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Title: Ueber die Arsenikvergiftung ihre Hülfe und gerichtliche Ausmittelung
Author: Samuel Hahnemann
Release Date: September 16, 2014 [eBook #46878]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK UEBER DIE ARSENIKVERGIFTUNG IHRE HüLFE UND GERICHTLICHE AUSMITTELUNG***
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von
Samuel Hahnemann
der Arzneikunde Doktor.
Leipzig, 1786.
bey Siegfried Lebrecht Crusius.
Eine Menge Ursachen, ich mag sie nicht herzählen, haben seit einigen Jahrhunderten die Würde jener gottnachahmenden Wissenschaft, der praktischen Heilkunde zur elenden Brodklauberei, zur Symptomenübertünchung, zum erniedrigenden Rezepthandel, Gott erbarms, herunter getrieben, zum Handwerke, das die Hippokrate unentdekbar unter den Trotz befranzter Arzneibuben mischt.
Wie selten gelingts noch hie und da einem rechtschafnen Manne, durch die Gröse ausgezeichneter Wissenschaften und Talente sich über die Heuschrekenwolke der Medikaster zu erheben, und einen so reinen und ächten Glanz über die Kunst zu werfen, an deren Altare er dient, daß es selbst dem Pöbel unmöglich fällt, den ehrwürdigen[S. iv] freundlichen Abendstern mit dünstigen Sternschnupfen zu verwechseln! Wie selten ist diese Erscheinung, und, deshalb, wie unvermögend, der gereinigtern Heilkunde überhaupt ihren vermoderten Adelsbrief zu erneuern!
Nur noch eine Freistadt des arzneilichen Ruhms blieb dem Kerne der Asklepiaden übrig, der Richterstuhl der forensischen Arzneikunde. Da es hier nichts im Dunkeln zu morden, keine Krankheit für baares Geld zu verlängern, keine Krankenjahrgehalte zu erschnappen, oder Gelegenheiten giebt, das bescheidne Talent von einträglichen Häusern hinweg zu kabaliren, so sehnt sich ohnehin der lüftige Haufe nicht hieher. Hört er nun gar, daß es hier auf offene Beweise gründlicher Kentnisse, ja des ganzen Inbegrifs unsrer Kunst ankomme, daß hier mühsame Thaten von ungeblendeten Richtern gesichtet, und oft blos durch ruhiges Selbstbewustseyn belohnt werden, daß man hier Seichtheit auszuzischen und Aberwiz zu brandmarken pflege, dann schleicht er hinweg — sie sind mir zu sauer,[S. v] die hohen Trauben! Wohl! denn hier gleitet nur an dem, den innerer Halt würdet, die Feile des Juwelenkenners ab, indes gefärbter Glasflus unter Hohngelächter zersplittert —
Da jeder, der mit Grazie den Puls zu tasten weis, auch Vergiftungen zu heilen sich anmast, auch für fähig hiezu angesehn wird, so lange der Spas aussergerichtlich bleibt, so wird man den klinischen Theil dieser Abhandlung schwerlich einiger ernstlichen Aufmerksamkeit würdigen — denn jeder weis ja was von Brechmitteln, Milch, Oel und Theriak. Aber wie, wenn eine erlauchte Fakultät das Curverfahren mustert, ists dann so leicht, wie in unserm Schulexamen zu bestehn? Sonst wohl, jezt schwerlich! seit man aufhörte, sich mit Auswendiglernen des Zacchias zu begnügen.
Der zweite Theil dieser Schrift wird dem gerichtlichen Arzte willkomner seyn, der es nicht mehr übelnehmen darf, wenn man jezt etwas tiefere chemische Kentnisse von ihm verlangt,[S. vi] als sonst wohl gänge und gebe waren. Wirkt nun noch überdem der Werth eines gefährteten Menschenlebens — oder, wo das nicht, doch seine eigne Ehre und Schande etwas stark auf seine Seele, wie billig; so wirds ihm auch nicht gleich viel seyn, er wisse vom Daseyn oder der Abwesenheit des Giftes den Richter unleugbar zu überzeugen, oder nicht.
Dresden, den zehnten July, 1786.
Hahneman.
Erster Theil.
Erstes Kapitel.
Kentnis der Arseniksorten, ihrer Natur und ihres Verhaltens gegen chemische Körper, so fern sie auf Heilung und Beurtheilung der Arsenikvergiftung einfliest.
§. 1. Einschränkung des Zweks
§. 2. auf die Erkentnis des Arseniks, aus der seine Gegenmittel und seine gerichtliche Erforschung fliesen.
§. 3. Den mit Arsenik beschäftigten Handwerkern kan die Systemkentnis dieses Gifts gleichgültig seyn,
§. 4. wegen der eigentlich Vergifteten mus man sie inne haben.
§. 5., 6. Käufliche Sorten, weisser Arsenik, Fliegenstein, Operment.
§. 7. Fliegenstein, sein Geburtsort, seine Abarten.
§. 8. äusserliche Beschaffenheit, Schwere; ist nicht Kobald,
§. 11., 12. von dem Verhältnisse seines Brenbaren, seine Feuerbeständigkeit,
§. 13. läst sein Brennbares leicht fahren,
§. 14. lang aufbewahrter Fliegenstein tödlicher als frischer.
§. 15. Uebergang zur Auflöslichkeit der Arseniksorten.
§. 16. Arseniksäure am leichtauflöslichsten.
§. 17. Weisser Arsenik, sein Ansehn, Gewicht, Brenbares, Auflöslichkeit.
§. 18. Auflöslichkeit (bei der Wärme des menschlichen Körpers) im Wasser,
§. 19. bis 24. fernere Bestimmungen derselben.
§. 25. Der graue Arsenikkalk, Entstehung, Schwere, Auflöslichkeit im Wasser. Arsenikmulm.
§. 26. bis 30. Auflöslichkeit des Fliegensteins im Wasser.
§. 31. Operment, Geburtsort, Gestalt, Schwere, Schwefelantheil.
§. 32., 33. Auflöslichkeit im Wasser;
§. 34. Vergleichung des natürlichen mit dem auf nassem Wege bereiteten.
§. 35. Andre geschwefelte Arseniksorten, Ansehn, Schwere, Schwefelantheil — muthmasliche Entstehung des rothen Arseniks.
§. 36. Uebergang zur Auflöslichkeit der Arsenikarten in andern Flüßigkeiten,
§. 37. in Oelen,
§. 38. in Milch,
§. 39. in Säuern,
§. 40. in Eßig,
§. 41. bis 43. in Laugensalzen.
§. 44. bis 48. Hinderungen der Auflösung des Arseniks darin.
§. 49. bis 53. Hinwegräumung der Hindernisse,
§. 54., 55. vorzüglich durch Auflösung im Seifwasser.
§. 56., 57. Auflösung des Arseniks im Magensafte,
§. 58., 59. im Feuer, sein Verdampfungs- und Sublimazionsgrad.
§. 60., 61. Schwerauflösliche Verbindungen des Arseniks,
§. 62., 63. Präzipitation mit Metallen,
§. 64., 65. mit luftsaurem Eisen,
§. 66. mit Kalkerde, zum Kalkarsenik,
§. 67. mit Schwefelleberluft zum Operment,
§. 68., 69. mit Schwefel in Substanz, eine Schimäre; Auflöslichkeit des Schwefels im Wasser.
Zweiter Theil.
Geschichte und Hülfe der Arsenikvergiftungskrankheiten.
Zweites Kapitel.
Gelegenheiten und Gestalten, unter denen Arsenik in unsern Körper kömt.
§. 70. Oekonomischer und technischer Gebrauch des Arseniks.
§. 71., 72. Unwillkührliche Vergiftungen durch Fehlgriffe und Unvorsichtigkeit.
§. 73. Selbstmorde.
§. 74. An andern volzogne Arsenikvergiftung, schleichende, arzneiliche.
§. 75. Aqua tosfana besteht nicht aus Canthariden und Opium,
§. 76. ist ein Arsenikgift,
§. 77. mit einem narkotischen Ingredienz. (oder ein Arsenikmittelsatz)
§. 78. Arsenikalische Fieberarzneien,
§. 79. bis 84. ihre Schädlichkeit.
§. 85. Krebswasser des Lefebüre.
§. 86. bis 91. Aeusserliche Anwendung des Arseniks, ihre Schädlichkeit.
§. 92. bis 95. Nöthige Einschränkung seines Verkaufs.
Drittes Kapitel.
Symptomen der drei Grade der innern Arsenikvergiftung, und die der äussern.
§. 96. Innere Vergiftung, Uebergang zur Symptomenlehre derselben.
§. 97. verschlimmernde Nebenumstände bei der Verschluckung.
§. 98. Dauer der schnelltödlichsten Arsenikvergiftung.
§. 99. bis 107. Gang dieses ersten Grades.
§. 111. Der zweite Grad, Dauer von einem oder mehrern Tagen.
§. 112. bis 114. Bedingungen seiner Entstehung,
§. 115. bis 120. Abweichungen desselben vom ersten Grade,
§. 121. Erhöhung durch Leidenschaften,
§. 122. Natur des bei diesem Grade gewöhnlichen Todes.
§. 123. bis 127. Dritter Grad, Nachwehen des zweiten, vom Uebergange des Gifts in die zweiten Wege — Crisen (Kontraktur, Lähmung, Arsenikfriesel, Ausfallen der Haare, Abschuppung der Oberhaut.)
§. 128., 129. Schleichendes Fieber wegen innerer Verlezzungen.
§. 130. Vorhersagung.
§. 131. Vergiftung durch italienische Gifte,
§. 132. durch Operment und andre geschwefelte Arsenike,
§. 133. durch äusserliche Anwendung des Arseniks,
§. 134., 135. durch Einsaugung des arsenikalischen Staubs und Rauchs.
Viertes Kapitel.
Wirkungsart des Arseniks.
§. 136. Im Magen und überhaupt auf der freien Faser,
§. 137. hergeleitet von seiner Schwere und Auflöslichkeit.
§. 138. Wirkt nicht durch scharfe schneidende Spizzen.
§. 139. Seine reizende und einschrumpfende Kraft,
§. 140. sein spezifischer Eindruck auf das Empfindungssystem des Lebensprinzipiums,
§. 141., 142. spezifischer Eindruck auf die Muskelfaser; tödet die Irritabilität,
§. 143. doch nicht ohne erregte Entzündung; Ausnahmen hievon.
§. 144. Erklärung des chronischen Zitterns, und der brennenden Schmerzen der Arsenikgicht in den leidenden Gliedmasen.
§. 145. Empfänglichkeit des Körpers, als Ursache der verschiednen Wirkung.
§. 146. Fernere Erläuterung der reizenden und einschrumpfenden Kraft.
§. 147. Entstehung der Anfressungen und Schorfe.
§. 148. Der einschrumpfende Reiz bringt die Kontraktur in den zweiten, so wie das fruchtlose Würgen und die peinliche Kolik in den ersten Wegen hervor.
§. 149. Einschrumpfende Wirkung des Arseniks auf die Schliesmuskeln des Körpers.
§. 150. Entstehung und Gefahr des zurückbleibenden Erbrechens und des konvulsivischen unergiebigen Würgens.
§. 151. Schwierige Ausleerung, besonders des Operments und Fliegensteins.
§. 153. Aufgelöstes Blut in den Aderstämmen.
§. 154. bis 157. Vergleichung der innern mit seiner Wirkungsart auf die freie Faser der äusserlichen Theile des Körpers, und die Epidermis.
Fünftes Kapitel.
Heilart der schnellen innern Arsenikvergiftung.
§. 158., 159. Eintheilung der Heilmittel in Klassen.
§. 160. Erste Klasse, die schädlichen, zwekwidrigen, erdige, hizzige, narkotische,
§. 161. Brechmittel.
§. 162. Zweite Klasse, die durch Schein der Gleichgültigkeit schädlichen, Wasser, Eßig.
§. 163. Säuren überhaupt.
§. 164. Dritte Klasse, dienliche, oft unzulängliche, Milch, Oele, Rahm.
§. 165., 166. Vierte Klasse, Mittel die Navier für spezifisch ausgiebt.
§. 167. Anführung, Beurtheilung derselben;
§. 168. wie er sie zu brauchen empfiehlt,
§. 169. Anmerkungen darüber.
§. 170. Fünfte Klasse, der dienlichsten.
§. 171. bis 174. Einleitung in die
§. 175. Heilanzeigen der drei Grade der Arsenikvergiftung, mit ihrer Genugthuung; zur Uebersicht.
§. 176. Die beim ersten Grade vorgeschlagnen Mittel sind leicht, überall zu haben, wohlfeil.
§. 177. bis 189. Einleitung zur Dienlichkeit der starken Seifenauflösung,
§. 190. Anführung ihrer hier unentbehrlichen, dienlichen Kräfte.
§. 191. Ist überall bei der Hand, und leicht zu bereiten,
§. 192. das beste anfängliche Hülfsmittel,
§. 193. bis 195. wenn auch das Gift unbekanter Natur wäre.
§. 196. Vorschrift ihrer Zubereitung,
§. 197. bis 199. ihrer Anwendung.
§. 200. Erinnerung, wenn ja kein Erbrechen erfolgte.
§. 201. Vorsichtsregeln für kränkliche Körperbeschaffenheit.
§. 202. Aderlas.
§. 203. Gabe jenes Mittels in Rüksicht des Alters.
§. 204. Wie beim Erbrechen mit dem Einflösen zu verfahren,
§. 205. wie weit man nach Verschluckung der vorgeschriebnen Gabe gekommen sei.
§. 206. Das hülfreichste Erbrechen ist geschehen.
§. 207. Die nächste Hülfleistung.
§. 208., 209. Vorteile des dünnern Seifwassers,
§. 210. Seine Bereitung, sein Gebrauch,
§. 211. Wirkung.
§. 212., 213. Bähungen (zweiter Aderlas,)
§. 214. Klystiere,
§. 215. laues ganzes Bad,
§. 216. halbes oder Fusbad.
§. 217. Ruhefrist bis zur Nachhülfe.
§. 218., 219. Unterschied, den die drei Arseniksorten in der Cur machen.
§. 220. Zur Nachhülfe; Seifwasser mit Oel, oder Milch mit Rahm vermischt, auf dem Lande.
§. 221. In Städten Wasser mit Schwefelleberluft gesättigt, und mit Milchrahm oder Schleimen gemischt; Umschläge, Klystiere.
§. 222. bis 225. Bereitung des Leberluftwassers.
§. 226. bis 230. Vortreflichkeit dieses Hülfsmittels.
§. 233. Stellvertretende Mittel auf dem Lande.
§. 234. Beihelfende Mittel; Sahnekaffee.
§. 237. bis 244. Der Wilkühr des Arztes anheim gestelte Veränderungen der Vorschrift; Hülfe verschiedner Nebenumstände; Nacherinnerungen.
Sechstes Kapitel.
Heilart der Nachwehen und der italienischen Vergiftung, so wie der Bergsucht.
§. 245. bis 250. Einleitung zur Hülfe der Nachwehen in den ersten Wegen;
§. 251. Grade der Symptomen von Verlezzung des Speisekanals.
§. 252. Bei ihrer Abhülfe ist der Gebrauch der Leberluft nicht zu zeitig hintanzusezzen.
§. 253. Algemein passend mus die Nachkur seyn: Milch nicht wiederkäuender Thiere.
§. 254., 255. Vorzüge der Milch überhaupt zu diesem Zwek,
§. 256. beim ersten Grade der Symptomen,
§. 257. und selbst gegen die schlimste Art der innern Zerstörungen.
§. 258. Abhülfe der Leibesverstopfung bei der Milchdiät,
§. 259., 260. Anwendung, Gabe;
§. 261., 262. Nebenindikazionen.
§. 263. bis 266. Uebergang zur kräftigern Kost und Lebensordnung der Genesenden.
§. 267. Vergleichung der Zufälle der schleichenden Vergiftung mit denen der Bergsucht.
§. 268. Chronische Arsenikvergiftungszufälle, die hier selten vorkommen.
§. 269. Eingang in die Heilung der schleichenden Vergiftung.
§. 270. Verbindung der Milchdiät mit den spezifischen Gegenmitteln,
§. 271. Der Schwefelleberluft
§. 275. in damit verbundnen Getränken.
§. 276. Vortreflichkeit dieser Luft zu unsrer Absicht.
§. 277. Uebrige, dazu gehörige Diät,
§. 278. Abführmittel.
§. 279. Kennzeichen der natürlichen schwefelleberlufthaltigen Wässer.
§. 280. bis 283. Nachahmung derselben zu Hause.
§. 284., 285. Die Bereitungsart der natürlichen im Schose der Erde.
§. 286. Bereitung der Schwefelleber zu den künstlichen Bädern.
§. 287. Aehnliches zum Trinken bestimtes Wasser.
§. 288. Wie sind die Vortheile der natürlichen bei den künstlichen zu ersezzen?
§. 289. Wirkung dieser Verordnung.
§. 290. Uebergang zu dem Gebrauche der eisenhaltigen Wässer,
§. 291. Grund ihrer Dienlichkeit.
§. 292. Rüksicht auf die geschwächten Verdauungswerkzeuge bei der italienischen Vergiftung.
§. 293. Natur der bergsüchtigen Engbrüstigkeit; spezifisches Gegenmittel.
§. 294. Hülfe bei arsenikalischer Kontraktur — Arsenikfriesel.
§. 295. Cur der Lähmung, des chronischen Zitterns und der Konvulsionen.
Siebentes Kapitel.
Heilart der schnellen äussern Arsenikvergiftung.
§. 296. nach äusserlicher Auflegung auf hautlose Stellen,
§. 297. bei jähling in Menge eingeathmeten Arsenikrauche
§. 298. und arsenikalischem Staube.
Achtes Kapitel.
Verwahrungsmittel gegen Rauch und Staub.
§. 299. Uebergang zu den Vorbauungsanstalten,
§. 300. bis 306. deren sich die mit Arsenik beschäftigten Arbeiter selbst, und deren sich die Natur zu ihrem Vortheile bedient.
§. 307. Verwahrung der Hautlöcher,
§. 308. die nassen Pochwerke, statt des troknen Pochens mit Handkraft.
§. 309. Tüchtige Schlotten bei Arsenikrösten,
§. 310. Luftzug beim Farbereiben arsenikalischer Droquen,
§. 311. Verwahrung beim Fegen der Arsenikfänge.
Dritter Theil.
Gerichtliche Ausmittelung.
Neuntes Kapitel.
Legalitäten der gerichtlichen Untersuchung der Vergiftungen.
§. 312., 313. Nöthigkeit der Kentnis der Legalität der Obdukzionen überhaupt.
§. 314. bis 321. Gesezlichkeit und Erfordernisse für den Arzt und Wundarzt.
§. 322. bis 338. Sekzionsbericht — erforderlicher Inhalt desselben — Umris der Obliegenheiten des Arztes bei der Obdukzion.
Zehntes Kapitel.
Pathologische Zeichenlehre des Vergiftungsthatbestand (corporis delicti).
§. 339. Unsrer Vorfahren Erkentnisquellen einer geschehenen Vergiftung.
§. 340., 341. Ihre Unzulänglichkeit.
§. 342. Die eigentlichern Quellen der Erkentnis einer Vergiftung,
§. 343. und ihrer Tödlichkeit.
§. 344., 345. Der Aeltern weitläuftiges Verzeichnis der Giftzeichen an Lebenden und Toden.
§. 346. Wohin gehört Arsenik in der Reihe der Gifte?
§. 347. Die kentlichsten Zeichen einer äzzenden Vergiftung an Lebenden;
§. 348. die untergeordneten Zeichen.
§. 349. bis 355. Unzuverläßigkeit aller dieser Zeichen;
§. 356. Sie nüzzen blos dem hülfeleistenden Arzte, und der Polizei.
§. 357. Uebergang zu den am Leichname vorfindlichen Zeichen,
§. 358. das wichtigste derselben,
§. 359. die untergeordneten,
§. 360. bis 367. Unzuverläßigkeit der leztern,
§. 371. Die fast unübersteiglichen Schwierigkeiten der Vergiftungserkentnis nach dem Urtheile der Schriftsteller.
§. 372., 373. Beweislosigkeit des Geständnisses des Thäters.
§. 374. Das ächteste Thatzeichen, die Ausfindung des Arseniks selbst — Nuzzen obiger Zeichen zu Vermuthungen für die Polizei.
Elftes Kapitel.
Chemische Kennzeichen des Thatbestands (corporis
delicti) einer Arsenikvergiftung.
§. 375. bis 378. Bisherige Merkmale des Arseniks,
§. 379. bis 400. Beurtheilung derselben, Einschränkung
der Meinung von ihrer Beweiskraft.
§. 401. bis 441. Die überzeugendste Ausmittelung durch drei beweisende die mindeste Gegenwart des Arseniks entdeckende gegenwirkende Mittel — Art ihrer Anwendung.
Zwölftes Kapitel.
Lethalitätsurtheil.
§. 442. bis 499. Vergiftungstödlichkeiten, wie sie mit den Lethalitäten der Wunden in Parallele zu stellen — Masstab für das Urtheil über erstere.
§. 1.
Meine Absicht bei vorliegendem Gegenstande kan, wie man mir leicht zugeben wird, weder auf eine systematische Geschichte des Arseniks, weder auf eine genaue und vollständige Erzählung seiner chemischen Verhältnisse, weder auf die Bestimmung seines technischen Gebrauchs, noch auch und am wenigsten auf die Untersuchung seines etwanigen Nuzzens in der Heilkunde gerichtet seyn.
§. 2. Die drei verkäuflichen, und dem Misbrauch so leicht unterworfnen Hauptarten dieses metallischen Giftes anzuführen, sie in Verhältnissen zu beleuchten, die auf die Gefahr des Lebens gegründeten Einflus haben, und die Gegenmittel rechtfertigen können, welche ich mittheile, und endlich diejenigen Eigenschaften dieses Gifts zu bestimmen, welche der gerichtlichen Ausmittelung zuverlässige und[S. 4] deutliche Gegenwirkungen darreichen, dieses war der Zwek dieser Schrift.
