The Project Gutenberg eBook of Hellas This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Hellas Griechisches Leben und altklassischer Geist in deutscher Wiedergeburt Editor: Dr. Ernst Weber Release date: February 3, 2025 [eBook #75285] Language: German Original publication: München: Georg D. W. Callwey + Verlag des deutschen Spielmanns, 1925 Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK HELLAS *** Der deutsche Spielmann +Eine Auswahl+ aus dem +Schatze deutscher Dichtung+ für Jugend und Volk Herausgegeben von Dr. Ernst Weber [Illustration] Hellas Griechisches Leben und altklassischer Geist in deutscher Wiedergeburt Zweite, veränderte Auflage [Illustration] +München 1925+ Georg D. W. Callwey + Verlag des deutschen Spielmanns Druck von Kastner & Callwey in München Inhalt Seite Geleitspruch des deutschen Spielmanns 3 Hyperions Schicksalslied (Hölderlin) 4 Iphigeniens Parzenlied (Goethe) 5 Prometheus (Goethe) 6 Aus der Iliade: Hektor und Andromache (Grimm) 8 Hektors Abschied (Schiller) 14 Hektors Tod (Voß) 16 Aus der „Penthesilea“: Achills Tod (Kleist) 25 Aus der Odyssee: Odysseus und Polyphem (Richter) 34 Nächtliche Fahrt (Meyer) 42 Die sterbende Meduse (Meyer) 45 Griechische Spiele (Pfizer) 46 Die Mutter des Siegers (Heyse) 48 Die Kraniche des Ibykus (Schiller) 52 Der Sieger (Salus) 59 Tod des Perikles (Greif) 60 Der Bote von Marathon (Gaudy) 62 Der junge Themistokles (Alsen) 66 Salamis (Lingg) 67 Themistokles in Olympia (Greif) 68 Ein Dichter in der Schlacht von Salamis (Fischer) 68 Grab des Themistokles (Geibel) 70 Historischer Adelsklub (Spitteler) 71 Die gefesselten Musen (Meyer) 71 Der trunkene Gott (Meyer) 72 Ist’s ein Narr bloß? Ist’s ein Weiser? (Hebbel) 75 Der Ring des Polykrates (Schiller) 77 Der befreite Prometheus (Dehmel) 80 Alexander Ypsilanti auf Munkacs (Müller) 86 Aus dem „Abschied von Griechenland“ (Vierordt) 87 [Illustration] Hellas! -- Aus abgrundtiefem Meer Hebt sich ein sonnbeglänzter Strand. Blauseiden spannt sich’s drüber her -- So schaut ich dich, mein Griechenland. Und hohe Tempel sah ich stehn Auf schlanken Säulen, weit und licht, Und Götter, stolz und marmorschön, Mit reinem Menschenangesicht. Du Volk der Schönheit, sei gegrüßt, Gegrüßt mir auf Olympias Flur! Aus deines Lebens Quelle fließt Auch Deutschlands edelste Kultur. Was deine Heldenschar erstritt, Was deiner Künstler schönster Traum, Die deutsche Jugend lebt es mit Noch heut, vergessend Zeit und Raum. Und deutsche Dichter schufen neu Die alte Griechenherrlichkeit Und gaben ihre Melodei Dem längstverrauschten Völkerstreit, Und zeigten, wie im heitern Spiel Des Griechen dunkler Ernst gebot, Wie ihn ein stolzes Hochgefühl Ließ lachend schreiten in den Tod. Nicht was aus fremdem Idiom Die scharfgeschliffne Brille liest, Nur was als frischer Lebensstrom Durch deutsche Dichteradern fließt, Was wieder Blut von unserm Blut Und Geist von unserm Geiste ward: Das weckt aufs neu den Tatenmut Und lockt die stammverwandte Art. Wer finden will hellenisch Land Und griechisch Leben möcht verstehn, Dem reicht der Spielmann heut die Hand Und lehrt mit Dichteraugen sehn, Mit Dichteraugen groß und weit, Durchdringend der Geschichte Dunst -- Denn lebenswarme Wirklichkeit Wird Hellas nur im Reich der Kunst. Der deutsche Spielmann Hyperions Schicksalslied Ihr wandelt droben im Licht Auf weichem Boden, selige Genien! Glänzende Götterlüfte Rühren euch leicht, Wie die Finger der Künstlerin Heilige Saiten. Schicksallos, wie der schlafende Säugling, atmen die Himmlischen; Keusch bewahrt In bescheidener Knospe, Blühet ewig Ihnen der Geist, Und die seligen Augen Blicken in stiller Ewiger Klarheit. Doch uns ist gegeben, Auf keiner Stätte zu ruhn, Es schwinden, es fallen Die leidenden Menschen Blindlings von einer Stunde zur andern, Wie Wasser von Klippe Zu Klippe geworfen, Jahrlang ins Ungewisse hinab. Christ. Friedr. Hölderlin Iphigeniens Parzenlied „Es fürchte die Götter Das Menschengeschlecht! Sie halten die Herrschaft In ewigen Händen Und können sie brauchen, Wie’s ihnen gefällt. Der fürchte sie doppelt, Den je sie erheben! Auf Klippen und Wolken Sind Stühle bereitet Und goldene Tische. Erhebet ein Zwist sich, So stürzen die Gäste, Geschmäht und geschändet, In nächtliche Tiefen, Und harren vergebens, Im Finstern gebunden, Gerechten Gerichtes. Sie aber, sie bleiben In ewigen Festen An goldenen Tischen. Sie schreiten vom Berge Zu Bergen hinüber; Aus Schlünden der Tiefe Dampft ihnen der Atem Erstickter Titanen, Gleich Opfergerüchen, Ein leichtes Gewölke. Es wenden die Herrscher Ihr segnendes Auge Von ganzen Geschlechtern, Und meiden, im Enkel Die ehemals geliebten Still redenden Züge Des Ahnherrn zu sehn.“ So sangen die Parzen; Es horcht der Verbannte In nächtlichen Höhlen, Der Alte, die Lieder. Denkt Kinder und Enkel, Und schüttelt das Haupt. Wolfgang von Goethe Prometheus Bedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst Und übe, dem Knaben gleich, Der Disteln köpft, An Eichen dich und Bergeshöhn! Mußt mir meine Erde Doch lassen stehn, Und meine Hütte, die du nicht gebaut, Und meinen Herd, Um dessen Glut Du mich beneidest. Ich kenne nichts Ärmeres Unter der Sonne, als euch, Götter! Ihr nähret kümmerlich Von Opfersteuern Und Gebetshauch Eure Majestät, Und darbtet, wären Nicht Kinder und Bettler Hoffnungsvolle Toren. Da ich ein Kind war, Nicht wußte, wo aus noch ein, Kehrt ich mein verirrtes Auge Zur Sonne, als wenn drüber wär Ein Ohr, zu hören meine Klage, Ein Herz, wie meins, Sich des Bedrängten zu erbarmen. Wer half mir Wider der Titanen Übermut? Wer rettete vom Tode mich, Von Sklaverei? Hast du nicht alles selbst vollendet, Heilig glühend Herz, Und glühtest jung und gut, Betrogen, Rettungsdank Dem Schlafenden da droben? Ich dich ehren, wofür? Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Hast du die Tränen gestillet Je des Geängstigten? Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmächtige Zeit Und das ewige Schicksal, Meine Herrn und deine? Wähntest du etwa, Ich sollte das Leben hassen, In Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blütenträume reiften? Hier sitz ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sei, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten, Wie ich. Wolfgang von Goethe Aus der Iliade Hektor und Andromache Aber Hektor fand in den Gemächern Nirgends Andromache. Denn sie stand mit dem Kinde Noch auf dem Turm und jammerte dort und weinte, Und als er nirgends im Hause seine Frau Antraf, trat er unter die Türe des Hauses: „Mädchen, sagt mir die Wahrheit rasch: wohin Ist sie gegangen, Andromache? Ging sie etwa Zu ihren Schwägern oder den Schwägerinnen? Oder betet sie mit den andern Fraun, Um die furchtbare Göttin, die uns zürnt, Dort mit Bitten und Flehen zu versöhnen?“ Doch des Hauses Schaffnerin sagte darauf: „Da du die Wahrheit befiehlst, so höre denn: Nicht zu den Schwägern oder Schwägerinnen, Noch zum Tempel Athenes ist sie gegangen, Nein, auf dem Turme steht sie, denn sie erfuhr, Daß die Achäer siegreich seien, da lief sie, Und das Mädchen folgte ihr, das das Kind trägt.“ [Illustration] Aber Hektor eilte denselben Weg Wieder zurück, den er kam, die Straße hinunter, Bis zum Tor, wo der Weg hinaus ins Feld führt. Dort kam laufend Andromache ihm entgegen, Seine teure Gemahlin, Eëtions Tochter, Der in Thebe, am Fuße des waldigen Plakos, Über Kilikiens Männer herrschte: dessen Tochter gewann einst Hektor, und die traf er Jetzt am skäischen Tore samt der Dienerin, Mit dem Kind an der Brust, dem lieben Kinde. Dem unmündigen Sohn, den sein Vater selbst Gern Skamandrios nannte: aber die andern Riefen ihn Astyanax, weil Hektor allein doch Troja hielt und beschützte. Und er lächelte schweigend über dem Kinde, Und Andromache stand an seiner Seite, Weinend griff sie nach seiner Hand und sagte: „Dich wird dein Mut noch verderben! Und dich jammert Nicht deines Kinds, des Würmchens, nicht deiner Frau, Die bald nun deine arme Witwe sein wird? Denn dich töten bald nun die Achäer, Alle gegen dich Einen! Doch mir wäre Ohne dich wohler zu sterben! Mir bleibt ja Nichts mehr, das mich tröstete, wenn du hinsinkst. Vater und Mutter hab ich nicht mehr. Den Vater Tötet’ Achilleus, als er das hochgetürmte Thebe zerstörte. Doch er beraubte ihn nicht: Ehrfurchtsvoll verbrannt er ihn mit der Rüstung, Und einen Hügel schüttet’ er über ihm auf, Und die Nymphen, die das Gebirg bewohnen, Pflanzten Ulmen umher. Sieben Brüder hatt’ ich: Alle opfert’ Achill an jenem Tage Unter Stieren und Schafen. Aber die Mutter Führt’ er hinweg ins Lager und gab sie frei, Als ihm Lösung geboten ward; aber Diana Hat sie mit ihren Pfeilen dann getötet. Du bist Vater und Mutter mir! Du mein Bruder! Du mein Gemahl! Erbarme dich und bleib bei mir! Laß dein Kind nicht verwaisen! Nicht dein Weib Alles verlieren! Stelle am Feigenbaum Dort das Volk auf, wo der Weg zur Stadt Leicht ist und die Mauer dem Angriff freisteht. Dreimal stürmten die Griechen da schon herauf, Sei’s, daß ihnen ein Seher den Weg verriet, Oder daß sie der eigne Mut zum Sturm trieb.“ „Liebe Frau, das weiß ich so gut wie du. Aber die Scham vor den Männern und Weibern Trojas Treibt mich hinab: ich darf nicht feige erscheinen. Auch der eigne Mut zwingt mich, zu kämpfen. Nur das hab ich gelernt: an der Spitze des Heeres Ruhm für den Vater und für mich zu erwerben. Denn das weiß ich, und tief im Herzen empfind ich’s: Einst wird ein Tag sein, wo das heilige Troja Sinkt und Priamos und Priamos’ Volk! Und nicht bewegt mich der Trojaner Elend Und der Sturz des Königs und meiner Mutter Und der Brüder und all der Tapfern, die Unter den Feinden dann im Staube liegen, So wie dein Elend mich kümmert, das dann einbricht, Wenn von den griechischen erzbepanzerten Männern Einer dich packt, an der Freiheit letztem Tage, Die du in Argos dann am fremden Webstuhl Sitzest, oder gezwungen und widerstrebend Wasser holst an der Quelle Messeis oder Hyperia! Und einer, der dich da Tränenvoll sieht bei der Arbeit, sagt vielleicht: »Das ist Hektors Weib, der so tapfer war, Als um die Stadt der Troer so hart gekämpft ward.« Das wird er sagen vielleicht und dich mit neuem Jammer erfüllen und Sehnsucht. Doch ich liege Längst im Dunkel der Erde und höre Nicht, wie du schreist, und sehe nicht, wie sie dich fortziehn.“ Und so sprechend griff nach seinem Kinde Hektor; aber das warf sich schreiend herum Und an die Brust des Mädchens: denn seines Vaters Nickender Helmbusch und Panzer schreckten es. Und sein lieber Vater und seine Mutter Lachten, und Hektor nahm den glänzenden Helm ab, Setzte ihn neben sich nieder, küßte sein Kind, Tänzelte es mit beiden Händen und rief, Auf zu Zeus und den andern Göttern betend: [Illustration] „Zeus und ihr Götter alle! Laßt dies Kind Gleich mir unter den Troern einst voranstehn! Tapfer sein und über Ilion herrschen, Daß die Sage einmal im Volke gehe: Größer noch als sein Vater, wenn er vom Kampfe Heimkehrt, ist er, wenn er die blutbespritzten Köstlichen Waffen seiner Feinde heimbringt, Und seine Mutter aufjauchzt!“ Also sprechend, Legt er das Kind in seiner Mutter Arme, Und sie nahm es an ihre atmende Brust, Lächelnd unter Tränen. Und ihn, das sehend, Jammert es, und er sprach: „Geliebte, laß Nicht zu sehr die Dinge dein Herz belasten. Nur was geschehen soll, geschieht: mich tötet keiner, Dem nicht das ewige Schicksal den Befehl gab, Doch dem Geschick zu entfliehn, ist keinem beschieden. Weder der Gute noch der Böse entflieht ihm, Denn es waltet von Anfang an. Deshalb Geh du nach Hause und sieh nach deiner Wirtschaft, Spindel und Webstuhl besorg und halte die Mägde an, Fleißig zu sein. Den troischen Männern aber Liege der Kampf am Herzen und mir zumeist, Ilions Söhnen und allen.“ Und er setzte Wieder den Helm auf. Doch seine liebe Frau Machte sich auf nach Hause. Oftmals stand sie Still und sah sich um nach ihm und weinte. Und zu Hause, als die Mägde sie sahen, Weinten und jammerten sie, und Hektor war Doch noch am Leben! Aber es glaubte keine, Daß er jemals wieder nach Hause käme. Hermann Grimm Hektors Abschied Andromache: Will sich Hektor ewig von mir wenden, Wo Achill mit den unnahbarn Händen Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt? Wer wird künftig deinen Kleinen lehren Speere werfen und die Götter ehren, Wenn der finstre Orkus dich verschlingt? Hektor: Teures Weib, gebiete deinen Tränen! Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen, Diese Arme schützen Pergamus, Kämpfend für den heilgen Herd der Götter Fall ich und, des Vaterlands Retter, Steig ich nieder zu dem styg’schen Fluß. Andromache: Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle, Müßig liegt dein Eisen in der Halle, Priams großer Heldenstamm verdirbt. Du wirst hingehn, wo kein Tag mehr scheinet, Der Cocytus durch die Wüsten weinet, Deine Liebe in dem Lethe stirbt. Hektor: All mein Sehnen will ich, all mein Denken In des Lethe stillen Strom versenken, Aber meine Liebe nicht. Horch! Der Wilde tobt schon an den Mauern, Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern! Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht. Friedr. v. Schiller [Illustration] Hektors Tod Also weineten beide, den trautesten Sohn anflehend, Laut mit Geschrei; doch nicht war Hektors Geist zu bewegen; Nein, er erharrt Achilleus, des Ungeheuren, Herannahn. So wie ein Drach im Gebirge den Mann erharrt an der Felskluft, Statt des giftigen Krauts, und erfüllt von heftigem Zorne; Gräßlich schaut er umher, in Ringel gedreht um die Felskluft; So unbändigen Mutes verweilt auch Hektor und wich nicht, Lehnend den hellen Schild an des Turms vorragende Mauer; Unmutvoll nun sprach er zu seiner erhabenen Seele: „Wehe mir! Wollt ich anjetzt in Tor und Mauer hineingehn, Würde Polydamas gleich mit kränkendem Hohn mich belasten, Welcher mir riet, in die Veste das Heer der Troer zu führen; Vor der verderblichen Nacht, da erstand der edle Achilleus. Aber ich hörete nicht; wie heilsam hätt ich gehöret! Jetzo, nachdem ich verderbte das Volk durch meine Betörung, Scheu ich Trojas Männer und saumnachschleppende Weiber, Daß nicht einst mir sage der Schlechtern einer umher wo: »Hektor verderbte das Volk, auf eigene Stärke vertrauend!« Also spricht man hinfort; doch mir weit heilsamer wär es: Mutig entweder mit Sieg von Achilleus Morde zu kehren, Oder auch selbst ihm zu fallen im rühmlichen Kampf vor der Mauer. Aber legt ich zur Erde den Schild von geründeter Wölbung, Samt dem gewichtigen Helm, und, den Speer an die Mauer gelehnet, Eilt ich entgegenzugehn dem tadellosen Achilleus, Und verhieß ihm Helena selbst und ihre Besitzung, Alle, so viel Alexandros daher in geräumigen Schiffen Einst gen Troja geführt, was unseres Streites Beginn war, Daß er zu Atreus Söhnen es führt; auch dem Volke von Argos Anderes auszuteilen, wieviel auch heget die Stadt hier; Und ich nähme darauf von Trojas Fürsten den Eidschwur, Nichts imgeheim zu entziehn, nein, zwiefach alles zu teilen, Was auch die liebliche Stadt an Gut in den Wohnungen einschließt: -- Aber warum doch bewegte das Herz mir solche Gedanken? Laß mich ja nicht flehend ihm nahn! Nein, sonder Erbarmung Würd er, ohn einige Scheu, mich niederhaun, den Entblößten, Grad hinweg wie ein Weib, sobald ich der Wehr mich enthüllet. Jetzo fürwahr nicht gilt es, vom Eichbaum oder vom Felsen Lange mit ihm zu schwatzen, wie Jungfrau traulich und Jüngling, Jungfrau traulich und Jüngling zu holdem Geschwätz sich gesellen. Besser zu feindlichem Kampf an rennen wir! Daß wir in Eile Sehn, wem etwa von uns der Olympier gönne den Siegesruhm!“ Also erwog er, und blieb. Doch nah ihm wandelt Achilleus, Ares gleich an Gestalt, dem helmerschütternden Streiter, Welchem Pelions Esch auf der rechten Schulter entsetzlich Bebete; aber das Erz umleuchtet’ ihn, ähnlich dem Schimmer Lodernder Feuersbrunst, und der hell aufgehenden Sonne. Hektor, sobald er ihn sah, erzitterte: nicht auch vermocht’ er Dort zu bestehn, und er wandte vom Tore sich, ängstlich entfliehend. Hinter ihm flog der Peleide, den hurtigen Füßen vertrauend. So wie ein Falk des Gebirgs, der behendeste aller Gevögel, Leicht mit gewaltigem Schwung nachstürmt der schüchternen Taube; Seitwärts schlüpft sie oft: doch nah mit hellem Getön ihr Schießet er häufig daher, voll heißer Begier zu erhaschen: So drang jener im Flug gradan; doch es flüchtete Hektor Längs der troischen Mauer, die hurtigen Kniee bewegend. Beid an der Warte vorbei und dem wehenden Feigenhügel, Immer hinweg von der Mauer entflogen sie über den Fahrweg. Und sie erreichten die zwei schönsprudelnden Quellen, woher sich Beide Bäch ergießen des wirbelvollen Skamandros. Eine rinnt beständig mit warmer Flut, und umher ihr Wallt aufsteigender Dampf, wie der Rauch des brennenden Feuers; Aber die andere fließt im Sommer auch kalt wie der Hagel. Oder des Winters Schnee, und gefrorene Schollen des Eises. Dort sind nahe den Quellen geräumige Gruben der Wäsche, Schön, aus Steinen gehauen, wo die stattlichen Feiergewande Trojas Weiber vordem und liebliche Töchter sich wuschen, Als noch blühte der Fried, eh die Macht der Achaier daherkam. Hier nun rannten vorbei der Fliehende und der Verfolger. Vornan floh ein Starker, jedoch ein Stärkerer folgte, Stürmenden Laufs: denn nicht um ein Weihvieh oder ein Stierfell Strebten sie, welches man stellt zum Kampfpreis laufender Männer; Sondern es galt das Leben des gaulbezähmenden Hektor. So wie zum Siege gewöhnt, um das Ziel starkhufige Rosse Hurtiger drehen den Lauf; denn es lohnt ein köstlicher Dreifuß, Oder ein blühendes Weib, am Fest des gestorbenen Herrschers: Also kreiseten sie dreimal um Priamos Veste Rasch mit geflügeltem Fuß; und die Ewigen schaueten alle. [Illustration] Jetzo begann das Gespräch der Menschen und Ewigen Vater: „Wehe doch! Einen Geliebten, verfolgt um die Mauer von Troja, Seh ich dort mit den Augen; und ach, sein jammert mich herzlich, Hektors, welcher so oft mir Schenkel der Stier auf dem Altar Zündete, bald auf den Höhen des vielgewundenen Ida, Bald in der oberen Burg! Nun drängt ihn der edle Achilleus, Rings um Priamos’ Stadt mit hurtigen Füßen verfolgend. Aber wohlan, ihr Götter, erwägt im Herzen den Ratschluß, Ob er der Todesgefahr noch entfliehn soll, oder anitzo Fallen, wie tapfer er ist, dem Peleionen Achilleus.“ Drauf antwortete Zeus’ blauäugige Tochter Athene: „Vater mit blendendem Strahl, Schwarzwolkiger, welcherlei Rede! Einen sterbenden Mann, der bestimmt längst war dem Verhängnis, Denkst du anitz von des Tods graunvoller Gewalt zu erlösen? Tu’s; doch nimmer gefällt es dem Rat der anderen Götter!“ Ihr antwortete drauf der Herrscher im Donnergewölk Zeus: „Fasse dich, Tritogeneia, mein Töchterchen! Nicht mit des Herzens Meinung sprach ich das Wort: ich will dir freundlich gesinnt sein. Tue, wie dir’s im Herzen genehm ist; nicht so gezaudert.“ Also Zeus und erregte die schon verlangende Göttin; Stürmenden Schwungs entflog sie den Felsenhöhn des Olympos. Hektorn drängt’ in die Flucht rastlos der Verfolger Achilleus, Wie wenn der Sohn des Hirsches der Hund im Gebirge verfolget, Aufgejagt aus dem Lager, durch windende Tal und Gebüsche; Ob auch jener sich berg und niederduck in dem Reisig, Stets noch läuft er umher, der spürende, bis er gefunden: So barg Hektor umsonst sich dem mutigen Renner Achilleus. Wenn er auch oft ansetzte, zum hohen dardanischen Tore Hinzuwenden den Lauf, an der Türm hochragende Schutzwehr, Ob sie oben vielleicht mit Geschoß ihn verteidigen möchten; Ebenso oft flog jener zuvor, und wendet ihn abwärts Nach dem Gefild; er selbst an der Seite der Stadt hinfliegend. Wie man im Traum machtlos den Fliehenden strebt zu verfolgen; Nicht hat dieser die Macht zu entfliehn, noch der zu verfolgen. So konnt er nicht haschen im Lauf, noch enteilete jener. Doch wie wär itzt Hektor entflohn vor den Keren des Todes, Wenn nicht einmal noch und zuletzt ihm Föbos Apollon Nahete, welcher ihm Kraft aufregt und hurtige Schenkel? Aber dem Volke verbot mit dem Haupt zuwinkend Achilleus, Nicht ihm daherzuschnellen auf Hektor herbe Geschosse; Daß kein Treffender raubte den Ruhm, und ein Zweiter er käme. Als sie nunmehr zum vierten die sprudelnden Quellen erreichet, Siehe, hervor nun streckte die goldene Wage der Vater, Legte hinein zwei Lose des langhinbettenden Todes, Dieses dem Peleionen, und das dem reisigen Hektor. Faßte die Mitt und wog: Da lastete Hektors Schicksal Schwer zum Aides hin; es verließ ihn Föbos Apollon. Doch zu Achilleus kam die Herrscherin Pallas Athene; Nahe trat sie hinan und sprach die geflügelten Worte: „Jetzt doch hoff ich gewiß Zeus’ Liebling, edler Achilleus, Bringen wir großen Ruhm dem Danaervolk zu den Schiffen, Hektors Kraft austilgend, des unersättlichen Kriegers. Nun nicht länger vermag er aus unserer Hand zu entrinnen, Nein, wie sehr auch sich härme der treffende Föbos Apollon, Hingewälzt vor die Knie des ägiserschütternden Vaters. Aber wohlan, nun steh und erhole dich; während ich selber Jenem genaht zurede, dir kühn entgegenzukämpfen.“ Also Pallas Athen’; er gehorcht’ ihr freudigen Herzens, Stand und ruhte gelehnt auf die erzgerüstete Esche. Jene verließ ihn dort und erreichte den göttlichen Hektor, Ganz dem Deiphobos gleich an Wuchs und gewaltiger Stimme; Nahe trat sie hinan und sprach die geflügelten Worte: „Ach mein älterer Bruder, wie drängt dich der schnelle Achilleus, Rings um Priamos Stadt mit hurtigen Füßen verfolgend! Aber wohlan, hier stehn wir in fest ausharrender Abwehr!“ Ihm antwortete drauf der helmumflatterte Hektor: „Stets, Deiphobos, warst du zuvor mein trautester Bruder, Aller, die Priamos zeugt, und Hekabe, unsere Mutter; Doch nun denk ich noch mehr im Innersten, dich zu ehren, Daß du um meinetwillen, sobald dein Auge mich wahrnahm, Dich aus der Mauer gewagt, da andere drinnen beharren.“ Ihm antwortete Zeus’ blauäugige Tochter Athene: „Bruder, mich bat der Vater mit Flehn und die würdige Mutter, Die umeinander die Kniee mir rührten, jeder Genoß auch, Dort zu bleiben: so sehr erbeben sie all in Bestürzung. Doch mein Herz im Busen durchdrang tiefschmerzender Kummer. Nun denn grad in Begierd ankämpfen wir! Länger hinfort nicht Unserer Lanzen geschont! Damit wir sehn, ob Achilleus Uns in den Staub ausstreckt und blutige Waffen hinabträgt Zu den gebogenen Schiffen; ob deiner Lanz er dahinsinkt!“ Dieses gesagt, ging jene voran, die täuschende Göttin. Als sie nunmehr sich genaht, die Eilenden gegeneinander; Jetzo rief er zuerst, der helmumflatterte Hektor: „Nicht fortan, o Peleid, entflieh ich dir, so wie bis jetzo! Dreimal umlief ich die Veste des Priamos, nimmer es wagend, Deiner Gewalt zu beharren; allein nun treibt mich das Herz an, Fest dir entgegenzustehn, ich töte dich, oder ich falle! Auf, laß uns zu den Göttern emporschaun, welche die stärksten Zeugen des Eidschwurs sind, und jegliches Bundes Bewahrer. Denn ich werde dich nimmer mit Schmach mißhandeln, verleiht mir Zeus, als Sieger zu stehn und dir die Seele zu rauben: Sondern nachdem ich entwand dein schönes Geschmeid, o Achilleus, Geb ich die Leiche zurück an die Danaer. Tue mir Gleiches!“ Finster schaut’ und begann der mutige Renner Achilleus: „Hektor, du Unsühnbarer, mir nicht von Verträgen geplaudert! Wie kein Hund die Löwen und Menschenkinder befreundet, Auch nicht Wölf und Lämmer in Eintracht je sich gesellen, Sondern bitterer Haß sie ewig trennt voneinander: So ist nimmer für uns Vereinigung, oder ein Bündnis, Mich zu befreunden und dich, bis wenigstens einer im Hinsturz Ares mit Blute getränkt, den unaufhaltsamen Krieger! Jeglicher Art von Tugend erinnre dich! Jetzo gebührt dir, Lanzenschwinger zu sein und unerschrockener Krieger! Nicht mehr kannst du entrinnen; sogleich schafft Pallas Athene, Daß mein Speer dich bezwingt! Nun büßest du alles auf einmal, Aller der Meinigen Weh, die du Rasender schlugst mit der Lanze!“ [Illustration] Sprach’s, und im Schwung entsandt er die weithinschattende Lanze. Diese jedoch vorschauend vermied der strahlende Hektor; Denn er sank in die Knie; und es flog der eherne Wurfspieß über ihn weg in die Erd; ihn begriff und reichte die Göttin Schnell dem Peleiden zurück, unbemerkt von dem streitbaren Hektor. Hektor aber begann zu dem tadellosen Achilleus: „Weit gefehlt! Nein, schwerlich, o göttergleicher Achilleus, Offenbarete Zeus mein Geschick dir, wie du geredet; Sondern du warst ein gewandter und hinterlistiger Schwätzer, Daß ich, vor dir hinbebend, des Muts und der Stärke vergäße. Nicht mir Fliehenden soll dein Speer den Rücken durchbohren; Sondern vorn, dem gerad Anstürmenden, stoß in die Brust ihn, Wenn dir ein Gott es verlieh! Nun aber vermeid auch die Schärfe Meines Speers! O möchte dein Leib doch ganz ihn empfangen! Weit ja erträglicher würde der Kampf für die Männer von Troja, Wenn du sänkst in den Staub; du bist ihr größestes Unheil!“ Sprach’s, und im Schwung entsandt er die weithinschattende Lanze, Traf, und verfehlete nicht, gerad auf den Schild des Peleiden; Doch weit prallte vom Schilde der Speer. Da zürnete Hektor, Daß sein schnelles Geschoß umsonst aus der Hand ihm entflohn war; Stand und schaute bestürzt; denn es war kein anderer Wurfspieß. Laut zu Deiphobos drauf, dem weißgeschilderten, ruft er. Fordernd den ragenden Speer; allein nicht nahe war jener. Hektor erkannt es anjetzt in seinem Geist, und begann so: „Wehe mir doch! Nun rufen zum Tode mich wahrlich die Götter! Denn ich dachte, der Held Deiphobos wolle mir beistehn; Aber er ist in der Stadt, und es täuschte mich Pallas Athene. Nun ist nahe der Tod, der schreckliche, nicht mir entfernt noch; Auch kein Rat, zu entfliehn! Denn ehmals gönnete solches Zeus, und des Donnerers Sohn, der Treffende, welcher zuvor mich Stets willfährig geschirmt; nun aber erhascht mich das Schicksal! Daß nicht arbeitslos in den Staub ich sinke, noch ruhmlos, Nein, wann ich Großes vollendet, wovon auch Künftige hören!“ Also redete jener und zog das geschliffene Schwert aus, Welches ihm längs der Hüfte herabhing, groß und gewaltig; An nun stürmt er gefaßt, wie ein hochherfliegender Adler, Welcher herab auf die Ebne gesenkt aus nächtlichen Wolken Raubt den Hasen im Busch, wo er hinduckt, oder ein Lämmlein: Also stürmete Hektor, das hauende Schwert in der Rechten. Gegen ihn drang der Peleid, und Wut durchtobte das Herz ihm Ungestüm: er streckte der Brust den geründeten Schild vor, Schön und prangend an Kunst; und der Helm, viergipfelig strahlend, Nickte vom Haupt, und die Mähne des schön gesponnenen Goldes Flatterte, welche der Gott auf dem Kegel ihm häufig geordnet. Hell wieder Stern verstrahlet in dämmernder Stunde des Melkens, Hesperos, der am schönsten erscheint vor den Sternen des Himmels: Also strahlt es vom Speer, dem geschliffenen, welchen Achilleus Schwenkt in der rechten Hand, wutvoll dem erhabenen Hektor, Spähend den schönen Leib, wo die Wund am leichtesten hafte. Rings zwar sonst umhüllt ihm den Leib die eherne Rüstung, Blank und schön, die er raubte, die Kraft des Patroklos ermordend; Nur wo das Schlüsselbein den Hals und die Achsel begrenzet, Schien die Kehl ihm entblößt die gefährliche Stelle des Lebens: Dort mit dem Speer anstürmend durchstach ihn der edle Achilleus, Daß ihm gerad aus dem zarten Genick die Spitze hervordrang. Doch nicht völlig durchschnitt der eherne Speer ihm die Gurgel, Daß er noch zu reden vermocht im Wechselgespräche; Und er sank in den Staub; jetzt rief frohlockend Achilleus; „Hektor, du glaubtest gewiß, nach geraubter Wehr des Patroklos, Sicher zu sein, und mich mißachtetest du, den Entfernten. Törichter! Fern war jenem ein weit machtvollerer Rächer Bei den gebogenen Schiffen, ich selbst war zurück ihm geblieben, Der dir die Kniee gelöst! Dich ziehn nun Hund und Gevögel Schmählich umher; ihn aber bestatteten mit Ruhm die Achaier.