The Project Gutenberg eBook of Der Landjunker: Lustspiel in fünf Aufzügen

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Title: Der Landjunker: Lustspiel in fünf Aufzügen

Author: D. I. Fonvizin

Translator: Friedrich Fiedler

Release date: February 13, 2022 [eBook #67394]

Language: German

Original publication: Germany: Bibliographisches Institut

Credits: Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net. This book was produced from scanned images of public domain material from the Google Books project.

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER LANDJUNKER: LUSTSPIEL IN FÜNF AUFZÜGEN ***

Meyers Volksbücher.

Der Landjunker.

Ein Lustspiel in fünf Aufzügen
von
Denis Von-Wisin.

Aus dem Russischen übertragen von Friedrich Fiedler.

Leipzig.
Bibliographisches Institut.

Vorbemerkung.

Die Vorfahren Von-Wisins waren ein deutsches Rittergeschlecht, das zum Orden der Schwertbrüder gehörte und sich von Wiesen schrieb. Ein Baron Peter von Wiesen geriet im Kriege Iwans des Grausen mit Livonien in russische Gefangenschaft und kehrte nicht mehr in sein Heimatland zurück. Seine Nachkommen russifizierten sich vollständig, so daß sie sogar ihren deutschen Familiennamen verleugneten. – Unser Dichter, „der König der Satire“, wie ihn Puschkin im „Jewgenij Onjegin“ nennt, Denis Iwanowitsch Von-Wisin, wurde am 3. April 1745 zu Moskau geboren und studierte an der Petersburger Universität. 1763 erhielt er eine Sekretärstelle beim Kabinetsminister I. P. Jelagin und 1769 eine solche beim Grafen Nikita Iwanowitsch Panin, dem Minister des Auswärtigen und Erzieher des Thronfolgers Paul. Vorher noch – 1766 – hatte Von-Wisin die Komödie „Der Brigadier“ veröffentlicht, in welcher er die Sucht der bessern russischen Stände nach allem Ausländischen und ihre Verachtung des Einheimischen scharf geißelt. Am 24. Sept. 1782 gelangte „Der Landjunker“ zur ersten Aufführung und fand einen ungewöhnlichen Beifall: das begeisterte Publikum warf klirrende Geldbeutel auf die Bühne, und Potjomkin soll nach der Vorstellung zum Verfasser gesagt haben: „Stirb, Denis, oder schreibe nichts mehr!“ Zehn Jahre darauf, in den ersten Tagen des Dezembers, wurde Von-Wisin auf dem Friedhof des Alexander-Newskij-Klosters zu St. Petersburg zu Grabe getragen.

Ein „Njedorosslj“ (wörtlich: Minderjähriger) hieß im vorigen Jahrhundert jeder Adelige im Alter von 12-17 Jahren. Einem Ukas Peters I. zufolge wurde ein solcher schon bei seiner Geburt in den Staatsdienst eingeschrieben und mußte sich hierzu nach Erlangung eines gewissen Bildungsgrades melden. Ein Landjunker, der kein Zeugnis über Elementarbildung vorweisen konnte, verlor das Recht – zu heiraten. Derjenige, welcher sich nicht freiwillig zum Dienst meldete, wurde laut einem Ukas der Kaiserin Elisabeth unter die Soldaten und Matrosen gesteckt. Auch Katharina II. hoffte solcherart – vielfach vergebens – den russischen Adel moralisch zu heben.

Der namhafte Kritiker, Fürst Pjotr Andrejewitsch Wjasemskij, Von-Wisins Biograph, sagt vom „Njedorosslj“ –: „Diese Komödie ist nicht nur ein schönes Musenerzeugnis, sondern auch ein patriotisches Verdienst.“ In der That: im „Landjunker“ besitzen wir ein litterarisches Denkmal von kulturhistorischer Bedeutung, insofern das Stück ein treues Bild der russischen Gutsbesitzerschaft jener Zeit bietet und die liberal-humanen Reformen Katharinas II. kräftigst unterstützt hat; die Komödie gab das Signal zu einer Reihe in administrativer Hinsicht tendenziös gefärbter Dramen, und auf den „Landjunker“ muß auch der Ursprung der modernen russischen Sittenkomödien zurückgeführt werden. Der „Njedorosslj“ ist das erste Nationallustspiel der Russen und erscheint hier zum erstenmal in fremdsprachlichem Gewand.

F. F.

Personen.

Prostakow.
Frau Prostakowa, seine Frau.
Mitrofan, beider Sohn, der Landjunker.
Jeremejewna, dessen Amme.
Prawdin.
Starodum.
Sophie, Starodums Nichte.
Milon.
Skotinin, Bruder der Frau Prostakowa.
Kutejkin, Seminarist.
Zyfirkin, abgedankter Sergeant.
Wralmann, Lehrer.
Trischka, Schneider.
Ein Diener Prostakows.
Ein Kammerdiener Starodums.

Die Handlung spielt auf dem Gute der Prostakow.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Frau Prostakowa. Mitrofan. Jeremejewna.

Frau Prostakowa (betrachtet einen Kaftan auf Mitrofan). Der ganze Kaftan ist verdorben! Jeremejewna, führe den Halunken Trischka her! (Jeremejewna ab.) Der Spitzbube hat ihn überall zu eng gemacht! Mitrofan, armer Junge, ich kann’s mir vorstellen, wie entsetzlich es dich drücken muß! Rufe den Vater her (Mitrofan ab).

Zweiter Auftritt.

Frau Prostakowa. Jeremejewna. Trischka.

Frau Prostakowa (zu Trischka). Komm mal näher, du Vieh! Hab’ ich dir nicht gesagt, du Diebsgesicht, daß du den Kaftan breiter machen sollst? Erstens wächst der Knabe und zweitens ist er auch ohne engen Kaftan sehr delikat gebaut! Sprich, Klotz, wie willst du dich rechtfertigen!

Trischka. Aber, gnädige Frau, ich bin ja bei keinem Schneider in der Lehre gewesen! Ich habe Sie ja gewarnt; warum beliebte es Ihnen nicht, die Arbeit einem Schneider zu geben?

Frau Prostakowa. Muß man denn ein Schneider sein, um einen Kaftan gut zu nähen? So urteilen nur Tiere!

Trischka. Aber gnädige Frau, ein Schneider hat ja gelernt, und ich nicht!

Frau Prostakowa. Du widersprichst noch? Der Schneider hat bei einem andern gelernt, der andre bei einem Dritten; bei wem hat dann aber der allererste Schneider gelernt? Sprich, Vieh!

Trischka. Der allererste Schneider hat vielleicht noch schlechter genäht als ich!

Mitrofan (hereinlaufend). Ich habe den Vater gerufen, er sagte: Gleich.

Frau Prostakowa. Geh, schlepp ihn mit Gewalt her, wenn er nicht gutwillig kommen will!

Mitrofan. Da ist der Vater.

Dritter Auftritt.

Die Vorigen. Prostakow.

Frau Prostakowa. Nun, was verbirgst du dich vor mir? So was muß ich erleben, deiner Nachsicht zu danken! Wie gefällt dir der neue Anzug unsers Sohnes zur Verlobung des Onkels? Was sagst du zum Kaftan, den Trischka genäht?

Prostakow (vor Schüchternheit stotternd). Er ist – etwas – sa – sackig.

Frau Prostakowa. Du bist selber ein Sack, du Hohlkopf!

Prostakow. Ich glaubte nur, daß es dir so scheine.

Frau Prostakowa. Bist du denn selber blind?

Prostakow. Wo du siehst, bin ich blind.

Frau Prostakowa. Mit welchem Mann mich doch der liebe Gott gesegnet hat! Kann selber nicht unterscheiden, was breit und was eng ist!

Prostakow. In dieser Hinsicht habe ich stets deinem Urteil vertraut und zweifle auch jetzt nicht –

Frau Prostakowa. So zweifle denn auch nicht, daß ich nicht gesonnen bin, meinen Leibeignen durch die Finger zu sehn! Geh, laß ihn sofort durchpeitschen!

Vierter Auftritt.

Die Vorigen. Skotinin.

Skotinin. Wen? Wofür? An meinem Verlobungstage! Ich bitte dich, liebe Schwester, eine solche Feier zu berücksichtigen und die Strafe bis auf morgen zu verschieben; morgen, wenn du’s willst, werde auch ich gern Hand anlegen. Da will ich nicht Skotinin heißen, wenn nicht jeder schuld ist, den ich schuldig wissen will; hierin, Schwester, stimmen wir miteinander völlig überein. Worüber bist du denn aber so erzürnt?

Frau Prostakowa. Mögen deine Augen urteilen, Bruder! Mitrofan, komm her ... Sitzt dieser Kaftan sackig?

Skotinin. Nein.

Prostakow. Ich selbst, liebe Frau, sehe, daß er zu eng ist.

Skotinin. Auch das seh’ ich nicht. Der Kaftan, Schwager, ist vorzüglich genäht.

Frau Prostakowa (zu Trischka). Heraus! (Zu Jeremejewna) Geh, Jeremejewna, gib dem Knaben zu frühstücken. Ich glaube, die Lehrer werden bald kommen.

Jeremejewna. Er hat bereits fünf Brötchen aufgegessen.

Frau Prostakowa. So thut dir das sechste leid, du Ungetüm? Ist das dein Diensteifer? Unerhört!

Jeremejewna. Gott gesegn’ es ihm! Ich hab’s ja zu Mitrofan Terentjewitschs Besten gesagt. Bis an den Morgen hat er sich schlaflos umhergewälzt.

Frau Prostakowa. Heilige Mutter Gottes! Was war dir, Herzens-Mitrofan?

Mitrofan. Ich weiß nicht, Mutter. Gestern nach dem Abendbrot bekam ich Bauchkneipen.

Skotinin. Hast wohl, mein Freund, recht tüchtig zu Abend gegessen?

Mitrofan. Ich habe, Onkelchen, fast nichts gegessen.

Prostakow. Ich erinnere mich, mein Sohn: du hast doch etwas zu dir genommen.

Mitrofan. Das ist ja nichts: etwa drei Scheibchen Pökelfleisch und fünf oder sechs Stückchen Salzkuchen.

Jeremejewna. Die ganze Nacht über litt er Durst: einen ganzen Krug Kwas hat er ausgetrunken.

Mitrofan. Mir schwindelt noch jetzt der Kopf. Die ganze Nacht träumte mir so ein Schund –

Frau Prostakowa. Was für ein Schund denn, lieber Mitrofan?

Mitrofan. Nun, bald träumte mir von dir, Mutter, bald vom Vater.

Frau Prostakowa. Wieso?

Mitrofan. Kaum begann ich einzuschlafen, so sah ich, wie du, Mutter, den Vater prügeltest.

Prostakow (beiseite). Wehe mir – der Traum wird sich erfüllen.

Mitrofan (zärtlich). Und da dauerte mich –

Frau Prostakowa (ärgerlich). Wer, Mitrofan?

Mitrofan. Du, Mutter, du wurdest so müde vom Prügeln!

Frau Prostakowa. Umarme mich, mein Herz! Das ist ein Sohn! O, du mein einziger Trost!

Skotinin. Nun, Mitrofan, ich merk’ es: du bist der echte Sohn deiner Mutter, nicht aber deines Vaters.

Prostakow. Ich wenigstens liebe ihn, wie es einem Vater geziemt: er ist ein kluges, ein vernünftiges Kind, ein Spaßvogel, ein Schalk. Mitunter bin ich vor Freude ganz außer mir und kann es dann gar nicht glauben, daß er mein Sohn ist.

Skotinin. Doch gegenwärtig macht unser Spaßvogel ein recht ernstes Gesicht.

Frau Prostakowa. Sollte man nicht in die Stadt nach dem Doktor schicken?

Mitrofan. Nein, nein, Mutter; ich werde mich schon selber gesund machen. Will doch mal zum Taubenschlag laufen, vielleicht daß –

Frau Prostakowa. Gott gnädig ist. Geh, mein Teurer, spiele ein wenig. (Mitrofan mit der Jeremejewna ab.)

Fünfter Auftritt.

Frau Prostakowa, Prostakow und Skotinin.

Skotinin. Wie kommt’s denn, daß ich meine Braut nicht sehe? Wo ist sie? Am Abend findet die Verlobung statt: wär’ es da nicht Zeit, ihr mitzuteilen, daß man sie verheiratet?

Frau Prostakowa. Dazu haben wir noch Zeit, Bruder. Wenn man’s ihr vorher sagt, so kann sie gar denken, daß wir sie nach ihrer Einwilligung fragen! Ich bin nur durch meinen Mann mit ihr verwandt und liebe, daß mir fremde Menschen gehorchen.

Prostakow (zu Skotinin). Der Wahrheit die Ehre! Wir haben Sophie behandelt, als sei sie eine echte und rechte Waise. Als ihr Vater starb, war sie noch ein ganz kleines Kind. Ein halbes Jahr darauf bekam ihre Mutter, meine Verwandte, den Schlag –

Frau Prostakowa (sich das Herz bekreuzigend). Die Kraft des Kreuzes sei mit uns!

Prostakow. Dank welchem sie auch mit Tode abging. Des Mädchens Onkel, ein Herr Starodum, fuhr nach Sibirien, und da er schon seit mehreren Jahren völlig verschollen ist, so halten wir ihn denn auch für verstorben. Als wir merkten, daß Sophie mutterseelenallein dastand, nahmen wir sie zu uns aufs Dorf und verwalten nun ihr Gut, als sei es unser eignes.

Frau Prostakowa. Bist heute ganz ins Lügen hineingeraten, mein Lieber! Der Bruder könnte gar glauben, daß wir sie aus Interesse zu uns genommen haben.

Prostakow. Wie sollte er das glauben?! Ihr unbewegliches Vermögen können wir doch nicht in unsre Tasche hineinwandern lassen!

Skotinin. Das bewegliche ist zwar schon hineingewandert, aber ich bin kein Verräter. So was macht Scherereien, die ich nicht liebe, die ich fürchte. Wie oft mich auch die Nachbarn übervorteilt, wieviel Schaden sie mir gebracht – ich habe auf keinen eine Klage eingerichtet. Statt mir den Schaden durch Laufereien einzubringen, zwack’ ich’s mir von den Bauern ab, und kein Hahn kräht danach.

Prostakow. Es ist wahr, Schwager: die ganze Nachbarschaft meint, du verstehest es meisterhaft, den Obrok[1] einzukassieren.

[1] Abgaben der zinspflichtigen Bauern. Anm. d. Übers.

Frau Prostakowa. Wenn du’s uns doch lehren wolltest, lieber Bruder; wir verstehn’s gar nicht. Seitdem wir alles, was die Bauern besaßen, uns zugesteckt haben, können wir sie gar nicht mehr rupfen. Ein wahrer Jammer!

Skotinin. Gern, Schwester, will ich’s euch lehren – macht nur, daß ich Sophie heirate.

Frau Prostakowa. Gefällt dir denn das Mädchen so ungeheuer?

Skotinin. Nun, nicht gerade das Mädchen –

Prostakow. Also ihre Dörfer?

Skotinin. Auch nicht gerade die Dörfer, sondern das, was sich in diesen Dörfern aufhält und meine größte Leidenschaft ist.

Frau Prostakowa. Was denn, lieber Bruder?

Skotinin. Schweine sind meine Leidenschaft, Schwester. In unserm Umkreis gibt’s dermaßen große Schweine, daß jedes, sollte es sich auf die Hinterfüße stellen, uns alle um Kopfeslänge überragen würde.

Prostakow. Es ist doch sonderbar, Schwager, wie die Verwandten einander gleichen können! Unser Mitrofan ist ganz nach dem Onkel geraten: auch er hatte von Kindesbeinen an dieselbe Leidenschaft für Schweine wie du. Als er drei Jahr zählte, so zitterte er vor Freude beim Anblick eines Schweinchens.

Skotinin. In der That, höchst wunderbar! Nun, mag Mitrofan die Schweine lieben: er ist mein Verwandter, und hierbei spielt die Ähnlichkeit eine Rolle. Wie erklärt sich denn aber meine Leidenschaft für die Schweine?

Prostakow. Auch hierbei spielt die Ähnlichkeit eine Rolle, denk’ ich.

Sechster Auftritt.

Die Vorigen. Sophie tritt auf mit einem Brief in der Hand; ihr Gesicht strahlt vor Freude.

Frau Prostakowa. Was bist du denn so lustig, meine Beste? Worüber freust du dich?

Sophie. Soeben hab’ ich eine freudige Nachricht erhalten. Der Onkel, von dem wir so lange nichts vernommen, den ich liebe und ehre wie einen Vater, ist dieser Tage in Moskau angelangt. Da ist der Brief, den ich soeben von ihm erhalten habe.

Frau Prostakowa (erschrickt; mit verbissener Wut). Was? Starodum, dein Onkel, lebt? Und du wagst es, ihn für auferstanden auszugeben? Diese Lüge ist wirklich einzig!

Sophie. Er war ja gar nicht gestorben!

Frau Prostakowa. Nicht gestorben! Hätte er denn nicht sterben können? ... Nein, meine Beste, das sind deine Erfindungen, um uns mit deinem Onkel ins Bockshorn zu jagen, damit wir dir Freiheit lassen! Du denkst: der Onkel ist ein kluger Mensch, er wird schon Wege finden, mich aus euren Händen zu befreien! Und darüber freust du dich ... aber bitte, freue dich nur nicht zu sehr: dein Onkel ist natürlich von den Toten nicht auferstanden.

Skotinin. Schwester! Wenn er aber gar nicht gestorben wäre?

Prostakow. Verhüt’ es Gott, daß er nicht gestorben wäre!

Frau Prostakowa (zum Mann). Wie: „nicht gestorben?“ ... Mache mich nicht wirr! Weißt du denn nicht, daß ich schon seit mehreren Jahren Totenmessen für den Frieden seiner Seele halten lasse? Es ist unmöglich, daß meine Gebete nicht bis zu Gott gedrungen seien! (Zu Sophie.) Gib mal den Brief her (ihn an sich reißend). Eine Wette geh’ ich ein, daß es ein Liebesbrief ist, und ich errate auch den Schreiber: es ist jener Offizier, der dir einen Antrag machte, und den du auch heiraten wolltest ... Und welche Bestie händigt dir ohne meine Erlaubnis Briefe ein? Wart, das werd’ ich schon herausbekommen! Das sind Zeiten: jungen Mädchen werden Briefe geschrieben! Junge Mädchen können lesen und schreiben!

Sophie. Bitte lesen Sie selbst den Brief, und Sie werden alsdann sehen, daß er das Unschuldigste von der Welt enthält.

Frau Prostakowa. „Lesen Sie selbst den Brief!“ Nein, meine Beste, ich bin, Gott sei Dank, nicht so erzogen. Ich empfange Briefe, lasse sie jedoch immer andre lesen. (Zum Mann.) Lies vor.

Prostakow (nachdem er lange hineingeblickt). Das dürfte schwer fallen.

Frau Prostakowa. Auch dich hat man, scheint’s, wie ein junges Mädchen aus der guten alten Zeit erzogen ... Bruder, bitte, lies du.

Skotinin. Ich? Ich habe nie in meinem Leben etwas gelesen, Schwester! Gott hat mich mit solchem langweiligen Zeug verschont.

Sophie. Erlauben Sie, daß ich lese.

Frau Prostakowa. O, meine Beste, ich weiß wohl, daß du eine Meisterin darin bist – nur trau’ ich dir nicht so recht ... Der Lehrer Mitrofans wird wohl bald kommen; er soll mir lesen.

Skotinin. Wird denn der Junge schon im Schreiben und Lesen unterrichtet?

Frau Prostakowa. Ach, lieber Bruder, schon gegen vier Jahre unterrichtet man ihn. Ja, Sünde wär’s, zu sagen, daß wir uns nicht alle Mühe geben, Mitrofan zu erziehen: drei Lehrer werden bezahlt! Im Lesen und Schreiben unterweist ihn Kutejkin, Vorsänger in der Kirche zu Mariä Schutz- und Fürbitte. Rechnen lehrt ein abgedankter Sergeant, Namens Zyfirkin. Beide kommen sie aus der Stadt hierher. Den Unterricht im Französischen und in den übrigen Wissenschaften erhält mein armer Mitrofan von einem Deutschen, Adam Adamytsch Wralmann. Diesem zahlen wir dreihundert Rubelchen jährlich; er sitzt mit uns an einem Tische, seine Wäsche wird von unsern Dienstboten gewaschen; ein Pferd steht immer zu seiner Verfügung; zu Mittag bekommt er ein Glas Wein, zur Nacht ein Talglicht, und selbst die Perücke wird ihm umsonst von Fomka in stand erhalten ... Doch, was wahr ist, bleibt wahr: auch wir sind mit ihm zufrieden, Bruder: er überbürdet den Knaben nicht. Und man muß doch Mitrofan ein wenig pflegen, solange er noch jung ist: wenn er denn noch zehn Jährchen etwa – was Gott verhüten möge – dienen muß, wird ihm kein Schmerz erspart bleiben! Übrigens – wie’s einem bei der Geburt bestimmt ist! Schon mancher aus der Familie der Prostakows ist im Schlaf zu Rang und Würden gestiegen – ist denn Mitrofan schlechter als sie? Ei – da kommt ja wie gerufen unser teurer Mieter!

Siebenter Auftritt.

