkes | „ | 600 |
Gehalt des Clerk des dritten Gerichtsbezirkes | „ | 1,000 |
Gehalt des Clerk des vierten Gerichtsbezirkes | „ | 400 |
Auslagen der „Supreme-court“ | „ | 4,000 |
Auslagen für Zeugen in Criminal-Fällen laut Bewilligungen des präsidirenden Richters | „ | 1,500 |
Auslagen des zweiten Gerichtsbezirkes | „ | 2,800 |
Auslagen des dritten Gerichtsbezirkes | „ | 3,000 |
Auslagen des vierten Gerichtsbezirkes | „ | 1,200 |
[S. 354] Zum Ankauf von Gesetzbüchern | „ | 500 |
Schreibmaterial etc. der Gerichtshöfe | „ | 1,500 |
Für Uebersetzung und Druck der 4 Gesetzbände | „ | 5,000 |
Gehalt des Clerk des Polizeigerichts in Honolulu | „ | 2,400 |
Gehalt des chinesischen Dolmetschers und Uebersetzers | „ | 2,400 |
Gehalt des Aufsehers des gerichtlichen Departements | „ | 2,000 |
Summa: | Dollar | 122,125 |
Departement der auswärtigen Angelegenheiten.
Gehalt des Ministers | Dollar | 12,000.— |
Gehalt des Sekretairs | „ | 6,000.— |
Auslagen für ausländische Agenten | „ | 3,000.— |
Zur formellen Krönung des Königs | „ | 10,000.— |
Zum Empfang ausländischer offizieller Gäste zur Krönung | „ | 20,000.— |
Auslagen für ausländische Gesandtschaften | „ | 25,000.— |
Dem ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Washington | „ | 12,000.— |
Für ausserordentliche Ausgaben der Legation in Washington | „ | 5,000.— |
Zur Unterstützung und Rückkehr eingeborener Hawaiier aus dem Auslande | „ | 1,500.— |
Botenlohn | „ | 1,000.— |
Zum Ankauf von Orden und Dekorationen | „ | 4,000.— |
Zur Erziehung junger Hawaiier im Auslande | „ | 30,000.— |
Gehalte der Königlichen Garde | „ | 38,901.50 |
Unterstützung der Volontair-Compagnien | „ | 10,000.— |
Drillmanege | „ | 5,000.— |
Für das Hawaiier Musik-Orchester für Flaggen und Salutirungen | „ | 33,365.— |
[S. 355] Waffen und Uniformirungen | „ | 20,000.— |
Zum Ankauf von Geschützen | „ | 15,000.— |
Dem nationalen Museum | „ | 3,000.— |
Ankauf von Büchern für die Staatsbibliothek | „ | 3,000.— |
Gehalt des Bibliothekars und Curators des Museums | „ | 2,000.— |
Summa: | Dollar | 259,766.50 |
Departement des Innern.