“ Wieder begann schwach atmend der helmumflatterte Hektor: „Dich bei dem Leben beschwör ich, bei deinen Knien und den Eltern, Laß mich nicht an den Schiffen der Danaer-Hunde zerreißen; Sondern nimm des Erzes genug und des köstlichen Goldes Dir zum Geschenk, das der Vater dir beut und die würdige Mutter, Aber den Leib entsende gen Ilios, daß in der Heimat Trojas Männer und Fraun des Feuers Ehre mir geben.“ Finster schaut’ und begann der mutige Renner Achilleus: „Nicht, du Hund, bei den Knien beschwöre mich, noch bei den Eltern! Daß doch Zorn und Wut mich erbitterte, roh zu verschlingen Dein zerschnittenes Fleisch, für das Unheil, das du mir brachtest! Niemand sei, der die Hunde von deinem Haupt dir verscheuche! Wenn sie auch zehnmal so viel und zwanzigfältige Sühnung, Hergebracht darwögen, und mehreres noch mir verhießen! Ja, wenn selber mit Golde dich aufzuwägen geböte Priamos, Dardanos Sohn, auch so nicht bettet die Mutter Dich auf Leichengewand und wehklagt, den sie geboren; Sondern Hund und Gevögel zerreißen dich, ohne Verschonung!“ Wieder begann, schon sterbend, der helmumflatterte Hektor: „Ach, ich kenne dich wohl, und ahnete, nicht zu erweichen Wärest du mir; du trägst ja ein eisernes Herz in dem Busen. Denke nunmehr, daß nicht dir Götterzorn ich erwecke, Jenes Tags, wann Paris dich dort und Föbos Apollon Töten, wie tapfer du bist, am hohen skäischen Tore!“ Als er solches geredet, umschloß der endende Tod ihn; Aber die Seel aus den Gliedern entflog in die Tiefe des Aïs, Klagend ihr Jammergeschick, getrennt von Jugend und Mannkraft. Johann Heinrich Voß Aus der „Penthesilea“ Achills Tod +Odysseus+: Wir zogen aus, auf des Atriden Rat, Mit der gesamten Schar der Myrmidonen, Achill und ich: Penthesilea, hieß es, Sei in den scythschen Wäldern aufgestanden, Und führ ein Heer, bedeckt mit Schlangenhäuten, Von Amazonen, heißer Kampflust voll, Durch der Gebirge Windungen heran, Den Priamus in Troja zu entsetzen. Am Ufer des Skamandros, hören wir, Deiphobus auch, der Priamide, sei Aus Ilium mit einer Schar gezogen, Die Königin, die ihm mit Hilfe naht, Nach Freundesart zu grüßen. Wir verließen Die Straße jetzt, uns zwischen dieser Gegner Heillosem Bündnis wehrend aufzupflanzen; Die ganze Nacht durchwindet sich der Zug. Doch, bei des Morgens erster Dämmerröte, Welch ein Erstaunen faßt uns, Antiloch, Da wir in einem weiten Tal vor uns Mit des Deiphobus Iliern im Kampf Die Amazonen sehn! Penthesilea, Wie Sturmwind ein zerrissenes Gewölk, Weht der Trojaner Reihen vor sich her, Als gält es übern Hellespont hinaus, Hinweg vom Rund der Erde sie zu blasen. Wir sammeln uns, Der Troer Flucht, die wetternd auf uns ein Gleich einem Anfall keilt, zu widerstehn, Und dicht zur Mauer drängen wir die Spieße. Auf diesen Anblick stutzt der Priamide; Und wir im kurzen Rat beschließen, gleich Die Amazonenfürstin zu begrüßen: Sie hat auch ihren Siegeslauf gehemmt. War je ein Rat einfältiger und besser? Hätt’ ihn Athene, wenn ich sie befragt, Ins Ohr verständiger mir flüstern können? Sie muß, beim Hades! diese Jungfrau, doch, Die wie vom Himmel plötzlich, kampfgerüstet, In unsern Streit fällt, sich darein zu mischen, Sie muß zu einer der Partein sich schlagen; Und uns die Freundin müssen wir sie glauben, Da sie sich Teukrischen die Feindin zeigt. Nun gut. Wir finden sie, die Heldin Scythiens, Achill und ich -- in kriegerischer Feier An ihrer Jungfraun Spitze aufgepflanzt, Geschürzt, der Helmbusch wallt ihr von der Scheitel, Und seine Gold- und Purpurtroddeln regend, Zerstampft ihr Zelter unter ihr den Grund. Gedankenvoll, auf einen Augenblick, Sieht sie in unsre Schar, von Ausdruck leer, Als ob in Stein gehaun wir vor ihr stünden; Hier diese flache Hand, versichr’ ich dich, Ist ausdrucksvoller als ihr Angesicht: Bis jetzt ihr Aug auf den Peliden trifft: Und Glut ihr plötzlich, bis zum Hals hinab, Das Antlitz färbt, als schlüge rings um sie Die Welt in helle Flammenlohe auf. Sie schwingt, mit einer zuckenden Bewegung, -- Und einen finstern Blick wirft sie auf ihn -- Vom Rücken sich des Pferds herab und fragt, Die Zügel einer Dienrin überliefernd, Was uns in solchem Prachtzug zu ihr führe. Ich jetzt: wie wir Argiver hoch erfreut, Auf eine Feindin des Dardanervolks zu stoßen; Was für ein Haß den Priamiden längst Entbrannt sei in der Griechen Brust, wie nützlich, So ihr, wie uns, ein Bündnis würde sein; Und was der Augenblick noch sonst mir beut: Doch, mit Erstaunen, in dem Fluß der Rede, Bemerk ich, daß sie mich nicht hört. Sie wendet Mit einem Ausdruck der Verwunderung, Gleich einem sechzehnjährigen Mädchen plötzlich, Das von olympischen Spielen wiederkehrt, Zu einer Freundin ihr zur Seite sich, Und ruft: „Solch einem Mann, o Prothoe, ist Otrere, meine Mutter, nie begegnet!“ Die Freundin, auf dies Wort betreten, schweigt, Achill und ich, wir sehn uns lächelnd an, Sie ruht, sie selbst, mit trunknem Blick schon wieder Auf des Aeginers schimmernder Gestalt: Bis jen’ ihr schüchtern naht und sie erinnert, Daß sie mir noch die Antwort schuldig sei. Drauf mit der Wangen Rot, war’s Wut, war’s Scham, Die Rüstung wieder bis zum Gurt sich färbend, Verwirrt und stolz und wild zugleich: sie sei Penthesilea, kehrt sie sich zu mir, Der Amazonen Königin, und werde Aus Köchern mir die Antwort übersenden! Hierauf unwissend jetzt, Was wir von diesem Auftritt denken sollen, In grimmiger Beschämung gehn wir heim, Und sehn die Teukrischen, die unsre Schmach Von fern her, die hohnlächelnden, erraten, Wie im Triumph sich sammeln. Sie beschließen Im Wahn, sie seien die Begünstigten, Und nur ein Irrtum, der sich lösen müsse, Sei an dem Zorn der Amazone schuld, Schnell ihr durch einen Herold Herz und Hand, Die sie verschmäht, von neuem anzutragen. Doch eh der Bote, den sie senden wollen, Den Staub noch von der Rüstung abgeschüttelt, Stürzt die Kenaurin, mit verhängtem Zügel, Auf sie und uns schon, Griech und Troer ein. Mit eines Waldstroms wütendem Erguß Die einen, wie die andern, niederbrausend. Jetzt hebt Ein Kampf an, wie er, seit die Furien walten, Noch nie gekämpft ward auf der Erde Rücken. So viel ich weiß, gibt es in der Natur Kraft bloß und ihren Widerstand, nichts Drittes. Was Glut des Feuers löscht, löst Wasser siedend Zu Dampf nicht auf und umgekehrt. Doch hier Zeigt ein ergrimmter Feind von beiden sich, Bei dessen Eintritt nicht das Feuer weiß, Ob’s mit dem Wasser rieseln soll, das Wasser, Ob’s mit dem Feuer himmelan soll lecken. Der Troer wirft, gedrängt von Amazonen, Sich hinter eines Griechen Schild, der Grieche Befreit ihn von der Jungfrau, die ihn drängte, Und Griech und Troer müssen jetzt sich fast, Dem Raub der Helena zu Trotz, vereinen, Um dem gemeinen Feinde zu begegnen. +Diomedes+: Seit jenem Tage Grollt über dieser Ebne unverrückt Die Schlacht, mit immer reger Wut, wie ein Gewitter, zwischen waldgekrönter Felsen Gipfeln Geklemmt. Als ich mit den Ätoliern gestern Erschien, der Unsern Reihen zu verstärken, Schlug sie mit Donnerkrachen eben ein, Als wollte sie den ganzen Griechenstamm Bis auf den Grund, die Wütende, zerspalten. Der Krone ganze Blüte liegt, Ariston, Astyanax, vom Sturm herabgerüttelt, Menandros auf dem Schlachtfeld da, den Lorbeer Mit ihren jungen, schönen Leibern groß Für diese kühne Tochter Ares’ düngend. Mehr der Gefangnen siegreich nahm sie schon, Als sie uns Augen, sie zu missen, Arme, Sie wieder zu befrein, uns übrig ließ. -- Oft, aus der sonderbaren Wut zu schließen, Mit welcher sie, im Kampfgewühl, den Sohn Der Thetis sucht, scheint’s uns, als ob ein Haß Persönlich wider ihn die Brust ihr füllte. So folgt, so hungerheiß, die Wölfin nicht Durch Wälder, die der Schnee bedeckt, der Beute, Die sich ihr Auge grimmig auserkor, Als sie, durch unsre Schlachtreihn, dem Achill. Doch jüngst, in einem Augenblick, da schon Sein Leben war in ihre Macht gegeben, Gab sie es lächelnd, ein Geschenk, ihm wieder: Er stieg zum Orkus, wenn sie ihn nicht hielt. Denn als sie um die Abenddämmrung gestern Im Kampf, Penthesilea und Achill, Einander trafen, stürmt Deiphobus her, Und auf der Jungfrau Seite hingestellt, Der Teukrische, trifft er dem Peleiden Mit einem tück’schen Schlag die Rüstung prasselnd, Daß rings der Ormen Wipfel widerhallten, Die Königin, entfärbt, läßt zwei Minuten Die Arme sinken: und die Locken dann Entrüstet um entflammte Wangen schüttelnd, Hebt sie vom Pferdesrücken hoch sie auf, Und senkt, wie aus dem Firmament geholt, Das Schwert ihm wetterstrahlend in den Hals, Daß er zu Füßen hin, der Unberufne, Dem Sohn, dem göttlichen, der Thetis rollt. Er jetzt, zum Dank, will ihr, der Peleide, Ein Gleiches tun; doch sie bis auf den Hals Gebückt, den mähnumflossenen, des Schecken, Der, in den Goldzaum beißend, sich herumwirft, Weicht seinem Mordhieb aus, und schießt die Zügel, Und sieht sich um, und lächelt, und ist fort. +Hauptmann+: Ein neuer Anfall, heiß wie Wetterstrahl, Schmolz, dieser wuterfüllten Mavorstöchter, Rings der Ätolier wackre Reihen hin, Auch uns, wie Wassersturz, hernieder sie, Die unbesiegten Myrmidonier, gießend. Vergebens drängen wir dem Fluchtgewog Entgegen uns: in wilder Überschwemmung Reißt’s uns vom Kampfplatz strudelnd mit sich fort: Und eher nicht vermögen wir den Fuß, Als fern von den Peliden festzusetzen. Erst jetzo wickelt er, umstarrt von Spießen, Sich aus der Nacht des Kampfes los, er rollt Von eines Hügels Spitze scheu herab, Auf uns kehrt glücklich sich sein Lauf, wir senden Aufjauchzend ihm den Rettungsgruß schon zu; Doch es erstirbt der Laut im Busen uns, Da plötzlich jetzt sein Viergespann zurück Vor einem Abgrund stutzt, und hoch aus Wolken In grause Tiefe bäumend niederschaut. Vergebens jetzt, in der er Meister ist, Des Isthmus ganze vielgeübte Kunst: Das Roßgeschwader wendet, das erschrockne, Die Häupter rückwärts in die Geißelhiebe, Und im verworrenen Geschirre fallend, Zum Chaos, Pferd und Wagen, eingestürzt, Liegt unser Göttersohn, mit seinem Fuhrwerk, Wie in der Schlinge eingefangen da. Es stürzt Automedon, des Fahrzeugs rüst’ger Lenker, In die Verwirrung hurtig sich der Rosse: Er hilft dem Viergekoppel wieder auf. Doch eh er noch aus allen Knoten rings Die Schenkel, die verwickelten, gelöst, Sprengt schon die Königin, mit einem Schwarm Siegreicher Amazonen, ins Geklüft, Jedweden Weg zur Rettung ihm versperrend. Sie hemmt, Staub rings umqualmt sie, Des Zelters flücht’gen Lauf, und hoch zum Gipfel Das Angesicht, das funkelnde, gekehrt, Mißt sie, auf einen Augenblick, die Wand: Der Helmbusch selbst, als ob er sich entsetzte, Reißt bei der Scheitel sie von hinten nieder. Drauf plötzlich jetzt legt sie die Zügel weg, Man sieht, gleich einer Schwindelnden, sie hastig Die Stirn, von einer Lockenflut umwallt, In ihre beiden kleinen Hände drücken. Bestürzt, bei diesem sonderbaren Anblick, Umwimmeln alle Jungfraun sie, mit heiß Eindringlicher Gebärde sie beschwörend; Die eine, die zunächst verwandt ihr scheint, Schlingt ihren Arm um sie, indes die andre, Entschloßner noch, des Pferdes Zügel greift: Man will den Fortschritt mit Gewalt ihr wehren, Doch sie -- Ihr hört’s. Umsonst sind die Versuche, sie zu halten, Sie drängt mit sanfter Macht von beiden Seiten Die Fraun hinweg, und im unruh’gen Trabe An dem Geklüfte auf und nieder streifend, Sucht sie, ob nicht ein schmaler Pfad sich biete Für einen Wunsch, der keine Flügel hat; Drauf jetzt, gleich einer Rasenden, sieht man Empor sie an des Felsens Wände klimmen, Jetzt hier, in glühender Begier, jetzt dort, Unsinn’ger Hoffnung voll, auf diesem Wege Die Beute, die im Garn liegt, zu erhaschen. Jetzt hat sie jeden sanftern Riß versucht, Den sich im Fels der Regen ausgewaschen; Der Absturz ist, sie sieht es, unersteiglich; Doch, wie beraubt des Urteils, kehrt sie um, Und fängt, als wär’s von vorn, zu klettern an. Und schwingt, die Unverdrossene, sich wirklich Auf Pfaden, die des Wandrers Fußtritt scheut, Schwingt sich des Gipfels höchstem Rande näher Um einer Orme Höh; und da sie jetzt auf einem Granitblock steht, von nicht mehr Flächenraum Als eine Gemse sich zu halten braucht; Von ragendem Geklüfte rings geschreckt, Den Schritt nicht vorwärts mehr, nicht rückwärts wagt; Der Weiber Angstgeschrei durchkreischt die Luft: Stürzt sie urplötzlich, Roß und Reiterin, Von los sich lösendem Gestein umprasselt, Als ob sie in den Orkus führe, schmetternd Bis an des Felsens tiefsten Fuß zurück, Und bricht den Hals sich nicht und lernt auch nichts: Sie rafft sich bloß zu neuem Klimmen auf. Das Fahrzeug steht, die Rosse auch, geordnet -- -- Hephästos hätt in so viel Zeit fast neu Den ganzen erznen Wagen schmieden können -- Er schwingt dem Sitz sich zu und greift die Zügel: Ein Stein fällt uns Argivern von der Brust. Doch oben jetzt, da er die Pferde wendet, Erspähn die Amazonen einen Pfad, Dem Gipfel sanfthin zugeführt, und rufen, Das Tal rings mit Geschrei des Jubels füllend, Die Königin dahin, die sinnberaubte, Die immer noch des Felsens Sturz versucht. Sie, auf dies Wort, das Roß