§. 3. Für diejenigen Bergleute, die mit Förderung arsenikreicher Erze, mit Aushalten, mit Pochen und Waschen derselben sich beschäftigen, für diejenigen Arbeiter, die mit Pülvern, Sieben und Packen, und vorzüglich welche mit Ausfegung der Giftfänge zu thun haben, mit einem Worte, für diejenigen, die den Staub dieses Minerals zwar durch Verbinden des Mundes und der Nase vom Magen und der Lunge einigermasen abhalten können, ihn aber von den einsaugenden Gefäsen der Haut des übrigen Körpers abzuhalten nicht besorgt sind, für diese gilt es gleich, da sie einmal hiemit ihren Unterhalt zu erwerben bestimmt sind, wie die Mineraltheilchen nach dem System zu benennen, oder ihren metallurgischen und chemischen Eigenschaften nach zu klassifiziren sind, welche ihre Lungen einschrumpfen, ihre Säfte verdicken, ihre Muskelfasern verhärten, ihnen unzähliche Beschwerden erwecken, und sie zu halblebenden Geribben auftroknen; ob es Mispickel, Arsenikmulm oder Scherbenkobald, in Zinn- Silber- oder Kobalderzen eingesprengte, gediegene oder vererzte Gifttheilchen seyn mögen, alles dies hilft ihrem Leiden nicht ab; selbst weder auf die Verwahrung, noch auf die Wiederherstellung ihrer Gesundheit haben diese Erörterungen erheblichen Einflus. Auch die Handwerker, Künstler und Hüttenleute, die dem Dampfe dieses Halbmetalls ausgesezt sind, vorzüglich aber diejenigen,[S. 5] die mit Rösten arsenikreicher Erze, mit den Giftfängen und der Sublimazion des gelben, rothen und weissen Arseniks sich beschäftigen, auch diese haben insgesamt gleiche Nachtheile von dem Rauche dieses Giftes, es mag nun in dieser oder jener Gestalt in der zu bearbeitenden Masse vorhanden seyn. Allen dienen gleiche algemeine Verwahrungsmittel, gleiche algemeine Hülfsmittel.
§. 4. Aber, wenn in den Magen irgend eines Unglüklichen Gifte dieser Art in beträchtlicher Menge gerathen, wenn jemand sich mit Arsenik vergiftet hat, oder vergiftet worden ist, dann ist es nicht mehr gleichgültig, welche Gestalt das Gift hatte, welches ans den Eingeweiden herausgeschaft und mit Gegenmitteln bestritten werden soll.
§. 5. War es Arsenik, so wird es gewöhnlich käufliches weisses Rattenpulver, ungewöhnlicher, Fliegenstein, am ungewöhnlichsten, Operment und seine Abarten seyn. Denn ungebräuchlichere Sorten gegrabne oder künstlich bereitete kommen höchst selten in diese bedauernswürdigen Hände, und geschähe es, so wird ein verständiger Arzt sie leicht nach der Aehnlichkeit dieser drei Arseniksorten zu behandeln wissen.
§. 6. Es sei uns also erlaubt blos der regulinischen Gestalt des Arseniks (des Fliegensteins) dann der kalkförmigen (des weissen Arseniks) endlich seiner Vererzung mit Schwefel (des Operments) als der drei käuflichen Sorten, die bei der Arsenikvergiftung[S. 6] fast stets im Spiele sind, Erwähnung zu thun.
§. 7. Der sogenante Fliegenstein[1] (arsenicum nativum friabile et porosum, Cronst.) wird, so wie wir ihn zu Kaufe haben, gediegen aus seiner Mine geschlagen, die in verschiedenen Gegenden, besonders in Böhmen und Sachsen, zu Hause ist. Seine Nebengattungen Scherbenkobald, schuppiger gediegner Arsenik und Spiegelkobald kommen mit unter, obwohl seltner, im Handel vor, haben aber mit unserm Fliegenstein gleiche Eigenschaften.
§. 8. Er besteht aus einem Gewebe von hohl übereinander liegenden, spröden, zerreiblichen schwarzglänzendmetallischen Blättern, von 8,308 bis 8,310 (nach Bergman) eigenthümlichen Gewichte. Das Ansehn dieser Masse, deren Blätterchen kleine regelmäsig scheinende Höhlungen bilden, scheint dem Fliegenstein den Namen cobaltum crystallisatum erworben zu haben, welcher übrigens nichts von Kobald enthält. Der ehemaligen Dämmerung in den mineralogischen und metallurgischen Wissenschaften mus man es verzeihen, wenn ehedem alles, was von Minern arsenikhaltig, unartig, räuberisch und unter die bekanten metallhaltigen Erze nicht füglich zu rechnen war, Kobald genennet wurde; so erhielt auch unser Fliegenstein den Namen des krystallisirten Kobalds, und eben daher der Name des[S. 7] Scherbenkobalds, eines ähnlichen natürlichen Arsenikkönigs.
§. 9. Arsenikkönig überhaupt betrachtet ist, der natürliche, wie der durch Kunst bereitete, ein eignes Metall, welches aus einer höchstfressenden Säure (Scheelens Arseniksäure) mit Brennbarem gesättigt bestehet.
§. 10. Ob wir gleich, was ein Metall sei, genau zu definiren nicht im Stande sind, so verstehn wir doch darunter algemein jene schweren glänzenden Produkte des Mineralreichs, die sich schmelzen lassen, in Flusse eine konvexe Oberfläche annehmen, Glasflüsse färben und entfärben, aus einer spezifischen Erde oder Säure mit Brennbarem gesättigt bestehen, in diesem Zustande Leiter für die elektrische Materie sind, sich in Säuren auflösen, und dann durch Blutlauge und Galläpfelessenz ihre Grunderde in verschieden Farben, mit Schwefelleberluft aber vererzt niederschlagen lassen. Alle diese Kennzeichen passen auch auf unsern Fliegenstein oder Arsenikkönig, selbst die Schmelzbarkeit.[2]
§. 11. Je weniger die Arseniksäure, oder, wenn man will, der reine Kalk des Arsenikmetalls an Brennbarem besizt, desto feuerbeständiger ist er; so ist weisser zweimal sublimirter (hat nach Bergman[S. 8] 20⁄100 Brennbares) Arsenik um vieles fixer als Arsenikkönig oder Fliegenstein.[3] So ist aber auch rother Queksilberpräzipitat und Algarottpulver weniger im Feuer flüchtig, als laufendes Queksilber und Spiesglanzkönig.
§. 12. In verschlosnen Gefäsen ist nun zwar die Feuerbeständigkeit dieser Metallkalke sehr gros in offenen aber nicht, doch ist unter allen keiner der in offenen Gefäsen sein Brennbares der umgebenden Luft leichter und geschwinder überliefert, das ist, sich so schnell verkalkt als Arsenikkönig. So kan er auch in Gefäsen mit dephlogistisirter Luft angefült nie in regulinischer Gestalt aufsteigen, bei so geringer Hizze er auch aufsteigt.
§. 13. Eben so wenig kenne ich ein Metall, welches schon bei der Wärme unsrer Atmosphäre in Freien sich so leicht zu verkalken anfängt und dem reinen Bestandteile der Luft einen Theil seines Brennbaren mit so großer Leichtigkeit und Geschwindigkeit überliefert als Arsenikkönig. Eisenfeile rostet sehr leicht, aber ohne Feuchtigkeit nicht schnell, die übrigen geringen Metalle verlieren gleichfals an der freien Luft mit der Zeit ihren Glanz, aber frischbereiteter Arsenikkönig ist schon nach etlichen Stunden schwarz angelaufen, da er vorher wie Bleiglanz schimmert. Solte nicht der gegrabene Arsenikmulm ein verwitterter Scherbenkobald seyn?
§. 14. Diese Bemerkung ist bei Arsenikvergiftungen von einiger Beträchtlichkeit. Fein gepülverter und lang aufbewahrter Fliegenstein ist weit geschwinder tödlich, als frischer, da jener weit leichtauflöslicher ist; er hat Brennbares verloren und nähert sich den Arsenikkalken.
§. 15. Dieser Umstand führt mich gerade zu einem bemerkenswerthen Punkte meiner Vorerinnerungen zur Auflösbarkeit des Arseniks. Je auflöslicher ein genantes Gift, aus Mangel des mildernden Mediums, ist, desto schneller, desto heftiger wirkt es.
§. 16. Arseniksäure, der reinste und vom Brennbaren freieste Arsenikkalk, das gefährlichste Gift, zerfliest schon an der Luft oder, welches einerlei, ist höchst auflöslich in Wasser. So nimt im umgekehrten Verhältnisse ihres Phlogistons die Auflösbarkeit der folgenden Arsenikarten und die Geschwindigkeit ihrer Tödlichkeit ab.
§. 17. Weisser zweimal sublimirter Arsenik (sein Gewicht ist 5,000 und sein Brennbares 20⁄100), den man seiner Durchscheinlichkeit halber auch Arsenikglas zu nennen pflegt, ob er gleich mit der Zeit die Porzellainweisse erhält, löst sich gepülvert in ziemlicher Menge in Wasser auf. In achtzig Granen siedendem Wasser fand Navier einen Gran Arsenik aufgelöst. Wenzel will in 960 Granen kochenden Wasser 91 Gran weissen Arsenik aufgelöst haben. Beide Verhältnisse sind wahr, jenes als das Minimum, dies als Maximum. Zu lezterm[S. 10] gehört wenigstens ein sechsstündiges Kochen, der Gefrierpunkt aber schlägt fast allen Arsenik wieder heraus. Ersterer wird seinen Arsenik nur einen Augenblick mit dem kochenden Wasser aufgegossen haben.
§. 18. Eigentlich interessirt uns diese Bestimmung der Auflöslichkeit des Arsenikkalks beim Punkte des siedenden Wassers wenig. Wichtiger für uns ist die Erörterung derselben bei dem Wärmegrade des menschlichen Körpers.
§. 19. Ich habe in dieser Rüksicht Versuche angestelt und gefunden, daß bei dem Grade 96° fahrenheitischen Wärmemessers sich binnen 10 Minuten 50 Grane mäsig fein gepülverten weissen Arseniks in 4800 Granen fliessenden Wassers auflöseten, während die Mischung unaufhörlich umgerührt ward.
§. 20. Diese Nebenbestimmungen der Auflösung sind bei der Anwendung der Gegenmittel bei Arsenikvergiftungen brauchbar, in welcher Absicht ich noch hinzusezze, daß sich in diesen 10 Minuten bei gleicher Wärme in benanter Menge Wasser ein viel geringerer Theil von demjenigen Arsenikpulver auflöset, aus welchem ein vorhergegangener Aufgus mit Wasser schon die feinsten Theile ausgezogen und aufgelöset hatte; und so nimt die Auflösbarkeit oder vielmehr die Geschwindigkeit der Auflösung ferner ab, wie die Gröblichkeit des Arsenikpulvers zunimt. Gewöhnlich ist käuflicher Arsenik nicht fein gepülvert.
§. 21. Wird Arsenikpulver mit thierischem Schleime überzogen, so geht es in Klümpchen zusammen und widersteht der Auflösung mehr und länger.
§. 22. Wird das Umrühren der Mischung unterlassen, so erfolgt die Auflösung weit langsamer, also in gleicher Zeit, in gleicher Wärme eben derselben Menge Wassers ungemein geringer.
§. 23. Es kan sogar der Fall seyn, daß unter verschiednen Hindernissen, die bei der Auflösung des Arseniks im Magen eintreten, die Auflöslichkeit des giftigen Metallkalks bis zum zehnten ja zwanzigsten Theile seiner möglichen Auflösbarkeit herabgestimt wird.
§. 24. Daher und wegen des Vorhergehenden die geringe Hülfe vom blosen Wassertrinken bei Arsenikvergiftungen wiewohl die Geringfügigkeit dieses Mittels auch aus Gründen, wie man unten (§. 162., 2.) siehet, herfliest.
§. 25. Nächst dem weissen, folgt der graue Arsenikkalk oder das Giftmehl[4] ein Produkt der Arsenikrösten (sein Gewicht ist nach Bergman 3,706) welcher zuweilen im Handel unter dem Namen Fliegenstein, (wiewohl sehr uneigentlicher und gefährlicher Weise) vorkömt; seine Auflöslichkeit ist geringer, so wie er an Menge des brenlichen Wesens zunimt, das ist, je schwärzlicher er ausfält[S. 12] und je näher er folglich an das Verhältnis der Bestandtheile des Arsenikmetals gränzt. So ist der schwarze Arsenikmulm (das Schwabengift) weit unauflöslicher, doch dieser kömt noch seltner in Handel.
§. 26. Ungleich gebräuchlicher und folglich weit mehr den Misbrauche unterworfen ist der Arsenikkönig, den man Fliegenstein nent. Man findet in den Schriften der Scheidekünstler fast nichts über die Auflöslichkeit des Fliegensteins, vermuthlich weil man ihn geradehin für unauflöslich in Wasser hielt,[5] da doch schon die Schädlichkeit des damit infundirten Wassers Licht hätte geben sollen. Deshalb und aus mehrern Gründen wird man etwas Bestimteres hierüber nicht ungern sehen.
§. 27. Von einigen Metalkalken z. B. wie Rouelle vom schweistreibenden Spiesglanze und Erxleben[6] von den silberfarbnen Spiesglanzblumen bemerkt, kante man längst die Auflöslichkeit und in neuern Zeiten sind die Kalke einiger entdekten Metalle des Wasserbleies und Schwersteins als Säuern folglich als auflöslich im Wasser erkant worden.
Man weis sogar, daß Queksilber in Wasser gekocht kleine Insekten und Würmer tödet, daß Wasser[S. 13] worin Kupfer abgelöscht ist, Hautausschläge heilet und troknet, daß durch bleierne Röhren geleitetes Wasser nicht ganz unschädlich ist, und daß glühendes Eisen dem Wasser, worin man es abgelöscht hat, stärkende Kräfte mittheilt, aber den Arsenikkönig hatte man bisher gleicher Aufmerksamkeit nicht gewürdiget.
§. 28. Zu dieser Absicht pülverte ich ganz frisch bereiteten glänzenden Arsenikkönig (nachgehends auch Fliegenstein mit gleichem Erfolge) und kochte ihn in destillirten Wasser eine halbe Stunde lang. Das Resultat war, daß sich 12¾ Gran in 14000 Granen Wasser auflöseten und bis zum Gefrierpunkte erkühlt darin aufgelöset blieben. Das Verhältnis des Fliegensteins zum auflösenden Wasser wird also beinahe wie 1 : 1100 sein. Verschiedentlich wiederholte Versuche gaben diese Mittelzahl. Wird das Kochen ungleich länger fortgesezt, so kan sich Wasser mit Fliegenstein bis zu einem Verhältnisse wie 400 : 1 ja noch stärker sättigen.
§. 29. Das unten anzuführende so empfindliche Reagens jeder Arsenikauflösung, der mit Kupfer gesättigte Salmiakgeist, äussert selbst auf jene so schwache Auflösung des Arsenikkönigs im Wasser; ja dann noch wenn sie noch mit drei und einem halben Male ihres Gewichts Wasser verdünnet wird, und ein Verhältnis wie 1 : 5000 entsteht, nur mus man in lezterm Falle dem grüngelblichen Niederschlage einige Stunden Zeit lassen oder Weingeist dazu giesen, um die Uebermenge des Wassers zu verringern.
§. 30. Lange Zeit gepülverter Fliegenstein theilt sich dem Wasser in noch geschwinderer Zeit mit. (§. 14.)
§. 31. Da auch geschwefelter Arsenik, vorzüglich Operment bei Vergiftungen vorkömt, so mus man das Nöthige von ihm und seinen Gattungen wissen. Operment ist ein Mineral, welches besonders in Ungarn zu Hause gehört, aus gelbglänzenden dünnen dicht über einander liegenden Blättern besteht, von 3,315 (nach Bergman) eigenthümlichem Gewichte und 1⁄10 Schwefel in seiner Mischung.
§. 32. Da Bergman[7] die Auflöslichkeit des Operments in Wasser so geradehin läugnet, so unternahm ich verschiedne Versuche um mich hievon zu überzeugen. Ich fand aber, daß er, zwei Stunden in destillirtem Wasser gekocht, sich hierin in einem Verhältnisse wie 1 : 5000 auflösete.
§. 33. Die erkühlte Auflösung sahe kaum merklich gilblich aus, der Kupfersalmiak schlug obwohl langsam und in geringer Menge ein Arsenikkupfer nieder, mehr grau grüngelblich als rein grüngelb, wie eine andre Arsenikauflösung zu thun pflegt. Der Geruch des Sazzes auf Kohlen aber war arsenikalisch. Der durch dies Wasser mit Silbersalpeter entstehende schwarzbraune Saz hat nichts besonders, da in Wasser aufgelöster Schwefel dasselbe thut, und ein geschwefeltes Silber präzipitirt.
§. 34. Das durch Schwefelleberluft aus weisser Arsenikauflösung niedergeschlagne Operment hielt weit mehr Schwefel als natürliches. Ich fand, daß ich mit dreizehn Theilen Arsenik auf 35 bis 38 Theile Schwefel hiedurch verbinden konte. Dies künstliche Operment lies sich aber weit leichter als das natürliche in Wasser auflösen. Ein Gran davon ward binnen zweistündigen Kochen in 600 Granen reinem Wasser aufgelöst, wovon aber beim völligen Erkalten nur 3⁄5 Gran aufgelöst blieben. Schwefelleberluft löset es in noch gröserer Menge auf.
§. 35. Noch kömt a) gelbes und rothes Rauschgelb, ein Mineral; endlich die künstlichen Arsenikerze, b) gelber und c) rother Arsenik obwohl selten bei Vergiftungen vor. Ersteres soll (nach Bergman) 3,226 eigentliches Gewicht besizzen und nach Kirwan[8], 16⁄100 Schwefel halten; das Zweite hält nach Gmelin 1⁄10, das dritte nach eben demselben 1⁄5 Schwefel in seiner Mischung. Vielleicht sind diese Angaben noch zu berichtigen. Da die Mischung des rothen Arseniks noch so unbekant ist, so fand ich (zur vermuthlichen Ausfindung dieser Mischung) daß zwar durch kein Verhältnis der Schwefelleberluft mit Arsenik ein rothes Präzipitat erfolgte — schwach pomeranzenfarbig war die tiefste und gelb die höchste desselben — daß aber durch den mindesten Theil Bleizuckerauflösung, zu dem Arsenikwassser gesezt, der Niederschlag des leztern mit Leberluft[S. 16] so gleich schön roth gefället ward.[9] Mehr Bleiauflösung aber zugesezt, vertiefte diese Röthe bis ins Schwarz. Die Auflöslichkeit dieser Opermentabarten in Wasser habe ich zu untersuchen für überflüssig gehalten, da sie so selten bei Vergiftungen vorkommen.
§. 36. So weit von der Auflöslichkeit des käuflichen Arseniks in Wasser, nun etwas von derselben in andern Flüssigkeiten.
§. 37. In Oelen löset sich zwar jeder Arsenik, Fliegenstein, weisser Arsenik und Operment auf, doch nie anderst als in der Hizze des kochenden Oeles (etwa 600° Fahr.) So bald die Auflösung beginnet, steigt ein stinkender Geruch auf, der ein Gemisch, aus dem Geruche der brennbaren Luft und einem knoblauchartigen zusammengesezt, scheint. Wegen der grosen zu dieser Auflösung erforderlichen Hizze scheint mir eine fernere Erörterung dieses Punktes keinen sonderlichen Einflus auf meinen Zwek zu haben.
§. 38. Milch hat keinen Vorzug vor gemeinem Wasser bei Auflösung des Arseniks, ja ihre Auflösungskraft ist noch geringer, der käsichte und fette Theil derselben verhindert sie daran. Doch ist nicht zu leugnen, daß sie eben dieser leztgenanten Bestandtheile wegen viel feines Arsenikpulver in ihren Zwischenräumen eine ziemliche Zeit schwebend[S. 17] erhalten kan, und in dieser Rüksicht zur Ausführung des besonders feinen Arsenikpulvers aus dem Magen eben so viel ja noch etwas mehr Dienste, als gemeines Wasser durch seine grösere Auflösungskraft, leistet.
§. 39. Doch dies nur im Vorbeigehn. Ich komme zu den Säuren, werde aber nichts von den mineralischen erwähnen, als daß sie bei der erfolgenden Auflösung unser metallisches Gift ungemein erhöhen,[10] eine Bemerkung, die keiner weitern Ausführung in einem Werke bedarf, welches zur Erleichterung der Unglüklichen aufgesezt ward.
§. 40. Da man den Essig etwas zu algemein unter die Gift widerstehenden Mittel gerechnet und ihn verschiedentlich in dieser Absicht gegen unsern Gift anzuwenden und zu empfehlen[11] versucht hat, so werde ich zwar unten (§. 163.) erinnern, daß seine Anwendung schädlich sei, hier aber bemerken, daß seine Auflösungskraft gegen jede Art des Arseniks fast nur um ein Unmerkliches gröser, als die des gemeinen Wassers ist. Da dieses unwirksame und sogar schädliche Auflösungsmittel ausser dem Kreise meines Zweks liegt, so erspare ich mir die Anführung genauerer Versuche darüber.
§. 41. Die nächste Reihe trift in der Ordnung der Auflösungsmittel die Laugensalze, welche[S. 18] desto eher unsre Aufmerksamkeit verdienen, je gewisser es ist, daß es keine auflösende Verbindung giebt, welche die äzzende Kraft dieser metallischen Säure sichrer neutralisirt und mildert, als sie.
