Title: Geschichte der Belagerung, Eroberung und Zerstörung Magdeburg's
Author: Otto von Guericke
Editor: Friedrich Wilhelm Hoffmann
Release date: March 17, 2019 [eBook #59081]
Language: German
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Anmerkungen zur Transkription
Der vorliegende Text wurde anhand der 1860 erschienenen Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und altertümliche Schreibweisen bleiben gegenüber dem Original unverändert; fremdsprachliche Zitate wurden nicht korrigiert.
Die Abkürzung für ‚et cetera‘ mit tironischer Note für ‚et‘ wurde hier als ‚etc.‘ dargestellt. Umlaute in Großbuchstaben (Ä, Ö, Ü) wurden in der gedruckten Fassung als ihre Umschreibungen dargestellt (Ae, Oe, Ue); dies wurde so beibehalten.
Fußnoten wurden an das Ende des Texts verschoben; die ‚Liste der Subscribenten‘ wurde der Übersichtlichkeit halber vom Bearbeiter an das Ende des Buches gestellt. Wie im Original, werden im laufenden Text, aber nicht in den Fußnoten, die Anmerkungen des Herausgebers in Klammern mit einer kleineren Schriftgröße versehen.
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Otto von Guericke,
Churfürstlich-Brandenburgischem Rath und Bürgermeister besagter Stadt.
Aus der Handschrift zum Erstenmale veröffentlicht
Friedrich Wilhelm Hoffmann,
Verfasser der „Geschichte der Stadt Magdeburg.“
Magdeburg, 1860.
Emil Baensch, Hof-Buchhändler Sr. Majestät des Königs.
Das hier zum Erstenmale der Oeffentlichkeit übergebene Manuscript unserer Stadtbibliothek — eine von der Hand seines Schreibers gefertigte, aber sorgfältig von ihm selbst verbesserte Reinschrift — bildet eigentlich den dritten Theil der von Otto von Guericke hinterlassenen Geschichte der Stadt Magdeburg. Von dem Autographon des Verfassers existiren noch die ersten sechs Bogen, welche manches in der Copie Weggebliebene enthalten, das, so weit es für den Leser von Interesse, in dem gegenwärtigen Abdrucke unter dem Texte gegeben und, zum Unterschiede von den Anmerkungen, welche ich hinzugefügt, mit dem Buchstaben G bezeichnet ist.
Der erste Theil des Guerickeschen Geschichtswerkes war keine eigene Arbeit des berühmten Mannes, sondern es bildete denselben ein von ihm mit Anmerkungen und Zusätzen bereichertes Exemplar der magdeburgischen Chronik des vormaligen hiesigen Predigers Joh. Pomarius (Baumgarten).[*] Der verstorbene Superintendent Rathmann zu Pechau hat denselben noch in Händen gehabt und für seine Geschichte der Stadt Magdeburg benutzt; er ist aber seitdem spurlos verschwunden. Der zweite Theil — den Zeitraum von 1585 bis 1630 umfassend und, ohne Zweifel, ganz aus Guericke’s Feder geflossen — befand sich schon damals nicht mehr in der Stadt-Bibliothek und muß also schon früher, wo noch keine so sorgsamen Augen, als jetzt, über die der letzteren angehörigen literarischen Schätze gewacht haben, verloren gegangen sein.
Hinsichtlich des hier gegebenen Abdrucks der Handschrift habe ich nur zu bemerken, daß bei demselben, da er für einen größeren Leserkreis bestimmt ist, dem mit einer diplomatisch genauen Beibehaltung der alten Orthographie wenig gedient sein möchte, die jetzt übliche Wortschreibung gewählt, auch hier und da bei einem ganz außer Gebrauch gekommenen und heutigen Tages völlig unverständlichen Worte ein, denselben Begriff bezeichnendes, neues in Klammern daneben gesetzt ist. Was den Styl anbelangt, so habe ich mir keine Aenderung, keine Umschmelzung der zum Theil übermäßig langen und schleppenden Perioden erlaubt; das Werk würde, bei einer gefälligeren Einkleidung des Stoffes, ja nur noch ein dem Inhalte nach dem Otto von Guericke angehörendes geblieben sein. Als völlig unnütz aber, weil sie ja doch nicht nachgeschlagen werden können, sind alle Hinweisungen auf die beiden ersten Theile des Werkes weggeblieben. Alles im Texte von zwei Gedankenstrichen Eingeschlossene gehört dem Verfasser an.
Dem Leser am Schlusse dieser Vorbemerkung noch ein Wort zur Empfehlung des kleinen Buches, welches ich hiermit in seine Hände lege, sagen zu wollen, halte ich für durchaus überflüssig. Guericke war Augenzeuge der Ereignisse, welche er schildert; er war vermöge seiner amtlichen Stellung, als Rathmann und Bauherr der Stadt, sehr genau davon unterrichtet und überdies ein Mann von so anerkannter Ehrenhaftigkeit, daß wohl nicht im entferntesten von irgend einer absichtlichen Entstellung der Wahrheit in seiner Erzählung die Rede sein kann.
H.
Fußnote:
[*] Summarischer Begriff der Magdeburgischen Stadt-Chroniken. Magdeburg, 1587, 4.
Als durch Gottes unerforschlichen Rath und Verhängniß eine geraume Zeit her im heiligen römischen Reiche viel innerliche, schwere und blutige Kriege entstanden, dazu (an denen) auch ausländische Potentaten mit eingetreten (Theil genommen), und dadurch viele Dörfer, Flecken, Städte und Länder über alle Maße jämmerlich verderbt und verwüstet worden, wie nicht allein aller Welt bewußt, sondern auch noch diese Stunde — Gott erbarme sich’s! — männiglich vor Augen schwebet.
Demnach, und weil auch mit dem Könige von Dänemark durch göttliche Verleihung Frieden geschlossen[1] gewesen, haben, wegen solcher immer continuirenden Kriegspressuren, Einquartierungen, Durchzüge, Contributionen und anderen Drangsale, insonderheit aber (wegen) des im Jahre Christi 1629 ausgelassenen kaiserlichen Edicts, die Restitution der geistlichen, nach dem passauischen Vertrage den Katholischen entzogenen, Güter betreffend, die evangelischen und protestirenden Stände des Reiches am kaiserlichen Hofe viel Beschwerden, Protestationen und Klagen geführt, also daß auch theils hohen, theils niederen Standes Personen — weil sie eine allgemeine Reformation und Wiedereinführung der römisch-katholischen Religion befürchtet — sich solcher Execution ermeldeten Edictes und anderer Kriegesbeschwerden durch Gewalt in der Zeit zu entbinden und der kaiserlichen und ligistischen Soldatesque mit gewehrter Hand zu widerstehen für das Beste und Rathsamste erachtet. Jedoch weil wegen so vielfältigen Klagens und anderer Ursachen die römisch kaiserliche Majestät im Monat Februar des 1630 Jahres[S. 4] einen churfürstlichen Convent gegen den 5. Junius nach Regensburg beschrieben, ist der bedrängten Stände Hoffnung, daß allen Ungelegenheiten abhelfliche Maße gegeben werden sollte, bis dahin gerichtet und verschoben worden.
Unterdessen, und bei Währung solcher gedachten Kriegstroublen im deutschen Reiche, sind in Anno 1629 nicht allein zwischen Albrechten Herzogen zu Friedland, als damaligen kaiserlichen Kriegsgeneral, und der weitberühmten Hansastadt Magdeburg schwere Differentien und Feindseligkeiten entstanden, daß auch die Stadt hart darauf bloquirt, mit 16 starken Schanzen becirkelt und viel Bluts vergossen worden, sondern es haben sich überdies sowohl unter den Bürgern und Einwohnern dieser Stadt selbst allerhand Dissensiones und Mißverständnisse ereignet, vornehmlich aber und indem ein Theil der römisch-kaiserlichen und katholischen Liga Kriegesarmeen und dero Bediente wegen der Kriegesdrangsale und zu besorgenden Reformation in der Religion ganz nicht dulden, noch ihnen trauen oder Willen und Vorschub thun, sondern dieselben vielmehr vertreiben, sich dieser Last stracker Dinge benehmen, das Kriegsvolk aus dem Erzstifte hinweg schlagen, oder, zu dessen mehreren Behuf, sich mit andern evangelischen Potentaten und Ständen verbinden und das Werk conjunctim (mit vereinten Kräften) effectuiren wollen.[2]
Andern Theils (die übrigen) aber[3] so der Stadt, als einem geringen ohnmächtigen Stande des Reichs, sich der mächtigen Kriegsarmee zu widersetzen nicht rathen können, sondern vielmehr dem Exempel und (der) Neutralität der andern benachbarten Churfürsten und Städte folgen wollen und also, Correspondenz mit der kaiserlichen Soldatesque zu erhalten, verwilligen thäten, daß die kaiserlichen Offiziere in der Stadt werben, ein- und ausgehen und allerhand Nothdurft kaufen möchten, ingleichen, daß man ihnen vor Havelberg allerhand Vivres, Sal[S. 5]peter, Pulver verabfolgen und zuführen, auch in der Stadt Gießhause Stücken Geschütz gießen lasse, und was dergleichen Vorschub mehr — auch der Summe Geldes von 133,000 Thalern, so die Bürgerei, wegen abgebrochener Vorstädte und Erkaufung weiteres Festungsrechtes, der kaiserlichen Armee gleichsam zum Vorschub bezahlet und abgetragen, anitzo zu geschweigen[4] — die sind bei den Andern in großen Haß und Verdacht, gleichsam als die das Papstthum befördern und von der evangelischen Religion abtrünnig werden wollten, angelassen und gehalten worden.[5]
Solcher und anderer dergleichen Mißverständnisse halber der Rath zu verstatten und zu willigen keinen Umgang nehmen können, daß zur selben Zeit die Bürger aus jedem Viertel der Stadt eine Person, und also insgesammt 18 Personen — so man Plenipotenzier genannt — dem Rathe zugeordnet haben, als die da zugleich mit und um alle der Stadt Sachen wissen, der Bürgerschaft Beschwerden dem Rathe vortragen und also wegen ganzer Gemeine nebst dem Rath bevollmächtigt sein und Plenipotenz haben sollten, daß der Rath, Ausschuß und (die) Hundertmannen ohne deren Wissenschaft und Vollwort (Zustimmung) nichts (be) schließen noch effectuiren (ausführen) dürfen oder mögen.
Ob nun wohl — nach dem durch des Allerhöchsten gnädige Verleihung und der E. Hansastädte ansehnliche Interposition (Vermittelung) der oft vorgemeldete kaiserliche Kriegsgeneral die Bloquirung wieder fallen, Pässe und Straßen eröffnen und die um und um gemachten Schanzen und Reduiten (Redouten) demoliren und schleifen lassen — dieser Plenipotenzier Amt und Beruf allein und bis so lang dieselbe Bloquirung und Kriegslast währen möchte, angesehen gewesen: so hat jedoch nachmals der Rath, sie zu cassiren und abzusetzen, vor dem gemeinen Mann sich’s nicht unterstehen dürfen, sondern sie haben ihre Zusammenkünfte in der Weinschenke zur goldenen Krone[6] und andern Häusern ferner gehalten, einen Doctorem juris vom Neuen[S. 7] Markte[7] sammt den Viertelsherrn und andern Bürgern mehr zu Rathe gezogen, auch endlich, etwa im November, an das hanseatische Directorium dessen folgenden Inhalts geschrieben: „Denen E. Städten werde noch in guter Gedächtnisse schweben, welchergestalt, seit der erlittenen Bloquirung, die Stadt Magdeburg nicht allein wegen der schweren Kriegesbürde, sondern auch der innerlichen Differenzien halber, gedrückt und beschwert gewesen — wie auch solches der Rath zu Magdeburg selbst an die E. Städte damals geschrieben und sie, sothanen Beschwerde beiderseits abzuhelfen, ersuchet und gebeten hätte — ob aber wohl dem ersten Punkt, die Bloquirung betreffend, durch Gottes Verleihung abhelfliche Maße gegeben, so wäre doch der andere wegen der innerlichen Differenzien bis zur andern Zeit verschoben worden. Nun sich aber dieselbe nicht stillen, sondern je mehr und mehr ereignen wollen, als thäten die gedachten Plenipotenzier die E. Städte gebührend ersuchen, der Stadt Magdeburg, vermöge des hansischen Bundes, in solchem Fall beizuspringen, sich wieder anher zu verfügen und ihren guten Rath zu interponiren etc.“
Worauf dann die Abgesandten der Hansastädte im Mai[8] des folgenden 1630. Jahres auf Befehl ihrer Obern zu Magdeburg wieder angelangt und in den Gasthof zum goldnen Arm[9] einlogirt sind, denen dann von oftgedachten Plenipotentiariis, wie auch wohl von Theils (einem Theil) des Rathes selbst und andern Bürgern, nicht allein die obberührten Mißhelligkeiten sattsam mögen entdeckt, sondern zugleich auch wegen des magdeburgischen Stadt-Regiments, folgender Bericht mag sein gege[S. 8]ben worden. Daß nämlich um’s Jahr Christi 1330 und der Zeit großes Unglück und Zwiespalt unter dem Rath und (der) Bürgergemeine in dieser Stadt gewesen sei, darauf sie auch endlich im gedachten 1330. Jahre das alte Regiment — welches damals von (aus) den Schöppen und Rathmannen und fünf Innungsmeistern bestanden — verändert und, anstatt solcher, andere und mehr Personen, so da aus diesen nachfolgenden Gewerben und Handwerken, nämlich der Gewandschneider, Kramer, Kürschner, Bäcker und Brauer, Leinwandschneider, Gerber und Schuster, Knochenhauer von dem alten Scharn, Knochenhauer von dem neuen Scharn, Wandmacher, Schmiede, Goldschmiede, Maler, Glaser und Sattler, Schneider, Grobschmiede und Gürtler waren, in den Rath gesetzet und verordnet hätten.[10] Weil aber hierdurch das Stadt-Regiment — derer drei und jedes von 24 Personen gewesen, die ein Jahr nach dem andern umgewechselt haben — nicht allein sehr weitläufig, sondern auch die freie Wahl der geschicklichsten und weisesten Personen aus ganzer Bürgerschaft — indem man bei den obgemeldeten Innungs-Verwandten bleiben und daraus die Köhre thun müssen — gänzlich entzogen und abgeschnitten worden, und überdies jede Innung für sich besondere Satzungen und Willköhre (Wahlgesetze), — oft wider des Raths Willen und zu gemeiner Stadt größtem Schaden — gemacht und verordnet gehabt. Diesem nach haben, zur Abhelfung solcher und anderer obberührten Beschwerden, damit die gemeine Bürgerschaft besänftigt (werde) und nicht ein größerer Zwiespalt entstünde, die Herren Abgesandten der Hansastädte, vermittels E. E. Raths Zuthun und Verwilligung, die ganze Bürgerschaft auf das Rathhaus erfordern und zusammen kommen lassen, um zu vernehmen, woraus eigentlich ihre Intention und Meinung bestände, da sich denn gefunden, daß der größte Haufe und sowohl die Innungs-Verwandten selbst als andere Bürger, die kein Innungsrecht gehabt, dahin gezielet, daß ein neuer und engerer Rath solle erwählt und die Personen in demselbigen[S. 9] nicht eben aus den Innungen, sondern als sie am witzigsten und tüchtigsten in der Stadt gefunden würden, zur Rathstelle gezogen und erkoren werden.
Ob nun bei theils Leuten die Affecten mit untergelaufen, daß sie etwa etlichen des alten Raths nicht wohl gewollt, aber anderer Gestalt die nicht aus dem Rathsstande bringen können, steht dahin; gleichwohl sind auch Viele gewesen, so allein der gemeinen Stadt Bestes darunter gesuchet und nur die Innungen und (die) daraus herfließende große Weitläufigkeit beim Rathe abzuschaffen vermeinet haben, wie es denn auch endlich — zwar durch der Herren Abgesandten schweres und langwieriges Bemühen — mit des damals regierenden Raths und der ganzen Bürgerschaft Consens[11] und Willen auf Maß und Weise vermittelt, beliebt und verglichen worden, wie solches die darüber aufgerichteten Recesse mit mehrerem besagen. Womit also der alte Rath und (die) Herren Gesandten das Regiment — so nach der alten Form eben 300 Jahr gestanden — dem neuen Rathe überlassen haben. Ferner ist zu der Stadt hochwichtigsten Sachen ein Ausschuß von 50 Mannen, die in zwei Theile oder Classes getheilt sein, und mit dem Rathe drei Vota machen sollten, verordnet, auch Alles vollends durch die Herren Abgesandten zur Richtigkeit und guten Ordnung gebracht worden, mit der Zusage und Versprechung, da (wenn) der Stadt in andere Wege etwas Widriges begegne und insonderheit da (wenn) von den Kaiserlichen die Dom- und andern Stiftskirchen und Klöster, so da auf dem Neuen Markte und nicht unter des Raths Jurisdiction[12] gelegen, zu ihrem Gottesdienste begehrt würden — wie man sich dessen damals befürchtete — daß also da, auf der von[S. 10] Magdeburg Ansuchen, die E. Städte bei der Stadt Magdeburg umtreten (d. h. sie vertreten) und zu der röm. kaiserl. Majestät selbst schicken, der Stadt dagegen habende Privilegien, Verträge und Gerechtsamkeiten allerunterthänigst vortragen und sich des Werkes um anderer Consequenzien willen zugleich anmaßen (annehmen) wollten.
Hierauf sind die Herren Abgesandten wiederum hinweg und zu den Ihrigen gereiset, und ist die Gemeine in solcher Hoffnung gestanden, daß es nun bei dem neuen Rath bald besser und man des Contribuirens und anderer Beschwerden, worüber bisher große Differenzien zum Theil entstanden, entlästiget und befreiet sein werde, maßen sich auch der neue Rath, alle vergebliche Spesen und Unkosten, so zuvor bei gemeiner Stadt und in den Aemtern vorgefallen, abzuschaffen und mehr Nahrung und Erwerb zur Stadt zu ziehen, fleißig angelegen sein lassen.
Es haben sich aber nach sothanem Zustande und Gelegenheit der Zeit die Beschwerden der Stadt sobald nicht remediren noch heilen lassen wollen, vornämlich aber des allgemeinen Kriegswesens und der kaiserl. Soldatesque halber — als die fort im Lande geblieben und ihre Besatzungen darin unterhalten — denn 1) nicht lange nach aufgehobener Bloquirung der Herzog zu Friedland — auf Art und Weise wie auch in (den) vorigen Jahren geschehen — denen Leuten vom Lande ihr Getreide in (nach) der Stadt zu verführen (fahren) und (daselbst) zu verkaufen — ehe sie nicht die versessene (rückstandige) Contribution und (das) ihnen aus den Aemtern vorgesetztes (vorgestreckte) Samenkorn (Saatkorn) abgestattet (zurückerstattet) hätten — verbieten, die Straßen mit etlichen Croaten wiederum bereiten, und also die freie Zufuhr des Getreides — ohne was etwa den Leuten zu Abstattung (Abtragung) der Geldcontribution auf dem Rücken hinein zu tragen vergönnet worden — der Stadt entziehen und abschneiden lassen. 2) Weil überdies etliche kaiserliche Offiziere eine große Summam Getreides im Fürstentunm Anhalt erkaufen und nach den Seestädten liefern wollen, ist daselbst auch das Getreide auf Theurung gehalten, und überdas auf die Wagen, so noch Getreide in die Stadt bringen wollen, zu[S. 11] Calbe und (an) andern Orten ein oder zwei Thaler Zoll geschlagen worden. Daher 3) theils (ein Theil der) Magdeburger, sonderlich (die,) denen man bei der Bloquirung ihr Getreide im Felde abgebrannt oder die sich sonst einer Theurung befürchtet gehabt, bei dem obgemeldeten kaiserl. General, damals zu Halberstadt, freien Paß auf gewisse Anzahl des Getreides auswirken und für dergleichen Paßzettel wohl 20 bis 30 Thaler spendiren müssen. Ob nun gleich 4) gedachter hoher Offiziere Kornhandel sich auch zerschlagen und auf Anhalten des Raths zu Magdeburg, etwa im Januario des 1630 Jahres, die Zufuhr des Getreides aus diesem anhaltischen Fürstenthum frei eröffnet worden: so sind doch von den unreitenden Croaten und Soldaten die Reisenden und sonderlich die Ackerleute im Felde bald der Speise, bald des Samens zum Theil beraubt, auch theils darüber niedergeschossen worden, wie denn nicht weniger in der Ernte diese Croaten die Arbeiter auf dem Felde abzutreiben, das Getreide in den Mandeln zu zerhauen und zu zerstreuen sich unterstanden, und obgleich die hohen Offiziere auf der Stadt Klagen solches abzuschaffen sich erboten, so ist es doch im Uebrigen, wegen Sperrung der freien Zufuhr des Getreides aus dem Erzstifte und insonderheit gänzlicher Zurückhaltung der Kornpächte, Zehnten und Zinsen einen Weg wie den andern verblieben und was dergleichen Beschwerden wider den Profan-Frieden zwischen der Stadt und kaiserlicher Soldatesque mehr mögen vorgelaufen sein, wie solches sammt und sonders aus dem Entschuldigungsschreiben, so der Rath den 10. November des 1630. Jahres wegen Receptirung (Aufnahme) des Hrn Administrators an die röm.-kaiserl. Maj. allerunterthänigst abgehen lassen, kann ersehen werden. 5) Hat sich begeben, daß im Monat April des oftermeldeten 1630. Jahres ins Erzstift zween kaiserliche Commissarii, namentlich Hr Johann Reinhard von Metternich, des Erzstiftes Mainz Dompropst, auch Administrator und Capitular des Stiftes Halberstadt, und Hr Hans Ulrich Hemmerl, kaiserl. Maj. Reichshofrath, angekommen sein, die haben die Huldigung wegen kaiserl. Maj. Herrn Sohnes, Erzherzogs Leopoldi Wilhelmi angenom[S. 12]men, nach welcher Verrichtung der Rath zu Magdeburg auch zu ihnen, als kaiserl. Commissarien, hinaus auf Wolmirstedt erfordert ist, da denn auf beschehene Erscheinung den beiden Raths-Deputirten — wiewohl ohne Befehl von kaiserl. Maj., wie die Commissarii selbst gestanden — vorgetragen worden: nämlich es möchte sich’s der Rath nicht lassen zuwider sein, sondern vielmehr gegen den gemeinen Pöbel ihre (seine) Handbietung und (seinen) Schutz dazu leihen, wenn die neuerwählten katholischen Domherren ihre am Neuen Markte gelegenen Häuser, und was dazu gehörig, occupirten und einnähmen, wie denn an Seiten der Domherren wegen guter Correspondenz und Nachbarschaft man nicht würde zweifeln dürfen etc.
Hierauf aber — nachdem es des Raths Abgeordnete am gehörigen Orte hinterbracht — sind des folgenden Tages die kaiserl. Hrn Commissarii durch des Raths Deputirte dergestalt beantwortet: daß der Rath dieses so nicht eingehen, sondern, weil die Sachen von hoher Importanz und Consequenz, zuvor mit ihren (der Stadt) Conföderirten, den Hansastädten, conferiren müsse, maßen die unterschiedlichen Verträge zwischen den Erzbischöfen, (dem) Domcapitel und der Stadt vorhanden, daß auch der Rath eher das Werk an die röm.-kaiserl. Maj. selbsten allerunterthänigst wollte gelangen und ihre (der Stadt) ganze Nothdurft einwenden lassen; und ob zwar die Commissarii dagegen eingewandt, daß gleichwohl dem Rathe die Jurisdiction auf dem Neuen Markte nicht zuständig und (dieser) es daher nicht hindern könnte: so hat man es doch von Seiten des Raths bei ehest gegebener Antwort bewenden lassen. 6) Ist im Anfang des folgenden Monats July bei der Nacht ein Mandat angeschlagen worden, darin denen lutherischen Canonicis und Clericis, von ihren Beneficien abzutreten und alle habende Sigilla und Anderes dem Pater Stricerio einzuhändigen, auferlegt werden wollen. Darauf sich desselben Tages etliche unbekannte, jedoch geistliche und der katholischen Art nach angethane Personen in der Domkirche sehen und sehr harter Reden ungescheut vernehmen lassen, daß nämlich man sie eben ansehen und kennen lernen möchte, denn es kein Jahr anstehen sollte, daß sie wieder[S. 13]kommen würden, sodann in dieser Stadt es übel hergehen und man tapfer niedermetzen (metzeln) wollte, inmaßen sie nicht allein mit dem Munde solches vorgebracht, sondern auch mit den Händen und Geberden gezeigt.
Dieses sind also die Gravamina und Beschwerden, so der Stadt, beides in Religions- und weltlichen Sachen, seit der ausgestandenen und verglichenen Bloquirung her von kaiserl. Soldatesque und andern katholischen geistlichen Personen von neuem wieder angemuthet und zugezogen worden; der geringern und was sich etwa die Stadt, anderer Exempel nach, und in künftiger Zeit wegen der Reformation hätte zu fürchten und zu besorgen gehabt, an diesem Orte zu geschweigen und als ungeschehene Dinge in der Historie nicht zu gedenken.
Wenn dann nun hieraus und ermeldeter Ursachen und Beschwerden halber sich allgenugsam in der Stadt bei dem gemeinen Manne wiederum allerhand Mißtrauen, Murren, Haß und Widerwillen gegen die kaiserl. und katholischen geist- und weltliche Bediente entsponnen und hervorgethan: so ist jedoch sowohl der Rath, als gemeine Stadt und die mehresten unter denselbigen, dem Exempel und (der) Folge der andern benachbarten Churfürsten, Stände und Städte nach, in allerunterthänigster Devotion gegen die röm.-kaiserl. Maj. geblieben und bestanden, in gewisser Zuversicht, es werde ja dermaleinst durch göttliche Verleihung das beschwerliche Kriegs- und (zu) besorgendes Reformations-Wesen auf einem ordentlichen Reichstage zum glücklichen Vergleich und (zur) Endschaft vermittelt und beschlossen werden. Darinzwischen hat man sich bei dem neuen Rathe das gemeine Stadtwesen und sonderlich der Kasse und Kämmerei der Stadt, so man ganz erschöpft und noch mit Schulden beschwert gefunden, dergestalt angelegen sein lassen, damit dieselbe durch ordentliche Mittel wiederum etwas zur Aufnahme könne gebracht und mehr und mehr Nahrung zur Stadt gezogen werden. Zu dem Ende denn auch unter andern der Stadt vor diesem gewesener Secretarius, Angelus Werdenhagen, damals zu Leiden in Holland wohnend, Mittel und Wege vorschlagen wollen, wie aus den Niederlanden die Handlung und Commerzien[S. 14] nach Magdeburg könnten gebracht und sonderlich die Abfuhr des Bieres dahin befördert werden. Derowegen er an den Rath geschrieben und begehret gehabt, daß (der) Kämmerer Oswald Matthias nebst (dem) Rathmann Conrad Gerold und Nicolaus Schmidt, ein Bürger, zu ihm bis auf Bremen kommen und seine Vorschläge vernehmen möchten, welches denn der Rath nicht ausschlagen, sondern vielmehr den ernannten Personen dahin zu reisen verstatten wollen, jedoch mit (dem) Befehl, da (im Fall) sie Werdenhagen in Bremen nicht antreffen würden, daß sie auch weiter nach ihm nicht ziehen, den (die) Kosten ersparen und sich wieder auf Magdeburg wenden sollten. Als aber Werdenhagen allbereits hinweg und zu Hamburg gewesen, sind diese Rathsdeputirten ihm auch von Bremen aus bis dahin gefolgt, daselbst sie dann seine Vorschläge vernommen und angehört haben. Bei Verrichtung dieses aber sind diese Raths-Abgeordneten zugleich auch bei dem Hrn Administratori des Erzstiftes Magdeburg, Christian Wilhelm, Markgrafen zu Brandenburg, als welcher wegen des kaiserl. Volkes aus dem Erzstifte entwichen und sich in (nach) Hamburg zur selben Zeit begeben müssen, unterschiedlich sowohl zur Tafel als anderer Zeit aufwärtig gewesen, worauf sie sich endlich wiederum nach Magdeburg gewendet und zugleich einen von Ihrer Fürstl. Gn. Aufwärtern, namentlich Heinrich Pöpping — als der zuvor ein Bürger und Kaufmann in Magdeburg, aber durch unordentliches Leben Guts und Credits entgangen gewesen, — mitgebracht, welcher dann zwei Schreiben, eins von der königl. Maj. zu Schweden, das andere von des Herrn Administratoris F. Gn., beide an den Rath zu Magdeburg haltende, bei ihm (sich) gehabt, wie davon bald mit mehren folgen wird.