Die Vorigen und Prawdin.

Frau Prostakowa. Lieber Bruder, hier stell’ ich dir unsern teuren Gast vor – Herr Prawdin; und das, mein Herr, ist mein Bruder.

Prawdin. Freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.

Skotinin. Sehr wohl, mein Herr. Und wie lautet Ihr Familienname? Ich habe nicht recht gehört.

Prawdin. Mein Name ist Prawdin, damit Sie recht hören.

Skotinin. Und wo geboren, mein Herr? Wo liegen Ihre Dörfer?

Prawdin. Ich bin in Moskau geboren, wenn es Ihnen zu wissen not thut, und meine Dörfer liegen in diesem Bezirk.

Skotinin. Und darf ich fragen, mein Herr – Ihr und Ihres Vaters Vorname ist mir unbekannt – ob es in Ihren Dörfern Schweinchen gibt?

Frau Prostakowa. Fange doch nicht an, von Schweinen zu sprechen, Bruder! Wollen wir lieber Herrn Prawdin unsre Not klagen. (Zu Prawdin.) Die Sache ist nämlich die: es war das Geheiß Gottes, daß wir dieses junge Mädchen zu uns nahmen. Nun erhält sie Briefe von Onkeln, die ihr aus jener Welt schreiben. Wollten Sie die Güte haben, uns allen diesen Brief laut vorzulesen!

Prawdin. Verzeihen Sie – ich lese niemals Briefe, ohne von deren Empfängern hierzu befugt zu sein.

Sophie. Ich bitte Sie darum, Sie werden mich sehr verbinden.

Prawdin. Wenn Sie es also befehlen ... (liest) „Liebe Nichte! Meine Geschäfte zwangen mich, mehrere Jahre fern von meinen Verwandten zu leben; die weite Entfernung beraubte mich des Vergnügens, Nachricht von ihnen zu erhalten. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Sibirien bin ich nun in Moskau. Ich kann wohl als Beispiel dienen, daß man sich durch Fleiß und Ehrlichkeit ein Vermögen erarbeiten kann. Dank diesen Mitteln und mit Hilfe des Glücks habe ich zehntausend Rubel Revenuen –“

Skotinin und beide Prostakows. Zehntausend!

Prawdin (im Lesen fortfahrend). – „Zu deren Erben ich Dich, liebe Nichte, ernenne.“

Frau Prostakowa. Dich zur Erbin! } (Gleichzeitig.)
Prostakow. Sophie zur Erbin!
Skotinin. Sie zur Erbin!

Frau Prostakowa (Sophie stürmisch umarmend). Gratuliere dir, meine Herzens-Sophie! Ich weiß mich vor Freude nicht zu fassen! Jetzt mußt du einen Bräutigam haben. Und eine bessere Braut kann ich mir für Mitrofan gar nicht wünschen! Das ist ein Onkel! Der leibliche Vater! Ich hab’s mir immer gedacht, daß ihn Gott behütet, daß er noch wohl und gesund ist!

Skotinin (die Hand hinhaltend). Nun, Schwester, schlag ein.

Frau Prostakowa (leise zu Skotinin). Warte noch, Bruder: erst muß man sie fragen, ob sie dich nehmen will.

Skotinin. Wie? Fragen? Wir werden doch nicht erst ihre Meinung hören wollen?!

Prawdin. Darf ich den Brief zu Ende lesen?

Skotinin. Wozu? Und sollten Sie fünf Jahre lesen – Besseres als die Zehntausend werden Sie doch nicht herauslesen!

Frau Prostakowa (zu Sophie). Herzens-Sophie, komm mit mir auf mein Schlafzimmer. Ich habe äußerst Wichtiges mit dir zu sprechen (führt Sophie fort).

Skotinin. S–o–o–o! Na, ich sehe, daß heute wohl schwerlich aus der Verlobung was wird!

Achter Auftritt.

Prawdin. Prostakow. Skotinin. Ein Diener.

Diener (außer Atem zu Prostakow). Gnädiger Herr, gnädiger Herr! Soldaten sind gekommen, haben in unserm Dorfe Quartier gemacht!

Prostakow. O Unglück, sie werden uns gänzlich ruinieren!

Prawdin. Worüber erschrecken Sie so?

Prostakow. Ach, Lieber, Guter! Ich hab’s ja schon erlebt! Ich wag nicht, ihnen unter die Augen zu treten!

Prawdin. Befürchten Sie nichts. Sie werden natürlich von einem Offizier angeführt, der es zu keiner Gewaltthat kommen läßt. Wollen wir zusammen hingehen. Ich bin versichert, daß Sie sich unnütz beunruhigen. (Prawdin, Prostakow und der Diener ab.)

Skotinin. Alle haben mich verlassen ... Will doch einen Spaziergang durch den Viehhof machen!

Zweiter Aufzug.

Erster Auftritt.

Prawdin und Milon.

Milon. Wie freut es mich, mein teurer Freund, dich wiederzusehn! Wie kommst du her?

Prawdin. Gern will ich dir den Grund meines Hierseins mitteilen. Ich bin zum Mitgliede der hiesigen Provinzialverwaltung ernannt worden und habe Befehl, den hiesigen Bezirk zu inspizieren. Gleichzeitig unterlass’ ich es nicht aus eignem Herzensantrieb, diejenigen tyrannischen Gutsbesitzer zu studieren, die ihre Vollmacht über ihren Untergebenen unmenschlich mißbrauchen. Du kennst die Denkungsart unsers Gouverneurs. Mit welchem Eifer hilft er der leidenden Menschheit! Mit welcher Hingebung erfüllt er die humanen Absichten der Regierung. Wir haben es bei uns selber gesehen, daß, wenn der Gouverneur derartig ist, wie ihn das Reglement vorzeichnet, der Wohlstand der Bewohner ein gesicherter bleibt. Ich wohne hier schon drei Tage und fand einen ehrlosen Narren von Gutsherrn und dessen Furie von Frau, deren teuflischer Charakter dem ganzen Hause Unheil bringt. Worüber sinnst du, mein Freund? Sage doch, wirst du lange hier bleiben?

Milon. Schon nach einigen Stunden verlass’ ich dies Haus.

Prawdin. Warum so bald? Ruh dich doch erst aus.

Milon. Ich darf nicht: muß ohne Zögern die Soldaten weiterführen ... Außerdem brenn’ ich selber vor Ungeduld, schneller in Moskau zu sein.

Prawdin. Und der Grund hierzu?

Milon. Dich, als meinen Freund, will ich in das Geheimnis meines Herzens einweihen. Ich liebe und bin so glücklich, geliebt zu werden. Schon über ein halbes Jahr bin ich von der getrennt, die mir teurer ist als alles auf der Welt; und was noch betrübender ist: diese ganze Zeit über hab’ ich keinerlei Nachricht von ihr erhalten. Oft schrieb ich ihr Schweigen dem Erkalten zu und zermarterte mein Herz. Da erhielt ich plötzlich eine Mitteilung, die mich höchlich überraschte. Man schreibt mir nämlich, daß sie nach dem Tode ihrer Mutter von entfernten Verwandten zu sich aufs Dorf genommen worden sei – und ich weiß weder von wem, noch wohin. Vielleicht befindet sie sich jetzt in den Händen von Egoisten, bei denen sie, die schutzlose Waise, tyrannisiert wird. Der Gedanke allein macht mich rasen!

Prawdin. Eine derartige Unmenschlichkeit sehe ich in diesem Hause, doch schmeichle ich mir mit der Hoffnung, der Bosheit der Frau und der Narrheit des Mannes eine Grenze zu stecken. Ich habe schon von allem unsern Chef in Kenntnis gesetzt und zweifle nicht, daß man Maßregeln ergreifen wird, diesem saubern Paar Einhalt zu thun.

Milon. Wie glücklich bist du, Freund, daß du das Los Unglücklicher erleichtern kannst! ... Auch ich bin in einer sehr mißlichen Lage und weiß nicht, was ich beginnen soll.

Prawdin. Und darf ich fragen, wie der Name –

Milon (entzückt). O, da ist sie ja selber!

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen und Sophie.

Sophie. Milon, bist du’s?

Prawdin. Welches Glück!

Milon. Die ist’s, die mein ganzes Herz beherrscht! ... Teure Sophie, sprich, wie kommt’s, daß ich dich hier treffe?

Sophie. Wieviel hab’ ich gelitten seit dem Tage unsrer Trennung! Meine gewissenlosen Verwandten –

Prawdin. Freund, laß das Fragen! es bereitet ihr nur Schmerz. Von mir wirst du erfahren, welche Roheiten –

Milon. Die Nichtswürdigen!

Sophie. Heute übrigens hat die Frau vom Hause zum erstenmal mir gegenüber einen andern Ton angeschlagen. Als sie erfuhr, daß mich der Onkel zu seiner Erbin eingesetzt, verfiel sie aus Grobheit und Zanksucht in kriechende Liebenswürdigkeit, und ich ersehe aus allen ihren Anspielungen, daß sie mich ihrem Sohne als Braut zugedacht hat.

Milon (ungeduldig). Und du hast ihr nicht alsbald deine vollste Verachtung ausgesprochen?

Sophie. Nein ...

Milon. Hast ihr nicht gesagt, daß dein Herz bindende Pflichten hat, daß –

Sophie. Nein ...

Milon. O, nun seh’ ich mein Verderben! Ich habe einen beglückten Nebenbuhler! ... Nun, ich zweifle ja gar nicht an seinen Vorzügen: er ist gewiß klug, aufgeklärt, liebenswürdig; aber daß er sich mit mir in meiner Liebe messen könnte –

Sophie (lächelnd). Gott, wenn du ihn sähest – du würdest rasen vor Eifersucht!

Milon (grimmig). Ich kann mir alle seine Vorzüge vorstellen!

Sophie. Nein, du kannst sie dir gar nicht alle vorstellen! Er zählt zwar erst sechzehn Jahre, hat jedoch schon die höchste Sprosse der Vollkommenheit erklommen und kann gar nicht mehr höher steigen.

Prawdin. Wie kann er nicht höher steigen, Fräulein? Er hat ja bald die Fibel ausgelernt und wird wohl alsbald zum Psalmbuch übergehen.

Milon. Von solcher Beschaffenheit also ist mein Nebenbuhler?! ... Ach, Sophie, warum quälst du mich, und sei’s auch nur im Scherz! Du weißt, wie einem Liebenden selbst der geringste Verdacht Leiden macht! ... Nun sage mir, was du ihr geantwortet hast. (In diesem Augenblick geht Skotinin nachdenklich über die Bühne, ohne von jemand bemerkt zu werden.)

Sophie. Ich sagte ihr, daß ich vom Willen des Onkels abhänge, daß er bald selber herkommen werde – was ich aus dem Briefe schließe, den (zu Prawdin) Sie dank dem Herrn Skotinin nicht haben zu Ende lesen dürfen.

Milon. Skotinin!

Skotinin. Hier!

Dritter Auftritt.

Die Vorigen und Skotinin.

Prawdin. Sie haben also gelauscht, Herr Skotinin? Das hab’ ich von Ihnen nicht erwartet!

Skotinin. Ich ging zufällig vorbei und antwortete, da man mich anrief. Das ist so meine Art: wer „Skotinin!“ ruft, dem antwort’ ich „Hier!“ Ich habe in der Garde gedient und erhielt als Korporal meinen Abschied: rief man nun auf dem Versammlungsplatz laut: „Taras Skotinin!“ so brüllte ich: „Hier!“

Prawdin. Wir haben Sie nicht angerufen, und Sie können nun gehn, wohin Sie gehen wollten.

Skotinin. Ich wollte nirgendhin gehn, ich schritt nur so in Gedanken auf und ab. Es ist so meine Art: sitzt mir mal ein Gedanke im Kopfe fest, so läßt er sich mit keinem Pflock austreiben – sitzt was drin, so sitzt es fest. Dann denk’ ich nur dieses Etwas und seh’ es im Traum wie in der Wirklichkeit und in der Wirklichkeit wie im Traum.

Prawdin. Und was beschäftigt Sie gegenwärtig?

Skotinin. Ach, bester, teuerster Freund! Wunderdinge passieren mir. Meine Schwester ließ mich schnell – schnell aus meinem Dorfe herkommen – und wenn sie mich ebenso schnell aus ihrem Dorfe heimschickt, so kann ich vor der ganzen Welt mit reinem Gewissen behaupten: leer gekommen, leer zurückgekehrt.

Prawdin. Wie ich Sie bedauere, Herr Skotinin! Ihre Schwester spielt mit Ihnen wie mit einem Ball.

Skotinin. Wie mit einem Ball? Gott schütze vor Unglück! Will ich doch selber sie so weit schleudern, daß das ganze Dorf sie eine ganze Woche lang umsonst suchen soll!

Sophie. Ach, wie Sie zornig sind!

Milon. Was ist Ihnen?

Skotinin. Bitte urteilen Sie selbst – Sie sind ein vernünftiger Mensch. Also, meine Schwester hat mich herkommen lassen, damit ich heirate. Nun zieht sie sich zurück mit dem Vorwand: „Wozu brauchst du, Bruder, eine Frau, wenn du nur ein gutes Schwein hast.“ Nein, Schwester – ich will mir auch eigene Ferkel anschaffen! Auf den Leim geh’ ich nicht!

Prawdin. Auch mir will es scheinen, Herr Skotinin, daß Ihre Schwester eine Heirat im Sinne hat, nur nicht die Ihrige.

Skotinin. Mag sie doch – ich stehe keinem im Wege: heirate jeder seine Braut. Ich werde mich an einer fremden nicht vergreifen, aber auch Fremde sollen sich an der meinigen nicht vergreifen. (Zu Sophie.) Fürchte nichts, mein Schatz: niemand wir dich mir entreißen.

Sophie. Was soll das heißen?

Milon (aufschreiend). Welche Frechheit!

Skotinin (zu Sophie). Nun, worüber bist du denn so erschrocken?

Prawdin (zu Milon). Wie kann man einem Skotinin zürnen!

Sophie (zu Skotinin). So ist es denn beschlossen, daß ich Ihre Frau werde?

Milon. Mit Mühe halt’ ich an mir!

Skotinin. Niemand entgeht seinem Schicksal, mein Herz! Sünde ist’s, daß du wider dein Glück murrst. Das herrlichste Leben wirst du an meiner Seite haben. Zehntausend hast du Revenuen! Welch ein Glück! Eine solche Summe hab’ ich in meinem Leben nicht einmal gesehen! Donnerwetter, für dieses Geld kann ich mir ja alle Schweine auf der Welt kaufen! Ja, jeder Mund soll in die Trompete stoßen: bei Skotinin ist das Paradies der Schweine!

Prawdin. Wenn allein die Schweine bei Ihnen ein paradiesisches Leben führen, so wird Ihre Frau vor Ihnen und selbigen Schweinen wenig Ruhe haben.

Skotinin. Wenig Ruhe? Ei, hab’ ich denn zu wenig Raum in meinem Hause? Sie soll für sich allein das Eckzimmer mit dem Divan haben! Freundchen, wenn schon jetzt jedes meiner Schweinchen einen besonderen Koben hat, so wird sich für meine Frau schon ein Zimmerchen finden.

Milon. Welch ein viehischer Vergleich!

Prawdin (zu Skotinin). Nichts wird daraus, Herr Skotinin. Ich will’s ihnen nur gerade heraus sagen: Ihre Schwester will Fräulein Sophie mit Mitrofan verheiraten.

Skotinin (zornig). Was, wie? Der Neffe soll den Onkel ausstechen! Alle Rippen will ich dem Kerl eindrücken, sobald ich ihn sehe! Und ein Schweinesohn will ich sein, wenn ich nicht Sophiens Mann werde oder den Bengel zum Krüppel schlage!

Vierter Auftritt.

Die Vorigen. Jeremejewna und Mitrofan.

Jeremejewna. Du solltest doch ein ganz klein wenig lernen!

Mitrofan. Sprich noch ein Wort, alte Hexe, so will ich’s dir eintränken: werde mich wieder bei der Mutter beklagen, und sie wird dich, wie gestern, durchwalken!

Skotinin. Komm mal her, Freundchen.

Jeremejewna. Geh zum Onkel, Kind.

Mitrofan. Guten Tag, Onkel ... Was bist du so borstig?

Skotinin. Mitrofan, blicke mir frei und gerade in die Augen.

Jeremejewna. Thu’s, mein Süßer!

Mitrofan (zu Jeremejewna). Was ist denn der Onkel für ein Wundertier, daß ich ihn angucken soll?

Skotinin. Noch einmal: blicke mir frei und gerade in die Augen!

Jeremejewna. Erzürne doch den Onkel nicht! Sieh nur, mit welchen Glotzaugen er dich anstarrt! ... Nun, glotz ihn ebenso an! (Skotinin und Mitrofan blicken aufeinander mit weit aufgerissenen Augen.)

Milon. Das ist ein absonderliches Zwiegespräch!

Prawdin. Was es wohl für ein Ende nehmen wird?

Skotinin. Mitrofan, dein Leben hängt an einem Haar. Sprich die volle Wahrheit! Wenn ich die Sünde nicht scheute, so würde ich, ohne weitere Worte zu verlieren, dich bei den Beinen packen und deinen Schädel an der Wand zerschmettern. Doch möchte ich nicht meine Seele verderben, indem ich einen Unschuldigen richte.

Jeremejewna (zitternd). Wehe, er tötet ihn! Wehe meinem armen Kopfe!

Mitrofan. Bist du toll, Onkel? Ich habe keine Ahnung, wofür du über mich herfällst!

Skotinin. Ich warne dich: leugne nicht, damit ich dir nicht im Jähzorn den Todesschlag versetze – deine Hände werden dich wenig schützen. Ich nehm’s auf mich und werde Rechenschaft geben Gott und Kaiser. Doch auch unschuldig nimm keine Schuld auf dich, um nicht unverdient geprügelt zu werden!

Jeremejewna. Gott schütze vor unverdienten Prügeln!

Skotinin. Möchtest du heiraten?

Mitrofan (schmachtend). Schon längst, Onkelchen ...

Skotinin (stürzt auf Mitrofan). Ach, du verwünschter Racker!

Prawdin (Skotinin zurückhaltend). Herr Skotinin, keine Handgreiflichkeiten!

Mitrofan. Amme, decke mich!

Jeremejewna (stellt sich vor Mitrofan, wütend mit erhobenen Fäusten). Krepieren will ich auf der Stelle, aber dem Kinde laß ich kein Haar krümmen! Komm du nur, die Augen kratz’ ich dir aus dem Kopfe!

Skotinin (zitternd und mit der Faust drohend, ab). Ihr sollt an mich denken!

Jeremejewna (ihm nach). Meine Krallen sind scharf genug!

Mitrofan (dem Onkel nachrufend). Packe dich, Onkel, hol’ dich der Geier!

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen. Frau Prostakowa und Prostakow.

Frau Prostakowa (zum Mann). Lüg du nur! Bist zeitlebens ein Maulaffe gewesen!

Prostakow. Er und Prawdin sind wie in die Erde gesunken! Bin ich schuld?

Frau Prostakowa (zu Milon). Ach, Herr Offizier! Ich habe Sie im ganzen Dorfe gesucht; mein Mann hat sich die Beine ablaufen müssen, um Ihnen meinen tiefsten Dank für das vortreffliche Kommando auszusprechen.

Milon. Wofür denn, gnädige Frau?

Frau Prostakowa. Wie denn, wofür? Ihre Soldaten sind prächtige Menschen: haben bis jetzt mit keinem Finger etwas angerührt. Zürnen Sie nicht, bester Herr, daß diese Mißgeburt (auf den Mann zeigend) mit seinem ewigen Gaffen Ihnen nicht wie nötig begegnet ist. Er war von Kindheit an ein Tölpel.

Milon. Bitte, nicht im geringsten –

Frau Prostakowa. Er ist manchmal wie vor den Kopf geschlagen – steht stundenlang mit starr aufgerissenen Augen. Was hab’ ich schon alles mit ihm versucht, was hat er alles von mir aushalten müssen – nichts wirkt auf seine dicke Haut. Und geht mal sein Klotzzustand vorüber, so beginnt er ein solches Blech zu schwätzen, daß man zu Gott fleht, er möchte ihn nur wieder vor den Kopf schlagen!

Prawdin. Sie wenigstens, gnädige Frau, können nicht über seinen Charakter klagen: er ist sanftmütig –

Frau Prostakowa. Wie ein Kalb, bester Herr, wie ein Kalb! Deshalb auch sind alle bei uns im Hause so verwöhnt. Denn um Strenge walten zu lassen und die Schuldigen gehörig zu bestrafen – dazu ist er zu dämlich! Muß alles selbst thun, lieber Herr. Vom Morgen bis zum Abend hat weder meine Zunge noch meine Hand einen Augenblick Ruhe: bald muß ich schimpfen, bald hauen; nur auf solche Weise kann ich das Haus halten.

Prawdin (für sich). Es wird bald anders gehalten werden.

Frau Prostakowa (zu Sophie). Habe die Zimmer für deinen lieben Onkel in stand gesetzt. Ach, wie möcht’ ich ihn sehen, den ehrwürdigen Greis! Ich habe viel Gutes von ihm vernommen. Selbst böse Menschen behaupten, er sei nur ein wenig griesgrämig, doch außerordentlich klug; wen er einmal liebt, den liebt er von ganzer Seele.