§. 42. Nach Wenzels genauen und lobwürdigen Versuchen braucht weisser Arsenik zu seiner Neutralisirung fast genau das doppelte Gewicht an Gewächslaugensalze; denn mit diesem haben wir es vorzüglich zu thun, da es vor den übrigen beiden, dem mineralischen und dem flüchtigen thierischen, die stärksten Kräfte besizt, die Säuren zu volkomnen und milden Mittelsalzen umzubilden, dazu gerechnet, daß es am häufigsten bei der Hand und das wohlfeilste ist.
§. 43. Auch selbst mit Wasser verdüntes Laugensalz (Potasche) löst den Arsenik geschwinder und in gröserer Menge auf, als ein gleiches Gewicht reinen Wassers von gleicher Wärme.
§. 44. Aber gleichwohl geschieht diese Auflösung nicht so geschwind als man es von einer der Säure so gerade entgegen gesezten Flüssigkeit erwarten solte.
§. 45. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, daß der weisse noch mehr aber der regulinische Arsenik nur mit Hülfe eines stärkern Feuers sich mit Laugensalzen in einer beträchtlichen Geschwindigkeit und genau neutralisieren kan, indem alle Säuren durch Ueberladung mit Brenbaren einen grosen Theil ihrer Verwandschaft und Aneignungskraft zu[S. 19] den laugensalzigen Stoffen verlieren, die sie doch in ihrer ursprünglichen Reinigkeit besizzen.
§. 46. Wie locker ist der Zusammenhang der Schwefelsäure, des Weinsteins, der phlogistisirten Salpetersäure gegen das Laugensalz und wie stark die der reinen Vitriolsäure, und Salpetersäure im vitriolisirten Weinsteine und Salpeter! wie dauerhaft die krystallisirbare Verbindung der reinen Arseniksäure mit dem Gewächslaugensalze gegen die des schmierigen Salzes (Arsenikleber) aus weissem Arsenik und eben demselben Laugensalze zusammengesezt!
§. 47. Diese Ueberladung mit brenbarem Wesen stümpft die Säuren in einem so hohen Grade ab, daß sie nur mit Mühe und oft nur durch Gewalt des Feuers die Luftsäure der Laugensalze auszutreiben vermögen, um dann erst eine dauerhafte Vereinigung mit ihnen einzugehn. Beweise sind Schwefel und weisser Arsenik, wenn sie genau mit luftvollem Laugensalze verbunden werden sollen.
§. 48. Dieses doppelte Hindernis, auf Seiten der Säure das Brenbare, und auf Seiten des Laugensalzes die fixe Luft ist es, die das Potaschwasser hindert, den weissen gepülverten Arsenik in beträchtlicher Geschwindigkeit und in mäsiger Wärme aufzulösen und zu neutralisiren.
§. 49. Da ich mich bemühe, die Brauchbarkeit der Laugensalze zur Milderung des Arseniks in gehöriges Licht zu sezzen, so liegt es mir ob, die Hindernisse so viel möglich hinweg zu nehmen, die[S. 20] sich der Auflöslichkeit des weissen Arseniks in laugensalzigem Wasser in den Weg stellen.
§. 50. Ist das gepülverte Rattengift einmal im Magen, wie wir in einer Abhandlung über die Arsenikvergiftung voraussezzen müssen, so liegt es wenig daran, daß man wisse, wie genau dieses Gift von seinem Brenbaren, als einem vorzüglichen Hindernisse seiner Auflösung in Wasser und Laugensalzen durch Kochen in Salpetersäure befreiet werden könne. Hier steht uns nicht mehr frei, dieses Hindernis zu entfernen, besonders da das Mittel dazu selbst eines der tödlichsten Gifte ist.
§. 51. Es ist uns blos erlaubt, dem laugensalzigen Wasser, die fixe Luft, als das zweite Hindernis der leichten Auflösung und genauen Neutralisirung des weissen Arseniks, zu benehmen und dann erreichen wir unsern Zwek, so viel nur möglich ist.
§. 52. Aezzendes Gewächslaugensalz also, in Wasser verdünt, löset dieses Gift, wie man sich leicht durch Versuche überzeugen kan, ungleich geschwinder auf, und mildert es genauer als gewöhnliches Potaschwasser.
§. 53. Da aber ein mäsig starkes Potaschwasser schon vor sich reizzende und äzzende Kräfte auf den Magen äusert, wie viel unschiklicher wäre es nicht der Auflösung des äzzenden Laugensalzes in Wasser noch vor jenem den Vorzug einzuräumen in einer Schrift, die sich hier blos mit schiklichen Gegenmitteln beschäftigen darf! und gleichwol können wir dieses mit Recht.
§. 54. In der Seife treffen wir ein solches luftfreies Laugensalz an, welches, so sehr auch seine Aezbarkeit durch die damit verbundne Fettigkeit gemildert ist,[12] gleichwohl nichts von seiner Anziehungskraft gegen Säuren durch diese Verbindung verloren hat.
§. 55. Bei der Wärme des menschlichen Körpers lassen sich binnen 10 Minuten 50 Gran mäsig fein gepülverter Arsenik in 8 Unzen Wasser bei mäsigem Umrühren auflösen, worin 150 Gran gemeine trokne Seife zergangen sind. (Ist die Seifenauflösung stärker, so nimt sie noch etwas an Auflösungskraft zu, ihre dabei wachsende Schleimigkeit hält dann auch noch etwas mehr Arsenikpulver in ihren Zwischenräumen schwebend.) Man wird durch Vergleichung finden, daß der stärkere Grad der Auflösungskraft dieses Seifwassers gegen die des gemeinen Wassers bei übrigens gleichen Umständen sich wie 5 : 4 verhält. Die durch ersteres bewirkte Neutralisirung und Milderung der giftigen Mineralsäure ungerechnet. Mehr habe ich mir über dieses vortrefliche Mittel im voraus nicht wegnehmen wollen.
§. 56. Man wird von mir noch die Auflösbarkeit des Arseniks im Magensafte bestimt zu sehen wünschen. Ich kan mich aber leicht mit der[S. 22] Schwierigkeit ähnlicher Versuche und der Unzuverlässigkeit derselben nach angewandter möglichster Genauigkeit zurükziehn. Wie so sehr verschieden sind die Bestandteile dieser thierischen Flüssigkeit im nüchternen, an diese oder jene Nahrung gewöhnten, mit halb oder ganz verdauten Ueberbleibseln von den und jenen Speisen und Getränken angefülten weichlichen oder festen Magen u. s. w.! Wie viele Umstände verändern den Magensaft bis zur Unkentlichkeit! Mehr oder weniger vegetabilische oder thierische Säure, thierischer oder Gewächsschleim, Mittelsalze verschiedner Art und in unbestimlichen Verhältnisse schmälern den Nuzzen dieser undankbaren Versuche, die selbst eine grose Anzahl wakrer Männer Spallanzani, sein Anmerker Sennebier, Skopoli und lezt Carminati nicht aufs Reine bringen konten. Ihre Versuche belehren mich wenigstens nicht über meinen Gegenstand.
§. 57. Ich begnüge mich, zu erinnern, daß da seine im Stande der Gesundheit gewöhnliche, so algemeine Auflösungskraft fast aller möglichen Körper so gros und entschieden ist, (Schwefel, Zinn, Blei, roher Spiesglanz sind Beispiele) man die gröstmögliche Einwirkung desselben auf den Arsenik besonders im nüchternen Magen mit wahrscheinlicher Evidenz erwarten darf, daß man aber aus den traurigen Wirkungen des leztern auf den Magen schliessen mus, daß er ihn zwar almählig aufzulösen, aber keineswegs zu neutralisiren, kaum zu mildern, im Stande sei.
§. 58. Feuer ist kein geringes Auflösungsmittel aller Art von Arsenik. Bergman fand, daß sich der regulinische bei 180° Thermometergraden des Celsius schon in Rauch zu zerstreuen anfieng, graues Arsenikmehl bei 195°. So verdampft der weisse Arsenik wenn er glüht und Brenbares dazu kömt; bei geringerer Hizze brent und fliegt Operment davon. Der Rauch aller stinkt widrig nach Knoblauch, nur lezteres dampft bei seiner anfänglichen Verbrennung etwas Schwefelartiges aus.
§. 59. Alle diese Arsenikarten lassen sich bei geringer Hizze sublimiren; schwerer in verschlosnen Gefäsen ohne Hinzukunft des Brenbaren weisser Arsenik — wahres Arsenikmittelsalz unter diesen Umständen gar nicht.
§. 60. Ich komme zu denjenigen Körpern, mit denen sich der aufgelösete Arsenik durch vorzügliche Verwandschaftskräfte zur unauflöslichen und schwerauflöslichen Substanz vereinigt und die als hülfreiche Mittel gegen die zerstörende Wirkung des auflöslichen (weissen) Arseniks angesehen werden können.
§. 61. Da Fliegenstein selbst schon sehr schwerauflöslich ist, so können gegen ihn, wenn von Hülfe die Rede ist, keine andern als unauflösliche oder weit unauflöslichere Verbindungen, als er selbst ist, aufgesucht werden. Operment bedarf keiner solchen Veranstaltung, da er selbst so höchst schwerauflöslich ist.
§. 62. Die mir bekanten Auflösungen der Metalle in Säuren lassen sich,[13] algemein genommen,[S. 24] nicht durch Arsenikwasser, leicht aber und in groser Menge durch Arsenikmittelsalze zu Präzipitaten fällen, die im reinen Wasser, wie ich wenigstens von einigen behaupten kan, unauflöslich sind.
§. 63. Von Metallauflösungen in Säuren kenne ich nur die in Luftsäure aufgelösten Metalle und den krystallisirten Grünspan, welche sich durch Arsenik niederschlagen lassen, sonst keine, (§. 398.) welches ich wider Wallerius, Neuman und ihre Nachschreiber erinnere. Diejenigen Metallsalze mus man nur nicht hieher rechnen wollen, die sich durch Verdünnung mit gemeinem Wasser fällen lassen. Auch Bleiessig verdient hier keine Stelle; das reinste destillirte Wasser, wenn es nur die mindeste Luftsäure enthält, trübt ihn weislicht.[14]
§. 64. Man kan also blos Eisen in Luftsäure aufgelöst (Sauerbrunnen) nennen, welches wegen seiner heilsamen Kraft sowohl, als wegen der in Wasser unauflöslichen Verbindung, die diese Auflösung[S. 25] mit Arsenik zuwege bringt, hier eine Stelle verdient. Andere Metalle sind entweder schädlich, und reizzend, oder lösen sich doch nicht in Luftsäure auf.
§. 65. Dem ungeachtet kan die hievon entstehende Präzipitation des Arseniks nur bei Gifttheilen in den zweiten Wegen von Wichtigkeit werden, Theils weil bei der schnelltödlichen Vergiftung dies Hülfsmittel nicht stets bei der Hand und seine geschwinde Bereitung schwierig ist, theils aber weil das erfolgende Präzipitat in Säuren, die in den ersten Wegen selten fehlen, leicht aufgelöst werden und so als Arsenikauflösung ferner zu schaden wieder anfangen kan. Der Niederschlag ist braungrau, im Wasser unauflösbar oder fast unauflösbar.
§. 66. Noch macht die Kalkerde eine sehr schwer auflösliche[15] Verbindung mit dem Arsenik. Arsenikauflösung (des weissen, wie des Fliegensteins), wenn sie nicht übertrieben verdünt ist, schlägt mit frisch und stark bereitetem Kalkwasser vermischt, weisse lokere Wolken zu einem Bodensazze nieder, dessen Auflöslichkeit in Wasser sich wie 1 : 2100 verhält. Die schwächste Säure, selbst überflüssig zugegosnes Arsenikwasser löset dieses Präzipitat leicht, geschwind und in groser Menge wieder auf.
§. 67. Noch müssen wir der Schwefelleberluft[16] erwähnen, die in Wasser aufgelöst, sich[S. 26] am innigsten mit dem Arsenikwasser verbindet, und als Operment mit ihm zu Boden fält. Dieses künstliche Operment (S. §. 34.) ist zwar in Wasser auflöslicher als das gegrabne, es lösete sich in 600 Theilen kochendem Wasser auf, in tausend Theilen der erkalteten Auflösung aber blieb kaum ein Theil aufgelöst.[17] Zugegosne Säuren, selbst[S. 27] starkes Arsenikwasser, machen diesen Opermentniederschlag sehr auflöslich, besonders ein Uebermas an Salpetersäure, wenige Tropfen Säure aber, besonders Essig- und Salzsäure befördern blos die Abscheidung des Präzipitats. Auch ein Uebermas an Schwefelleberluft löst einen Theil des Niederschlags wieder auf. Alle diese mit und ohne Hülfe bewirkten schwächern oder stärkere Opermentauflösungen in Wasser, haben eine schwächere oder stärkere Gilbe, zum Zeichen, daß das Operment unzersezt in die Mischung des Wassers aufgenommen worden ist; ein Umstand der einen so sehr mit Schwefel gemilderten Zustand des Arseniks zu erkennen giebt, welcher durch kein andres Medium in so hohem Grade scheint bewirkt werden zu können. Selbst wenn der gelben (sogar trüben) Opermentauflösung, ihre Gilbe und Trübigkeit durch zugegosnes Laugensalz benommen, und das Ansehn des lautern Wassers hiedurch entsteht, darf man nicht glauben, daß der Arsenik in diesem Zustande eine geringere Milderung als in freier und sichtbarer Opermentgestalt habe — es ist durch den laugensalzigen Zusaz nur eine arsenikalische Schwefelleber entstanden, welche wenn jener durch Säure wiedrum neutralisirt wird, sogleich ihren Operment wieder fallen läßt; sogar Salpetersäure thut dies, es kan also nicht durch neu entstandne Schwefelleberluft erzeugt worden seyn, sondern mus präexistirt haben.
§. 68. Georg Logan giebt in seinem Versuche über die Gifte[18] den Schwefel als das beste Gegenmittel des Arseniks an. Mit welchem Rechte weis ich nicht. Ich fand zwar durch wiederholte Versuche (wider Kirmans[19] und andrer Leugner seiner Auflöslichkeit) daß Schwefel zwei Stunden in destillirtem Wasser gekocht sich in einem Verhältnisse wie 1 : 3120 auflösete, eine Auflösung, die wasserhell blieb und kaum nach zehn Tagen etwas Schwefel fallen lies. Sie schlug den Silbersalpeter[20] schwarzbraun nieder in geringer Menge. Aus dem Bleizucker und Queksilbersalpeter schied sie nach einiger Zeit ein geringes weisses Präzipitat ab. Aus Kupfersalmiak sonderte sie einen bläulichgrünen Niederschlag ab. Andere Metalauflösungen schien sie nicht zu fällen. Besonders färbte und trübte sie[S. 29] eine starke Arsenikauflösung (1 : 34) in geringsten nicht.[21]
§. 69. Hieraus sieht man deutlich, wenigstens in so fern die Scheidekunst Licht geben kan, daß der Schwefel wenig oder keine Heilkräfte gegen Arsenikvergiftung besizze. Vielleicht schmeicheln uns dereinst wiederholte Erfahrungen mit dem Gegentheile bei den Nachwehen dieses in die zweiten Wege übergegangenen Giftes oder bei der schleichenden Vergiftung; dagegen ist indes so viel gewis, und wie überhaupt aus der Schwerauflöslichkeit des Schwefels, so besonders aus angegebnem Mangel an Verwandschaft[S. 30] mit Arsenik zu schliessen, daß er gegen schnell tödliche Arsenikvergiftung durchaus ohne Nuzzen sei, und durch auf sich gezognes Zutrauen bessere Mittel verdrängen und so die edle Zeit versplittern könne.
Die meisten Vergiftungen mögen wohl unwilkührlich geschehen. Da dieses Mineral so oft in Künsten und Handwerken (als bei der Färberei, besonders in Kattunfabriken und Rauchwerkfärbereien, wie Magnan will, beim Geheimnis der Hutmacher, bei Düngung der Aecker,[22] zur Verhinderung des Brandes im Getreide[23] zur Schmelzung und Versezzung einiger Metalle, zum Weiskupfer oder Prinzmetall, zu Glocken- und Spiegelkomposizionen, zu Argent haché, in Schrotgiessereien, zur Vieharznei, zum Rusma der Türken, zur Verfeinerung des Glases, zur Scheelischen grünen Farbe, zu Firnissen,[24] zur Mahlerei u. s. w.) überdem aber und am häufigsten[S. 34] zur Vergiftung schädlicher Thiere der Maulwürfe, Ratten, Mäuse, Fliegen u. s. f. wie wohl höchst unnöthig, angewendet wird; so kan es nicht fehlen, daß das Hüttenrauchgift nicht zuweilen Unglück in Haushaltungen anrichte, ohne vorsezliches Verbrechen.
§. 71. Die möglichen Fälle eines solchen Versehens lassen sich ihrer unendlichen Verschiedenheit halber weder bestimmen, noch erzählen. Das Hauptsächlichste mag in folgendem bestehen.
§. 72. Wie leicht kan weisser Arsenik mit Niederschlagspulver, Zucker, Mehl, Sand, Haarpuder, Potasche, gereinigtem Weinstein verwechselt werden oder seines ähnlichen Ansehns halber unter diese Dinge gerathen. Wie leicht können vorzüglich Kinder das für Fliegen aufgesezte Wasser, oder die zur Tödung der Ratten und Mäuse bestimte Masse ihres süssen Geschmaks wegen kosten und zu sich nehmen, oder in Werkstätten, wo dergleichen zur Handthierung erfoderlich ist, auffassen und lüstern verschlukken. Wie oft ist es geschehen, daß Mäuse, vorzüglich aber Ratten nach verschluktem Arsenik über rohe oder zubereitete Speisen und Getränke gerathen und sie mit Wiederausbrechen des Giftes besudeln. Selten wird man zeitig eine solche Vergiftung gewahr — aber von desto fürchterlicher Art ist sie auch. Wie oft bringt das Gewerbe mit sich, dem Staube und Rauche dieses Giftes ausgesezt zu seyn, Bestimmung aber, Mangel eines andern Broderwerbs, und Hofnung reichlichern[S. 35] Gewins macht diese Unglüklichen gegen die furchtbar heran schleichenden Uebel blödsichtig.
§. 73. Ich gehe zunächst zu den wilkührlichen Vergiftungen über, die als Selbstmorde betrachtet bekant genug sind. Fliegenstein und Rattenpulver werden am häufigsten zu diesen traurigen Endzwecke gebraucht, doch auch Operment und seine Abarten zuweilen.
§. 74. Mit gleichen Werkzeugen werden die von der Hand eines andern geschehenden Vergiftungen volführt. Von diesen berühre ich hier nicht die grobe schnelltödliche Arsenikvergiftung. Blos von der schleichenden boshaften, endlich von der arzneilichen Arsenikvergiftung rede ich in Folgendem.
§. 75. Die Aqua Toffana oder Toffanina, sonst auch Aquetta di Napoli genant, jenes unsichtbare Werkzeug der meuchelmordsüchtigsten Leidenschaften, besteht, wider die Meinung des Abt Gagliani,[25] und eines vornehmen italienischen Reisenden mündlich mir gethanen Versicherung, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht aus einer gemischten Auflösung der spanischen Fliegen und des Mohnsafts, da dieses stygische Wasser ohne Geschmak und Farbe seyn soll, Eigenschaften, die aus beiden Ingredienzen fast unmöglich zu erhalten stehen, wenn das Gift kräftig seyn soll. Wäre es möglich, so müste das einzige Mittel, die Kraft beider Dinge wasserhell auszuziehen, in der Destillazion zu suchen seyn.
§. 76. Da aber Männer von nicht geringem Ansehn, Plenk,[26] Fr. Hoffman,[27] Bertholin,[28] Keysler,[29] Garelli,[30] Molitor,[31] Haller,[32] Gmelin[33] u. a. versichern, daß der Hauptbestandtheil dieses berühmten Giftwassers Arsenik sei, und da auch die Nachahmung desselben in Frankreich (der Marquise von Brinvilliers eau mirable) arsenikhaltig[34] befunden worden ist, so wird man keinen Anstand nehmen, in der gewöhnlichsten Art dieses tödlichen Wassers Arsenik zu vermuthen, wenn man bedenkt, daß die Zufälle der damit Vergifteten denen ungemein gleichen, die man von abgebrochnen Gaben des Hüttenrauchs erfolgen sieht. Ekel, Mattigkeit, nagender Magenschmerz, Verfall der Kräfte ohne sichtbare anderweitige Ursache und ein unnenbares Uebelbefinden, worauf Abzehrung[S. 37] des Körpers, Verderbnis der Lunge, schleichendes Fieber u. s. w. unvermerkt folgen, deuten auf dieses Gift,[35] besonders wenn noch irgend ein narkotisches Ingredienz (destillirtes Mohnsaftwasser? Kirschlorbeerwasser?) dazu kömt.
§. 77. Daß leztere Verbindung unter allen die gefährlichste sei lehren die Arsenikvergiftungen, wo Theriak- und Mohnsaftmittel selbst bei geringer Giftgabe so unersezlichen Schaden und Todesfälle bewirkten (§. 160., 3.). Selbst die grose Hülfe, die Keysler und andre vom Limoniensaft bei dieser Meuchelvergiftung bemerkt haben, bestätigt die Gegenwart eines narkotischen Ingredienz, besonders des Mohnsaftes.
§. 78. Nahe hieran gränzen die Giftmischereien, die unter der Etiquette der Fiebertropfen[S. 38] und Fieberpulver fast bei allen Nazionen, vorzüglich aus den Händen der Pfuscherärzte — der fruchtbarsten Quelle des Todes — ergiebig hervorfliessen. Arsenik war in dieser Absicht schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts[36] bekant.
§. 79. Die Gabe der Tropfen (wozu man das Rezept von mir nicht verlangen wird) ist gewöhnlich Zwanzig mehr oder weniger, das Ansehn wasserhell, gilblich oder röthlich, der Geschmak unmerklich, oder wie Essig, am häufigsten wie alkalische Lauge.[37] Es ist wahr, die Wechselfieber widerstehn selten dieser tückischen Arznei, sie bleiben grosentheils ohne Wiederkunft zurük, aber sehr oft mit unausbleiblichem, oft unersezlichen Schaden des[S. 39] Kranken. Wassersuchten, Fall der Kräfte, Auszehrungen u. s. w. folgen oft.