zurücke werfend, Rasch einen Blick den Pfad schickt sie hinan; Und dem gestreckten Parder gleich, folgt sie Dem Blick auch auf dem Fuß: er, der Pelide, Entwich zwar mit den Rossen, rückwärts strebend; Doch in den Gründen bald verschwand er mir, Und was aus ihm geworden, weiß ich nicht. [Illustration] Die Amazonen werden zurückgedrängt, und ihre Königin, durch einen Speerwurf Achills ohnmächtig geworden, fällt in die Hände der Griechen. Nach dem Erwachen hält sie Achilleus, der waffenlos vor ihr steht, für ihren Gefangenen. Sie gesteht ihm ihre Liebe und will ihn mit ins Amazonenreich führen. Achilleus aber weigert sich, mit der Königin zu ziehen; er will Penthesilea mit sich nehmen und auf den Thron seiner Väter setzen. Penthesilea erkennt, daß sie die Gefangene des Peliden ist. Aber schon rücken die Amazonen wieder siegreich vor, und die Königin wird befreit. Der Grieche fordert sie nun zum Zweikampf auf, um die Geliebte wieder zu gewinnen. Sie jedoch erblickt in dieser Forderung den schmählichsten Hohn und zieht als rasende Rächerin mit Hunden und Elefanten dem Peliden entgegen. +Meroe+: Ihr wißt, Sie zog dem Jüngling, den sie liebt, entgegen, Sie, die fortan kein Name nennt -- In der Verwirrung ihrer jungen Sinne, Den Wunsch, den glühenden, ihn zu besitzen, Mit allen Schrecknissen der Waffen rüstend. Von Hunden rings umheult und Elefanten, Kam sie daher, den Bogen in der Hand: Der Krieg, der unter Bürgern rast, wenn er, Die blutumtriefte Graungestalt, einher Mit weiten Schritten des Entsetzens geht, Die Fackel über blühnde Städte schwingend, Er sieht so wild und scheußlich nicht, als sie. Achilleus, der, wie man im Heer versichert, Sie bloß ins Feld gerufen, um freiwillig Im Kampf, der junge Tor, ihr zu erliegen: Denn auch er -- o wie mächtig sind die Götter! -- Er liebte sie, gerührt von ihrer Jugend, Und wollt ihr zu Dianas Tempel folgen; Er naht sich ihr voll süßer Ahnungen, Und läßt die Freunde hinter sich zurück. Doch jetzt, da sie mit solchen Gräulnissen Auf ihn herangrollt, ihn, der nur zum Schein Mit einem Spieß sich arglos ausgerüstet: Stutzt er und dreht den schlanken Hals, und horcht, Und eilt entsetzt, und stutzt, und eilet wieder: Gleich einem jungen Reh, das im Geklüft Fern das Gebrüll des grimmen Leun vernimmt. Er ruft: „Odysseus!“ mit beklemmter Stimme, Und sieht sich schüchtern um, und ruft: „Tydide!“ Und will zurück noch zu den Freunden fliehn: Und steht, von einer Schar schon abgeschnitten, Und hebt die Händ empor, und duckt und birgt In eine Fichte sich, der Unglücksel’ge, Die schwer mit dunklen Zweigen niederhängt. -- Inzwischen schritt die Königin heran, Die Doggen hinter ihr, Gebirg und Wald Hochher, gleich einem Jäger, überschauend; Und da er eben, die Gezweige öffnend, Zu ihren Füßen niedersinken will: „Ha! sein Geweih verrät den Hirsch,“ ruft sie Und spannt mit Kraft der Rasenden sogleich Den Bogen an, daß sich die Enden küssen, Und hebt den Bogen auf, und zielt und schießt, Und jagt den Pfeil ihm durch den Hals; er stürzt! Ein Siegsgeschrei schallt roh im Volk empor. Jetzt gleichwohl lebt der ärmste noch der Menschen, Den Pfeil, den weit vorragenden, im Nacken, Hebt er sich röchelnd auf, und überschlägt sich, Und hebt sich wiederum und will entfliehn; Doch „Hetz!“ schon ruft sie: „Tigris! hetz, Leäne! Hetz, Sphynx! Melampus! Dirke! Hetz, Hyrkaon!“ Und stürzt -- stürzt mit der ganzen Meut, o Diana! Sich über ihn, und reißt -- reißt ihn beim Helmbusch, Gleich einer Hündin, Hunden beigesellt; Der greift die Brust ihm, dieser greift den Nacken, Daß von dem Fall der Boden bebt, ihn wieder! Er, in dem Purpur seines Bluts sich wälzend, Rührt ihre sanfte Wange an, und ruft: „Penthesilea! meine Braut! was tust du? Ist dies das Rosenfest, das du versprachst?“ Doch sie -- die Löwin hätte ihn gehört, Die hungrige, die wild nach Raub umher, Auf öden Schneegefilden heulend treibt -- Sie schlägt, die Rüstung ihm vom Leibe reißend, Den Zahn schlägt sie in seine weiße Brust, Sie und die Hunde, die wetteifernden, Oxus und Sphynx den Zahn in seine rechte, In seine linke sie; als ich erschien, Troff Blut von Mund und Händen ihr herab. Jetzt steht sie lautlos da, die Grauenvolle, Bei seiner Leich, umschnüffelt von der Meute, Und blicket starr, als wär’s ein leeres Blatt, Den Bogen siegreich auf der Schulter tragend, In das Unendliche hinaus, und schweigt. Wir fragen mit gesträubten Haaren sie: Was sie getan? Sie schweigt. Ob sie uns kenne? Sie schweigt. Ob sie uns folgen will? Sie schweigt, Entsetzen faßt mich, und ich floh zu euch. Heinrich von Kleist Aus der Odyssee Odysseus und Polyphem Unter allen Helden, die vor Troja gekämpft hatten, war keinem so widriges Geschick beschieden, bevor er in seine Heimat zurückkehrte, wie dem klugen Helden Odysseus. [Illustration] Als er mit zwölf wohlbemannten Schiffen von der Küste von Troja absegelte, trieb ihn der Wind zuerst nach Ismaros, der Stadt der Cikonen. Dieselbe eroberte und zerstörte er, und reiche Beute ward unter die Genossen verteilt. Statt aber nach Odysseus’ Rate alsbald weiterzusegeln, schwelgten die Genossen in dem trefflichen Weine, den sie in der Stadt gefunden. Unterdessen hatten die Bewohner der Stadt die in der Nähe wohnenden Cikonen herbeigerufen, die tapfer und stark waren, und es kam zu einem hartnäckigen Kampfe, der vom Morgen bis zum Abend währte. Jedes der griechischen Schiffe verlor in diesem Kampfe sechs seiner Helden, und eilig segelten die noch lebenden von dannen, trauernd, daß sie ihre Gefährten unbegraben mußten liegen lassen. Nun aber erhob sich ein Sturm, dichte Wolken umhüllten Erde und Meer, und zehn Tage lang wurden die Schiffe auf dem Meere umhergetrieben. Am zehnten Tage gelangten sie zu dem Lande der Lotophagen, die sich von der Lotospflanze nährten. Als die Griechen ans Land gestiegen waren und sich nach der stürmischen Seereise mit Speise und Trank wieder gekräftigt hatten, sandte Odysseus einige seiner Freunde in Begleitung eines Herolds aus, die Beschaffenheit des Landes zu erkunden. Die Lotophagen waren den Fremdlingen freundlich gesinnt und gaben ihnen von der Lotosfrucht zu kosten. Wer aber diese gekostet, der mochte nie wieder etwas anderes zu essen, und so mußte denn Odysseus die ausgesandten Freunde mit Gewalt zu den Schiffen zurückbringen und sie mit Seilen festbinden. Die übrigen Gefährten aber trieb er, eilend weiterzusegeln, damit sie nicht auch, von den Lotos verführt, der Heimat vergäßen. Von da gelangten die Griechen nach dem Lande der wilden Cyklopen. Das waren Riesen, die weder Gesetz noch Ordnung kannten und bei denen das Volk sich nicht zu gemeinsamer Beratung versammelte. Sie ackerten und säeten auch nicht, sondern genossen nur, was das fruchtbare Land ihnen ohne Arbeit bot. In Felsenhöhlen wohnten sie, und jeder richtete nach Willkür über Mann und Kinder. Vor dem Lande lag eine kleine wälderreiche Insel, die von keinem Menschen bewohnt war, auf der aber zahlreiche Herden wilder Ziegen umherstreiften. In dunkler Nacht landeten die Griechen an dieser Insel; sie stiegen aus den Schiffen und warteten des Morgens. Als derselbe heraufstieg, wunderten sie sich des fruchtbaren und doch menschenleeren Eilands; die zahllosen Ziegen aber verlockten sie zur Jagd. Die Bogen und die Spieße wurden aus den Schiffen herbeigeholt, und bald war reichliches Wildbret erbeutet. Ein leckeres Mahl ward an einem schnell entzündeten Feuer bereitet, und auch an Wein gebrach es nicht. Reiche Vorräte hatte man von demselben in dem Lande der Cikonen erbeutet, und noch bargen die Schiffe manchen gefüllten Henkelkrug. Von der Insel aus sahen die Griechen auch das Land, der Cyklopen, von dem an etlichen Stellen Rauch sich zum Himmel erhob. Darum berief Odysseus am nächsten Morgen seine Gefährten um sich, und einen Teil derselben forderte er auf, mit ihm nach dem gegenüberliegenden Lande zu fahren, um zu erforschen, wer da wohne. Die übrigen aber sollten unterdessen auf der Ziegeninsel bleiben. Die Ausgewählten gingen mit Odysseus zum Schiffe und ergriffen die Ruder. Als sie das Gestade erreichten, erblickten sie eine hochgewölbte Felsenhöhle, die von zahllosen Lorbeerbäumen umschattet war. Ein hohes Gehege, von Felsstücken und Baumstämmen erbaut, umgab dieselbe. In ihr wohnte ein Mann, der am Tage seine Herden auf entlegene Weiden trieb und mit niemand Umgang pflegte. Gräßlich war er gestaltet und glich nicht anderen Menschen; riesenhaft ragte er empor wie ein vereinzelter waldreicher Gipfel eines Gebirges, und fürchterlich war sein Ansehen namentlich dadurch, daß er nur ein Auge hatte, das, groß und gräßlich blickend, mitten auf der Stirn stand. Odysseus nahm von den im Schiffe mit ihm angekommenen Gefährten nur zwölf der tapfersten mit sich; den übrigen befahl er, bei dem Schiffe zu bleiben. Mit jenen ging er nach der Höhle. Weil sie aber nicht wußten, ob sie daselbst etwas zu essen fänden, nahmen sie Speise mit, auch einen ziegenledernen Schlauch voll Weines, den Odysseus zu Ismaros von einem Priester erhalten hatte und der so süß und feurig war, daß man beim Trinken einen Becher desselben mit zwanzig Bechern Wasser vermischen mußte. In der Höhle fanden sie den Riesen nicht daheim; sie gingen aber hinein. Da waren viele junge Lämmer und Zicklein, die noch nicht mit auf die Weide getrieben wurden, und viele Körbe voll Käse standen da. Odysseus’ Gefährten wollten etliche Körbe mit Käsen, auch etliche Lämmer und Zicklein mit sich nehmen und wieder zum Schiffe zurückeilen. Odysseus aber beredete sie, zu warten, bis der Riese heimkehrte. Da zündeten sie ein Feuer an, opferten den Göttern von den Käsen und aßen dann selbst. [Illustration] Endlich kam der Riese. Schwer bepackt mit einem Bündel Holz, das er krachend auf den Boden der Höhle warf. Nachdem alsdann die Schafe und Ziegen alle in die Höhle getrieben waren, schloß er dieselbe mit einem gewaltigen Steine, den nur seine Riesenkräfte bewegen konnten. Hätte man diesen Stein zerschlagen wollen, so wären wohl zwanzig Wagen nötig gewesen, um die Stücke fortzuschaffen. Als der Riese darauf seine Herde gemolken, an der gewonnenen Milch sich gelabt und die übriggebliebene in Gefäßen aufbewahrt hatte, zündete er Feuer an. Da bemerkte er die Griechen, welche sich in den äußersten Winkel der Höhle versteckt hatten, und zornig redete er sie an: „Wer seid ihr, Fremdlinge? Und woher kommt ihr? Hat euch ein Geschäft über die Wogen des Meeres getrieben oder schweift ihr als Räuber auf dem Meere umher, die ihr Leben verachten und den Völkern feindlich gesinnt sind?“ Die rauhe Stimme des Riesen hatte die Griechen noch mehr erschreckt, Odysseus aber ermannte sich und antwortete: „Griechen sind wir, und von Trojas fernen Gestaden kommen wir, von den Wogen des Meeres und von schrecklichen Stürmen hierher verschlagen, fern von unserem Vaterlande. Nun bitten wir dich, daß du uns freundlich geringe Bewirtung reichst, damit Zeus dich segne, der hilflosen Fremdlingen ein Freund und Beschützer ist.“ Der Cyklop antwortete: „Ein Tor bist du, o Fremdling, daß du mich an Zeus erinnerst. Wir Cyklopen kümmern uns weder um ihm, noch um die übrigen Götter; denn wir sind besser als sie. Sehr irrst du, wenn du meinst, ich werde aus Scheu vor den Göttern deiner oder deiner Gefährten schonen. Aber sage mir, wo das Schiff ist, auf dem ihr gekommen.“ Des Riesen schlimme Absichten durchschauend, erwiderte der kluge Odysseus: „Unser Schiff ist an den Klippen zerschellt, und ich bin allein mit meinen Gefährten dem Unglück entronnen.“ Ohne weiter etwas darauf zu antworten, ergriff der Cyklop zwei der Griechen und zerschmetterte ihnen an den Felsen die Köpfe, daß das Gehirn weit umherspritzte. Dann zerstückte er sie, und Glied um Glied fraß er hinein, wie ein Löwe des Felsengebirges, daß auch kein Restchen Fleisch oder Knochen übrigblieb. Weinend erhoben da die Griechen die Hände zum Zeus, und starres Entsetzen ergriff sie. Der Riese aber streckte sich nach seinem fürchterlichen Mahle auf den Boden der Höhle und fiel in tiefen Schlaf. Da kam Odysseus der Gedanke, dem schlafenden Ungeheuer das Schwert tief in die Brust zu bohren; zur rechten Zeit besann er sich jedoch, daß er dann mit all seinen Gefährten dem sicheren Tode verfallen wäre, denn ihre Hände wären nie imstande gewesen, den Felsen zu beseitigen, den der Riese vor den Eingang der Höhle gehoben hatte. Beim Grauen des nächsten Morgens zündete der Cyklop wieder Feuer an, molk dann die Herde, und als er damit zu Ende war, packte er abermals zwei Griechen und verzehrte sie wie die am vergangenen Abende. Alsdann trieb er die Herde aus der Höhle, welche er wieder verschloß, indem er den Felsen vor dieselbe setzte. So leicht hob er den Felsen in die Höhe, als ob es nur der Deckel seines Köchers wäre. Da saßen nun die Griechen den ganzen Tag trauernd und auf Rettung sinnend. Endlich reifte in Odysseus’ Seele ein Plan. In der Höhle lag des Cyklopen Keule, ein gewaltiger Ölbaum. Wohl war sie so lang und dick, daß man sie für einen Mastbaum hätte halten können. Von ihm hieb Odysseus das obere Ende ab, das er dann mit seinen Gefährten zuspitzte und in der Glut des Feuers härtete. Dann verbarg er den Pfahl in dem Miste, der in der Höhle aufgeschichtet lag, vier seiner Gefährten aber erwählte er, daß sie den Pfahl hielten, wenn er ihn dem schlafenden Ungeheuer in sein Auge bohren würde. Am Abend verschlang der heimgekehrte Riese, nachdem er seine Arbeiten wie am Tage zuvor verrichtet, wieder zwei der Gefährten. Darauf trat Odysseus zu ihm, und in einem hölzernen Becher ihm von dem starken Weine darreichend, den er mit sich gebracht hatte, sprach er: „Nimm, Cyklop, und trinke! Auf Menschenfleisch ist der Wein gut!