Prawdin. Und wen er nicht liebt, der ist ein schlechter Mensch. (Zu Sophie.) Ich selber habe die Ehre, Ihren Onkel zu kennen. Ich habe manches über ihn vernommen, das mir aufrichtige Hochachtung für ihn ins Herz flößte. Was man so seine Griesgrämigkeit, seine Grobheit nennt, ist nur der Eindruck seiner Geradheit. Nie im Leben hat seine Zunge „Ja“ gesagt, wenn seine Seele ein „Nein“ fühlte.

Sophie. Dafür hat er auch nur mit großer Mühe sein Glück machen können.

Frau Prostakowa. Gott segnet uns, indem er seine Bemühungen mit Erfolg segnete. Nichts wünscht’ ich sehnlicher als sein väterliches Wohlwollen für meinen Mitrofan! ... Sophiechen, mein Herz, willst du nicht des Onkels Zimmer in Augenschein nehmen? (Sophie ab; zu Prostakow.) Hast du schon wieder Maulaffen feil? Begleite sie, die Beine sind dir nicht abgefallen.

Prostakow (im Fortgehen). Nicht abgefallen, jedoch eingeknickt.

Frau Prostakowa. Meine einzige Sorge, meine einzige Freude ist – Mitrofan. Ich habe gelebt, er muß erst leben und Mensch werden. (Hier erscheinen Kutejkin mit einer Fibel und Zyfirkin mit einer Schiefertafel und einem Griffel. Beide fragen durch Zeichen Jeremejewna, ob sie eintreten dürfen. Sie winkt herein, Mitrofan – heraus.) Nun, Gott wird wohl gnädig sein, wird ihn mit Glück segnen.

Prawdin. Sehen Sie sich um, gnädige Frau, was hinter Ihrem Rücken vorgeht.

Frau Prostakowa. Ach, das sind Mitrofans Lehrer; Ssidorytsch, Kutejkin –

Jeremejewna. Und Pafnutjitsch, Zyfirkin.

Mitrofan (beiseite). Hole sie der Henker mitsamt der Jeremejewna!

Kutejkin. Frieden der Herrin dieses Hauses und viele Jahre des Wohlseins ihr, den Kindern und Angehörigen!

Zyfirkin. Wir wünschen Ew. Wohlgeboren Gesundheit auf hundert Jahre, und noch zwanzig, und noch fünfzehn!

Milon. Ei, das ist ja unsresgleichen, ist Soldat! Wie kommst du her, mein Freund?

Zyfirkin. Diente in der Garnison, Ew. Wohlgeboren, und bin nun verabschiedet.

Milon. Wie verdienst du dir denn dein Brot?

Zyfirkin. Es geht schon zur Not, Ew. Wohlgeboren. Ich habe einige Begriffe vom Rechnen und verdiene meinen Groschen von den Beamten der Rechnungsexpedition. Nicht jeden hat der liebe Gott mit Bildung gesegnet: da bittet mich denn so einer, ihm eine Rechnung zu kontrollieren oder die Summe zu ziehen. Solcherart verdien’ ich mein täglich Brot, sitze nie die Hände im Schoß. In meinen Mußestunden erteil’ ich Kindern Unterricht. So unterricht’ ich auch bei Ihro Gnaden: schon das dritte Jahr quälen wir uns mit den Brüchen ab, aber es will und will nicht recht kleben. Natürlich: ein Mensch ist nicht wie der andre.

Frau Prostakowa. Was quasselst du da, Pafnutjitsch, ich habe nicht recht gehört?

Zyfirkin. Ich erklärte Sr. Wohlgeboren, daß man manchem Klotz in zehn Jahren das nicht einkeilen kann, was ein andrer im Fluge erhascht.

Prawdin (zu Kutejkin). Und du, Kutejkin, bist du nicht gar ein Studierter?

Kutejkin. Bin ein Studierter, Ew. Wohlgeboren. In dem Seminarium der hiesigen Eparchie kam ich bis zur Sekunda, machte jedoch laut dem Willen Gottes Kehrtum. Darauf hab’ ich ins Konsistorium eine Bittschrift eingereicht, so da zu lesen stand: „Der und der Seminarist, Sohn eines Kirchendieners, bittet, aus Furcht vor den Abgründen der Kenntnisse, ihn vom Studium der Wissenschaften zu dispensieren.“ Worauf denn auch alsbald eine gnädige Resolution einlief des Inhalts: „Den und den Seminaristen von jeglichem Studieren zu befreien, denn es stehet geschrieben: Ihr sollt nicht die Perlen vor die Säue werfen, auf daß sie dieselbigen nicht zertreten mit ihren Füßen.“

Frau Prostakowa. Wo ist denn unser Adam Adamytsch?

Jeremejewna. Bin auch zu ihm gegangen, habe aber mit Mühe auf den Füßen stehen können: ganz eingehüllt war er in Rauchwolken. Ich bin beinah’ von diesem verfluchten Tabak erstickt. Ist das eine Sünde!

Kutejkin. Hat nichts zu sagen, Jeremejewna! Im Tabakrauchen finde ich keine Sünde.

Prawdin (beiseite). Kutejkin will klugsprechen!

Kutejkin. In vielen Büchern ist’s gestattet. Im Psalter steht wörtlich: „Saat zu Nutz den Menschen.“

Prawdin. Und wo noch?

Kutejkin. Auch in einem andern Psalter stehen dieselben Worte. Unser Priester hat einen in Oktavformat, und auch dort steht’s.

Prawdin (zu Frau Prostakowa). Ich will beim Lernen Ihres Sohnes nicht hinderlich sein; ergebenster Diener.

Milon. Noch ich, gnädige Frau.

Frau Prostakowa. Wohin denn, meine Herrn?

Prawdin. Ich werde ihn auf mein Zimmer führen. Freunde, die sich lange nicht gesehn, haben einander vieles mitzuteilen.

Frau Prostakowa. Und wo werden Sie essen – mit uns oder auf Ihrem Zimmer? Am Familientische sitzen nur wir und Sophiechen –

Milon. Mit Ihnen, mit Ihnen, gnädige Frau.

Prawdin. Wir beide werden die Ehre haben. (Beide ab.)

Sechster Auftritt.

Frau Prostakowa, Mitrofan, Jeremejewna, Zyfirkin und Kutejkin.

Frau Prostakowa. Nun, mein Herz, wiederhole wenigstens, was du das letzte Mal russisch gelesen.

Mitrofan. Wiederholen? Danke bestens!

Frau Prostakowa. Man wird alt wie eine Kuh und lernt immer was zu. Das ist eine alte Wahrheit, mein Freund.

Mitrofan. Wahrheit! Du solltest doch noch ein paar Onkel herschleppen!

Frau Prostakowa. Wie, was?

Mitrofan. Das! Jeden Augenblick muß ich gewärtig sein, durchgehauen zu werden, und nach den Prügeln soll ich noch die Fibel vornehmen? Nein, dafür dank’ ich: da mach’ ich lieber ein Ende!

Frau Prostakowa (erschrocken). Was, was willst du machen? Komm zu dir!

Mitrofan. Der Fluß ist ja nicht weit von hier. Ein Sprung – und weg bin ich!

Frau Prostakowa (außer sich). Du tötest mich! Gott, mein Gott!

Jeremejewna. Der Onkel hat ihn so eingeschreckt: fast hätte er sich dem lieben Jungen in die Haare gekrallt. Und das für nichts und wieder nichts.

Frau Prostakowa (grimmig). Nun?

Jeremejewna. Er drang in ihn, ob er heiraten wolle –

Frau Prostakowa. Nun?

Jeremejewna. Und der liebe Junge verheimlichte es auch gar nicht: ja, lieber Onkel, ich habe schon lange Lust. Da geriet der Onkel in gräßliche Wut und stürzte sich –

Frau Prostakowa (zitternd). Nun ... und du, Bestie, bist zum Klotz geworden, hast dich dem Bruder nicht in die Fratze eingekrallt, hast ihm das Maul nicht bis an die Ohren aufgerissen –

Jeremejewna. Ich wollte schon ... ich wollte, aber –

Frau Prostakowa. Aber ... Nicht wahr, es ist nicht dein Kind, Ungeheuer?! Du würdest es zu Tode schlagen lassen –

Jeremejewna. Ach du grundgütiger Gott! Wäre er nicht in demselben Augenblick fortgegangen, so würde ich mich auf ihn gestürzt haben: stumpf ließe ich diese (zeigt auf die Nägel) werden, und auch die Zähne würde ich nicht schonen.

Frau Prostakowa. Alle seid ihr dienstfertig in Worten, ihr Kanaillen, wenn’s aber ans Handeln kommt –

Jeremejewna (weinend). Ich bin nicht dienstfertig?! Da weiß ich nicht mehr, wie ich noch eifriger dienen soll ... gern würd’ ich ... der eigene Leib wird nicht geschont ... und immer kein Dank –

Kutejkin. Sollen wir heimkehren? } (Zusammen.)
Zyfirkin. Wohin lenken wir unsre Schritte, Ew. Wohlgeboren?

Frau Prostakowa. Und du heulst noch alte Hexe?! ... Geh, füttre sie ab und komme nach dem Essen sofort her. (Zu Mitrofan.) Komm mit mir, mein süßes Leben. Jetzt lass’ ich dich nicht aus den Augen ... Komm nur, ein Wörtchen will ich dir zuflüstern, daß dir von neuem das Leben lächeln soll. Nicht ewig, mein Herz, nicht ewig wirst du lernen: soviel verstehst du schon, Gott sei Dank, da du auch selber Kinderchen zeugen kannst! (Zu Jeremejewna.) Den Bruder will ich anders vorkriegen, als du es gethan. Die ganze Welt soll sehen, was eine Amme und was eine Mutter ist! (Ab mit Mitrofan.)

Kutejkin. Dein Leben, Jeremejewna, ist die wahre Hölle! Komm mal lieber zu Tisch und trink vor Kummer ein Gläschen.

Zyfirkin. Und dann das zweite – da haben wir gleich eine Multiplikation.

Jeremejewna (weinerlich). Der Teufel wird mich schon nicht holen. Vierzig Jahre dien’ ich bereits, aber der Dank ist immer derselbe!

Kutejkin. Und wie hoch beziffert sich dieser Dank?

Jeremejewna. Fünf Rubel jährlich und fünf Kopfnüsse täglich. (Kutejkin und Zyfirkin führen sie unter den Armen fort.)

Zyfirkin. Bei Tisch wollen wir’s ausrechnen, wieviel’s im Jahr ausmacht.

Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

Starodum und Prawdin.

Prawdin. Kaum war ich vom Tische aufgestanden, kaum ans Fenster getreten, so erblickte ich Ihren Wagen und eilte, ohne ein Wort verlauten zu lassen, Ihnen entgegen, um Sie von ganzem Herzen zu umarmen. Die Hochachtung, die ich Ihnen zolle –

Starodum. Ich weiß sie zu schätzen, glaub es mir.

Prawdin. Ihre Freundschaft ist für mich um so schmeichelhafter, als Sie diese nur denen bieten –

Starodum. Die so sind wie du. Ich spreche gerade heraus. Beginnt die Konvenienz, hat die Aufrichtigkeit ein Ende.

Prawdin. Ihre Art –

Starodum. Sie wird von vielen verspottet, ich weiß es. Mag’s! Mein Vater hat mir die Erziehung seiner Zeit gegeben, und ich hab’ es nicht für nötig befunden, mich umzuerziehen. Er diente Peter dem Großen. Damals wurde der Mensch „du“ genannt und nicht „Sie“; damals machte man die Leute nicht hochmütig, so daß sich einer für viele hielt. Dafür auch sind heutzutage viele eines einzigen nicht wert. Mein Vater hat am Hofe Peters des Großen –

Prawdin. Ich hörte, daß er im Militärdienst stand.

Starodum. Damals waren die Höflinge Krieger und die Krieger keine Höflinge. Die Erziehung, die mir mein Vater gegeben hat, war für jene Zeit eine vorzügliche. Damals war die Unterrichtsmethode keine komplizierte, und man verstand noch nicht die Kunst, einen leeren Kopf mit fremdem Verstande anzufüllen.

Prawdin. Die damalige Erziehung wurzelte in der That in einigen Grundsätzen –

Starodum. In einem. Mein Vater wiederholte mir beständig nur: „Habe ein Herz, habe eine Seele, und du wirst zu jeder Zeit ein Mensch sein. Alles übrige unterliegt der Mode: Verstand und Kenntnisse sind Modeartikel wie Schnallen und Knöpfe.“

Prawdin. Sie sprechen wahr. Die Hauptzierde des Menschen ist die Seele.

Starodum. Ja, ohne Seele ist der aufgeklärteste, klügste Mensch ein trauriges Geschöpf, und ein ungebildeten beschränkter Mensch – ein Tier. Das Geringste kann ihn zum Verbrecher machen. Zwischen seiner That und dem Zwecke dieser That gibt’s keine Wage. Und von solchen Tieren will ich jemand befreien, der –

Prawdin. Ihre Nichte ist. Ich weiß es. Sie ist hier; gehen wir.

Starodum. Warte. Mein Herz kocht noch vor Zorn gegen dies unwürdige Gebahren dieser Menschen. Bleiben wir darum einen Augenblick. Ich halte mich an den Grundsatz: nie muß der erste Trieb eine sofortige Handlung zur Folge haben.

Prawdin. Nur selten verstehen andre diesen Ihren Grundsatz zu befolgen.

Starodum. Meine Lebenserfahrungen machten ihn mir zur Gewohnheit. O, wenn ich früher die Selbstbeherrschung gekannt hätte – ich würde noch länger das Glück gehabt haben, dem Vaterlande zu dienen!

Prawdin. Wie das? Die Erlebnisse eines Mannes von Ihrer Gesinnungsart müssen für jedermann von Interesse sein. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir erzählen wollten –

Starodum. Ich verhehle sie vor keinem, damit andre in ähnlicher Lage weiser handeln, denn ich es gethan. Als ich im Militärdienst stand, machte ich die Bekanntschaft eines jungen Grafen, dessen Namen sogar ich vergessen möchte. Im Dienst war er jünger als ich, war der Sohn eines Parvenüs, in der großen Welt erzogen und hatte Gelegenheit gehabt, das zu lernen, was in den Kreis unsers Unterrichts noch gar nicht aufgenommen war. Ich wandte alle Mühe an, mir seine Freundschaft zu erwerben, um durch beständigen Umgang mit ihm die Lücken in meinen Kenntnissen auszufüllen. In derselben Zeit, da unsre Freundschaft sich festigte, erfuhren wir, daß der Krieg erklärt sei. Freudestrahlend stürzte ich in des Freundes Arme. „Lieber Graf – hier bietet sich Gelegenheit zur Auszeichnung! Treten wir sofort in die Armee, daß wir würdig werden des Adeltitels, den uns die Geburt verliehen!“ Da furchte sich seine Stirn, trocken umarmte er mich und sagte: „Glück auf den Weg; ich aber schmeichle mir mit der Hoffnung, daß mein Vater sich von mir nicht wird trennen wollen.“ Nichts kommt der Verachtung nahe, die ich in jenem Augenblick für ihn empfand. Hier erst sah ich, daß zwischen dem Parvenü und dem verdienten Manne ein unermeßlicher Unterschied besteht, daß es in der großen Welt sehr kleinliche Seelen gibt, und daß man sehr aufgeklärt und gleichzeitig verächtlich sein kann.

Prawdin. Sie haben vollkommen recht.

Starodum. Ich verließ ihn und begab mich sofort dahin, wohin mich die Pflicht rief. Mehrfach hatte ich Gelegenheit, mich auszuzeichnen – meine Narben beweisen, daß ich dieselbe nicht unbenutzt habe vorbeigehen lassen. Die gute Meinung, welche die Vorgesetzten und Soldaten von mir hatten, war mir ein schmeichelhafter Lohn für meine Dienste. Da erfuhr ich, daß der Graf, mein ehemaliger Freund – dessen ich mich schämte zu gedenken – im Range gestiegen, ich jedoch umgangen sei, ich, der damals an Wunden schwer darniederlag! Eine solche Ungerechtigkeit zerfleischte mein Herz, und ich nahm meinen Abschied.

Prawdin. Was auch hätten Sie anderes thun können?

Starodum. Ruhigen Blutes überlegen! Doch ich verstand es nicht, mich gegen die ersten Antriebe meines gekränkten Ehrgeizes zu wehren. Mein erhitzter Kopf vermochte damals nicht einzusehen, daß ein wahrhaft ehrgeiziger Mensch der Sache zuliebe, nicht des Ranges wegen, streben muß; daß die Rangerhöhung oftmals erbettelt wird, die echte Auszeichnung jedoch verdient werden muß; daß es viel ehrenhafter ist, schuldlos übergangen, als verdienstlos ausgezeichnet zu werden.

Prawdin. Darf denn ein Adeliger in keinem Falle seinen Abschied nehmen?

Starodum. Nur in einem: wenn er innerlichst überzeugt ist, daß sein Dienst dem Vaterlande keinen direkten Nutzen bringt. Dann mag er gehn!

Prawdin. Sie zeigen mir, worin das wahre Wesen der Pflichten eines Adeligen besteht.

Starodum. Nachdem ich meinen Abschied genommen, kam ich nach Petersburg. Dort führte mich der blinde Zufall dahin, wohin ich’s mir nie im Leben habe träumen lassen.

Prawdin. Nämlich?

Starodum. An den Hof. Was sagst du dazu?

Prawdin. Und was fanden Sie dort?

Starodum. Manches Merkwürdige. Vor allen Dingen fand ich’s merkwürdig, daß fast niemand den geraden breiten Weg dorthin wählt, sondern einen Umweg macht, in der Hoffnung, früher anzukommen.

Prawdin. Ist denn wenigstens der Umweg geräumig?

Starodum. Dermaßen geräumig, daß, wenn sich zwei begegnen, sie einander nicht ausweichen können. Einer reißt den andern zu Boden, und derjenige, der auf den Füßen stehn bleibt, hebt nie den Liegenden auf.

Prawdin. Die Eigenliebe hat hier –

Starodum. Nicht die Eigenliebe, sondern die Selbstliebe. Man liebt sich ganz außerordentlich, sorgt nur für sich, denkt nur an die gegenwärtige Stunde. Denke dir nur: ich sah dort eine Menge Menschen, die in keinem Lebensfall ihrer Ahnen oder ihrer Nachkommen gedacht.

Prawdin. Doch jene Ehrenmänner, die bei Hofe sind und doch dem Vaterlande dienen?

Starodum. O, die verlassen den Hof nicht, weil sie ihm Nutzen bringen; und die andern verlassen ihn nicht, weil der Hof ihnen Nutzen bringt. Ich gehörte nicht zur Zahl der ersteren und wollte auch nicht zur Zahl der letzteren gehören.

Prawdin. Man hat Sie am Hofe natürlich verkannt.

Starodum. Zu meinem eigenen Besten. Es gelang mir, mich ganz ohne Ungelegenheiten zurückzuziehen; andernfalls hätte man mich auf die eine von zwei Arten entfernt.

Prawdin. Auf welche?

Starodum. Vom Hofe, mein Freund, entfernt man einen auf zwei Arten: entweder man wird dir böse, oder man macht dich böse. Ich habe weder den einen noch den andern Fall abgewartet, denn ich war zur Einsicht gekommen, daß es sich besser im eigenen Stübchen leben läßt als in einer fremden Antichambre.

Prawdin. Und Sie verließen den Hof mit leeren Händen? (Öffnet seine Tabaksdose.)

Starodum (nimmt eine Prise). Wieso mit leeren Händen? – Zu einem Kaufmann kamen zwei Käufer und handelten eine Tabatière, deren Preis fünfhundert Rubel war. Der eine zahlte das Geld und brachte die Tabatière nach Hause; der andre kam ohne Tabatière heim. Und du glaubst, daß dieser andre mit leeren Händen heimgekehrt sei? Du irrst: er brachte seine fünfhundert Rubel unversehrt nach Hause ... Ich verließ den Hof, ohne Dörfer, Bänder und Ehrentitel erhalten zu haben. Aber mein Eigentum brachte ich heim: meine Seele, meine Ehre und meine Grundsätze.

Prawdin. Männer mit Ihren Grundsätzen müßte man bei Hofe nicht entlassen, sie im Gegenteil an den Hof rufen.

Starodum. Rufen? Aus welchem Grunde?

Prawdin. Aus demselben Grunde, aus welchem man einen Arzt zum Kranken ruft.

Starodum. Du irrst, mein Freund. Umsonst ist es, den Arzt zu einem unheilbaren Kranken zu rufen: ihm wird er nicht helfen, nur gar sich selber anstecken.

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen. Sophie.

Sophie (zu Prawdin). Ganz erschöpft hat mich ihr Schreien.

Starodum (beiseite). Ganz die Gesichtszüge ihrer Mutter. Das ist meine Sophie!

Sophie (Starodum anblickend). Gott, er hat meinen Namen genannt! Mein Herz täuscht mich nicht –

Starodum (sie umarmend). Nein, du bist die Tochter meiner Schwester, bist die Tochter meines Herzens!

Sophie (ihn stürmisch umarmend). Onkelchen, ich bin außer mir vor Freude!