Gehalt des Ministers | Dollar | 12,000.— | ||
Gehalt des Ober-Clerks | „ | 6,000.— | ||
Gehalt des Clerks der Landbehörde | „ | 3,600.— | ||
Gehalt des dritten Clerks des Departem. | „ | 3,600.— | ||
Gehalt des vierten Clerks des Departem. | „ | 2,400.— | ||
Gehalt des Gouverneurs der Insel Oahú | „ | 3,600.— | ||
Gehalt des Gouverneurs der Insel Maui | „ | 3,600.— | ||
Gehalt der Gouverneurin von Hawaii der Prinzessin Likelike | „ | 3,600.— | ||
Gehalt des Gouverneurs der Insel Kauai | „ | 3,600.— | ||
Gehalt des Gouvernements-Clerks der Insel Maui | „ | 1,600.— | ||
Gehalt des Gouvernements-Clerks der Insel Kauai | „ | 1,000.— | ||
Gehalt des Gouvernements-Clerks der Insel Hawaii | „ | 1,600.— | ||
Gehalt des Gouvernements-Clerks der Insel Oahú | „ | 1,200.— | ||
Gehalt des Gefangenwärters des Oahú-Gefängnisses | „ | 3,600.— | ||
Gehalt der Aufseher des Gefängnisses | „ | 7,000.— | ||
Gehalt des Superintendenten der Wasserwerke (zugleich Clerk des Marktes) | „ | 3,000.— | ||
Gehalt des Clerk-Superintendenten der Wasserwerke | „ | 2,000.— | ||
Dem Markt von Wailúku auf der Insel Maui | „ | 2,000.— | ||
[S. 356] Dem Markt von Hilo auf der Insel Hawaii | „ | 2,000.— | ||
Dem Civil-Ingenieur Gehalt | „ | 8,000.— | ||
Gehalt des Superintendenten der öffentlichen Arbeiten | „ | 6,000.— | ||
Reisekosten und zufällige Auslagen des Civilingenieurs (zugleich Superintendent der öffentlichen Arbeiten) | „ | 1,500.— | ||
Gehalt des Generalpostmeisters | „ | 8,000.— | ||
Gehalt der Clerks des Postamtes | „ | 17,000.— | ||
Gehalt der Postmeister | „ | 10,000.— | ||
Für besondere Vorfälle des Postamtes | „ | 8,000.— | ||
Für Postgeldanweisungen und Postbeförderung | „ | 38,000.— | ||
Für die Marine-Telephonstation | „ | 1,500.— | ||
Dem Aufseher des Königl. Mausoleums | „ | 600.— | ||
Für das Königl. Mausoleum | „ | 250.— | ||
Dem Aufseher des Lunalíllo-Mausoleums | „ | 500.— | ||
Dem Jacutar der Aliioláni-Halle | „ | 960.— | ||
Den Boten des Departements | „ | 2,000.— | ||
Feuerfeste Schränke für das Departement | „ | 600.— | ||
Für zufällige Auslagen des Departements | „ | 2,000.— | ||
Für zufällige Auslagen der Gouvernementsregierungen | „ | 500.— | ||
Bücher und Schreibmaterial derselben | „ | 300.— | ||
Für Copien der Bücher der Landcommission | „ | 2,400.— | ||
Für Strassenreparaturen | „ | 15,000.— | ||
Gehalt des Subrevisors der Strassen | „ | 14,400.— | ||
Für Wege und Brücken im Reiche | „ | 276,400.— | ||
Für Wegesteuern, und zwar zur Verwendung in den Distrikten, wo selbige collektirt worden | „ | 37,759.03 | ||
Für die Ansiedelung der Aussätzigen auf der Insel Molokai | „ | 90,000.— | ||
Für den Wasserbedarf von Kalawaó | „ | 10,000.— | ||
Staatsärzte und medizinische Behandlungen | „ | 50,000.— | ||
Allgemeine Ausgaben der Sanitätsbehörde | „ | 35,000.— | ||
Bau und Unterhalt der Hospitäler | „ | 50,000.— | ||
[S. 357] Reparaturen und Unterhalt der Quarantaine | „ | 2,500.— | ||
Zollhaus und Zollspeicher in Kahúluí | „ | 15,000.— | ||
Zollhaus und Zollspeicher in Mahukóna | „ | 15,000.— | ||
Zollhaus und Zollspeicher in Hilo | „ | 15,000.— | ||
Unterhalt des Asyles für Geisteskranke | „ | 15,000.— | ||
Reparatur und Erweiterung desselben | „ | 6,000.— | ||
Allgemeine Unterstützung des „Queens“-Hospitals | „ | 15,000.— | ||