“ Der Riese trank, und so wohl schmeckte ihm dieser Wein, daß er bat, den Becher noch einmal zu füllen. Wohl hätten, meinte er, die Cyklopen auch Wein, aber nicht solchen, wie ihn der Fremdling ihm reichte. Gern füllte Odysseus den Becher wieder, damit der Riese um so fester schliefe. Nach dem zweiten Becher frug der Riese nach Odysseus’ Namen, auch bat er, den Becher noch einmal zu füllen. Das tat Odysseus, und indem er ihm den Becher reichte, sprach er: „Niemand ist mein Name; so heißen mich alle Genossen.“ Da antwortete der Riese, nachdem er auch den dritten Becher getrunken: „Zum Danke für deine vortreffliche Gabe, lieber Niemand, will ich dich zuletzt verzehren.“ Darauf legte er sich nieder, und ein fürchterliches Schnarchen bewies bald, daß er in tiefen Schlaf gefallen war. Das war die rechte Zeit für die Ausführung des Planes, den Odysseus entworfen hatte. Am Feuer machte er den vorbereiteten Pfahl glühend, und dann stieß er ihn mit Hilfe der vier Gefährten in das Auge des Cyklopen, und während die Gefährten den Pfahl aufrecht hielten, drehte er ihn aus Leibeskräften in dem Auge herum. Da umquoll heißes Blut die eindringende Spitze, und Wimpern und Brauen versengten. Zischend spritzte das Blut hochauf wie das Wasser, wenn der Schmied die glühende Axt hineinhält. Der Riese heulte fürchterlich, und während die Griechen sich in den entferntesten Winkel der Höhle verbargen, riß er sich den Pfahl aus dem Auge und schleuderte ihn weit von sich. Das fürchterliche Brüllen des Cyklopen vernahmen die in der Nähe wohnenden Cyklopen, und sie eilten hierbei, ihm zu helfen. Sie standen vor der Höhle, und auf ihre Frage, wer ihm etwas zuleide tue, wer ihn etwa hinterlistig würge, antwortete er heulend: „Niemand würgt mich, Niemand hat mich hinterlistig angefallen.“ Da sprachen die anderen Cyklopen: „Wenn niemand dir etwas zuleide tut, so können wir dir auch nicht helfen; für innere Schmerzen haben wir keine Mittel.“ Und sie gingen wieder heim. Odysseus freute sich seiner gelungenen List und lachte im Herzen. Am Morgen hob der Riese den Felsen vom Eingange der Höhle. Damit aber mit der Herde nicht auch einer der Griechen entwische, stellte er sich in den Eingang und tappte mit den Händen umher. Auch das hatte Odysseus längst vorbedacht. Mit schwanken Ruten hatte er immer je drei Widder zusammen und unter dem Bauch des mittelsten allemal einen seiner Gefährten festgebunden. So entkamen alle Gefährten des Odysseus; denn nicht dachte der Cyklop daran, daß ein Grieche am Bauche des Tieres hängen könnte, während er den Rücken desselben betastete. Am schlimmsten war Odysseus selbst daran, den niemand unter einem Tiere festbinden konnte. Er suchte sich den größten und stattlichsten Widder der Herde heraus, und mit den Händen sich krampfhaft in der Wolle desselben festhaltend, hing er sich unter den Bauch desselben. Als der Widder aus der Höhle hinaus wollte, hielt ihn Polyphem, so hieß der Cyklop, an, und ihn lobkosend, sprach er: „Wie kommst du heute so spät, da du doch sonst immer der erste bist, wenn es zur Weide geht? Geht dir etwa das Schicksal deines Herrn nahe, den der tückische Fremdling geblendet hat? Ach, könntest du doch reden, um mir zu sagen, wo er sich versteckt hält, damit ich ihn am Felsen zerschmettern könnte.“ Dann ließ er den Widder gehen. Als Odysseus glücklich ins Freie gelangt war, machte er zuerst seine Gefährten los, dann trieben sie gemeinsam etliche der schönsten Tiere zum Strande, wo sie von den Genossen, die bei dem Schiffe geblieben waren, mit Freuden empfangen wurden. Trauernd vernahmen diese, wie Polyphem sechs ihrer Gefährten gemordet und verschlungen habe, dann stießen sie das Schiff vom Gestade und ruderten weiter. Als sie in einiger Entfernung von dem Gestade waren, rief Odysseus dem Cyklopen die höhnenden Worte zu: „Ha, Cyklop, keines schlechten Mannes Genossen fraßest du in deiner Höhle; aber Zeus hat deine Freveltat gerächt.“ Da ergriff Polyphem einen ungeheuren Felsblock und schleuderte ihn grimmig nach der Gegend, von wo die Stimme erscholl. Hochauf schäumte das Meer, als der Fels dicht neben dem Schiffe in dasselbe niederfiel, und von den dadurch erregten Wellen ward das Schiff wieder an das Gestade zurückgetrieben. Mit Anstrengung aller Kräfte ruderten die Griechen wieder ins Meer hinaus, und als sie weiter entfernt waren, als am erstenmal, rief Odysseus wieder: „Höre, Polyphem, was ich dir sagen will. Wenn dich jemand fragt, wer dich geblendet, so sage: Odysseus war es, Laertes’ Sohn, der in Ithaka wohnt.“ Da erinnerte sich Polyphem, wie einst ein alter Seher ihm geweissagt hatte, er würde durch Odysseus’ Hände geblendet werden, und laut rief er: „Wehe, nun ist in Erfüllung gegangen, was mir geweissagt wurde! Ich glaubte aber, ein großer, gewaltiger Mann voll Stärke und Kraft müßte erst kommen. Nun hat ein elender Wicht, ein Schwächling, mein Auge geblendet, nachdem er mich vorher mit Wein berauscht hatte.“ Und wiederum schleuderte Polyphem mächtige Felsblöcke dem Schiffe nach, das aber schon zu weit entfernt war, als daß es die Steine noch hätten erreichen können. Da betete Polyphem zu dem Meerbeherrscher Poseidon, der sein Vater war, daß er Odysseus entweder nie heimkehren lasse oder doch nur nach vielen Gefahren, unglücklich, entblößt von allem Gut und von allen Genossen. Glücklich gelangte Odysseus mit den ihm gebliebenen Gefährten wieder auf der Ziegeninsel an, wo er den Lieblingsbock des Cyklopen dem Zeus opferte. Albert Richter [Illustration] Nächtliche Fahrt Ein Schiff befuhr das Meer. Aufrauschend quoll Die Flut am Kiel. Er suchte Pylos Strand. Das Steuer führt ein Jüngling kummervoll, Dem früh des Vaters Rat und Hilfe schwand. Der glückbedürft’ge hieß Telemachos Und schaute nach des Segels nächt’gem Flug, Dicht neben ihm der hohe Fahrtgenoß, Athene war’s, die Mentors Züge trug. Unendlich brach hervor der Sterne Heer, Die lichten Waller wußten ihre Bahn ... Da sprach die Tochter Zeus’ auf dunklem Meer: „Zusammen rufen wir die Götter an!“ Die Hände, wie der Staubgeborne fleht, Erhob sie ausgebreitet in die Nacht -- Und sie erhörte selber das Gebet, Von ihr für den Verlaßnen dargebracht. Conr. Ferd. Meyer Die sterbende Meduse Ein kurzes Schwert gezückt in nerv’ger Rechten, Belauert Perseus bang in seinem Schild Der schlummernden Meduse Spiegelbild, Das süße Haupt mit müden Schlangenflechten. Zur Hälfte zeigt der Spiegel längs der Erde Des jungen Wuchses atmende Gebärde -- „Raub ich das arge Haupt mit raschem Hiebe, Verderblich der Verderberin genaht? Wenn nur die blonde Wimper schlummern bliebe! Der Blick versteint! Gefährlich ist die Tat. Die Mörderin! Sie schließt vielleicht aus List Die wachen Augen! Sie, die grausam ist! Durch weiße Lider schimmert blaues Licht Und -- zischte dort der Kopf der Natter nicht?“ Medusen träumt, daß einen Kranz sie winde, Der Menschen schöner Liebling, der sie war, Bevor die Stirn der Göttin Angebinde Verschattet ihr mit wirrem Schlangenhaar. Mit den Gespielen glaubt sie noch zu wandern Und spendet ihnen lockenschüttelnd Grüße, In blühendem Reigen regt sie mit den andern Die freudehellen, die beschwingten Füße, Ihr Antlitz hat vergessen, daß es töte, Es glaubt, es glaubt an die barmherz’ge Lüge Des Traums. Es lauscht dem Hauch der Hirtenflöte, Der weichmelodisch zieht durch seine Züge. Es lächelt still, von schwerem Bann befreit, In unverlorner erster Lieblichkeit. Der Mörder tritt an ihre Seite dicht, Und dunkler träumt Medusens Angesicht. Ihr ist, sie habe Haß empfunden schon, Vor sich geschaudert, dumpf und bang gelitten, Die Menschen habe scheu sie erst geflohn, Dann ihnen nachgestellt mit Meuchlerschritten -- Sie sinnt, was Unheilbares sie gequält, Daß sie dem eignen Leben feind geworden, Und andres Leben sich ergötzt zu morden -- Sie sinnt umsonst. Ihr hält’s der Traum verhehlt, Die grause Larve, die sie lang geschreckt, Ist wie mit einem Purpurtuch bedeckt. Das Graun ist aufgelöst in Seligkeit, Begonnen hat der Seele Feierzeit. Der Dämmer herrscht. Das harte Licht verblich. Als eine der Erlösten fühlt sie sich. Sie fürchtet keines Schreckens Wiederkehr, Sie weiß, die Qualen kommen nimmermehr, Nein, nimmermehr, und nun ist alles gut! Sie liegt, den Hals gebogen, auf dem Rasen, Sie hört die Hirtenflöte wieder blasen Und lauscht. Sie zuckt. Sie windet sich. Sie ruht. Conr. Ferd. Meyer Griechische Spiele Harrend strömten die Völker auf Elis Plane zusammen, Selbst den erbittertsten Haß hemmte die heilige Zeit. Stärke und Anmut rang; nicht der Stunde flüchtiger Beifall Dehnte den Atem der Brust, stärkte die Sehne zu Erz, Spornte die schäumenden Rosse zum wildesten Fluge -- sie wußten, Daß das Siegergespann einen Unsterblichen trug. Alle die griechischen Städte durchbrauste der Name des Siegers, Und unermeßlicher Wert wurde dem einfachen Kranz. Nicht verschmähte der Sänger zu weihen die irdische Krafttat, Und der gewaffnete Huf weckte die Funken des Lieds. Also wurden, geschirmt von waltenden Göttern und Sängern, Fröhlich Spiele zum Ernst; aber das Leben war Spiel. Gustav Pfizer [Illustration] Die Mutter des Siegers Im weiten Rund des Stadion zu Olympia Sitzt, Kopf an Kopf gedrängt, in Schaubegier Das Volk von Hellas. Voll zum Rand hinan Am frühen Morgen schwoll die Volkeswoge, Um zu erstarren, bis die Sonne sinkt. Kein Weiberantlitz auf den Stufen rings, Nur der Demeter greise Priesterin Zunächst dem Hochsitz der Hellanodiken, Denn uralt heiliges Gesetz gebeut: Wenn je aus frevlem Vorwitz sich ein Weib Einschlich in den Bezirk der Spiele, hoch Herabgestürzt von jenen Felsenzacken, Die in Olympias Ebne niederschaun, Soll sie zerschellten Haupts die Neugier büßen. Der Tag verkühlt sich. Schon zum Meer hinab Sein feurig Viergespann lenkt Helios, Mit Zögern scheint’s, um aus der blauen Höhe Der Spiele stolzem Reigen zuzuschaun, Da wird es still im ungeheuren Ring. Die Volkesbrandung hält den Atem an, Und einen schlanken Jüngling an der Hand Des Herolds sieht man nahn dem Ehrensitz Der Kampfesrichter. Auf den breiten Schultern Trägt er das kleine Haupt, den Blick gesenkt, Daß durch die schwarzen Wimpern nur verstohlen Ein scheuer Blitz der stolzen Freude zuckt. Die Stirn, von weichen Locken tief verhangen, Die Brust gewölbt gleich der des Götterboten, Eratmend süß im linden Abendhauch, Tritt er mit stockenden Schritten, ob er auch Die Kraft der jungen Schenkel eben erst Bewährt im Wettlauf, vor die Alten hin, Die Ruhmausteilenden, und neigt das Haupt, Gleichwie belastet von der Wucht des Glücks. Im Fünfkampf blieb er Sieger, erst im Sprung, Im Diskuswurf, im Lauf, im Ringen dann, Zuletzt im Faustkampf. Nun wie traumentrückt, Wie zweifelnd an des wachen Tages Licht, Steht er den tausend Gaffenden zur Schau, Und flüsternd durch die Reihen läuft sein Name: „Koröbos, Sohn des Pelias.“ Und jetzt Herab vom Hochsitz naht der älteste Der Kampfesrichter, milden Angesichts. Vom schlanken Tisch aus Gold und Elfenbein, Auf dem die Kränze ruhn und Siegespalmen, Den dichtbelaubtesten, wie Silber schimmernd, Nimmt er und drückt des heil’gen Ölbaums Zweig Dem Sieger aufs gesenkte Lockenhaupt, Indes der Herold laut den Namen ausruft: „Koröbos, Sohn des Pelias, aus Elis, Sieger im Fünfkampf.“ Brausend in der Runde, Wie Meeresbrandung schallt der Jubelruf, Und schon erhebt der Palme zarten Zweig, Der Ehren herrlichste, des Greisen Hand, Da plötzlich von den höchsten Stufen dringt Ein wirrer Lärm herab, ein eifernd Toben Empörter Stimmen. Innehält der Greis Und blickt empor. Und durch die Sitzreihn nieder Zur ebnen Bahn wälzt sich ein wilder Hauf, Nachschleppend eine dürftige Gestalt, Klein, welken Angesichts, zerzausten Haars, -- Ein Weib! -- Verwünschungen, geballte Fäuste, Und jetzt -- horch! -- aus des Jünglings Mund ein Schrei: „Mutter! O Mutter!“ -- und er stürzt zu ihr, Umfängt die wie in Ohnmacht Hingesunkne Und hält sie stammelnd fest ans Herz gedrückt. Doch aus der wütenden Rotte tritt der Führer Und ruft: „Wir bringen euch dies Weib, ihr Richter, Daß sie den Bruch der heil’gen Ordnung büße. Zwei Tage schon, als wie ein greises Männlein, In sich gebückt, sah sie den Spielen zu, Und nicht ein Laut erging aus ihrem Munde, So daß den Nachbarn taubstumm sie erschien. Doch jetzt, da diesen Jüngling du bekränzt Als Sieger im Pentathlon, plötzlich hören Wir ein Gestöhn des wunderlichen Wesens; Ein heftig Schluchzen hebt und senkt die Brust, Und seinem Aug entbricht ein Tränensturz. Das sehn wir Nächsten mitleidvoll, und ich, Im Wahn, das Wichtlein sei von jäher Krankheit Befallen, will den Kopf ihm heben. Da Streif ich den Bart ihm ab, und offenbar Wird ihr Geschlecht und des Geschlechtes Schwäche, Die Neugier, die sie zu Verbotnem trieb. Nun bringen wir zu euch die Frevlerin, Daß ihr sie richten mögt.