Starodum. In Moskau, teure Sophie, erfuhr ich, daß du hier wider deinen Willen lebst. Ich bin sechzig Jahre alt. Oft gab es Fälle, wo ich mir zürnte, oft auch war ich mit mir zufrieden. Nichts marterte mein Herz mehr als der Anblick einer Unschuld in den Netzen der Arglist, und nie war ich mit mir selbst zufriedener, als wenn es mir gelungen war, ein solches Opfer den Krallen des Lasters zu entreißen.

Prawdin. Wie wohl muß es thun, auch nur Zeuge dabei sein zu können!

Sophie. Onkelchen, Ihre Güte –

Starodum. Du weißt, daß nur du mich ans Leben bindest. Du mußt der Trost meines Alters sein, und meine Fürsorge soll dein Glück begründen. Als ich meinen Abschied nahm, legte ich den Grund zu deiner Erziehung; doch ich konnte dein Wohl nicht anders begründen, als indem ich mich von deiner Mutter und dir trennte.

Sophie. Ihre Abwesenheit kränkte uns unaussprechlich.

Starodum (zu Prawdin). Um ihr Leben vor dem Mangel am Notdürftigsten zu sichern, beschloß ich, mich für einige Jahre in jenes Land zurückzuziehen, wo man Geld erwirbt, ohne sein Gewissen dafür in den Tausch zu geben, wo man nicht durch Kriecherei emporsteigt, wo man das Vaterland nicht beraubt; in jenes Land, wo man das Geld der Erde selbst abverlangt, die, gerechter als die Menschen, keine Parteilichkeit kennt und nur die Arbeit gewissenhaft und reich belohnt.

Prawdin. Sie hätten, wie ich gehört, ungleich reicher werden können.

Starodum. Und wozu?

Prawdin. Um ebenso reich zu sein wie die andern.

Starodum. Reich! Wer ist denn reich? Weißt du auch, daß, um die launischen Gelüste eines einzigen Menschen zu befriedigen, das ganze Sibirien nicht hinreichen würde? Mein Freund, das alles ist nur Einbildung! Folge dem Beispiel der Natur, und du wirst niemals arm sein; gib acht auf das Gerede der Menschen, und du wirst nie reich werden.

Sophie. Onkelchen, wie wahr sprechen Sie!

Starodum. Ich habe so viel erworben, daß die Armut eines rechtschaffenen Bräutigams deiner Verbindung mit ihm kein Hindernis in den Weg legen wird.

Sophie. Zeit meines Lebens wird Ihr Wille Gesetz für mich sein.

Prawdin. Sodann wär’s nicht übel, gleichfalls für die Kinder einiges beiseite zu legen.

Starodum. Für die Kinder? Den Kindern Reichtümer hinterlassen? Das fehlte noch! Sind sie klug, so werden sie auch ohne Reichtum fortkommen; dummen Kindern aber kann der Reichtum nur schaden. Ich habe Bursche gesehen in goldenen Kaftanen und mit bleiernen Köpfen. Nein, mein Freund: bares Geld ist noch nicht bare Tugend! Ein goldner Klotz ist und bleibt nur ein Klotz.

Prawdin. Trotz alledem sehen wir, daß Reichtum oft zu Rängen führt und Ränge zu Würden und Würden zu Hochachtung.

Starodum. Hochachtung? Nur eine Hochachtung muß dem Menschen schmeichelhaft sein – diejenige, welche seiner Seele gezollt wird. Und nur der ist dieser Seelenhochachtung wert, dessen Ränge nicht dem Gelde, dessen Würden nicht den Rängen ihre Entstehung verdanken.

Prawdin. Dagegen läßt sich nichts einwenden.

Starodum. Ei, was ist denn das für ein Lärm?

Dritter Auftritt.

Die Vorigen. Frau Prostakowa, Skotinin und Milon. (Letzterer trennt Frau Prostakowa von Skotinin.)

Frau Prostakowa. Laß mich, laß! Bis zur Fratze nur, bis zur Fratze –

Milon. Ich lasse Sie nicht, Madame.

Skotinin (zornig, die Perücke ordnend). Kleb ab, Schwester! Oder ich biege dich, daß dir alle Gelenke knacksen!

Milon (zu Prostakowa). Und Sie haben vergessen, daß es Ihr Bruder ist?

Frau Prostakowa. Ich bin wütend, ich muß mich sattprügeln!

Milon (zu Skotinin). Ist das nicht Ihre Schwester?

Skotinin. Ja, leider stammen wir von Einer Brut, und dennoch heult sie wider mich.

Starodum (der sein Lachen nicht mehr zurückhalten kann, zu Prawdin). Ich befürchtete zornig zu werden und muß nun lachen!

Frau Prostakowa. Lachen? Über wen lachen? Was ist denn das für ein Vogel?

Starodum. Nimm mir’s nicht übel: aber zeit meines Lebens hab’ ich nichts Lächerlicheres gesehn.

Skotinin (sich den Nacken reibend). Der hat gut lachen! Mir ist halbwegs nicht lächerlich zu Mut.

Milon. Hat ein Schlag getroffen?

Skotinin. Das Gesicht hab’ ich mir mit den Händen geschützt, und da hat sie sich mir ins Genick eingekrallt.

Prawdin. Schmerzt es?

Skotinin. Zerkratzt hat sie mich. (Während der folgenden Worte der Frau Prostakowa wird Milon von Sophie durch Blicke bedeutet, daß vor ihnen Starodum stehe; Milon versteht sie.)

Frau Prostakowa. Zerkratzt! ... Nein, Bruder, ein Heiligenbild kauf dir auf den Namen des Herrn Offiziers: hätt’ er dich nicht beschützt – du wärst mir nicht mit heiler Haut davongekommen! Wenn ich den Sohn verteidige, werde ich meinen leiblichen Vater nicht schonen! (Zu Starodum.) Und daran ist gar nichts Lächerliches! Ich habe ein Mutterherz in der Brust. Ist’s erhört, daß eine Hündin ihre Jungen preisgibt? ... Kommt da weiß Gott wer und weiß Gott zu wem –

Starodum (auf Sophie weisend). Gekommen ist ihr Onkel Starodum.

Frau Prostakowa (erschrocken). Wie? Du bist’s? ... O, hochwillkommener Gast! Ich Thörin, ich Närrin! War das ein Empfang für einen Vater, auf dem unsre ganze Hoffnung ruht, der uns teuer ist wie unser Augapfel?! ... Verzeihe, verzeihe mir Närrin! ... Ich kann gar nicht zu mir kommen! ... Wo ist mein Mann? ... Wo ist mein Sohn? ... Es ist ja, als wärest du in ein unbewohntes Haus gekommen! Gottes Strafgericht! Den Kopf haben alle verloren! ... He, Magd, Magd, Palaschka, Magd!

Skotinin (beiseite). Soso! Er ist’s, der Onkel!

Vierter Auftritt.

Die Vorigen. Jeremejewna.

Jeremejewna. Was steht zu Befehl?

Frau Prostakowa. Bist du die Magd, du Hundetochter? Hab’ ich im Hause außer deiner elenden Fratze eine Magd? Wo ist Palaschka?

Jeremejewna. Erkrankt, liegt seit dem Morgen zu Bette.

Frau Prostakowa. Sie liegt? Ach, die Bestie! Liegt, als wenn sie eine Adelige wäre!

Jeremejewna. Sie hat starkes Fieber und phantasiert unaufhörlich.

Frau Prostakowa. Die Bestie phantasiert! Als wenn sie eine Adelige wäre! So rufe den Mann, den Sohn! Sage ihnen, daß durch Gottes Güte unsre Erwartung in Erfüllung gegangen ist: der teure Onkel unsrer lieben Sophie ist angekommen, unser zweiter Vater ist bei uns zu Besuch, gedankt sei dem Himmel! Nun, mach fort, rühr dich! (Jeremejewna schnell ab.)

Starodum. Wozu der Lärm? Gottes Güte hat mich nicht Ihr Vater werden lassen, und dank der Güte Gottes bin ich Ihnen auch gar nicht bekannt.

Frau Prostakowa. Dein plötzliches Erscheinen, Väterchen, hat mich um den Verstand gebracht. So laß dich doch wenigstens ordentlich umarmen, du unser Wohlthäter!

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen. Prostakow, Mitrofan und Jeremejewna.

(Während der nachfolgenden Worte Starodums haben sich Prostakow und Sohn, die durch die Mittelthür eingetreten waren, hinter den Rücken Starodums gestellt. Der Vater will ihn umarmen, sobald die Reihe an ihn kommt, der Sohn – die Hand küssen. Jeremejewna hat seitwärts Platz genommen und steht mit übers Kreuz geschlagenen Armen regungslos da, die Blicke starr auf Starodum gerichtet und jedes seiner Worte mit kriechender Aufmerksamkeit verfolgend.)

Starodum (ungern die Prostakowa umarmend). Ganz überflüssige Güte, Madame, ohne die ich recht gut auskommen könnte! (Reißt sich aus der Umarmung und wendet sich nach der Seite Skotinins, der schon mit ausgebreiteten Armen dagestanden und ihn nun umfängt.) Zu wem bin ich nun geraten?

Skotinin. Ich bin’s, meiner Schwester Bruder.

Starodum (der noch zweie bemerkt, mit Ungeduld). Und wer ist das?

Prostakow (ihn umarmend). Ich bin der Mann meiner Frau. } (Zugleich.)
Mitrofan (seine Hand küssend). Und ich meiner Mutter Söhnchen.

Milon (zu Prawdin). Jetzt werde ich mich nicht vorstellen.

Prawdin (zu Milon). Ich werde Gelegenheit finden, dich später vorzustellen.

Starodum (Mitrofan die Hand entziehend). Dieser sucht die Hand zu küssen: man sieht, welch edle Seele in ihm herangebildet wird!

Frau Prostakowa. Sprich, mein Liebling: „Wie sollt’ ich, Herr, deine Hand nicht küssen – du bist ja mein zweiter Vater.“

Mitrofan. Wie sollt’ ich, lieber Onkel, deine Hand nicht küssen – du bist ja mein Vater! (Zur Mutter.) Welcher war’s doch?

Frau Prostakowa. Der zweite.

Mitrofan. Der zweite? Der zweite Vater, lieber Onkel.

Starodum. Ich bin, mein Bester, weder dein Vater noch dein Onkel.

Frau Prostakowa. Väterchen, der liebe Junge prophezeit sich vielleicht sein Glück: wer weiß, mit Gottes Hilfe könnte er ja dein Neffe werden.

Skotinin. Wirklich? Und ich bin zu schlecht für den Neffen? O Schwester!

Frau Prostakowa. Ich will, Bruder, mich mit dir nicht herumbeißen. (Zu Starodum.) Noch nie im Leben, Väterchen, hab’ ich mit jemand gezankt. Mein Charakter ist: und werd’ ich noch so sehr beschimpft, nie sag’ ich ein Wort dagegen. Gott wird’s denjenigen schon heimzahlen, die mich Arme beleidigen!

Starodum. Das hab’ ich gleich bemerkt, als du nur zur Thür hereintratst.

Prawdin. Ich bin schon drei Tage Zeuge ihres sanften Charakters.

Starodum. Dieses Vergnügen werd’ ich nicht so lange genießen können. Liebe Sophie, morgen fahren wir mit dir nach Moskau.

Frau Prostakowa. O Väterchen, wofür zürnst du uns?

Prostakow. Wofür diese Ungnade?

Frau Prostakowa. Wie? Wir sollten von Sophiechen scheiden, unserm Herzenskinde? Ich werde vor Kummer Hungers sterben!

Prostakow. Das ist mein Tod! Schon fühl’ ich –

Starodum. Da ihr sie so liebt, so muß ich euch eine Freude bereiten: ich bringe sie nach Moskau, um dort ihr Glück zu gründen. Mir ist ein sehr würdiger junger Mensch als Bräutigam für sie empfohlen worden; ihn auch soll sie heiraten.

Frau Prostakowa. Er bringt mich um! } (Gleichzeitig.)
Milon. Was hör ich? (Sophie ist bestürzt.)
Skotinin. Saubere Bescherung! (Prostakow schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.)
Mitrofan. Da haben wir’s! (Jeremejewna nickt traurig mit dem Kopfe. Prawdin scheint erstaunt und erzürnt.)

Starodum (die Bestürzung aller gewahr werdend). Was heißt das? (Zu Sophie.) Liebe, gute Sophie, auch du scheinst bestürzt? Hat dich wirklich mein Plan gekränkt? Ich vertrete Vaterstelle an dir, und glaube mir, daß ich meine Rechte kenne. Sie gehen nicht weiter, als eine unglückbringende Neigung der Tochter abzuwenden; die Wahl eines würdigen Mannes jedoch hängt ganz von ihrem eigenen Herzen ab. Beruhige dich, mein Freund! Ein Mann, der deiner würdig ist – er mag sein, wer er will – wird stets einen aufrichtigen Freund an mir haben. Heirate nach eigener Wahl. (Die Mienen aller verklären sich.)

Sophie. Onkelchen, zweifeln Sie nicht an meinem Gehorsam.

Milon (für sich). Der Ehrenmann!

Frau Prostakowa (fröhlich). Das ist ein Vater! Ein Freude, ihn zu hören! Heirate nach eigener Wahl, nur muß der Mann deiner würdig sein. Ganz recht, Väterchen, ganz richtig! Man muß nur den Bräutigam nicht verpassen! Hat man einen Edelmann vor sich, einen jungen Menschen –

Skotinin. Der längst kein Kind mehr ist –

Frau Prostakowa. Dessen Vermögen zwar nicht groß –

Skotinin. Dessen Schweinezüchterei jedoch ansehnlich –

Frau Prostakowa. Dann Glück auf den Weg und fort in die Erzengelkirche! } (Zusammen.)
Skotinin. Ein fröhlicher Schmaus und die Hochzeit gefeiert!

Starodum. Eure Ratschläge sind uneigennützig, seh’ ich.

Skotinin. Lerne mich nur näher kennen und du wirst dein Wunder sehn! Du siehst selbst – hier herrscht ja Sodom und Gomorra. Darum will ich nach einem Stündchen bei dir allein vorsprechen, und dann schließen wir das Geschäft ab! Ohne Ruhm zu sagen – solcher wie ich gibt’s wenige! (Ab.)

Starodum. Das will ich gern glauben!

Frau Prostakowa. Wundere dich nicht über den Bruder –

Starodum. Er ist Ihr Bruder?

Frau Prostakowa. Mein leiblicher Bruder, Väterchen: auch ich bin ja eine geborne Skotinin. Mein seliger Vater heiratete meine selige Mutter; ihr Familienname war Priplodina. Wir waren unser achtzehn Geschwister, doch alle, mit Ausnahme von mir und meinem Bruder, sind nach dem Willen Gottes gestorben: ein paar hat man tot aus der Badstube gezogen; dreie verendeten, nachdem sie Milch aus einem kleinen kupfernen Kessel getrunken hatten; zweie stürzten zu Pfingsten vom Glockenturm, und die übrigen starben von selbst.

Starodum. Ich kann mir vorstellen, was Ihre Eltern für Menschen waren.

Frau Prostakowa. Leute aus der guten alten Zeit. Ja, das waren damals andre Zeiten! Wir erhielten gar keine Bildung. Manchmal kamen die Nachbarn und quälten, quälten den Vater, daß er doch wenigstens den Bruder zur Schule schickte – aber umsonst: der teure Verstorbene wehrte sich dagegen mit Händen und Füßen, Gott hab’ ihn selig. Mitunter schrie er: „Ich verfluche das Kind, welches irgend etwas diesen heidnischen Federfüchsen ablernt, und will nicht Skotinin heißen, wenn ich nicht jedem meiner Kinder die Lust zum Lernen ausprügele.“

Prawdin. Wie kommt’s denn, daß Sie Ihren Sohn aus diesem und jenem unterrichten lassen?

Frau Prostakowa. Wir leben in einer andern Zeit, mein Bester. (Zu Starodum.) Den letzten Bissen vom Munde opfern wir, damit nur unser Sohn alles erlerne. Tagelang sitzt mein armer Mitrofan über den Büchern. Mein Mutterherz blutet, aber ich tröste mich mit dem Gedanken: dafür ist er auch mit der Zeit ein gemachter Mann! Am heiligen Nikolaus-Tage im Winter wird er sechzehn Jahr alt. Ein Bräutigam wär’ er, wie man sich keinen bessern wünschen kann, aber noch immer kommen Lehrer, lassen keine Stunde unbenutzt vergehn; so warten auch jetzt zweie im Flur. (Macht Jeremejewna ein Zeichen, sie hereinzurufen.) Und in Moskau haben wir gar einen Ausländer auf sechs Jahre engagiert und einen Kontrakt in der Polizei abgeschlossen, damit ihn nicht andre zu sich herüberlocken. Er erbot sich, Mitrofan aus allem, das wir nur wünschen, zu unterrichten; wir jedoch sind der Ansicht, er solle daraus unterrichten, was er selber versteht und kennt. Ja, unsre Elternpflicht haben wir durchaus erfüllt: haben einen deutschen Hauslehrer, dem wir das Geld für drei Monate vorausbezahlen. Von Herzen gern würd’ ich es sehn, wenn du selber, Väterchen, dich überzeugen wolltest, was unser Mitrofan alles gelernt hat.

Starodum. Ich bin hierin kein Kenner.

Frau Prostakowa (Kutejkin und Zyfirkin erblickend). Da sind auch die Lehrer. Hab’ ich’s nicht gesagt, daß mein armer Mitrofan weder Tag noch Nacht Ruhe hat? Ich will mein eigenes Kind nicht loben, aber eines kann ich sagen: glücklich das Mädchen, das ihn zum Manne bekommt!

Prawdin. Das ist alles ganz schön: aber vergessen Sie doch nicht, daß unser Gast soeben erst aus Moskau angekommen ist und weit mehr der Ruhe bedarf als der Lobeserhebungen Ihres Sohnes.

Starodum. Ja, ich gestehe, daß ich sowohl von der Reise ausruhen möchte als auch von all dem, das ich gehört und gesehn.

Frau Prostakowa. Ach, Väterchen, alles ist bereit; ich selber habe dir das Zimmer in Ordnung gebracht.

Starodum. Ich danke. Sophiechen, begleite mich.

Frau Prostakowa. Wie, und wir? Erlaube, Väterchen, daß sowohl ich als auch mein Sohn und mein Mann dich begleiten! Zu Fuß wollen wir alle nach Kijew pilgern und dort für deine Gesundheit beten, wenn nur unser Geschäftchen zu stande kommt!

Starodum (zu Prawdin). Wann sehen wir uns? Nach einem kurzen Schläfchen bin ich wieder hier.

Prawdin. So werde ich auch die Ehre haben, Sie hierselbst zu sehn.

Starodum. Das freut mich. (Erblickt Milon, der ihn ehrfurchtsvoll grüßt, und erwidert höflich den Gruß.)

Frau Prostakowa. Also bitte, bitte. (Alle gehen ab: Prawdin und Milon nach der einen Seite, die übrigen nach der andern. Die Lehrer bleiben.)

Sechster Auftritt.

Kutejkin und Zyfirkin.

Kutejkin. Eine Satanswirtschaft das! Von früh an treib’ ich mich hier zwecklos herum. Auf solche Art muß jeder Morgen hier verwelken und verdorren.

Zyfirkin. Unsereiner hat’s seine Lebtage nicht anders: blutwenig gibt’s für uns zu thun. Ein Unglück aber ist, daß wir so schlecht gefüttert werden, wie es denn beispielsweise heute zu Mittag an Proviant mangelte.

Kutejkin. Hätte mich nicht der Herr erleuchtet, auf dem Hierherwege bei unsrer Hostienbäckerin einzukehren, ich würde jetzt heulen wie ein Hund.

Zyfirkin. Unsre Brotherrn sind mir nette Herrschaften!

Kutejkin. Hast du gehört, Bruderherz, welch ein Leben das hiesige Gesinde hat? Wohl hast du gedient, bist in mancher Schlacht gewesen, doch Furcht und Zittern würde dir ankommen und Grauen dich befallen, wenn –

Zyfirkin. Bah, ob ich’s gehört? Mit eigenen Augen sah ich hier ein stundenlanges Lauffeuer. (Seufzend.) Ach, traurig wird mir zu Sinn!

Kutejkin. Wehe mir Sünder!

Zyfirkin. Worüber seufzest du, Ssidorytsch?

Kutejkin. Auch dein Herz ist betrübt, Pafnutjitsch?

Zyfirkin. Unwillkürlich wird man schwermütig. Da hat mir Gott einen Schüler beschert, einen Edelmann. Das dritte Jahr nun quäl’ ich mich mit ihm ab, und noch kann er keine drei zählen.

Kutejkin. So haben wir beide Einen Kummer. Das vierte Jahr kastei’ ich meinen Leib. Keine neue Zeile kann der Junge aus der Fibel lesen, ist nur im stande, das Gelesene zu repetieren, und auch hierbei sogar kaut er die Worte ohne Sinn und Verstand.

Zyfirkin. Und wer ist schuld? Kaum hat er den Griffel in der Hand, erscheint der Deutsche in der Thür. Den Jungen erlöst man von der Schiefertafel, und mich möchte man vor die Thür setzen.