§. 80. Ich lasse mich bei diesen Tropfen (am wenigsten bei ähnlichen Fieberpulvern, wo der Arsenik unaufgelöst desto nachdrüklichern Schaden anrichten kan) nicht in das Für und Wider ein, genug die gröste Vorsicht scheitert sehr oft mit dieser fast unbezwinglichen Metallsäure, wenn sie auch zuweilen merkwürdige Fälle zu ihrer Empfehlung aufzuweisen hat. Unter meinen Augen vorgefallene Beweise von beiden, würden manche Demonstrationen a priori ersparen, wenn es der Ort wäre, sie anzuführen.
§. 81. Jakobi, Heuerman, Lefebüre, Slevogt, Frick, mögen zur Vertheidigung dieses innerlichen Mittels sagen, was sie wollen, ihnen stehn die aufrichtigsten Beobachtungen eines Helmont, Wepfer, Stahl, Lindestolpe, Gohl, Wedel, Hoffman, Sprögel, Störk und Gmelin entgegen; ja man kan dreist annehmen, daß mit den arsenikalischen Fiebermitteln nicht weniger Menschen hingerichtet und unglüklich gemacht worden, als mit allen aqua della toffana, aquetta di napoli, aqua del Petesino, und eau mirable zusammen genommen.
§. 82. Bei allem dem hat man jedoch wenig Hofnung, dieses Mittel vertilgt zu sehen. Der Landmann und Kleinstädtler, der in niedrigen, halbunterirdischen feuchten Löchern oder in sumpfigen Gegenden und eingeschlosnen tiefen Thälern wohnet, wo Wechselfieber so häufig und hartnäckig sind, will[S. 40] sich geschwind, ohne Uebelschmack und Umstände für ein Geringes geholfen wissen und kauft begierig von einem nahen Quaksalber (der nur auf Einnahme sieht, ohne das Glück der Menschheit zu beherzigen) eine solche Arznei, da sie wohlfeil ist, fast zuverlässig das Fieber vertreibt, und da man sie in sehr kleiner Menge nimt, ohne übeln Geschmak.
§. 83. Der aus ihrem Gebrauche erwachsende Nachtheil kan in Gegenden, wo endemische Wechselfieber sonst noch mancherlei (ähnliche) Uebel, Engbrüstigkeit, Geschwülste, Cachexien u. d. g. erzeugen, schwerlich von leztern Uebeln unterschieden und erkant werden, wenigstens nicht vom geringen Manne, der, ohne auf besorgliche Nachwehen zu sehn, nur nach schneller so genanter Hülfe strebt.
§. 84. Welche Wohlthat für diese Art armer Leute, wenn ihnen, statt dieser, sichre, unschädliche, hülfreiche Fieberarzneien aus einheimischen Produkten (Bruchweidenrinde, Hasselwurzel, Benediktenwurzel u. s. w.) wohlfeil in die Hände gegeben würden!
§. 85. Ausser dem innerlichen Gebrauche des Arseniks gegen Wechselfieber hat man sich auch vor den Tropfen des Lefebüre gegen krebshafte Geschwüre zu hüten. So gering auch die Menge des darin befindlichen Arseniks ist, so gewis können doch schleichende, zuweilen auch schnelle Vergiftungen dadurch entstehen.
§. 86. Nicht weniger mistrauisch mus man gegen die äuserliche Anwendung des Arseniks seyn,[S. 41] besonders gegen die, wo er als Pulver, oder in sonst einer konzentrirten Form aufgelegt wird, wo er oft schnelltödlicher ist,[38] als wäre er innerlich genommen worden.
§. 87. Man würde kaum glauben, wie leicht dies Gift durch die einsaugenden Gefäse der Haut in die Masse der Säfte gebracht werde, sähe man aus den aufgezeichneten traurigen Zufällen seines äusserlichen Gebrauchs nicht bestätigt, daß es den Magen, die Gedärme und die Nerven überhaupt anzugreifen pflegt.[39]
§. 88. Ohnmacht, hizzige schnelltödende oder almählig abzehrende Fieber, Erbrechen, Magendrücken, Schneiden in den Gedärmen, (sogar Entzündungen der innern Haut der ersten Wege) Kontraktur, Lähmung, Konvulsionen sind unzweideutige[S. 42] Merkmale seiner Einsaugung in die Säftmasse oder vielmehr eines besondern auf das ganze Nervensystem verbreiteten Eindruks, wiewohl ich nicht leugne, daß bei seiner Anwendung auf verwundete eiternde Stellen des Körpers, besonders in trokner Pulvergestalt, der schleunig bewirkte Tod zuweilen mehr von dadurch entstandner örtlichen Entzündung und Brande, entstanden seyn mag, wie die bei verschiednen dergleichen Fällen vorkommenden Symptome deutlich zu verstehen geben.
§. 89. Was hindert uns die schreklichen oft schnell oft schleichend um sich greifenden Symptomen der äusserlichen Vergiftung mit Arsenik (die denen der innerlichen Einschlukung so[40] gleich sind)[S. 43] einer besondern und eigenthümlichen Einwirkung des Hüttenrauchs auf das ganze Nervensystem zuzuschreiben, indem es fast unmöglich ist, daß dies Gift den Kreislauf der Säfte und die Absonderungsgefäse so unglaublich schnell durchlaufen könne, als oft schon der Tod erfolgt. Oder haben wir nicht noch andre starkwirkende Dinge — Mohnsaft, Salmiakgeist, Aether, Wein, Purgierharze, stinkende Oele u. d. g. die schnell und oft augenbliklich jedes mit der ihm eignen Kraft das Nervensystem durchdringen,[41] erquicken, entfernte Krämpfe heben, reizzen, purgieren u. d. g. ob sie gleich nur in den Mund genommen, an die Nase gehalten oder auf die unverlezte Haut geleget worden. Wie schnell wirkt der kleinste Bis der Klapperschlange, die kleinste Wunde von Pfeilen mit dem Gifte der Lamas[42] oder[S. 44] dem javaischen Giftbaumharze[43] bestrichen den Tod! Durch einen augenbliklich durch das Empfindungssystem verbreiteten Eindruk doch wohl?
§. 90. Man hatte ehedem, und hat noch jezt verschiedne empirische topische Mittel gegen Ausschläge, Grind, Kräzze, den Krebs[44] u. s. w. w. die dieses Gift in trokner oder aufgelöster Gestalt enthalten,[S. 45] aber unzählige Beispiele[45] zeichnen ihre Gefährlichkeit mit den schreklichsten Farben.
§. 91. Das mit Recht, wie mich dünkt, in Vergessenheit gerathene, von den Alten gegen Pestbeulen und viertägige Fieber gerühmte Salische oder Hartmannische Magnetpflaster (das Hüneraugerpflaster[46] nicht ausgeschlossen) gehört hieher[47] und verdient keiner weitern Erwähnung.
§. 92. Was ein rechtschafner einsichtsvoller Arzt thut, mus man seiner Erfahrung, seinen Kentnissen und seiner Gewissenhaftigkeit überlassen, aber andern Händen solte man ein so gewisses Werkzeug des Todes (bei unrichtiger Anwendung) nicht so unbedingt überlassen.
§. 93. Deshalb solte man überhaupt behutsamer mit dieser grausamen Waare im Handel umgehen, den Verschleis derselben nicht Krämer, und kleinen Materialhändlern verstatten, eigentlichen Droquisten[S. 47] aber nur den Verkauf in Pfunden und blos an Apotheken erlauben.
§. 94. In Apotheken solten eigne verschlosne Behältnisse für dieses Gift vorhanden seyn, wozu blos der Eigenthümer den Schlüssel hätte, da man keine Anwendung weis, wo Arsenik in dringender Eil nüzlich zu gebrauchen sei. Der Herr der Apotheke solte über dieses und ähnliche Gifte ein besondres Buch halten, worin unter andern der Namen des bekanten, Bürgschaft fähigen Empfängers, der von lezterm unterschriebne Empfangschein gegenüber geheftet, und die Anzeige des Behufs bemerkt würde, dem jährlich die Apotheke untersuchenden Arzte vorzulegen.
§. 95. Da man unschädlichere Vertilgungsmittel (Fallen, in Fett gebratnen Schwam, Krähenaugen, Sabadillsamen u. s. w.) hat, so solte man sich zur Tödung schädlicher Thiere des Arseniks (und Sublimats) durchaus nicht bedienen dürfen und seinen Verkauf, (doch nur in dieser leztern Rüksicht) untersagen, wodurch seiner vorsichtigen Anwendung in den Künsten nichts benommen würde; welches ich gegen Navier’s und andrer vorgeschlagne algemeine Vertilgung dieses Minerals erwähne, da der Industrie auch ein misbräuchlicher Erwerbungszweig nicht versagt werden kan.[48]
Da wir es hier vorzüglich mit der innern Arsenikvergiftung zu thun haben, welche die ausgesuchteste und dringendste Behandlung verlangt, so werde ich zuerst etwas über die Zufälle sagen, die die tödlichste Vergiftung hervorzubringen pflegt, dann derjenigen erwähnen, wo das Gift in geringerer Menge oder unter günstigern Umständen eingeschlukt worden ist, und zulezt einiges von denjenigen Uebeln erinnern, die eine kleine auf einmal genommene Gabe, die almählig fortgesezte Vergiftung mit abgebrochnen Gaben dieses Minerals oder die almählige Einschleichung desselben durch die Haut oder die Lunge zu begleiten pflegen.
§. 97. Am übelsten sind diejenigen Personen daran, die weissen Arsenik in Menge in den nüchternen oder mit hizzigen Getränken, Brantwein u. s. w. angefülten Magen geschlukt haben; die ohne[S. 49] Hülfe sind oder mit schädlichen (§. 160.) Mitteln Säuren, Opiaten, scharfen Brechmitteln, hizzigen Essenzen u. s. w. bestürmt werden, die von reizbaren Nerven, cholerischen Temperament, und troknen Fibern; die zu krampfhaften und entzündenden Leidenschaften geneigt, durch Zorn, Gram, Eifersucht, Furcht, Schrecken zerrüttet, mit scharfer Galle oder einem Uebermase leicht entzündlichen Blutes angefült oder sonst, leicht in Tod ausartenden Krankheiten, Lungensucht, andern innerlichen Eiterungen und Verhärtungen der edlern Eingeweide, Schlagflüssen, Brüchen, Kolik, Cholera, Polypen der grösern Aderstämme, innern Blut- und Schlagadergeschwülsten, Brustwassersucht u. s. w. unterworfen, oder sonst schwächlich, sehr jung oder sehr alt sind.
§. 98. Treffen diese oder ähnliche Umstände in mehrerer Zahl zusammen, so folgen die heftigsten, jezt zu erzählenden Zufälle schnell auf einander bis zum Tode nach drei bis zwanzig Stunden, welches ich die schnelltödliche oder den ersten Grad der Vergiftung nenne.
§. 99. Zuerst wird der Vergiftete mit einem kalten Schauder überfallen, der den Körper durchbebt, eine unnenbare Aengstlichkeit, eine die Brust zusammenschnürende Uebelkeit, ein kalter banger Schweis an der Stirne und algemeines Zittern der Gliedmasen wechseln unter einander ab. Hände, Füse und Nasenspizze werden todenkalt, die Augenlieder werden blau unterlaufen, während daß der niedergedrückte Puls an Härte und Geschwindigkeit zunimt.
§. 100. Nun folgen heftigere Reizzungen zum Erbrechen, die gewaltsam, aber, obgleich anfangs nicht völlig, doch nachgehends, der Zusammenschnürung des obern Magenmundes wegen, fast fruchtlos sind, besonders wenn der Magen leer von Speisen ist. Er klagt über Brennen im Halse, Schlunde und der Herzgrube, über zerreissende, brennende Empfindungen, weis sich nicht zu lassen.
§. 101. Der Arsenik wühlt und zerstört ohne den Magen zu gehörigen antiperistaltischen Bewegungen, zum ergiebigen, hülfreichen Erbrechen zu reizzen. Er hängt sich fest in die Zottenhaut des Magens, schrumpft sie, wie kochendes Wasser thut, zusammen und reizt die nahliegenden Blutgefäse zur fortschreitenden Entzündung, ohne vorher zwekmäsige Ausleerungen bewirkt zu haben. Das ganze Nervensystem erbebt, man sieht mehr beabsichtete Zerrüttungen als gedeihlige Entladungen. Die Natur scheint den überlegnen Feind alzutief zu fühlen, als daß sie Muth, daß sie Kräfte samlen solte, ihm zu widerstreben, ihn vor sich hinzutreiben, doch wagt sie es von Zeit zu Zeit in erneuerten Angriffen.
§. 102. Das fruchtlose Würgen, das Fieber, der fürchterlichste Schauder, die Angst, die innere Hizze, der unauslöschliche Durst nimt zu, der Athem wird geschwinder und heis, krampfhafter und heftiger, die glänzenden Augen treten aus ihren Höhlen hervor. Die unaussprechlichste Bangigkeit, und der brennende, zerreissende, übermannende[S. 51] Schmerz um die Herzgrube quälet mit steigender Verdoppelung.
§. 103. Anfänglich wird der Unterleib eingezogen — weiterhin aber von der um sich greifenden Entzündung des Magens, der Leber, Milz u. s. w. heis und aufgetrieben, die Reizzungen zum Erbrechen werden unwiderstehbar und unaufhörlich, das Keuchen, die trokne, lechzende Zunge, der aufgesperrte Mund suchen Labung, kühle Luft. Der Harn und Stuhlgang bleiben zurük, das Weggebrochne ist von garstiger Farbe und Geruch auch wohl mit Blute vermischt. Es folgt Schneiden und Winden in den Gedärmen, besonders um den Nabel herum. Der Kranke ist ausser sich, sieht und hört nicht recht. Sein Blick ist fürchterlich furchtsam.
§. 104. Schon sieht man die Algewalt des innerlich ohne Schonung nagenden Verwüsters in den blauen schäumenden Lippen, der geschwollenen zitternden Zunge, in den angstvollen Zügen des aufgedunsenen Gesichts, den klebrichten Schweistropfen auf der kalten Stirne, den bleifarbnen Ringen um die stieren Augen.
§. 105. Der Elende sieht sich nicht mehr ähnlich, schreit gräslich, winselt verzweiflungsvoll mit abgebrochnen, heftigen, heisern Worten Errettung, Qual, Feuer, Tödung; wälzet, wirft sich ungestüm.
§. 106. Bald aber sieht man die Empfindungskraft sinken, er wird ruhiger, die Brust hebt[S. 52] sich seltner, das Erbrechen bleibt ganz zurük[49], die schwärzlichen Lippen zittern, der Puls wird unfühlbar. Es erfolgen unbemerkt ashaft stinkende Stühle von ekelhafter Farbe.
§. 107. Der Augenstern erweitert sich, der Sterbende röchelt bewustseynlos, Verzuckungen bemächtigen sich seiner erstarrenden Glieder, und seines eiskalten Gesichts, er schnarcht hohl und schauderhaft langsamer und langsamer, und — auf einmal bleibt mit dem lezten spasmodischen Odemzug das verdrehte Auge, der aufgesperte Mund, die ganze Maschine stehn — er ist tod.
§. 108. Dies ist ein Abris des gewöhnlichsten Ganges der schnelltödlichen Arsenikvergiftung, ohne beigebrachte Hülfe. Viele Umstände verziehen und verwischen (§. 337.) zwar hie und da einige Züge dieses Gemäldes, es bleibt jedoch dem Richterauge des Arztes[50] stets unverkenlich.
§. 109. Die erste Periode (§. 99.–102.) mag wohl gewöhnlich die Hälfte der Dauer der[S. 53] Krankheit, die zweite (§. 103.–105.) drei Achtel und die dritte (§. 106., 107.) das lezte Achtel derselben einnehmen.
§. 110. Aehnliche Zufälle leiden oft die nach äuserlicher Anwendung des Arseniks auf verwundete Stellen plözlich Dahinsterbenden.[51]
§. 111. Ich komme zu dem zweiten Grade der Arsenikvergiftung, der gelindern oder durch verschiedne Umstände zögernden. Sie steht in Rüksicht der Tödlichkeit in der Mitte; die Dauer der scheinbaren sich selbst überlassenen Krankheit bis zum Tode ist mehrere Tage, und diese Zögerung bewirkt den der gerichtlichen Ausmittelung so oft im Wege stehenden Mangel des vorzufindenden Giftes, da die Ausleerungen es gröstentheils wegzuschaffen oder der Untersuchung auf andre Weise zu entziehen pflegen.
§. 112. Diese Vergiftung hat Statt bei einer über vier Gran betragenden Menge weisen Arseniks und bei verschiednen höhern Gaben Fliegenstein und Operment unter weniger ungünstigen Umständen verschlukt; als da sind, ein schlaffer unempfindlicher, mit Schleim angefülter, völlig ausgewachsener nicht ungesunder Körper, vor der Vergiftung oder zugleich mit derselben genossene Speisen, häufigere Getränke obgleich nicht von der besten Art, kältere unthätigere Leidenschaften u. s. w.
§. 113. Eine geringere Menge als fünf Gran weisser Arsenik u. s. w. unter weniger günstigen Umständen[S. 54] verschlukt, vermag das nemliche zu thun; ja nur ein bis zwei Grane können, wenn viele der beim ersten Grade (§. 97.) angezeigten Umstände zusammen treffen, eine nach verschiednen Tagen, ja noch geschwinder tödliche Vergiftung selbst bei einer Person von reiferm Alter hervorbringen.
§. 114. Alle jezt (§. 112., 113.) angezeigten Gaben Arsenik können selbst bei mäsig guten Umständen bei Kindern, Schwachen und Alten vor sich tödlich werden und dann zum ersten Grade das ist zur schnelltödlichen Vergiftung werden.
§. 115. Ich werde mich bei Beschreibung dieses zweiten Grades, seines verschiednen Ganges wegen nicht aufhalten; die Zufälle sind ihrer Natur nach denen des ersten Grades ähnlich, sie steigen nur langsamer und haben verschiedne minder heftige Episoden und eingeschobne Nachlässe.
§. 116. Die Entzündung des Magens und der nahen Theile, die Einschrumpfung und Anfressung der innern Haut des Schlundes, Magens und der Gedärme geht langweiliger, verschiedner nicht zu bestimmender Umstände halber etwas unterbrochner, obgleich oft eben so gewis vor sich, und die Eingeweide scheinen mehr durch Aezkraft des almählig aufgelösten Arseniks als durch seine Uebermenge zerstört zu werden.
§. 117. Die Angst, die Zusammenschnürung der Brust, das Würgen ist mehr absezzend, nicht so unterdrückend und plözlich übermannend, das Fieber steigend aber nicht ohne einigen Nachlas, die[S. 55] zerschneidende, fressende und feurige Empfindung im ersten Grade ist hier von Zeit zu Zeit erneuertes wühlendes Nagen, Drücken, Kolik, Kneipen. Das Gesicht geschwilt stärker — der Unterleib ist hart, es fahren Bläschen um und in dem Munde aus, wie die Schwämchen u. s. w.
§. 118. Besonders aber zeichnet sich dieser Grad durch häufigere, stinkende und blutige Stuhlgänge mit almählig überhand nehmendem Schneiden in den Gedärmen mit nur selten untermischtem Erbrechen vor dem ersten aus.
§. 119.Die tödlichen Wirkungen des Giftes in diesem Falle scheinen eben so sehr durch die Anfressung, Entzündung, Brand und Zerstörung der (besonders der dünnen) Gedärme als durch die des Magens sich hervorzuthun, wie die Leichenöfnungen beweisen;[52] beim ersten Grade aber mehr durch die des Magens, beizu durch Entzündung der Lunge, Leber, Milz und des Zwergfels. Doch scheint ein tödender Eindruk auf das ganze Empfindungssystem der Nerven bei der schnelltödlichsten Vergiftung zuweilen mehr Ursache der Lebensberaubung zu seyn als der natürliche Uebergang der Entzündung in den[S. 56] Brand die gewöhnlichste Ursache des Todes beim zweiten Grade.
§. 120. Die Kräfte des Kranken im zweiten Grade sinken almählig, das Bewustseyn aber bleibt unversehrt bis zulezt, bei dessen Verlust dann ebenfals erst die Zuckungen, als Vorläufer des Todes, entstehen, bisweilen nach einem gewaltsamen anhaltenden Schluksen, der keine Linderung annimt.
§. 121. Doch hat dieser Grad besonders für empfindliche Personen noch eine Qual mehr, (als der erste, wo der Vergiftete gleichsam mit Wuth aus dem Leben gerissen wird). Da die Zufälle hier mehr eingeschaltete Nachlässe haben, so erhalten die diese Todesart begleitenden Leidenschaften freiern Spielraum, die Seele zu bestürmen. Bei übelgeführtem Lebenswandel oder bei Selbstvergiftung Reue, Verzweiflung — bei empfangnem, Rachsucht, Gram, Abscheu, Verachtung, Verdrus über verworren zurükzulassendes Hauswesen und Amt, kummervoller Abschied von geliebten Gegenständen — lebhafteres Bewustseyn und unbetäubtes Gefühl almählig steigender, unbezwinglicher Schmerzen, niederdrückende Unerreichbarkeit der Rettungsmittel — der Anblik des tückisch heranschleichenden Todes — alles reist die Qual des Unglüklichen zur furchtbarsten Höhe empor und ergänzt nur alzuoft, was dem Gifte etwa an Tödlichkeit abgieng.