Des Raths Abgesandte nun, sobald sie wiederum anheim gekommen, haben dem Rathe und Ausschusse, der niederländischen Handlung wegen und was darin ihre Verrichtung bei dem ermeldeten Angelo Werdenhagen gewesen, Relation gethan, von dem aber, so sie bei dem Hrn Administratori verhandelt oder was Seine Fürstl. Gn. mit ihnen geredet und tractirt gehabt, ist dem Rathe und Ausschusse — als die auch davon[S. 15] nichts gewußt, (noch) weniger ihren Abgeordneten deswegen etwas in Instructione mitgegeben gehabt — keinerlei berichtet worden, allein daß hernach der eine Mitdeputirte, Nicolaus Schmidt, es unter die gemeinen Bürger spargirt (ausgebreitet), daß nicht allein Conrad Gerhold unterschiedlich bei Hochgedachter Fürstl. Gn. gewesen, sondern sie sämmtlich, auch einesmals einen guten Rausch bei Deroselben überkommen hätten, und daß Conrad Gerhold oftmals heimlich mit Ihro Fürstl. Gn. geredet; wovon es aber gewesen, hätte er nicht erfahren können; wie er dann unterweges noch bei der Zurückreise den Kämmerer Oswald Matthias gefragt, was doch für Dinge vor wären und was Conrad Gerhold in den Herbergen und sonst beim Absteigen allemale so lange und heimlich mit Hermann Pöpping zu reden, er ihm darauf solle geantwortet haben, es wären so Dinge, aber er glaubte nicht, daß sie angingen. Ein mehres aber hätte ihm Oswald Matthias nicht entdeckt, dabei er es auch bewenden lassen müssen. Sonsten hat auch nach der Eroberung der Stadt oftermeldeter Angelus Werdenhagen zu unterschiedlichenmalen erwähnt, daß ihm damals in Hamburg wohl bewußt gewesen, wie der Hr Administrator von königl. Maj. zu Schweden zu Occupirung und Wiedereinnehmung des Erzstiftes Magdeburg große Verheißungen und Assistenz erlangt hätte, Ihre Fürstl. Gnaden auch daher gemeinet, sich mit der Stadt in eine nähere Verständ- und Bündniß einzulassen, er hätte aber zu solchen Tractaten dem Gerhold nicht rathen können oder wollen, sintemal dieses ein schweres Werk, und wo der Fürst einmal auf irgend was gebracht, er nicht leicht wieder davon zu bringen noch abzuhalten wäre, sollte es gleich dessen größten Schaden causiren. Und dieses ist also des Werdenhagen’s Bericht von diesem Handel. Johann Ludwig Gottfried aber gedenkt dessen in seinem Inventario Sueciae Fol. 249 mit folgenden Worten:
„Als um Fastnacht Anno 1630 ein neuer engerer Rath von 24 Personen zu Magdeburg angeordnet wurde, darauf im Frühling 2 vornehme Rathspersonen nach Hamburg abgeschickt, die Tractaten mit Markgraf Christian Wilhelm,[S. 16] Administratorn des Erzstiftes Magdeburg, der sich damals in ihrer königl. Maj. zu Schweden Schutz begeben hatte, und sich derzeit alda befand wegen gemeiner Stadt u. ff.“
Dieses ist also dasjenige, was von den Sachen, so sich mit dem Hrn Erzstiftischen Administratori und den nach Bremen — aber nicht auf Hamburg — deputirten Magdeburgischen Rathspersonen in Hamburg begeben und zugetragen haben mag und zu meiner Wissenschaft kommen ist, aufs kürzeste und gründlichste. Nun soll ferner folgen, was des Heinrich Pöpping’s Werb- und Verrichtung in Magdeburg gewesen; denn sobald derselbe allhier angelangt, hat er, der beiden königl. schwedischen und markgräflichen Schreiben halber, und was etwa Ihro Fürstl. Gnaden ihm weiteres in Instructione gegeben, fast drei Wochen lang in der Stadt, ehe und zuvor er sich und die Sache beim Rathe angemeldet, mit etwa 20 Personen Rathschläge und Tractaten gepflogen, auch theils derselben mit besonderem Eid des Silentii und Stillschweigens verknüpfet und verbunden. Darunter gewesen sind:
Caspar Steinbeck, ein Rathsherr, welcher in der Wahl des neuen Raths die erste Person gewesen,
Martin Parmann, ein Viertelsherr, so auch bei dieser Rathsveränderung der Gewandschneider-Innungsmeister und Ausschußverwandter geworden,
Hans Schoff, welcher vor diesem beim alten Rath gewesen, aber etlicher Ursachen halber nicht wieder dazu gezogen worden. etc.
Ob nun oftermeldeter Heinrich Pöpping dieser Sachen halber, nämlich zwischen hochgedachtem Hrn Administratori und der Stadt Magdeburg eine Allianz und Verbindung zu werben und zu stiften, vorlängst von Etlichen aus der Stadt sei abgefertigt gewesen, ist bis daher nicht gänzlich offenbar geworden; gleichwohl mögen auch nachfolgende Umstände nicht gar stillschweigend übergangen werden.
1) Ist im Jahr 1626 der Stadt bestellter Oberhauptmann Johann Schneidewein,[13] beides auf kaiserl. Befehl, —[S. 17] wie man sagte, — und zugleich vom Rathe etlicher abgeraubten Güter und anderer Ursachen halber in Arrest genommen, und auf dem Rathhause verwahrlich gehalten worden. Weil er aber auf die Aussage der in seiner Sache abgehörten Zeugen und die daraus gefertigten Artikel nicht selbst, sondern durch seinen Advocaten antworten wollen, ihm aber solches nicht zugelassen werden können, ist solcher Prozeß immerhin besteckend und er in Arrest verblieben. Gleichwohl ihm endlich in einem Bürgerhause, und zwar, auf sein Begehren, in der Weinschenke zur goldenen Krone — daselbst er mit der Wirthinn jederzeit gute Freundschaft gehalten, die ihn auch in der Custodie mit guten Tractamenten, Speisen und Anderm wohl versehen gehabt — zu wohnen, jedoch vor Austrag der Sachen daraus nicht zu weichen, vergönnt und zugelassen worden.
2) Hat sich selbiger Zeit und etliche Jahr her eine sonderliche Gesell- und Brüderschaft in der Stadt zusammen gehalten, die stets zu einem Wein- oder Bierhause aus- und zum andern eingegangen, neue Mähr zusammen getragen und alles, was in der Stadt und Raths Sachen vorgefallen, getadelt, beklügelt und unter die gemeine Bürgerschaft aufs ärgste ausgedeutet, sie selbst aber sich nur der Pracht und Hoffahrt, des Saufens, Spielens und Schandirens beflissen haben, daß ihnen auch darüber durch den gemeinen Mann von der Rathsschenke in der Sudenburg, die Dingebanken genannt, wohin sie sich mehrentheils verfüget, der Name „Dingebankenbrüder“ gegeben worden. Demnach hat
3) diese Gesellschaft unter andern auch die Weinschenke zur goldenen Krone ungern vorbeigehen und zugleich den Johann Schneidewein, als dem die Zeit ohne das lang gewährt, besuchen wollen, welches dann um so viel mehr nicht allein daher geschehen, daß sichs der Schneidewein im selbigen Hause wohl vermocht und allemal des besten Weins spendirt gehabt, sondern daß sie ihn, als einen unschuldig Gefangenen und der vom Rathe aus Neid, — darum, daß er anfangs auf königl. dänemarkischer Seite mehr als der kaiserlichen inclinirt gewesen, — also beschimpft und arrestirt worden wäre, estimirt und gehalten[S. 18] haben, derowegen sie sich bald bei dem zur selben Zeit regierenden Rath, bald durch gemeine Bürgerschaft, bald durch die Prediger aus vielerhand Mittel und Wege, ihn loszuwirken und, ohne oder vor rechtlicher Endung des Prozesses, auf freien Fuß zu stellen, auch sich seines Schimpfs und Schadens an etlichen Personen — als die gut Kaiserlich sein und darum zu solchem Arrest allermeist sollten gerathen haben — zu erholen fleißigst und heftig angelegen sein lassen, wie sie dann deswegen mit Zusammenrottirung etlicher Viertelsherren, auch durch theils Prediger auf den Kanzeln oftmals sehr importunlich in den Rath gedrungen und ihn gleichsam mit Gewalt entledigen wollen, auch nachmals noch, da ein Theil dieser Leute zur Stelle des neuen Raths gediehen, viel Protestationes, Beding- und Bedrohungen, — daß sie nämlich dieser Schneideweinschen Sache nicht theilhaftig sein, sondern den alten Rath und etliche Personen dieselbe wollten verantworten lassen — angeführt und beigebracht haben, welches alles zu beschreiben dieses Orts zu weitläufig, aber denen noch überbliebenen Magdeburgern nicht unwissend sein kann. Als aber
4) dem Oberhauptmann Schneidewein zu solcher seiner Entledigung so wenig dieses, als daß ihn ein Theil solcher Leute mit in den neuen Rath erköhren wollen, nichts helfen mögen, sintemalen auch der neue Rath beim angefangenen Prozeß, der auf zwei sächsischen Juristen-Facultäten für rechtmäßig erkannt gewesen, entweder verbleiben und solchen ausführen, oder dem Oberhauptmann Schimpf und Schaden erstatten müssen: demnach kann es wohl sein, daß er, der Oberhauptmann, auf andere Mittel mag gedacht und mit Zuziehung dieser Leute dahin geschlossen haben, daß sie den Heinrich Pöpping — der ohne das in der Stadt, gemachter Schulden halber, nicht wohl bleiben dürfen — zum Hrn Administrator auf Hamburg, allda Ihro Fürstl. Gnaden sich zur selben Zeit enthalten (aufgehalten) und das Erzstift mit dem Rücken ansehn müssen, wollten schicken und gute Mittel vorschlagen lassen, dadurch nämlich I. F. Gn. des Landes wieder mächtig werden könnten, in Zuversicht, daß auch Schneidewein, bei glücklichem Succes, seiner[S. 19] Captur mit Reputation entgehn und Jedweder eine gute Winterzehrung davon bringen werde, welches alles dann um so viel desto mehr daher zu muthmaßen, daß Heinrich Pöpping, der obgemeldeten Dingebanken-Brüderschaft der vornehmsten einer gewesen, und sich wohl nicht ohne Ursache — da er doch ein magdeburgischer Bürger und Kaufmann, und einem Fürsten zu dienen unerfahren war — in Diensten würde begeben, auch ein solches Werk, zuvor und eher es an Rath und Obrigkeit gebracht, mit solchen seinen Zechbrüdern in Weinschenken und Lustgärten nicht würde berathschlagt und ausgearbeitet haben. Hierzu kommt
5) daß wie der Hr Administrator unvermerkt in diese Stadt kommen, der Schneidewein stracks desselben Abends, und zwar wider seine Versprechung, aus dem Arrest, und der Rathsherr Caspar Steinbeck des folgenden Tages zu I. F. Gn. kommen sein, da doch sonst niemand in der Stadt von I. F. Gn. Ankunft ichtwas gewußt, auch nicht wissen sollen, wie an seinem Orte folgen wird, und haben I. F. Gn. den oft ermeldeten Schneidewein — damit die Vereinigungsgeschäfte zwischen I. königl. Maj. zu Schweden und Hrn Administrator und der Stadt Magdeburg desto bessern Fortgang gewönnen — durch eine schriftliche Donation freie adlige Lehngüter auf 50,000 Thaler schenken und verehren müssen.
6) Schreibet Schneidewein selbst in einem Berichte über seine vom Könige in Schweden impetrirte Donation am Amte Zilli unter andern diese Worte:
„daß dem zu der Zeit königl. schwedischen Abgesandten Johann Stalmann und des Hrn Administratoris F. Gn. genugsam bekannt, daß sie der Zeit an seiner Handbietung, die allgemeine nützliche Intention, zu I. Maj. sonderbaren Ehren und der evangelischen Stände Nutzen, bei der Stadt Magdeburg nicht haben erreichen mögen, bis er seinen Prozeß hat remittirt und nachgelassen, gestalt er dann ad instantiam des Generalmajors Uslars und Amsteroth’s, welche ihm wegen I. F. Gn. eine Obligation präsentirt, der Stadt einen Revers herausgeben müssen, da sonsten[S. 20] die Stadt die Vereinigungs-Tractaten wohl gar hätte stecken lassen, dafern sie des Obristen Schneidewein’s Action nicht wäre befreiet worden, und kann er mit gutem Gewissen erhalten, daß er seine Forderung so gut als Bürger geachtet, welche er jedoch daher und daß er die Stadt und ganze Bürgerei zu desto besserer Resolution, damit dem evangelischen Wesen um so weit unschätzbar Nutz möge gestiftet werden, perduciren möchte, gutwillig schwinden und fallen lassen, etc.“
Im Uebrigen, und weil des Schneidewein’s und seiner Asserenten Actiones sehr weitläufig und zum Theil im andern Theil dieser magdeburgischen Historien mit berühret sind, als soll ferner und mit mehreren, was des Heinrich Pöpping’s Commission beim Rathe allhier gewesen, berichtet werden. Dann als derselbe dieses Werk also bei 3 Wochen lang durch obbemeldete Personen abgehandelt und zugleich der Bürger Gemüther wohl ausgeforschet, ist er endlich zu dem damals präsidirenden Bürgermeister Martin Brauns gegangen, mit Anzeigung, daß ihm vom oft hochgemeldeten Hrn Administrator eine Commission aufgetragen wäre, die er beim ganzen Rathe ablegen und hinterbringen solle, und weil der Bürgermeister eben zu Rathhause gehen wollen, hat sich Heinrich Pöpping zugleich mit ihm dahin verfüget und vor der Rathsstube aufgewartet, bis er endlich hinein gelassen worden. Darauf, nachdem er vor dem Rath erschienen, demselben zwei versiegelte Schreiben, eins von Königl. Maj. zu Schweden, das andere von des Hrn Administratoris Fürstl. Gn., beide an den Rath zu Magdeburg addressirt, zusammt mit einer von I. Fürstl. Gn. ihm ertheilten Commission und Instruction dem Rathe überreicht hat, die dann nebst den beiden königl. und fürstl. Schreiben verlesen worden. Der Inhalt des königl. schwedischen Schreibens ist gewesen:
„Daß Ihro Maj. Vorhabens wären, sich mit einer Kriegsarmee in Deutschland zu begeben, der Deutschen Libertät in geist- und weltlichen Sachen zu beschützen und wieder zu bringen, dabei auch kürzlich etliche Ursachen, so I. Maj.[S. 21] hiezu bewogen, angehängt gewesen, alles in lateinischer Sprache geschrieben zu Stockholm im Monat Dezember Anno 1629.“
Ein mehres aber, oder daß sich die Stadt Magdeburg mit dem Könige in Verbündnisse geben möchte, ist in diesem Schreiben nicht gestanden. Das andere Schreiben, so vom Hrn Administrator, war ein Creditiv, gehend auf die Instruction, die dann in nachfolgenden Punkten bestanden:
1) daß I. F. Gn., durch Assistenz königl. Maj. zu Schweden, eine Armee in dem Erzstifte aufzurichten und Dero Land und Leute bei ihrer Freiheit und Religion zu schützen, Vorhabens wäre; derohalben zu desto bessern Behuf desselbigen die Bürgerschaft etwas an Kriegsvolke, auf I. F. Gn. Bezahlung, wöchentlich für jeden Knecht 12 ggr., einzunehmen ihr möchte belieben lassen. 2) Wollten I. F. Gn. die Stadt durch dero Landvolk befestigen und besser fortificiren, alle Gravamina und Streitigkeiten, so zwischen den Bischöfen, Domcapitel und der Stadt gewesen, abschaffen, auch die Stadt mit mehren Privilegien und Landgütern begnadigen und befreien. 3) Sollte alles auf I. F. Gn. eigene Kosten bestehen, die Stadt Magdeburg aber mehr nicht als Paß und Musterplatz dazu herleihen und deswegen gegen dem Reich noth- und schadlos gehalten werden, und was etwa dergleichen an Punkten mehr gewesen, so alle für die Stadt sehr vorträglich und ersprießlich geschienen. etc.
Hierüber nun hat man im Rathe unterschiedlich Raths gepflogen und das Werk hin und her bewogen; jedoch durch die mehrsten Stimmen sich zur gewierigen Resolution nicht erklären können oder mögen, sondern I. F. Gn. durch ein Beantwortungsschreiben unterthänig ersucht, weil die Sache sehr hochwichtig, daß sich I. F. Gn. dem Rathe, zu desto reiferem Nachsinnen, etwas Zeit und Anstand zu vergünstigen, nicht wollten zuwider sein lassen etc. Unterdessen aber ist durch den Commissarium Heinrich Pöpping mit inständigem Erinnern, Rennen und Laufen beim Rathe nicht nachgelassen, sondern dergestalt unnachlässig angehalten wor[S. 22]den, daß sich ja der Rath bald erklären und das Werk nicht ausschlagen möchte, sintemal aus den Fall solche Langwierigkeit und Verzögerniß sowohl der Stadt als I. F. Gn. Schaden und Verderb beruhen würden etc. Nicht weniger sind auch unter den Rathsherren die beiden Caspar Steinbeck und Conrad Gerhold vor andern sehr bemühet gewesen, also, da etwa ein oder der andere des Raths bei diesem Handel Schwermuth und Sorge getragen, oder sonst nicht alsobald darin verwilligen wollen, daß sie demselben stracks sowohl in seinem Voto als andern Gesprächen, eingeredet, alle habende Scrupel und Einwürfe entweder resolvirt, erläutert oder ganz widersprochen haben, so gar daß oftmals, der bei seiner Stimm’ und Meinung bleiben wollen, mit ihnen ein Disputat und Streit bis aufs äußerste halten müssen. Und damit nun die andern gemeine Stadtsachen nicht gänzlich hierüber beliegend blieben, sind zu dieser Sache, dieselbe zu prädeliberiren und auszuarbeiten, der Stadtschultheiß Siegmund Hasse, der Syndicus Dr. Johann Denhardt, die beiden Schöppen Dr. Olvenstedt und Dr. Jacobus Alemann und obermeldeter Conrad Gerhold benannt und verordnet worden, die dann, nach unterschiedlicher gepflogener Berathschlagung, diese Sache auf Miteinrathen der E. Hansastädte gestellet und per majora vota beschlossen haben, welches auch also Ihro Fürstl. Gn., auf Dero abermaliges Ansinnen und erforderte Resolution, vom Rathe zur Antwort ertheilet und zugeschrieben worden.
Zur selben Zeit hat sich auch begeben, daß Hr Dr. Hans Ulrich Hemmerl, kaiserl. Maj. Reichshofrath, ein offenes Mandat bei der Nacht — als den 6. July Anno 1630 — an die Domkirche schlagen lassen, darinnen die augsburgischen Confessions-Verwandten Canonici und Clerici in der Stadt und aus dem Neuen Markte cassirt und ihnen, bei Pön der Acht, binnen 8 Tagen ihre inhabende Beneficia, Häuser, Brief und Siegel abzutreten und dem Martino Stricerio, Propst zu Unser Lieben Frauen, einzuliefern auferlegt werden wollen. Dieser Sachen und obgedachter Vereinigungstractaten halber sind vom Rathe etliche Personen verordnet worden, nämlich:[S. 23] daß Dr. Stephanus Olvenstedt, Schöppe und Ausschusses Verwandter, nach Dresden reisen und daselbst bei Churfürstl. Durchlaucht zu Sachsen — weil dieselbe wegen ihres Herrn Sohnes, Herzogs Augusti, am Erzstifte zu Magdeburg merklich mit interessirt — vernehmen möchten, was I. Churfürstl. Durchl. — da von denen Kaiserlichen, als die allbereits um der Clerisei Häuser angehalten, auch der Dom zu ihrem Gottesdienste sollte begehret werden — dabei zu thun gemeint wären und was Schutzes bei Deroselben sich die Stadt zu getrösten haben solle etc. Dann ferner sind noch zwo Rathspersonen, Conrad Gerhold und Johann Buschau, zum hansaischen Directorio nach Lübeck deputirt worden, daselbst die angetragenen Vereinigungstractaten mit denen E. Städten in Communication zu ziehen, und obwohl Dr. Olvenstedt seinen Weg alsofort auf Dresden genommen, hat sich’s doch mit diesen beiden letztern — weil sich Conrad Gerhold ungern zu solcher Reise und Communication mit den E. Städten verstehen wollen — etwas verweilet, bis endlich ein Schreiben von Johann Stalmann — als der vor diesem Fürst Ludwig’s zu Anhalt Kanzler gewesen und sich beim Könige in Dänemark für einen General-Kriegsauditeur, nach gemachtem Frieden aber in des Hrn Administrators Dienste gebrauchen und in Schweden zu Deroselben königl. Maj. verschicken lassen, da er dann zugleich schwedische Bestallung auch angenommen und sich also mit einer besondern königl. Instruction, was ihm in Deutschland zu verrichten obliegen würde, wiederum auf Hamburg zu I. Fürstl. Gn. begeben hatte — dessen Inhalts ankommen, weil nämlich der Status mit königl. Maj zu Schweden und des Hrn Administratoris F. Gn. weit besser gediehen, als wollte er, Stalmann, in kurzem selbst auf Magdeburg reisen und E. E. Rath den Zustand ausführlich berichten; dahero, weil man solch Anbringen nicht wissen können, auch die Abschickung auf Lübeck anständig geblieben. Unterdessen ist das Werk in der ganzen Stadt — zweifelsohne durch oftermeldete Unterhändler und Zusammengeschworene — also und dergestalt ruchtbar gemacht worden, wie daß nämlich vom Könige in Schweden und Erz[S. 24]stiftischen Herrn Administratori der Stadt solche Mittel und Wege angeboten würden, dadurch dieselbe allem Kriegs- und Reformationswesen entgehen und darüber mit mehren Privilegien und Landgütern könne begnadigt werden, und was dergleichen Dinge mehr gewesen, womit sie die Gemüther, der ohne dies wegen obgedachten, durch Hrn Dr. Hemmerl angeschlagenen Mandats und andern dergleichen Ursachen, irritirten Bürgerschaft dergestalt verbittert gemacht, daß allein diejenigen, so sich die gethanen Vorschläge und Vereinigungstractaten wohlgefallen und deren Beförderung angelegen sein lassen, beim großen Haufen Ehr und Lob davon gebracht haben.
Darauf am 27. July des 1630. Jahres obgemeldeter Stalmann gegen den Abend zu Magdeburg angelangt ist und zugleich mit ihm — zwar in unbekannten Kleidern und unerkannt, auch dem Rath und gesammter Bürgerschaft unwissend — der Hr Administrator des Erzstiftes Magdeburg, und damit der Fürst desto heimlicher und unbekannter bleiben möchte, sind sie in dem Fürstl. Anhaltischen Hof,[14] hinter St. Sebastian auf dem Neuen Markt,[15] eingekehrt, da weder der Hauswirth[16] noch dessen Leute im Hause I. Fürstl. Gn. gekannt haben. Bald, desselben Abends noch, haben sich der Obristlieutenant Schneidewein — der, wie gemeldet, im Arrest in der goldenen Krone lag — und des folgenden Morgens der Rathsherr Caspar Steinbeck bei I. Fürstl. Gn. angefunden und Unterredung gepflogen. Den 29. July hat Johann Stalmann bei dem Rathe ansuchen lassen — weil er wegen königl. Maj. zu Schweden und des Hrn Administratoris, Markgrafen Christian Wilhelm’s Fürstl. Gn. etwas, daran dem gemeinen evange[S. 25]lischen Wesen höchlich gelegen, an den Rath zu bringen hätte, — daß ein Paar ihres Mittels zu ihm, sein Anbringen zu vernehmen, kommen möchten, denen er dann vorgezeigt eine von königl. Maj. zu Schweden gegebene Instruction, daß nämlich er bei allen evangelischen und protestirenden Churfürsten, Ständen und Städten deutscher Nation werben und vernehmen solle, wie und ob dieselben Beliebniß trügen, sintemal Ihro königl. Maj. zu Schweden, zu Rath und Beschirmung der teutschen Libertät in Gewissens- und weltlichen Sachen, sich mit einer Kriegsarmee in Deutschland zu begeben, Vorhabens wären, auf solchen Fall ihm auch zugleich — da sich ein oder ander Stand in sothane Conjunctionem begeben würde — Macht gegeben worden, 100,000 Rthlr., zu desto besserer Fortstellung solches Wesens, in Hamburg durch Wechsel zu heben, und dahin employren und anzuwenden. Darnach hat genannter Stalmann auch folgende Puncte — davon er jedoch nichts unter Ihrer Maj. zu Schweden Hand oder Siegel vorgezeigt — im Namen seines Königs an den Rath gesonnen und begehrt:
1) Nachdem es nunmehr durch göttliche Verleihung dahin gediehen, und sich die benachbarten evangelischen Churfürsten, Stände und Städte mit königl. Maj. zu Schweden, zwar in großer Geheimde, verbunden und in eine sonderbare Allianz begeben hätten: also möchte auch die Stadt Magdeburg dem evangelischen Wesen beistehen, mit in sothane Conjunction treten und gleich heben und legen helfen.
2) Wolle ihr (sich) die Stadt gefallen lassen, dem König in Schweden und Fürstl. Gn. wegen des Elbpasses und Brücken zu versichern, damit sie denselben offen und zu Dienste haben könnten.
3) Wollten Ihro Königl. Maj. und Fürstl. Gn. in der Stadt Volk werben lassen und eine Armee richten, (aufstellen) dagegen aber die Stadt wegen aller Gewaltthätigkeiten, Kriegespressuren und anderen Kosten versichern und befreien.
4) Sollte die Stadt gegen alle zustoßende Feindseligkeiten mächtiglich geschützet, auch gegen dem Reich noth- und schadlos gehalten, und ihr deswegen die Generalstaaten, beide Churfür[S. 26]sten Sachsen und Brandenburg und gesammte Hansastädte zu Bürgen gestellet werden.
5) Wollten Ihro Königl. Maj. und Fürstl. Gn. die Stadt mit mehren Privilegien und ansehnlichen Gütern begnaden etc.