Kutejkin. Auch nicht meine Schuld ist’s. Kaum nehm’ ich den Bleistift zwischen die Finger, tritt mir der Heide vor die Augen. Dem Schüler wird der Kopf gestreichelt und dem Lehrer eins ins Genick versetzt.

Zyfirkin (eifrig). Ein Ohr ließe ich mir abhauen, könnt’ ich diesem Schmarotzer nach Soldatenart Räson beibringen.

Kutejkin. Geißeln ließe ich mich, könnt’ ich dem Barbaren den Hals brechen.

Siebenter Auftritt.

Die Vorigen. Frau Prostakowa und Mitrofan.

Frau Prostakowa. Derweilen er schläft, solltest du doch wenigstens zum Schein etwas lernen, mein Liebling, damit es zu seinen Ohren komme, wie fleißig du bist.

Mitrofan. Nun, und dann?

Frau Prostakowa. Und dann heiratest du.

Mitrofan. Höre, Mutter: ich will dir das Vergnügen machen, werde ein wenig lernen – doch soll’s das letzte Mal sein, noch heute muß die Verlobung stattfinden!

Frau Prostakowa. Die Stunde wird kommen, wenn Gott will, wo –

Mitrofan. Die Stunde ist gekommen, wo ich will! Ich will nicht lernen, will heiraten! Du selber hast mich so weit gebracht, schreib’s dir selber zu ... Nun, da sitz’ ich. (Zyfirkin spitzt den Griffel an.)

Frau Prostakowa. Und ich will mich hier nebenan setzen und dir ein Beutelchen stricken, damit du etwas hast, wohin Sophiechens Geld zu legen.

Mitrofan. Nun, her mit der Tafel, du Garnisonratte! Was soll ich schreiben?

Zyfirkin. Ew. Gnaden beißen sich immer ohne Ursache herum.

Frau Prostakowa (arbeitend). Du mein Gott! Der gute Junge darf Pafnutjitsch kein einziges Scheltwort sagen – gleich wird der Mann böse!

Zyfirkin. Böse? Nicht doch, Ew. Gnaden. Ein russisches Sprichwort sagt: Bellt der Hund, verweht’s der Wind.

Mitrofan. Nun, was soll ich repetieren? Rühr dich!

Zyfirkin. Beim ewigen Repetieren kann man nicht avancieren.

Frau Prostakowa. Ist nicht deine Sache, Pafnutjitsch. Es ist mir sehr lieb, daß Mitrofan nicht avancieren will: mit seinem Verstande und hoch avancieren – Gott verhüt’ es!

Zyfirkin. Die Aufgabe lautet: Du und ich gingen mal auf der Landstraße und mit uns – nun, sagen wir – Ssidorytsch. Wir fanden alle drei –

Mitrofan (schreibt). Drei.

Zyfirkin. Unterwegs dreihundert Rubel.

Mitrofan (schreibt). Dreihundert.

Zyfirkin. Darauf ging’s ans Teilen ... Nun berechne mal, wieviel ein jeder von uns zu bekommen hat.

Mitrofan (rechnet flüsternd). 1 × 3 = 3; 1 × 0 = 0 ... 1 × 0 = 0 ...

Frau Prostakowa. Was, was wird da geteilt?

Mitrofan. Gefundene dreihundert Rubel sollen unter drei Personen geteilt werden.

Frau Prostakowa. Unsinn, mein Herz! Hast du Geld gefunden, so teil’s mit keinem, behalt alles! Lerne nicht diese blödsinnige Wissenschaft, mein Junge!

Mitrofan. Hörst du, Pafnutjitsch? Ein andres Exempel!

Zyfirkin. Nun, schreibe. Für den Unterricht bekomm’ ich jährlich zehn Rubel.

Mitrofan (schreibt). Zehn.

Zyfirkin. Jetzt ist’s freilich herausgeworfenes Geld. Doch gesetzt den Fall, du würdest etwas von mir lernen, – so wär’ es kein Unglück, wenn noch zehn zugelegt würden.

Mitrofan (schreibt). Nun ... nun, zehn.

Zyfirkin. Wieviel macht’s denn im Jahr aus?

Mitrofan (rechnet flüsternd). 0 + 0 = 0, 1 + 1 ... (versinkt in Nachdenken).

Frau Prostakowa. Bemühe dich nicht unnütz, mein Bester: werde keinen Groschen zulegen. Wär’ auch ganz unnütz – die Wissenschaft ist nicht danach: du, armer Junge, wirst nur gequält, während das Ganze ein Unsinn ist. Ist kein Geld da, so braucht’s auch nicht gezählt zu werden; ist’s da, so werden wir’s auch ohne Pafnutjitsch sehr gut zusammenzählen.

Kutejkin. Fertig, Pafnutjitsch! Zwei Exempel sind gelöst – kontrolliert werden sie ja doch nicht.

Mitrofan. Habe keine Sorge: Mutter wird sich schon nicht verzählen! ... Nun laß uns das Gestrige wiederholen.

Kutejkin (Öffnet das Gebetbuch). Nun vorwärts mit Gottes Segen! ... Sprich mir aufmerksam nach ... Ich bin ein Wurm.

Mitrofan. Ich bin ein Wurm.

Kutejkin. Ein Wurm, das heißt ein Tier, ein Vieh. Das heißt: ich bin ein Vieh.

Mitrofan. Ich bin ein Vieh.

Kutejkin (mit belehrendem Ton). Und kein Mensch.

Mitrofan (ebenso). Und kein Mensch.

Kutejkin. Ein Spott der Leute.

Mitrofan. Ein Spott der Leute.

Kutejkin. Und veracht –

Achter Auftritt.

Die Vorigen und Wralmann.

Wralmann. O! o! o! o! Jetzt seh’ ich’s! Ins Grab bringen will man das Kind! Mutter, erbarme dich der Frucht deines Leibes, die du neun Monate in deinem Schoß herumgeschleppt hast, sozusagen ein achtes Wunder der Welt! Gibst du ihnen noch länger Freiheit, den verfluchten Bösewichtern – wie bald ist aus einem solchen Kopf ein Klotz gemacht! Das Kind ist schon disponiert dazu, hat alle Anlagen!

Frau Prostakowa. Wahrheit sprichst du, Adam Adamytsch ... Liebes Kind, wenn das Lernen deinem teuren Kopfe so schädlich ist, so bin ich der Ansicht, daß du aufhörst zu lernen.

Mitrofan. Dieser Ansicht bin ich schon lange.

Kutejkin (das Buch schließend). Fertig, und Ehre sei Gott in der Höh’.

Wralmann. Verehrteste, Teuerste, Beste – was willst du? Wie dein Sohn auch sein mag – aber er ist gesund; was hilft’s dir, wenn du einen weisen Sohn hast, sozusagen einen Arestotilis, und er steht mit einem Fuß im Grabe?

Frau Prostakowa. Das ist ja entsetzlich, Adam Adamytsch! Und er hat noch gestern so unakkurat zu Abend gegessen.

Wralmann. Bedenke nur, Werteste: schon ein überladener Magen ist ein Unglück. Wie nun, wenn sein Kopf, der doch viel schwächer ist als sein Magen – Gott schütze vor Unglück – überladen wird, was dann?

Frau Prostakowa. Wahrheit sprichst du, Adam Adamytsch! Aber was thun? Wenn der Knabe, ohne etwas gelernt zu haben, nach Petersburg kommt, so wird man ihn einen Dummkopf nennen! Heutzutage gibt’s zu viele Kluge, und diese gerade fürchte ich.

Wralmann. Warum sie fürchten, Verehrteste? Ein vernünftiger Mensch wird nie mit ihm anbinden, wird nie mit ihm in Meinungsstreit kommen; er aber soll auch mit klugen Menschen keine Gemeinschaft suchen, und der Segen des Himmels wird auf ihm ruhn.

Frau Prostakowa. So mußt du auf der Welt leben, Mitrofan.

Mitrofan. Ich selbst, Mutter, bin kein Freund von klugen Menschen; nur gleich und gleich gesellt sich gern.

Wralmann. Natürlich lebt sich’s am besten unter seinesgleichen, sozusagen in eigener Gesellschaft.

Frau Prostakowa. Aber, Adam Adamytsch – aus wem willst du denn diese Gesellschaft bilden?

Wralmann. Besorge nicht, Verehrteste, besorge nicht: Solcher, wie dein teurer Sohn, gibt’s auf Erden Millionen! Wie sollte er sich da keine Gesellschaft finden?

Frau Prostakowa. Er ist zwar mein Sohn, aber dennoch ein findiger, gewandter Junge.

Wralmann. Jammerschade nur, daß er sich halbtot hat lernen müssen! Russische Grammatik! Arithmetik! Ach, du lieber Gott! Wie dabei noch die Seele im Leibe bleibt?! Als ob ein russischer Edelmann ohne die russische Grammatik in der Welt nicht avancieren könnte!

Kutejkin (beiseite). Daß dir der Pips an der Zunge wüchse!

Wralmann. Als ob früher die Menschen ohne die Arithmetik lauter Dummköpfe gewesen wären!

Zyfirkin (beiseite). Ich will dir schon deine Rippen zählen, wart du nur! Dich krieg’ ich schon!

Wralmann. Wissen muß man, wie man auf der Welt leben soll. Und ich kenne die Welt auswendig, ich bin ein geriebener Vogel!

Frau Prostakowa. Wie solltest du die Welt nicht kennen, Adam Adamytsch! Wieviel du allein in Petersburg gesehn haben magst!

Wralmann. Genug, Verehrteste, genug! Ich hab’s immer geliebt, mir das Publikum anzusehn. Sobald die Herrschaften in ihren Wagen am Feiertag nach Katharinenhof kamen, hatte ich vollauf zu sehen. Manchmal stieg ich stundenlang nicht vom Bock.

Frau Prostakowa. Von welchem Bock?

Wralmann (für sich). O, o, o – was hab’ ich da gesagt! (Laut.) Du weißt, Verehrteste, daß man am besten sieht, wenn man recht hoch sitzt. So kletterte ich denn manchmal auf den Wagen eines Bekannten und sah mir vom Bock aus die große Welt an.

Frau Prostakowa. Freilich sieht man auf solche Weise besser. Ein kluger Mensch weiß, wohin er steigt.

Wralmann. Auch dein teurer Sohn wird noch in der Welt steigen: die Menschen zu sehn und sich selber zu zeigen ... Prachtjunge! (Mitrofan dreht sich herum, auf demselben Platz stehen bleibend.) Prachtjunge! Kann nicht stille stehn, gleich einem wilden Roß ohne Zaum ... Nun, fort! (Mitrofan läuft fort.)

Frau Prostakowa (freudig lächelnd). Ist doch noch ein wahres Kind, obgleich schon Bräutigam! Muß doch nachsehn, daß er in seinem Mutwillen den teuren Gast nicht belästige.

Wralmann. Geh, Verehrteste, geh. Um diesen losen Vogel zu überwachen, muß man seine Augen überall haben.

Frau Prostakowa. So lebe denn wohl, Adam Adamytsch. (Ab.)

Neunter Auftritt.

Wralmann, Kutejkin und Zyfirkin.

Zyfirkin (höhnend). Affenfratze!

Kutejkin (ebenso). Du Sprichwort und Spott unter allen Völkern!

Wralmann. Nun, was fletscht ihr die Zähne, ihr ungebildeten Menschen?!

Zyfirkin (schlägt ihn auf die Schulter). Und was ziehst du die Augenbrauen zusammen, du finnische Eule?

Wralmann. Au, das ist eine eiserne Tatze!

Kutejkin (ihn gleichfalls auf die Schulter schlagend). Uhu verfluchter! Was rollst du deine Glotzaugen?

Wralmann (für sich). Ich bin verloren! (Laut.) Spottet ihr mein, Kameraden?

Zyfirkin. Selber issest du hier unverdientes Brot und hinderst andere, etwas zu thun! Dummes Gesicht!

Kutejkin. Eitel Hoffart redet deine Zunge, du Gottloser.

Wralmann (sich von seinem Schrecken erholend). Wie wagt ihr’s, gegen eine gebildete Person unhöflich zu sein? Ich werde um Hilfe schreien.

Zyfirkin. Gleich werden wir dir unsre Hochachtung bezeigen: ich mit der Tafel –

Kutejkin. Und ich mit dem Buche.

Wralmann. Ich werde euch bei der gnädigen Frau verklagen! (Zyfirkin holt mit der Tafel aus, Kutejkin mit dem Buche.)

Zyfirkin. Deine Fratze will ich dir zerfleischen! } (Gleichzeitig.)
Kutejkin. Ich zerschmettere des Gottlosen Zähne! (Wralmann flieht.)

Zyfirkin. Aha, da läuft der Hasenfuß!

Kutejkin. Hebe dich hinweg, Gottverfluchter!

Wralmann (in der Thür). Was nun, ihr Bestien? Steckt mal eure Nase hierher!

Zyfirkin. Hast Reißaus genommen! Wir würden dich schon durchgewalkt haben!

Wralmann. Ich fürchte euch nicht, jetzt fürcht’ ich euch nicht!

Kutejkin. Geborgen hat sich der Gottlose! Hast du noch viele von deinem Heidengesindel in der Nähe? Rufe sie alle!

Wralmann. Seid mit Einem nicht fertig geworden! Nun, was, habt ihr’s? } (Durcheinanderschreiend.)
Zyfirkin. Ich allein werde mit zehn Mann fertig!
Kutejkin. Frühe vertilge ich alle Gottlosen im Lande!

Vierter Aufzug.

Erster Auftritt.

Sophie (allein; sieht auf die Uhr). Der Onkel muß bald herkommen. (Setzt sich, nimmt ein Buch und liest ein wenig.) Das ist wahr: wie sollte das Herz nicht zufrieden sein, wenn das Gewissen ruhig ist? (Liest wieder.) Man muß die Gesetze der Tugend lieben: sie führen zum Glück. (Liest noch einige Zeilen, erblickt Starodum und eilt ihm entgegen.)

Zweiter Auftritt.

Sophie und Starodum.

Starodum. Ach, du bist schon hier, mein Herz?

Sophie. Ich habe Sie erwartet, Onkelchen, und derweil ein Buch gelesen.

Starodum. Welches?

Sophie. Ein französisches: Fénelons „Mädchenerziehung“.

Starodum. Fénelons, des Verfassers des „Telemach“? Das muß ein gutes Buch sein. Ich kenn’ es zwar nicht, jedoch lies es nur. Wer den „Telemach“ geschrieben, dessen Feder kann keine Sittenverderberin sein. Die modernen Schöngeister machen mich für die jungen Mädchen fürchten. Ich habe sie alle gelesen, soweit sie ins Russische übersetzt sind. Es ist wahr: sie rotten die Vorurteile aus, rütteln jedoch bedenklich an den Wurzeln der Moral. Setzen wir uns. (Sie setzen sich.) Mein innigster Wunsch ist, dich so glücklich zu wissen, wie man auf Erden nur immer glücklich sein kann.

Sophie. Ihre Lehren, Onkelchen, werden mein ganzes Glück begründen. Geben Sie mir Lehren, denen ich folgen soll. Leiten Sie mein Herz, es gehorcht Ihnen gern.

Starodum. Deine Herzensneigung ist mir teuer. Mit Freuden will ich dir meine Ratschläge erteilen. Höre mir mit einer Aufmerksamkeit zu, die der Aufrichtigkeit meiner Rede gleichkommt. Rücke näher. (Sophie nähert ihm ihren Stuhl.)

Sophie. Onkelchen, jedes Ihrer Worte wird sich tief meinem Herzen einprägen.

Starodum. Du stehst jetzt in dem Alter, wo die Seele ihres ganzen Seins genießen, die Vernunft lernen, das Herz empfinden will. Du trittst jetzt in die Welt, wo der erste Schritt oft für das ganze Leben entscheidend ist, wo oft eine in ihren Begriffen demoralisierte Vernunft, ein in seinen Gefühlen demoralisiertes Herz die erste Begegnung bildet. O mein Freund, lerne unterscheiden, lerne zu denen halten, deren Freundschaft dir das Wohl deiner Vernunft und deines Herzens verbürgt.

Sophie. Mein ganzes Streben wird darnach gerichtet sein, die Achtung würdiger Menschen zu erwerben. Wie jedoch mach’ ich’s, daß diejenigen, die ich meide, mir dafür nicht zürnen? Gibt es nicht ein Mittel, daß mir kein Mensch auf Erden gram sei?

Starodum. Die Abneigung Unwürdiger muß nicht kränkend sein. Wisse, daß man nie demjenigen Böses wünscht, den man verachtet; im Gegenteil: man wünscht Böses dem, der selber das Recht hat, zu verachten. Die Menschen beneiden einander nicht allein um Reichtum und Rang: auch die Tugend hat ihre Neider. Diese geben sich alle Mühe, ein unschuldiges Herz zu verderben, um es bis zu sich herab zu erniedrigen; und die Vernunft wird verderbt, damit sie im Unwürdigen ihr Glück ersehe.

Sophie. Ist es denn möglich, lieber Onkel, daß es auf der Welt solche bedauernswerte Menschen gibt, in deren Herzen eine lasterhafte Empfindung dadurch entsteht, daß ein andrer nicht lasterhaft empfindet? Ein tugendhafter Mensch muß solche Unglückliche bedauern.

Starodum. Es ist wahr, sie sind bedauernswert: doch darum setzt ein tugendhafter Mensch seinen Weg unbeirrt fort. Denke nur, welch ein Unglück es wäre, wenn die Sonne aufhören würde zu scheinen, bloß um schwache Augen nicht zu blenden!

Sophie. Aber sagen Sie mir, bitte, ob die Menschen selber die Schuld tragen an der Lasterhaftigkeit ihrer Seele? Kann denn ein jeder Mensch tugendhaft sein?

Starodum. Glaube mir, daß jedermann genügend Kraft finden kann, um tugendhaft zu sein. Man muß nur recht wollen, und leicht wird es dann fallen, das zu unterlassen, wofür in der Folge das Gewissen Vorwürfe machen könnte.

Sophie. Wer denn wird einen Menschen warnen, wer ihn an einer That verhindern, die Gewissensbisse zur Folge haben könnte?

Starodum. Wer ihn warnen wird? Wiederum das Gewissen. Ja, das Gewissen warnt stets als Freund früher, bevor es als Richter bestraft.

Sophie. Dann muß ja jeder lasterhafte Mensch verachtungswert sein, wenn er wissentlich etwas Böses verübt. Dann muß seine Seele recht niedrig sein, wenn sie sich nicht über die böse That erheben kann.

Starodum. Und seine Vernunft muß keine Vernunft sein, wenn sie ihr Glück in etwas Unwürdigem ersieht.

Sophie. Mir scheint, lieber Onkel, daß alle Menschen einerlei Meinung sind, worin das Glück bestehe. Ehrenauszeichnungen, Reichtum –

Starodum. Ganz recht, mein Freund. Auch ich will einen Mann, der reich ist und ausgezeichnet wird, glücklich heißen. Doch wollen wir erst untersuchen, wer denn ausgezeichnet wird und reich ist. Ich habe hierüber mein eigenes Urteil. Den Ruhm bemesse ich nach den Thaten, die ein berühmter Mensch zum Besten seines Vaterlandes gethan, und nicht nach den Thaten, die in selbstsüchtigem Ehrgeiz ihre Quelle haben; ich bemesse den Ruhm nicht nach der Anzahl der Menschen, die in des Gefeierten Vorzimmer einander drängen und stoßen, sondern nach der Zahl jener Menschen, die mit seinem Betragen, mit seinen Handlungen zufrieden sind. Ein derart ausgezeichneter Mensch ist in der That glücklich. – Ferner ist meiner Ansicht nach, nicht derjenige reich, der sein Geld abzählt, um es in Kisten und Spinden zu verwahren, sondern derjenige gilt mir reich, der sein überflüssiges Geld abzählt, um den Bedürftigen zu helfen.

Sophie. Wie wahr ist das alles! ... Wie oft betrügt uns der äußere Schein! Ich selbst hatte mehrfach Gelegenheit zu sehen, wie man denjenigen beneidet, der etwas bei Hofe sucht und daselbst etwas bedeutet.

Starodum. Und die Neider wissen nicht, daß jede Kreatur bei Hofe etwas sucht und sogar etwas bedeutet; sie wissen es nicht, daß bei Hofe jedermann Höfling ist und Höflinge hat. Nein, hier ist nichts zu beneiden: ohne Ehrenhandlungen ist ein Ehrenstand ein Unding.

Sophie. Gewiß, Onkel. Und ein derart ausgezeichneter Mensch macht keinen, außer sich selber, glücklich.

Starodum. Wie? Ist denn derjenige glücklich, der allein, vereinsamt glücklich ist? Wisse, daß, so groß auch sein Ruhm sei, er doch niemals vollständige Glückseligkeit empfinden kann. Stelle dir einen Menschen vor, der seinen ganzen Ruhm nur dazu benutzen wollte, um es selber gut zu haben, der es auch erreichte, daß für ihn selber nichts mehr zu wünschen übrigbliebe; dann würde ja seine ganze Seele nur ein Gefühl mit sich herumtragen – die Furcht, früher oder später von der Höhe seines Glücks gestürzt zu werden. Sage nun, mein Freund, ob derjenige glücklich ist, der nichts mehr zu wünschen hat und nur fürchten kann?