“ Alsbald erhob sich Die Frau, und aus des Jünglings Arm sich lösend, In Demut vor die Richter trat sie hin: „Ja, richtet mich! Mein Leben ist verwirkt: Ich flehe nicht um Schonung. Was auch könnten Mir Götter gönnen noch nach diesem Tag, Der mich erhöht vor allen Weibern sah! Durft ich nicht meines Lieblings Sieg und Ruhm Mit Augen schaun? Das blieb zuvor mir streng Versagt. Denn dreimal kam mein lieber Mann Heim von Olympia mit dem gleichen Schmuck; Doch nicht des Volkes Zuruf, nicht die Ehren Der Kränzung seiner Stirn erlebt ich mit. Zweimal bekränzt dann ward mein ältster Sohn, Bis sie zuletzt ihn blutig und entseelt, Da ihn im Wagenkampf die Rosse schleiften, Ins Haus mir brachten. Meinen zweiten, ach! Der fortzog in den Perserkampf, ihn sah Mein Aug nie wieder. Nur die Kunde kam, Ihn habe, rühmlich kämpfend, sein Geschick Ereilt im Blutgefild. Nur einer blieb mir, Nur mein Koröbos. Als er von mir ging, Gelockt vom Ruhm des Vaters und der Brüder, Da litt es mich im öden Hause nicht. Ein Männerkleid verschafft ich mir und fälschte Mein Antlitz, denn ich dachte, wenn auch ihm Vielleicht die Moira steckt ein frühes Ziel, -- Jung soll ja sterben, wen die Götter lieben -- Bist du doch nah und kannst in deinem Schoß Weich betten sein veratmend Haupt. Denn das Bleibt ewig einer Mutter Recht und Pflicht, Und kein Gesetz, das Menschen je erdacht, Löscht diese Schrift in ihrem Busen aus. Und so, getrost, beging ich, was verpönt, Und nicht bereu ich’s. Von dem Felsen dort Hinabgestoßen, mit dem letzten Hauch Den Göttern dank ich, die mich so begnadet, Und nicht in Lethes Fluten könnt ich je Vergessen trinken dieses Freudentags, Der mir der letzte war.“ Sie schwieg, den Blick Auf ihren Liebling haftend, tränenlos, Verklärt. Und eine Stille ward ringsum, Und in der Brust der strengen Richter schwankte Die tiefbewegte Seele. Da erhob sich Die greise Priesterin und sprach: „Wie könnt ihr Noch zweifeln? Hört ihr nicht der Götter Stimme, Die laut zu euerm Herzen spricht? Dies Weib, Das ein Geschlecht von Siegern Hellas gab Und, ihrer Mutterpflicht gedenk, dem Tod Getrotzt, steht über dem Gesetz, und mir Gesellt sie zu ihr priesterlicher Adel. Mögt ihr sie denn verdammen, rauhe Männer -- Die Göttin, der ich diene, spricht sie los, Und Zuflucht findet sie an meinem Busen.“ So sprechend nahte sie der Staunenden, Und sanft zu ihr sich neigend, rührte sie Die Stirn ihr an mit schwesterlichem Kuß. Der Jüngling aber, jauchzend, ungestüm, Schlang um der Mutter Leib den starken Arm Und hob sie auf, und wiegend auf der Schulter Trug im Triumph er strahlend sie dahin, Die weite Bahn umschreitend, allem Volk Sein Mütterlein zu zeigen. Und ringsum Begrüßten winkend ausgestreckte Hände Und tausendstimm’ger Jubelruf das Paar: „Heil, Heil dem Sieger! Heil der edlen Frau, Der Glücklichen, die ihn gebar.“ Sie aber, Das Haupt des Sohns umklammernd, bleich und still, Erhob die Blicke nicht, in sich gebückt, Und weinte, leise „mein Koröbos!“ flüsternd, Auf seinem Kranz. Schwerer ward und schwerer Die leichte Last, und tief und tiefer sank Das Haupt der Mutter auf des Sohnes Locken, Und als den Rundgang er vollbracht, da glitt Ein stumm verblichen Weib ihm aus den Armen. „Das Glück hat sie entseelt!“ so flüsterten Die Greise, da der Jüngling, tiefauf stöhnend, Hinkniete zu der Toten. Doch die Priestrin Nahm einen Palmenzweig vom Tisch und legt Ihn auf die Brust der selig Ruhenden. Und eine Stille ward im weiten Rund, Als hörten sie die weichen Flügel rauschen Des Götterboten, der zur Schattenwelt Die Seele forttrug dieser Siegerin. Paul Heyse Die Kraniche des Ibykus Zum Kampf der Wagen und Gesänge, Der auf Korinthus’ Landesenge Der Griechen Stämme froh vereint, Zog Ibykus, der Götterfreund. Ihm schenkte des Gesanges Gabe, Der Lieder süßen Mund Apoll; So wandert er, an leichtem Stabe, Aus Rhegium, des Gottes voll. Schon winkt auf hohem Bergesrücken Akrokorinth des Wandrers Blicken, Und in Poseidons Fichtenhain Tritt er mit frommem Schauder ein, Nichts regt sich um ihn her, nur Schwärme Von Kranichen begleiten ihn, Die fernhin nach des Südens Wärme In graulichtem Geschwader ziehn. [Illustration] „Seid mir gegrüßt, befreundte Scharen! Die mir zur See Begleiter waren, Zum guten Zeichen nehm ich euch, Mein Los, es ist dem euren gleich. Von fernher kommen wir gezogen Und flehen um ein wirtlich Dach -- Sei uns der Gastliche gewogen, Der von dem Fremdling wehrt die Schmach!“ Und munter fördert er die Schritte Und sieht sich in des Waldes Mitte; Da sperren auf gedrangem Steg Zwei Mörder plötzlich seinen Weg. Zum Kampfe muß er sich bereiten, Doch bald ermattet sinkt die Hand, Sie hat der Leier zarte Saiten, Doch nie des Bogens Kraft gespannt. Er ruft die Menschen an, die Götter, Sein Flehen dringt zu keinem Retter; Wie weit er auch die Stimme schickt, Nichts Lebendes wird hier erblickt; „So muß ich hier verlassen sterben, Auf fremdem Boden, unbeweint, Durch böser Buben Hand verderben, Wo auch kein Rächer mir erscheint!“ Und schwer getroffen sinkt er nieder, Da rauscht der Kraniche Gefieder; Er hört, schon kann er nicht mehr sehn, Die nahen Stimmen furchtbar krähn. „Von euch, ihr Kraniche, dort oben, Wenn keine andere Stimme spricht, Sei meines Mordes Klag erhoben!“ Er ruft es, und sein Auge bricht. Der nackte Leichnam wird gefunden, Und bald, obgleich entstellt von Wunden, Erkennt der Gastfreund in Korinth Die Züge, die ihm teuer sind. „Und muß ich so dich wiederfinden, Und hoffte mit der Fichte Kranz Des Sängers Schläfe zu umwinden, Bestrahlt von seines Ruhmes Glanz!“ Und jammernd hören’s alle Gäste, Versammelt bei Poseidons Feste, Ganz Griechenland ergreift der Schmerz, Verloren hat ihn jedes Herz. Und stürmend drängt sich zum Prytanen Das Volk, es fordert seine Wut, Zu rächen des Erschlagnen Manen, Zu sühnen mit des Mörders Blut. Doch, wo die Spur, die aus der Menge Der Völker flutendem Gedränge, Gelocket von der Spiele Pracht, Den schwarzen Täter kenntlich macht? Sind’s Räuber, die ihn feig erschlagen? Tat’s neidisch ein verborgner Feind? Nur Helios vermag’s zu sagen, Der alles Irdische bescheint. Er geht vielleicht mit frechem Schritte Jetzt eben durch der Griechen Mitte, Und während ihn die Rache sucht, Genießt er seines Frevels Frucht, Auf ihres eigenen Tempels Schwelle Trotzt er vielleicht den Göttern, mengt Sich dreist in jene Menschenwelle, Die dort sich zum Theater drängt. Denn Bank an Bank gedränget sitzen, Es brechen fast der Bühne Stützen, Herbeigeströmt von fern und nah, Der Griechen Völker wartend da. Dumpfbrausend, wie des Meeres Wogen, Von Menschen wimmelnd, wächst der Bau In weiter stets geschweiftem Bogen Hinauf bis in des Himmels Blau. Wer zählt die Völker, nennt die Namen, Die gastlich hier zusammenkamen? Von Theseus’ Stadt, von Aulis’ Strand, Von Phokis, vom Spartanerland, Von Asiens entlegner Küste, Von allen Inseln kamen sie Und horchen von dem Schaugerüste Des Chores grauser Melodie, Der, streng und ernst, nach alter Sitte, Mit langsam abgemessnem Schritte Hervortritt aus dem Hintergrund, Umwandelnd des Theaters Rund. So schreiten keine irdschen Weiber, Die zeugete kein sterblich Haus! Es steigt das Riesenmaß der Leiber Hoch über menschliches hinaus. Ein schwarzer Mantel schlägt die Lenden, Sie schwingen in entfleischten Händen Der Fackel düsterrote Glut, In ihren Wangen fließt kein Blut; Und wo die Haare lieblich flattern, Um Menschenstirnen freundlich wehn, Da sieht man Schlangen hier und Nattern Die giftgeschwollnen Bäuche blähn. Und schauerlich, gedreht im Kreise, Beginnen sie des Hymnus Weise, Der durch das Herz zerreißend dringt, Die Bande um den Frevler schlingt. Besinnungraubend, herzbetörend Schallt der Erinnyen Gesang, Er schallt, des Hörers Mark verzehrend, Und duldet nicht der Leier Klang: „Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle Bewahrt die kindlich reine Seele! Ihm dürfen wir nicht rächend nahn, Er wandelt frei des Lebens Bahn. Doch wehe, wehe, wer verstohlen Des Mordes schwere Tat vollbracht! Wir heften uns an seine Sohlen, Das furchtbare Geschlecht der Nacht. Und glaubt er fliehend zu entspringen, Geflügelt sind wir da, die Schlingen Ihm werfend um den flücht’gen Fuß, Daß er zu Boden fallen muß. So jagen wir ihn, ohn Ermatten, Versöhnen kann uns keine Reu, Ihn fort und fort bis zu den Schatten Und geben ihn auch dort nicht frei.“ So singend, tanzen sie den Reigen, Und Stille, wie des Todes Schweigen, Liegt überm ganzen Hause schwer, Als ob die Gottheit nahe wär, Und feierlich, nach alter Sitte, Umwandelnd des Theaters Rund, Mit langsam abgemessnem Schritte, Verschwinden sie im Hintergrund. Und zwischen Trug und Wahrheit schwebet Noch zweifelnd jede Brust und bebet Und huldiget der furchtbarn Macht, Die richtend im Verborgnen wacht, Die unerforschlich, unergründet Des Schicksals dunkeln Knäuel flicht, Dem tiefen Herzen sich verkündet Doch fliehet vor dem Sonnenlicht. Da hört man auf den höchsten Stufen Auf einmal eine Stimme rufen: „Sieh da, sieh da, Timotheus, Die Kraniche des Ibykus!“ -- Und finster plötzlich wird der Himmel, Und über dem Theater hin Sieht man in schwärzlichtem Gewimmel Ein Kranichheer vorüberziehn. „Des Ibykus“ -- Der teure Name Rührt jede Brust mit neuem Grame Und wie im Meere Well auf Well, So läuft’s von Mund zu Munde schnell: „Des Ibykus? Den wir beweinen, Den eine Mörderhand erschlug! Was ist’s mit dem? Was kann er meinen? -- Was ist’s mit diesem Kranichzug?“ -- Und lauter immer wird die Frage, Und ahnend fliegt’s mit Blitzesschlage Durch alle Herzen: „Gebet acht, Das ist der Eumeniden Macht! Der fromme Dichter wird gerochen, Der Mörder bietet selbst sich dar -- Ergreift ihn, der das Wort gesprochen, Und ihn, an den’s gerichtet war!“ Doch dem war kaum das Wort entfahren, Möcht er’s im Busen gern bewahren: Umsonst! Der schreckenbleiche Mund Macht schnell die Schuldbewußten kund, Man reißt und schleppt sie vor den Richter, Die Szene wird zum Tribunal, Und es gestehn die Bösewichter, Getroffen von der Rache Strahl. Friedrich von Schiller Der Sieger Olympia! Mir sprengt das Herz die Brust! Bin ich derselbe, der ich gestern war? Der Vollkraft ungeheure Daseinslust Durchströmt, entzückt, erhebt mich wunderbar. Vor meinem Volke steh ich, mein Gesang -- Mir selbst ein Wunder -- strömt sich hell und voll In Harmonien aus von Erzes Klang, Mit meinen Lippen spricht der Gott, Apoll! Mein Lied verklingt. Kein Laut. Dann, ein Orkan, Rast wilder Beifall die Arena hin, Und tausend Kränze regnen in die Bahn, Und meine Harfe ist die Siegerin. Ich, aus dem letzten Dorfe, bin der Held, Von meinem Haupte strahlt des Ruhmes Glanz Und füllt mit neuer Pracht die dunkle Welt, Und meine Stirne krönt der Lorbeerkranz. Nun, Jünglinge, begleitet mich nach Haus. Nicht nehm ich eher diesen Kranz vom Haupt Und ziehe eher nicht die Toga aus, Bis meinen Ruhm mein ernster Vater glaubt. Durch Hellas ziehn wir hin, und jauchzend weckt Mein Preis das Land und eilt, uns meldend, vor. Dort liegt das Dorf am Hügel hingestreckt; Und dies ist meines Vaterhauses Tor. Aufsteht der Vater von der Ofenbank. Er sieht mich an, die Toga, meinen Kranz; Vor seinem Auge schrumpft mein Überschwang, Wird grau des Volkes bunter Farbenglanz. Ich streife langsam von dem Haupt die Zier Und von den Gliedern ab das Festgewand. Er spricht: „Du weiltest lange weg von hier. Die Sichel nimm. Das Gras ist fast verbrannt!“ Hugo Salus Tod des Perikles Auf seinem Sterbebett lag Perikles, Und das Bewußtsein schien ihm schon entflohn. Die Freunde, die ihm übrig waren noch, Umstanden ihn und sprachen unter sich, Die Größe rühmend seiner Tugenden Und seiner einst fast unbeschränkten Macht. Bewegt auch zählten sie die Taten auf, Die er vollbracht, wie jedes Siegesmal, Das er Athen zu ew’gem Ruhm erschuf. Doch er im Scheiden noch verstand sie wohl, Und plötzlich auch ergriff er selbst das Wort: „Ich wundre mich, daß ihr an mir gelobt, Was nur das wandelbare Glück verleiht Und was mit manchem andern ich geteilt, Dagegen ihr verschwiegen unbedacht, Was mich bedünkt allein des Neides wert: Daß meinetwegen nie ein Bürger je, Zum Tod verfolgt, in Trauer sich gehüllt.“ Martin Greif [Illustration] Der Bote von Marathon Jüngling, schwing dich auf den wilden Renner, auf dein bäumend Roß, Nach den himmlischen Gefilden Fliege, wie ein Pfeilgeschoß, Laut zu künden, froh zu melden Göttergleichen Sieg der Helden: „Marathon, der Perser Schmach, Wo Athen sich Lorbeer brach!“ Schnell im Staubgewölk verloren, Stürmt er hin im Mittagsschein, Drückt dem flücht’gen Roß die Sporen Kräftig in die Weichen ein. Vorgeneigt, mit losem Zügel, Jagt er auf des Windes Flügel. Herrlich schwellt die junge Brust Siegesfreude, Botenlust. Und er träumt sich schon empfangen Von Athens besorgter Schar. Hoch erglühn der Mutter Wangen, Da sie kränzt sein feuchtes Haar: „O mein Sohn, du kehrst mir wieder!“ Greise singen Siegeslieder, Donnernd jauchzt von Land zu See Tausendstimmig Evoe -- -- -- Seine dunkeln Augen flammen, Freudig preist er sein Geschick ... Plötzlich bricht das Roß zusammen, Röchelnd, mit erloschnem Blick. Ungesäumt, auf eignen Füßen, Eilt er, seine Stadt zu grüßen, Die sich fern am Himmelsrand Blendend hebt im Sonnenbrand. [Illustration] Mut! Nur Mut! -- er will ermatten. Seine Sehnen schwellen an. Nirgends Kühlung, nirgends Schatten Auf der staubverwehten Bahn. „Schütze, Göttin, deinen Boten, Ruf ihn nicht ins Reich der Toten, Eh Athen die Kunde weiß: Unser ist der Siegespreis!“ [Illustration] Von der stolzgetürmten Mauer Hat ihn schon das Volk gesehn. Hohe, heil’ge Wonneschauer Fühlt er durch die Seele wehn. Auf das Herz gepreßt die Linke, Mit dem Lorbeer freud’ge Winke: „Sieg!“ Ein heller Jubelschrei. „Sieg!