Dabei auch letztlich von dem Stalmann erinnert worden, daß er gar nicht lange Zeit hätte, sondern bald weiter reisen müsse, und stünde ihm auf eine verabsäumte Stunde Leib- und Lebensgefahr; derowegen sich der Rath ja eilig eilig erklären wolle, welches Alles also die Deputirten des Raths ad referendum angenommen, und folgenden Tages, den 30. July, dem ganzen Rathe hinterbracht haben, darauf der Rathsschluß also gemacht worden, daß man die Sache folgendes dem Ausschusse vortragen, und, wenn es demselben mitbeliebig, an die E. Hansastädte bringen wolle.
Desselben Tages hat Martin Parmann — der ein Ausschusses-Verwandter, Viertelsherr und Gewandschneider-Innungsmeister und mit unter den obgemeldeten beeideten Personen gewesen — die gesammten Viertelsherren zu sich in sein Haus erfordert, dieselben zum Eid, alles, was vorgebracht werden würde, in geheim zu halten, genöthiget und ihnen endlich vorgetragen, daß ohne dies aus dem gemeinen Gerücht genugsam bekannt, wie der Rath von Königl. Maj. zu Schweden und Hrn Administratoris Fürstl Gn. Schreiben bekommen, sich mit ihnen in eine Allianz und Bündniß zu begeben, nun aber der Rath solche Schreiben fast ein halb Jahr lang — das doch nicht also, sondern nicht über 8 Wochen gewesen — der Bürgerschaft heimlich vorenthalten, und nunmehro Ihre Maj. zu Fortstellung dessen einen eigenen Gesandten — den auch die Viertelsherren wohl alsofort selbst hierüber hören könnten — anhero geschickt hätten, als wäre die Frage, ob sie nicht vom Rathe die Schlüssel zu den Thoren abfordern und mit dem Gesandten selbst tractiren wollten, und obwohl theils Viertelsherren — darunter vornähmlich Heinrich Hartmann — dazu eingestimmt, so haben die mehresten, daß man’s also scharf nicht anfangen, sondern sich lieber gegen dem Rathe mit Protestation verwahren möchte, gerathen.
Den 31. July ist, auf Erfordern des Raths, der Ausschuß, oder die Funfzigmannen von der Gemeine, zu Rathhause erschienen, denen dann das Werk vorgetragen und darauf von ihnen durch die mehresten Stimmen dieser Schluß, daß sie mit dem Rath einig wären und alles auf Einrathung der E. Hansastädte wollten beruhen lassen, gemacht worden — wiewohl in der ersten Klasse des Ausschusses zwei Viertelsherren, Jürgen Schlüter und Jacob Beckmann, nach derselben Classis eingebrachten Voto, im Namen gesammter Viertelsherren, gegen den Rath protestirt und bedinget haben, daß, weil der Rath dieses Vereinigungswerk so lang unter sich tractiret und der Bürgerschaft oder Ausschusse vorenthalten hätte, sie an ihrem Orte vor der ganzen Bürgerschaft, was hierin verabsäumt wäre, entschuldiget sein wollten etc. — welchen ermeldeten Raths und Ausschusses Schluß der Rath noch gegen Abend dem Stalmann also hinterbringen lassen. Es mag aber derselbe von denen oftermeldeten Personen, die stets bei ihm ab- und zugegangen, ziemliche Nachricht bekommen haben, daß die Bürgerschaft zu solchem Werk wohl inclinirt und bei derselben eher etwas, als beim Rathe, würde können erlangt werden, wie dann Stalmann solches selbsten, nachdem er bei dem schwedischen Feldmarschall Johann Banner[17] in Ungnade kommen, in seiner Apologia, so er bei seiner Flucht contra denselben Hrn Feldmarschallen gemacht, unter andern in folgenden Worten bekennet: „Mit solcher von königl. Maj. zu Schweden erlangter Resolution und Instruction bin ich aus Schweden auf Hamburg wieder gelanget und haben J. F. Gn., wider meinen Willen, auf andern Rath, zugleich mit hinaufwärts, wohin meine Expedition gewesen, und in Magdeburg zu gehen, jedoch mit Vertröstung, sich allda in der Stille bis auf andere, bessere Occasion zu verhalten, gestalt Sie auch allda empfangen und doch stracks — durch die vermittels wenigster Rathspersonen und der von papstischen Domherren irritirten Populace an (die) Hand gegangene Occa[S. 28]sion — zu einem mehren gegriffen und gebrauchet, womit sie dann neben Ihro, zugleich auch mich, in eben dieselbe Occasion gezogen und dahin necessirt haben, daß ich, wie geschehen, mit handhabender königl. Instruction auch mich bloßgegeben und Inhalts deroselben zu negotiiren allda angefangen und den Ausgang an den lieben Gott gestellet etc.“
Item in einer Schrift, so Stalmann nach der Stadt Magdeburg Eroberung, wegen dero zwischen dem Könige zu Schweden, dem Administratore und der Stadt aufgerichteten Capitulation zum Zeugnisse ertheilen wollen, setzet er diese Worte:
Daß hochermeldeten Hrn Administratoris Fürstl. Durchlaucht hintangesetzt meiner, auf längeren Verzug gerichteten Bedenken und Gründen, aus andern starken Gegenursachen sich von Hamburg nach Magdeburg in der Stille und unbekannt erhoben, mich um die Mitreise und Assistenz auf meine, von königl. Maj. zu Schweden gehabte Commission und Instruction gnädigst und anständig ersuchet und vermocht, sich auch daselbst wider meinen Rath, abermalen aus trefflichen Gegenursachen und Bewegnissen, kund gegeben und mich auf vorberührte königl. Commission und Instruction ganz gnädig, beweglich und eifrig requiriret, daß ich Deroselben zu schuldiger Folge S. Fürstl. Durchlaucht dahin assistiren und cooperiren möchte, damit die Stadt Magdeburg mit allerhöchst gedachter königl. Maj. und Sr. fürstl. Durchlaucht conjungiren und Seine fürstl. Durchlaucht also des Landes wieder mächtig werden, sich auch in einem festen Ort stärken, vorsehen und dem unterdrückten allgemeinen evangelischen Wesen desto bessere Dienste und Vorschub leisten könnten. Das ich auch in der That verspürt und befunden, wie nicht allein der Bürgerschaft ins gemein, sondern auch etlichen des Raths Sr. fürstl. Durchlaucht Ankunft und herausgelassenes Vorhaben fast anmuthig und erfreulich gewesen etc.
Demnach und auf sothane erlangte Nachricht und Versicherung hat der Ambassadeur Stalmann denen Rathsdeputirten entdeckt, daß der erzstiftische Hr Administrator selbst in loco und gegenwärtig wäre, auch an den Rath gnädig gesinnen ließe, daß derselbe etliche ihres Mittels gegen morgenden Sonntag[S. 29] früh abordnen, sintemal I. F. Gn. denen Tractaten selbsten beiwohnen wollten etc. Darauf hat der präsidirende Bürgermeister Martin Brauns den Rath und Ausschuß desselben Sonntags zu früher Tageszeit erfordern und Rath halten lassen, ob man nämlich zu I. F. Gn. — als die vor kaiserl. Maj. aus den Stiften entweichen müssen und nunmehr durch unbekannte Kleider, mit veränderten Bart und Haaren heimlich wieder in Magdeburg auf die Freiheit[18] oder (den) Neuen Markt eingekommen — senden und Dero Begehren vernehmen wolle. Wie nun desselben Sonntags in aller Frühe der Rath zusammen kommen, da haben die beiden Rathsherren Caspar Steinbeck und Conrad Gerhold sowohl desselben Morgens, als da auch des Nachmittages der Rath und Ausschuß wieder beisammen gewesen, die Sachen in folgender Gestalt vor- und angetragen: daß nämlich der König zu Schweden nicht allein eine mächtige Kriegsarmee nunmehr auf den deutschen Boden gebracht, sondern sich auch mit allen benachbarten Churfürsten, Ständen und Städten an der evangelischen und protestirenden Seite dergestalt verbunden hätte, daß sie den 4. August alle zugleich aufstehen und das kaiserl. oder päpstische Kriegsvolk als Feinde des Evangelii verfolgen würden, zu dem Ende auch der Hr Administrator sich selbst dieser Orten anhero begeben und auf dem Lande 1500 Mann zu Roß und 2000 zu Fuß heimlich versteckt, ingleichen die Herzöge zu Sachsen-Weimar 2000 Reiter und 1000 Cürassire in Bereitschaft hätten und wenn sich nur die Stadt Magdeburg wegen des Elbpasses gewierig erklärte, sollte solch Volk zur Stunde zusammengeführt, den Kaiserlichen eine Diversion gemacht und sie dadurch aus der Mark Brandenburg über die Elbe gelockt werden.
Alsdann könnte I. Maj. zu Schweden mit Dero Armee desto füglicher aus Magdeburg gehen und mit sämmtlichen hochgedachten deutschen Ständen ein Corpus formiren, derowegen, weil zu besorgen, daß solches den Kaiserlichen kund, und daher[S. 30] obgedachtes Hrn Administratoris Kriegesvolk und auch der gesammten evangelischen Stände, durch der Stadt Magdeburg Verzögerung in (den) äußersten Ruin gestürtzt werden möchten, so müsse sich der Rath eilig eilig erklären, mit in dieses Bündniß treten und den Päpstischen zugleich widerstehen helfen. Im widrigen Fall aber, und da (wenn) über Verhoffen der Rath nicht willigen wollte, hätten der Hr Administrator und schwedische Ambassadeur schon alle Nachricht, es wollten’s die Bürger thun und selbst dem Könige zu Schweden den Paß eröffnen; wie alsdann diejenigen, so das evangelische Wesen jetzo gehindert, anlaufen würden, stünde Jedweden zu erfahren etc.
Hierauf hat man den präsidirenden Bürgermeister Martin Brauns, Bürgermeister Schmidt, den Syndicus Dr. Johann Denhardt und noch zwei Rathspersonen, namentlich Conrad Gerhold und Johann Buschau, zu I. F. Gn. abgefertigt, und als sie dahin kommen, hat der Ambassadeur Stalmann, in Gegenwart des Markgrafen, die allbereits oben geschriebenen Punkte und Petita nach der Länge wiederholt, dagegen etliche des Raths im Discours (die) eine und (die) andere hieraus (zu) besorgende Ungelegenheit, sonderlich die kaiserl. Hoheit und Macht, dagegen die Stadt an Gelde und aller Kriegesmunition sehr erschöpft, auch deswegen der angefangene Festungsbau ungefertigt beliegend blieben wäre, angezogen und eingewendet gehabt, also daß unterdessen die Zeit bis auf 10 Uhr verflossen. Es ist aber von I. F. Gn. die Predigt in der Domkirche so lange aufzuschieben befohlen, auch endlich an die Raths-Deputirten begehrt worden, daß sie den Gottesdienst mit abwarten und nachmals zu I. F. Gn. Tafel kommen wollten, welches sie denn, dem Markgrafen zu versagen und abzuschlagen, (für) unhöflich erachtet, und daher sich dessen nicht verweigern dürfen. Hiermit sind der Markgraf und (der) schwedische Ambassadeur vorhin (voraus) geritten und die Abgeordneten des Raths gefolgt, da sich denn vor der Domkirche eine solche Menge Volks befunden, daß man, wegen Größe des Gedränges, fast nicht durchkommen mögen. Der ordentliche Text und das Sonntags-Evangelium ist damals Lucä am 19. Capitel gewesen,[S. 31] worin Christus der Stadt Jerusalem die Zerstörung verkündigt, nämlich „wenn du es wüßtest, so würdest du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient; aber nun ist’s vor deinen Augen verborgen; denn es wird die Zeit über dich kommen, daß deine Feinde werden um dich und deine Kinder mit dir eine Wagenburg schlagen, dich belagern und an allen Orten ängstigen und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen, darum daß du nicht erkannt hast die Zeit, darin du heimgesucht bist etc.“ Nach gehaltener Predigt haben I. F. Gn. die Rathsdeputirten mit sich zur Tafel genommen, die dann auch bald wieder aufgehoben und die Deputirten, dem Rathe Relation zu thun, dimittirt worden.
Als aber der präsidirende Bürgermeister erst wieder in sein Haus gekommen, ist bald darauf Heinrich Pöpping nachgefolgt, mit dem Anbringen, weil die Sache ganz keine Verzögerung leiden könnte, daß I. F. Gn. solche der ganzen Bürgerschaft selbst vorzutragen gesinnt wären, derowegen Er (der Bürgermeister) dieselbe alsobald möchte zusammen fordern lassen. Dieweil nun dieses vormals bei der Stadt keine Gewohnheit gewesen, als hat der Bürgermeister den Rath und Ausschuß, auch zum Ueberfluß die 18 Viertelsherren, auf das Rathhaus bescheiden lassen, und nachdem er denenselben, was des Vormittages beim Hrn Administrator ihre Verrichtung gewesen, Bericht gethan, hat man daraus zum Hauptwerk schreiten und, was sich gegen I. F. Gn. zu erklären sein würde, den Schluß machen wollen. Es ist aber eben indem der Hr Administrator und (der) schwedische Ambassadeur angekommen, also daß keiner diesmal sein Bedenken in der Sache geben, noch sein Votum ablegen können, sondern ein Jedweder, I. F. Gn. Anbringen und Begehren zu vernehmen, aufwarten müssen.
Nachdem nun der Hr Administrator sammt dem schwedischen Ambassadeur auf das Rathhaus und in den großen Saal gekommen — allda der Rath, der Ausschuß und (die) 18 Viertelsherren, I. F. Gn. und des Ambassadeurs Anbringen zu vernehmen, auch herausgetreten — da hat sich der schwedische Ambassadeur zu der Stadt Syndicus, Dr. Johann Denhardt,[S. 32] genähert, mit Anzeigung, daß I. F. Gn. und er des Raths Resolution und Antwort auf (die) neuerlichst vorgelegten Puncte erwarteten, welches dann — weil sobald darüber kein Schluß im Rathe noch Ausschuß gemacht werden können — einen und (den) andern, sich auf (in) solcher Hast und Eile zu erklären, heftig befremdet. Derowegen man zusammen getreten und per majora vota geschlossen gehabt, daß der Hr Syndicus, im Namen E. E. Raths und Ausschusses, um etwas Dilation und Anstand, zu desto reiferem Nachsinnen, und auf allen Fall füglicher Communication mit den E. Hansastädten, bitten und anhalten sollte. Worauf hinwiederum der Ambassadeur Stalmann länglich und weitläufig zu reden angefangen und die Sachen in folgender Gestalt dem Rathe, Ausschuß und Viertelsherren vorgetragen hat:
1) Daß sich nunmehr königl. Maj. zu Schweden mit einer mächtigen Kriegesarmee auf den deutschen Boden begeben hätte, deren christliche Intention und Meinung, die von Land und Leuten vertriebenen Churfürsten und Stände nicht allein wieder zu restituiren und in ihre Lande zu bringen, sondern auch das ganze deutsche Land bei ihrer (seiner) hergebrachten Libertät und Freiheit beides, in Gewissens- und weltlichen Sachen, zu retten, vertheidigen und beschirmen, dazu denn auch die Könige von Frankreich und England, wie ingleichen die Herren Staaten der vereinigten Niederlande sich mit verbindlich gemacht hätten. 2) Wären des Hrn Markgrafen Administratoris Fürstl. Durchlaucht zu dem Ende anhero kommen, das Erzstift Magdeburg wiederum zu occupiren und von der beschwerlichen Religions- und Kriegespressur zu entlästigen, dessen um mehres Behufs in der Nähe allbereits eine ziemliche Anzahl Kriegesvolks zu Roß und zu Fuß vorhanden, welche, sobald die Tractaten mit der Stadt geschlossen und vollzogen, zusammen und herbei geführt werden sollten. 3) Und weil durch sonderbare Gnade Gottes Ihro königl. Maj. allbereits so weit durch den Feind gedrungen, daß sie innerhalb wenig Tagen nach Magdeburg anzugelangen verhofften, derowegen Ihro Maj. gnädigstes Gesinnen, es möchte die Stadt Magdeburg zu solchem allgemeinen evan[S. 33]gelischen Wesen alle mögliche Beförderung leisten, und zuvörderst, der Verstattung des Elbpasses wegen, sich unverzüglich erklären, sintemal der gesammten conföderirten evangelischen Stände Consilia und Intentiones darauf gerichtet, und da die Stadt hierin länger säumig oder anständig sein wollte, würde dadurch das ganze evangelische Rettungswerk gehindert und in periculo gesetzet werden. 4) Als auch der Stadt, wegen vieler bishero ausgestandenen Drangsalen und Beschwerden herrührende, Unvermögenheit sattsam bekannt: so wollten Ihro Königl. Maj. und Fürstl. Durchlaucht alle Kriegeskosten selber tragen, Munition, und was zum Kriege nöthig, anschaffen, auch der Stadt, zu ihrer eigenen Nothwendigkeit und besserer Befestigung, 90,000 Thaler zahlen lassen. 5) Ueberdas sollte auch das ganze Land an der Festung arbeiten und die Stadt mit mehren Freiheiten, Privilegien und Landgütern begnadiget, dagegen alle Gravamina und Beschwerden abgeschafft werden. 6) Wollten Ihro Maj. und Fürstl. Durchlaucht die Stadt in keiner Noth lassen, sondern dieselbe gegen alle Feindlichkeiten und Gefahr schützen, vertheidigen und entsetzen, auch ihr deßwegen beide Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg, die Herren Staaten und sämmtliche Hansastädte zu Bürgen und Schadloshaltene stellen. Allein weil summum periculum in mora (die höchste Gefahr beim Verzuge), und an Verlust der Zeit so viel gelegen, daß Niemand, wer der auch sei, eine einige Stunde, ja Augenblicke der Verzögernisse mit Leib und Leben bezahlen könne: als wolle man sich an Seiten der Stadt gewierig und schleunig erklären, sintemal auf den widrigen Fall Ihre Fürstl. Durchlaucht das Werk an die ganze Bürgerschaft — die selbiges mals zum größern Theile vor dem Rathhause auf dem Markt beisammen gestanden und über sothane Ankunft, bevoraus, weil unter sie ausgesprengt gewesen, daß auf den 4. August alle evangelischen Churfürsten und Städte zugleich zusammen treten würden, trefflich gefrohlocket, wie davon im Inventario Sueciae, (Frankfurt am Main 1632) Fol. 249 — selbst bringen und dero endliche Meinung darüber vernehmen und anhören müßte.
Hierauf ist der Stadt Syndicus wiederum zu den Raths- und Ausschusses-Personen, deroselben Gutachten und was er ihrentwegen dem Markgrafen und schwedischen Gesandten zur Antwort geben solle, zu vernehmen; getreten, da dann — wie bei dergleichen Fällen, da Keiner nach der Ordnung seine Stimme und Votum gegeben, weniger dasselbe nicht angehört werden können, zu geschehen pflegt — theils das und das dazu geredet, theils auch ganz stille geschwiegen, also daß der Syndicus nicht gewußt, worauf eigentlich des Raths und Ausschusses Resolution bestehen solle. Jedoch haben theils sonderlich vor andern dem Hrn Syndico zugeredet und gesagt, daß man billig bei Gottes Wort stehen müsse und dem evangelischen Wesen zum Besten Dero Königl. Maj. und Fürstl. Gn. Paß und Repaß zu verstatten, nicht umgehen könne, und was etwa dergleichen Worte mehr, die man unter solchem Gemurmel nicht alle, sondern der Syndicus am allerbesten hören mögen, hierbei vorgefallen. Also daß durch den Syndicum — der zwar bei diesem Handel ganz bestürzt, verblasset und übereilet gewesen — diese Resolution: daß nämlich zur Beförderung des allgemeinen evangelischen Wesens, und damit nicht durch der Stadt Cunctiren (Zögern) und Nachlässigkeit die gesammten evangelischen und mit Königl. Maj. zu Schweden alliirten Stände periclitiren oder in Gefahr gestürzt werden möchten, der Paß für Ihre Maj. offen stehen solle, eingebracht und gegeben worden.
Hiermit haben I. Fürstl. Gn. und (der) schwedische Gesandte ihren Abtritt genommen, einem nach dem andern die Hand geboten und sich wieder ins Logiment verfüget.
Des folgenden Montags, als den 2. August, hat der Hr Administrator an den Rath gesinnen lassen, von der Stadt geworbenem Volke, welches damals 2 Compagnien, jede von 200 Köpfen, waren, ihm eine Compagnie auf 14 Tage abzutreten, damit S. Fürstl. Gn. desto sicherer an die Oerter, da sie ihr Kriegesvolk liegend hätten, gelangen und selbiges beisammen bringen könnten. Als aber hierauf ordentlich im Rathe votirt und Jedes Meinung vernommen worden, haben es theils des Raths ganz nicht willigen wollen, derowegen man die Bürger[S. 35]schaft viertelsweise in ihrer Viertelsherren Häuser zusammen fordern und dero Willen einziehen lassen; wie denn bald darauf die Viertelsherren im Namen ihrer unterhabenden Bürger alle nach einander diesen Schluß eingebracht, daß die Bürger mehrentheils — soviel deren gegenwärtig gewesen, dem Fürsten eine Compagnie abtreten und auch zum Theil, wenn es vonnöthen, selbst mitgehen wollten. Also sind desselben Tages gegen 1 Uhr etliche von des Administrators zugelaufenen Officieren und Reitern nebst der Stadt-Compagnie hinaus nach Wolmirstädt gezogen, und weil dieser Zeit wenig kaiserl. Volk im Lande gelegen, ist vom Schlosse die daselbst liegende Salveguarde von 5 oder 6 Knechten und das befindliche Vieh, Briefe, Betten, ein halber Winspel Mehl und dergleichen in die Stadt gebracht und zugleich etlichen Bürgern in Wolmirstädt durchs Haus gerauschet worden; etliche tausend Geschützkugeln hat man auf dem Schloß auch befunden, aber etwa 14 Tage hernach zu Wasser abholen lassen.
Den 4. und 5. August hat der Hr Administrator bald einen größeren Zulauf von Officieren, Soldaten und andern bekommen. Die fielen tapfer aus auf die kaiserlichen Salvegarden und plünderten mitunter die Amthäuser, Klöster und Dörfer, zu denen sich auch viel des magdeburgischen Pöbels gesellet, also daß deswegen der Rath unterschiedliche Verbote ergehen lassen. Sonst ist auch etwas Getreide und viel Vieh von den Amthäusern und Klöstern auf den Bischofshof gebracht und von des Hrn Administrators Hofstaat verkauft und zu Gelde gemacht worden. So hat man dieser Tage auch des Obristen Niderumb’s Frau, welche ihren besten Schatz wegbringen wollen, item einen kaiserl. Lieutenant mit 20 Musquetirern und etlichen Wagen mit Lunten und Blei beladen von Calbe gefangen eingebracht, desgleichen thaten die von Borch (Burg) den kaiserl. Obristen Damnitz mit seiner Bagage und etlichen Wagen mit Salz I. F. Gn. überliefern und was dergleichen mehr diese Zeit über vorgelaufen, dadurch die Kaiserlichen, als denen dieser Handel unversehens über den Hals kommen, sind ertappt, übermeistert oder sonsten verjagt worden.
Den 6. August ist mit öffentlichem Trommelschlag für des Hrn Markgrafen Administratoris F. Gn. in der Stadt geworben und in kurzer Zeit viel Volks um ein ganz gering Angeld zusammen gebracht, welches dann von allen Orten heftig zugelaufen. Der Hr Administrator hat auch ein Patent im ganzen Erzstifte anschlagen lassen, und ist noch desselben Tages in Person mit der von der Stadt abgetretenen Compagnie und etlichen Reitern und Officieren nach Halle vorgerückt. Wiewohl nun Ihro F. Gn. mit Hülfe der Kothknechte (Salzwürker, Arbeiter in den Salzkothen) und andern Pöbels in der Nacht durch das Salzpförtlein ohne Widerstand in Halle hinein gekommen, haben sich doch die darin liegenden Kaiserlichen aufs Schloß (die Moritzburg) retirirt. Der Hr Administrator hat zwar, durch Beförderung Caspar Steinbeck’s und auf Verwilligung der Bürgerschaft, aus dem Zeughause zu Magdeburg etliche Centner Pulvers, einen Feuermörser und andere Kriegsbereitschaft bekommen, dennoch aber das Schloß so bald nicht gewinnen mögen, bis den 16. August ein Geschrei erschollen, daß die Kaiserlichen stark mit dem Entsatz herannaheten, da der Markgraf mit allen Seinigen in großer Eil aus der Stadt Halle — die Kriegsmunition und Anderes hinter sich lassend — wiederum aufgebrochen und gen Magdeburg wieder gerückt ist. Unterdessen hat des Johann Stalmann ältester Sohn nebst etlichen Reitern des kaiserl. Obristen Stammer’s Kisten und Kasten, so voll Geld und Gold, auf 25,000 Thaler werth, in der Kirche zu Cöthen gestanden, abgefordert und in Ihro Fürstl. Gn. Logiment zu Magdeburg eingeliefert, worauf die Werbungen unter dem Obristen Schneidewein — als der durch diese Occasion aus dem Arrest entgangen und zum Obristen gemacht war — ingleichen unter Obrist Boyen und andern desto besser fortgegangen und das Volk in die Vorstädte Neustadt und Sudenburg und aufs Land, als nach Calbe, Wanzleben, Egeln, Staßfurt, Calvörde u. s. w. verlegt worden. Als aber denen Kaiserlichen dieser Handel gemachsam kund geworden, ist darauf des kaiserlichen Obristen Holckens Regiment zu Roß gegen den Markgrafen commandirt worden, also daß unterschiedliche[S. 37] Scharmützel zu Garmschleben (Germersleben?), Wanzleben, Groß-Ottersleben etc. vorgelaufen, darunter die Markgräfischen mehrentheils die Obhand (Oberhand) behalten.
Den 7. September hat der Obrist Bock, nachdem er zu Querfurt und derer Oerter eine ziemliche Anzahl Volkes beisammen gebracht, das feste Schloß Mansfeld durch eine sonderbare Kriegeslist erobert und zwar folgendergestalt und also: daß er etliche Säcke mit Stroh ausstopfen, auf Wagen legen und darunter Soldaten mit Bandelirröhren sich verstecken lassen. Wie nun die Wagen vor das Schloß gekommen und die Fuhrleute vorgaben, daß sie Getreide vom Kloster bringen und aufschütten sollten, haben die Wacht selbige Wagen eingelassen, darauf die Soldaten von den Wagen gesprungen sind und nachdem sie die Wacht überwältigt und eine Losung gegeben, ist der Bock mit seinem übrigen Volk — weil er allernächst in einem Hölzlein aufgewartet — hervorgesprungen und also das Schloß ohne Verlust einiges Mannes gewonnen worden.
Es hat bei sothaner Beschaffenheit dem Hrn Administrator vornehmlich an Kraut oder Pulver gemangelt, also daß, was etwa bei den Kramern zu bekommen gewesen, nirgendshin klecken (ausreichen) wollen, und obgleich die mehresten des Raths, der Stadt Vorrath anzugreifen, nicht zulassen wollen: so ist es doch von andern, gleich (als ob) solches zu Verhinderung des wohlgemeinten evangelischen Wesens und Ruinirung seiner F. Gn. Person — die noch Alles mit ehesten wohl gedoppelt wieder erstatten wollte — geschehe, ausgedeutet worden. Derowegen man dem Markgrafen zu Defendir- und Besatzung obgenannter Städte und Pässe — zwar in unterschiedlichen malen — auf 100 Centner Pulvers aus der Stadt Magdeburg müssen abfolgen und hinreichen lassen.