Unterstützung der königlichen Hawaiischen Agrikulturgesellschaft | „ | 5,000.— | ||
Zur Ermuthigung der Agrikultur | „ | 5,000.— | ||
Zu Landmessungen im Reiche | „ | 40,000.— | ||
Dem Kapioláni-Park | „ | 5,000.— | ||
Staatsdruckerei | „ | 4,000.— | ||
Für Sammeln, Drucken und Einbinden der Gesetze | „ | 5,000.— | ||
Uebersetzung und Druck der Arbeitgeber- und Arbeitnehmergesetze in die Hawaiier Sprache | „ | 125.— | ||
Unterhalt der Gefangenen | „ | 60,000.— | ||
Dem Feuerwehrdepartement von Honolulu | „ | 28,000.— | ||
Auslagen des Bureaus der Wasserwerke | „ | 5,000.— | ||
Reparaturen und Erweiterungen der Wasserwerke | „ | 82,300.— | ||
Die laufenden Ausgaben der Dampfeinrichtungen derselben | „ | 15,000.— | ||
Für Anker und Baken der Häfen | „ | 10,000.— | ||
Die Landung bei Honokaïa | „ | 8,000.— | ||
Werft in Pelekunu | „ | 500.— | ||
Die Landung bei Hónomalíno | „ | 10,000.— | ||
Die Landung bei Hónokaá | „ | 10,000.— | ||
Die Landung bei Kohólaléle | „ | 7,000.— | ||
Die Landung bei Hónoápo | „ | 5,000.— | ||
Die Landung bei Holúaloá | „ | 500.— | ||
Die Landung bei Hóopulóa und Napoópoó | „ | 1,000.— | ||
Die Landung bei Kailúa und Keaúhoú | „ | 1,000.— | ||
[S. 358] Werft bei Kaúnakákaï | „ | 3,000.— | ||
Werft bei Pukoó der Insel Molokai | „ | 3,000.— | ||
Werft bei Kalaúpapá | „ | 1,000.— | ||
Landung bei Makéna | „ | 1,000.— | ||
Landung bei Heéia, (Oahu) | „ | 1,000.— | ||
Werft bei Waïmanaló | „ | 1,000.— | ||
Landung bei Kahúluï | „ | 5,000.— | ||
Erweiterung der Werft von Hilo | „ | 5,000.— | ||
Reparatur der Werft bei Kaálualú | „ | 1,000.— | ||
Erweiterung der Werft Lahaïna | „ | 4,000.— | ||
Brechwasser bei Pohoïkí | „ | 5,000.— | ||
Landung bei Waïanae | „ | 2,000.— | ||
Allgemeine Reparaturen der übrigen Landungsplätze | „ | 10,000.— | ||
Werft von Hookéna | „ | 2,000.— | ||
Werft von Waiméa der Insel Kauai | „ | 2,000.— | ||
Anschaffung neuer Austernnetze zum Baggern | „ | 8,000.— | ||
Werft von Muoléa, Hána | „ | 3,000.— | ||
Zum Baggern mit Austernetzen des Hafens von Honolulu | „ | 15,000.— | ||
Landung bei Punahóa, Keánae, Nún, Hána auf der Insel Maui | „ | 2,100.— | ||
Reparaturen der Werfte in Honolulu | „ | 20,000.— | ||
Reparaturen der Werfte in bei Púnaluú | „ | 1,500.— | ||
Füllungen bei Waïkahálulú | „ | 15,000.— | ||
Vervollständigung des Leuchthauses am Barber-Point | „ | 3,000.— | ||
Reparaturen und laufende Ausgaben der Leuchthäuser | „ | 7,500.— | ||
Leuchthaus des South-Point auf der Insel Hawaii | „ | 1,000.— | ||
Reparaturen der Regierungsgebäude | „ | 17,000.— | ||
Reparatur und Möblirung der Aliíoláni-Halle | „ | 3,000.— | ||
[S. 359] Reparaturen und Bauten der Gebäude der Polizeigerichte, für Behörden öffentlicher Arbeiten, der Wasserwerke, Steuerassessore etc. | „ | 35,000.— | ||
Kerosin-Lagerhaus | „ | 7,000.— | ||
Feuerfeste Bauten für die „Supreme court“ und andere Gerichtshöfe | „ | 15,000.— | ||
Bau und Reparaturen des „Court“-Hauses und der Arestzellen | „ | 30,000.— | ||
Vollendung und Möblirung des neuen Palais | „ | 47,500.— | ||
Stallungen des neuen Palais | „ | 15,000.— | ||
Zur Ermuthigung der Einwanderung und zur Wiederbevölkerung des Reiches | „ | 500,000.— | ||
Die Núuanú-Palistrasse | „ | 45,000.— | ||