“ -- Er stürzt. -- Es ist vorbei. Alice von Gaudy Der junge Themistokles In Athens gepriesnen Hallen saßen Jünglinge beim Mahl -- Blut der Syrakuser Traube rötete den Goldpokal. Wie den Becher überwallend schäumend stieg die Purpurflut -- So aus jeder Wange sprühte Lebensfülle, Jugendmut. Ob man hier von Rosen-Jungfraun -- dort vom Vaterlande sprach Oder siegend hier die Wahrheit aus des Sehers Lippen brach: So gewannst du über alle, Himmelstochter, doch den Sieg, Freude, die mit goldnem Flügel vom Olympos niederstieg. Einen hast du nicht bezwungen, Siegerin, der lächelt nicht -- Ernst wie Pallas’ Götterauge blickt sein stolzes Angesicht. Weit entrückt hat seine Seele sich der Gäste munterm Schwarm -- Quält nach Ruhm ihn heißes Schmachten, peinigt ihn der Liebe Harm? Und des Gastmahls junger König nimmt ein Lautenspiel zur Hand -- Prüft den Ton mit leichtem Finger, bis er sich den rechten fand -- Hebet an ein Lied zu singen, singt mit süßer Stimme Ton, Wie der Thraker herzbesiegend, schmeichelnd wie Anakreon. Reicht dem Nächsten dann die Laute, und auch der hat sie gestimmt Und gesungen, daß ein jeglich Herz in Lust und Wonne schwimmt. Und von Hand zu Hand ging weiter so die Laute durch die Reihn, Jeder sang von Lieb und Rosen, Frühling, Vaterland und Wein. Als sie nun zu dem gekommen, der so finster sitzt und schweigt, Hat er schweigend sie empfangen, schweigend weiter sie gereicht. Und es höhnten ihn die andern, sprachen: „Nicht dem frohen Kreis Nahe sich, wer zu der Laute nicht ein Lied zu singen weiß!“ Und errötend sprach der Jüngling: „Lieder singen lernt’ ich nie -- Aber nennt zu Hellas’ Ehre eine Tat -- ich leiste sie!“ Weiter wanderte die Laute, und als unter Phöbos’ Joch Längst die Himmelsrosse flogen, klangen hell die Lieder noch. Und wer waren jene Sänger? -- Ihre Namen hört ich nicht; Gleich den Rosen ihres Festes welkten sie im Morgenlicht. Willst du wissen, wie der Jüngling, der nicht singen konnte, hieß? Durch Äonen trägt ihm brausend der Gesang von Salamis! Karl von Alsen Salamis Schmücket die Schiffe mit Persertrophän, Lasset die purpurnen Segel sich blähn! Efeu umflattert die Masten und fliegt, Evoe, der mächtige Feind ist besiegt! Wir zerbrachen, o Meer, wir zerbrachen das Band, Das der persische Fürst um den Nacken dir wand, Du entrollst nun befreit, dich erbittert nicht mehr Das verhaßte Gestampf von den Rossen, die schwer Dein wogender Bug, Dein brückengefesselter Zorn ertrug. Das Verhängnis kam über Xerxes und stieg Aus den Wellen empor zum hellenischen Sieg. Dem Tyrannen, dem Herrn, der in Willkür thront, Nicht erlag ihm das Volk, das am Meerstrand wohnt; Denn es stählte der Alte, der Herrscher der Flut, Mit unendlichem Mut Sein geliebtes Geschlecht für die Seeschlacht. Rings jetzt, wo entzückter die Woge vernimmt Ein ionisches Lied, da erbraust sie und stimmt In den Päan mit ein, es erblühn, es erblühn Nach den herrlichen Mühn Dithyrambische Tage der Freiheit. Hermann Lingg Themistokles in Olympia Themistokles, der Held von Salamis, Als er vom Perserjoch sein Volk befreit, Und an Olympias geweihtem Sitz Zum ersten Male nach vertobtem Krieg Den heil’gen Spielen wieder zugeschaut, Die stolzer Griechenland noch nie beging: Erkannt von allen Gästen saß er da, Und kein hellenisch Auge wandte sich Den ganzen Tag hindurch von ihm hinweg Den heißen Kämpfern in der Ringbahn zu, So rühmlich um den Kranz auch jeder stritt. Nur ihn als Sieger staunten rings sie an, Denn Aller Beifall stieg zu ihm empor. Er aber nahm ihn wohlgefällig auf Und sprach vernehmbar laut das fromme Wort: „Die Götter schenkten heut als Ernte mir Die Frucht der schweren Arbeit, die ich tat.“ Martin Greif Ein Dichter in der Schlacht von Salamis Die Drachen, die so arg gedräuet, Die Perserschiffe sind zerstreuet, Versenkt, vernichtet -- Hellas frei Vom Joche fremder Tyrannei, Die ruhmgekrönten Kämpfer bringen Den Göttern dar ein festlich Spiel Und heil’ge Opfer; Lieder klingen Und Wagen donnern an das Ziel. Wer ragt hervor dort aus der Menge, Die Züge schön, doch ernst und strenge? Der grüne Lorbeer schmückt ihn sehr, Die frische Wunde schmückt ihn mehr; Ein Dichter ist es, doch die Waffen Ergriff er auf des Landes Ruf; Ein Held kann Heldenbilder schaffen Wie +Äschylus+, der Bücher schuf [Illustration] Sein Auge folgt mit Wohlgefallen Dem schönsten von den Knaben allen, Die zierlich, mit gelenken Knien, Im Chore den Altar umziehn. Ahnt wohl der Mann mit innrer Wonne -- Von Neid sind solche Seelen frei -- Daß, der da schwebt, die neue Sonne, Daß +Sophokles+ der Knabe sei! Zur selben Stunde, wie wir lesen, War eines Sohns ein Weib genesen; Der Vater hebt ihn auf und spricht: „Dich grüßt der Freiheit Morgenlicht. Mut, teures Weib! Wir alle haben Nun hinter uns die Zeit des Wehs. Die Götter segnen meinen Knaben!“ -- Das Kindlein war +Euripides+. Ja, wenn die Götter einmal segnen, Dann strömt es, wie wenn Wolken regnen Im Wetter, überschwenglich auch; Nichts halb zu tun ist Götterbrauch. Sieg, Freiheit, Ruhm -- für künft’ge Tage Voll Glanz ein dreifach Unterpfand. Das war -- wer hält ihm denn die Wage? -- Der schönste Tag von Griechenland. Wilhelm Fischer Grab des Themistokles Wo am zackigen Fels das Gewog sich brandend emporbäumt, Senkten die Freunde bei Nacht heimlich Themistokles’ Leib In heimatlichen Grund. Festgaben und Totengeschenke Brachten sie dar, und es floß reichlich die Spende des Weins. Aber den Zorn des verblendeten Volks kleinmütig befürchtend, Stahlen sie leise sich heim, ehe die Dämmrung erschien. Denksteinlos nun schlummert der Held. Doch drüben im Spätrot Ragt ihm, ein ewiges Mal, Salamis’ Felsengestad. Emanuel Geibel Historischer Adelsklub Zu seinem Bruder Pluto sandte Zeus: „Entbiete mir zu meinem Namensfest Auf den Olymp die großen Toten sämtlich; Unsterbliches Verdienst ist auch ein Adel.“ Klein war der Saal, erlesen die Gesellschaft. Als Schibboleth anstatt der Wappenschilder Diente das Antlitz. Nämlich alle wiesen, Ob noch so uneins an Profil und Ausdruck, Doch ein gemeinsam Muttermal im Antlitz, Das Muttermal des Mutes und der Wahrheit. Da tat sich auf die Tür, und feierlich Mit hohepriesterlichem Schritt, die Toga In wichtigen Falten um die Brust geworfen, Die Stirn bekränzt, das Lockenhaar gescheitelt, Erschien ein Gast, den hohen Göttern ähnlich. Befremden lähmte die Versammlung. Hera, Die Brauen zuckend, biß sich auf die Lippen. Zeus aber, freundlich vor den Fremdling tretend: „Fürwahr, es tut mir leid, ein Mißverständnis --“ Dann wettert er zu Pluto: „Ohne Spaß, Mein lieber Bruder, ernstlich, solche Possen Verbitt ich mir.“ „Wieso? Das war der große --“ Mit heftiger Stimme unterbrach ihn Zeus: „Ein feierlicher Kerl ist niemals groß. Behalte das und merk dir’s für die Zukunft.“ Carl Spitteler Die gefesselten Musen Es herrscht ein König irgendwo In Dazien oder Thrazien, Den suchten einst die Musen heim, Die Musen mit den Grazien. Statt milden Nektars Rebenblut Geruhten sie zu nippen, Die Seele des Barbaren hing An ihren sel’gen Lippen. Erst sang ein jedes Himmelskind Im Tone, der ihm eigen, Dann schritt der ganze Chor im Takt Und trat den blühnden Reigen. Der König klatschte: „Morgen will Ich wieder euch bestaunen!“ Die Musen schüttelten das Haupt: „Das hangt an unsern Launen.“ „An euern Launen? ...“ Der Despot Begann zu schmähn und lästern. „Ihr Knechte,“ schrie er, „Fesseln her!“ Und fesselte die Schwestern. Der König wacht, um Mitternacht Vernahm er leises Schreiten, Geflüster: „Seid ihr alle da?“ Und Schüttern zarter Saiten. Er fuhr empor. „Den hellen Chor Ergreift, getreue Wächter!“ Die Schergen griffen in die Luft Und silbern klang Gelächter. Am Morgen war der Kerker leer, Der Reigen über die Grenze -- Drin hingen statt der Ketten schwer Zerrissne Blumenkränze. Conr. Ferd. Meyer Der trunkene Gott Weiße Marmorstufen steigen Durch der Gärten laub’ge Nacht, Schlanke Palmenfächer neigen In des Himmels blaue Pracht. Über Tempeln, Hainen, Grüften Zecht in abendweichen Lüften Alexanders Lieblingsschar; Knieend bietet ihm ein Knabe, Daß der Erde Herr sich labe, Wein in edler Schale dar. [Illustration] Herrlich ist’s, den Wein zu schlürfen, Lagernd in der Götter Rat, Zwischen schwelgenden Entwürfen Und der wundergleichen Tat! Goldne Becher überquellen, Ruhmesgeister mit den hellen Helmen tauchen aus der Flut -- Goldne Schalen überschäumen, Geister, die gebunden träumen, Steigen auf in Zornesglut. Kleitos neben Philipps Sohne Furcht die Stirne kummervoll, Der benarbte Macedone Schlürft im Weine Gram und Groll: Er gedenkt der Heergenossen, Die die erste Phalanx schlossen In den Bergen kühl und fern. Seinen dunkeln Mut zu kränken, Lüstet es den schönen Schenken, Lagernd an dem Knie des Herrn. Die erhabne Stirn und Braue Träumt den Zug ins Inderland, Lauschend liest den Traum das schlaue Kind, den Blick emporgewandt: „Bacchus bist du, der belaubte, Mit dem schwärmerischen Haupte, Der ins Land der Sonne zieht! Ohne Heer kannst du bezwingen, Nur den Thyrsus darfst du schwingen, Winke nur, und Indien kniet!“ Finster grollt der alte Streiter: „Durch der Wüste heißen Sand? Immer ferner, immer weiter? Nach des Indus Fabelstrand? Kann ein Wink dir Sieg erwerben, Warum bluten, warum sterben Wir für dich? Zu deinem Spott? Lebende kannst du belohnen, Deine toten Macedonen, Wecke sie, bist du ein Gott!“ -- „Welchen dampfenden Altares Freust du auf der Erde dich? Bist du die Gewalt des Ares, Helmumflattert, fürchterlich? Herr, bevor den niedern Talen Du dich nahtest ohne Strahlen, Welches war dein himmlisch Amt? Bist du Zeus? Bist du ein andrer? Bist du Helios, der Wandrer Dessen Stirne sonnig flammt?“ Grimmig neigt der graue Fechter Sich zum Ohr des Gottes hin, Mit unseligem Gelächter Rührt er an der Schulter ihn: „Gast des Himmels, warum sinken Haupt und Schulter dir zur Linken?[*] Lastet dir der Erde Raub? Mit den Göttern willst du zechen? Spotten hör ich dein Gebrechen: Alexander, du bist Staub!“ Eine zürnende Gebärde! Blitz und Sturz! Ein Gott in Wut! Ein Erdolchter an der Erde Windet sich in seinem Blut ... In den Abendlüften Schauer, Ein verhülltes Haupt in Trauer, Ausgerast und ausgerollt! Marmorgleich versteinte Zecher Und ein herrenloser Becher, Der hinab die Stufen rollt. Conr. Ferd. Meyer [*] Alexander war schief, seine rechte Schulter etwas höher als die schwächere linke. Ist’s ein Narr bloß? Ist’s ein Weiser? Ist’s ein Narr bloß? Ist’s ein Weiser? Dreißig Jahre eingeschlossen, Sitzt er schon in dunkler Klause. Selbst erforschen will’s der Kaiser, Und vom höchsten Glanz umflossen Naht er sich dem öden Hause. Auf der Erde hingekauert Liegt der Blöde und betrachtet Sich den Gast mit stolzen Mienen. Alles fühlt sich fremd durchschauert, Daß ein Bettler den verachtet, Dem der Erde Völker dienen. „Sollte mich der Greis nicht kennen?“ -- Ruft der Kaiser -- „Doch ich staune, Drüben steht ja meine Büste! Nein, ich brauch mich nicht zu nennen, Denn ihm wehrt nur tück’sche Laune, Mich zu ehren, wie er müßte. [Illustration] Was ihn treibt, wer könnt es sagen? Wär es Stolz, so müßt ich’s rächen, Doch es will mir Wahnsinn scheinen. Um die Zukunft wollt ich fragen, Aber statt mit dem zu sprechen, Such ich Weisheit bei den Steinen.“ Doch, sowie das Wort gefallen, Hat der Blöde sich erhoben Und nach seinem Stab gegriffen. Seine langen Locken wallen, Wie zum Rock um ihn verwoben, Und sein Stab ist scharf geschliffen. Vor des Kaisers Büste tretend, Schlägt er ihr vom Haupt die Krone, Und in Stücke fällt sie nieder, Bohrt ihr dann, wie Disteln jätend, Noch die Augen aus zum Hohne, Jauchzt und tanzt und legt sich wieder. Alles sieht ihm zu mit Grauen, Dennoch zwingt man sich zum Lachen, Und des Kaisers Bruder flüstert: „Ich genieße dein Vertrauen, Laß mein Schwert nur fürder wachen, Und dein Stern wird nie verdüstert.“ Aber eh der Tag noch endet, Steigt, der schmeichelnd so gesprochen, Selber auf den Thron der Griechen, Und der Kaiser liegt geblendet, Wo die Totenwürmer pochen Und die gift’gen Molche kriechen. Friedrich Hebbel Der Ring des Polykrates Er stand auf seines Daches Zinnen, Er schaute mit vergnügten Sinnen Auf das beherrschte Samos hin. „Dies alles ist mir untertänig,“ Begann er zu Ägyptens König, „Gestehe, daß ich glücklich bin.“ -- „Du hast der Götter Gunst erfahren! Die vormals deinesgleichen waren, Sie zwingt jetzt deines Zepters Macht. Doch einer lebt noch, sie zu rächen; Dich kann mein Mund nicht glücklich sprechen, Solang des Feindes Auge wacht.“ -- Und eh der König noch geendet, Da stellt sich, von Milet gesendet, Ein Bote dem Tyrannen dar: „Laß, Herr, des Opfers Düfte steigen, Und mit des Lorbeers muntern Zweigen Bekränze dir dein festlich Haar! Getroffen sank dein Feind vom Speere, Mich sendet mit der frohen Märe Dein treuer Feldherr Polydor --“ Und nimmt aus einem schwarzen Becken, Noch blutig, zu der beiden Schrecken, Ein wohlbekanntes Haupt hervor. Der König tritt zurück mit Grauen. „Doch warn ich dich, dem Glück zu trauen,“ Versetzt er mit besorgtem Blick. „Bedenk, auf ungetreuen Wellen -- Wie leicht kann sie der Sturm zerschellen -- Schwimmt deiner Flotte zweifelnd Glück.“ Und eh er noch das Wort gesprochen, Hat ihn der Jubel unterbrochen, Der von der Reede jauchzend schallt. Mit fremden Schätzen reich beladen, Kehrt zu den heimischen Gestaden Der Schiffe mastenreicher Wald. Der königliche Gast erstaunet: „Dein Glück ist heute gut gelaunet, Doch fürchte seinen Unbestand. Der Kreter waffenkund’ge Scharen Bedräuen dich mit Kriegsgefahren; Schon nahe sind sie diesem Strand.“ Und eh ihm noch das Wort entfallen, Da sieht man’s von den Schiffen wallen, Und tausend Stimmen rufen: „Sieg! Von Feindesnot sind wir befreiet, Die Kreter hat der Sturm zerstreuet, Vorbei, geendet ist der Krieg!