Mit welchen allen also der Rath und die ganze Stadt in den Krieg zugleich mit dem Markgrafen eingewickelt und von neuem wiederum mit der kaiserl. Soldatesque zusammen gehetzet gewesen. Und obgleich alle Tage neue Vertröstungen, — bald daß der König in Schweden mit dem Entsatz selber käme, bald die Staaten von Holland, bald ein deutscher Fürst, dann wie[S. 38]derum, daß die Hansastädte bald Volk, bald eine Summe Geldes, bald Kraut und Loth und was dergleichen Mangel vorfallen, schicken wollten, oder daß die kaiserl. Armeen hie und da bis aufs Haupt geschlagen und daher nicht zu fürchten wären — vorgewendet und unter die Bürgerschaft spargiret worden; so sind doch dagegen zuweilen auch andere Zeitungen, daß sich nämlich die Kaiserlichen je mehr und mehr stärken und nach diesen Stiftern ziehen sollten, mitunter einkommen, also daß man sich auf allen Fall vor den Kaiserlichen aller Thätlich- und Feindseligkeiten befürchten müssen und wie lang das Werk in solchem Zustande bleiben möchte, nicht wissen können.
Demnach hat der Rath bei I. F. Gn., dem Hrn Administrator, unterschiedlich erinnern lassen, daß zu desto besserer Proviantirung der Stadt und Festung das Getreide von den Amthäusern und Klöstern möchte hereingeholt und aufgeschüttet werden, wie auch in etwas geschehen. Der mehrer Theil aber ist zurück geblieben, dessen Ursach mag der Obrist Schneidewein gewesen sein, weil er auch die Bauern, so das ihrige in die Stadt geführt, übel angefahren, gleich sie alles aus den Dörfern hinwegschaffen und er mit seinen Soldaten in den Quartieren nichts behalten würden, wiewohl er nachmals die Schuld auf den Markgrafen selbsten geschoben, mit Vorwendung, daß I. F. Gn. das Getreide zu Bestellung der Aemter und Aecker draußen behalten wollen, womit aber auf Seiten des Administrators ein großes versehen, sintemal das Getreide alles den Kaiserlichen zum Besten dadraußen geblieben und nachmals der Fürst und Falckenberg für ihre eigene Tafel das Getreide um Geld von den Bürgern kaufen müssen.
Als nun, wie gemeldet, sich indessen die kaiserl. Soldatesque mehr und mehr gestärkt, hat solches unter andern auch die Hallburschen, so den Markgrafen eingelassen, heftig getroffen; denn wie sie mit Weib und Kindern ins Churfürstenthum Sachsen vor den Kaiserlichen entweichen müssen, ist ihnen eine Compagnie zu Roß nachgesetzt und sind von den Halloren über 18 Personen hingerichtet worden. So haben auch zur selbigen Zeit die Markgräfischen Egeln, Staßfurt und andere Oerter verlassen[S. 39] und sich an die Elbseite nach Calbe, Salze, Schönebeck, Frose etc. wenden müssen, denen aber die Kaiserlichen bald gefolgt, den 19. September Frose erobert und alle, so sich nicht mit der Flucht salvirt, nieder gehauen. Hernach sind sie 2000 stark nach Schönebeck gezogen, da sich die Markgräfischen auf Schiffen hinwegbegeben und nachdem die Kaiserlichen auch Salze weggenommen, sind sie mit 2 Regimentern und etlichem Geschütz vor Calbe gerückt, darin über 700 markgräfische Soldaten gelegen, daselbst sie an der Schloßscheure Bresche geschossen, hinein gestiegen, über 200 der Markgräfischen erschlagen und den Rest gefangen genommen. Wie nun der Hr Administrator gesehen, daß die Kaiserlichen täglich stärker anziehen (heranzogen) und, mit nicht wenigem Untergang seines neu geworbenen Volkes und des Landes großen Schaden, ein und ander (das andere) Städtlein einnehmen thäten: hat er das übrige Volk in die Vorstädte bei Magdeburg und zu (nach) Kloster Berge verlegt und sich daselbst zu verschanzen angefangen, worüber dann die andern annoch besetzten Städte und Flecken ganz hilf- und entsatzlos gelassen worden; und wiewohl man etlichen genugsam succuriren können, so ists doch — vielleicht daß der Obrist Schneidewein nicht hinaus gewollt — zu keinem Effect gekommen, sondern der Markgraf sammt dem schwedischen Ambassadeur und gemeldten Schneidewein — als welcher zugleich des Markgrafen Kriegesrath war — haben allein die Vereinigungstractaten mit der Stadt und daß sich dieselbe zuvor mit dem Könige in Schweden und Hrn Administrator auf gewisse Maße und Capitulation verbinden sollte, begehrt und fortgetrieben, da — sagten sie — eher und zuvor man hierin nicht einig und alles schriftlich vollzogen wäre, könnte gegen die widrige Partei nichts weiter vorgenommen werden, sondern (sie) müßtens gehn lassen, wie es ginge und wäre der Rath an allem bishero geschehenen Unrath und Schaden wegen solcher Säumniß ein Ursach, hingegen Ihre Fürstl. Gnaden und dero Leute unschuldig.
Demnach nun diese Sache in sothanen Zustand gerathen, hat man folgends auch zur Capitulation sich entweder bequemen, oder wiederum auf die kaiserliche Seite wenden müssen, welches[S. 40] letztere aus (den) bishero erzählten Ursachen nicht geschehn mögen, derowegen der Capitulationen zwo, die unterschiedliches Inhalts gewesen, aufgerichtet worden.
Die erste ist in nachfolgenden Punkten bestanden.
1. Daß zwar mit der königl. Maj. zu Schweden und des Hrn Administrators F. Gn. die Stadt Magdeburg sich in Verbündniß wider die Verfolger der evangelischen Religion und turbatores pacis (Friedensstörer) eingelassen, jedoch sollte solches nicht wider die röm. kaiserl. Maj., des heiligen römischen Reichs Glieder und heilsame Constitutiones gemeint, sondern allein gegen gemeldte turbatores verstanden werden.
2. Haben königl. Maj. und Fürstl. Gn. die Stadt bei allen ihren Rechten und Gerechtigkeiten zu lassen und dabei zu manuteniren (schützen) sich erkläret.
3. In wenig Wochen mit einer Armee ins Land zu rücken und die Stadt von aller (zu) besorgenden und andräuenden Gefahr zu entsetzen und zu schützen.
4. Die Stadt mit nothdürftiger Munition, Proviant und was sonsten zum Kriege gehörig, zu providiren und zu versehen.
5. Die königl. Maj. und Fürstl. Gn. die Stadt wegen solcher Conjunction, da einige Gefahr daraus entstehen solle, nicht allein vor sich königl. und fürstl. versichert und schadlos zu halten gelobt, sondern auch die Churfürstl. D. D. zu Sachsen und Brandenburg, desgleichen die Hochmögenden Herren Staaten und gesammte Hansastädte zu Bürgen verschrieben und Dero Assecurationen einzuschaffen versprochen.
6. Die Stadt jederzeit bei dem Consilio bellico ihre Stelle haben und dazu eine gewisse Person ordnen und setzen solle.
7. Dagegen die Stadt I. königl. Maj. und Fürstl. Gn., so oft es die Noth, Paß und Repaß verstatten, und der Rath vor sich 400 Soldaten halten und besolden, da es aber die Nothdurft erfordern würde, daß mehres Volk in die Stadt genommen werden müßte, solches auf sonderliche Vergleichung stehen, jedoch von königl. Maj. unterhalten[S. 41] und dadurch der Stadt an ihren Rechten und Freiheiten nichts entzogen, auch solche Soldaten der Stadt gleichfalls mit Eid und Pflicht verwandt gemacht werden.
Die andere Capitulation zwischen dem Hrn Administrator und der Stadt Magdeburg ist mehrentheils auf etliche, zwischen der Stadt und dem Stifte schwebenden streitigen Punkten Erlassung und dann einige Donativ bestanden, so der Hr Administrator der Stadt abtreten und sie damit begnaden wollen, dabei auch zugleich die königl. Maj. zu Schweden noch weitere Begnadigung auf Deroselbst Ankunft und Anwesenheit der Stadt in mehren vertröstet, und sowohl diese letztere als erste Capitulation nicht allein von dem königl. Ambassadeur Johann Stalmann und Ihro Fürstl. Gn., sondern auch — als der königl. Hofmarschall und zu diesem magdeburgischen Wesen Gevollmächtigter, Dietrich von Falckenberg, dazu kommen — von ihm gleichergestalt mit Hand und Siegel vollzogen und bekräftiget werden.
Unter solchen währenden Tractaten versammelte des Markgrafen Obristlieutenant Bock um Mansfeld und Querfurt ziemlich viel Volkes und wohl auf ein paar Tausend zu Roß und Fuß, mit denen er den 8. Octobris vor Halle gezogen, ein Thor eröffnet, 100 Kaiserliche niedergemacht und 300 gefangen genommen. Als aber indeß das Gerücht erschallet, daß der kaiserl. Obrist Marcus Corpes mit vielen Croaten im Anzuge, macht sich der Obristlieutenant Bock mit seinem Fußvolk und der von den Holckischen in Halle abgenommenen Beute geschwind ins chursächsische Land nach Merseburg, Schafstädt, Lauchstädt, und lässet die Reiterei auf Querfurt gehen, darauf die Kaiserlichen auch alsofort nachgesetzt. Da die in Querfurt aber solche Gewalt vernommen, ist keiner darinnen blieben, sondern haben sich alle fortgemacht und ihre Gefangenen laufen lassen; desgleichen hat sich auch das Fußvolk ganz zerstreuet, der Obristlieutenant und andere Officiere sind der Nauenburg zugeeilet und sehr viel Volk von ihnen unterwegens niedergehauen worden. Folgends haben sich die Kaiserlichen auch an die anderen und vom Markgrafen noch übrige besetzte Oerter und Städte[S. 42] gemacht, dieselben unter ihre Gewalt gebracht und das markgräfische Volk daraus zerschlagen und zerstreuet, welches sich dann alles nach Kloster Berge und in die Vorstädte von Magdeburg wenden und retiriren müssen. Weil nun denen Soldaten, wegen Mangel des Getreides, kein Commißbrot ertheilt, weniger (eben so wenig) monatlicher Sold oder Löhnung gereicht und daher nicht wohl gute Ordre (hat) gehalten werden können: haben sie die Bürger in den Vorstädten mit unziemlichen Banquetiren und andern Gewaltsamkeiten dergestalt mitgenommen, daß die Leute fast nichts behalten; und obgleich die am Neuen Markt Eingesessenen, vermittels Eides, Gold und Silber und was sie dergleichen in ihrer Verwahrung gehabt, zum Anlehn heraus geben müssen, man auch überdies den Ornat bei der Domkirche und wo sonst etwas vergraben zu vermuthen gewesen, gesucht, erhoben und zu Gelde gemacht, hat es doch nirgends zudecken oder reichen wollen; worüber das Kloster Berge von den daselbst liegenden Soldaten bis aufs Mauerwerk abgebrochen, das Holz verbrannt und theils in der Stadt herum zu verkaufen getragen worden; da (wenn) auch sonsten die Bauersleute mit großer Lebensgefahr wegen der Kaiserlichen etwas von Speisen und dergleichen auf ihrem Rücken bis an die Thore gebracht, haben ihnen die bergischen Soldaten alles abgenommen und die Stadt dadurch gleichsam selbst bloquiren helfen.
Bei sothanem Zustande und als auf des oftbenannten schwedischen Ambassadeurs beschehene Vertröstungen und Zusagen Keinerlei also erfolgen wollen, ist bei Vielen in der Stadt große Alteration, Furcht und Mißtrauen entstanden: dazu kommen (dazu kam noch), daß von andern Orten man Nachricht gekriegt, wie der König in Schweden noch weit zurück und viel starke Pässe annoch durch die Kaiserlichen besatzet wären, ingleichen, daß der Churfürst zu Sachsen und die Hansastädte dem Markgrafen keine Werbung verstatten, ja allerdings (sogar) das selbiger Oerter (daselbst) erkaufte Pulver und Gewehr anhalten lassen. Dannenhero, obgleich von Anfang dieses Wesens (an), Ein und ander, auch theils von den Predigern der Stadt hierzu wohl inclinirt gewesen und in den Predigten viel, zu diesem Ver[S. 43]einigungswerke dienliche, Worte angefügt: so begunnten (begannen) sie sich doch ziemlich zu verändern, und das Unwesen und widerwärtiges Glück auf die Obrigkeit zu verwälzen, gleich (weil) dieselbe den Herrn unsern Gott, oder, an dessen Statt, seine Diener, das Ministerium, dem Exempel des Königs David nach, nicht gefragt noch mit zu Rathe gezogen hätten, also daß dem Markgrafen nebst dem schwedischen Ambassadeur und dessen Helfern nicht allerdings wohl bei solchem Handel. Jedoch hat man durch gute Zeitungen, und daß Ihro Fürstl. Gn. etliche unterschiedlich zur Tafel nöthigen und sie mit Vieh und anderm, was von den Klöstern und Aemtern hinein gebracht gewesen, beschenken lassen, das Werk in etwas gestillet und diesen Widerspenstigen also das Maul gestopfet.
Der König in Schweden aber, nachdem ihm dieser Zustand wissend worden, hat darauf dem Rathe gar freundlich zugeschrieben und insonderheit des Entsatzes und Succurses halber über die Maaße gute Vertröstung gethan, auch, damit unterdessen das Werk in bessern Stand käme, wollten I. Maj. der Stadt einen erfahrenen Cavalier senden, welcher der Stadt bei solchem Kriegeswesen wohl anständig sein und denen vorfallenden Mängeln Rath und Hilfe verschaffen würde etc.
Zur selbigen Zeit haben die röm. kaiserl. Maj. unterm Dato Wien, den 1424 September Ao. 1630 an den Rath des Inhalts geschrieben, daß I. kaiserl. Maj. mit Befremdung vernommen, welchergestalt als Christian Wilhelm, Markgraf zu Brandenburg, anfänglich in geheim eingeschlichen, sich auch endlich als einen Administratorn des Erzstiftes öffentlich angegeben, der Rath demselben, zu schädlicher Vollführung seines boshaften Intents, Unterschleif und Vorschub gegeben, welches dann desto mehr unverantwortlich, daß solche Factiones allein von etlichen ihres Mittels getrieben, der Gutherzigen und mehr Verständigen Rath aber durch den tumultuirenden Haufen gänzlich untergedrückt und zurückgestellet worden. Ihro kaiserl. Maj. aber wollten Sämmtliche hiermit ermahnen und (ihnen) ernstlich gebieten, daß sie sich obgedachten Markgrafens ferner nicht annehmen, sondern denselben, als des Reiches Feind, aus der Stadt[S. 44] schaffen sollten. Auf erfolgende, gehorsamste Erklärung und wirkliche Parition (Gehorsam) wollten Ihro kaiserl. Maj. der Stadt mit Gnaden gewogen bleiben.
Welches Schreiben der Rath aus des Hrn Administratoris Händen — dessen Officiere den Boten vor dem Thore aufgefangen — bekommen, und wiewohl zur selben Zeit der Rath ihm (seiner) selbst nicht mehr mächtig gewesen, sichs daher auch mit der Beantwortung etwas verzogen, so hat man dennoch endlich allerhöchst gedachter Ihro kaiserl. Maj. auf nachfolgende Gestalt allerunterthänigst geantwortet:
1) Daß der Hr Administrator unversehens, und ohne des Raths Wissenschaft, sich auf die Freiheit oder Neuen Markt gewendet, und weil S. F. Gn. von kaiserl. Maj. nicht per sententiam aliquam condemnirt (durch einen Rechtsspruch verurtheilt), sondern sich bishero in den Städten Lübeck und Hamburg enthalten (aufgehalten), man auch verspüret hätte, daß die neuen Domherren hierzu Ursach gegeben, indem dieselben mit dem Hrn Administrator wegen deroselben Interesse am Erzstifte Tractaten zu pflegen angefangen, weil aber dieselben ihren Fortgang nicht erreicht, das Werk also ausgeschlagen. 2) Wäre, wie in solchen Fällen zu geschehen pflegt, der gemeine Haufe mit zugetreten und I. F. Gn. zur Convoye von der Stadt etlich Fußvolk gelehnet, dasselbe aber wieder abgefordert, auch denen Bürgern alle Ausfälle verboten worden. 3) Weil I. F. Gn. sich in geschwinder Eil mit Kriegesvolk gefaßt gemacht, dasselbe in die Vorstädte und Kloster Berge einquartirt, dahero in der Stadt Mächten nicht, dieselbe abzuschaffen, sondern müßten, was vorgenommen, zu I. F. Gn. Verantwortung stellen. Dabei aber 4) die Stadt Ihrer kaiserl. Maj. allerunterthänigst zu klagen nicht umgehen könne, wie dieselbe ins sechste Jahr hero mit allerhand unerträglichen Beschwerungen und Drangsalen gedrückt worden; denn obwohl die Stadt bald bei Antretung Ihrer kaiserl. Maj. Regierung Ihro (sich) nichts Höheres angelegen sein lassen, als in Deroselben allerunterthänigsten Devotion zu verbleiben, auch ihre Stadt und Brücke, als einen vornehmen Paß vor I. kaiserl. Maj. und Deroselben Armee, zum Besten[S. 45] in Haltung einer starken Anzahl Kriegesvolks, verwahret, desgleichen die kaiserl. Armee Ao. 1627 vor Havelberg proviantirt und die Victualien mit ganzen Schiffen zugefahren, auch über das alles — wegen abgebrochener Vorstädte 133,000 Thaler, die zur Unterhaltung kaiserl. Armee kommen, aufgebracht hätte, etc.: so sei doch, vor (für) alle solche treue Devotion, gemeine Stadt und Bürgerschaft, des h. röm. Reichs Satzungen, ja Ihro kaiserl. Maj. unterschiedlichen Befehligen und Versicherungen schnurstracks zuwider, sehr hart gedrückt und bedränget worden, dann 1) insgemein die evangelischen Stände große Bedrückung im Profan- und Religionsfrieden etliche Jahr hero ausgestanden. 2) Beide Stifter mit unerträglichen exactionibus (Erpressungen) ins sechste Jahr ausgesogen, dadurch der Stadt die Nahrung entgangen und sie um ihre Schulden gekommen. 3) Der Stadt die Commercia zu Wasser und Land gesperret und mit den Zöllen dermaßen übersetzet und die Nahrung dadurch gänzlich entzogen worden. 4) Hätte es mit dem Getreide in beiden Stiftern eben die Beschaffenheit, indem die freie Zufuhr aus denselben ins sechste Jahr hero abgeschnitten; auch zu dem Ende man die beiden Vorstädte mit Einquartirung belegt, damit die darin liegenden Soldaten die Straße desto bas (besser) belegen könnten. 5) Hätten sich etliche Officiere unterstanden, Korn- und Wollhändler (ab) zu geben. 6) Wären weder den Bürgern noch (den) Kirchen und Schulen die Kriegszeit über ihre Pächte abgegeben, sondern unter dem Schein der Contribution entzogen worden, also daß bei sothanen Pressuren die Stadt etliche Tonnen Goldes Schaden gelitten, dabei es 7) nicht geblieben, sondern man hätte die Stadt wider Ihro kaiserl. Maj. Befehl, Versprechung und Willen Ao. 1629 vom 12. Martii bis 26. September aufs härteste gesperrt und ihnen viel Beschwerden, Schmach und Schande zugezogen, wie die alle nach der Länge — nebst dem, was auch die Stadt in der Bloquirung vor Schaden gelitten — in der copeilichen Beilage können gelesen werden. 8) Sei nach aufgenommener Bloquirung die Stadt wiederum von neuem mit Sperrung der freien Zufuhr aus den Erz- und Stiftern Magdeburg und Halberstadt beschwert und geängstiget[S. 46] worden. Und ob sich wohl die Stadt auf I. kaiserl. Maj. sowohl gegen gesammte Hansastädte als auch in specie die Stadt Magdeburg allergnädigst beschehene vielfältige Erklärungen sub datis den 1121 July Ao. 1626, den 20. Octobris Ao. 1629, den 1727 February Ao. 1630 steif und fest gegründet und wider ihre habende Privilegia, auch den Religion- und Profenfrieden nichts präjudicirliches vorzunehmen, gewiß getröstet: so hätte man doch im Monat Aprili des 1630. Jahres vernehmen müssen, wie Hr Johann Reinhard von Metternich und Hans Ulrich Hemmerl an den Rath gesonnen, den neuen Domherren der Clerisei Häuser am Neuen Markt occupiren und einnehmen zu lassen; auch überdies Hr Hemmerl den 6. July Ao. 1630 bei der Nacht ein Mandat an die Domkirchen schlagen lassen, darin alle der augsburgischen Confession verwandte Canonici und Clerici cassiret und ihnen bei Pön der Acht auferlegt werden wollen, binnen 8 Tagen ihre Häuser und Höfe, auch Documenta, Register und dergleichen abzutreten und zu Händen des Martini Stricerii, Propsten zu U. L. Frauen, einzuliefern etc., wie solches alles in dem Beantwortungsschreiben, so die Stadt unter dem Dato den 10. November Ao. 1630 an die röm.-kaiserl. Maj. gethan, dessen Copie im offenen Druck zu befinden ist, mit mehren kann ersehen werden.
Nachdem aber obgedachter Cavalier, Dietrich von Falckenberg, königl. Maj. zu Schweden Hofmarschall, Obrister und Ritter, in unbekannten Schiffmannskleidern durch die kaiserl. Soldatesque und also sicher in Magdeburg gekommen, hat er sich des Kriegeswesens alsofort angenommen, bessere Ordre unter die Soldaten gemacht, auch folgendes — als ihm die königl. Creditiven und Vollmächtigung nachkommen — selbst vor den Rath getreten und selbige gebührendermaße eingehändigt, mit dem Nebenandeuten, gleich wie man auch zugleich aus dem königl. Schreiben vernehmen würde, als sei es gewiß, daß I. Maj. sich mit allem Fleiß dahin bearbeiteten, die Stadt so ehest als möglich zu succuriren und zu entsetzen, wie dann I. Maj. mit hoch betheuerlichen Worten nicht allein solches gegen ihn bekräftiget, sondern auch zu allerletzt gesagt hätten, daß sie verhofften, die[S. 47] Stadt noch wohl eher, als er, Falckenberg, hinein kommen würde, zu succuriren und zu entsetzen. Daß es nun aber so bald noch nicht geschehen, wolle man nicht Ihrer königl. Maj., sondern vielmehr der Zeit Ungelegenheit zumessen, und unterdessen nicht Hände und Füße sinken lassen, zumalen ja es mit der Stadt annoch ein solcher Zustand, daß Ihre königl. Maj., Dero Armee zu hasardiren und in Gefahr zu stürzen, nicht nöthig hätten, welches dann auch die Stadt selbst zugleich mit treffen würde. Er, der von Falckenberg, wolle und erböte sich vor seine Person, so viel mensch- und möglich, das Wesen und Krieges-Etat ihm getreulich und fleißig angelegen sein, und an Mühe und Arbeit nichts ermangeln zu lassen, auch der Stadt in ihren Frei-(heiten) und Gerechtigkeiten nicht hinderlich, sondern vielmehr darin bei seinem Könige beförderlich zu erscheinen etc.
Worauf also der von Falckenberg, anstatt des Königs in Schweden, das Gebot und Commando über die Soldatesque — als die auch allbereits vor seiner Ankunft vor ihr gutes Theils geworben und vorangeschickt gewesen — angetreten, auch folgends die obgeschriebene Capitulationes, als ein von königl. Maj. zu Schweden Gevollmächtigter, ratificirt und mit Hand und Siegel bekräftiget hat. Ihr Fürstl. Gn. haben da alleine Dero Leibcompagnie von 250 Köpfen vor sich behalten, das übrige Volk aber alles unter des von Falckenberg Gewalt überlassen, und weil er die Werbungen im Churfürstenthum Sachsen, Brandenburg und andern Orten nach einander in geheim fortstellen, auch des Volkes — obgleich bisweilen eine Partei von den Kaiserlichen aufgefangen worden — je mehr und mehr zulaufen thäte, als hat er den Rath und gemeine Stadt ersuchet, ob nicht die Bürgerschaft die anlaufende Soldaten in ihre Häuser einnehmen und mit dem schlechten Servis versehen möchten, den Unterhalt oder Sold wolle er selbst verschaffen, auch sobald eine Anzahl Volks beisammen, damit hinaus aufs Land gehen und ein (den einen) oder andern Paß wieder einnehmen.
Es haben aber, obgleich eines Theils sehr dazu gerathen, die mehresten von der Stadt zu dem nicht verwilligen, noch dem[S. 48] Dinge trauen wollen, zumalen weil man gegen die Kaiserlichen ohne vier bis fünf Tausend Mann nichts mehr ausrichten können, und die Exempel, wie es in denen Vorstädten daher gegangen, vor Augen wären, derowegen die Bürgerschaft, um desto besserer Verwahrung und Besetzung der Stadtwälle, sie allein das Falckenberg’sche, unterm Obristen-Lieutenants Trosten Regiment, welches auf 800 Mann stark und das beste Volk war, noch zu ihren ohne das habenden zwei Compagnien einnehmen und auf jeden Knecht wöchentlich 21 Groschen oder den freien Tisch reichen thäten, jedoch müßten zu vorhero — vermöge der getroffenen Capitulation — sowohl Offiziere als gemeine Soldaten sich dem Rathe zugleich mit Eid und Pflicht verwandt machen; was die Offiziere und deren Unterhalt anlangt, ist ihnen durch den Marschall Falckenbergen — als der auf Wechsel von den Kaufleuten in der Stadt Geld haben könnte — gereicht worden.
Nach diesem haben I. Königl. Maj. die Stadt und den Rath, sowohl durch Schrift als der Stadt eigenen Abgeschickten, des Entsatzes halber oft und theuer versichert, und sonderlich, daß I. Maj. das kaiserl. Volk unterdessen dergestalt abhalten wollten, daß sich die Stadt vor ihnen keine Gefahr zu befürchten haben sollte. Daher auch, zu besserer Fortsetzung solches Kriegeswesens, der von Falckenberg die Neustadt mit großen Pfählen und aufgeworfenen Gräben oder Retranchementen befestigen, auch überdies zu Prester eine starke Schanze, item eine Reduite auf dem Mühlberg — so ein Musquetenschuß von der Zollschanze in Nordosten gelegen und von ihm der „Trotz-Kaiser“ genannt worden — erbauen lassen. Und weil, wie allbereits oben gemeldet, dem von Falckenberg durch seine Werber täglich mehr und mehr Volk zugeschickt, dessen aber in den Vorstädten zu viel geworden, als hat er den Obristen Johann Schneidewein mit 8 oder 900 zu Roß und Fuß auf Neuhaldensleben, sich des Ortes zu bemächtigen, commandirt, die dann solchen Platz bald erobert und die darin liegenden wenigen kaiserlichen Soldaten theils erschlagen, theils gefangen genommen haben. Weil aber die Kaiserlichen bald wieder davor[S. 49] gerückt und solchen Ort beschossen, hat der genannte Obrist bald angefangen zu parlamentiren und sich durch einen schlechten Accord ergeben — also daß Offiziere und Soldaten, nach dem sie zwei Tage mit großem Kummer in den Kirchen eingesperrt gesessen, wider kaiserl. Maj. ihr Lebtage nicht zu dienen, schwören und sonsten Gewehr und anderes hinterlassen müssen — der Obrist aber, so zum Grafen von Pappenheim, den Accord zu treffen, hinaus gefahren gewesen, ist mit ihm in seiner Kutschen, gleich als ein Gefangener, hinweg geführt, darauf er durch den von Falckenbergen in Magdeburg dreimal mit öffentlichem Trommelschlag, bei Verlierung Ehr und Redlichkeit, citirt, und seine Güter — weil er sich nicht gestellet, weniger schrift- oder mündlich verantwortet — confiscirt und eingezogen worden; wiewohl er sich nachmals, und da Falckenberg todt war, beim Könige in Schweden wieder ausgesöhnet und dazu für solche seine Dienste große Landgüter zur Recompens ausgebeten und erlangt hat, wie aus dem Donationslibell zu ersehen.