Sophie. Ich sehe nun den Unterschied zwischen dem Glücklichscheinen und Glücklichsein. Aber es ist mir unbegreiflich, wie ein Mensch immer nur an sich denken kann! Bedenkt man denn nicht, daß man andern verpflichtet ist? Wo bleibt denn der Verstand, auf den man sich so viel zu gute thut?

Starodum. Sich etwas auf den Verstand zu gute thun? Ein Verstand, der nur Verstand ist, will noch gar wenig bedeuten! Es gibt Menschen, die bei bedeutendem Verstande schlechte Ehemänner, schlechte Väter, schlechte Bürger sind. Wert verleiht dem Verstande nur die Tugend: ohne Tugend ist auch ein kluger Mensch ein Ungeheuer. Sie steht unendlich höher als ein hoher Verstand – das wird jeder leicht begreifen, der nur ein wenig nachdenkt. Es gibt viele Arten des Verstandes. Einem klugen Menschen kann man verzeihen, wenn ihm diese oder jene Eigenschaft des Verstandes abgeht; einem tugendhaften Menschen verzeiht man’s nicht, wenn ihm irgend eine Tugend des Herzens fehlt: er muß sie alle insgesamt besitzen, denn die Tugend des Herzens ist unteilbar. Ein tugendhafter Mensch muß vollkommen tugendhaft sein.

Sophie. Ihre Erklärung, lieber Onkel, entspricht ganz meinem innern Gefühl, das ich nicht verstehe in Worte zu fassen. Jetzt empfind’ ich lebhaft, worin der Wert eines tugendhaften Menschen, worin seine Pflicht besteht.

Starodum. Pflicht! Ach, mein Freund – dieses Wort ist auf aller Lippen und wird doch oft so falsch verstanden. Der beständige Gebrauch dieses Wortes hat uns dermaßen an dasselbe gewöhnt, daß ein Mensch, der es ausspricht, nichts dabei denkt und empfindet. Wenn die Menschen die Bedeutung dieses Wortes wüßten, würden sie es nicht ohne innere Ehrfurcht aussprechen. Was ist die Pflicht? Jenes heilige Gelübde, das uns an alle bindet, mit denen wir leben und von denen wir abhängen. Wenn jeder den Begriff der Pflicht so auffaßte, wie er ihn ausspricht, so würde jeder Stand nicht über den seiner Lage angemessenen Ehrgeiz streben, würde vollkommen glücklich sein. Der Edelmann z. B. würde es sich zur Unehre gereichen lassen, wenn er nicht ausschließlich seiner großen Pflicht obläge – den Untergebenen zu helfen, dem Vaterlande zu dienen. Dann würde es keine Edelleute geben, deren Adel sozusagen zugleich mit ihren Vorfahren begraben wird. Ein Edelmann, der nicht wert ist ein Edelmann zu sein, ist das erbärmlichste Geschöpf, das ich mir vorstellen kann.

Sophie. Kann man sich denn dermaßen erniedrigen?

Starodum. Mein Freund! Das, was ich vom Edelmann gesagt, kann auf alle Menschen angewendet werden. Jedermann hat seine Pflichten, doch wie werden sie erfüllt? Wie z. B. sind die Männer heutigentags – die Frauen auch nicht zu vergessen!? O mein Kind, höre mir nun mit vollster Aufmerksamkeit zu! Betrachten wir uns z. B. eine unglückliche Familie, wie es deren eine Unmenge gibt, wo die Frau keine herzliche Freundschaft für den Mann empfindet, noch er Vertrauen zu ihr; wo beide auf ihre Art den Weg der Tugend verlassen. Statt eines innigen und nachsichtigen Freundes erblickt die Frau in ihrem Manne einen groben und lasterhaften Tyrannen. Andrerseits sieht der Mann in der Seele seiner Frau statt Sanftmut und Treuherzigkeit – die Eigenschaften einer tugendhaften Frau – nur widerspenstige Frechheit, die Frechheit einer Frau aber ist das Aushängeschild eines lastervollen Charakters. Beide werden sich gegenseitig zur unerträglichen Last; beide mißachten einen guten Namen, weil sie ihn beide verloren haben. Gibt es wohl eine schrecklichere Lage? Das Hauswesen ist verwahrlost; die Dienerschaft vergißt die Pflicht des Gehorsams, weil sie in ihrem eigenen Herrn einen Sklaven niedriger Leidenschaft sieht; das Gut wird ruiniert: es gehört keinem, weil der Herr nicht sich selber gehört. Die Kinder, die unglücklichen Kinder, sind schon zu Lebzeiten der Eltern arme Waisen. Der Vater, der seine Frau mißachtet, wagt kaum die Kinder zu umarmen, wagt kaum, sich den zartesten Empfindungen eines Menschenherzens hinzugeben. Die unschuldigen Kleinen entbehren gleichfalls der mütterlichen Liebe. Sie, die nicht wert ist, Kinder zu haben, entzieht sich ihren Liebkosungen, indem sie darin entweder die Ursache ihrer Unruhe oder einen Vorwurf für ihre Lasterhaftigkeit erblickt. Und welche Erziehung kann eine lasterhafte Mutter ihren Kindern geben? Wie soll sie ihnen Lehren der Tugend einimpfen, da sie selber keine Tugend besitzt? Welche Hölle muß in der Seele der Eltern brennen, wenn ihr Gedanke sich einmal ernstlich mit ihrer gräßlichen Lage beschäftigt.

Sophie. Wie entsetzenerregend ist dieses Beispiel!

Starodum. Gewiß muß es ein tugendhaftes Herz erschüttern. Doch ich denke, daß ein Mensch nicht in dem Grade demoralisiert sein kann, um ruhigen Blutes solche Greuel anzusehen.

Sophie. Gott, wodurch entsteht nur ein so schreckliches Unglück?

Starodum. Dadurch, mein Freund, daß bei den heutigen Eheschließungen selten das Herz zu Rate gezogen wird. Man sieht nur darauf, ob der Bräutigam eine angesehene und reiche und die Braut eine schöne und reiche Person ist. Nach der Tugend wird nicht gefragt. Keinem kommt es in den Sinn, daß in den Augen denkender Menschen ein Ehrenmann ohne Rang einen hohen Rang einnimmt, daß die Tugend alles ersetzt und selber durch nichts ersetzt werden kann. Und ich muß gestehn, liebe Sophie, daß mein Herz nur dann ganz ruhig sein wird, wenn ich dich als die Frau eines Ehrenmannes sehen werde, wenn wechselseitige Liebe –

Sophie. Einen ehrenhaften Gatten kann man ja nicht anders als recht freundschaftlich lieben.

Starodum. Richtig. Nur sei deine Liebe zum Gatten nicht der Freundschaft gleich, sondern deine Freundschaft zu ihm sei der Liebe ähnlich – dann werdet ihr noch nach zwanzig Jahren ehelichen Zusammenlebens eine unverminderte Neigung zu einander empfinden. Ein vernünftiger, ehrenhafter Mann und eine vernünftige, tugendhafte Frau – was kann es Herrlicheres geben? Dein Mann muß der Stimme der Vernunft gehorchen, und du deinem Manne, und dann ist euer Glück ein vollkommenes.

Sophie. Jedes Ihrer Worte geht mir zu Herzen.

Starodum (mit zärtlichem Feuer). Und mein Herz entzückt sich an dem Gefühl deines Herzens! Von dir allein hängt dein Glück ab. Gott hat dir allen Reiz deines Geschlechts verliehen. Ich sehe, daß du ein tugendhaftes Herz im Busen trägst. Ja, mein geliebtes Kind, du vereinigst in dir die Vorzüge beider Geschlechter! Ich schmeichle mir, daß meine Liebe zu dir mich nicht täuscht, daß deine Tugenden –

Sophie. Du hast jedes meiner Gefühle tugendhaft gemacht! (Will seine Hand küssen.)

Starodum (ihre Hand küssend). Ich danke Gott, daß ich in dir selbst einen festen Grund für dein Glück sehe. Nicht von Würden und Reichtum wird es abhängen, denn beides kann noch dereinst dein werden. Doch du besitzest bereits ein noch größeres Glück – das Gefühl, daß du würdig bist des Glückes, das du empfindest!

Sophie. Teuerster, bester Onkel! mein ganzes Glück ist, daß ich dich habe. Ich kenne den Wert –

Dritter Auftritt.

Die Vorigen. Ein Kammerdiener kommt und übergibt Starodum einen Brief.

Starodum. Von wo?

Kammerdiener. Aus Moskau, durch einen expressen Boten. (Ab.)

Starodum (entsiegelt das Schreiben und liest die Unterschrift). Ah, vom Grafen Tschestan. (Beginnt zu lesen, macht aber Miene, nicht gut sehen zu können.) Sophie, bitte, meine Brille – im Buch auf dem Tisch.

Sophie (im Abgehen). Sofort, Onkelchen.

Vierter Auftritt.

Starodum (allein). Er schreibt mir natürlich von seinem Vorschlag, den er mir in Moskau gemacht. Ich kenne Milon nicht; doch wenn sein Onkel, mein geschätzter Freund, und alle seine Bekannten ihn für einen würdigen und ehrenhaften Mann halten ... wenn ihr Herz frei ist ...

Fünfter Auftritt.

Starodum und Sophie.

Sophie (die Brille gebend.) Hier ist sie, Onkelchen.

Starodum (liest). „Ich habe soeben erfahren ... führt sein Kommando nach Moskau ... er muß mit Ihnen zusammentreffen. Es würde mich herzlich freuen, wenn er Sie sehen sollte ... Bitte, bringen Sie seine Gesinnungsart in Erfahrung“ ... (Beiseite.) Natürlich, sonst geb’ ich sie ihm nicht ... „Sie werden finden ... Ihr aufrichtiger Freund ...“ Gut. Dieser Brief betrifft dich. Ich habe dir schon gesagt, daß mir ein junger Mann sehr warm empfohlen worden ist ... Meine Worte machen dich stutzen, mein Freund, das hab’ ich schon damals gesehn und seh’ es auch jetzt. Doch dein Vertrauen zu mir –

Sophie. Kann ich denn etwas auf dem Herzen haben, das ich vor Ihnen als Geheimnis bergen sollte? Nein, lieber Onkel, ich will Ihnen treuherzig gestehn –

Sechster Auftritt.

Die Vorigen. Prawdin und Milon.

Prawdin. Erlauben Sie, Ihnen meinen aufrichtigen Freund Milon vorzustellen.

Starodum (beiseite). Milon!

Milon. Ich würde es für ein hohes Glück ansehn, wenn Sie mir Ihr Wohlwollen schenkten.

Starodum. Ist Graf Tschestan Ihnen verwandt?

Milon. Er ist mein Onkel.

Starodum. Mit Freuden mache ich Bekanntschaft mit einem Manne von Ihren Eigenschaften. Ihr Onkel hat mir von Ihnen gesprochen; er läßt Ihnen volle Gerechtigkeit widerfahren. Er rühmt Ihre Vorzüge –

Milon. Das thut er nur aus Güte. In meinem Alter und bei meiner Stellung wär’ es eine unverzeihliche Hoffart, wollte ich das Lob, das mir ehrenwerte Männer spenden, für verdient hinnehmen.

Prawdin. Ich bin im voraus versichert, daß mein Freund Ihr Wohlwollen erwirbt, sobald Sie ihn näher kennen lernen. Er verkehrte oft im Hause Ihrer seligen Schwester. (Starodum sieht sich nach Sophie um.)

Sophie (leise und sehr befangen zu Starodum). Und die Mutter liebte ihn wie einen Sohn.

Starodum (zu Sophie). Das ist mir sehr angenehm. (Zu Milon.) Ich habe gehört, daß Sie in der Armee dienten, Ihre Tapferkeit –

Milon. Ich that nur meine Pflicht. Weder Alter noch Rang ließen mich bisher meine Tapferkeit beweisen, falls ich sie wirklich besitze.

Starodum. Wie?! Sie waren ja in der Schlacht und haben mehrfach Ihr Leben aufs Spiel gesetzt –

Milon. Ich hab’s aufs Spiel gesetzt ebenso wie alle andern. Ein derartiger Mut ist eine Eigenschaft des Herzens, die dem Soldaten der Oberst zu haben befiehlt, und dem Offizier – die Ehre. Ich muß aufrichtig gestehn, daß ich noch keine Gelegenheit gehabt habe, eine echte Tapferkeit an den Tag zu legen, was ich jedoch von Herzen wünsche.

Starodum. Ich wäre sehr neugierig zu erfahren, was Sie unter echter Tapferkeit verstehen.

Milon. Meiner Ansicht nach hat die Tapferkeit ihren Sitz in der Seele und nicht im Herzen. Ist die Seele tapfer, so ist auch das Herz unbedingt mutig. In unserm Kriegshandwerk muß der Soldat mutig, der Befehlshaber tapfer sein. Mit kaltem Blute erkennt er alle Grade der Gefahr, ergreift die nötigen Maßregeln, schätzt den Ruhm höher als sein Leben; und was die Hauptsache ist: zum Nutzen und Ruhm seines Vaterlandes ist er tapfer genug, des eigenen Ruhmes zu vergessen. Seine Tapferkeit besteht somit nicht darin, daß er sein Leben gering achtet, denn er setzt es nicht blindlings aufs Spiel, sondern darin, daß er es zu opfern versteht.

Starodum. Ganz richtig. Echte Tapferkeit sehen Sie im Kriegsbefehlshaber; kann sie aber auch den andern Ständen eigen sein?

Milon. Sie ist eine Tugend, und folglich kann sich jeder Stand durch sie auszeichnen. Mir scheint, der Mut des Herzens erweist sich während der Schlacht, die Tapferkeit der Seele jedoch in allen Prüfungen, in jeder Lage des Lebens. Und welch ein gewaltiger Unterschied besteht doch zwischen dem Mut des Soldaten, der gleichzeitig mit andern beim Sturmlauf sein Leben wagt, und der Tapferkeit eines Staatsmannes, der seinem Landesherrn die Wahrheit sagt und dadurch dessen Zorn auf sich zu laden riskiert! Ein Richter, der, die Drohungen und Rache des Mächtigen nicht fürchtend, dem Hilflosen hat Gerechtigkeit widerfahren lassen – ist in meinen Augen ein Held. Wie kleinlich ist doch die Seele eines Mannes, der um ein Nichts seinen Nebenmenschen zum Duell herausfordert, im Vergleich mit dem Manne, der die Ehre eines Abwesenden vor dessen Verleumdern in Schutz nimmt! Ich verstehe die Tapferkeit –

Starodum. Wie sie ein Mann verstehen muß, dessen Seele sie besitzt. Umarme mich, mein Freund! Vergib mir meine Freimütigkeit: ich bin ein Freund ehrenhafter Menschen. Dieses Gefühl wurzelt in der Erziehung, die ich genossen. In dir sehe ich die Tugend im Schmucke eines hellen Verstandes.

Milon. Eine edle Seele ... Nein, nicht länger hält mein Herz sein Gefühl zurück! Nein! ... Deine Tugend entlockt meiner Seele ihr Geheimnis! Ist mein Herz tugendhaft, verdient es glücklich zu werden – so liegt es in deiner Macht, es glücklich zu machen. Und glücklich werde ich sein, wenn du mir deine liebenswürdige Nichte zur Frau gibst. Unsre gegenseitige Liebe –

Starodum (freudig zu Sophie). Wie? Dein Herz verstand schon denjenigen zu wählen, den ich dir im voraus ausersehen hatte? Er ist jener Bräutigam –

Sophie. Und ich liebe ihn von Herzen.

Starodum. Ihr seid beide einer des andern würdig. (Vereinigt entzückt ihre Hände.) Von ganzer Seele gebe ich meine Einwilligung.

Milon (Starodum umarmend). Mein Glück ist unermeßlich! } (Zusammen.)
Sophie (Starodums Hände küssend). Wer kann glücklicher sein als ich?!

Prawdin. Wie aufrichtig bin ich erfreut!

Starodum. Mein Glück kennt keine Worte!

Milon (Sophie die Hand küssend). O seliger Augenblick!

Sophie. Ewig wird mein Herz dich lieben!

Siebenter Auftritt.

Die Vorigen und Skotinin.

Skotinin. Auch ich bin da.

Starodum. Was führt dich her?

Skotinin. Meine eigene Angelegenheit.

Starodum. Womit kann ich dienen?

Skotinin. Mit drei Worten.

Starodum. Und diese sind?

Skotinin. Umarme mich recht fest und sage: Sophie ist dein.

Starodum. Bist du nicht recht gescheit? Denke mal ordentlich nach!

Skotinin. Ich denke niemals und bin im voraus versichert, daß, wenn auch du nicht denken wirst, Sophie die Meine wird.

Starodum. Sonderbarer Kauz! Du bist, wie ich sehe, nicht auf den Kopf gefallen und willst, daß ich meine Nichte einem Menschen gebe, den ich gar nicht kenne.

Skotinin. Dann sag’ ich’s dir, und du wirst mich kennen. Ich bin Taras Skotinin, nicht der letzte meines Geschlechts. Die Skotinin sind ein großes und altes Geschlecht. Den Urururgroßvater findest du in keiner Heraldik.

Prawdin. Sie werden uns noch glauben machen wollen, daß er älter ist als Adam!

Skotinin. Und du meinst nicht? Wenn auch nicht viel –

Starodum (lachend). Gewiß, dein Urururgroßvater ist zwar am sechsten Tage erschaffen, doch ein wenig früher als Adam.

Skotinin. Du bist also hoher Meinung von dem Alter unsres Geschlechts?

Starodum. So hoher Meinung, daß ich mich wundere, wie du nur eine Frau wählen kannst, die nicht zum Geschlecht der Skotinin gehört.

Skotinin. Du kannst dir demnach vorstellen, wie glücklich Sophie mit mir sein wird. Sie ist von Adel –

Starodum. Lieber Mann, darum gerade bist du kein Bräutigam für sie.

Skotinin. Ich lass’ es schon daran ankommen. Mag man sich die Zunge abreden, daß Skotinin eine Adelige genommen hat – mir ist’s gleich.

Starodum. Aber ihr ist es nicht gleich, wenn es heißt, daß eine Adelige einen Skotinin genommen hat.

Milon. Eine solche ungleiche Partie kann kein Glück ins Haus bringen.

Skotinin. He, was hat der mitzusprechen? (Leise zu Starodum.) Ist’s nicht gar ein Nebenbuhler?

Starodum (leise zu Skotinin). Mir will’s auch so scheinen.

Skotinin (leise). Wo sollt’ er, zum Teufel?!

Starodum (ebenso). Natürlich wird’s ihm schwer fallen.

Skotinin (laut, auf Milon weisend). Nun, wer von uns macht sich hier lächerlich? Hahaha!

Starodum (lacht). Ich sehe, wer sich lächerlich macht.

Sophie. Onkelchen, wie freut es mich, daß Sie fröhlich sind!

Skotinin (zu Starodum). Ei, du bist ja ein ganz lustiger Herr! Anfangs glaubt’ ich, daß man dir gar nicht nah’ kommen kann. Hast damals kein Wort mit mir gesprochen, und jetzt lachst du sogar.

Starodum. Ich bin nun mal so ein Mensch, habe meine Augenblicke.

Skotinin. Das seh’ ich. Damals war ich ja derselbe Skotinin, du aber ärgertest dich.

Starodum. Ich hatte meine Gründe.

Skotinin. Die kenn’ ich nicht. Doch auch ich bin hierin eigen. Wenn ich z. B. zu Hause zum Koben trete und die Schweine nicht in Ordnung finde, so braus’ ich auf. Übrigens hast auch du bei deinem Herkommen das Haus als einen Schweinekoben angetroffen und daher dein Ärger.

Starodum. Du bist glücklicher als ich: auf mich machen die Menschen Eindruck –

Skotinin. Und auf mich die Schweine.

Achter Auftritt.

Die Vorigen. Frau Prostakowa, Prostakow, Mitrofan und Jeremejewna.

Frau Prostakowa (eintretend). Hast du auch alles bei dir?

Mitrofan. Beruhige dich endlich mal!

Frau Prostakowa (zu Starodum). Hast du gut zu ruhen geruht, Väterchen? Wir alle gingen im vierten Zimmer auf den Zehenspitzen, um dich nicht aufzuwecken wir wagten’s nicht, durchs Schlüsselloch zu sehn. Doch da hörten wir dich hier sprechen und sind gekommen. Nichts für ungut –

Starodum. O, es wäre mir sehr unangenehm, wenn Sie früher gekommen wären.

Skotinin. Spielst du mir einen Schabernack, Schwester, daß du dich mir an die Fußsohlen heftest? Ich habe hier ein Geschäft abzumachen.

Frau Prostakowa. Und ich auch. (Zu Starodum.) Verstatte, Väterchen, daß wir dich mit einer Bitte belästigen. (Zu Mann und Sohn.) Grüßet!

Starodum. Mit welcher?

Frau Prostakowa. Erst bitte ich alle, Platz zu nehmen. (Alle, mit Ausnahme von Mitrofan und Jeremejewna, setzen sich.) Die Sache ist nämlich die, Väterchen: Gott der Herr hat uns auf das Gebet unsrer Eltern hin (wo hätten wir Sünder ihn erbitten können!) das Söhnchen Mitrofan geschenkt. Wir thaten unser möglichstes, daß er so werde, wie du ihn jetzt siehst. Wolltest du dich nicht bemühen, Einsicht zu gewinnen, was er gelernt hat und kennt?