Die Marineeisenbahn von Honolulu | „ | 50,000.— | ||
Arthesische Brunnen für | ||||
Nord-Kóna | 5,000 | |||
Molokai | 5,000 | |||
Makuá (Oahú) | 5,000 | |||
Arthesische Bohrungen | 20,000 | = | „ | 35,000.— |
Röhren für den Makiki-Brunnen | „ | 3,000.— | ||
Röhren für den Makiki-Brunnen | „ | 3,000.— | ||
Ankauf des Grundes der Aliioláni-Halle | „ | 1,500.— | ||
Miethe für den Grund | „ | 200.— | ||
Miethe für Aienui | „ | 2,400.— | ||
Auslagen für Ausstellen von Grenzcertifikaten | „ | 200.— | ||
Auslagen bei Wahlen | „ | 500.— | ||
Vermehrung der Waschhäuser | „ | 7,500.— | ||
Forstaufsicht, Baumschulen, Meliorationen des Landes und der öffentlichen Plätze | ||||
für Baumschulen | 8,000 | |||
für Emma-Square | 1,000 | |||
für Thomas-Square | 3,000 | = | „ | 12,000.— |
[S. 360] Wegesteuer (bestimmte), zu verausgaben in den Distrikten, wo dieselben collektirt worden sind | „ | 86,000.— | ||
Entschädigung dem J. W. Kahulúna | „ | 31.33 | ||
Zum Ankauf eines antiken Federanzuges | „ | 1,200.— | ||
Zum Ankauf von Lunalílo und Kekaúluohí | „ | 200.— | ||
Für chinesische Uebersetzungen | „ | 4,000.— | ||
Summa: | Dollar | 2,174,926.36 |
Finanzdepartement.
Gehalt des Ministers | Dollar | 12,000.— |
Gehalt des Generalauditors | „ | 10,000.— |
Gehalt des Registrators öffentlicher Rechnungen | „ | 6,000.— |
Gehalt des Generalcollektors | „ | 8,000.— |
Gehalt des Generalcollektorsgehülfen | „ | 5,000.— |
Gehalt des Clerks der statistischen Abtheilung | „ | 3,600.— |
Gehalt des zweiten Clerks derselben Abtheilung | „ | 3,000.— |
Gehalt des Controleurs | „ | 3,000.— |
Gehalt des Cassirers | „ | 2,400.— |
Gehalt des Magazinhalters | „ | 3,600.— |
Gehalt des Collektors für Kahúluí | „ | 3,000.— |
Gehalt des Collektors für Mahukóna | „ | 2,000.— |
Gehalt des Collektors für Hílo | „ | 2,000.— |
Gehalt des Collektors für Kawaihae | „ | 300.— |
Gehalt des Collektors für Kealakékuá | „ | 100.— |
Gehalt des Collektors für Kolóa | „ | 200.— |
Gehalt dem Dampfschiffwaaren-Haushalter | „ | 1,200.— |
Gehalt des Kerosinlager-Haushalters | „ | 480.— |
Gehalt des Controleurs und Aufsehers im Hafen Kahúlui | „ | 2,000.— |
Gehalt des Controleurs und Aufsehers im Hafen von Mahukóna | „ | 1,200.— |
Gehalt des Controleurs und Aufsehers im Hafen von Hilo | „ | 1,200.— |
[S. 361] Gehalt der Aufsehergehülfen letztbenannter Häfen | „ | 12,000.— |
Für zufällige Ausgaben des Zollhauses | „ | 3,000.— |
Zollhausboot | „ | 1,200.— |
Gehalt der Steuerassessoren | „ | 28,000.— |
Gehalt der Steuercollektoren | „ | 26,000.— |
Gehalt der Steuerappellbehörden | „ | 1,000.— |
Amortisation der Nationalschuld | „ | 69,300.— |
Interessen der Nationalschuld | „ | 65,000.— |
Hospitalfond (ungefähre Schätzung der Empfänge) | „ | 17,000.— |
Für zufällige Ausgaben des Finanzdepartements | „ | 3,000.— |
Für Druck der Depositionscertificate | „ | 1,000.— |
Marken und Stempel | „ | 500.— |
Hundemarken | „ | 600.— |
Botenlohn | „ | 1,000.— |
Subsidium für Ocean-Dampferlinien | „ | 50,000.— |
Subsidium für Dampfer zur zweimal im Monat stattfindenden Rundfahrt um die Insel Hawaii | „ | 2,000.— |
Rückgabe von aus Versehen empfangenen Steuermehrbeträgen | „ | 2,000.— |
Für J. C. Merrill | „ | 1,500.— |
Summa: | Dollar | 353,880.— |
Departement des Generalrechtsanwalts.