In der Woche vor dem Advent ist ein unerhörter großer Sturmwind zu Magdeburg gewesen, der von den höchsten und besten Kirchspitzen zwei, als eine zu Sct Johannis mit Blei gedeckt und eine zu Sct Catharinen, desgleichen auf Sct Annen Kirchen und in der Sudenburg herunter geschmissen. So ist auch der steinerne Gang, dadurch die Bischöfe vom Bischofshofe in den Dom zu gehen pflegten, herunter geworfen worden, ohne was der Wind auf dem Lande an Kirchen, Häusern und Scheunen vor großen Schaden gethan.
Den 29. December hat der General Tilly ein Schreiben an den Hrn Administratorem abgehen lassen, darin er ihm sein aufgetragenes Commando, welches er an des von Wallenstein Stelle überkommen, angedeutet und von seinem Vorhaben, zur Accommendation ermahnet und zugleich bedräulich verwarnet, daß man andere Mittel auf den widrigen Fall, ihn und die Stadt zum Gehorsam zu bringen, vor die Hand nehmen müsse, welches der Hr Administrator, wie in dessen gedrucktem Schreiben zu lesen, beantwortet. Ingleichen hat der[S. 50] Tilly an den Rath zu Magdeburg unter demselbigen Dato geschrieben.
Um diese Zeit ward der kaiserl. Obristlieutenant Chiesa von den Markgräfischen ungefährlich angetroffen, niedergemacht und bei ihm viel Schreiben befunden, aus denen man auch etliche Anschläge, so wider die Stadt gemacht gewesen, ersehen können.
Zu Ausgang des Winters hat der Marschall Falckenberg über die allbereits gemeldete Schanzen, noch mehr neue Werke, Schanzen und Reduiten, als: 1) eine Schanze auf der Spitze im rothen Horn, 2) eine im Rehberg, 3) eine in der Kreuzhorst, 4) bei Bukau drei Reduiten, 5) ein groß Kronwerk zwischen dem Heydeck und Ulrichsthor, 6) ein Hornwerk vor dem Gottesacker vor Magdeburg und 7) eins vor der Steingrube — wiewohl an diesem letzten die Bürgerschaft, wegen andringender Gefahr vor den Kaiserlichen, nichts daran gearbeitet — fertigen und aufwerfen lassen, in Meinung, hierdurch den Paß und Elbstrom nicht allein offen zu behalten — wie auch eine Zeitlang, daß die Soldaten annoch etwas einholen können, geschehen — sondern auch seines Königes Kriegsvolk, bei ankommendem Entsatz, desto besser zu logiren und in die großen Hornwerke zu vertheilen. Ob aber wohl die vielen und weit abgelegenen Schanzen von etlichen — aus Ursachen, daß sie dem Gegentheil, mit Verlust des Volkes und der Stadt dazu ausgereichten Pulvers, Lunten, Geschützes etc., möchten in die Hände gerathen — widersprochen (gemißbilligt) worden: so haben’s sich dennoch andere — weil sie Hrn Falckenbergen als einem Kriegserfahrenen mehr getrauet, und daß der König in Schweden die Kaiserlichen, dem beschehenen Zuschreiben nach, wohl zurückhalten würde — also mit belieben lassen; wie denn auch, soviel die Schanze im Rothen Horn, desgleichen die drei Reduiten zu Bukau und andere Werke vor dem Ulrichs- und Schrotdorfer Thore betrifft, solche durch der Stadt Bürger und Einwohner aufgeworfen worden etc.
Nachdem nun der General Tilly von der kaiserl. Maj. und katholischen Liga zum General-Lieutenant an des von Wal[S. 51]lenstein statt verordenet und alle der Katholischen Hoffnung auf ihn, daß er die schwedische erhaltene Victorien bald wieder zu nichte machen würde, gerichtet gewesen: hat er das kaiserl. Volk, welches bis dahin in dem Jülichschen, Fürstenthum Ost-Friesland und Erzstift Bremen, desgleichen in Schwaben, Frankenland etc., gelegen, aufbrechen und nach dem niedersächsischen Kreis ziehen lassen. Im Januar des 1631. Jahres ist er zu Frankfurt an der Oder angelangt und — nachdem er allda andere Anstalt gemacht, auch erfahren, daß sich der König in Schweden mit der Armee in (nach) Mecklenburg gewendet — den 5. Februar von dannen auf Alt-Brandenburg und Ruppin zugegangen, daselbst er sich mehr und mehr gestärket, Neu-Brandenburg in Mecklenburg, darin der Obrist Kniephausen mit 2000 Mann schwedischen Volks gelegen, und andere Oerter erobert gehabt. Der König in Schweden aber ist damals in seinem Feldlager zwischen Treptau und Damin, des Tilly weitern Einbruch in’s Land zu verhüten, beliegen geblieben, und als man ihm die Eroberung des Neuen Brandenburgs verkündiget, mit 16 Compagnien Pferden und 1 Regiment zu Fuß auf Anklam vor(ge)rückt. Wie nun der Tilly gesehen, daß er den König zu keiner Feldschlacht bringen können, auch die Schwedischen alles Getreide aus Mecklenburg und der Mark hinweg geschafft hatten, hat er sich wieder zurück auf Ruppin, Fehrbellin, Alt-Brandenburg und von dannen auf Havelberg begeben, Vorhabens, die Stadt Magdeburg mit Gewalt anzugreifen und zu belagern. Unterdessen aber ist der König, nachdem ihm mehr Volkes zu(ge)kommen, vor Frankfurt an der Oder — darin Tilly 7000 Mann zu Roß und Fuß in Besatzung gelassen, — vor(ge)rückt, welchen Ort er den 3. April mit stürmender Hand genommen, 800 gefangen — darunter die Obristen Sparr, Waldau, Meves, Buttlar, Graf Sebaudi gewesen — bekommen, 2000 Mann, darunter die Obristen Heykun, Hardeck, Herberstein nebst vielen andern Officieren sind todt blieben. Alles Geschütz, 900 Centner Pulver, 700 Centner Lunten, 1200 Centner Blei, 24 Fahnen mußten die Kaiserlichen auch hinterlassen, also daß der Kaiser die ganze Zeit[S. 52] seines Krieges nicht auf einmal so viel verloren. Die Stadt Frankfurt ist darauf etliche Stunden lang von den Schwedischen geplündert und in der Unordnung 16 Häuser verbrannt worden.
Als aber unterdessen, und nach so lang continuirlichen Vertröstungen, die gemeine Bürgerschaft zu Magdeburg des Contribuirens, unaufhörlichen Wachens, Schanzgrabens und dergleichen überdrüßig, theils auch wohl an Entsatz argwöhnisch und zweifelhaft werden wollen: so haben der von Falckenberg, I. F. Gn. und Ambassadeur Stalmann mit Zuziehung des Raths einen beglaubten Mann — der ein Advocatus juris, namentlich Hermannus Cummius, gewesen — auf Versprechung eines ansehnlichen Stück Geldes, dahin vermöget, daß er’s gewagt und sich zum Könige in Schweden, wo der auch anzutreffen sein würde, verschicken und abfertigen lassen, welches auch also angegangen, daß er beides, hin und her, sicher durch das kaiserliche Volk gekommen ist, da er dann bei seiner Wiederheimkunft auf Treu und Glauben dem Rathe, Ausschusse und sonsten jedermänniglichen, der ihn gefragt, diesen nachfolgenden Bericht gegeben, daß nämlich I. Maj. bei Dero Königl. Wort und Würden vielfältig gegen ihn gesprochen und sich erkläret, die Stadt gewiß königlich zu entsetzen und über die rechte Zeit nicht außenzubleiben, auch als er, Cummius, der Stadt Bedrängniß, Noth und Gefahr weiteres angezogen, und um schleunigste Maturirung des Entsatzes inständig angehalten, hätten I. Maj., denselben aufs allerlängste Ausgangs des Aprilis unfehlbar zu leisten, sich gnädigst herausgelassen etc. Ob aber der Cummius dem Hrn Administratori, dem von Falckenberge und Stalmann ein mehres oder anders berichtet gehabt, stehet dahin. Allein nach der Eroberung der Stadt hat er gegen mir (mich) und andere noch dieses erwähnet, daß I. k. Maj. ihm, wie er gegen denselben referiret, welcher Gestalt der Bürgerschaft von des Königes Entsatz und Ankunft viel anderes eingebildet gewesen, und dieselbe allbereits so lange Zeit auf den Succurs gehofft hätte, darauf zur Antwort gegeben: „Ja da haben wir nicht von gewußt, daß I. L. der Hr Administrator so früh gehen würden etc.“ Dem Cummius sind damals bei[S. 53] seiner Abfertigung vom Könige 200 Ducaten — wie denn auch sonsten einem jeden Boten, der aus der Stadt zu Ihro Maj. mit Schreiben gekommen, von 50 bis in 100 Ducaten — geschenkt und verehrt worden; der Hr Administrator und der von Falckenberg haben ihm auch ein Ansehnliches für diese Reise versprochen gehabt, davor er nachmals, als die Stadt von den Schwedischen aus der Kaiserlichen Hände wieder erobert gewesen, etliche tausend Thaler Werth an Kupfer von der abgebrannten Stadt überbliebenem gemeinem Gute ausgebeten und vom General Banner erlangt hat.
Damit man aber wiederum zur magdeburgischen Belagerung, und wie es damit ferner daher gegangen, komme, so ist der General Tilly — nachdem er des Königes in Schweden Anzug auf Frankfurt an der Oder vernommen, und mit der Belagerung vor Magdeburg solche Anstalt, daß die Seinigen von denen Magdeburgischen sich keiner Gefahr zu befürchten, gemacht gehabt — mit einer guten Anzahl Kriegesvolkes aufgebrochen, Frankfurt zu entsetzen. Als er aber zu Alten Brandenburg angelangt, und die Zeitung bekommen, daß die Stadt Frankfurt allbereits erobert und es weiter auf Landsberg gelte, hat sich Tilly stracks wieder auf Magdeburg gewendet, in Meinung, durch ernstliche Fortsetzung solcher Belagerung den König von weiterem Einbruch in Schlesien und andern Ihro kaiserl. Maj. Erblanden zu divertiren (abzulenken) und abzuhalten. Ist derowegen mit aller Macht vor die obgemeldete Rehbergische, Kreuzhorstische und Prestersche Schanzen gerückt, dieselben er theils mit Gewalt, theils mit Accord und nicht geringem Verlust des darin liegenden Volkes, Pulvers, Geschützes und Proviantes erobert und eingenommen. Worauf er sich ferner an den Thurm zu Krakau — der sonst zur Gegenwehr wohl zugerichtet und allein durch ein Fenster, darin man mit der Leiter steigen mußte, zu gewinnen war — erhoben, darauf mit etlichen Stücken und unzähligen Musquetades von früh Morgens bis an den Mittag ernstlich gespielt, daß endlich die darauf liegenden 15 Falckenbergischen Soldaten, weil sie keinem Entsatz verspüret, die Kaiserlichen, mit ihnen zu parlamentiren, hinauf zu sich gerufen,[S. 54] die aber, sobald sie auf den Thurm gekommen, sämmtliche ermordet und erschossen haben, welches man aus der Zollschanze und von der Stadt also mit zusehen und geschehn lassen müssen. In der folgenden Nacht ist der Graf von Mansfeld auf der andern Seite der Elbe an die bei Bukau gefertigten 3 Reduiten, deren jede mit 60 Mann besetzet war, angefallen, und weil die Besatzung mit Kraut und Loth nicht genugsam versehen, auch ohne das gegen solche große Macht nicht Bestand gewesen, sind dieselben gleichfalls mit Sturm eingenommen, alles nieder gemacht und die Körper zum Theil den Elbstrom herunter geflossen.
Der schwedische Hofmarschall aber, Dietrich von Falckenberg, vermerkend, daß die obgedachten, weit abgelegenen Schanzen und Reduiten gegen die Advenue und Ankunft eines so mächtigen Feindes, ohne Verlust des übrigen Volkes nicht möchten ersetzet und succurirt werden, als hat er, zu desto besserer Vertheidigung der Elbbrücken und (des) Passes, unterschiedliche andere Außenwerke, als 1) einen halben Mond am Ende auf dem krakauischen Werder, zur Verhinderung der Musquetaden, so von selbigem Ort auf die lange Brücke geschehen können, 2) eine Reduite zwerch (quer) über den Steinweg am krakauischen Damm gleich gegen diesen halben Mond über, 3) ein klein Schänzlein auf dem Ende des Zollwerders unterwärts der Zollschanze durch seine Soldaten erbauet. Endlich ließ auch der von Falckenberg durch den Obristlieutenant und Ingenieur Trost ein neu Regulirwerk von drei ganzen und zwei halben Bollwerken ringsum die Zollschanze abstecken, und ersuchte den Rath, daß die Bürgerschaft dies Werk zu bauen auf sich nehmen und verfertigen möchte, wie auch damit ein ziemlicher Anfang gemacht worden. Nachdem aber indessen die Kaiserlichen auch den krakauischen Thurm erobert und stracks den 6. April von einer Batterie mit 5 halben Carthaunen aus Krakau in die Stadt und auf die Zollschanze angefangen zu schießen, ist dadurch das Arbeitsvolk an dem Werke vor der Zollschanze verhindert und also nur eine rauhe Brustwehr sammt kleinen Gräblein gefertiget worden, daher denn — weil solch Werk von allen Enden zugleich leicht konnte angefallen werden — man das Volk aus der Zollschanze[S. 55] und von andern Posten wegnehmen und hierein desto stärker verlegen müssen. Der General Tilly aber, so täglich mehr und mehr Völker — weil der Kaiser zugleich damals mit dem Könige in Frankreich Frieden geschlossen — vor Magdeburg ankommen lassen, hat sich mit vielen Approchen und Laufgräben nicht allein zur Zollschanze genähert, sondern auch von 2 näher heran gemachten Batterien heftig auf die Zollschanze und in die Stadt durch die Häuser canonirt und geschossen, worauf folgends noch 2 Batterien oberhalb und zu beiden Seiten des Elbstroms, als die eine bei Bukau und die andere im krakauschen Werder, jede mit sechs darauf gepflanzten halben Kanonen aufgeworfen worden, womit man also den Rothenhorn zwerchüber (querüber) von beiden Seiten her flanquiren und bestreichen können; und als des Morgens früh um 2 Uhr der Graf Tilly mit zwei großen Kähnen — die auf der Achse bis an Bukau, weil auf der Spitze des Rothenhorns die Elbe mit großen Bäumen geschlossen gewesen, gebracht worden — unter dem Favor und Schutz solcher Kanonen Volks genug überfahren lassen, ist die auf der Spitze im Rothenhorn gelegene Schanze sammt darin liegendem Volke und Geschütz auch abgeschnitten und also unter seine Gewalt gerathen und gediehen. Wiewohl nun Hr Falckenberg die Kaiserlichen gern wieder vom Marsch abtreiben wollen, so ist’s jedoch wegen Verspillung vieles Volkes — welches zuvor die Gewalt derer an beiden Seiten gepflanzten groben Stücken hätte aushalten müssen — nicht thunlich befunden worden. Zwar haben sich die Bürger-Constables vom Rondel und Bollwerk bei der Sudenburg, diesen im Rothenhorn hinter den Weiden und allbereits in Laufgräben liegenden Feind mit dem Geschütz zu vertreiben, sehr angelegen sein lassen, in Meinung, daß des Pulvers genug bei der Stadt vorhanden und unnöthig zu ersparen wäre, und weil zugleich der Hr Administrator solches gern gesehen, auch dessentwegen durch seine Officiere unterschiedliche Anreizung thun lassen: so ist’s, wenn Dieser oder ein Anderer solch Schießen — da wohl oftmals der zwanzigste oder dreißigste Schuß nicht einmal einen Mann getroffen — widerrathen oder verbieten wollen, dahin, als ob demjenigen, daß[S. 56] den Kaiserlichen Schaden geschehe, leid oder zuwider wäre, ausgedeutet und aufgenommen worden.
Der General Tilly aber ist unterdessen mit trefflich vielen Laufgräben zugleich nicht allein auf das neugemachte Werk um der (die) Zollschanze und auf den Trotz Kaiser und Reduit am krakauer Thurm, sondern auch zu dem halben Mond auf dem krakauer Werder und den neuen Reduiten auf dem Marsch dergestalt avancirt und fortgefahren, also daß man in einer Nacht den Trotz Kaiser, die Reduit am krakauer Thurm und den halben Mond auf dem Werder quittiren und verlassen müssen.
Endlich auch, als die Kaiserlichen bis in den Graben des neuen Werks vor der Zollschanze kommen waren, und es daher länger zu halten unmöglich, hiergegen der von Falckenberg verspürete, wenn dieses Werk verlassen, daß solches dem Gegentheil eine bequeme Brustwehr und großen Vortheil zur Gewinnung der Hauptschanzen vor dem Zoll geben würde: hat er für rathsam erachtet, nicht allein das neu aufgeworfene Werk, sondern auch die Zollschanze zugleich — weil dergleichen auch in der Belagerung Ao. 1550 geschehen — zu übergeben und das Volk auf andere Posten, um desto besserer Verwahrung der Stadt, zu verlegen oder zu vertheilen. Welches Falckenberg also dem Rathe — der deswegen und anderer hochbesorglichen Gefahr halber in der Nacht um 11 Uhr zusammen gefordert war — vor- und angetragen, auch darauf des Raths Consens, — als der es zu seiner Discretion, wiewohl etliche wenige, die Zollschanze etwas zu halten, gemeinet, anheim gestellt sein lassen — bekommen und erlangt hat. Wie man nun das Volk abgeführt, die Zugbrücke vor dem Zollhause hinter sich aufgezogen und ein Joch von der langen Brücke abgeworfen gehabt, ist bei dieser Retirade die Klappe oder das kleine Zugbrücklein, so neben dem Zollhause hergangen, vergessen, und weil die Kaiserlichen strackes Fußes gefolgt, noch dieselbe Nacht von ihnen ein Joch von der Brücke — die Stadt des schwedischen Succurses desto mehr zu entblößen — abgebrannt worden. Der General Tilly zwar mag nicht gemeint haben, daß diese Haupt- oder Zollschanze so bald würde verlassen werden, sintemal er noch[S. 57] desselbigen Tages zuvor, durch Verspillung vieles Krautes und Loths, mit halben Carthaunen, die unterweilen mit Sprengkugeln geladen gewesen, trefflich Breche geschossen. Weil aber der Wall mehrentheils Thon oder Kleierde, machten die Kugeln und Granaten wenig Schaden, nur daß etliche harte Erdklöße den Inliegenden bisweilen auf die Köpfe fielen. Dafern nun das zuletzt umher angefangene neue Werk nicht Ursach gegeben hätte, dem Gegentheil diese Schanze, als die mit Pallisaden und Sturmpfählen, auch etwas morastigen Graben ziemlich verwahret, einzuräumen, ohne allen Zweifel noch viel Zeit und Kosten zugezogen hätte.
Bei sothanem Wesen aber, und als man diese große Macht und übel aussehendes Werk verspüret, haben ihrer Viele wiederum etwas stutzig werden und dahin zielen wollen, ob nicht etwa Mittelspersonen, oder Ihre Churfürstl. D. D. zu Sachsen und Brandenburg und die E. Hansastädte, könnten vermocht und also bei kaiserl. Maj. ein Stillstand der Waffen und endliche Aufhebung erhalten werden. Jedoch weil vermittels vieler von neuem wieder ausgesprengten guten Zeitungen, insonderheit daß Capitain Sparenberg, vom Könige in Schweden abgeschickt, einen Kerl über die Elbe sollte gesandt und dem von Falckenbergen zuentboten haben, gleich der König mit der Armee allbereits in der Mark, auf Magdeburg zu, begriffen, ihm solches voranzudeuten, abgeordnet und bei seiner Seelen gebeten hätte, die Stadt Magdeburg möchte sich getrost halten, er wollte sie bald königlich entsetzen etc. Demnach hat dieses und dergleichen die Gemüther der gemeinen Bürgerschaft etwas wieder besänftiget, hergegen Derer Meinungen, so sich auf Anstand und Interposition hochgedachter Churfürsten und Städte gründen wollen, verdrücket und ausgelöschet, welches um so viel mehr Kraft erreichet, daß zugleich die mehresten Prediger in den Kirchen ihre Gemeinden fleißig ermahnet, sich solcher Gedanken und Reden, daß man wiederum mit denen Päpstischen oder Feinden des Evangelii zu tractiren anfangen und in Vereinigung treten wolle, zu entschlagen und abzustehen, sintemal, sagten sie, solche Leute keine Hoffnung noch Vertrauen zu Gott, als der sein Wort ge[S. 58]wiß erhalten, und der Stadt in so gerechter Sache wohl beispringen würde, haben könnten, sondern lieber dem Teufel dienen und ihr Vaterland dem abgöttischen Papstthum in den Rachen stecken wollten.
Der General Tilly aber, sobald derselbe diesen Vortheil mit der Zollschanze und andern Werken dieser Oerter einbekommen, hat er bei Westerhausen[19] eine Schiffbrücke über die Elbe geschlagen, und sich mit der größten Macht auf die andere Seite der Stadt gewendet, auch gegen der (die) Sudenburg, die der Markgraf etwas retranchiren und befestigen lassen, zu approchiren angefangen. Als aber der von Falckenberg solche große Force und Macht verspüret gehabt, und daß dagegen ein solcher schlecht verwahrter Ort zu erhalten unmöglich fallen würde, ist er, für sich und zugleich wegen des Markgrafen, zu Rathhause erschienen mit dem Andeuten und Bericht, wie nach so gestalten Sachen die Bürger und Soldaten daselbst mit dem, was sie mit sich hereinzubringen vermöchten, müßten in die Stadt eingenommen und die übrigen annoch unabgebrochenen Häuser der Sudenburg — damit der Feind desto mindern Vortheil daraus empfände — mit Feuer belegt und in Brand gesteckt werden. Der Rath aber, so zwar fleißig und, wofern es möglich zu unterlassen, vorgebeten, hat solches endlich, bei sothaner Gefahr und Extremitäten, müssen dahin gestellt sein und ihm, dem von Falckenberg, nach seiner Discretion darein schalten und walten lassen. Darauf einen Tag zuvor alles Hausrath und dergleichen in die Alte Stadt geschleppt und den 21. Aprilis gegen Abend diese Vorstadt Sudenburg Magdeburg — darin eine feine Kirche und kein einziges Haus, mit Stroh gedeckt, zu befinden gewesen — nebst angehängtem Flecken S. Michael angezündet und in die Asche gelegt worden. Was nun von armen und kranken Leuten gewesen, und die sobald keine Herberge gewußt, haben sich mit ihrer Armuth und Bettpuchen (geringen Habe und ärmlichen Betten) in den Kreuzgang[20] bei S. Nicolai Kirchen lagern und allda,[S. 59] was ihnen etwa durch fromme Leute gegeben worden, erwarten müssen. Den 22. Aprilis ist eine Partei von den Falckenbergischen aus der Neustadt ausgesträufet (ausgestreift), hat einen ligistischen General-Adjutanten nebst andern Personen gefangen bekommen, welcher berichtet gehabt, daß der Graf Pappenheim die andere Vorstadt, Neustadt Magdeburg, noch denselben Tag — wenn es nicht an Kraut und Loth, so noch nicht ankommen gewesen, ermangelt — hätte angreifen wollen, darauf auch der von Falckenberg ferner fortgefahren und diese jetzt genannte Vorstadt gleichergestalt den 23. Aprilis — zwar auf Vertröstung, daß er bei des Königs in Schweden Ankunft die Bezahlung solcher und anderer Häuser vermitteln wolle — abbrennen und einäschern lassen, wiewohl das Armenhaus, der Schwiesau genannt, nebst etlich wenig andern Häusern dennoch bestehend geblieben, das darin liegende Kriegesvolk, wie auch was aus der Sudenburg in die Alte Stadt genommen worden, so sich ingesammt auf 1100 Mann verstreckt, haben etliche vermögende des Raths, auf des von Falckenberg’s Credit und Wiederbezahlung, dergestalt unterhalten, daß sie etliche 100 Thaler aufgebracht und jedem gemeinen Soldaten die Woche 20 ggr. richtig bezahlen lassen, davon sie, weil annoch von allen in der Stadt genug ums Geld zu bekommen gewesen, ihren Unterhalt gar wohl haben können, und weil sie täglich auf den Wällen oder in Bereitschaft liegen müssen, ist, ihnen Quartiergeld zu geben, keine Noth gewesen. Die Bürger aber haben in den Vierteln über das vor (für) die Soldaten Speck, Würste, Bier und dergleichen zusammen geschossen und ihnen auf die Wälle gebracht. Ihre Officiere sind durch den von Falckenbergen, als welcher bei denen Kaufleuten Getreide, Bier, Tuch und Seidenwaaren auf sein Credit haben können, unterhalten worden. Allein die Reiterei, deren noch auf 250 gewesen, hat anfangs niemand — aus Furcht, daß sie es auch in der Altenstadt, also wie in der Neustadt geschehen, mit den Leuten in den Quartieren machen würden — einnehmen wollen, daher sie eine Nacht und 2 Tage auf der Straße halten müssen, bis ihnen der Rath endlich Quartiere verschafft und der von Falckenberg die[S. 60] Ordre gegeben, daß sie ja sowohl, wann’s die Noth thäte, mit ihren Bandelierröhren und Pistolen als andere Bürger (gleich den andern Bürgern) und Soldaten zu Walle gehen und fechten sollten.
Des folgenden Tages, als den 24. Aprilis, sind der von Falckenberg und andere hohe Officiere auf das Rathhaus kommen und haben, mit Zuziehung etlicher aus dem Rath, die Bestell- oder Besetzung der Posten ausgetheilt, also daß zwölf Viertel der Bürgerschaft den Wall cent um die Stadt und das Fischer-Viertel, nebst noch zwei Vierteln, den (das) Fischerufer und (die) ganze Wasserseite bis in den Fährgarten[21] zu besetzen auf sich genommen; die übrigen drei Viertel sind in der Stadt auf dem Markt zur Reserve und Hinterhalt gelassen worden. Der Generalmajor Amsteroth hat das Commandement über die beiden halben Monde vor dem Ulrichs- und Schrotdorfer-Thor, ingleichen über das Hornwerk vor dem Kröckenthor — worin der Stadt Compagnie unter dem Capitain Major Lucas Huttenheim — und neue Bollwerk bei der Neustadt — darauf und in beiden gedachten halben Monden Falckenberg’s eigen Volk gelegen — geführet und verwaltet. Dem Obristen Lieutenant Trosten wurde das Kronwerk aus dem Marsch, das Retranchement auf dem Werder vor der Graalsbrücke und (der) halbe Mond vor der kurzen Elbbrücke (jetzigen Strombrücke) zugeordnet. Der Hr Administrator hat mit seiner Leibcompagnie und des Obristen Lieutenants Bönnies Regiment, 400 Mann stark, das neue Bollwerk und Ravelin bei der Sudenburg in Defension und Obacht genommen; dem andern Stadt Capitain, N. Schnellen, ist mit seiner Compagnie die Streitmauer und Gewölbe, so um und unter dem Heydeck, zu verwahren; der Reiterei aber,[S. 61] vor dem (für den) von Falckenberg in Reserve zu bleiben, anbefohlen worden, womit also die Besatzung um und um ausgetheilt und jeder Ort der Gebühr nach versehen gewesen. Die Bürgerschaft hat man — mitgerechnet die Witwen — auf 2000 stark und der erwachsenen Söhne, Knechte und Handwerkspursche auf 3000 stark geschätzet.