Starodum. O, es ist mir bereits zu Ohren gekommen, was er gelernt hat. Ich habe gehört, wer seine Lehrer sind, und weiß im voraus, welche Sprachkenntnisse ihm Kutejkin beigebracht, und was er aus der Mathematik bei Zyfirkin gelernt hat. (Zu Prawdin.) Neugierig wär’ ich, zu erfahren, was er beim Deutschen gelernt.

Frau Prostakowa. Alle Wissenschaften. } (Gleichzeitig.)
Prostakow. Alles.
Mitrofan. Alles, was du willst.

Prawdin (zu Mitrofan). Was denn z. B.?

Mitrofan (gibt ihm ein Buch). Hier, Grammatik.

Prawdin (nimmt das Buch). Ich sehe wohl, daß es eine Grammatik ist. Nun, und was kennen Sie daraus?

Mitrofan. Eine Menge. Viele Redeteile –

Prawdin. Nun, was für ein Redeteil ist das Wort „Thür?“

Mitrofan. Thür? Welche Thür?

Prawdin. Welche Thür? ... Nun, diese da.

Mitrofan. Diese? Ein Bindewort.

Prawdin. Warum denn?

Mitrofan. Weil sie zwei Zimmer verbindet. Wir haben aber eine Thür, die seit Wochen nicht in ihre Angeln gehängt wird, was jedoch hauptsächlich des starken Zugwinds wegen sehr nötig wäre; jene ist darum ein Hauptwort.

Prawdin. Also ist auch das Wort Narr ein Bindewort, weil man einen dummen Menschen damit in Verbindung bringt?

Mitrofan. Natürlich.

Frau Prostakowa. Nun, was sagst du dazu, Väterchen.

Prostakow. Ja, was sagst du dazu?

Prawdin. Ausgezeichnet! In der Grammatik ist er recht bewandert.

Milon. Ich denke, auch nicht weniger in der Geschichte.

Frau Prostakowa. O, er ist schon als Kind immer ein großer Liebhaber von Geschichten gewesen!

Skotinin. Mitrofan ist ganz in mich geraten. Auch ich höre für mein Leben gern den Dorfschulzen erzählen. Ein Meister darin, der Hundesohn! Wo er’s nur immer hernimmt?!

Frau Prostakowa. O, mit Adam Adamytsch wird er sich nicht messen können!

Prawdin (zu Mitrofan). Wie weit sind Sie in der Geschichte gekommen?

Mitrofan. Wie weit? Das hängt von der Geschichte ab. Manchmal hinter dreimal neun Ländern im dreimal zehnten Königreiche.[2]

[2] Stehende Redensart in russischen Märchen zur Bezeichnung einer sehr großen Entfernung. Anm. d. Übers.

Prawdin. So! Also das ist die Geschichte, welche Sie bei Wralmann treiben?

Starodum. Wralmann? Der Name klingt mir bekannt.

Mitrofan. Nein, unser Adam Adamytsch erzählt keine Geschichten; er liebt ebenso wie ich nur zuzuhören.

Frau Prostakowa. Beide lassen sie sich die Geschichten von der alten Viehmagd Chawronja erzählen.

Prawdin. Habt ihr nicht gar von ihr auch Geographie gelernt?

Frau Prostakowa (zum Sohn). Hörst du, mein Schatz? Was ist denn das nun wieder für eine Wissenschaft?

Mitrofan (leise zur Mutter). Was weiß ich!

Frau Prostakowa (leise zu Mitrofan). Sei nicht eigensinnig! Jetzt gilt’s, dich zu zeigen.

Mitrofan (leise zur Mutter). Aber ich versteh’ gar nicht, wonach man fragt!

Frau Prostakowa (zu Prawdin). Wie hast du die Wissenschaft genannt?

Prawdin. Geographie.

Frau Prostakowa. Hörst du? Eorgavieh.

Mitrofan. Was ist denn das wieder? Mein Gott, wie sie mich foltern!

Frau Prostakowa (zu Prawdin). Habe doch die Güte, ihm zu sagen, was das für eine Wissenschaft ist! Dann wird er dir schon Antwort geben.

Prawdin. Die Erdbeschreibung.

Frau Prostakowa (zu Starodum). Wozu wäre denn die nötig?

Starodum. Nötig wäre sie, sei’s auch nur, um auf der Reise zu wissen, wo und wohin man reist.

Frau Prostakowa. Ach, du lieber Himmel! Wozu sind denn die Fuhrleute da? Das müssen sie wissen ... Nein, diese Wissenschaft paßt gar nicht für den Adel. Der Edelmann braucht nur zu sagen: fahre mich da- und dahin – und er wird hingefahren ... Ach, alles, was mein Mitrofan nicht kennt, ist ein Unsinn!

Starodum. Gewiß ist es für einen ungebildeten Menschen sehr trostreich, alles das, was er nicht kennt, für Unsinn zu halten.

Frau Prostakowa. Gott sei Dank auch ohne die Wissenschaften haben die Menschen gelebt! Mein seliger Vater war fünfzehn Jahre Wojewode und starb auch als Wojewode, ohne das Lesen und Schreiben gekannt zu haben. Doch dafür verstand er ein erkleckliches Sümmchen zu verdienen und es aufzuheben. Immer saß er auf einem eisernen Kasten, wenn er Bittsteller empfing, und nach Fortgang eines jeden öffnete er den Kasten und legte etwas hinein. Das war ein ökonomischer Mann! Die bitterste Not litt er, nur um den Inhalt des Kastens nicht zu vermindern. Ja, ohne Ruhm zu sagen: Vater selig starb auf dem Kasten sozusagen Hungers. Das war ein Mann!

Starodum. Höchst lobenswert! Man muß Skotinin heißen, um eines so seligen Todes zu sterben!

Skotinin. Zum Beweise, daß das Lernen ein Unsinn ist, nehmen wir meinen Onkel Wawila Falilejitsch. Nie hatte er von jemandem ein gebildetes Wort vernommen, noch hatte jemand ein solches von ihm gehört – und was war das für ein Kopf!

Prawdin. Nun?

Skotinin. Folgendes passierte ihm in seinem Leben. Auf einem feurigen Roß – er hatte etwas über den Durst getrunken – flog er gegen einen steinernen Thorweg. Der Mann war hoch, das Thor niedrig; er vergaß, sich zu bücken und knallte mit der Stirn an den Steinbogen, so daß er zurücksank und das brave Roß den rücklings Liegenden bis zum Hausflur heimgaloppierte. Da möcht’ ich nun wissen, ob es auf der Welt eine Gelehrtenstirn gibt, die von einer solchen Kopfnuß nicht in Stücke zersplittert wäre! Der Onkel jedoch, Gott hab’ ihn selig, kam bald zu sich und fragte nur, ob das Thor ganz geblieben sei.

Milon. Sie, Herr Skotinin geben selbst zu, daß Sie nicht gelehrt seien – doch in einem solchen Falle würde Ihre Stirn nicht härter als die eines Gelehrten sein.

Starodum (zu Milon). Geh nur keine Wette drauf ein! Mir scheint, die Skotinin sind alle ein hartstirniges Geschlecht.

Frau Prostakowa. Ach Gott, was hat man auch vom Lernen! Wir sehen’s hier selbst mit eigenen Augen! Wer nur einigermaßen gebildet ist, der wird sofort von den eigenen Kameraden in irgend ein Amt eingesetzt.

Starodum. Und ein solcher wird sich nicht weigern, seinen Mitbürgern nützlich zu sein.

Frau Prostakowa. Weiß Gott, was die Menschen jetzt für Ansichten haben! Zu unsrer Zeit sorgte jedermann nur für seine eigene Ruhe. (Zu Prawdin.) Du selbst, wie mußt du dich abplagen! Als ich herkam, sah ich, daß dir ein Paket gebracht wurde.

Prawdin. Ein Paket an mich? Und das muß ich erst jetzt erfahren! (Aufstehend.) Ich muß um Verzeihung bitten, daß ich Sie verlasse. Vielleicht erteilt mir der Gouverneur einige Orders.

Starodum (aufstehend, nach ihm auch die anderen). Geh, mein Freund; wir werden noch voneinander Abschied nehmen.

Prawdin. Ich werde Sie noch sehen. Sie fahren morgen in der Frühe?

Starodum. Um sieben etwa. (Prawdin ab.)

Milon. Und ich gebe Ihnen das Geleite und führe sofort mein Kommando weiter. Ich gehe, die Anstalten hierzu zu treffen. (Nimmt mit den Augen im Abgehen von Sophie Abschied.)

Neunter Auftritt.

Frau Prostakowa, Prostakow, Mitrofan, Skotinin, Starodum, Sophie und Jeremejewna.

Frau Prostakowa (zu Starodum). Nun, Väterchen, du kennst jetzt zur Genüge meinen Mitrofan.

Skotinin. Nun, Herzensfreund, du kennst mich jetzt.

Starodum. O gewiß, ich kenn’ euch aufs beste!

Skotinin. Wird Sophie die meine?

Starodum. Nein.

Frau Prostakowa. Wird Mitrofan Sophiens Bräutigam?

Starodum. Nein.

Frau Prostakowa. Was hindert – } (Zusammen.)
Skotinin. Woran liegt’s –

Starodum (beide zusammenführend). Ich will’s euch sagen – doch das Geheimnis bleibt unter uns: sie ist bereits verlobt. (Macht im Abgehen Sophie ein Zeichen, daß sie ihm folge.)

Frau Prostakowa. Der Räuber!

Skotinin. Er ist ja verrückt!

Frau Prostakowa (ungeduldig). Um wieviel Uhr fahren sie?

Skotinin. Du hast’s ja gehört: um sieben morgens.

Frau Prostakowa. Um sieben morgens!

Skotinin. Ich stehe mit den Hähnen auf. Er mag klug sein, wie er will, aber mit Skotinin ist’s schlecht Kirschen essen! (Ab.)

Frau Prostakowa (zornig in Gedanken hin- und herlaufend). Um sieben Uhr! ... Wir stehen früher auf ... Was ich will, führ’ ich aus! ... Alle zu mir! (Alle eilen herbei. Zum Manne:) Daß der Wagen um sechs Uhr vor der Hinterthür hält! Hörst du?

Prawdin. Ich höre.

Frau Prostakowa (zu Jeremejewna). Du schließest die ganze Nacht kein Auge vor Sophiens Thür! Sobald sie erwacht, eilst du zu mir!

Jeremejewna. Gewiß, werde nicht ermangeln.

Frau Prostakowa (zum Sohn). Du, mein Junge, sei um sechs Uhr fix und fertig. Und stelle drei Diener in der Nähe von Sophiens Schlafzimmer auf und zweie auf dem Flur zur Hilfe.

Mitrofan. Wird geschehn.

Frau Prostakowa. So geht denn mit Gott. (Alle ab.) Ich weiß schon, was ich thue! Wo Zorn ist, da ist auch Gnade – der Alte wird zürnen, aber doch verzeihen müssen! Der Sieg aber ist unser!

Fünfter Aufzug.

Erster Auftritt.

Starodum und Prawdin.

Prawdin. Es ist dasselbe Paket, von dessen Eintreffen mich gestern in Ihrer Gegenwart die Frau vom Hause in Kenntnis setzte.

Starodum. Und somit bietet sich jetzt die Möglichkeit, den unmenschlichen Handlungen dieser wütigen Gutsbesitzerin ein Ende zu machen?

Prawdin. Ich habe die Order, Haus und Hof unter Tutel zu stellen bei dem ersten Akt der Willkür, von dem ihre Untergebenen leiden könnten.

Starodum. Gelobt sei Gott, daß die Menschheit noch Schutz finden kann. Glaube mir, mein Freund: da, wo der Souverän denkt, wo er weiß, worin sein wahrer Ruhm besteht – dort kann die Menschheit nimmer ihrer Rechte verlustig gehen; dort werden sehr bald alle fühlen, daß jedermann sein Glück und seinen Vorteil nur darin suchen muß, was gesetzlich ist, und daß er wider das Gesetz verstößt, wenn er seinesgleichen tyrannisiert.

Prawdin. Ich bin hierin Ihrer Ansicht; doch wie schwer ist es, eingewurzelte Vorurteile auszurotten, in denen niedrige Seelen ihre Vorteile finden!

Starodum. Höre, mein Freund. Ein großer Souverän ist ein weiser Souverän. Seine Pflicht ist es, den Menschen zu zeigen, wie sie wahrhaft glücklich werden. Die Krone seiner Weisheit ist – über Menschen zu herrschen, denn Klötze zu regieren – dazu bedarf es keiner Weisheit. Gewöhnlich wird im Dorf der beschränkteste Bauer zum Viehhirten gewählt, denn um das Vieh zu weiden, braucht der Hirt wenig Verstand. Ein seines Thrones würdiger Souverän bestrebt sich, die Seelen seiner Unterthanen mit Hochgefühl zu erfüllen. Das sehen wir mit unsern eigenen Augen.

Prawdin. Das Glück, welches ein Souverän im Beherrschen freier Seelen genießt, ist so groß, daß ich’s nicht verstehe, welche Antriebe ihn ablenken –

Starodum. Wie erhaben muß die Seele eines Souveräns sein, um nie vom Wege der Wahrheit abzulenken! Wie viele Netze sind ausgestellt, um die Seele eines Menschen zu fangen, in dessen Händen das Schicksal von seinesgleichen liegt! Sodann sucht ihn die Menge selbstsüchtiger Schmeichler allaugenblicks zu überzeugen, daß die Menschen seinetwegen erschaffen sind, und nicht – er ihretwegen.

Prawdin. Man kann sich keinen Schmeichler vorstellen, ohne tiefe Verachtung im Herzen zu empfinden.

Starodum. Der Schmeichler ist ein Geschöpf, das weder von andern noch von sich selbst eine gute Meinung hat. Sein ganzes Streben geht dahin, erst eines Menschen Verstand zu blenden und sodann alles aus ihm zu machen, was ihm beliebt. Er ist ein Nachtdieb, der erst das Licht auslöscht und erst dann zu stehlen beginnt.

Prawdin. Natürlich liegt die Quelle des menschlichen Unglücks in der Sittenlosigkeit der Menschen; doch die Mittel, die Herzen zu bessern –

Starodum. Liegen in den Händen des Souveräns. Sobald alle sehen, daß man ohne Tugend sich nicht aufschwingen kann; daß man durch keine niedrigen Dienstleistungen den Lohn des wahren Verdienstes zu kaufen vermag; daß nicht die Menschen von den Ämtern, sondern die Ämter von den Menschen Nutzen ziehen sollen – dann wird jeder seinen Vorteil in der Tugend finden, und die Herzen werden gebessert sein.

Prawdin. Sie haben ganz recht. Ein großer Souverän verleiht –

Starodum. Gnade und Freundschaft nach Neigung, Ämter und Würden nach Verdienst.

Prawdin. Damit es keinen Mangel an würdigen Menschen gebe, wird jetzt ein besonderes Augenmerk auf die Erziehung gerichtet.

Starodum. Sie muß in der That das Pfand des Staatswohls sein. Alles Unglück entsteht durch schlechte Erziehung. Freilich – welchen Nutzen kann der Staat von einem Menschen wie Mitrofan ziehen, dessen unwissende Eltern unwissenden Lehrern gar noch Geld zahlen? Wie viele Väter gibt es unter dem Adel, welche die Erziehung ihres Sohnes einem sklavenseelischen Leibeigenen anvertrauen! Nach etwa fünfzehn Jahren gibt’s dann zwei Sklaven: den alten Hofmeister und das junge Herrchen.

Prawdin. Doch Personen aus den höchsten Ständen sorgen für eine tüchtige Erziehung ihrer Kinder –

Starodum. Vollkommen richtig, mein Freund; doch wünschte ich, daß in allen Wissenschaften das Hauptziel jedes menschlichen Wissens nicht vergessen werde: die Tugend. Glaube mir, daß die wissenschaftlich gebildeten, aber demoralisierten Menschen diese Wissenschaften zum argen Werkzeug des Bösen gebrauchen werden. Die Aufklärung erhebt nur eine tugendhafte Seele. So wünschte ich, daß der Erzieher eines jungen Aristokraten denselben täglich auf zwei Fälle aus der Weltgeschichte aufmerksam mache: erstens – wie große Männer das Wohl ihres Vaterlandes fördern, und zweitens – wie ein unwürdiger Würdenträger sein Vertrauen und seine Macht zum Bösen mißbraucht und von der Höhe seines glänzenden Ranges in den Abgrund der Verachtung und des Spottes niederstürzt.

Prawdin. Es ist in der That notwendig, daß jeder Stand eine angemessene gute Erziehung erhält: dann kann man versichert sein – Was für ein Lärm?

Starodum. Was ist geschehn?

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen. Milon, Sophie, Jeremejewna.

Milon (stößt Jeremejewna von Sophie, welche von der Alten festgehalten wird, und schreit, einen entblößten Degen in der Hand). Wage es keiner, mir zu nahen!

Sophie (eilt zu Starodum). Onkel, beschütze mich!

Starodum. Mein Kind, was gibt’s denn? } (Gleichzeitig.)
Prawdin. Beleidigt man Sie?
Sophie. O mein Herz!
Jeremejewna. Ich bin verloren!

Milon. Die Bösewichter! Als ich hierher ging, sah ich eine Menge Menschen, die Sophie unter den Armen hielten und sie, die Schreiende und sich Sträubende, in einen Wagen vor der Hinterthür schleppen wollten.

Sophie. Das ist mein Retter!

Starodum. Teures Kind!

Prawdin (zu Jeremejewna). Sofort bekennst du, wohin ihr sie bringen wolltet, sonst sollst du als Verbrecherin –

Jeremejewna. Zur Trauung! ach, zur Trauung!

Frau Prostakowa (hinter der Szene). Halunken! Diebe! Spitzbuben! Zu Tode lass’ ich euch peitschen!

Dritter Auftritt.

Die Vorigen. Frau Prostakowa, Prostakow und Mitrofan.

Frau Prostakowa. Bin ich Herrin im Hause? (Auf Milon weisend.) Ein Fremder droht, und meine Befehle werden nicht erfüllt!

Prostakow. Bin ich schuld? } (Gleichzeitig.)
Mitrofan. Die Dienstboten sind schuld.
Frau Prostakowa. Ich will nicht von der Stelle gehen –

Prawdin. Das Verbrechen, dessen ich Zeuge bin, gibt Ihnen als Onkel und dir als Bräutigam das Recht –

Frau Prostakowa. Bräutigam! } (Zusammen.)
Prostakow. Wehe!
Mitrofan. Alles zum Teufel!

Prawdin. – von der Regierung zu verlangen, daß die Beleidigung, welche Fräulein Sophie zugefügt worden, mit aller Strenge der Gesetze bestraft werde. Sofort verklag’ ich diese Frau vor Gericht –

Frau Prostakowa (sich auf die Kniee werfend). Verzeihung, Gnade!

Prawdin. Auch Mann und Sohn sind teilhaftig des Verbrechens.

Prostakow. Ich bin unschuldig! } (Zusammen auf die Kniee stürzend.)
Mitrofan. Verzeihe, verzeihe!

Frau Prostakowa. Ach, ich Hundetochter! Was hab’ ich gethan!

Vierter Auftritt.

Die Vorigen. Skotinin.

Skotinin. Nun, Schwester, einen schönen Streich hast du mir – Ei! Was ist denn das? Alle auf den Knieen?!

Frau Prostakowa (knieend). Verzeihung! Dem Reuigen wird vergeben. Ja, ich bekenne meine Schuld! Gnade! (Zu Sophie.) Beste, goldne Sophie – verzeihe mir, erbarme dich mein und (auf Mann und Sohn weisend) dieser armen Waisen!

Skotinin. Schwester, bist du bei Troste?

Prawdin. Schweige, Skotinin!

Frau Prostakowa. Gott wird dich und deinen teuren Bräutigam segnen! ... Was hast du von meiner Bestrafung?!

Sophie (zu Starodum). Onkel, ich vergesse die mir zugefügte Beleidigung.

Frau Prostakowa (mit erhobenen Händen zu Starodum). Auch du vergib mir Sünderin! Ich bin ja ein Mensch und kein Engel!

Starodum. Wohl weiß ich’s, daß der Mensch kein Engel sein kann: doch muß er auch kein Teufel sein! ... Sowohl ihr Vergehen als auch ihre Reue ist verächtlich!

Prawdin (zu Starodum). Nur Eine Klage Ihrerseits, nur Ein Wort von Ihnen bei der Regierung – und sie ist nicht zu retten.

Starodum. Ich will keines Menschen Unglück; ich verzeihe ihr. (Alle springen auf).

Frau Prostakowa. Er hat verziehen? O, du mein Wohlthäter! ... Nun aber will ich es diesen Kanaillen von Dienstboten zeigen! Jeden nehm’ ich einzeln ins Gebet! Gestehen müssen sie, wer sie aus den Händen gelassen. Nein, ihr Spitzbuben, ihr Diebe – das verzeih’ ich euch nie im Leben!

Prawdin. Und wofür wollen Sie Ihre Leute bestrafen?

Frau Prostakowa. Aber das ist denn doch eine sonderbare Frage! Hab’ ich nicht die Macht, mit meinen Leuten zu thun, was ich will?