Gehalt des Generalrechtsanwalts | Dollar | 12,000.— |
Gehalt seines Clerks | „ | 5,000.— |
Gehalt des Ordnungsrichters („marshal“) | „ | 8,000.— |
Gehalt seines ersten Clerks | „ | 2,400.— |
Gehalt seines zweiten Clerks | „ | 1,200.— |
Gehalt des Sherifs der Insel Maui | „ | 5,000.— |
Gehalt des Sherifs der Insel Hawaii | „ | 5,000.— |
Gehalt des Sherifs der Insel Kauai | „ | 4,000.— |
Gehalt des Clerks-Scherifs von Maui | „ | 1,600.— |
[S. 362] Gehalt des Clerks-Sherifs von Hawaii | „ | 1,600.— |
Gehalt der Polizei der Insel Hawaii | „ | 49,580.— |
Gehalt der Sherifsgehülfen und der Polizei der Insel Maui | „ | 32,360.— |
Gehalt der Ordnungsrichtergehülfen, Sherifsgehülfen und der Polizei von Oahú incl. der Lampenanzünder der Stadt Honolulu | „ | 85,760.— |
Gehalt der Schriftsgehülfen und der Polizei der Insel Kauai | „ | 17,600.— |
Ausgaben zum Verhaften der Criminalverbrecher | „ | 5,000.— |
Zufällige Ausgaben | „ | 2,000.— |
Für Leichenbeschauungen | „ | 1,200.— |
Criminal-Auslagen | „ | 20,000.— |
Für eine bewaffnete Truppe für die Inseln Maui, Kauai und Hawaii | „ | 60,000.— |
Summa: | Dollar | 319,300.— |
Bureau des öffentlichen Unterrichts.
Gehalt des Generalinspectors | Dollar | 6,000.— |
Seine Reisekosten | „ | 1,000.— |
Gehalt des Clerk der Erziehungsbehörde | „ | 6,000.— |
Unterstützungen für Hawaiier und englische Schulen | „ | 75,000.— |
Unterstützung der Gemeindeschulen | „ | 10,000.— |
Für die Schule des industriellen Reformatoriums | „ | 10,000.— |
Bau und Reparaturen der Schulhäuser | „ | 10,000.— |
Unterstützung d. Boarding-Schule von Hilo | „ | 5,000.— |
Bau der Mädchenschule in Waïalua | „ | 10,000.— |
Unterstützung der Makawaó-Schule | „ | 2,000.— |
Für Schreibmaterialien und zufällige Auslagen des Bureaus | „ | 800.— |
Botenlohn | „ | 1,000.— |
Subsidium für das „Oahú-College“ | „ | 720.— |
Summa: | Dollar | 137,520.— |
Recapitulation.
Gleichwie vorgehend übersetzter Wortlaut einiger Gesetze, einen sprechenden Beweis der socialen Entwickelung des Reiches geben, so soll folgende statistische Uebersicht einiger offiziell festgestellten Angaben jährlicher Import- und Exportbeträge des Königreichs von 1848 bis incl. 1882, einen gleichfalls sprechenden Beweis der auffallend gründlichen Entwicklung des Handels und der Produktivität des Landes geben.