§. 122.Uebrigens sterben diese Kranken an einem Gemische von Brand und Zerstörung der zur[S. 57] Nahrung unentbehrlichen Eingeweide des Unterleibes, zugleich an Entzündung der Lunge (da das konvulsivische Erbrechen und Würgen das Zwergfell heftig zusammenschnürt und so die Brusthöhle verengert, daß die durch den Reiz in jähen Lauf gesezte, zur Entzündung schon vorbereitete Blutmasse ohne Stockung und Entzündung zu erregen sich durch die zusammengepresten Lungen nicht hindurchdrängen kan) an Entzündung der Leber, der Milz, der Harnblase, der Nieren u. s. w. an Mangel der Kräfte (durch Schmerzen erschöpft) und an einem algemeinen Fieber, anfänglich entzündlicher, dann gallichter, zulezt schleichender und fäulichter Art, ohne den möglichen Beitritt andrer prädisponirten Krankheiten mit in Anschlag zu bringen.
§. 123. Geht durch mäsig gute Behandlung bei einer starken, oder durch eine leidliche bei einer geringern Arsenikvergiftung der erste heftigste Sturm vorüber, das ist, erfolgt zwar häufiges Erbrechen (vielleicht bei Zögerung des Durchlaufs; oder häufiger Durchlauf ohne zwekmäsiges Erbrechen, u. d. g.) doch ohne völlige Ausleerung des Gifts, so greift das übriggebliebne[53] die Nerven an, und[S. 58] bringt die Krankheit bald aus dem ersten durch den zweiten Grad in den dritten über, man sieht, daß nicht der Tod, sondern chronische Uebel erfolgen wollen. Absezzender, oft wiederkehrender Krampf[54] in den Gliedern besonders in den Füsen[55] gesellet sich zu erneuerten Fieberanfällen, mit Kolikschmerzen, krampfhaftem Einziehn des Unterleibes, Kopfweh,[S. 59] Hizze, Durst untermischt, vorzüglich wenn man blos verdünnende und schweistreibende Mittel zu brauchen fortfährt.
§. 124. Nach einem der neuen Fieberanfälle, wobei Brechen und Durchlauf sich noch oft erneuert, sucht die Natur die schädlichen Theile ernstlich auf die Gliedmasen zu werfen, sie werden krumm gezogen,[56] so daß sie der Kranke nicht ausstrecken kan, wenigstens die unteren nicht. Unterläst man auch hier noch die ausleerenden Gift zerstörenden Mittel und bedient sich dagegen ferner der schweistreibenden, so erneuern sich die unordentlichen Fieberanfälle, der Puls wird absezzend, die Augen werden blödsichtig (wohl gar steif) und gelb, der Mund wird bitter, der Kopfschmerz und die Herzensangst ist unerträglich, und in die zusammengezognen Muskeln dringt ein brennend jückender Schmerz, der dem gichtartigen nahe kömt, ohne Erleichterung der übrigen Symptome.
§. 125. Sezt man, wie gewöhnlich, die diaphoretischen Mittel fort, so erfolgt nicht selten bei einem erneuerten sehr heftigen Fieberanfalle ein Frieselausschlag, zuweilen über den ganzen Körper, die Bläschen fliesen nicht selten zusammen und enthalten ein höchst fressendes Wasser. Zuweilen endet sich durch diese Krisis die ganze Krankheit,[57] öfterer[S. 61] aber nicht, wenn das Uebel von höherer Art, und die Reste des Gifts alzu beträchtlich sind. In lezterm Falle wird durch diesen Ausschlag die Kontraktur in Lähmung verwandelt, die gichtartigen Schmerzen bleiben, der Ausschlag vertroknet und die Oberhaut schält sich ab.
§. 126. Auf dieses Abschälen bleibt gröstentheils eine äussere beim Anrühren schmerzhafte Empfindlichkeit der Haut zurük. Die Gliedmasen, vorzüglich die Füse schwellen an. Die unordentlichen Fieberanfälle dauern demungeachtet fort mit Magendrücken, Kolik, u. s. w. Bei einem der heftigsten Paroxysmen entstehen nicht selten unter Angst, Herzklopfen u. d. g. heftige Biegungen des Körpers und Konvulsionen (eclampsia des Sauvages) mit völligem Bewustseyn.
§. 127. Lassen die Beschwerden durch Gebrauch guter Mittel etwas nach, so erfolgt in der Besserung zuerst die Wilkührlichkeit der Bewegung[58], aber anfänglich ohne Nachdruk oder Festigkeit im Zusammenziehn der Muskeln, d. i. der Einflus des Nervengeistes begint eher, als die Reizbarkeit der Muskelfieber völlig zu Stande kömt.
§. 128. Im Falle aber, daß ein geschikter Arzt dem Vergifteten zu einer Zeit zu Hülfe kömt (im ersten oder zweiten Grade) wenn der Arsenik schon wichtige örtliche Zerstörungen in den ersten Wegen, Ablösung der Zottenhaut, eiternde Entzündung der darunter liegenden Gefäshaut u. d. g. angerichtet hat, so wird, wenn er durch zwekmäsige Ausleerungen die Reste des Arseniks rein abgeführt hat, zwar wenig oder nichts von den (§. 123.–126.) Zufällen des Uebergangs desselben in die zweiten Wege erfolgen, aber die Krankheit wird demungeachtet in ein schleichendes oft nach langer[59] Zeit tödliches Fieber ausarten.
§. 129. Verfall der Kräfte, kachektisches Ansehn, unordentliche Fieberschauder, Magendrücken nach dem Genusse irgend eines selbst leichten Nahrungsmittels, Erbrechen gleich nach der Mahlzeit, bittrer, unangenehmer Geschmak im Munde, Kopfschmerzen, Trokenheit der Oberhaut, Brennen in der flachen Hand, gilbliche Augen, schmerzhafter, unordentlicher Stuhlgang, Unruhe, Niedergeschlagenheit,[S. 63] Geschwulst, Nachtschweise sind die gewöhnlichen Begleiter abgefallener Krusten und Eiterstellen der ersten Wege, die vorzüglich um den Pförtner herum ihren Siz haben, auch wohl um den obern Magenmund, im Boden dieses Eingeweides, seltner in den Krümmungen der Gedärme.
§. 130. Gehn die schwärenden Flecken nicht tief, war der Körper vorher gesund und voller Kräfte und ist die Heilungsbehandlung rechter Art, so werden zuweilen[60] solche Geschwüre völlig geheilt und die Gesundheit kehrt wieder zurük; doch ist dieser Fall deshalb noch selten genug, da diese günstigen Umstände sich selten vereinigen.
§. 131. Diese Zerstörung der innern Haut der ersten Wege trift nicht nur bei der eigentlichen meuchelmörderischen oder der melancholischen Selbstvergiftung ein, sondern auch bei dem innerlichen sorglosen Arzneigebrauche dieses Giftes. Die von[S. 64] schleichendem Arsenikgifte bewirkten Zufälle können wir in der tödlichen Krankengeschichte einiger Päbste und hohen Fürsten nachsehn, sie sind ein almähliges Absterben ohne heftige und schnelle Symptomen ein namloses Uebelbefinden, Verfall der Kräfte, kleine unmerkliche unordentliche Fieberanfälle, Schlaflosigkeit, Widerwillen gegen Speise und Trank und alles Angenehme des Lebens, erdfahles Ansehn, u. d. g. Die Szene beschliest, Wassersucht, schwärzlicher Frieselausschlag, Eklampsie, oder kräfteschmelzender Schweis und Durchlauf. Der fortgesezte innerliche Arzneigebrauch arsenikalischer Mittel wirkt ähnlich.
§. 132. Obgleich Operment und seine Nebengattungen nur gröstentheils in gröserer Gabe tödlich werden und fast stets nur eine Vergiftung des zweiten Grades, zuweilen des dritten Grades verursachen, so bestimt uns doch ihre Schädlichkeit, sie unter den Arsenikgiften mit abzuhandeln. Es giebt keinen Zufall der übrigen Arsenikvergiftungen, der nicht durch diese, ob gleich mildern, Gifte veranlast und hervorgebracht worden wäre, wie eine Menge Beispiele[61] bezeugen. Die Zerstörung der innern[S. 65] Häute der ersten Wege, so wie die Symptomen des Uebergangs dieses Giftes in die zweiten Wege, Kontraktur, Lähmung,[62] Arsenikfriesel, Konvulsionen u. d. g. sind ihnen nicht weniger wie dem Fliegenstein und dem weissen Arsenik eigen.
§. 133. Die Zufälle des äusserlichen Gebrauchs[63] auf der unversehrten Haut,[64] wie die ebendesselben auf wunde oder eiternde Stellen der äusserlichen Theile sind völlig mit denen eins, die auf innere Vergiftungen folgen, keinen ausgenommen.[65] Nur sind die chronischen Arsenikzufälle seltner, und wenn der Tod erfolgt, kömt er sehr schnell, wie beim ersten Grade, fast nie wie beim zweiten. Im ersten Falle ist eine Einsaugung des Giftes in die Säftmasse, im lezten ein algemeiner Eindruk auf das Empfindungssystem sichtbar.
§. 134. Die jählinge Einathmung einer Menge Arsenikstaubs oder Rauchs[66] ist gewöhnlich von den heftigsten und reisendsten Symptomen begleitet;[67] die almähliche Einsaugung beider aber von höchstbeschwerlichen und langwierigen, von etwas verschiedner Natur. Bei lezterer ist die Ausdörrung aller schmeidigen Säfte des Körpers, Lungensucht, Zittern, Kontraktur und Lähmung[68] am sichtbarsten.
§. 135. Von lezterer Art sind die Zufälle der mit Bereitung des Weiskupfers[69] mit dem Farbsieben[70] in Blaufarbenwerken, der daselbst bei den Rostöfen[71] und bei der Verpakung und Pülverung dieses Giftes beschäftigten, der Arbeiter beim Fegen der Giftfänge,[S. 68] der Bergleute[72] in arsenikreichen Gruben, derer die mit[73] Pochen, Scheiden und Aushalten solcher Erze sich beschäftigen und der Mahlern[74][S. 69] und Farbenreiber,[75] die mit Rauschgelb und Operment umgehn, so wie überhaupt aller Personen in deren Gewerbe dieses Gift vorkömt. Alle ziehn durch Einathmen, durch Verschlucken des mit Giftstaub gemischten Speichels und durch die einsaugenden Oefnungen der Haut ihre Krankheit oder ihren Tod ein.
Hätte es keinen Nuzzen in der ausübenden Heilkunde, die eigentliche Wirkungsart der Gifte auf den menschlichen Körper erforscht zu haben, so unternähme ich es nicht, das geringste von der Wirkungsart des Arseniks zu erwähnen, da es schwer ist über dunkle Sachen richtig zu urtheilen, und schiefe Theorie die Ausübung selbst zu verziehen pflegt. Deshalb werde ich lieber weniger sagen und nichts für wahrscheinlich ausgeben, was nicht auf mehrere übereinstimmende Thatsachen sich gründet. (Etwas hieher Gehöriges ist schon in einige der vorhergehenden[S. 70] Paragraphen eingeflossen.) Auf der andern Seite muste ich etwas Bestimtes von seiner Wirkungsart sagen, um mir den Uebergang zum Heilungsverfahren zu bahnen, und lezteres auf jene stüzzen zu können. Der Arsenik hat äussere oder mechanische und chemische oder innere spezifische Eigenschaften.
§. 137. Die mechanischen sind, wenn das Gift Pulver ist, seine Schwere und seine hierauf beruhende grösere Anhänglichkeit an feste Körper. Je schwerer (§. 8., 17., 25., 31., 35.) eine Arsenikart ist, desto fester legt sie sich an die Wände der Eingeweide an, und deshalb würde weisser Arsenik viel schwerer aus dem Körper zu bringen seyn, als Operment, wenn er nicht zugleich leztern so sehr an Auflöslichkeit überträfe. Deshalb verhält sich die Schädlichkeit der Arseniksorten unter einander, wie die spezifische Schwere einer jeden mit ihrer Auflöslichkeit multiplizirt.[76] Die Eigenschaft dieser Pulver, mit Flüssigkeiten gemischt, sich in Klümpchen zu samlen, und als solche theils zu Boden zu gehn, theils sich auf der Oberfläche zu vereinigen und an den Rand des Gefäses zu hängen, beruht eben hierauf. Vermöge dieser Eigenschaft und der Schwere ist es begreiflich, woher es komme, daß man bei Arsenikvergiftungen, die mit Pulver geschehen sind, immer nur einzelne umschriebne Stellen[S. 71] der innern Magenhäute so entsezlich angegriffen siehet, wo nemlich das Arsenikpulver, in Klümpchen vereinigt, sich tief und fest in die Zottenhaut einhieng und so unter sich an einer Stelle fras.
§. 138. Was die chemische, innere spezifische Eigenschaft zu wirken anlangt, so komme man von der in der Praxis so schädlichen Hypothese zurük, der Arsenik wirke so giftig, vermöge seiner kleinen scharfspizzigen Theilchen, wie Mead[77] und andre annahmen. Wäre dies, so könte gestosnes Glas in seiner Wirkungsart auf den Magen und die ganze thierische Maschine von der des Arseniks nicht im mindesten abweichen, wovon wir doch das Gegentheil sehen. Und wer hat durch die wirksamsten Vergrösrungsgläser wohl je in der Arsenikauflösung dergleichen Spieschen wahrgenommen?
§. 139. Man kan die innere chemische Kraft des Arseniks in zwei Theile theilen, in die reizzende und die einschrumpfende. Selten agirt eine dieser beiden Eigenschaften allein, gewöhnlich wirken sie gemeinschaftlich. Es giebt verschiedne Gegenstände der Wirkung dieser zusammengesezten Kraft. Auf der Faser, auf der das Gift angebracht wird, wirkt es Entzündung durch seine reizzende, und Tödung durch seine einschrumpfende Kraft. Wird es eingesogen, so wirkt es vorzüglich auf die Nerven, die die Muskeln in Bewegung sezzen. So entstehen Kontraktur, Lähmung und ein feurig stechender[S. 72] Schmerz (den man gichtartig zu nennen pflegt), Zittern u. s. w. in dem angegriffenen Theile. Reizzende und einschrumpfende Kräfte zugleich scheint es in diesen Fällen auf den Geist der Nerven des angegriffenen Theils selbst zu äussern. Wirkt dies Gift, wie es zuweilen geschieht, auszeichnend und besonders auf die Empfindungsnerven, so entsteht unerträglicher Kopfschmerz,[78] Schwindel,[79] Dumheit und Verdunkelung oder Verlust der innern und äussern Sinne.[80]
§. 140. Wenn äusserlich aufgelegter oder verschluckter Arsenik jählinges Sinken der Kräfte, Angst, Konvulsionen und Tod hervorbringt, ohne daß man beträchtliche, örtliche Zerstörungen wahrnehmen kan, soll man hier nicht berechtigt seyn, zu schliessen, daß er seine verderblichen Kräfte auf das algemeine Lebens- und Empfindungsprinzipium des Körpers jähling verbreitet habe;[81] Wie dies geschehe, weis[S. 73] ich nicht, daß ist, so wenig, als wie der kalte Brand eines einzelnen Theils den Tod des Ganzen nach sich zieht, wie das Viperngift, der tolle Hundsbis, und die epidemischen Ansteckungen einen so spezifischen, jählingen und algemeinen Eindruk auf den Körper machen, warum Queksilber auf die Speicheldrüsen wirkt u. s w.
§. 141. Scheint in diesen Fällen der Arsenik den Nervengeist, so zu sagen, zu töden und zu unterdrücken, so finden sich auch Fälle wo er auf die Muskelfaser etwas Aehnliches wirkt. Man hat Beispiele, wo auf Verschluckung des Arseniks kein[82][S. 74] Erbrechen, und dennoch baldiger Tod erfolgt ist, und Fälle, wo die beim Leben veranstaltete Oefnung eines damit vergifteten Thieres bewies, daß alle Irritabilität[83] der Magenmuskeln durch dieses Gift völlig erstorben war, während die übrigen Theile die ihrige noch völlig hatten.
§. 142. Ob diese durch Arsenik getödete Irritabilität eine eigne unmittelbare Wirkung dieses Gifts oder eine nach alzuheftiger Anstrengung der Magenmuskeln erfolgte Atonie sei, kan ich nicht genau entscheiden, da solche Fälle, ihrer Seltenheit wegen, mir nicht[84] zu Gesichte gekommen sind, eben so wenig kan ich genau sagen, ob die auf eingesognen Arsenik gewöhnlich entstehende Lähmung stets nur, wie oft eine Folge von überspanter Anstrengung der Muskeln der Gliedmasen[85] (Kontraktur), eine Atonie sei, oder ob leztere zuweilen durch eine unmittelbar vom Arsenik bewirkte Ertödung der Irritabilität erzeugt werde, wie einige Fälle zu verstehn geben.
§. 143. Soviel ist indessen gewis, daß wenn auch kein Brechen oder nur ein spätes oder geringes[S. 75] erfolgt, dennoch fast stets Entzündung im Magen angetroffen worden ist, wie ich selbst bemerkt habe. Im Falle aber der tödliche Eindruk des Giftes sehr plözlich das ganze Empfindungssystem unterdrükt, können Fälle vorkommen, wo keine örtlichen Zerstörungen, der kurzen Zeit bis zum Tode wegen, möglich waren,[86] oder wo die algemein entstandne Empfindungslosigkeit eine merkliche Entzündung unmöglich macht, da Empfindung und Reaktion ein unentbehrliches Ingredienz der Giftentzündungen sind.
§. 144. Das algemeine Zittern scheint ein die Irritabilität krampfhaft erregender Reiz des Arseniks gegen die halberschlafte und gelähmte Muskelfiber[S. 76] zu seyn, ein Mittelding zwischen Kontraktur und Lähmung, welches gewöhnlich chronisch ist. Der brennende Schmerz in den Gliedmasen, den man mit dem gichtartigen Reissen einigermasen vergleichen kan, und der ein Gefährte des arsenikalischen Zitterns, noch mehr aber der Arseniklähmung ist, scheint aus der Absezzung feiner Gifttheilchen auf die Nervenscheiden und in dem Zellgewebe des Periostiums am füglichsten hergeleitet werden zu können.
§. 145. Daß Arsenik in unserm Körper nicht genau auf einerlei Art bei einem wie bei dem andern wirkt, liegt nicht sowohl an der Natur des Giftes, als vielmehr an der Empfänglichkeit des Körpers, Neigung zur Entzündung, und zur Erschlaffung, an mehr oder weniger empfindlichen oder reizbaren Fasern und Nerven und einer Menge andrer Umstände. Hieraus ist begreiflich, daß man bei dem einen mehr, beim andern weniger Entzündung, bei dem einen mehr tief eingefressene, beim andern mehr leicht abgezogne Stellen der innern Haut des Magens, bei dem einen mehr, beim andern weniger Erbrechen, hier mehr harten und vollen, dort mehr niedergedrükten Puls u. s. w. antrift.
§. 146. Die reizzende und die einschrumpfende Kraft des Arseniks wirken fast stets zusammen, doch bald jene, bald diese mehr. Beide Wirkungen zusammen sind die Ursache der entstehenden Entzündung; die einschrumpfende aber erweist sich vorzüglich darin thätig, daß sie die Stelle, auf der der Arsenik unmittelbar angebracht wird, theils wie kochendes[S. 77] Wasser zusammenzieht und die nächste Haut in Blasen und Schwielen erhebt, theils auch beim tiefern Eindringen zum unempfindlichen abgestorbnen Schorfe frist. So wirkt er auf der Haut des äussern Körpers und eben so auf die Häute des Magens und der Gedärme.
§. 147. Wird die in Blasen erhobne Stelle der Zottenhaut durch den Andrang der Säfte und die konvulsivische Bewegung des Magens zerquetscht, so werden zugleich die kleinen Blutgefäse des drunter liegenden dritten Zellgewebes als des eigentlichen Sizzes[87] der gewöhnlichen Magenentzündungen geöfnet, sie schwizzen Blut aus, das durch Erbrechen oder bei der Leichenöfnung sich zeigt. Wirkt das Gift auf der entblösten Stelle länger, so dringt die örtliche Entzündung tiefer, und die Magensubstanz wird, der aufgetriebnen Gefäse wegen, an diesem Orte stärker;[88] und eben so tief geht der Brand, wenn die Entzündung ihren Gipfel erreicht hat. Zur Entstehung dieser Brandkruste mag die einschrumpfende Kraft des Arseniks nicht wenig beitragen.
§. 148. Dieser einschrumpfende Reiz scheint die nach Einsaugung des Arseniks in die Säftmasse[S. 78] gewöhnlich an den Gliedmasen sichtliche Kontraktur oder Anstrammung der Muskelfibern zu erzeugen, so wie er die krampfhafte Zusammenziehung des Magens und der Gedärme bei innerer Vergiftung zu wege bringt, die sehr von eigentlicher peristaltischer und antiperistaltischer Bewegung, das ist sehr von Erbrechen und Bewegung zum Stuhlgange verschieden zu seyn scheint.
§. 149. Die zusammenschrumpfende Kraft des Arseniks äussert sich auch durch mehrere Phänomenen; Gewöhnlich findet man nach dieser Vergiftung den obern Magenmund und den Pförtner dergestalt zusammengeschnürt, daß nicht die mindeste Luft hindurch dringen kan. Man bemerkt ferner bei solchen Unglüklichen den Schlund[89] oft wie verengert, die Brust (das Zwergfell?) bänglich zusammen gezogen, die Bauchmuskeln schnüren den Unterleib ein,[90] fast alle Schliesmuskel besonders die des Afters[91] und der Harnblase[92] sind wie[S. 79] verschlossen, und die Mündung der Gallgänge in den Zwölffingerdarm ist oft dergestalt verengert, daß keine Galle[93] herüber geprest werden kan. Auch hat man den Magen nach Arsenik zuweilen ganz verengert gefunden.