“ Das hört der Gastfreund mit Entsetzen. „Fürwahr, ich muß dich glücklich schätzen! Doch,“ spricht er, „zittr ich für dein Heil. Mir grauet vor der Götter Neide: Des Lebens ungemischte Freude Ward keinem Irdischen zuteil. Auch mir ist alles wohl geraten. Bei allen meinen Herrschertaten Begleitet mich des Himmels Huld; Doch hatt’ ich einen teuren Erben, Den nahm mir Gott, ich sah ihn sterben, Dem Glück bezahlt ich meine Schuld. Drum, willst du dich vor Leid bewahren, So flehe zu den Unsichtbaren, Daß sie zum Glück den Schmerz verleihn. Noch keinen sah ich fröhlich enden, Auf den mit immer vollen Händen Die Götter ihre Gaben streun. Und wenn’s die Götter nicht gewähren, So acht auf eines Freundes Lehren Und rufe selbst das Unglück her; Und was von allen deinen Schätzen Dein Herz am höchsten mag ergötzen, Das nimm und wirf’s in dieses Meer!“ Und jener spricht, von Furcht beweget: „Von allem, was die Insel heget, Ist dieser Ring mein höchstes Gut. Ihn will ich den Erinnyen weihen, Ob sie mein Glück mir dann verzeihen.“ Und wirft das Kleinod in die Flut. Und bei des nächsten Morgens Lichte, Da tritt mit fröhlichem Gesichte Ein Fischer vor den Fürsten hin: „Herr, diesen Fisch hab ich gefangen, Wie keiner noch ins Netz gegangen, Dir zum Geschenke bring ich ihn.“ Und als der Koch den Fisch zerteilet, Kommt er bestürzt herbeigeeilet Und ruft mit hocherstauntem Blick: „Sieh, Herr, den Ring, den du getragen: Ihn fand ich in des Fisches Magen, O, ohne Grenzen ist dein Glück!“ Hier wendet sich der Gast mit Grausen: „So kann ich hier nicht ferner hausen, Mein Freund kannst du nicht weiter sein; Die Götter wollen dein Verderben; Fort eil ich, nicht mit dir zu sterben.“ Und sprach’s und schiffte schnell sich ein. Friedrich von Schiller Der befreite Prometheus Vom Kaukasus hernieder schritt Prometheus; Er war erlöst, Zeus gab ihn frei. Der Riese durfte endlich von dem Gletscher Herunter, drauf er büßend lag; Er durfte nun hinab auf seine Erde, Hin zu den Menschen, die er so geliebt, Daß er, der eignen Seligkeit zum Trotz, Das Feuer des Olympos für sie stahl. Nicht dauerte den Götterkönig Der Himmelsgünstling, der abtrünnige. Warum auch lockte die Versuchung ihn, Den Menschen Göttergut hinabzutragen; Er hatte seinen Lohn dahin, Den Heilandslohn, Nach der Olympier unerbittlichem Gesetz. Verraucht nur endlich war der Zorn des Zeus, Und Laune war’s und Gnade, daß sein Blitz Vom Leib des Märtyrers die Fesseln sprengte, Die lavastarr gehärteten. [Illustration] O lange Qual! O Leib, zerfleischt, entstellt! Noch deckten Schwären die zerschundenen Knöchel: Kaum konnten die verkrümmten knorrigen Finger Das große Wundmal unterm Herzen schützen, Das frisch noch glänzte von den Schnabelschlägen Des Tag für Tag drin wühlenden Geierpaars. O Tag voller Wut und Ohnmacht! O Tag der Bitternis, da ihm die Hand, Die einst mit Bergen wie mit Würfeln spielte, Zum ersten Male Erlahmte vor der Übermacht des Neides, Des weltbeschattenden, der Götter all! O Tag, als in Verzweiflung starb sein Trotz! Doch nun war alles überwunden. Erstickt die Kampfglut in den tiefen Augen. Erloschner Gram, verlohte Leidenschaft Der einzige Ausdruck der zerfurchten Züge, Als trüg er in sich, wie ein Fremder kalt, Nur die verbrannten Wurzeln seiner Kraft. Um seine schmerzgeübte Stirne zauste Der eisige Wind des Haars ergraute Büschel. So schritt er abwärts, der gebeugte Riese. Nur ruhen wollt er, ausruhn bei den Menschen. Sie um sich sammeln, wie ein alter Vater seine Kinder. Ihr Glück genießen, das sie ihm ja dankten. Den Frieden sehn, der lichtfroh aufgegangen, Seit er den Himmelsfunken ihnen schenkte, Seit er den unstet Irrenden Den ersten warmen, festen Herd gebaut. Sich jetzt erfreun an den Geschöpfen, Die tierisch-wild in Hader, Haß und Habgier Einst um das nackte Leben markteten, Die seine Tat ja erst zu Menschen schuf. Und nieder kam er in die mildern Lüfte, Ins ebne Land; da sah er blühende Triften, Bebaute Äcker, wohlgehegte Gärten, Und ringsum lugten Dörfer aus dem Grün, Und weither prangten Zinnen sichrer Städte. Da lachte seine Seele: „Sieh doch, Zeus, War das nicht wert der tausendjährigen Pein? Ja, meine Menschen will ich wiedersehn!“ Und in die Dörfer ging er, in die Städte, Und sah die Menschen, sah sie leben, sterben, Und ging und ging, und suchte hin und her, Und fand: Weh, weh des Anblicks: alles wie zuvor. Haß, Hader, Habgier! Nichts war aufgegangen Als andre Habgier, andrer Hader, andrer Haß. Nur Eines fand er auf der Erde neu: den Neid -- Den knechtischen, lichtscheuen Neid, o Ekel, Den Neid der Menschen um Besitz -- Und war genug doch da, genug für alle. In Hütten sah er, in die Burgen sah er, Doch es war alles eines, War alles wie zuvor -- und schlimmer noch. Zuletzt und matt betrat er eines Priesters Entlegnen Hof. Da wohnte ja der Friede, Den er vergebens bei den andern suchte; Dort am geweihten Herd, wo hell des Dankes Heiliges Sinnbild glomm, die ewige Lampe, Wollt er noch einmal unter Menschen rasten Und dann auf immer in die Einsamkeit. Zum Hausherrn, der die Flamme schürte, sprach er: „Ich bin Prometheus, laß mich ein bei dir!“ Der wandte sich erschrocken, blickte scheu Dem großen Mann ins seltsame Gesicht, Und schlich geduckt davon und schloß sich ein, Und durch die Tür quoll eine fette Stimme: „Ich brauch mein Bißchen selbst, verrückter Graubart! Prometheus, der ist tot -- und kommt nicht wieder. Ja, damals waren bessre Zeiten noch Als heute!“ Dann schlurften Schritte tiefer ins Gemach. [Illustration] Noch stand der Wandrer. Da: ein Wanken, und Der Qualgewohnte, auf die heilige Schwelle Schlug er lang hin, zum erstenmal laut schluchzend, Und wehklagte: „O Zeus! Sehr furchtbar strafst du! So nicht, so brauchtest du dich nicht zu rächen! Das war das Letzte! Ich will sterben gehn!“ Und jäh und gellend riß sich Ein Lachen los aus der vernarbten Brust, Und brüllend, rasend rannt er weg, der Riese: „Weg von den Menschen! Weg! Zum Meer! Ins Meer! Im Meer, da find ich Ruhe, endlich Ruhe!“ -- Da stand er oben, starr, auf steiler Klippe. Denn wieder sah er im Gelände unten Die blühenden Fluren, die beglänzten Triften, Bebaute Äcker, wohlgehegte Gärten, Und ringsum lugten Dörfer aus dem Grün, Und weither prangten Zinnen sichrer Städte. Da überfiel ihn totgeglaubter Gram, Da überfuhr ihn nie erlebter Grimm, Brüllend vom Felsgrat brach er Stück auf Stück, und In rasender Blindheit Stück auf Stück anspeiend, Schmiß er’s hinab, spie, schmiß, und tobend Flog übers Meer sein weinendes Gelächter: „O könnt ich so die ganze Brut zerschmeißen, Die mir mein Gut, mein göttliches, veraast! -- Ha, meine Menschen, hahaha --“ Da horch, was scholl da? Drang da nicht ein Schrei, Ein Menschenschrei, ein Hilfeschrei herauf? Er stierte: dunkel rollend ging die See, Von seinen Würfen sturmgleich aufgerührt, Und auf dem Gischt trieb halb zerschellt ein Kahn, Und in den Strudeln rang ein Mensch ums Leben. Doch jetzt: schon schäumte von der stillern Flut Ein andres Boot heran, draus warf sich Ein zweiter Fischer in die Brandung. Und oben auf der Klippe stand Prometheus, Und stierte, stierte und erkannte sie: Auf seiner Wandrung hat er sie gesehn, Die ersten Menschen waren’s, die er traf: Todfeinde waren’s -- und jetzt kämpfte dort Der Feind, dem Feind vereint, um Feindes Leben! Und endlich siegten sie den schweren Sieg, Und schleppten sich zum Strand, und fielen keuchend, Sprachlos vor Glück, Geretteter und Retter, Einander in die Arme. Und oben auf der Klippe stand Prometheus, Und sah ihr Hab und Gut im Meer versinken, Und sah sie lachen -- und nun jauchzen sie. Da überfuhr ihn totgeglaubter Mut, Da überfiel ihn nie erlebte Demut, Und in die Knie taumelte Prometheus, Und auf zum Himmel stammelte Prometheus: „O Zeus! Ich danke dir! Du armer Gott! Ich bin so reich, ich fühle wieder Liebe! O laß mich leben, laß mich leiden! Ich will noch einmal zu den Menschen hin!“ Richard Dehmel Alexander Ypsilanti auf Munkacs Alexander Ypsilanti saß in Munkacs hohem Turm, An den morschen Fenstergittern rüttelte der wilde Sturm, Schwarze Wolkenzüge zogen über Mond und Sterne hin -- Und der Griechenfürst erseufzte: „Ach, daß ich gefangen bin!“ An des Mittags Horizonte hing sein Auge unverwandt: „Läg ich doch in deiner Erde, mein geliebtes Vaterland!“ Und er öffnete das Fenster, sah ins öde Land hinein; Krähen schwärmten in den Gründen, Adler um das Felsgestein. Wieder fing er an zu seufzen: „Bringt mir keiner Botschaft her Aus dem Lande meiner Väter?“ -- und die Wimper ward ihm schwer -- War’s von Tränen? War’s von Schlummer? Und sein Haupt sank in die Hand. Seht, sein Antlitz wird so helle -- träumt er von dem Vaterland? Also saß er, und zum Schläfer trat ein schlichter Heldenmann, Sah mit freudig ernstem Blicke lange den Betrübten an: „Alexander Ypsilanti, sei gegrüßt und fasse Mut! „Alexander Ypsilanti, sei gegrüßt und fasse Mut! Wo in einem Grab die Asche von dreihundert Spartern liegt, Haben über die Barbaren freie Griechen heut gesiegt. Diese Botschaft dir zu bringen ward mein Geist herabgesandt. Alexander Ypsilanti, frei wird Hellas heil’ges Land!“ Da erwacht der Fürst vom Schlummer, ruft entzückt: „Leonidas!“ Und er fühlt, von Freudentränen sind ihm Aug und Wange naß. Horch, es rauscht ob seinem Haupte, und ein Königsadler fliegt Aus dem Fenster, und die Schwingen in dem Mondenstrahl er wiegt. Wilhelm Müller Aus dem „Abschied von Griechenland“ Ob die schönen Tag’ enteilten, Ob geborsten Ruhm und Glück: Wo die Götter einmal weilten, Bleibt ein ew’ger Glanz zurück. Du, der Schönheit Morgenwiege, Du, der Menschheit Jugendtraum, Land, das für die höchsten Siege Gab den Zweig vom heil’gen Baum; Das, wenn Sorg und Elend nachten, Unsre Seelen aufwärts trägt -- Jenes Herz ist arm zu achten, Welches nicht für Hellas schlägt. An den Schiffsbug braust im Dunkeln Wellenberg auf Wellenberg, Und des Himmels Lichter funkeln Durch das schwarze Takelwerk. -- Längst am Saum des Flutenschlosses Felsenküst und Wolke schwand: Fahre wohl, du schönes, großes, Sonnenfreud’ges Griechenland! Heinrich Vierordt Der deutsche Spielmann herausgegeben von +Ernst Weber+, eine großangelegte Auswahl aus dem Schatze deutscher Dichtung für Jugend und Volk, schöpft aus dem Besten deutscher Erzählungs- und Verskunst unter Beschränkung auf das Volks- und Jugendtümliche. Die Sammlung gliedert sich in 40 Einzelbände, von denen jeder ein in sich geschlossenes Ganzes bildet und von einem Künstler illustriert ist, dessen Eigenart dem Charakter des jeweiligen Stoffgebietes ungezwungenen Ausdruck verleiht. Die Sammlung eignet sich wie kaum ein zweites Werk zur Anschaffung für öffentliche Bibliotheken, als Mittel zur Belebung des Schulunterrichts und für die Familienbücherei. +Der deutsche Spielmann hofft, zum eisernen Bestand jeder Volks- und Jugendbücherei zu werden.+ Er huldigt ja nicht einer vorübergehenden Mode des Tages. Er schöpft aus dem aufgespeicherten Schatz der Jahrhunderte und wird darum auch seine Geltung für das Jahrhundert behalten. Bd. 1 Kindheit (E. Kreidolf) „ 2 Wanderer (J. V. Cissarz) „ 3 Wald (W. Weingärtner) „ 4 Hochland (Franz Hoch) „ 5 Meer (J. V. Cissarz) „ 6 Helden (W. Weingärtner) „ 7 Schalk (Julius Diez) „ 8 Legenden (G. A. Stroedel) „ 9 Arbeiter (Gg. O. Erler) „ 10 Soldaten (Gg. O. Erler) „ 11 Sänger (Hans Röhm) „ 12 Frühling (H. v. Volkmann) „ 13 Sommer (Edmund Steppes) „ 14 Herbst (Karl Biese) „ 15 Winter (Karl Biese) „ 16 Gute alte Zeit (Rud. Schiestl) „ 17 Himmel und Hölle (Jul. Diez) „ 18 Stadt u. Land (J. V. Cissarz) „ 19 Bach u. Strom (E. Liebermann) „ 20 Heide (Adalbert Holzer) „ 21 Arme und Reiche (J. Widnmann) „ 22 Abenteurer (Rud. Schiestl) „ 23 Germanentum (H. Röhm) „ 24 Mittelalter (H. Schroedter) „ 25 Zeit der Wandlungen (C. Roesch) „ 26 Neuzeit (Angelo Jank) „ 27 Gespenster (Julius Diez) „ 28 Tod (Matthäus Schiestl) „ 29 Blumen und Bäume (R. Sieck) „ 30 Nordland (Rudolf Roch-Hanau) „ 31 Italien (Hans Volkert) „ 32 Hellas (Karl Bauer) „ 33 Fremde Zonen (H. Volkert) „ 34 Vaterland (W. Roegge jun.) „ 35 Tierwelt (Ludwig Werner) „ 36 Menschenherzen (Rud. Schiestl) „ 37 Glück und Trost (H. Schwegerle) „ 38 Tag und Nacht (Otto Bauriedl) „ 39 Riesen und Zwerge (R. Schiestl) „ 40 Fabelreich (Ernst Weber) Hinter den Bandtiteln steht der Name des illustrierenden Künstlers in Klammern. Auch die je vier Bände vereinigenden Sammelbände in schönem farbigen Ganzleinenband wurden wiederum neu ausgegeben: „Deutsches Jahr“, „Deutsche Gestalten“, „Deutsche Natur“, „Deutsche Heimat“, „Deutsches Land“, „Deutsches Volk“, „Deutsches Leben“, „Deutsche Geschichte“, „Deutscher Glaube“ und „Fremde Welt“. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK HELLAS *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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START: FULL LICENSE THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free distribution of electronic works, by using or distributing this work (or any other work associated in any way with the phrase “Project Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full Project Gutenberg™ License available with this file or online at www.gutenberg.org/license. Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your possession. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone providing copies of Project Gutenberg™ electronic works in accordance with this agreement, and any volunteers associated with the production, promotion and distribution of Project Gutenberg™ electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any Defect you cause. Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™ Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of electronic works in formats readable by the widest variety of computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit www.gutenberg.org/donate. While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. 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