Es fehlen die Angaben einiger Jahre, die ich nicht erlangen konnte, die fehlenden jedoch von 1868 bis 1878 und von 1862 bis 1868, sollen im Allgemeinen eine progressive Zunahme erwiesen haben, daher die fehlenden Feststellungen, dem Eindrucke des Ueberblickes keinen Einhalt thun.
Das | Jahr | 1848 | ergab | einen | Import | von | Dollar | 605,618.73 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 518,870.40 |
Das | Jahr | 1851 | ergab | einen | Import | von | „ | 1,823,821.68 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 691,931.49 |
Die Jahre 1851 bis 1862 waren in stetem Wechsel. | ||||||||
Das | Jahr | 1862 | ergab | einen | Import | von | „ | 998,239.67 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 576,541.87 |
Das | Jahr | 1868 | ergab | einen | Import | von | „ | 1,800,046.18 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 1,898,215.63 |
[S. 364] Das | Jahr | 1878 | ergab | einen | Import | von | „ | 3,046,369.70 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 3,548,471.84 |
Das | Jahr | 1879 | ergab | einen | Import | von | „ | 3,742,978.39 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 3,717,817.97 |
Das | Jahr | 1881 | ergab | einen | Import | von | „ | 4,547,978.64 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 6,855,436.56 |
Das | Jahr | 1882 | ergab | einen | Import | von | „ | 4,974,510.01 |
„ | „ | „ | „ | „ | Export | „ | „ | 8,299,016.70 |
1883 den 12. Februar fand die formelle Krönung des Königs Kalakaua statt. Das schmucke neue „Jolani“-Palais, obgleich noch unvollendet — zu dieser Festlichkeit jedoch glanzvoll geschmückt — wurde zur ersten formellen Krönung eines Königs von Hawaii benutzt.
Das Palais heisst „Jolani“ und bedeutet „Aufgang zum Himmel“ und soll, wie man sagt, unter die schönsten und wohnlichsten Palais gezählt zu werden das Recht haben, wird aber bis zu seiner Vollendung ½ Million Dollar, vielleicht noch mehr gekostet haben. Es ist für das kleine Königreich zu prunkvoll erbaut; doch auch im Kleinen findet sich oft Grosses. Einen Beweis hierzu hat der so auffallend sich entwickelnde Export des Inselreichs gezeigt. Daher wird vielleicht dieses glanzvolle Palais zu noch auffallenderer Entwicklung des Reiches dienen und sozusagen, das Land anspornen, durch eine noch effektvollere Produktivität, sich zum Glanzpunkt seines königlichen Palastes zu erheben und die bestehende Differenz auszugleichen.
Die Krönung des Königs Kalakaua, des 7. Königs des Inselreiches, fand unter einem 25 Fuss im Durchmesser octogonalen Pavillon statt, der dem Palais gegenüber zu diesem Zwecke erbaut und mit den Namenszügen der seither regierenden Könige von Hawaii, Palmenzweigen, Fahnen und Standarten verschiedener Länder, Kränzen, Blumen und Bänder geschmückt war. Die Krönung fand mit allen gebräuchlichen Ceremonien anderer Länder und einigen nationalen Gebräuchen, in Gegenwart einer zahlreichen und zwar enthusiasmirten Menge der Bewohner der Inseln und ausländischer Gäste und unter dem Donner[S. 365] der „Salute“ seitens der Schiffe im Hafen und der Geschütze auf dem Lande statt.
1883 den 14. Februar wurde das Standbild Kamehámehás I. gegenüber der „Alliiolani“-Halle in Gegenwart des Königs und einer zahlreichen Versammlung und unter dem gediegenen Vortrage der Rede des Ministers Gipson und des Ministers Kapéna, unter den vollendeten Klängen des nationalen Orchesters unter der vortrefflichen Leitung des berühmten Herrn Berger und unter den begeisterten Hochrufen der Bevölkerung, enthüllt.