Prawdin Sie halten sich also im Recht, nach Laune und Belieben körperlich zu strafen?

Skotinin. Steht’s denn dem Edelmann nicht frei, seine Bedienten zu prügeln, wann es ihm beliebt?

Prawdin. Wann es ihm beliebt? Welch ein viehisches Belieben! (zu Frau Prostakowa) Nein, Madame, es hat niemand das Recht, andere zu tyrannisieren!

Frau Prostakowa. Ein Edelmann hat nicht das Recht, einen Bedienten durchpeitschen zu lassen, wann es ihm gefällt? Wozu haben wir denn den Ukas von den Rechten des Adels?

Starodum. Die versteht’s, Ukase zu deuten!

Frau Prostakowa. Ihnen ist es lächerlich zu Mut’, mir aber gar nicht, und auf der Stelle will ich jeden einzelnen – (will schnell fort).

Prawdin (hält sie zurück). Bleiben Sie noch, Madame. (Zieht ein Papier aus der Tasche und spricht mit strengem Ton zu Prostakow). Im Namen der Regierung befehle ich Ihnen, sofort Ihr ganzes Hausgesinde und alle Bauern zusammenzurufen und ihnen bekannt zu machen, daß infolge der Unmenschlichkeiten Ihrer Frau – wobei Ihre außerordentliche Beschränktheit ihr freie Hand gelassen – mir die Regierung befiehlt, Ihr Haus und Ihr Dorf unter Tutel zu stellen.

Prostakow. Was müssen wir erleben!

Frau Prostakowa. Was? Ein neues Unglück! Wofür, wofür denn? Daß ich Herrin bin in meinem Hause –

Prawdin. Eine unmenschliche Herrin, deren Boshaftigkeit in einem wohlsituierten Staate nicht geduldet werden kann. (Zu Prostakowa.) Gehen Sie.

Prostakow (ab, die Hände über dem Kopf zusammenschlagend). Was heißt das, was heißt das?!

Frau Prostakowa (schmerzlich). O, wie traurig, wie traurig!

Skotinin (beiseite). Hehe! Auf solche Weise komm’ ja auch ich an die Reihe! Da kann ja jeder Skotinin unter Tutel gestellt werden! ... Besser ist’s, ich verschwinde, bevor –

Prawdin (zu Skotinin). Und du! Ich habe gehört, daß du mit Schweinen unvergleichlich besser umgehst als mit Menschen.

Skotinin. Gnädigster – wie sollte auch mein Herz an den Menschen hängen! Bedenke selbst: die Menschen sind mir zu klug, unter den Schweinen aber bin ich selber der Klügste.

Frau Prostakowa. Alles verloren! Ich bin ruiniert!

Skotinin (zu Starodum). Ich möchte doch gern wissen ... was den Bräutigam betrifft –

Starodum (auf Milon weisend). Hier steht er.

Skotinin. Aha! So hab’ ich hier nichts mehr zu thun. Nun, dann geh’ ich.

Prawdin. Ja, geh zu deinen Schweinen! Vergiß jedoch nicht, jedem Skotinin mitzuteilen, was seiner wartet.

Skotinin. Wie sollt’ ich Freunde nicht warnen! Sagen will ich, daß sie die Leute –

Prawdin. Mehr lieben oder wenigstens –

Skotinin. Nun?

Prawdin. Nicht anrühren.

Skotinin (abgehend). Nicht anrühren.

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen ohne Skotinin.

Frau Prostakowa (zu Prawdin). Richte mich nicht zu Grunde! Könnte man den Ukas nicht umgehen? Es wird ja nicht jeder Ukas in Ausführung gebracht!

Prawdin. Ich erfülle meine Pflicht.

Frau Prostakowa. Gib mir wenigstens drei Tage Frist, (für sich) dann soll man mich kennen lernen!

Prawdin. Keine drei Stunden.

Starodum. Gewiß: sie kann in drei Stunden mehr Böses thun, als es in dreißig Jahren gutgemacht werden kann.

Frau Prostakowa. Und du wolltest dich mit solchen Kleinigkeiten abgeben?!

Prawdin. Das ist meine Sache. Fremdes wird den Eignern zurückgegeben werden, und –

Frau Prostakowa. Aber wie willst du mit den Schulden fertig werden? Die Lehrer sind noch nicht bezahlt.

Prawdin. Die Lehrer? (Zu Jeremejewna.) Sind sie hier? Führe sie her.

Jeremejewna. Werden wohl dasein. Den Deutschen auch?

Prawdin. Rufe sie alle. (Jeremejewna ab) ... Sorgen Sie nicht, Madame: jedermann soll befriedigt werden.

Starodum (zu der trauernden Prostakowa). Es wird dir selbst wohler zu Mut sein, da du die Macht verloren hast, andern Böses zu thun.

Frau Prostakowa. Danke für die Güte! Wozu taug’ ich, wenn ich in meinem eigenen Hause meine Hände nicht gebrauchen kann!

Sechster Auftritt.

Die Vorigen. Jeremejewna, Wralmann, Kutejkin, Zyfirkin.

Jeremejewna (zu Prawdin). Hier hast du das ganze Gesindel.

Wralmann (zu Prawdin). Ew. Gnaden geruhten mich herzubefehlen.

Kutejkin (zu Prawdin). Gerufen ward ich, gekommen bin ich.

Zyfirkin (zu Prawdin). Was befehlen Ew. Gnaden?

Starodum (sieht Wralmann scharf an). Ei, bist du’s, Wralmann?

Wralmann (erkennt Starodum). Ei – ei – ei – ei! Sie sind’s, gnädiger Herr? (küßt ihm den Rocksaum.) Wie geht es Ihnen, mein Wohlthäter?

Prawdin. Wie? Sie kennen ihn?

Starodum. Wie sollt’ ich ihn nicht kennen? Hat er doch drei Jahre bei mir als Kutscher gedient. (Alle machen Zeichen des Erstaunens.)

Prawdin. Ein schöner Lehrer!

Starodum. Und du bist hier Lehrer, Wralmann? Ich dachte immer, du seist ein guter Mensch und würdest andern nicht ins Handwerk pfuschen.

Wralmann. Was thun, gnädiger Herr! Ich bin nicht der erste, bin auch nicht der letzte. Drei Monate trieb ich mich in Moskau umher, ohne eine Kutscherstelle finden zu können. Da mußt’ ich entweder Hungers sterben oder Lehrer werden.

Prawdin (zu den Lehrern). Auf Befehl der Regierung habe ich dieses Haus unter Tutel gestellt, und ihr seid entlassen.

Zyfirkin. Ausgezeichnet!

Kutejkin. Sie sagen uns ab? Aber sollten wir uns nicht vorher berechnen?

Prawdin. Wieviel hast du zu bekommen?

Kutejkin. Meine Rechnung ist nicht so gering. Für ein halbes Jahr Unterricht; für die Stiefel, die ich im Laufe von drei Jahren vertragen habe; für das unnütze Kommen hierher und zwecklose Warten –

Frau Prostakowa. Unersättliche Seele, du! Wofür?

Prawdin. Mengen Sie sich nicht in andrer Angelegenheit, Madame, bitt’ ich!

Frau Prostakowa. Wo bleibt die Gerechtigkeit: was hat mein Mitrofan von ihm gelernt?

Kutejkin. Das ist seine, nicht meine Sache.

Prawdin. Gut, schon gut! (Zu Zyfirkin.) Wieviel hast du zu bekommen?

Zyfirkin. Ich? Nichts.

Frau Prostakowa. Für ein Jahr hat er zehn Rubel erhalten, für das andre jedoch noch keinen Groschen bekommen.

Zyfirkin. Für jene zehn Rubel hab’ ich im Verlaufe der zwei Jahre Stiefel vertragen. Wir sind also quitt.

Prawdin. Aber für den Unterricht?

Zyfirkin. Nichts.

Starodum. Wie denn – nichts?

Zyfirkin. Nichts nehm’ ich, denn nichts hat der Junge von mir gelernt.

Starodum. Dessenungeachtet mußt du bezahlt werden.

Zyfirkin. Auf keinen Fall! Dem Landesherrn hab’ ich über zwanzig Jahre gedient. Für Dienstleistungen hab’ ich Lohn angenommen, für keine – nie.

Starodum. Das ist ein guter Mensch! (Starodum und Milon nehmen Geld aus der Börse.)

Prawdin. Schämst du dich nicht, Kutejkin?

Kutejkin (gesenkten Kopfes). Schande über mich Gottlosen.

Starodum (zu Zyfirkin). Hier hast du, mein Freund, für dein gutes Herz.

Zyfirkin. Dank, Euer Gnaden. Geschenke nehm’ ich an, aber unverdiente Zahlung werd’ ich nie beanspruchen.

Milon (gibt ihm Geld). Hier hast du noch, mein Freund.

Zyfirkin. Und nochmals Dank. (Prawdin gibt ihm gleichfalls Geld.) Wofür denn, Euer Gnaden?

Prawdin. Dafür, daß du nicht bist wie Kutejkin.

Zyfirkin. Ei, Euer Gnaden, ich bin Soldat!

Prawdin (zu Zyfirkin). So geh denn mit Gott. (Zyfirkin ab; zu Kutejkin.) Du aber, Kutejkin, komme morgen und schließe deine Rechnung mit der Herrin selbst ab.

Kutejkin (forteilend). Mit ihr selbst? Da zieh’ ich meine Forderungen zurück!

Wralmann (zu Starodum). Euer Gnaden, vergessen Sie Ihren alten Diener nicht! Nehmen Sie mich wieder in Dienst!

Starodum. Aber du hast dich ja ganz von den Pferden entwöhnt.

Wralmann. Nicht doch! Während meines Zusammenlebens mit dieser Herrschaft schien es mir immer, als sei ich unter Pferden.

Siebenter Auftritt.

Die Vorigen. Ein Kammerdiener.

Kammerdiener (zu Starodum). Ihr Wagen steht bereit.

Wralmann. Darf ich Sie fahren?

Starodum. Geh, setze dich auf den Bock. (Wralmann ab.)

Letzter Auftritt.

Die Vorigen ohne Wralmann und den Kammerdiener.

Starodum (zu Prawdin, die Hände Sophiens und Milons haltend). Nun, mein Freund, wir fahren. Wünsche uns –

Prawdin. Jedes Glück, auf welches ehrliche Herzen ein Anrecht haben.

Frau Prostakowa (Mitrofan stürmisch umarmend). Du allein bist mir geblieben, mein Eins und mein Alles!

Mitrofan. Laß mich in Ruhe! ... Hängt sich an wie eine Klette!

Frau Prostakowa. Auch du, auch du kehrst mir den Rücken! O Undankbarer! (Sinkt in Ohnmacht.)

Sophie (zu ihr eilend). Gott, sie ist ohne Besinnung!

Starodum. Hilf ihr, hilf ihr. (Sophie und Jeremejewna sind um Frau Prostakowa beschäftigt.)

Prawdin (zu Mitrofan). Taugenichts! Und du nimmst dir noch das Recht, gegen deine Mutter grob zu sein? Ihre unsinnige Liebe zu dir ist’s, die sie in ein solches Unglück gestürzt hat.

Mitrofan. Aber sie weiß ja selbst nicht, was sie will!

Prawdin. Grobian!

Starodum (zu Jeremejewna). Nun, wie ist ihr jetzt?

Jeremejewna (blickt Frau Prostakowa forschend an, die Hände über dem Kopf zusammenschlagend). Ach, sie wird zu sich kommen!

Prawdin (zu Mitrofan). Mit dir, Freundchen, weiß ich, was ich zu thun habe: dienen sollst du!

Mitrofan. Mir ist alles gleich!

Frau Prostakowa (zu sich kommend, in Verzweiflung). Ich bin verloren! Meiner Macht bin ich beraubt! Wohin soll ich blicken vor Schande? Ich habe keinen Sohn mehr!

Starodum (auf Frau Prostakowa weisend). Das ist die Frucht der bösen Saat!

Druck vom Bibliographischen Institut in Leipzig.

Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig.


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Börne, Aus meinem Tagebuche. 234.

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Brentano, Geschichte vom braven Kasperl. 460.

– Gockel, Hinkel und Gackeleia. 235. 236.

– Märchen I. 564-568.

– Märchen II. 569-572.

Bülow, I. Shakespeare-Novellen. 381-383.

– II. Spanische Novellen. 384-386.

– III. Französische Novellen. 387-389.

– IV. Italienische Novellen. 390-392.

– V. Englische Novellen. 473. 474.

– VI. Deutsche Novellen. 475. 476.

Bürger, Gedichte. 272. 273.

Byron, Childe Harolds Pilgerfahrt. 398. 399.

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Calderon, Das Festmahl des Belsazer. 334.

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Cervantes, Neun Zwischenspiele. 576. 577.

Chamisso, Gedichte. 263-268.

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Eichendorff, Ahnung und Gegenwart. 551-555.

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Euripides, Hippolyt. 575.

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Feuchtersleben, Zur Diätetik der Seele. 616. 617.

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Fouqué, Undine. 285.

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Gaudy, Venezianische Novellen. 494-496.

Gellert, Fabeln und Erzählungen. 231-233.

Goethe, Clavigo. 224.

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Goethe-Schiller, Xenien. 208.

Goldsmith, Der Landprediger von Wakefield. 638-640.

Grabbe, Napoleon. 338. 339.

Griechische Lyriker. 641. 642.

Grimmelshausen. Simplicissimus. 278-283.

Guntram, Dorfgeschichten. 658-660.

Hagedorn, Fabeln u. Erzählungen. 425-427.

Hauff, Das Bild des Kaisers. 601. 602.

– Der Mann im Mond. 415-417.

– Memoiren des Satan. 604-607.

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Hebel, Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. 286-288.

Heine, Atta Troll. 410.

– Buch der Lieder. 243-245.

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– Neue Gedichte. 246. 247.

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– Die Nordsee. – Das Buch Le Grand. 485. 486.

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Herder, Über den Ursprung der Sprache. 321. 322.

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Hippel, Über die Ehe. 441-443.

Hoffmann, Doge und Dogaresse. – Spielerglück. 610. 611.

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Holberg, Hexerei oder Blinder Lärm. 521.

– Jeppe vom Berge. 308.

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Hölderlin, Hyperion. 471. 472.

Holmes, Der Professor am Frühstückstisch. 627-629.

Homer, Ilias. 251-256.

– Odyssee. 211-215.

Hufeland, Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern. 535-538.

Humboldt, W. v., Briefe an eine Freundin. 302-307.

Iffland, Die Jäger. 340. 341.

– Die Mündel. 625. 626.

– Der Spieler. 395. 396.

– Verbrechen aus Ehrsucht. 623. 624.

Immermann, Tristan und Isolde. 428-430.

– Tulifäntchen. 477. 478.

Irving, Die Legende von der Schlafhöhle. – Dolph Heyliger. 651. 652.

Jean Paul, Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. 650.

Jung-Stillings Leben. 310-314.

Kant, Von der Macht des Gemüts. 325.

Kleist, Die Familie Schroffenstein. 465. 466.

– Penthesilea. 351. 352.

Klinger, Sturm und Drang. 599.

Knigge, Über den Umgang mit Menschen. 294-297.

Kopisch, Ausgewählte Gedichte. 636. 637.

– Das Karnevalsfest auf Ischia. – Die blaue Grotte. 583. 584.

Körner, Der grüne Domino. 700.

– D. Nachtwächter. 657.

– Der Vetter aus Bremen. 656.

Kortum, Jobsiade. 274-277.

Kotzebue, Die beiden Klingsberg. 257.

– Menschenhaß und Reue. 526. 527.

– Pagenstreiche. 524. 525.

Lenau, Faust. – Don Juan. 614. 615.

Lessing, Gedichte. 241. 242.

– Miß Sara Sampson. 209. 210.

– Vademekum für Pastor Lange. 348.

Lichtenberg, Bemerkungen vermischten Inhalts. 665-668.

Luther, Tischreden. I. 400.

Matthisson, Gedichte. 484.

Meinhold, Die Bernsteinhexe. 592-594.

Mendelssohn, Phädon. 528. 529.

Möser, Patriotische Phantasien. 422-424.

Müllner, Die Schuld. 595. 596.

Münchhausens Reisen u. Abenteuer. 300. 301.

Musäus, Volksmärchen I. 225. 226.

– Volksmärchen II. 227. 228.

– Volksmärchen III. 229. 230.

– Volksmärchen IV. 621. 622.

Neugriechische Gedichte. 619.

Novalis, Heinrich von Ofterdingen. 497. 498.

Oehlenschläger, Corregio. 469. 470.

Pestalozzi, Lienhard und Gertrud. 315-320.

Petöfi, Gedichte. 645-647.

Platen, Die Abbassiden. 630. 631.

– Gedichte. 269. 270.

Puschkin, Boris Godunof. 293.

Racine, Britannicus. 409.

– Phädra. 440.

Raimund, Der Bauer als Millionär. 436.

– Der Verschwender. 437. 438.

Raupach, Der Müller und sein Kind. 435.

Römische Lyriker, Ausgewählte Gedichte. 578. 579.

Russische Novellen. 653.

Sallet, Laien-Evangelium. 487-490.

– Schön Irla. 511.

Schenkendorf, Gedichte. 336. 337.

Schiller, Der Neffe als Onkel. 456.

– Turandot. 612. 613.

– Über naive und sentimentalische Dichtungen. 346. 347.

Schlegel, Englisches und spanisches Theater. 356-358.

– Griechisches und römisches Theater. 353-355.

Schleiermacher, Monologe. 468.

Schubart, Leben und Gesinnungen. 491-493.

Schwab, Doktor Faustus. 405.

– Fortunatus und seine Söhne. 401. 402.

– Griseldis. – Robert der Teufel. – Die Schildbürger. 447. 448.

– Die vier Heymonskinder. 403. 404.

– Hirlanda. – Genovefa. – Das Schloß in der Höhle Xa Xa. 449. 450.

– Die schöne Melusina. 284.

– Kaiser Octavianus. 406. 407.

– Kleine Sagen des Altertums. 309.

– Sagen des klassischen Altertums. I. Die Argonauten-Sage. 693.

– Sagen des klassischen Altertums. II. Herkules und die Herakliden. 694. 695.

– Sagen des klassischen Altertums. III. Bellerophontes. – Theseus. – Ödipus. – Die Sieben gegen Theben. – Die Epigonen. – Alkmäon. 696. 697.

– Der gehörnte Siegfried. – Die schöne Magelone. – Der arme Heinrich. 445. 446.

Scott, Das Fräulein vom See. 330. 331.

Seume, Mein Leben. 359. 360.

– Mein Sommer 1805. 499. 500.

Shakespeare, Antonius u. Kleopatra. 222. 223.

– Coriolan. 374. 375.

– Cymbelin. 556. 557.

– Ende gut, Alles gut. 562. 563.

– König Heinrich IV.

1. Teil. 326. 327.
2. Teil. 328. 329.

– König Heinrich VIII. 419. 420.

– Ein Sommernachtstraum. 218.

– Der Sturm. 421.

– Verlorne Liebesmüh’. 518. 519.

– Viel Lärm um Nichts. 345.

– Was ihr wollt. 558. 559.

– Wie es euch gefällt. 560. 561.

– Wintermärchen. 220. 221.

– Die Zähmung der Keiferin. 219.

Shelley, Die Cenci. 522. 523.

– Königin Mab. 582.

– Lyrische Gedichte. – Alastor. 581.

Smith, Nachgelassene Denkwürdigkeiten. 603.

Sophokles, Der rasende Ajas. 580.

– Elektra. 324.

– Ödipus auf Kolonos. 292.

– Philoktetes. 397.

– Die Trachinierinnen. 444.

Stieglitz, Bilder des Orients. 585-591.

Tasso, Das befreite Jerusalem. 684-690.

Tennyson, Ausgewählte Dichtungen. 371-373.

Tieck, Der Alte vom Berge. 290. 291.

– Der Aufruhr in den Cevennen. 661-664.

– Die Gemälde. 289.

– Des Lebens Überfluß. 692.

– Shakespeare-Novellen. 332. 333.

Töpffer, Rosa und Gertrud. 238-240.

Törring, Agnes Bernauer. 393.

Vega, Lope de, Kolumbus. 335.

Viehoff, Blütenstrauß französischer und englischer Poesie. 597.

Voltaire, Philosophische Aufsätze. 648. 649.

Voß, Luise. 271.

Waldau, Aus der Junkerwelt. 376-380.

Wieland, Clelia und Sinibald. 457. 458.

– Pervonte oder die Wünsche. 459.

– Schach Lolo &c. 598.

– Das Wintermärchen. – Das Sommermärchen. 532.

Wisin, Der Landjunker. 698. 699.

Zschokke, D. Feldweibel. – Die Walpurgisnacht. – Das Bein. 366. 367.

– Das Goldmacherdorf. 701. 702.

– Kleine Ursachen. 363. 364.

– Kriegerische Abenteuer eines Friedfertigen. 365.

– Der tote Gast. 361. 362.

Vollständige Verzeichnisse sind durch jede Buchhandlung gratis zu beziehen. Die Sammlung wird in rascher Folge fortgesetzt.

Druck vom Bibliographischen Institut in Leipzig.

Anmerkungen zur Transkription

Verlagsanzeigen wurden am Ende des Buches gesammelt.

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