Um diese Zeit geschah unter andern auch ein starker Ausfall gegen die Kaiserlichen oder Ligistischen, so auf dem Marsch, da sonst die Vogelstange gestanden, in Laufgräben lagen, dazu des Obristen Lieutenant Trosten Volk und eine der Stadt Compagnie gebraucht worden. Die schlugen die Tillyschen aus den Approches daselbst, mit Ruinirung zweier Compagnien ihres Volkes, also daß, wofern zur selben Zeit nicht eben des Feindes Wacht, so ablösen wollen, angekommen, die Ligistischen ganz vom Marsch abgetrieben wären. Auf der Stadt Seite sind allein 15 verwundet und 5 erschlagen, hergegen aus der andern Seite über 100 niedergemacht worden. Nachdem aber der Tilly die obgenannten beiden Vorstädte vor Magdeburg erobert gehabt, hat er sich bald mit sehr großer Macht und unnachläßlichem vielen Approchiren, dazu er theils Soldaten, theils die Bauern vom Lande gebraucht, zur Haupt- oder Alten Stadt genähert und zwar folgender Gestalt und also, daß er dem Grafen Wolfen von Mansfeld die Post (den Posten) bei der Sudenburg, als von der Elbe bis an und cent (rings) um den Heydeck her, zugetheilet; der Graf von Pappenheim hat den Ort bei der Neustadt, von der Elbe an bis zum Krökenthor und da herum, in Aufsicht bekommen. Der Marsch und die ganze Seite über der Elbe ist der ligistischen Armee anbefohlen; was aber die West- oder Feldseite der Stadt, als zwischen dem Heydeck und Krökenthor, anlanget, mit starker Reitermacht, so hinter allen Hügeln und Gründen mit ganzen Regimentern gehalten, versehen und bewahret worden. Diese jetzt genannten Generale nun haben, sobald sie mit ihren Laufgräben etwas näher kommen, unterschiedliche Batterien verfertigen und mit vielen groben Stücken oder halben Kanonen gegen der Stadt wärts bepflanzen lassen. 1) Der Graf von Mansfeld eine Batterie mit 5[S. 62] halben Carthaunen nahend an der Sudenburger Stadtmauer in einem Garten gegen den Heydeck über, von welcher er anfangs auf das Bollwerk, der Heydeck genannt, Breche zu schießen angefangen; aber weil solches wenig geschafft, hat man von dahero den Wall entlang, nämlich vom Heydeck bis an das Schrotdorferthor, flanquiret und, weil die Kugeln nur gleichsam über das Bollwerk geworfen worden, ist der auf dem Walle liegenden Wacht oft Schaden damit geschehen, denn die Kugeln theils Leuten die Beine, den Leib, den Hintern und dergleichen hinweg gelaufen, sind auch wohl gar in der Corps de Garden Stuben gekommen und der Wacht dadrinnen sehr schädlich gewesen. 2) Haben sie von einer Batterie hinter der Sudenburg heftig nach dem Domthurme geschossen, und solches daher, daß der Obrist Lieutenant Boy von diesen Thürmen mit langen gezogenen Röhren in die kaiserlichen Laufgräben geschossen und oft Schaden damit unter sie (ihnen) soll gethan haben, wiewohl solcher nimmermehr so groß gewesen, als dieses herrliche Gebäu und sonderlich der eine Thurm hiermit ist zernichtet und übel zugerichtet worden. 3) Hat dieser Graf von Mansfeld noch eine Batterie, so etwas näher nach dem Ulrichsthor, auf dem Acker daselbst aufwerfen und damit den Wall und (die) Thürme an der Stadtmauer allhierum etwas beschießen lassen. 4) Der Graf von Pappenheim ist an seinem Orte bei der Neustadt auch nicht wenig mit Erbauung einer Batterie nahe am Stadtgraben, der Hohenpforte gegenüber, bemüht gewesen. 5 u. 6) Sind durch denselben noch 2 Batterien, die eine nahe an der Elbe, wo jetzt die Contrescarpe in Form eines halben Mondes hingelegt, die andere, ihr gegenüber, jenseits der Elbe erbauet und damit das Rondel und dessen Streitmauer beschossen und gefällt worden, auf welchen drei Batterien der Pappenheim insgesammt 17 halbe Carthaunen gehabt. Endlich und 7) hat man von den Batterien vor dem Zoll nur noch eine gelassen und von derselben bisweilen auf das neue Werk auf dem Marsch, bisweilen in die Stadt und unter die Schiffmühlen gespielt.
Diesem nach ist auf Seiten der Stadt sowohl mit Musquetaden als grobem Geschütz wiederum nicht stille gehalten, insonderheit aber des Nachts ohne Aufhören auf des Gegentheils Approchen gefeuert worden, und als Pappenheim von der gedachten fünften Batterie, so hinter der neustädter Stadtmauer war, die Scharten am Rondel und das darauf stehende Geschütz sehr verletzt, hat man von dem dabeiliegenden neuen Bollwerke 2 halbe Carthaunen auf einen gewissen Ort dieser gemeldeten Stadtmauer also gerichtet, daß nach Abbrennung dieser beiden Stücke die Kugeln ein großes Stück der Mauer durchschmettert und das Steinwerk den Constablern und Leuten allda Arm und Bein, auch die Affüten des Geschützes heftig zerschlagen und zum Theil bis in die Elbe geschleudert haben, so daß von dieser Batterie nachmals kein einziger Schuß mehr geschehen.
Es haben aber selbigesmal die beiden aus dem Rathe verordneten Schutzherren[22] dem regierenden Bürgermeister entdeckt, daß sie fast jedes Tages dieser Zeit her von 18 bis 20 Tonnen Pulvers, deren jede 1 Centner gewogen, ausgereicht. Nun wären aber nur noch 5 Tonnen vorhanden, und obgleich aus dem Salpeter, dessen annoch auf 250 Centner in Vorrath, täglich 2 Centner vermacht würden, so wolle doch solches nirgends zureichen. So wären auch die Lunten[23] dergestalt in Abgang gekommen, daß eine ganz andere Ordnung und Sparsamkeit darin müsse gehalten werden, welches oberzähltermaßen an den von Falckenberg zu berichten, mir, dem Autori, durch den worthaltenden Bürgermeister im Rath aufgetragen worden. Es hat sich der von Falckenberg sehr darob entsetzt und[S. 64] gesagt, daß ihm dieses längst geahnet, indem sich fast Keiner einreden und das unzeitige Schießen mit dem groben Geschütz unterlassen wollen.
Ob nun wohl vor der Zeit dieses Unwesens die Stadt etwa 600 Centner Pulvers und 500 Centner Salpeter in Vorrath gehabt: so sind doch in der Bloquirung Ao. 1629 auf 200 Centner davon verschossen worden, sintemal zur selben Zeit das Schießen mit Stücken nach einem Trüpplein von 5 oder 6 Reitern, wenn sie gleich auf 3000 und mehr Schritt von der Stadt gehalten, auch sehr gebräuchlich gewesen. 100 Centner haben I. F. Gn. und der von Falckenberg zur Besetzung der umliegenden Städte, Schanzen und Reduiten bekommen; unter Bürger und Soldaten in der Stadt ist auch den Sommer und Winter durch über ein paar Hundert Centner gereicht und aufgewendet worden, also daß zu der Zeit, da es zur harten Belagerung gediehen, von dem Pulver, welches man unterdessen wiederum gemacht, nicht über 150 Centner in Vorrath, solches aber auch alles binnen wenig Tagen, bis auf die gedachten 5 Tonnen, verschossen gewesen.
Damit es aber nicht ganz an Pulver mangele, hat der von Falckenberg in Mörsern, so die Apotheker[24] dazu hergeliehen, den Salpeter stoßen und also mit Hilfe des Rathes Pulvermühle[25] täglich 5 Centner Pulvers machen, hiergegen das Schießen mit dem Geschütz einstellen lassen, weshalb denn auch die Kaiserlichen ihre Batterien an Ort und Ende desto füglicher verfertigen und der Stadt desto mehr Abbruch thun können.
Hierauf schickte den 24. April/4. Mai der General Tilly einen Trompeter von Westerhausen, allda das Hauptquartier damals war, mit drei Schreiben — das eine an den Hrn Administrator, das andere an den von Falckenberg, das dritte an den Rath und sämmtliche Gemeine in die Stadt. Das Schreiben an[S. 65] den Rath war kürzlich des Inhalts: daß die Magdeburger allbereits mehr, als ihnen lieb, befunden hätten, in was für merklichen Schaden sie um der bisher gegen die röm. kaiserl. Maj. unverantwortlichen Obstinacität und öffentlicher Rebellion willen mit den Ihrigen gerathen, und es so weit gekommen, daß in seinen Händen stünde, die Stadt mit Hab und Gut, Weib und Kindern in völligen Ruin zu stürzen. Er wolle aber nicht dafür halten, daß sie in solcher Halsstarrigkeit ersoffen sein würden, und gemeinet sein sollten, sich der schuldigen kaiserlichen Devotion und von Derselben dependirender Clemenz zu unterwerfen, wie denn die Gnadenthür noch offen stünde. Diejenigen, so die Stadt zu defendiren angenommen, beförderten nicht der Stadt Wohlfahrt, sondern vielmehr des ganzen Landes Ruin.
Den 25. April des alten Calenders geschah ein Ausfall des Morgens früh auf die Kaiserlichen, so vor dem Heydeck lagen. Sie wurden daselbst aus den Laufgräben geschlagen und ihr Schanzzeug in den Stadtgraben geworfen. Desgleichen that der Generalmajor Amsteroth zu Mittage, da er mit etlichen Kähnen etwa 40 Mann um das Rondel bei der Neustadt setzen und von den daselbst in den Approchen arbeitenden Soldaten über 16 erschlagen ließ. So ward auch in der folgenden Nacht von dem neuen Werke allhier über die Brustwehr der Fausse braye in den Graben gestiegen, dabei die Kaiserlichen etwa 40 Mann verloren und die aus Magdeburg ziemliche Beute von versilberten Degen und Partisanen bekommen haben. Dagegen wurden dieser Zeit her der Stadt alle Nächte 30 bis 45 Granaten und Feuerkugeln verehrt und eingeworfen. Zwar die Feuerkugeln anlangend, daraus sind etliche Männer[26] mit nassen Säcken und Häuten bestellt gewesen, die Achtung darauf geben müssen, wohin die Kugeln gefallen, dahin sie stracks gelaufen und dieselben gedämpfet haben, also daß dadurch geringer Schaden geschehen; allein ist einer Kuh im Fallen der Kopf von solcher Kugel abgeschlagen worden. Die Granaten aber, wenn sie in die Häuser gefallen, haben alles zerschmettert,[S. 66] und Thüren, Fenster, auch wohl oben die Decke und (den) Boden ausgeschlagen; was aber auf die Bollwerke und Wälle geworfen worden, hat großen Tumult und Auflauf unter dem Volk gemacht, bisweilen auch Schaden gethan.
Der Rath und Ausschuß sind unterdessen mit Beantwortung auf obermeldetes Tillysches Schreiben sehr bemühet und Einer dieser, Jener anderer Meinung gewesen, also daß es sich bis den 30. April alten Calenders damit verzögert, und weil Alles mit Einwilligung des Hrn Administrators, Falckenberg’s und ihrer Anhänger geschehen müssen, ist des Raths Antwort also erfolgt: Daß nämlich die Stadt fast 6 ganzer Jahre, ohne einige gegebene Ursach, von ihren Mißgünstigen aufs äußerste verfolgt und ihr die Nahrung abgeschnitten wäre, auch noch letztlich in Religionssachen; deswegen die Stadt zu ihrer hochnothwendigen Defension, nicht zwar gegen die kaiserl. Maj., sondern wider die, so Ihrer Maj. Willen und Befehl entgegen, solches alles vorgenommen, verursacht worden, inmaßen der Rath Ihrer kaiserl. Maj. solches sub dato den 10. November Ao. 1630 ausführlich zu erkennen gegeben, welches Schreiben, weil es im offenen Druck, sie mit übersendeten. Die Stadt wäre entschlossen, das ganze Werk zugleich an beide Churfürstl. D. D. zu Sachsen und Brandenburg, auch der conföderirten Hansastädte Unterhandlung zu stellen und sich auf Deroselben Vorschläge und Vermittelung aller Billigkeit nach zu accommodiren. Weil aber Niemand sicher sich hinaus begeben könne: als gelangte ihr Bitten, Se. Excell. der Hr General Tilly wolle ihnen auf die Ihrigen Paß und Repaß, hin und her zu reisen, ertheilen und inmittels nicht approchiren und Gebrauchung der Waffen in Ruhe stehen etc.
Hierauf vermeinte die gemeine Bürgerschaft, es wäre nun stracks Stillestand gemacht, und daß dem General Tilly ja so viel — aus Furcht wegen des Königs in Schweden Ankunft — an solchem Armistitio gelegen, als immermehr gemeiner Stadt damit gedient sein möchte; so verhofften auch der von Falckenberg und die an seiner Seite, nicht allein hierdurch das Werk etwas in die Länge und Harre zu bringen, sondern auch[S. 67] desto füglicher an königl. Maj. in Schweden abzuschicken und, nebst Berichtung des allgemeinen magdeburgischen Zustandes, den Succurs oder Entsatz zu befördern.
Den 212 Mai hat der General Tilly durch einen Trompeter dem Rath folgender Gestalt geantwortet: Daß die Stadt Magdeburg, ihre Abgeordneten zu ihm zu schicken, so lange Bedenken gehabt, bis daraus mit beiden Churfürstl. Durchl. zu Sachsen und Brandenburg sowohl, als auch den Hansastädten das Werk communicirt und berathschlagt wäre, und deswegen Paß und Repaß zu Abordnung ihrer Gesandten begehrten. Dieweil aber aus seinem vorigen Schreiben zu ersehen, daß er nichts anders (von der Stadt verlange), als der röm. kaiserl. Maj. sich zu submittiren, als (so) zweifele er nicht, höchstgedachte Churfürstl. Durchl. sammt berührten Hansastädten würden solches gar nicht improbiren (mißbilligen) können; die angeregte Communication solle ihm zwar nicht zuwider sein, thäte auch die Pässe zu dem Ende überschicken, besorgte aber, (daß es damit zu spät,) weil zu sothaner Abordnung und Berathschlagung viel Zeit erfordert werde, die Sachen aber nunmehr dahin gerathen, daß sie keinen längeren Verzug leiden könnten, derowegen es viel besser, wenn sich die Stadt jetzo bald resolviren und bequemen thäte. Jedoch stelle er der Stadt alles anheim, sintemal ihr Heil und ihre Wohlfahrt hierunter am meisten periclitirte; inmittels würden sie (die Magdeburger) niemand anders, als sich selbst, die Ungelegenheit, so aus solcher Verzögerung erfolgen könnte, (zu) imputiren und bei(zu)messen (haben). Er bliebe erbötig, wenn des Raths Gesandten abzureisen willens, daß sich die Trompeter so bald dahin (in die Stadt) verfügen sollten.
Den 414 Mai ist dieser (der eben erwähnte) Trompeter wiederum zu Tilly mit des Raths Antwort „daß nämlich die Gesandten zur Reise parat und fertig, und sobald Se. Excellenz die Trompeter schicke, sich auf den Weg machen wollten“ abgefertigt worden.
Als nun unterdessen der König in Schweden die Festung Spandau vom Churfürsten von Brandenburg erlangt und zu Potsdam angekommen war, haben sich die Kaiserlichen zu Bran[S. 68]denburg und von andern Orten aus der Mark alle näher und vor Magdeburg begeben, daherum sie in unterschiedlichen Feldlagern gelegen, also: 1) zu Westerhausen war das Hauptquartier und nicht weit von da nach der Stadt zu die Schiffbrücke, zu beiden Seiten des Elbstromes etwas beschanzt. 2) Des Grafen von Mansfeld Armee lag bei Fermersleben. 3) Des Grafen von Pappenheim auf der Wiese vor dem rothenseeischen Holze bis an die Neustadt. 4) Der katholischen Liga Armee auf dem krakauer Werder, Marsch und in der Zollschanze oder (den) da herum neugemachten Werken. 5) Die Reiterei aber war auf die nächsten Dörfer um die Stadt logirt (gelegt). Welches Volkes, wie nach der Stadt Eroberung der kaiserl. General-Proviantmeister Andreas Liebholt Autori berichtet hat, sollen 33,000 zu Fuß und 9000 zu Roß gewesen sein. Demnach aber, wegen sothaner Beschaffenheit, des Kriegesvolkes täglich mehr und mehr vor der Stadt angekommen, als haben sie auch die Belagerung, beides durch unnachlässiges Schießen aus groben Geschützen, als Verfertigung trefflicher vieler Laufgräben — die theils bis nahe an den Stadtgraben, theils auch durch die neuen, unausgebrachten Graben bis an den Wall gegangen — mit großem Ernst getrieben und fortgesetzt; und obgleich der von Falckenberg zu desto bequemeren Ausfällen in der Fausse braye des Bollwerks bei der Neustadt sich an zwei Orten versenken, und also einen Durchgang oder Stollen unter die Brustwehr durch bis in den Stadtgraben treiben ließ; so konnte er doch, wegen so starker Besetzung der Laufgräben, wenig Nutzen schaffen, sintemal stracks bei der ersten Probe der Capitain Wüstenhof mit den mehrsten bei sich habenden Soldaten das Leben darüber einbüßen mußte, daher denn denen von der Stadt durch solche große Macht und zugleich wegen des Mangels an Pulver alle Mittel zur Resistenz und Gegenwehr abgeschnitten waren; dahergegen die Kaiserlichen aus Hamburg, Braunschweig und andern Orten des Pulvers überflüssig bekommen und man alle Tage an 12, 15 bis 18 hundert Schüsse aus groben Stücken, so auf der Stadt Wälle, Thürme und Häuser gerichtet, zählen mögen.
Es ist aber, wie allbereits oben gemeldet, die Stadt zu dieser Zeit vornehmlich an dreien Oertern angegriffen und so hart belagert worden, nämlich und vorerst auf dem Marsch, da der katholischen Liga Volk gelegen und Willens gewesen, sich des Kronwerks daselbst und des Ravelins vor der kurzen (jetzigen Strom-) Brücke zu bemächtigen. Weil sie aber mit den Laufgräben auf dieser Insel sich nicht wohl wenden können, indem dem Gegentheil entweder von dem gedachten Kronwerke selbst oder von dem Walle der Stadt in die Linie konnte gesehen werden, haben sie mit dem Approchiren dieses Orts stillehalten und nachlassen müssen.
Für das Andere hat der Graf von Mansfeld seinen Posten in der Sudenburg gehabt, allda er mit Laufgräben nach dem neuen Bollwerke und Ravelin allhier, vornehmlich aber auf den Heydeck zugegangen, welches Bollwerk von 5 Seiten, davon die eine ganz nicht mag flanquirt oder bestrichen werden, gegen welche Seite hin er sich hinter des Grabens Futtermauer versenket, ein Loch dadurch gebrochen und mit 2 großen Stücken auf die Fundamentmauer des Heydecks Breche geschossen, in Meinung, es wäre gleich wie in den Epaules cent um (ringsum) also gewölbt, und wann diese Mauer oder (dieser) Fuß also eingeschossen, müsse der Wall nachschießen, den Graben füllen und ihm einen Weg zum Anlauf machen. Als aber der Graf Unrecht vermerkt, ließ er das Geschütz wiederum in die Höhe bringen, die Streitmauer dagegenüber niederfällen und den Graben durch das durchgebrochene Loch über das Wasser her, etwa 1½ Ruthe breit mit Reis und Erde füllen, wodurch also eine Gallerie oder nur ein Weg, an dieses Bollwerk zu gehen und dasselbe mit Leitern zu besteigen, gemacht und erlangt worden. Und obwohl der von Falckenberg sich sehr bemühete, diesem zu wehren, auch deswegen einen Koffer oder Kasten von starken Eichenbohlen fertigen, darin Musquetiers stellen und auf dem Wasser bis um die Ecke flößen ließ, so ist es doch alles — weil man vom Walle diesen Ort nicht defendiren und beschießen mögen — vergebens und umsonst gewesen.
Drittens hat der General Pappenheim die Stadt von der Nordseite, allda die Vorstadt Neustadt-Magdeburg gelegen, attaquirt und angegriffen, wozu ihm nicht allein die alten Mauern und Keller von solcher abgebrannten Stadt zum großen Vortheil gekommen, sondern vornehmlich des neuen Bollwerks wegen. Denn als bei angehendem Kriegeswesen in diesen Erz- und Stiftern die alte Stadt Magdeburg Ao. 1625 die Häuser der beiden oftgedachten Vorstädte Neustadt und Sudenburg um den Graben der alten Stadt herum abbrechen und, auf Anleitung des bestallten Baumeisters Michael Rudolff’s, drei neue große Bollwerke, als ein großes allhier und zwei in der Sudenburg erbauen ließ, ist die Bürgerschaft nicht allein wegen der Gefahr — daß man die alten, zu beiden Seiten hoch ausgemauerten, Graben ausgefüllt und eben in der Kriegeszeit dem Feinde gleichsam eine Bahn in die Stadt eröffnet habe — sondern auch des vielen Schanzens und Arbeitens halber sehr überdrüßig und schwierig geworden, daher auch die Werke unvollkommen und die Arbeit beliegen geblieben, vornehmlich aber an diesem Orte in der Neustadt, da der Graben um das neue Bollwerk nirgends zu rechter Tiefe gebracht, also daß man auch vorne auf der Spitze desselben mit Pferden bis auf und in die Fausse braye reiten können. Ueberdies war die Außenkante des Grabens mit der Epaule parallel und die Erde noch nicht ausgebracht, daher man in den Graben die Face entlang mit dem großen Geschütz nicht streichen können, und was dergleichen Fehler mehr, die auch zwar bei diesem Kriegeszustande noch wohl hätten können verbessert, aber wegen der andern Schanzen und Außenwerke, darin ein Theil der schwedischen Armee, wenn sie käme, liegen sollte, müssen unterlassen werden, welches alles nachmals dem Pappenheim zum großen Vortheil und sicherer Verfertigung einiger Gallerien und Approchen bis in die Fausse braye dieses Bollwerks gediehen. Denn nachdem er die ganze Neustadt zwerch durch, von der Elbe an bis an und um das Hornwerk vor dem Krökenthore, mit trefflichen vielen Laufgräben durchwühlet, und damit hin und wieder bis an die Contrescarpe der alten und neuen Gräben gekommen war, hat er
1) in dem Winkel, da, wie gemeldet, die Außenkante des Grabens mit der Epaule parallel gelaufen, durch die Contrescarpe zu sappiren und über den Graben eine, zu beiden Seiten mit Schanzkörben besetzte, Gallerie zu machen angefangen — dazu ihm denn zugleich die alte Futtermauer des Stadtgrabens nicht wenig Sicherung gegeben — und damit den Belagerten alle Flanquen und Defensiones entzogen würden, mußte von der Batterie gegenüber nicht allein der Wall über der Hohenpforte sammt dem Thurm, so dabei im Stadtgraben — darauf 2 Stein-Carthaunen — zur Breche geschossen, sondern auch noch der hohe Thurm hinter dem Wall herunter geschossen und also gefället werden, daß er den Wall entlang geschlagen und denen von der Stadt den Stand und Platz des ganzen Walles daselbst, und also der daher kommenden Flanque, beraubt hat. 2) Weil auf der Spitze dieses neuen Bollwerks der wenigste Theil des Erdreichs aus dem Graben gebracht gewesen, ist der General Pappenheim durch fünf unterschiedliche Approches über oder durch diesen Graben bis an und in die Spitze der Fausse braye gegangen, und hat also die ganze Face der Fausse braye, so im Anlegen auf 40 Ruthen lang zwischen die obgedachte Gallerie und diese Approches begriffen, die darin gelegten Sturmpfähle mit Spaten untergraben, ausheben, auch endlich etliche hundert Sturmleitern, die dann nicht über 4 Ellen lang sein durften, anlegen und also alles zum Sturm fertig machen lassen. 3) Ist auf der andern Seite dieses Bollwerks quer durch den Graben approchirt und zwischen die beiden Hörner in die Gordine (courtine) minirt worden. 4) Weil der Elbstrom den alten Stadtgraben vor dem Rondel allhier allezeit ums dritte oder vierte Jahr dergestalt vollgeschlämmt, daß man von der Elbseite nicht allein in den Graben gleiches Fußes, sondern auch sicher unter dem hohen Ufer bis an das Rondel, gehen können, als hat der General Pappenheim, nachdem er zuvor die Streitmauer herunter schießen lassen, einen Weg oder Appareille von Erde bis so hoch die Brustwehr der Fausse braye aufgeführt, und sich also auch an diesem Ort einen bequemen Eingang gemacht, durch welchen er nicht allein in der (die) Fausse braye, sondern rings um das Rondel bis unter das Fischerufer[S. 72] kommen können. 5) Wurde auch durch den von Pappenheim das Hornwerk vor dem Kröckenthor mit zweien Laufgräben, so durch die Contrescarpe sappirt und bis in die Berme des Walles getrieben waren, hart angegriffen. Er machte aber an diesem Orte wegen der Granaten und stätigen Musquetaden, auch daß der Ort konnte besser flanquirt werden, seinen rechten Eintritt nicht erlangen, welches denn um so viel desto weniger, weil dieses Werk nicht mit so vielen Laufgräben beschanzet, da hergegen vor dem ofterwähnten Bollwerk bei der Neustadt der Laufgräben viel hinter einander gemacht und alle so voll Musquetire gelegt waren, daß, wenn sich nur einer von den Belagerten hinter der Brustwehr ein wenig hervor blicken lassen, wohl 6 oder 8 Schüsse zugleich auf ihn geschahen; und ob man gleich solch des Pappenheim’s Vortheil mit dem Geschütz von der Stadt ziemlich hätte verhindern können, so war doch dieses, wegen obgedachten Mangels des Pulvers, ganz verboten.
Anlangend die vierte oder Westseite der Stadt, als vom Krökenthor bis zum Heydeck, die ist allein von Reitern — welche mit ganzen Regimentern in den Gründen und hinter den Misthaufen Wacht gehalten, und, wegen Mangel an Pulver, mit dem Geschütz nicht abgetrieben werden können — dergestalt beschlossen gewesen, daß auch an diesem Ort kein Mensch aus- und einkommen mögen.