1883 den 24. Mai starb in Kailúa auf der Insel Hawaii die Letzte der Nachkommen Kamehámehás I., die Grosstochter desselben, die Schwester der Könige Kamehámehá IV. und V., Ihre Hoheit Ruth Keelikoláni. Sie war den 9. Februar 1818 geboren.
Die bisherige Regierungszeit des Königs Kalakaua — vom Tage seiner Thronbesteigung an gerechnet bis zur Gegenwart — war und ist reich an administrativen und organisatorischen Eventualitäten und höchst rühmlich in der Entwickelung des Landes, jedoch glücklicherweise für das Land arm an lärmschlagenden politischen Ereignissen; sogar das unruhige vulkanische Element der Inseln war gleichwie gebannt ruhig geblieben und half seinerseits — natürlich ohne es zu wollen — der ruhigen Entwicklung des Landes. Ich schliesse mich daher der Ruhe an und beende meine Arbeit mit einer Charakteristik des gegenwärtigen Königs von Hawaii und seiner Regierungsweise.
König Kalakaua ist von mittlerer Grösse, starkem Schulterbau, sehr angenehmen, ausdrucksvollen Gesichtszügen der sogenannten „polynesischen“ Race, mit einem höchst lebendigen, prüfenden Auge und tiefbraunem Teint. Ein stets wohlwollendes, herzliches Benehmen spricht aus seinem ganzen Wesen, welches frei von allem Stolz, von jeglicher überragen wollender Geberde ist. Eine freie selbstbewusste Zwanglosigkeit verleiht ihm alle Eigenschaften eines Gentlemans. Sein ganzes Auftreten ist einfach, seine Toilette im Einfachen gewählt und am liebsten weiss. Die Schmucksachen, die er trägt, sind kaum bemerkbar,[S. 366] aber geschmackvoll. Der englischen Sprache ist er aus dem Grunde (amerikanisch) mächtig. Wohl unterrichtet in den allgemeinen, den politischen und militärischen Wissenschaften, ist er der Verfechter und schaffende Geist der nationalen Erziehung und der Lehranstalten in seinem Reiche. Selbst Musiker und Freund und Kenner der Musik, wirkt er mit allen Kräften dahin, die Talente seiner für Poesie und Musik höchst empfänglichen Nation zu entwickeln und hat hierin glanzvolle Resultate erzielt; seine nur aus Eingeborenen bestehende Militärkapelle unter der Leitung eines deutschen hervorragenden Musikers, Herrn Berger, ist eine überraschend vorzügliche in ihren Leistungen. Freund des gemüthlichen gesellschaftlichen Verkehres, sittlich, Feind des Uebermasses, Freund des regelmässigen Lebens, kann er nicht nur jedem seiner Unterthanen, sondern Jedermann als Beispiel dienen. Ausgestattet mit einer vollendeten Gabe das Gute vom Schlechten zu unterscheiden, energisch, wo er glaubt, für das Wohl seines Landes und Volkes auftreten zu müssen, gütig und nachgiebig, wenn er der Ueberzeugung ist, dass es nicht schaden kann, bildet er — glaube ich behaupten zu dürfen — durch diese Eigenschaften das Modell eines constitutionellen Monarchen.