§. 150. Diese konstriktorische Kraft mit der die Irritabilität tödenden verbunden, erklärt, warum der Arsenik im Magen mehr eine unregelmäsige Konvulsion, als eine gewöhnliche peristaltische oder antiperistaltische Bewegung, mehr ein bängliches fruchtloses Würgen, als ein ergiebiges Erbrechen erregt, eine Eigenschaft, die seine Verschlukung eben so gefährlich macht, vorzüglich wenn er nur spätes oder wohl gar kein Erbrechen, aus diesen Ursachen, bewirkt.
§. 151. Am meisten hat man diese der Heilung so widrige Erscheinung von dem Arsenik im Pulver, wo er nur die einzelnen Stellen[94] seiner Berührung verwüstet, nicht so sehr aber von seiner Auflösung zu befürchten. Deshalb kan bei Ermangelung der Ausleerungen Operment und Fliegenstein[95] eben so schädlich und tödlich, als weisser Arsenik werden. Erstere machen bei Vergiftungen einschläfernde Ruhepunkte, man solte während dieser[S. 80] Pausen glauben, alles Gift sei verschwunden. Aber es sind gefährliche Windstillen vor dem Orkan, Waffenstillstand im Hinterhalte lauernder Meuchelwuth.
§. 152. Die dem weissen Arsenik ähnliche Kraft der starken Mineralsäuren, die Haut bei der Berührung wie zu verbrennen, die Faser zusammenzuziehn, sie zugleich zu reizzen, einzuschrumpfen und zu töden, scheint uns zu der Behauptung zu berechtigen, daß jene metallische Säure just so wie leztere diese Erscheinungen durch heftige Anziehung des Brenbaren[96] äussere; besonders da der Arsenik so wie die Mineralsäuren im verdünten Zustande ihre entzündende Kraft verlieren, und blos die konstriktorische behalten, welche der Arsenik dann im höchsten Grade zu besizzen scheint.
§. 153. Gewöhnlich[97] findet man nach einer schnelltödlichen Arsenikvergiftung das Blut in den grösern Gefäsen schwärzlich, aufgelöst; (die linke Herzkammer blutleer, das Herz gröstentheils schlaff); ich wage nicht die Ursache hiervon aufzusuchen, sie müste denn in Hewsons Theorie liegen[S. 81] (nach welcher Entzündungen das Blut nicht verdicken, sondern auflösen). Personen, die am Brande sterben, und von dieser Art ist die grösere Zahl der Arsenikvergifteten, haben ein ähnlich aufgelöstes Blut in ihren Gefäsen.
§. 154. Seine Wirkungsart auf die freie Faser in äusserlichen Wunden bestätigt einen Theil seiner vorhin angeführten Aeusserungen im Magen. Arsenik in Auflösung, auf empfindliche Stellen einer Wunde angebracht, verursacht bei ihrer Berührung eine peinliche, feurige, fressend einschrumpfende Empfindung, er entzündet sie, doch gröstentheils nur im Umfange seiner Auflegung, und zieht das Entzündete zum troknen Schurfe zusammen, der dann weiter keiner Empfindung fähig ist und sich nach einigen Tagen absondert.
§. 155. Wird er als Pulver in kleiner Menge aufgelegt, wie ich in einer krebshaften Brust von einem Winkelarzte thun sahe, so breitet sich die Entzündung besonders unter sich in die Tiefe aus, der Schmerz ist peinlicher, hält oft zwanzig und mehre Stunden an, und der erzeugte Schurf ist dicker. Unter dem abgehenden Schurfe ist gewöhnlich gesundes Fleisch.
§. 156. Wird er in gröserer Menge auf entblöste Stellen gebracht, so bringt er nächst der tödlichen,[98] die Lebenskraft unterdrückenden, Einwirkung[S. 82] auf das Empfindungssystem, örtlichen Brand zu wege.[99]
§. 157. Auf die mit ihrem Oberhäutchen umkleidete Haut in Pulver angebracht zieht er in kurzer Zeit Blasen, unter denen die Haut entzündet ist.
Die Heilung — oder die Erreichung der von den drei Graden der Arsenikvergiftung angezeigten Endzwecke hat man auf ganz verschiednen Wegen gesucht, wovon einige widrig, einige gleichgültig, einige dienlich aber unzulänglich, einige aber genugthuend und völlig befriedigend sind.
§. 159. Ich werde die ersten drei Klassen blos in Rüksicht des ersten Grades der Arsenikvergiftung aufführen, da man für die übrigen beiden Grade bisher noch weniger Hülfsmittel aufzusuchen sich bemüht hat.
§. 160. Die erste Klasse der gewöhnlich, besonders vom gemeinen Mann, angewendeten Mittel,[S. 83] ist die der schädlichen und zweckwidrigen. Und hier treffen wir eine unabsehbare Menge an, da der geringe Haufe stets nur aus Linderung der handgreiflichsten Symptome, nicht aber auf Entfernung des Urstofs und der Grundursache der Krankheiten sieht. Die über solche Vergiftungen vorhandnen Criminalakten, einige Schriften über die gerichtliche Arzneikunde, verschiedne Beobachtungsbücher der Aerzte und einige Vorfälle bei meiner Praxis haben mir folgendes Verzeichnis geliefert.
1.) | Der Kranke mus wohl Aergernis oder andre Alterazion gehabt haben, also niederschlagende Pulver giebt man ihm, nach hergebrachtem Wahn. Sie wirken nichts, vermehren vielmehr den fremden Urstof im Magen, da sie gröstentheils kalkartig oder sonst unauflöslich sind. |
2.) | Er hat Hizze, er mus schwizzen. Hier werden alle Arten erhizzender Mittel zur Hand genommen, die denn auch gewöhnlich ihres tödlichen Endzweks nicht verfehlen. Schwefelbalsam, feurige Essenzen und Brantweine,[100] Hirschhornöl, Wachholdersaft u. s. w. Beschleunigte Entzündung und Brand sind die gewöhnlichen und gewissesten Resultate ihres Gebrauchs. |
3.) |
Er hat Gift bekommen, also sogenante Gifttreibende Mittel (die
eigentlich gegen Ansteckungsgifte[S. 84] von den Alten ersonnen wurden)
Bezoarpulver, Siegelerde, Korallen- Edelstein-[101] Ruhepulver,
Orvietanum, Philonium, Mithridat, Theriak, Alexipharmaka u. s. w.
Wie erdichte Pulver unnüz und schädlich sind, sieht man ohne mein
Zuthun, aber Opiate sind noch unendlich schädlicher als selbst
Brantwein und die übrigen elenden Mittel bei schnelltödlicher
Arsenikvergiftung.
Man kan sie zwar als die algemeine Zuflucht des Aberwizzes niedriger Leute ansehn bei jedem bedenklichen und heftigen Zufalle, aber hier sind sie ein dreifaches Gift. Die geringste Gabe Arsenik wird durch sie in den robustesten Körpern gefährlich oder tödlich. Sie beschleunigen durch die reizzende und hizzige Kraft ihrer Beimischungen die ohnehin so furchtbare Entzündung der Eingeweide noch weit mehr. Mohnsaftmittel drücken die Lebenskräfte nieder, betäuben das Bewustseyn und stopfen zugleich die heilsamen Entladungen der Natur, in dem sie die Empfindlichkeit der Magen- und Darmhäute und die Reizbarkeit[102] ihrer Muskelfasern abstümpfen, und so die ohnehin so furchtbare Irritabilität-tödende[S. 85] Eigenschaft (§. 141.) des Arseniks erhöhen und beschleunigen helfen. Man sieht auch aus einer Reihe von Beispielen,[103] wie sehr die Heilung des ersten und zweiten Grades der Arsenikvergiftung durch diese so schädlichen und mörderischen Mittel gehindert worden ist, wie eine kleine Vergiftung durch sie oft tödlich oder doch langwierig[104] und fast unheilbar ward. |
4.) | Er mus sich den Magen verdorben haben, also bittre Brantweine, hizzige Magenpflaster. |
5.) | Er hat Kolik, hat sich wohl erkältet, man decke ihn (mit vielen schweren Betten) warm zu, heizze brav ein, gebe ihm glühenden Wein, Ingberbier, Kümmelbrantwein und einen[S. 86] Wärmstein. Wie schädlich alles Erhizzende in diesem Falle sei, wird man schon aus Obigem ersehen haben. |
6.) | Er hat sich verbrochen und Verdrus gethan, man streiche ihn, ziehe ihn über’s Knie, sezze ihm ein Glas auf den Nabel, wenigstens verstreicht die kostbare Zeit unter solchen nichtigen Dingen. |
7.) | Er bricht alles wieder weg — man gebe ihm ein hartgesottenes Ei und ja nichts mehr zu trinken, damit er nicht mehr breche. Zeigten’s nicht Beispiele, man mögte diesen Unsinn für unmöglich halten. |
8.) |
Er mus sich überessen haben, man gebe ihm Pillen. Aloe,
Jalapharz, Skamonium, Safran sind die gewöhnlichen Ingredienzen
dieser entzündenden, reizzenden, auch in gesunden Tagen nicht
unschädlichen Mittel.
Auch alle andere weniger hizzigen Abführemittel sind im Anfange der Vergiftung schädlich. Sie führen das Gift (ganz wider die Absicht) in den so leicht entzündlichen,[105] so vielfach gekrümten,[S. 87] so langen Darmkanal, wo man mit wegspülenden Flüssigkeiten fast nicht mehr zu Hülfe kommen kan, und lassen doch noch immer so viel davon in dem (durch ihren Reiz noch mehr entzündeten) Magen zurük, als zur Tödung hinreicht. Was einmal den Pförtner passirt ist, wird nun nicht mehr durch den leichtern Weg des Erbrechens ausgeführt. — |
9.) | Es kömt ein Bader hinzu und denkt weislich, das Gift durch Erbrechen fortzuschaffen. Also (was ihm immer anschlug) drei bis fünf Gran Brechweinstein und etliche Mal so viel Brechwurz, in Pulver. |
§. 161. Die bekanten gewöhnlichen Brechmittel leeren zwar, vorzüglich in flüssiger Form, weit gewisser und nachdrüklicher aus, als die gröste Gabe Arseniks, vermögen aber kaum den geringsten Theil des in den feinen Zotten der Magenhaut so hartnäckig klebenden und einhängenden Giftpulvers (weissen Arseniks vornemlich)[106] loszupressen, vielweniger durch den Schlund herauszuschaffen. Sie reizzen selbst nicht wenig,[107] und vermehren[S. 88] so den Andrang des Blutes nach diesen Theilen noch mehr, vorzüglich aber ziehen sie den Schleim hinweg, der die Wände des Magens (im natürlichen Zustande) so wohlthätig überzieht, und stellen so die empfindlichen nun freier liegenden Fasern der Wuth des Giftes nur desto gewisser blos; ja ich behaupte, daß sie eine Beihülfe und Unterstüzzung dieses fressenden Giftes genannt zu werden verdienen, und kan, aus Erfahrung, die nakten starken Brechmittel nicht eifrig genug widerrathen.
§. 162. Ich nehme nun die gleichgültig scheinenden Mittel vor, die, durch Versplitterung der zur Hülfe so nöthigen, so kurzen Zeit, wie durch andre minder in die Augen fallende Nachtheile gefährlich werden.
1.) | Thee; ist er heis, so schadet er durch Erhizzung; ist er lau, so schadet er wie laues Wasser. Er besizt über dies noch einige brechenstillende Kraft und wird hiedurch zweideutig. |
2.) | Laues Wasser. Es spület den die innere Haut der ersten Wege beschüzzenden Schleim ab, und bringt ihn durch das folgende Erbrechen heraus, ohne etwas ähnliches an seine Stelle zu sezzen. Es löset zwar auf der andern Seite etwas Arsenik, vorzüglich weissen auf, diese Auflösung aber hindert es nicht, als verdüntes Gift fort zu wirken. Diese Arsenikauflösung geht, mit Nachtheil (§. 161. 8.), viel leichter durch den Pförtner über, als gepülverter Arsenik. Laues Wasser bringt zwar anfänglich ein viel leichteres Erbrechen zuwege, als der Reiz des Gifts vermag, erschlafft aber bei fortgeseztem Gebrauche die Spannkraft der Magenmuskeln ungemein, ohne sie fernerhin zu kräftigen Ausladungen bewegen zu können. So bleibt denn bald alles fernere Erbrechen, wegen Atonie und Erschlaffung dieses Eingeweides zurük, wozu die Irritabilität tödende Kraft des Arseniks (§. 147.) das ihrige beiträgt. Dies unschädlich scheinende Mittel bleibt also in vielfacher Rüksicht nachtheilig, auch deshalb, da es als ein schweistreibendes Mittel wirkt und nicht selten[108] den Arsenik in die zweiten Wege überführt. |
3.) | Essig. Man glaubte sonst, Essig widerstehe jedem Gifte. So oft dies auch bei betäubenden Gewächsgiften wahr seyn mag und so gewis er [S. 90]so gar bei einigen metallischen, besonders den Bleikalken (seltner bei Spiesglanzglas und Grünspan) gute Dienste thut, so weis man doch, daß alle durch Reiz entzündende Pflanzengifte (Purgierharze, Euphorbium u. s. w.) durch Essig nicht gemildert werden, und daß andre durch mechanischen (Glas) oder chemischen (Sublimat) Reiz entzündenden Körper in ihrer Wirkung durch ihn nicht nur nicht aufgehalten werden, sondern sogar Beihülfe erlangen. Am meisten scheint dies beim Arsenik der Fall zu seyn, der durch jede saure Auflösung Brenbares verliert und dann um so viel äzzender wird, dergestalt daß Fr. Hoffman[109] das Gift, womit die Einwohner von Bantam ihre Pfeile vergiften, für in Limoniensafte aufgelösten Arsenik hält. |
§. 163. Aus dieser Ursache wundre ich mich, wie Stenzel,[110] nebst andern,[111] Säuren überhaupt und Sage[112] Essig und Limoniensaft gegen verschlukten Arsenik anpreisen können, wiewohl ich die Kraft des leztern gegen die schleichende Vergiftung mit Aqua toffana[113] (die nächst Arsenik[S. 91] wohl ein narkotisches Gift enthält) nicht leugnen will, am wenigsten da ihn Keysler,[114] Wepfer[115] und Lebret[116] in diesem Falle gut gefunden haben.
§. 164. Die dritte Klasse, der bisher üblichen Mittel, ist die der dienlichen, doch oft unzulänglichen. Sie sind lindernd aber unspezifisch, blos gegen Reiz (überhaupt) gerichtet.
1.) | Die Milch stehet oben an, da sie am häufigsten dagegen gebraucht wird, und ein leicht zu habendes Hausmittel ist. So hülfreich sie im zweiten und so unentbehrlich sie im dritten Grade der Arsenikvergiftung ist, so wenig zulänglich ist sie jedoch in einer starken Vergiftung des ersten Grades. Sie beschüzt in diesem Falle die innere Magenhaut zu wenig und löset den Arsenik noch langsamer den bloses Wasser auf. Ist sie abgesahnt (ohne Rahm) so hilft sie noch weniger, mehr noch die frischgemolkene oder mit Sahne vermischte. Es ist so wenig in ihr als in den jezt folgenden Mitteln das Geringste spezifisch gegen Arsenik Wirksame. |
2.) | Oele scheinen, wenn sie in Menge zu haben sind, noch etwas hülfreicher, besonders gleich nach Verschluckung unsers Giftes zu seyn. Sie nehmen, wenn keine Feuchtigkeit im Magen vorhanden ist (ein seltner Fall) eine Menge feinen vorzüglich troknen Arsenikpulvers beim Erbrechen mit, und verhindern auf einige Zeit die Auflösung des Zurükgebliebnen, und unaufgelöster Arsenik wirkt nichts. Ich sage auf einige (eine kurze) Zeit, denn die gereizten aushauchenden Gefäse der zottichten Magenhaut liefern immer frischen Magensaft und stosen so das Oel von den Wänden dieses Eingeweides zurük, wie man an nasgemachtem Fliespapiere siehet; das Oel wird nun unnüz, der gesamlete Magensaft löst den nahen Arsenik auf, und seine Verwüstungen gehen vor sich, als wenn kein Oel vorhanden wäre. Wäre diese Unvereinbarkeit der Fettigkeiten mit dem wässerichten Magensafte nicht, so würde flüssiger Talg und ungesalzene Butter oder Schmalz noch grösere Dienste thun, als Oel.[117] Vor allen Mitteln dieser Klasse aber |
3.) | behauptet Milchrahm oder Sahne den Vorzug. Schade, daß sie selten in erforderlicher Menge bei der Hand ist. Sie wickelt das Arsenikpulver viel gewisser ein und nimt es in ihre Zwischenräume, als Fett, ihrer diklichen Consistenz und ihrer Mischbarkeit mit dem Magensafte wegen. Sie schmeidiget die Wände des Magens mehr als Milch, kühlt ohne Reiz, läst sich angenehm eintrinken und verhindert ungemein die Auflösung dieses Giftes. Sie scheint mir gegen Fliegenstein und Operment, besonders gleich nach der Vergiftung, in vielen Fällen fast allein zulänglich zur Hülfe. Selten ist (diklicher) Milchrahm in dieser Absicht, so oft, als er es verdiente, angewandt worden. Hätte er zugleich die Kraft Brechen zu erregen, so wäre er ein unvergleichliches Hülfsmittel, ob er gleich auch auf der andern Seite keine spezifische Gegenwirkung zur Milderung der Natur des Arseniks äussern kan. |
§. 165. Ich mache diejenigen Gegenmittel, die Navier in seinem Buche von den Gegengiften in Vorschlag gebracht hat, zur vierten Klasse, da sie obwohl oft alzu künstlich, unanwendbar und problematisch, doch ihrer anscheinenden Spezifizität wegen, einer besondern Betrachtung werth sind.
§. 166. Da er bisher der Hauptschriftsteller in diesem Fache zu seyn scheint, so erlaube man mir[S. 94] einen hierher gehörigen Auszug aus seinem Werke[118] zu machen. Seine Mühsamkeit verdient Dank, aber seine Vorschläge schwerlich Nachfolge; bei aller seiner guten Absicht, spezifische Gegenmittel auszufinden, die den Arsenik in seinem Wesen ändern, zerstören und unkräftig machen sollen. Last uns sehen wie er zu Werke geht.
1.) | Schlägt er laugensalzige Schwefelleber[119] vor, und behauptet, daß wenn sie in Wasser aufgelöst und zu Arsenikwasser gemischt werde, die tödliche Wirkung des leztern fast völlig verschwinde. Es erfolge, wenn beide Flüssigkeiten heis zusammen geschüttet würden, ein schmuzig weisser Niederschlag. Von lezterm will er sich durch chemische Versuche überzeugt haben, daß er fast allen Arsenik aus der Auflösung an sich genommen habe, und will der über dem Bodensazze stehenden Flüssigkeit wenig oder gar keinen Theil dieses Giftes zugestehn. Die Leber werde hiedurch ganz und gar zerlegt, die Arseniktheilchen giengen gröstentheils an den Schwefel. Einige andre kleinen Parthien Arsenik blieben mit dem laugensalzigen Theile verbunden — Es zeigen jedoch seine nachfolgenden (S. 24.) Versuche selbst, daß nicht wenig Arsenik mit dem Laugensalze der Leber vereinigt bleibt.[120] |
2.) | Seine Kalkleber (S. 27.) (ist fast gleichen Nachtheilen ausgesezt.) Er kocht zu diesem Behufe[S. 96] drei Theile frischgebranten Kalk mit einem Theile gepülverten Schwefel.[121] |
3.) | Kalkwasser. (S. 39.) Es bewirkt mit Arsenikwasser den schwerauflöslichen Kalkarsenik, sezt also die schon erfolgte Auflösung des Arsenikpulvers im Magen voraus, die doch so schwierig und langsam entsteht. Allein und unvermischt getrunken ist es zu scharf und äzzend, wie leicht kan die Entzündung des Magens durch dieses Mittel erhöhet werden. In einer grosen Menge Wasser hält es einen sehr kleinen Theil Kalkerde. (700 : 1.) |
4.) | Kalkwasser mit Milch. (S. 40.) (Etwas besser, besonders wenn man statt Milch, Rahm nähme.) |
5.) | Kalkleber durch Verpuffen (!) mit Salpeter bereitet (S. 41.) (immer noch Kalkleber, nur noch mit äzzendem Laugensalze und Glasers Polychrestsalze vermischt.) [S. 97] |
6.) | Eisenhaltige Laugensalzleber (S. 50.) und (S. 51.) |
7.) | Eisenhaltige Laugensalz- und Kalkleber vermischt angewandt. Leztere soll noch feiner und angenehmer seyn (durch Verpuffen mit Salpeter bereitet!) Navier mag die Tugend beider leztern Mittel noch so sehr herausstreichen, der Arsenik verbindet sich doch nur mit dem laugensalzigen und dem Kalkstoffe der Lebern; sie wirken immer, wie, oben erzählt, die einfache Schwefelleber wirkt. Schwefel und Eisen fallen vermischt nieder ohne den mindesten Antheil an Arsenik. Eisenhaltige Lebern lassen sich überdies unter allen am schwersten unzersezt auf bewahren. |
8.) | Dinte (S. 63.) als Arsenik zerstörendes Gegengift. Als Hausmittel betrachtet wäre sie schäzbar, da die Mittel gegen Gifte leicht bei der Hand seyn sollen, aber so ist sie ein äzzendes Ding, welches den Magen angreift. Eisenvitriol der fast nie ohne Kupfer (ein äzzendes Gift) ist, macht ihr Hauptingredienz aus, genug um ihre Schärfe darzuthun; ihr Geschmak ist abscheulich.[122][S. 98] Damit sich das Gift durch die Dinte desto leichter zersezze, will er den Arsenik vorher mit einem Laugensalze verbunden wissen. (Eine Foderung, die man bei Muse in einer chemischen Werkstatt leicht, in dem entzündeten Magen aber so unbedingt nicht verlangen kan.) |
9.) | Mit zwei Worten geht er zur Seife über (S. 65.). Ungewis aber über die Kraft ihrer einfachen Anwendung (vielleicht auch um desto scheidekünstlerischere Vorschriften zu machen) will er Eisenessig zugesezt wissen. Immer hat er mit schon im Magen aufgelösten Arsenik zu thun, wie soll er zur Auflösung ohne Nachtheil kommen, was soll sie geschwind bewirken? Von beiden kein Wort. Und ist der Eisenarsenik in den ersten Wegen ohne Nachtheil, da er sich in jeder Säure auflöst? |
10.) | Milch gegen die tödlichen Wirkungen des Arseniks (S. 67.). Daß dieser halbmetallische[S. 99] Kalk das Sauerwerden der Milch verhindere, ist eine ihm eigne Beobachtung, woraus aber und aus dem angeblich mildern Geschmacke dieser Mischung gegen den des Arsenikwassers sich schwerlich so starke Hofnungen auf diese animalische Flüssigkeiten ziehn lassen, als Navier thut. Auch kan sie ihm so hülfreich eben nicht geschienen haben, da er weiter hin neben der Milch noch |
11.) | Kalkleber (und Milch) (S. 68.), auch (S. 69.) |
12.) | Laugensalzige eisenhaltige Schwefelleber (und Milch) zugleich angewendet wissen will. Welcher weither gesuchte Apparat von schwer herbeizuschaffenden Künsteleien, wo es auf gewisse, simple und augenblikliche Hülfe ankömt! |
Er geht zur Untauglichkeit der Oele bei der Arsenikvergiftung über (ich stimme ein) nur kochende Oele lösen dies Gift auf. Aus eben dem Grunde sei Schwefelbalsam unnüz. (S. 73.)