Bei sothanem Zustande aber, und als die von der Stadt mit Verlangen erwarteten, daß der General Tilly, vermöge seines Schreibens de dato den 212 Mai, die 3 Trompeter, so der Stadt Gesandten zu beiden Churfürstl. D. D. Sachsen und Brandenburg und den Hansastädten begleiten sollten, anschicken würde, hat er den 919 Mai also an den Rath mit diesen Worten geantwortet:
P. P. Ob wier zward nicht ungemeinet gewesen, die begehrte päße uff die benante persohnen abermals zu übersenden, aldieweil Jedoch die sachen mit der Stadt nunmehr Zu solchen Extremiteten gerathen, daß dieselbe einige Verzögerung ohne die höheste gefahr nicht erleiden Können, wie Ihr selbsten vor augen sehet und spüret, als wird die bedeutete abschickung gar[S. 73] zu spät fallen, auch allerdings vergäblich geschehen; Nachdem dan Kein ander noch besser mittel ist, als das ihr bey so beschaffenen Dingen, hindan gesetzet aller anderen considerationen, Kurtze resolution faßet. So haben wier euch hiemit Zum vberfluß nochmals wolmeinendlich erinnern vndt treulich ermahnen wollen, daß Ihr euren Zustandt vndt in was augenscheinlicher leib vndt lebensgefahr, auch verlust aller wolfahrt Ihr vndt die eurigen vnfeilbar gerathen werdet, wohl vndt reiflich behertzigen vndt darauff Jetzo so bald Ihrer Röm. Kayserl. May., vnsern allergnädigsten Herrn vndt vorgesetzten höchsten Obrigkeit, vffligender schuldigkeit nach euch allergehorsambst submittiren, welches fals noch heilsame media beuorstehen, dadurch Ihr euch vndt die eurigen conserviren, auch eine solche capitulation treffen Könnet, worzu Ihr sonsten nimmermehr gelangen werdet. Doferne nuhn diese vnsere wolmeinende vndt treuhertzige ermahnung Ihr bey euch gelten laßet, gereichet solches zu angeregten euren eigenen besten, wo nicht, mußen wier es an seinen orth gestellet sein laßen; werden aber vor Gott vndt der welt woll entschuldiget, vndt in vnserm Christlichen gewißen gesichert sein, daß nicht wier, sondern Ihr selbsten vndt die Jenigen, so euch in eurer halstarrigkeit stercken, eures vnglücks vnd verderbens die eintzige vrsach seind, vndt deren verandwortung, so dannach bey dem allerhochsten, vndt dero werthen Posterität hernächst schwer fallen wird, allein vff sich laden werden, vns allerseits göttlicher Protection treulich befehlende.
Datum Westerhausen den 818 May Ao. 1631.
Als nun der Rath diese abschlägige Antwort bekommen und zugleich gesehen, in was Gefährlichkeiten die Stadt gestanden, hat er den Trompeter verharren (warten), den folgenden Tag — war der 919 Mai — die ganze Bürgerschaft in ihrer Viertelsherren Häuser zusammen fordern und dieselbe sämmtlich befragen lassen, ob man nämlich zum General Tilly Gesandten schicken und sich mit ihm in Tractaten einlassen solle oder nicht, worauf sie dann in theils Vierteln durch die mehresten Stimmen geschlossen, daß man schicken und tractiren solle, theils Viertel haben Alles zu des Raths Willen und Gutachten ge[S. 74]stellet; theils aber, und sonderlich die Personen, so von Anfang zu diesem Werke gerathen und Beförderung dazu geleistet, ganz keine Tractaten eingehen, sondern noch alle Stunden und Augenblicke des Königs in Schweden Succurs erwarten wollen, also daß auch theils, unter des Johann Ludwig’s Viertel begriffene, Bürger — weil sie in dieser Sache ihren Viertelsherrn verdächtig gehalten — etliche ihres Mittels zum präsidirenden Bürgermeister noch desselbigen Abends abgefertiget und ihm durch dieselben — dafern etwa ihr Votum der Viertelsherr nicht aufrichtig dem Rathe vorgetragen — diese Resolution, daß sie mit dem Tilly ganz nicht tractiren, sondern sich lieber bis auf den letzten Mann wehren wollten, berichten lassen. So waren auch dieser Tage kurz zuvor abermals die Prediger der Altstadt zu Rathhause gewesen — darunter Dr. Christianus Gilbertus, Prediger zu Sct Ulrich, das Wort und Directorium geführet — den Rath als ihre liebe Beicht- und Pfarrkinder zur Großmüthigkeit und Beständigkeit ermahnende, mit Vertröstung, daß Gott der Allmächtige die Stadt in so gerechter Sache, die allein zu Erhaltung dessen Ehre und Lehre gemeinet, gewißlich schützen und beschirmen werde, dafern man nur beständig bleiben und sich mit den Katholischen in keine Tractaten oder Bündnisse einlassen würde, und was dergleichen Worte mehr vorgelaufen, damit der Rath vom Accordiren abgemahnet worden. Ob aber die Prediger ingesammt alle einerlei Meinung hierin gewesen, oder ob nicht etliche auch die Gedanken dabei gehabt, weil gleichwohl noch (weder) der Kaiser noch auch der General Tilly die Reformation in der Religion bei der Stadt niemals gesucht, sondern nur die allerunterthänigste Devotion und Submission begehrt — daß man die Stadt und so viele tausend Menschen auf sogar augenscheinliche Extremitäten nicht setzen, die Religion lieber beim Accord vorbehalten und also Gott, der durch seine Allmächtigkeit, auch ohne so grausamen Ruin, die Stadt bei seinem Wort und (seiner) Lehre erhalten könne, trauen solle, zumal ja, auf den Fall solcher äußersten Drängniß und darauf erfolgenden Ueberwindung, es doch um so viel mehr mit der Religion würde[S. 75] gethan und verloren sein, solches ist aus allerhand Umständen wohl vermuthlich. Es hat aber ohne Zweifel, gleich wie auch bei den andern Ständen geschehen, einer dem andern folgen und, damit er nicht als ein ungetreuer Hirt, der in der Zeit der Anfechtung abtrünnig werden wollte, angesehen würde, mit in die Reihe treten müssen.
Der Rath ist des angeregten 919 Tages Mai zu Nachmittage, wiewohl in geringer Zahl, abermals wiederum zusammen gekommen, da dann unter andern vom Autore berichtet worden, daß nunmehro die Sturmpfähle aus dem Bollwerk bei der Neustadt entlangs der Face ganz ausgegraben und also die in der Fausse braye liegende Besatzung alle Stunde und Augenblick vom Feinde überfallen werden könnte; derowegen man eine Resolution fassen müsse, damit es nachmals nicht zu spät falle etc. Darauf der Syndicus Dr Johann Denhardt geantwortet: er wäre nicht allein des Raths, sondern der ganzen Stadt Syndicus und müsse nach seinem besten Verstande und wegen so vieler tausend hierunter Periclitirenden Wohlfahrt reden. Was dann gleichwohl die Stadt machen wolle, wenn sie kein Pulver mehr hätte, und sonst dem Gegentheil nicht widerstehen könnte, also daß man sie (den Feind), bis auf den Wall kommen lassen müsse. Der Rath solle es bedenken, und so viel Menschen nicht in den äußersten Ruin und in Gefahr stürzen etc. Also ist von denen damals beisammen gewesenen Rathspersonen wiederum votirt, und daß man zum Tilly schicken und tractiren wolle, geschlossen, auch Raths wegen Autori solches alles nebst dem, was er wegen des Feindes Avantagi gesehen, an den von Falckenberg zu hinterbringen, aufgetragen und anbefohlen worden.
Hierauf hat Hr Falckenberg Anordnung gemacht, daß noch gegen die Nacht ein Ausfall geschehen und die Kaiserlichen des Ortes vom Walle und aus dem Graben getrieben werden sollten, welches aber ganz verblieben und zu keinem Effect gekommen. Die Ursachen zwar sind unbewußt, jedoch so dieser Ausfall wäre zu Werke gerichtet worden, hätten dadurch die Kaiserlichen in ihrem Vorhaben — weil sie, wie man auch nach der Eroberung von ihnen vernommen, desselben Abends,[S. 76] die Sturmleitern angesetzt und Alles zum Anlauf fertig gemacht gehabt — ohne allen Zweifel große Confusion und Verhinderniß bekommen u. s. w. Sonst hat auch des gedachten Abends der von Falckenberg den regierenden Bürgermeister ersuchen lassen, daß in der Sache, die vorhabende Tractation und Accord betreffend, ohne sein Wissen nichts vorgenommen, sondern gegen den künftigen Morgen, früh zu 4 Uhr, der Rath zusammen erfordert werden möchte, alsdann wolle man conjunctim zu den Tractaten schreiten und sich darin vereinbaren, wie dann auch zu dem Ende der Rath, Ausschuß und (die) Viertelsherren an einem, der Hofmarschall Falckenberg, Ambassadeur Stalmann und des Administrators Räthe andern theils folgenden Tages, als den 1020 Mai zu bestimmter, früher Zeit auf dem Rathhause erschienen und zusammen gekommen sind. Der Rath hat aus seiner Mitte den Bürgermeister Georg Kühlewein, den Syndicus, item Hrn Conrad Gerhold und Autorem zu dem von Falckenberg — so nebst dem Stalmann und Hrn Administratoris Räthen in einer besondern Stube gewesen — diese Tractaten zu vollstrecken und alsofort mit dem Trompeter, Gesandten an den General Tilly zu schicken, deputirt und abgeordnet. Als man sich nun hierin unter einander bereden wollen, hat Hr Falckenberg angefangen, alle des Königs zu Schweden hochbetheuerte Zusagen und Versprechungen des so lang vertrösteten Entsatzes wegen länglich zu erzählen und denenselben nochmals festiglich inhäriret und vertrauet, mit fernerer Anzeigung, daß ja die Gefahr, wie etliche vermeinten, noch nicht so groß, und weil man sich nunmehr des Entsatzes stündlich, ja augenblicklich vermuthete, wäre keine Stunde, die man sich länger hielte, mit keiner Tonne Goldes zu bezahlen etc. Indem er aber also von diesem und dergleichen wohl bei einer Stunde lang geredet, ward indem der Secretarius aus dem Rathe geschickt, welcher berichtet, daß durch die beiden Männer, so auf dem Dom und Sct Jacobthurm Wacht zu halten bestellt, dem Rath angezeigt wäre, wie die Kaiserlichen aus allen Lagern sehr stark in die beiden Vorstädte Neustadt und Sudenburg ankommen und sich hinter die Approches, alte[S. 77] Mauern und Keller begeben thäten. Unlängst hernach kam ein Bürger vom Walle mit Anzeigung, daß es im Felde hinter allen Hügeln und Gründen voller Reiter hielte; so hätte man auch sehr viel Volkes in die Vorstädte marschiren gesehen. Hierauf der von Falckenberg geantwortet: er wollte, daß sich’s die Kaiserlichen unterstehen und stürmen möchten, sie sollten gewiß also empfangen werden, daß ihnen übel gefallen würde. Hat ferner in seinem Gespräch und Voto fortgefahren, bis der Wächter auf Sct Johannisthurm Sturm geblasen und die weiße Kriegesfahne ausgesteckt. Da denn Autor nicht länger sitzen, sondern hingehen und sehen wollen, was passirte. Und als er in die Fischergasse gekommen, hat er gesehen, daß die Croaten — so um das Rondel bei dem kleinen Wasser durchgeritten waren, wie davon besserhin wird gesagt werden — schon der Fischer Häuser stürmten und plünderten. Darauf Autor sich eilends zu Rathhause verfügt und mit kurzen Worten dem Rath angedeutet, daß es unvonnöthen, da zu sitzen, denn der Feind schon in der Stadt, welches Allen gar unglaublich vorgekommen. Und als indessen auch des Falckenberg’s eigene Pagen zu Rathhause kommen und berichteten, daß die Kaiserlichen schon auf dem Walle bei der Neustadt sein sollten, ist er aufgestanden, zu Pferde gesessen und hin, des Obristlieutenants Trost Regiment vom Marsch abzufordern, geritten. Da er aber mit dem Volke bei der Hohenpforte angekommen und die Kaiserlichen allbereits daherum in den Gassen der Stadt angetroffen, hat er zwar heftig in sie gesetzt und (sie) anfangs ziemlich zurückgetrieben. Weil sie aber je mehr und mehr Volk zu Hilfe bekommen, auch allbereits mit Reiterei in der Stadt gewesen, ist der von Falckenberg nebst dem Obristlieutenant Trost allda todt geblieben und ihr Volk zertrennt und geschlagen worden. Und obwohl der Obrist Uslar mit seiner Reiterei, und was sonst noch zur Reserve vorhanden gewesen, auch zusammen gekommen und Falckenbergen entsetzen wollen, ist es doch viel zu spät und vergebens gewesen. Der Rath ist mehrentheils auf dem Markte, in einem oder (dem) andern Ordre zu ertheilen — wie denn alsofort etliche Trommelschläger, um einen Accord an[S. 78]zuhalten, an die Orte, da die Kaiserlichen hereingekommen, zwar ausgeschickt, aber mit solcher Antwort, daß Keiner davon wieder zurückgekommen, versehen worden — bestehend geblieben, bis endlich, als die Feinde immermehr hereingedrungen, ein jeder gesehen, wohin er sein Refugium nehmen und sich aufs beste salviren mögen. etc.
Es ist aber, was die eigentliche Bestürm- und Eroberung der Stadt anlangt, damit in folgender Gestalt daher gegangen:
Als, wie obgedacht, der Graf von Pappenheim sich der Fausse braye des Bollwerks bei der Neustadt dergestalt bemächtigt gehabt, daß er 1) durch die Gallerie, 2) durch die bis auf die Spitzen des Bollwerks gemachten fünf Approchen nicht allein bis auf den Wall gekommen, die Sturmpfähle entlangs der ganzen Face ausgegraben und seine Sturmleitern in großer Menge den Abend zuvor nach allem Belieben anschlagen und also im Hui mit etlichen Hundert zugleich über die Brustwehr der Fausse braye herüber den Falckenberg’schen Knechten einfallen können, sondern auch 3) am Rondel bei der Elbe eine Appareille oder aufgeführten Weg von Erde — durch welchen man zugleich in diese Fausse braye steigen und auch hin um das Rondel bis unter das Fischerufer gehn mögen — aufwerfen und verfertigen lassen etc. Desgleichen als der Graf von Mansfeld auf seinem Posten bei der Sudenburg, sonderlich aber vor dem Heydeck mit Ausdämmung des Wassergrabens und Fällung der Stadtmauer daselbst auch fertig gewesen; demnach hat der General Tilly — wie solches die Relationen von diesem Handel besagen — mit seinen Generalen und Obristen Rath gehalten, wie man die Sachen angreifen solle; dabei er dann sehr gezweifelt, ob ein Sturm zu versuchen wäre, sintemal ihm nicht mag unwissend gewesen sein, was erstlich den Heydeck belangt, daß solcher ein sehr hohes Bollwerk und, wenn gleich die Streitmauer ersteigen und eingenommen, man doch noch nicht auf dem Bollwerke wäre. Fürs andere, obschon am Bollwerke bei der Neustadt der von Pappenheim sich der Fausse braye wohl bemächtigen könnte, so wären doch um den Fuß des Walles Pallisaden gesetzt, daß man auf das Bollwerk und den Wall,[S. 79] ohne durch ein enges Pförtlein, welches durch den Thurm zum Eingang in der Fausse braye gemacht, nicht kommen können. Jedoch als ein kaiserlicher Obrister stark dazu gerathen und das Exempel von Mastricht herbei gebracht, da die Wacht in der Morgenstunde geschlafen, hat man geschlossen, daß 1) der Graf von Pappenheim nebst seinem eigenen und dann den Gronsfeldischen, Wangler’schen, Savellischen etc. Regimentern das Bollwerk bei der Neustadt, 2) Herzog Adolph von Holstein das Hornwerk vor dem Krökenthor, 3) Graf Wolf von Mansfeld mit seinen Regimentern den Heydeck und (das) Ravelin bei der Sudenburg — welches Ravelin damals noch keinen Graben hatte, sondern allein auf der Brustwehr der Fausse braye mit Pallisaden besetzt war, sammt andern Werken allda: 4) Die Ligistischen das Kronwerk oder (den) Durchschnitt auf dem Marsch und 5) zwei kaiserliche Regimenter die beiden Halbmonde vor dem Ulrichs- und Schrotdorfer Thore anfallen sollten und sollte der Sturm also zugleich, wenn eine Losung mit dem Geschütz gegeben, geschehen. Aber der General Tilly hat denselbigen Morgen noch einmal Kriegsrath gehalten, wiewohl den vorigen Abend beschlossen und abgeredet gewesen, gleich mit dem Tage anzufallen, so gar hat man an gutem Effect gezweifelt, darauf es sich dann mit dem Anfall bis nach 6 Uhr verzögert. Da hat der Pappenheim den Anfang gemacht, ist in großer Furie — durch Hilfe der obbeschriebenen Bequemlichkeiten — von allen Enden um das Bollwerk zugleich herüber die Brustwehr in die Fausse braye zu den darin liegenden Falckenbergischen Soldaten gefallen, und weil denselben von der kaiserlichen starken Vergatterung in die Laufgräben, weniger von ihrem vorhabenden Sturm keine Advertissement und Wissenschaft beschehen, daher nur die Schildwachten allein ihre Lunten — weil bei der Stadt zu so langwierigem Kriege ein solcher Vorrath, daß so viel Volks ihre Lunten brennend halten können, nicht gewesen — entzündet gehabt, welche aber einen solchen mächtigen und plötzlichen Einfall des Feindes zu resistiren, viel zu ohnmächtig gewesen und, was etwa von den andern zum Gewehr gegriffen und seine Lunte zünden wol[S. 80]len, darauf ist stracks chargiret und geschossen worden, also daß die Falckenbergischen Officiere und Knechte bald in Confusion gerathen und sich mit großer Unordnung durch das obgemeldete enge Pförtlein retiriren und zurückwenden müssen.
Ob nun wohl diejenigen 700 Falckenbergischen Knechte sammt ihren drei Obristwachtmeistern Waudrich, Mackensee und Stauder — als denen das Bollwerk und (die) Fausse braye zu besetzen zugeordnet — und dann die Bürger, so das Rondel und den Wall bei der hohen Pforte bewachen sollen, damals nicht alle zur Stelle gewesen, denn theils in Bereitschaft auf Sct Jacobs-Kirchhof und der Orte liegen müssen, theils mögen auch wohl Pässe zu kaufen vergünstigt sein worden, so hält Autor, als der alle Tage sonst an diesen Ort, indem er Bauherr bei der Stadt gewesen, gekommen und gesehen, was etwa vorgelaufen und wie stark der Ort besetzt worden, nicht dafür, daß auf Seiten der Stadt der Mangel an wenigem Volke, wie etliche vermeint, gewesen und deswegen die Kaiserlichen so leicht, mit Verlust geringen Volkes, die Stadt an diesem Ort bestiegen und gewonnen hätten. Es ist auch nicht vermuthlich, daß der von Falckenberg unter seinen eigenen Soldaten, — welche ohne dies wegen Mangel an Unterhalt nicht herunter gehen durften, sintemal jeder Knecht vom 24. April an, ohne was die Bürger an Victualien zugeschossen, alle Tage 3 Groschen empfangen — so schlecht Ordre solle gehalten, und die mehrsten auf einmal herunter gehen lassen, sondern es müssen nachfolgende Umstände, und wie weit die Belagerer in ihrem Vortheil gediehen, vornehmlich betrachtet werden. 1) Daß, obgleich dem von Falckenberg dieser Bericht auf dem Rathhause zugekommen, wie nämlich der Feind aus allen Lagern in die Vorstädte und Approchen (sich) zusammenzöge etc., er dennoch den Officieren und Knechten auf den Wällen kein Avertissement geschehen, noch auch keine Piken oder Morgensterne und dergleichen in der Fausse braye beihanden gewesen. Daß also daher, wegen des unversehenen und starken Einfalls der Kaiserlichen, denen in der Fausse braye liegenden Falckenbergischen Soldaten zum Gewehr zu greifen, die Lunten anzuzünden und[S. 81] zugleich zu widerstehen unmöglich gewesen. 2) Als sich diese durch das enge Pförtlein retiriren müssen, ist Freund und Feind zugleich mit einander eingegangen, und haben die auf dem Bollwerk und Rondel liegenden Soldaten und Bürger nicht gewußt und wissen können, was dabei zu thun sei, denn sie den Falckenbergischen die Retirade nicht wehren dürfen. 3) Ist auch wohl etwas die Betstunde, so eben damals ein markgräfischer Feldprediger auf dem Bollwerk allhier gehalten, dem Feinde zu statten gekommen. Und dann 4) das Retranchement oder der Abschnitt — welches der von Falckenberg kurz zuvor auf diesem Bollwerk, weil er sich einer Minir- und Untergrabung besorgt, machen lassen — den durch das oftgemeldete Pförtlein herauf kommenden Kaiserlichen als eine gute Brustwehr zum Vortheil gediehen, dahinter sie sich stellen und desto besser auf die Falckenbergischen, so das Bollwerk besetzt und daselbst Predigt gehalten, Feuer geben können. 5) Sind durch die obgedachte Opereille viel kaiserliches Volks heraufgestiegen, die nicht allein in der Fausse braye, sondern zugleich um das Rondel hinter der Streitmauer herum gelaufen und unter das Fischerufer gekommen, wozu 6) der von Pappenheim zwei Kompagnien Croaten um dieses Bollwerk durchs Wasser, welches eben zu der Zeit sehr klein war, zu reiten commandirt, die dann, sobald sie durch das Thor, welches die Fischer vorher nicht zumachen lassen, sondern selbst verwahren wollen, unter dem Fischerufer hinein gekommen, alles dergestalt von Bürgern und Soldaten in Confusion gebracht, daß, eher und zuvor Falckenberg mit dem Succurs angelangt, die Kaiserlichen die Oberhand gekriegt und also die Stadt an diesem Ort mit wenigem Verlust ihres Volkes erobert und gewonnen haben.
Der Graf von Mansfeld aber, so auch zur selbigen Zeit beides an dem Heydeck — allda der Graben ausgedämmt und die Streitmauer hernieder geschossen gewesen — und Ravelin vor dem Sudenburger Thore Leitern anwerfen und stürmen lassen, hat damit wenig ausrichten können, denn die Seinigen solchen Vortheil nicht gehabt; derowegen sie dieser Orten viel Volks einbüßen und den Kürzern ziehen müssen. Betreffend das[S. 82] Hornwerk vor dem Kröckenthore und die beiden Halbmonde vor dem Ulrichs- und Schrotdorfer-Thore, die sind zwar auch hart bestürmt, aber von außen her nicht genommen, noch übermeistert worden; sondern als die Kaiserlichen sich des ganzen Walles von der Neustadt und Elbe an bis hierher bemächtigt, ist alle ihre Gegenwehr unmöglich gewesen, als daß sie nur Gnade und um Quartier bitten müssen. Das Kronwerk auf dem Marsch und Ravelin vor der kurzen Elbbrücke hat der Hr Administrator unter währendem Sturm ganz zu verlassen, und von einem Joch dieser Brücke die Bohlen und Balken abzuwerfen, befohlen, und wiewohl, bei so eilfertiger Retirade, die Balken mehrentheils beliegend geblieben, haben dennoch sich die Kaiserlichen, wegen der im Brückthor und Möllnhofe bestellten Bürgerwacht, herüber zu gehen nicht unterstehn dürfen, bis endlich die Stadt ohne das ganz überwältigt gewesen, da denn auch viel Reiter, als sie auf jener Seite der Elbe solches gesehen, aus Begierde zur Beute durch die Elbe geritten und theils im Wasser ersoffen sind.
Als nun gedachter maßen durch den General Pappenheim eine ziemliche Anzahl Volkes auf den Wall bei der Neustadt und da herum in die Gassen der Stadt gebracht, auch der von Falckenberg erschossen und das Feuer an allen Enden eingelegt worden, da ist es mit der Stadt geschehen und alle Resistenz zu spät und vergebens gewesen. Denn ob sich gleich von Bürgern und Soldaten an etlichen Orten etwas wieder gesetzt und zur Wehr gestellt, haben doch die Kaiserlichen indessen immer mehr und mehr Volkes, auch Reiterei genug — weil der Graben auf der Spitze dieses Bollwerks noch nicht ausgearbeitet und der neue Wall sehr flach, also daß sie auch darüber in die Stadt reiten können — zu Hilfe gekriegt, endlich das Kröckenthor eröffnet und also die ganze Armee der kaiserlichen und katholischen Liga von Hungarn, Croaten, Polacken, Heyducken, Italianern, Hispaniarden, Franzosen, Wallonen, Nieder- und Oberdeutschen etc. hier eingelassen. Da ist es geschehen, daß die Stadt mit allen ihren Einwohnern in die Hände und Gewaltsamkeit ihrer Feinde gerathen — die denn alle heftig und grausam, theils aus gemeinem Haß gegen[S. 83] die augsburgischen Confessions-Verwandten, theils daß man mit Drathkugeln geschossen und sonst etwa von den Wällen, wie es zu gehen pflegt, geschmählet, erzürnt und erbittert gewesen. — Da ist nichts als Morden, Brennen, Plündern, Peinigen, Prügeln gewesen. Insonderheit hat ein Jeder von den Feinden nach vieler und großer Beute gefraget. Wenn dann eine solche Partei in ein Haus gekommen, und der Herr etwas zu geben vermocht gehabt, hat er sich und die Seinigen so lang salviren und erhalten können, bis eine andere, die auch was haben wollen, wieder angekommen. Endlich aber, wenn es alles hingegeben und nichts mehr vorhanden gewesen, alsdann ist die Noth erst angegangen. Da haben sie angefangen zu prügeln, ängstigen, gedrohet zu erschießen, spießen, henken etc., daß, wenn’s gleich unter die Erde vergraben oder in tausend Schlössern verschlossen gewesen, die Leute dennoch hervorsuchen und herausgeben müssen. Unter welcher währenden Wütherei dann, und da diese so herrliche, große Stadt, die gleichsam eine Fürstinn im ganzen Lande war, in voller brennender Gluth und solchem großen Jammer und unaussprechlicher Noth und Herzeleid gestanden, sind mit gräulichem ängstlichen Mord- und Zetergeschrei viel tausend unschuldige Menschen, Weiber und Kinder kläglich ermordet und auf vielerhand Weise erbärmlich hingerichtet worden, also daß es mit Worten nicht genugsam kann beschrieben und mit Thränen beweint werden.
Es hat aber diese trübselige Zeit nicht viel über zwei Stunden lang in der Stadt gewähret, indem durch den unversehens zustoßenden Wind das Feuer — so zwar anfangs der Graf von Pappenheim, den Bürgern und Einwohnern zur Perturbation und Schrecken einzulegen solle befohlen, nachmals aber die gemeine Soldatesque hierin keine Discretion und Aufhören gewußt haben — dergestalt überhand genommen, daß um 10 Uhr Vormittags alles im Feuer gestanden, und um 10 Uhr gegen die Nacht die ganze Stadt, zusammt dem schönen Rathhause und allen Kirchen und Klöstern, völlig in der Aschen und Steinhaufen gelegen. Daher denn das kaiserliche Kriegesvolk, wenn es[S. 84] nicht selbst verbrennen wollen, wiederum aus der Stadt entweichen und sich in ihre (seine) Feldlager retiriren müssen.
Also hat man diese weitberühmte, vornehme Stadt und Zierde des ganzen Landes in einem Tage in Feuer und Rauch aufgehen und ihre übrig gebliebenen Einwohner mit Weib und Kindern gefangen vor dem Feinde hintreiben gesehen, daß das Geschrei, Weinen und Heulen gar weit ist gehört und die Lohe und Asche von der Stadt bis in Wanzleben, Egeln und weitere Orte durch den Wind verführet worden.