Der Charakter Sr. Majestät Kalakaua I. ist der eines energischen Staatsmannes, verbunden mit dem eines klugen, ruhigen Geschäftsmannes und demjenigen eines wahren Philanthropen. Nicht den Schein sucht sein dem Lande wohlwollender Geist, nicht den Ruhm seine hervorragende Handlung, sondern nur vortheilhafte Resultate für das Wohl seines Landes. In seiner Regierungsweise ist er ein treu constitutioneller König und hat es verstanden, trotz der Constitution und ohne in irgend einer Weise die ihm von der Constitution gestellten Grenzen seiner Machtbefugniss zu überschreiten, mit fester Hand die Zügel der Regierung selbst zu führen und zugleich treu dem Leitfaden der Constitution zu folgen. Er hat es verstanden, fast unbemerkt zum Erstaunen Vieler, den bei Beginn seiner Regierung regen Geist, einer dem Wohle des Landes drohenden Opposition zu verscheuchen, indem er sich mit thatkräftigen, pflichttreuen Männern um[S. 367]geben hatte, die ihm halfen, für das Wohl seines Landes und seiner Nation und nicht nur allein für das Wohl gewisser Bürger und Ansiedler fremder Nationalitäten — wie es früher der Zwang erheischte — zu regieren. Das Hauptstreben seiner Regierung liegt gegenwärtig in der Entwickelung des Wohlstandes des Landes und namentlich in der Wiederbevölkerung der Inseln.
Mit dem aufrichtigen Wunsche, dass der König Kalakaua zur Erfüllung seiner sich gestellten Aufgaben sich eines langen Lebens zu erfreuen habe, schliesse ich mit den Worten: Glücklich ist der Staat, dessen König gerecht und weise ist!
Druck von W. Schuwardt & Co. (H. Hallberg), Leipzig.
Verlag der K. Hofbuchhandlung Wilhelm Friedrich in Leipzig.
A. E. Freiherr von Nordenskiöld
und seine Entdeckungsreisen
1858–1879
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T. M. Fries.
Deutsch von
Dr. Gottfr. von Leinburg.
Mit 2 Portraits und 1 Karte.
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terrestre et des êtres organiques,
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Geschichte der Weltlitteratur in Einzeldarstellungen.
Bd. | I. | Geschichte der französischen Litteratur von Eduard Engel. gr. 8°. eleg. br. M 7.50, gbd. M 9.—. |
„ | II. | Geschichte der polnischen Litteratur von Heinrich Nitschmann. gr. 8°. eleg. br. M 7.50, gbd. M 9.—. |
„ | III. | Geschichte der italienischen Litteratur von C. M. Sauer, gr. 8°. eleg. br. M 9.—, gbd. M 10.50. |
„ | IV. | Geschichte der englischen Litteratur von Eduard Engel. gr. 8°. eleg. br. M 10.—, gbd. M 11.50. |
„ | V. | Geschichte der deutschen Litteratur von Franz Hirsch. 1. Abthlg. Das Mittelalter. gr. 8°. eleg. br. M 5.50, gbd. M 7.—. |
„ | VI. | 2. Abthlg. Geschichte der neugriechischen Litteratur von A. R. Rangabé u. Daniel Sanders. gr. 8°. eleg. br. M 3.—, gbd. M 4.50. |
Anmerkungen zur Transkription:
Der vorliegende Text wurde anhand der 1885 erschienenen Buchausgabe erstellt. Satzzeichen wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und inkonsistente Schreibweisen wurden beibehalten, sofern diese den Sinn des Textes nicht beeinflussen (z. B. ‚Sydney/Sidney/Sydnei‘ oder ‚habeus corpus‘ statt ‚habeas corpus‘). Hiervon ausgenommen sind Eigennamen, bei denen sich eine über den gesamten Text vorherrschende Schreibweise erkennen lässt, sowie offensichtliche Druckfehler. Variationen in der Schreibweise polynesischer und englischer Begriffe wurden beibehalten; insbesondere die Akzentuierung sowie die Verwendung von Bindestrichen kann bei ersteren innerhalb des Textes stark variieren.
Inkonsistenzen bei den großen Umlauten (Ä, Ö und Ü) bzw. deren Umschreibungen (Ae, Oe und Ue) wurden nicht harmonisiert. Überträge bei Tabellen, die sich über Seitengrenzen hinweg erstrecken (S. 351–362), wurden entfernt. Im Original wurde die Zwischensumme durch ‚Latus‘, der Übertrag auf der neuen Seite durch ‚Transport‘ angegeben. Buchformate in den Anzeigen wurden harmonisiert zu ‚8°.‘ bzw. ‚12°.‘
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