§. 168. Nun zur Nuzanwendung seiner mühsam ausgespäheten Gegenmittel. Zuerst (S. 83.) solle man Milch geben, um die Auflösung des Arseniks zu verhindern (hiezu schikt sie sich nicht genug); dann giebt er Oel, frische Butter, Milchrahm mit laugensalzigem (S. 84.) lauwarmen Wasser (reizt!) zur Beförderung des Erbrechens; beim Erbrechen wiederum häufiges laugensalziges Wasser, allenfals auch nur mit Küchenasche verfertigt auch wohl mit Zucker versezt. Auch (S. 85.) Seifwasser (unbestimt!). Nun müsse man eilen,[S. 100] sich durch Schmelzen bereitete, kalkige, laugensalzige oder eisenhaltige Leber zu verschaffen; hievon ein Quentchen in eine Pinte recht (S. 86.) heissen (!) Wassers. Von dieser Mischung müsse der Kranke viel trinken, auch könne Zucker und Süsholzsaft zugesezt werden. — Könne der Kranke seinen Ekel dagegen nicht überwinden, so müsse man ihm die Schwefelleber in Bissen (ein scharfes Wesen!) zu fünf bis sechs Granen nehmen, und recht heisses (!) Wasser, ein Trinkglas auf jeden Bissen, trinken lassen. Nachdem man nun dem Vergifteten häufige (!!) Leber als ein Getränke oder in Bissen gegeben hat, könne man, wenn noch schwere Zufälle da verbleiben, zu Eisenauflösungen sogar sauren (S. 87.) (werden diese auch von Arsenikpulver präzipitirt?) schreiten — doch sei eisenhaltige Leber noch vorzuziehn. In Ermangelung der Schwefellebern soll man seine Zuflucht zu Eisenauflösungen (also sauren!) nehmen, doch müsse vorher eine oder zwo Pinten laugensalziges Wasser getrunken werden, damit der hiedurch aufgelöste Arsenik desto leichter durch das Eisensalz (Eisen in Essig aufgelöst oder ein Quentchen grüner Vitriol in einer Pinte Wasser zerschmolzen oder Dinte) durch doppelte Verwandschaft zerlegt werde, und ans Eisen gehe. (Ausser dem Magen kan man sich etliche Stunden Zeit zu diesen chemischen Prozessen nehmen — und nun, alles wohl bewirkt, ist doch der Eisenarsenik noch im Magen.) Nach dem Uebergange der heftigsten Zufälle müsse man viele (S. 88.) Milch trinken lassen, welche durch ihren buttrichten[S. 101] und käsichten Theil seine Aezbarkeit abstümpfe, welchen dieses Gift so weit zum Zergehen bringe, daß es den Zusammenhang desselben aufhebe, wobei seine äzzende Kraft nothwendig unterdrükt werden müsse (welcher unverständliche Mischmasch — und welches Phänomen schlos diese Wirkung vor seinen Augen auf?) Die Oele könten auch die Eingeweide mit ihren ästigen (!!) (S. 89.) Theilen überziehn, und sie gegen Zerstörung zu sichern. Die Säuren (S. 90.) wären keine Gegengifte, da es erwiesen zu seyn schiene, wie er anzumerken[123] Gelegenheit gehabt habe, daß der Arsenik aus einer mit einer Salzsäure[124][S. 102] verbundnen flüchtigen halbmetallischen Erde bestehe (o! heilige Chemie, erbarme dich über uns!) Schädlichkeit der Molken und Limonade (S. 92.), des Theriaks. Zulezt (S. 92.) Laxiere und Mannatränke[S. 103] mit Mandelöl oder Milch und mildernde Tränke mit Pappeln und Leinsamenschleime versezt. Fette und schleimige Bähungen auf den Unterleib, ganze Bäder. Aderlässe bei Vollblütigkeit nach dem Gebrauche der anfänglichen Gegenmittel. Narkotische Mittel, (S. 95.) Mohnsaft. (και συ, τεκνον;)
Die Nachwirkungen des ins Blut geschlichenen Arseniks, Abzehrung, Zittern u. s. w. nimt er durch Milch hinweg. Dann noch Schwefellebern mit Milch — oder die warmen Quellen, das Aachner Wasser u. s. w. zur Stelle getrunken und darin gebadet, (S. 96.) welche eine sehr zertrente Schwefelleber[125] enthielten. (Lieber! wie fandst du diese in den genanten Wässern?) Ihre Stelle will er durch fünf bis sechs Unzen durch Schmelzen bereitete Leber in einem Orhoft recht heissen Wassers aufgelöst, als Bad angewandt, (S. 97.) ersezzen (!!). Als Getränk, statt ihrer, alle Morgen eine bis zwei Pinten Wasser, worin in jeder ein bis zwei Quentchen kalkicher durch Verpuffen bereiteter eisenhaltiger (S. 98.) Schwefelleber aufgelöst sind. (ein unrichtiges Succedaneum von gräslichem Geschmacke!) Durch Schmelzen bereitete Leber (S. 99.) passe auf die Zerstörung, die die Arseniktheile in den ersten Wegen angerichtet[S. 104] haben — die durchs Verpuffen verfertigte auf die Zufälle des Ueberganges dieses Gifts in die Säfte (eine subtile Distinkzion! aber ihre Richtigkeit? — wie mögen wohl beide Arten der Lebern in der Wirkung von einander abweichen? Ist die durchs Verpuffen bereitete etwas anderes, als eine zum Theil wieder zerstörte Leber? Denn durch glühenden Salpeter verbessern wir keine Schwefelleber —).
§. 169. So weit Navier, man erlaube mir einige algemeine Anmerkungen.
Diese getreu ausgezogne Abhandlung der Navierischen Gegengifte des Arseniks verräth zuweilen etwas flache chemische Kentnisse, durchgängige Jagd nach fein künstlich verwickelten Gegenmitteln, und schwankende Anwendungsvorschriften. Was hat der Arzt in jedem einzelnen Stadium der Vergiftungskrankheit von diesem unübersehlichen Haufen kontrastirender Mittel vorzüglich anzuwenden? Hilft eins davon überhaupt, oder gehört die ganze Garnitur Mittel dazu? Wie hilft sich der Landman oder Kleinstädter ohne die ungeheuren Namen von, weis Gott, was für Lebern selbst nicht einmal aussprechen, geschweige sie anschaffen oder brauchen zu können? Welche Zeit gehört zu diesem Apparate, der nur frisch bereitet gehörige Dienste thun würde, wenn er könte! Und welchen Schwall von Flüssigkeiten bringt man nicht zusammen, wenn man die Viel, Häufig, in Menge trinken, und die benamten Pinten alle zusammenaddirt, die er anbefiehlt! Der Arzt ist froh, wenn er bei einer mäsigen Vergiftung[S. 105] zwölf und bei der heftigsten zwanzig Pfund in den robustesten Magen binnen sechs Stunden mit Vortheil bringen kan, aber seine Pinten betragen ungleich mehr an der Zahl, wovon jede über zwei Pfund zu rechnen ist. Gewöhnlich, wenn man etliche Mase Flüssigkeit hat wegbrechen lassen, nimt die antiperistaltische Bewegung des Magens ab — und versagt dann bald völlig — Das Brechen hört auf, der Ton der Muskelfibern dieses durch übermäsigen Reiz des Gifts und der ausleerenden Mittel ermüdeten Eingeweides ist wie gelähmt. — Und dann die Vielfältigkeit der verschiednen auf einander eingegosnen Gegenmittel! hindert, vernichtet da nicht eins das andre — ändert seine Natur? giebt ihm auch wohl eine zwekwidrige Richtung? Wenigstens hätte Navier die Zufälle angeben sollen, welche den jedesmahligen Zeitpunkt anzeigen, wo dieses, wo jenes, und wo wieder ein andres Gegenmittel eingegeben werden müsse!
§. 170. Die fünfte Klasse enthält diejenigen Gegenmittel der Arsenikvergiftung, die nach meinem Ermessen und einer Reihe damit angestelter Versuche zufolge, den Vorzug vor den übrigen, wenigstens in der vorzutragenden Verbindung, zu verdienen scheinen.
§. 171. Ich stelle sie, der leichtern Uebersicht wegen, den anzuführenden Heilanzeigen gegen über, mit Rüksicht auf die festgesezte Eintheilung der Arsenikvergiftung in ihre drei Grade.
§. 172. Aus dem, was ich bishieher von der Wirkungsart des Arseniks auf die thierischen empfindlichen Fasern besonders der ersten Wege, von den Zufällen mit Arsenik vergifteter Personen, und von der chemischen Natur dieses Giftes erinnert habe, drei Quellen deren Zusammenflus allein im Stande ist den Arzt mit Sicherheit zu leiten, flossen folgende Heilanzeigen, und die sich hierauf beziehenden Gegenmittel her, die, wie mich chemische Versuche, klinische Grundsäzze und verschiedne Krankenbetten dieser Art lehrten, befriedigend sind.
§. 173. Es ist wahr, man kan ungleich künstlichere, zusammengeseztere, kostbarere Mittel sehr leicht vorschlagen, und so das Löbchen eines Scheidekünstlers feinerer Art leicht erhaschen, aber, ohne Anspruch auf diesen mit der Erhaltung der Menschen oft sehr unzusammenhängenden Ruhm, Mittel auszuspähen, die die kräftigsten aller Art, die unschädlichsten, so viel möglich angenehmsten, den Hausmitteln gleich, überall leicht zu haben, die wohlfeilsten, und der dringenden Gefahr wegen mehrern Heilanzeigen zugleich genugthuend sind, und sie auf die passendste Art anwenden zu lehren, dies, deucht mich, war ein höherer Zwek, den ich vor andern ins Gesicht fassen muste.
§. 174. Aus diesem Standorte wird man beurtheilen können, ob ich so sehr übel that, zu einer Abhandlung dieser Art ganz und gar kein neues Mittel zu erfinden, und daß ich, als therapeutischer Schriftsteller, mich begnügte die vorhandnen gehörig[S. 107] zu würdigen, vorurtheilfrei die besten zum Vorrange zu erheben und zu ihrer vortheilhaftesten Anwendung den richtigsten und simpelsten Weg zu verzeichnen.
1.) | Heilanzeigen der stärksten Arsenikvergiftung und ihre Genugthuung | |
a) | Den grösten Theil des verschlukten Giftes (weissen Arsenik, Giftmehl, Fliegenstein, Operment) durch das zwekmäsigste Brechmittel aus dem Magen zu schaffen — starke Seifenauflösung. | |
b) | Den Rest verschlukten (weissen Arsenik-) Pulvers möglichst geschwind aufzulösen und zugleich | |
c) | zu neutralisiren, um diese metallische Säure während ihres Verweilens so viel möglich unschädlich zu machen, bis sie von Zeit zu Zeit ausgeleert werden kan — Seifwasser mit Oel, Schwefelleberlufthaltiges Wasser mit Rahm. | |
d) | Die innere Haut der ersten Wege durch einen schmeidigenden Ueberzug zu sichern — vorige Mittel und Milchrahm mit Milch. | |
e) | Die Ausleerung von unten zu erleichtern — zu befördern — obige Mittel, besonders Seifwasser mit (Rizinus) Oel, Umschläge und Klystiere von aufgelöseter Seife. | |
f) | Der örtlichen und algemeinen Entzündung zu[S. 108] wehren — ähnliche[126] Bähungen, Umschläge, laue Bäder, Klystiere — Aderlas. | |
2.) | Heilanzeigen der langsamern oder vernachläsigten leichtern Arsenikvergiftung — Ebendieselben oder nur die leztern Mittel, je nachdem der Arzt, oder die helfende Person zeitiger oder später ankömt, überdies, wenn man etwas späte anlangt, noch | |
g) | Zerstörung und Hinwegschaffung der Gifttheile in den ersten Wegen — Schwefelleberluftwasser in Getränken und Klystieren, obige unten (auch wohl oben) abführende Mittel. | |
h) | Entzündungswidrige Diät — obige (f) Mittel gegen Entzündung — dann Milchdiät, reine, frische Luft. | |
3.) | Heilanzeigen der schleichenden Arsenikvergiftung und der Nachwehen der ersten beiden Grade — Einige der angezeigten Masregeln, wo nöthig; sonst noch | |
k) | Zerstörung der Ueberreste des Arseniks in den zweiten Wegen — lauwarme Bäder von Schwefelleberlufthaltigem Wasser — ähnliches Getränk. | |
m) | Erweichung und Schmeidigung der festen und flüssigen Theile — leztere (k) Mittel mit Milchdiät verbunden. | |
n) | Almählig aufsteigende Stärkung — Milch- und Fleischbrühendiät, frische Luft, Trinken eisenhaltiger Wasser — endlich Wein, kaltes eisenhaltiges Wasserbad — kräftigere Kost, Lustreisen. | |
o) | Linderung der paralytischen und krampfhaften (auch gichtischen) Zufälle — stärkende Kur, Elektrisität — Tropfbäder. |
§. 176. Seife, Oel und Milch sind doch wohl unschuldige Mittel und zu allen Zeiten leicht und überall zu haben. Niemanden ist die Hülfe versagt, dem Reichern so wenig wie dem Aermern, auf dem Landgute, wie in der Strohhütte, bei Tag und Nacht. Diese drei sind zur stärksten Arsenikvergiftung hinlänglich, und wenn es wahr ist, daß man in so dringender Gefahr selbst in Palästen den leckern Gaumen nicht um Erlaubnis fragen darf — auch in Städten hinlänglich; einige kleine Verbesserungen aus der Pharmazie, wie man sieht, abgerechnet, da die gütige Natur der Schwäche des städtischen Weichlings doch wohl noch weit mehr unter die Arme greifen wolte, als sie bei dem dikhäutigen Magen des Landmans und Tagelöhners bedurfte.
Bei den Hülfsmitteln gegen den zweiten, besonders den dritten Grad bin ich freigebiger, und, wenn man will, künstlicher gewesen, theils da es nöthig ist, theils da man dann mehrere Muse hat, die dennoch wohlfeilen und leicht herbeizuschaffenden Mittel nach und nach herbei zu bringen. Ich gehe zur Anwendung über.
§. 177. Aus verschiednen Beispielen, die uns Wepfer[127], Heinrich von Heer[128], Zittman und andre aufgezeichnet haben, sieht man mit Verwunderung, wie wenig selbst die gröste Menge Arsenik unter festen Speisen verschlukt oder in einen mit Speisen angefülten Magen gebracht, der Gesundheit des Vergifteten geschadet haben, und wie, so gar in den schlimsten Fällen, die Vergiftungskrankheit doch nur chronisch geworden und den Tod auf viele Tage, ja Wochen und Jahre lang hinausgeschoben hat, wo man die fürchterlichsten, reissendsten Zufälle und nur noch wenige Stunden Lebensfrist hätte ahnden sollen. Es erfolgte Erbrechen und mit ihm der fast völlige Abgang des Giftes.
§. 178. Bei dem Arsenikpulver, das vorher unter feste Speisen gemischt war, ehe die Masse verschlungen ward, ist dieser glükliche Ausgang nicht ganz unerwartet, da, der Reizbarkeit des Magens halber; da der vergiftete Speisenbrei, gröstentheils eher wieder weggebrochen wird, ehe er mit Magensafte oder Getränken verdünt, das schwerere Arsenikpulver zu Boden fallen läst, wo es die innere Haut zu benagen anfangen würde. Auch im Schlunde hat es in dieser Vermischung keine sonderliche Zerstörung anfangen können.
§. 179. Aber wenn bloses Arsenikpulver erst nach genossenen Speisen verschlukt wird, denn hat[S. 111] es mit dem gewöhnlich guten[129] Ausgange der beabsichteten Vergiftung schon eine andre Bewandnis. Hier wird ein groser Theil des Giftpulvers, trocken oder mit einer Flüssigkeit beigebracht, sich hie und da im Schlunde, inwendig am Magenmunde und vorzüglich in der ganzen Gegend der innern Magenhaut anlegen, die noch von Speisen leer war, oder, welches einerlei ist, die das herabgeschlukte mit Arsenik gemischte Getränk zu seiner Aufnahme ausdehnte.
§. 180. Ueberdem besizt jeder feingepülverte weisse Arsenik und Fliegenstein die Eigenschaft, über jeder, selbst kochendheisen Flüssigkeit, in die er geschüttet wird, ungeachtet alles Umrührens, eine pulverichte Haut zu bilden, mit schwimmenden Pulverklümchen vermischt, die durch Luftbläschen empor gehalten werden.
§. 181. Diese nicht wenig Arsenikpulver enthaltende Haut, hängt sich, wie in jedem Gefäse, so vorzüglich im Magen an die Ränder, umzieht die zottige Haut, und fängt so seine Verwüstung an.
§. 182. Besäse nun der dikliche drunter stehende Speisenbrei seiner zusammenhängenden Natur nach, nicht die Kraft, selbst aus diesen zottigen Fasern das Arsenikpulver wie durch Anziehung an sich[S. 112] zu nehmen, und beim erfolgenden Erbrechen mit sich (grosentheils) herauszuziehn, wie wäre es möglich, daß ähnliche Vergiftungen noch so unvermuthet leicht überhin gehen, und weit minder tragisch ablaufen könten, als die verschlukte oft grose Menge dieses fürchterlichen Stoffes vermuthen lassen solte? Warum geschieht das Gegentheil, wenn statt der Speisen blos dünne Getränke im Magen waren?
§. 183. Sind blose Getränke im Magen vor der Verschluckung des Giftpulvers vorhanden gewesen, so wird der gröste Theil des leztern in Klümpchen auf den Grund des Magens fallen, die, wo sie liegen, sich in die Zottenhaut einhängen und daselbst örtliche Entzündungen erregen, oder von den bald erfolgenden Zusammenziehungen dieses Eingeweides nach beiden Mündungen, den entzündlichsten Theilen des Magens, zum Theil getrieben werden.
§. 184. Selten wird dies Gift trocken verschlukt, ohne nachspülende Flüssigkeit, in welchem Falle der Schlund am meisten leiden mus, wenigstens anfänglich.
§. 185. In beiden leztern Fällen hängt sich, vorzüglich das weisse Arsenikpulver so fest in die feinen samtartig hervorragenden Zäserchen der innern Haut, daß es durch dünne Flüssigkeit fast unmöglich herauszuwaschen ist. Geniest man aber bald nach einer solchen Vergiftung breiähnliche Speisen, so nehmen diese beim Erbrechen einen grosen Theil davon leicht aus den Magenfalten mit.
§. 186. Man befeuchte die innere rauh geschabte Fläche eines von weichem Holze verfertigten Gefäses (welches dann seiner emporstehenden Fasern wegen ziemlich mit dem Innern des Magens verglichen werden zu können scheint) stark mit Wasser und bestreue diese nassen Wände mit Arsenikpulver. Nun versuche man dieses Pulver durch Ausschwenken mit irgend einer Flüssigkeit aus diesem Gefäse zu bringen, und man wird finden, daß sich keine dünne Feuchtigkeit dazu schikt, dieses schwere so leicht anhängliche Pulver aus den feinen Holzfasern los zu wickeln und mit fort zu schlemmen.
§. 187. Man versuche ferner, das in den nassen rauchen Wänden dieses Gefäses hängende Arsenikpulver durch Umschwenken mit Oele loszutreiben und in dieser Verbindung heraus zu giessen, und man wird seine Absicht fast nicht im mindesten Grade erreichen, da das Oel gegen die Feuchtigkeit der nassen Fasern und des nassen drin hängenden Pulvers keine Anhänglichkeit besizt, und so lezteres nicht berühren, folglich nicht in sich und mit sich fort nehmen kan; eben so im Magen.
§. 188. Dagegen schütte man in dies (nasse, mit Arsenikpulver bestreute) Gefäs, nachdem fast alles vergeblich versucht worden, irgend einen zähen flüssigen Brei, schwenke ihn herum, schütte ihn heraus und wiederhole diesen Handgrif einige Male, so wird die innere rauche Fläche dieses Gefäses fast gänzlich vom Arsenikpulver befreiet werden, da der[S. 114] Zusammenhang des Pulvers mit dem Brei stärker ist, als mit den nassen Fasern.[130]
§. 189. Wenn es uns auch nicht erlaubt wäre, aus jenen (§. 177.–185.) Thatsachen und letztern (§. 186.–188.) analogischen Versuchen Folgerungen auf die Auswahl eines Mittels zu ziehn, welches am geschiktesten wäre, jenes stygische Pulver aus dem Magen zu bringen, so könten schon meine eignen Erfahrungen beweisen, daß eine starke Auflösung der gemeinen Hausseife in Wasser diese und noch mehrere Vorzüge im höchsten Grade verdiene.