So viel nun derer von Magdeburg vom Feuer und Schwert verschont geblieben, hat ein Jeder, zu Erhaltung seines und der Seinigen Lebens und Ehre, solches ranzioniren und, nach Advenant der Person, theils wohl mit 1000 und mehr Reichsthalern wieder kaufen und bezahlen müssen; und ob er gleich nicht gehabt, so ist er doch so lange, bis von andern fremden Leuten entweder auf Schuldforderung, Bitt oder Credit das Ranzionsgeld erlegt oder sonst genugsame Versicherung gemacht, angehalten und wohl gar gefänglich verwahrt worden. Betreffend die gemeinen Handwerksleute, Tagelöhner, Knechte und Jungen, wie auch Soldaten, so auf schwedischer und der Stadt Seiten gedient und nichts zu geben vermocht, haben entweder der Feinde Beute und Bündel eine Zeitlang nachtragen, allerhand Dienste thun, oder wohl gar selbige annehmen und sich unterhalten lassen müssen. Mit den Weibern, Jungfrauen, Töchtern und Mägden aber, die keine Männer, Eltern oder Verwandten gehabt, so ihrenthalber Ranzion erlegen, noch bei hohen Officieren Hilfe oder Rath suchen können, ist es mit vielen fast übel abgelaufen, sind theils genothzüchtigt und geschändet, theils zu Concubinen behalten worden, wiewohl dennoch auch viele, die dergleichen Freunde und Mittel nicht gehabt, wunderlich bei Ehren sind erhalten und von theils ehrliebenden Soldaten durch Redlichkeit dessen, der sie gefangen bekommen, ehrlich losgelassen oder wohl gar geheirathet worden. Die andern aber, sonderlich die zuvor sich schon leichtfertigen Handels gebraucht, wie denn hiervon die Feinde damals sehr fleißige Nachforschung gehalten, sind auch in solcher Unzüchtigen Hände gerathen und haben sich mit im Lande müssen herumführen lassen.
Was J. F. Gn den Hrn Administrator anbelangt, ist derselbe unterweges auf der Straße, als sie an die Oerter hinreiten und den Kaiserlichen begegnen wollen, von ihnen angetroffen, mit Partisanen und Musketen übel geschlagen und in den Schenkel geschossen worden, bis endlich ein Lieutenant sich derselben angenommen und in des von Pappenheim Gezelt tragen lassen. Des folgenden Tages hat man J. F. Gn nach Wolmirstädt geführt und allda im Gefängnisse curirt. Der Hofmarschall Falckenberg ist, nachdem er geschossen und in eines Bürgers Haus bei Sct Jacob getragen worden, in der Feuersbrunst nebst andern Erschlagenen mit verbrannt und also geblieben. Dem Ambassadeur Stalmann aber hat es geglückt, daß er etliche Tage hernach im Lager bei Fermersleben, durch Hilfe eines ihm wohlbekannten Juden, die eisernen Bande an Händen und Füßen entzweifeilen und bei der, wie man sagt, erpracticirten Anzündung dieses Lagers ausreißen und zum Könige in Schweden flüchten können. Aus dem Rath sind der Bürgermeister Martin Brauns und die Rathsherren Dietrich Brewitz, Caspar Steinbeck und Martin Bauermeister umgekommen; die andern 3 Bürgermeister Georg Schmidt, Georg Kühlewein und Johann Westphal; nebst dem Rathsherrn Otto Gericken und vielen andern Leuten, haben sich mit den Ihrigen in Hrn Johann Alemann’s Haus begeben, allda sie endlich, nach vielfältiger ausgestandener Leib- und Lebensgefahr, durch den kaiserlichen General-Krieges-Commissarius Hrn von Walmerode — welcher eben des Johann Alemann’s Hausfrauen zu salviren dahin gekommen — errettet und hinaus nach Schönebeck in Sicherung gebracht worden. Herr Conrad Gerold und andere mehr, die so auf der schwedischen Seite gewesen, haben gesehen, daß sie sich stracks bei den kaiserlichen Soldaten ranzionirt, und sind durch und zum Könige aus Schweden gegangen. Dr Christianus Gilbertus, Hermannus Cummius und Heinrich Pöpping aber — als welcher auch droben gedacht worden — lange Zeit von den Kaiserlichen wegen dessen, daß sie mit unter dem schwedischen Wesen gesteckt haben sollten, ge[S. 86]fänglich behalten und allererst, als die Kaiserlichen die Stadt wiederum verlassen müssen, liberirt worden, wiewohl Pöpping kurz vorher an der rothen Ruhr, mit großer Wehklagung und Betraurung dessen, daß er die Stadt Magdeburg hätte verführen helfen, soll gestorben sein, wie solches der Cummius und die Weiber, so ihn in der Krankheit gewartet, berichtet haben.
In der Domkirche sind wohl in die 4000 Menschen gewesen, die sich darin retiriret und verkrochen gehabt, und obwohl anfangs etwas von kaiserlichem Volke hinein gekommen, die etliche Leute niedergemacht und 2 Weibespersonen darin sollen geschändet haben; so ist doch bald Schildwacht vor die Thüren gesetzet und ferner Gewalt verhütet worden. Der Domprediger Reinhard Backe hat sich auch in diese Kirche salvirt, welchem zwar anfangs die Jesuiten und andere katholische Geistliche hart zugesetzt und übel angefahren; jedoch soll er seine Gegenantwort dergestalt gethan und so viel beigebracht haben, daß sie ihn als einen lutherischen Prediger — der seine Zuhörer zur Gottesfurcht, Ehrbarkeit und einem stillen, geruhigen Leben angemahnt, die Bosheit und Widersetzlichkeit gestraft gehabt — müssen passiren und gewähren lassen.
Belangend die Anzahl der Erschlagenen und Umgekommenen in der Stadt, weil nicht allein das Schwert, sondern auch das Feuer viel Menschen aufgefressen, kann man dieselbe nicht eigentlich wissen, denn nicht allein bald nach dieser erbärmlichen Einäscherung der General Tilly die verbrannten Leichname und sonst Erschlagenen von den Gassen, Wällen und andern Plätzen auf Wagen laden und in’s Wasser der Elbe fahren lassen, sondern man hat auch fast ein ganzes Jahr lang nach der Zeit in den verfallenen Kellern viel todte Körper zu 5, 6, 8, 10 und mehr, die darin erstickt und befallen gewesen, gefunden und weil die, so auf den Gassen gelegen, sehr vom Feuer verzehrt und von den einfallenden Gebäuden zerschmettert gewesen, also daß man oft die Stücken mit Mistgabeln aufladen müssen, wird Niemand die eigentliche Summam benennen können. Insgemein aber hält man dafür, daß mit eingeschlossen die beiden Vorstädte und was von der kaiserlichen Soldatesque — als von denen[S. 87] nicht allein im Sturm hin und wieder viel geblieben, sondern sich auch mancher verspätet, im Keller oder Hause zu lange gesucht oder sonst verirrt gehabt — umgekommen und verbrannt, es auf 20,000 Menschen, klein und groß, gewesen, die bei solchem grausamen Zustande ihr Leben enden oder sonst am Leibe Schaden leiden müssen. Die abgestorbenen Leichname, so vor das Wasserthor hinaus in die Elbe geführt worden, haben, weil an dem Orte alle Wege ein Kräusel oder Wirbel ist, nicht bald hinwegfließen können oder wollen, also daß viele da lange herumgeschwommen, die theils die Köpfe aus dem Wasser gehabt, theils die Hände gleichsam gen Himmel gereckt und dem Anschauer ein fast grausam Spectakel gegeben haben, davon denn viel Geschwätzes gemacht worden, gleich als hätten solche todte Leute noch gebetet, gesungen und zu Gott um Rache geschrieen, wie denn ebenermaßen man von vielen Gesichtern, Gespenstern und dergleichen Dingen zwar sagen, aber von Niemand im Grunde der Wahrheit bejahet werden wollen.
In dieser erschrecklichen Feuersbrunst sind 1) alle Kirchen und Gotteshäuser der Alten Stadt bis auf das Mauerwerk gänzlich verbrannt und in die Asche gelegt, darunter vornehmlich gewesen Sct Johannis, die größte und höchste Kirche, deroselben zwei hohe Kirchspitzen mit Blei und das Dach über der Kirche ganz mit Kupfer gedeckt gewesen. Dann Sct Ulrich, die schönste, worin die herrlichsten Epitaphia und Gemälde gestanden, so Vornehme von Adel und aus den Geschlechtern der Stadt darin zum Gedächtniß setzen und sich oft manches von 1 bis in 2 und 3 tausend Thaler kosten lassen. Desgleichen Sct Catharinen, so in der Feuerbrunst 1613 auch abgebrannt, aber wenig Jahre zuvor ganz neu wieder mit Dach und hohen Thurmspitzen auferbauet gewesen. Sct Jacob, so zwar auch in der ersten Belagerung 1550 viel Schaden erlitten, hat nun, sammt der Kirche zu Sct Peter und der zum heiligen Geist, denen andern sämmtlichen gleich werden müssen. In welchen sechs Haupt- und Pfarrkirchen nicht allein alle Sonntage, sondern auch mehrentheils die Werkeltage über gepredigt und der Gottesdienst ver[S. 88]richtet worden, daher die Alten solche 6 Pfarren zu mehrern Unterschied in nachfolgende Reime begriffen:
zu S. Ulrich die Reichen — zu S. Johannis die Säuberlichen — zu S. Catharinen das Dunkelgut — zu S. Jacob die Armuth — zu S. Peter die Fischer — zum heiligen Geist die Tischer.
2) Sind die beiden Collegiatstiftskirchen S. Nicolai und Sebastiani, item die Kirche Petri und Pauli sammt andern Cellen und Klausen auf dem Neuen Markt wie nicht weniger in der Altenstadt die Klosterkirche der Augustiner, so das Geschlecht der Feuerhacken allhier gebauet und gestiftet, ingleichen das Barfüßerkloster, woraus nach der Reformation der Rath eine Schule angerichtet, dann das Jungfernkloster Marie Magdalene, die Kirche zu S. Gertraud, die zu S. Annen sammt allen Hospitalien, Armenhäusern, Capellen und dergleichen dem Feuer und Rauch zu Theil geworden.
3) Hat auch die Hitze des Feuers das schöne, wohlerbauete Rathhaus, woran viele alte Monumente, Bilder und Wappen in Stein gehauen und sonst gemalt gestanden, zusammt dem neuerbauten Zeughause, item die Thürme und Thore der Stadt mit ihren Zug- und andern Brücken — allein ausgenommen die Sudenburger Brücke — nicht vorbei gehen mögen, also daß noch des Nachmittags, als des Raths Pulvermühle und von derselben die andern Schiffmühlen angesteckt worden, auch die kurze Elbbrücke der Asche zu Theil werden müssen.
Endlich und 4) sind alle Wohnhäuser der Stadt, worunter manches schönes Gebäude zu befinden gewesen, als vornehmlich Thomas Mauritz Haus[27], nahe beim güldenen Arm, welches er, als der letzte von seinem Geschlechte, zum Gedächtnisse erbauet und über 20,000 Thlr. gekostet. Item der von Quitzow[S. 89] Haus am Neuen Markte, der Anhaltische Hof[28] und alle andere dergleichen adelige und bürgerliche stattliche Häuser gänzlich verbrannt und in Asche gelegt, also daß noch ein weniges von Häusern am Neuen Markt, zusammt der Domkirche und U. L. Frauenkloster sind bestehend geblieben, welches etwa von der katholischen Geistlichkeit, als die die Soldaten zum Löschen soll angetrieben haben, mag sein erhalten worden. Wie denn auch die Fischer unter dem Ufer ihre Häuser behalten haben.
Sobald sich aber die Hitze und Gluth in etwas gestillet, hat der kaiserliche General von der Artillerie, welcher ein Freiherr von Schönberg und bald nachmals in der Schlacht vor Leipzig geblieben, alle Braupfannen, Glocken und anderes Kupfergeschirr zusammen auf unterschiedliche große Haufen führen und für sich als seine Beute verwahren lassen. So hat sich auch überdies eine unglaubliche Anzahl von Eisenwerk, eisernen Oefen, messingenen Grapen, Becken, Leuchtern etc., auf den abgebrannten Stätten und, insonderheit noch in den Kellern, viel Zinnwerk und dergleichen befunden, so theils auch von der kaiserlichen Soldatesque zusammengebracht und hin und wieder distrahirt worden; nicht weniger haben auch bald hernach theils die Bürger selbsten, so der Zeit in der Stadt geblieben und vornehmlich die, welche sich des Wassers und Schiffens gebrauchet, diese Metalle zusammengelesen und von den Soldaten um ein ganz schnödes Geld an sich gebracht und heimlich nach Hamburg und andere Oerter verführet, also daß sie theils davon viel reicher, als zuvor, geworden sind. Den mehreren Theil aber von den Braupfannen, zerbrochenen Glocken und andern Metallen, so obgemeldeter General von der Artillerie und andere Kaiserliche sammeln lassen, haben sie nachmals zusammt mit der Stadt quittiren und den Schwedischen überlassen müssen.
Sonst ist über dieses alles viel herrlicher und unwiederbringlicher Hausrath und allerhand stattliches bewegliches Eigenthum von alten Büchern, Schriften, Monumenten, Gemälden und dergleichen, so theils Vornehme von Adel in die Stadt ge[S. 90]flüchtet, theils auch den vornehmsten Bürgern zuständig und nicht mehr für Geld zu bekommen gewesen, mit verbrannt und also der Soldatesque an ihrer Beute abgegangen. Man hat auch in gar vielen Kellern im Bier und Wein bis an die Knie gehn mögen, weil der Uebermuth und Frevel des gemeinen Kriegsvolkes so groß gewesen, daß, wenn etwa ein Eimer Biers oder Weins aus einem Fasse gezapft worden, sie den Zapfen nicht wieder einstecken wollen, und also das Bier und (den) Wein hinlaufen lassen. Die stattlichsten Kleider, Decken, Seidenzeuge, goldene und silberne Passementen (Borten, Tressen), allerhand Leinen und anderes Hausgeräth haben die Marketender um ein ganz liederliches (Geld) an sich gebracht und ins ganze Erzstift Magdeburg, in das anhältische und braunschweigische Land mit ganzen Wagen voll verführt und verkauft. Man hat auch die goldenen Ketten, Ringe, Kleinodien und anderes Gold- und Silbergeschirr von den gemeinen Knechten mehr denn zehnmal wohlfeiler, als um den rechten Werth desselben, kaufen und erhandeln können.
Wo der Stadt Archive, Briefe und Siegel, Privilegien, Register, Protocolle und andere Urkunden hingekommen, weiß man nicht, sintemal die Vornehmsten des Raths und der Bürgerschaft, so viel deren noch vom Feuer und Schwert übrig geblieben, in einem Jahre nicht wieder in die Stadt gekommen oder (in derselben) unterkommen können. Ob nun solche Documente, Briefe und Handfesten von Jemand aufgehoben, weil alles in Gewölben gelegen und schwerlich verbrannt ist, stehet dahin; gleichwohl ist der Stadt hierin auch ein unwiederbringlicher Schaden geschehen. Was in den Kellern noch gewesen, haben sich die Tillyschen Soldaten, die auf den wüsten Brandstellen Hütten gebauet, zu Nutze gemacht.
Es sind auch die vorlängst schon hierauf wartenden geistlichen Herren und andere der katholischen Religion zugethane Ordenspersonen, Mönche und dergleichen, den Dom — welcher auf dem weiten, geräumigen Platz des Neuen Marktes sammt[S. 91] etlichen Häusern allda unabgebrennt stehen geblieben — zu reformiren hineingekommen und haben sowohl in diesem, als andern (Kirchen) neue Anstalt zu machen, angefangen.
Der König in Schweden, indem er vermuthet, es würde über diesen traurigen Fall, daß die Stadt bei Zeiten nicht secundirt worden, ungleiche Gedanken abgeben, hat lassen ein Manifest ausgehen, darin er anfänglich der Magdeburger Verstoßen in ipso principio et limine angeführt, und dann, daß sie auf die neuen Werbungen und dergleichen Kriegsnothwendigkeiten keine erklecklichen Geldposten auszahlen wollen etc. die Ursache gelegt, wie dessen Chemnitius im ersten Theile seiner schwedischen Kriegesbeschreibung, Fol. 162 gedenkt.
Nachdem nun dieses unaussprechliche Unglück über diese Stadt, so vormals der ersten deutschen Kaiser Residenz gewesen, also ergangen, und die am Leben gebliebenen Magdeburger, so hier, so dahin zerstreuet worden, hat es von den Auswärtigen, zu welchen die vertriebenen Magdeburger gekommen, viel Nachfragens gegeben, wie es zugegangen, daß die Stadt in solchen Jammer und (solche) Noth gerathen sei, ob sie sich etwa nicht gewehrt oder den Soldaten nicht gehörigen Unterhalt gegeben, daß sie fechten können? oder ob die Bürger wären verzagt gewesen und vom Walle gelaufen? oder ob sie es verschlafen hätten? oder ob sie wären so gottlos gewesen, daß sie Gott so strafen müssen? oder wie es sonst so geschehen? etc. Da denn der Eine diese, der Andere eine andere Ursache vorgewendet. Insgemein aber, weil zwei Parteien in der Stadt waren — die eine, so die Conjuncturen mit dem Hrn Administrator rieth und beförderte, die andere, so solche widerrieth und das daraus zu besorgende große Unheil gleichsam verkündigte, legte ein Theil die Schuld auf den andern und waren also, vor wie nach der Eroberung, ganz heftig wider einander. Die, so das Unglück prophezeihet hatten, konnten es offenbar vor Augen stellen, daß es so erfolgt, wie sie gesagt; die andern aber, so das Werk angesponnen und durch Verführung des gemeinen Mannes so zu[S. 92] Wege gebracht, gaben es auf die, so nicht mit eingestimmt; die wären gut kaiserlich gewesen, hätten mit ihnen (den Kaiserlichen) unter einer Decke gelegen, ja gar den Zustand mit der Stadt dem Feinde verrathen, sonst wäre die Sache anders gelaufen etc.
Dieses ist also der rechte, wahre Verlauf mit der Eroberung dieser guten Stadt Magdeburg, welchen sich Niemand, da anders die Wahrheit soll berichtet werden, kann lassen zuwider sein.
Fußnoten:
[1] Zu Lübeck, 1629 den 12. Mai.
[2] „Darunter denn etliche des Raths, des Ministerii, vornehmlich aber der gemeine Mann begriffen gewesen.“ G.
[3] „Darunter die mehresten und vornehmsten des Rathes, weniger aber der Prediger und Bürger sich befanden.“ G.
[4] Der Magistrat hatte 1625 und 1627 von Wallenstein für die im Text genannte Summe die Erlaubniß erkauft, die beiden Vorstädte Sudenburg und Neustadt abzubrechen, auf dem dadurch gewonnenen Terrain Festungsanlagen zu machen und mit letztern noch 1000 Schritte weiter hinaus zu gehen. Siehe meine Geschichte der Stadt Magdeburg, Bd. 3, S. 45 u. s. w.
[5] „also daß ein gemeiner Mann, wenn er zu Jemand aus dem Rath oder einer andern dergleichen Person Privatfeindschaft getragen, denselben entweder bei der Wacht, im Bierhause oder (bei) andern Zusammenkünften stracks hinterrücks einen kaiserlichen Schelm und Verräther, dem man den Hals entzweischlagen oder dessen Haus stürmen sollte, angelassen und aufgeschrien, vermeinend, sich selbst dadurch, — weil er so heftig auf Verräther schelte — als einen beständigen Christen und Getreuen des Vaterlandes zu bezeichnen und hervorzuthun. Welches Alles um so viel mehr sich daher gehäuft, daß auch theils (einige) Prediger in den Kirchen der alten Stadt fast in allen Predigten große Klagen und Verwarnungen über Leute, die sich in der Stadt befänden und es mehr mit dem papistischen als lutherischen Haufen halten sollten, geführt haben, woraus aber mehr und größere Uneinigkeit in der Stadt causirt (verursacht) und viel Haß und Verdacht auf Diesen und Jenen gezogen worden. Dessen, um mehrerer Erläuterung und geliebter Kürze willen, allein dieses zu erzählen, daß in Zeit der Bloquirung Anno 1620 durch dergleichen Leute, wie vermeldet, der ganze Rath bei der Bürgerschaft so gehässig, verächtlich und verdächtig gemacht, daß sie auch des Raths versiegelte Schreiben, die durch Trommelschläger hinaus an die kaiserlichen Offiziere geschickt werden sollten, zuvor in den Thoren erbrochen, verlesen oder nicht mehr passiren lassen wollen. Und weil der regierende Bürgermeister solches ihnen nicht verstatten oder einräumen wollen, ist die Suspition (der Verdacht) der Bürger nicht allein mehr gehäuft, sondern auch stracks des folgenden Morgens durch den Capellan zu St. Ulrich (Gilbert de Spaignart) also in die öffentliche Predigt gebracht worden, daß man nämlich die Verräther, weil sie ihre Schreiben nicht wollten lesen lassen, erkennen und wissen könne, und was etwa dergleichen Worte mehr gewesen, durch welche nicht allein vermeldter Bürgermeister, sondern auch der ganze Rath heftig angegriffen und sich höchlich darob beschimpft gefunden. Und obgleich der Rath deswegen den Capellan fordern lassen, ihm Vorhaltung zu thun, hat sich doch das ganze Ministerium seinetwegen interponirt (seiner angenommen) und gebeten, daß man die Worte eines Predigers also böse nicht ausdeuten wolle, zumal dem Capellan nicht Alles mehr bewußt, was zum selbenmalen der heilige Geist auf der Kanzel durch ihn geredet. Er bezeugte gleichwohl hiermit, daß er keinen des Raths gemeint hätte u. s. w. womit denn der Rath zufrieden sein und die Sache hinlegen müssen, bis so lang wiederum etwas Neues auf die Bahn gebracht und eine andere Verrätherei angegeben worden. Daher auch endlich solcher und anderer etc.“ G.
[6] Das noch jetzt diesen Namen führende, mit No. 154 bezeichnete Haus am Breiten Wege.
[7] Den bisherigen, jetzt in die Dienste der Stadt getretenen, Landschafts-Syndicus Dr. juris Adolph Marcus.
[8] Im Autographen, „etwa im Februar.“ Beide Angaben sind unrichtig. Die Gesandten der Städte Lübeck, Hamburg, Bremen, Braunschweig und Hildesheim trafen am 29. Januar 1630 in Magdeburg ein; am 10., 13. und 15. Februar ward der neue Rath gewählt und am 16. März der auf die Reform im Stadt-Regimente bezügliche Receß durch Unterschrift vollzogen, worauf besagte Abgeordnete am 17. März wieder in ihre Heimath zurück reiseten. S. meine Geschichte der Stadt Magdeburg, Bd. 3, S. 73 u. ff.
[9] Breite Weg No. 149.
[10] Vergleiche Band 1, S. 245 u. f. meiner Geschichte der Stadt Magdeburg, wo die auf Abänderung des alten und Einführung des neuen Stadt-Regiments bezügliche Urkunde aus der Handschrift zum erstenmale veröffentlicht ist.
[11] Die beiden Protestalionen des abgesetzten Rathes vom 17. März 1630 und 19. Januar 1631 widersprechen dieser Angabe, so weit sie den regirenden Rath angeht. Ich habe in meiner Geschichte der Stadt Magdeburg Bd. 3, S. 74 u. ff. in den Anmerkungen aus der handschriftlich aufbewahrten zweiten Protestation zwei auf die gezwungene Abdication des alten Raths (und das aller Rechtlichkeit Hohn sprechende Verfahren bei der Wahl des neuen) bezügliche Stellen mitgetheilt.
[12] Letztere stand auf dem Neuen Markte, welcher durch Schlagbäume von der Altstadt geschieden war, dem erzbischöflichen Möllnvogte zu.
[13] Anderwärts, und auch im dritten Bande meiner Geschichte der Stadt Magdeburg, ist sein Name Schneidewind geschrieben.
[14] Das jetzt mit No. 29 bezeichnete Haus der Prälatenstraße.
[15] Diesen Namen führte damals nicht bloß der noch jetzt so benannte schöne Platz vor der Domkirche, sondern das ganze, fast den dritten Theil der Stadt bildende, unter des erzbischöflichen Möllnvogts Gerichtsbarkeit stehende Terrain. Am genauesten bestimmt sind die Grenzen zwischen dem Neuen Markte und der Altstadt im 4. Artikel des Wolmirstedischen Vertrages vom 26. Mai 1562. S. meine Geschichte der Stadt Magdeburg Bd. 2, S. 330.
[16] Otto von Guericke’s Stiefvater, der Rechtspracticant Dr. Christoph Schulze.
[17] In allen Unterschriften, welche ich in den hiesigen Archiven von ihm gesehen habe, ist sein Name stets Baner, nicht, wie es hier von Guericke geschehen, Banner, geschrieben.
[18] Diesen Namen — auch Burgfreiheit hieß er — führte der Neue Markt, weil die Bewohner desselben, die Geistlichen, frei von städtischen Abgaben und städtischer Gerichtsbarkeit.
[19] Der jetzige Name dieses Dorfes ist Westerhüsen.
[20] Ueber diesen Kreuzgang und dessen völlige Umgestaltung durch den Fürsten Leopold von Anhalt Dessau, den damaligen preuß. Gouverneur, s. Bd. 3, S. 375 meiner Geschichte der Stadt Magdeburg.
[21] Das Fähramt und der Fährgarten lagen auf dem Terrain rechts vor der Strombrücke nach dem Fürstenwalle zu, auf welchem jetzt das mit Nr. 16. der Wasserkunststraße bezeichnete, der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft gehörige Gebäude und die Schienenwege liegen. Später — bis 1812 — lagen auf dieser Stelle vier, aus dem einen großen gebildete, Privatgärten, zwei an der Elbe, der Citadelle gegenüber, die zwei andern, durch einen breiten Gang von den ersten getrennt, liefen längs der Stadtmauer hin. s. meine Gesch. d. St, M. Bd. 3, S. 459.
[22] Andreas Grote und Otto von Guericke. Die Schutzherren hatten die Aufsicht über die Festungsanlagen, das Zeughaus und die Kriegesvorräthe, so wie über die Bauten in der Stadt. Ueber die beiden Elbbrücken — die kurze (jetzige Strom-) und die Graals- (jetzige lange) Brücke — so wie die übrigen Thor- und Clusbrücken führten die beiden Fährherren die Aufsicht.
[23] Die damals gebräuchlichen Schießgewehre wurden mit Lunten abgefeuert. Flinten mit Schlössern, bei welchen, durch das Zurückschlagen des Pfannendeckels beim Abdrücken des Hahns, das Pulver entzündet wird, waren damals noch nicht in Gebrauch.
[24] Es gab damals nur eine einzige Apotheke in der Stadt, die sogenannte Rathsapotheke auf dem Alten Markte. S. meine Gesch. d. St. Magdeb. Bd. 3, S. 194. Apotheker ist jedenfalls ein Schreibfehler; es muß Apotheke heißen.
[25] Der städtische Pulverhof lag in der Nähe der Elbe auf dem Werfte, einem damals noch unbebaueten Platze.
[26] Die Handschrift lieset „Kärels“ (Kerle), wofür ich lieber das edlere Wort „Männer“ gewählt.
[27] Das auf dem Breiten Wege an der Georgenstraßen Ecke liegende, mit Nr. 148 bezeichnete, jetzt dem Stadtrath und Kaufmann Hrn Eduard Baensch gehörende Haus.
[28] Prälatenstraße Nr. 29, jetzt Königl. Militair-Kaserne.
Dampf-Schnellpressendruck von E. Baensch jun. in Magdeburg.