§. 190. Denn ausserdem, daß dieses Mittel eine zähe Konsistenz und gelinde spezifische Kraft Brechen, ohne Entzündung, zu erregen besitzt, schmeidiget es auch die Wände des Magens, mischt sich mit allen Flüssigkeiten, neutralisirt den aufgelösten Arsenik, bringt einen sehr grosen Theil desselben unaufgelöst herauf und reicht dem fernerhin dienlichen Oele ein Zwischenmittel dar, seine lindernde und Fasern schüzzende Kraft (ohne abgestosen zu werden) auf die zottige Magenhaut in vollem Mase zu äusern — Vortheile die sich schwerlich bei einem und demselben Mittel vereinigen.
§. 191. Hiezu kömt noch, daß alle Haushaltungen Seife und Wasser besizzen, daß sich dies Mittel sehr geschwind zubereiten läst und daß sein Geschmak wenigstens nicht unerträglich ist. Es ist im höchsten Grade wohlfeil.
§. 192. Da dieses Mittel alle anfängliche Heilanzeigen zugleich und so zwekmäsig erfüllt, wie ich gewis weis, so schäzze ich mich, wenn Navier das Verdienst hat, der Seife mit etlichen Worten überhaupt Erwähnung gethan zu haben, glüklich, die zahlreichen Vorzüge dieses so hülfreichen Mittels zu zergliedern, seinen Tugenden aus Gründen und Erfahrung ihren gebührenden Rang anzuweisen und seine Anwendung zu lehren.
§. 193. Wenn man sich aber auch geneigt finden lassen sollte, die Vorzüge einer starken Seifenauflösung bei der Arsenikvergiftung anzuerkennen, so könte man doch vielleicht Anstand nehmen, sich dieses[S. 116] Mittels bei jenen (nicht seltnen) Vergiftungen zu bedienen, wo es zweifelhaft wird, ob das Verschlukte Arsenik, oder etwas anderes sey. Man wird einwenden, wie, wenn das genommene Gift ein anderer metallischer, oder mechanisch reizzender Körper, eine narkotische Pflanze, ein scharfes Harz oder eine schädliche thierische Substanz wäre, solte denn dies gegen Arsenik so gepriesne Gegengift, hier nicht vielleicht unnüz, vielleicht zweideutig oder wohl gar schädlich werden?
§. 194. Ich könte zugeben, daß alle verschlukte schädliche Dinge der drei Naturreiche ihre von einander abweichende Natur zwar nicht stets (wenigstens dem Ungeübtern nicht) durch so unzweideutige, unverkenliche und charakterische Merkmale und Symptomen der Vergiftungskrankheit an den Tag legen, als wenn mit Fingern darauf gezeigt würde (man mögte etwa die nervenbetäubenden und Muskelfiebern lähmenden Gewächse, den Mohnsaft die Toll- und Lorbeerkirsche u. s. w. ausnehmen) und man deshalb, dem ersten Anblicke nach, Bedenken tragen könnte, mit einem namentlichen Gegengifte einen Fehlgrif zu thun.
§. 195. Wenn man aber dagegen bedenkt, daß es bis jezt noch keine spezifischen Gegenmittel schädlicher Pflanzen und Thiersubstanzen giebt, daß die algemeine und fast allein hinreichende Heilanzeige dieser Gifte in kräftiger Ausleerung von oben und unten besteht, daß mechanisch reizzende Dinge (Glas u. s. w.) eingewickelt und herausgeschaft, die verschlukten[S. 117] korrosivischen Säuren neutralisirt, die schädlichen metallischen Salze zersezt, die Harze aufgelöst seyn wollen, und daß die narkotischen Gifte (auch Blei) die kräftigsten Ausleerungsmittel erheischen, so wird jeder, welcher die Natur einer starken Seifenauflösung kent, gestehen müssen, auch gegen alle übrigen Gifte (nächst dem Arsenik) sei das vorzüglichste, algemeinste und unschädlichste (anfängliche) Hülfsmittel in dieser wohlthätigen Zwittersubstanz zu suchen und zu finden.
§. 196. Man löse also getrost, so bald oben beschriebne (§. 99.–102.) Kennzeichen der Vergiftung des ersten Grades sich an irgend jemand äussern, man löse, sage ich, ohne Zeitverlust ein Pfund Seife in vier Pfunden Wasser auf, das ist, man reibe die trokne Seife geschwind auf einem Reibeisen klein, schütte sie in einen Topf der bequem (des Ueberlaufens wegen) acht Pfund Wasser halten kan; man gieset die genante Menge kochenden Wassers auf die zerkleinte Seife, quirlet beides unter einander, und lässet es zwei Minuten lang aufkochen, quirlt nochmals und dieses so kräftige Hülfsmittel ist fertig, von diklich zäher, doch flüssiger Konsistenz, so lange es warm erhalten wird; in der Kälte wird es ganz steif.
§. 197. Man giebt es dem Kranken Tassenweise, mit etwas Zuker im Munde, kaum so warm als man gewöhnlich Thee oder Koffee zu geniesen pflegt, zu trinken. Ist der Kranke eine Person von reifem Alter, also zwischen dem zwanzigsten und sechszigsten[S. 118] Jahre, so kan man ihr eine solche Tasse, worein fünf bis sechs Loth Wasser gehn, alle 3 bis 4 Minuten reichen.
§. 198. So wird in ungefähr zwei Stunden diese Menge (fünf Pfund) Seifenauflösung verschlukt seyn. Man kan auch längere Zwischenzeiten zwischen jedem Trunke wählen, der dann aber jedesmahl desto stärker seyn mus, damit diese dikliche Flüssigkeit in genannter Zeit gewis verschlukt sei.[131]
§. 199. Es mus im Fall der Weigerung mit Gewalt beigebracht werden, da in einem so dringenden Nothfalle, wo kaum eine Haarbreite zwischen Leben und Grab fehlt, und wo alle Reichthümer, Stands- und Geburtsrechte in dem geöfneten Schlunde des Todes zu verschwinden scheinen, keine andre Rüksicht als Rettung, Rettung zum Augenmerke gefast werden darf, so wenig als es einem Untersinkenden frei stehen kan, ob er bei den Haaren oder einem anständigern Orte gepakt seyn will.
§. 200. Solte sich in der ersten Viertelstunde des Trinkens der Seifenauflösung (welches höchst selten geschieht) kein zwekmäsiges Brechen einstellen, so kan der Schlund mit dem Finger, oder mit einer in Oel getauchten Gänsefeder dazu gereizt werden, dann wird es ferner gewis von selbst erfolgen.
§. 201. Ist der Vergiftete ehedem Krankheiten oder Zufällen unterworfen gewesen, bei welchen eine starke Wallung des Bluts gegen die obern Theile, oder wo eine so heftige Magenerschütterung bedenklich ist, einer Neigung zum Schlagfluß, Herzklopfen, Blutspeien, dem Blutüberflusse überhaupt, der Brustwassersucht, verschlosnem Lungengeschwür — Verhärtungen und Geschwüren irgend eines Eingeweides, einem Bruche u. s. w. so legt man in letzterm Falle das Bruchband an, und lässet in den übrigen Fällen zwanzig bis dreisig Loth Blut aus der Ader, so bald die ersten sechs bis acht Tassen getrunken worden sind.
§. 202. Kömt man erst eine Stunde hernach, nachdem das Gift genommen worden, dann mus auf alle Fälle (eine so verspätete Hülfe findet immer Entzündung vor) der Körper sei volblütig jung oder nicht, ein verhältnismäsiger Aderlas vorgenommen werden, das ist stets nach den Graden der schlaffern oder festern Fiber, der schwächlichern oder lebhaftern, blut- oder wasserreichern Körperbeschaffenheit, und dem Alter gemäs abgewogen.
§. 203. Eine Person von sechzehn bis zwanzig Jahren kan vier Pfund, von zwölf bis sechzehn Jahren drei Pfund, ein Kind von acht bis zwölf Jahren zwei Pfund und eins von sechs bis acht Jahren ein Pfund dieser Seifenauflösung trinken, doch in der angegebnen Dosis und Zeit.
§. 204. Die in die Augen fallende Wirkung dieses Mittel ist gelindes aber fortgesetztes und[S. 120] zwekmäsiges Erbrechen. Man hat nicht nöthig die Trinkzeiten des Uebergebens halber aufzuschieben, vielmehr mus, so bald der Kranke davon einige Augenblicke ausgeruhet hat, das Einflösen erwähnter Masse wieder fortgesetzt werden.
§. 205. Ist die angegebne Zeit vorbei und die nöthige Menge starker Seifenauflösung getrunken, so ist das meiste geschehen, was möglich war. Das gewaltsame Würgen, die Athem verschliesende Angst, das Fressen im Magen, das unausstehliche Herzdrücken und das Zusammenschnüren der Kehle wird sich gelegt haben; das heist das meiste Giftpulver ist, in der getrunkenen schleimichten Flüssigkeit eingehüllt, hinweggebrochen, das Aufgelöste aber neutralisirt (§. 54., 55.) worden.
§. 206. Was durch diese erste Behandlung vom Gifte nicht durch den Mund abgeführt worden ist, wird man sich umsonst schmeicheln, auf eine andre Art durchs Erbrechen in Pulvergestalt heraus zubringen. (Diese Ausleerung von oben beim Anfange einer (noch so starken) Vergiftung passet nicht nur, wie gesagt, auf weissen Arsenik, Giftmehl, Fliegenstein und Operment, sondern auf alle Arten von schädlichen Dingen die schleunige Ausleerung bedürfen.)
§. 207. War es weisser Arsenik, so bestehet die nächste Hofnung zur Hinwegschaffung des noch in den Zotten der Magenhaut zurükgebliebnen feinen Pulvers darin, so schnell aufzulösen, zugleich aber, es so viel möglich neutralisirt (oder besser, vererzt)[S. 121] entweder durch nochmahliges Erbrechen, oder auch wenn der Durchlauf schon vor sich angefangen hat, von unten wegzubringen.
§. 208. Keine Flüssigkeit löset eine gegebne Menge Arsenikpulver schneller auf, nimt einen so grosen Theil davon in seine Zwischenräume, neutralisirt das Aufgelösete leichter, macht die Eingeweide schlüpfriger und gegen die fressende Kraft mineralischer Gifte unzugänglicher, und befördert dabei die Ausleerungen so sicher, als Seifwasser.[132]
§. 209. Durch das obbeschriebne Trinken der stärkern Seifenauflösung, wird das Gift mehr in Substanz, als eigentlich aufgelöset weggeschaft.[S. 123] Was sich gleichwohl, indes auflösete, ward durch dieses Mittel so gleich bei der Berührung zum Mittelsalze, folglich bei weitem unschädlicher, als die Auflösung in blosem Wasser, und so von Zeit zu Zeit ausgeführt.
§. 210. Um die fernern Heilanzeigen einer sehr starken, angezeigter Mase bisher behandelten, oder einer verspäteten Arsenikvergiftung des zweiten Grades zu befriedigen, das ist diejenigen, wo schon überhäufte oder hinlängliche Ausleerungen von oben vorgegangen sind, und man keine ähnlichen weiter zu erwarten hat, lässet man drei Pfund jener stärkern Seifenauflösung mit drei Pfund warmen Wasser verdünt[133] und unter jedes Pfund Mischung vier Loth eines vorhandenen Oels, Leinöls, Baumöls, Mandelöls, zerlassener und von Salze abgeseiheter Butter gerührt, einer ausgewachsenen Person binnen zwei Stunden trinken, also alle zwei Minuten eine Tasse; Jüngern weniger nach Verhältnis.
§. 211. Hiedurch wird, wenn der Durchlauf nicht schon durch die erste Behandlung in Gang gekommen ist, häufig offener flüssiger Leib mit untermischtem seltnern Erbrechen entstehen.
§. 212. Sobald das Kneipen in den Gedärmen oder der Durchlauf schon bei der ersten Verordnung[S. 124] erfolgt, müssen vielfach übereinander gelegte Tücher in die beschriebne stärkere Seifenauflösung getaucht, um den ganzen Unterleib gelegt, auch, wo nöthig, und der Puls noch sehr voll und hart das Gesicht aufgetrieben und roth, der Odem sehr beklemt, u. d. gl. ist, zum zweiten Male zur Ader gelassen werden. Sonst unterläßt mans, da man die Kräfte zur Nachkur braucht.
§. 213. Erfolgte der Durchfall aber nicht beim Trinken der stärkern Seifenauflösung, so mus der Umschlag beim Anfange des Trinkens der zweiten Auflösung desto fleisiger lauwarm übergeschlagen werden.
§. 214. Sobald der Umschlag zu dieser oder jener Zeit angefangen wird, übergelegt zu werden, müssen Klystiere von Milch und Oel oder wenn der flüssige Stuhlgang zögert, das Erbrechen selten, und Leibschneiden vorhanden ist, von dem dünnern Seifwasser mit Oel, wie das Getränk gemischt, eingespritzt werden.
§. 215. Ist die Entzündung bei Entstehung des Durchlaufs oder während desselben noch immer sehr heftig, und der Unterleib, besonders die Gegend unter der Herzgrube, gespant, sind die Adern im Gesichte und am Halse strozzend, die Augen roth und hervorgetrieben, u. s. w. so ist ein ganzes[134] laues Bad, vorzüglich von dünnem Seifwasser (man[S. 125] kan ein Verhältnis von 200 : 1 beobachten) vortreflich, und kan zugleich füglich die Stelle des zweiten Aderlasses ersezzen.
§. 216. Ausserdem und wenn die Entzündung weniger heftig ist, dient ein ähnliches laues halbes, oder auch nur ein Fusbad zur Beförderung des Durchbruchs des flüssigen Leibes und zur Minderung der etwanigen, nie fehlenden, innern Inflammazion.
§. 217. Ist nun das zweite Getränk hinunter, so wartet man eine halbe Stunde mit der Nachhülfe, theils damit sich der Kranke von den Anstrengungen etwas erhole, theils auch damit die beigebrachte Flüssigkeit Zeit habe, ihren Abgang von oben oder unten zu nehmen.
§. 218. Ist das genommene Gift regulinischer Fliegenstein oder Operment gewesen, so wird es durch die bisherige Behandlung, fast ohne Verwüstung anzurichten, schon grosentheils herausgeschaft worden seyn und man kan gute Hofnung schöpfen, wenn man zeitig, (z. B. innerhalb einer, höchstens zweier Stunden) zu Hülfe gekommen war. (Doch merke man, daß weisser Arsenik zwar schnellere und stärkere, Operment und Fliegenstein aber länger fortgesezte, wiewohl gelindere und gemäsigtere Anwendung der ausleerenden Mittel verlange, da von lezteren Giftarten hie und da gern etwas in den Falten der ersten Wege unbemerkt sizzen zu bleiben und nach ruhigen Zwischenzeiten die Kolikanfälle und Verwüstungen zu erneuern pflegt.)
§. 219. War es aber eine nach dem Verhältnis des Alters starke Gabe weissen Arseniks, so gehört noch eine (obwohl kleine) Zeit der Hülfe dazu, um von der völligen Entfernung dieses heftigen Giftes überzeugt und in Ruhe seyn zu können.
§. 220. Zu diesem Behufe, wenn der Kranke kein Seifwasser mehr trinken will, (sonst kan dieses mit dem besten Erfolg noch almählig, mit Oel oder zerlassener Butter gemischt, fortgesezt werden) vermische man, nach Verflus dieser verstatteten (§. 217.) Ruhefrist, (auf dem Lande) etliche Kannen Milch mit einem Achtel bis Drittel süsem Milchrahm[135] und lasse mit diesem Getränke bis zur völligen Besserung fortfahren.
§. 221. Ist man aber in einer Stadt, mit einer Apotheke versehn, so lasse man etliche Kannen mit Schwefelleberluft gesättigtes Wasser, worin der vierte Theil süsser, starker Milchrahm, oder arabisches oder Tragantgummi (ersteres im Verhältnisse zum Wasser wie 1 : 10, lezteres wie 1 : 30) aufgelöset worden, bis zur Linderung aller beschwerlichen Symptome trinken, und die Umschläge von Seifwasser nebst den Klystiren von ebendemselben mit Oel gesättigt unterdes fortsezzen.
§. 222. Um dieses in der Arsenikvergiftung, und vorzüglich bei ihren Nachwehen so heilsame[S. 127] Wasser zu verfertigen, gebe ich nur einen einzigen Weg an die Hand, da die übrigen schwierig, langweilig und hier alzukünstlich sind. Denn wenn man die Leberluft erst in einer nassen Blase (an künstlicheres und zweckmäsigeres pneumatisches Geräthe ist in gewöhnlichen Offizinen nicht zu gedenken) fangen will, ehe man sie mit Wasser mischt, so ist diese Vermischung, ja die ganze vorgängige Zubereitung nicht nur sehr mühsam, sondern diese äußerst feine Luft dringt auch so geschwind durch die Blase, daß Zeit und Mühe verloren wird. Man halte sich demnach einzig an folgendes, welches leicht, geschwind und einfach zu bereiten ist und zuverlässig in der erforderlichen Güte entstehen wird, selbst bei etwas roher Handanlegung.
§. 223. Man nimt eine gläserne Flasche mit zwei Pfund reinem lauem Wasser, bis an den Hals angefült, schüttet ein Loth gepülverte Kalkleber mit fünf Quentchen gereinigten Weinstein (Cremor Tartari) gemischt, hinzu, stopft die Flasche geschwind mit einem tüchtigen Korke zu, und schüttelt das Gemisch zehn Minuten lang; man läst das gröbere Pulver sezzen, und giest die entstandene stinkende, milchfarbige Flüssigkeit von ihrem Bodensazze ab in eine andre Flasche, worin schon drei bis vier Theeköpfchen süser starker Milchram oder drei bis vier Loth Senegal- oder ein Loth Tragantgummi (gepülvert) befindlich sind. Man verstopft die Flasche, schüttelt das Gemisch bis zur Auflösung (einige Minuten) um, und giebt dem Kranken davon[S. 128] zu trinken, doch so, daß nach jedesmaligem Herausgießen der Flaschenhals sogleich wieder zugepfropft werde.
§. 224. Die Kalkschwefelleber bereitet man zu diesem Behufe durch etliche Minuten langes Weisglühen einer gepülverten Mischung gleicher Theile Schwefels und ungelöschten oder frischgelöschten Kalks.[136] Binnen sechszehn Minuten wird in einem Windofen zwischen glühenden Kohlen[137] die Leber, und in noch andern funfzehn Minuten das Wasser fertig seyn, eine Geschwindigkeit, die dieser Bereitung in unserm Falle stets den Vorzug giebt.
§. 225. Da diese Kalkleber[138] in kaltem (56°) wie in kochendem Wasser (in jenem wie 1 : 1920, in diesem wie 1 : 840.) sehr schwerauflöslich, die Verbindung des Weinsteins mit der Kalkerde aber nicht viel auflösbarer ist, (bei 50° löset sich Weinsteinselenit in Wasser auf, wie 1 : 800, bei 212° wie 1 : 500,) so ist das auf diese Weise mit[S. 129] Schwefelleberluft gesättigte kalte oder laue Wasser fast völlig von allen fremden Salztheilen frei, wenigstens wird, durch die etwa noch zurükgebliebnen, Kraft und Geschmak dieses vortreflichen Heilmittels nicht im mindesten geändert oder verschlimmert. Auch ist überhaupt schwefelleberlufthaltiges Wasser kein ganz widriger Trank.
§. 226. Dieses mit Schwefelleberluft gesättigte und mit Milchrahm (oder Oel mit frischen Eierdottern angerührt,) vermischte Wasser ist das grose und unvergleichliche Hilfsmittel, wodurch alle im Körper zurükgebliebnen Arseniktheilchen fast völlig unschädlich gemacht und, so zu sagen, vernichtet werden.
§. 227. Es verwandelt nemlich alles, was es von aufgelöstem Arsenik in dem Magen und den Gedärmen antrift, augenbliklich in eine Art Operment, ein höchst feines pomeranzenfarbnes Pulver, das fast nicht den mindesten Nachtheil (es müste denn in groser Menge zugegen seyn) im menschlichen Körper verursacht und nach und nach auf gelinde Ausleerungsmittel mit dem Stuhlgang unschädlich abgeht.
§. 228. Es ist zwar nicht zu leugnen, daß mit Leberluft gemischtes Arsenikwasser zwar augenbliklich gelb gefärbt oder getrübt wird, seinen Operment aber nicht sogleich fallen läst, (jenes müste denn sehr kräftig zubereitet seyn) da präzipitirtes Auripigment viel leichter[139] im Wasser auflöslich ist,[S. 130] als gewachsenes. Dies mit Leberluft und Arsenikwasser entstandene gelbtrübe Gemisch wird jedoch deshalb nicht weniger unschädlich, wenn nur eine hinlängliche Menge Leberluftwasser in die Vermischung kömt. Denn dann wird das Verhältnis des mit Arsenik verbundnen Schwefels so gros, daß es diesen künstlichen Operment, ungeachtet seiner grösern Auflöslichkeit, doch weit milder macht, als gewachsenen. Wenn in lezterm der Antheil des Schwefels 1⁄6 beträgt, so kan dagegen durch eine überwiegende Menge Leberluft mit dem niderzuschlagenden Opermente auf funfzehn Mal mehr Schwefel, als in jenem ist, vereinigt werden. Hierüber hat man sich um so weniger zu wundern, da Schwefelleberluft den schon niedergefallenen Operment in reicher Mase wieder auflöst und nur erst nach einer geraumen Zeit, oder nach Hinzugiesung einer Säure lichtgelb fallen läst.
§. 229. Man wird mir also die Behauptung verstatten, je schwefelhaltiger das Operment desto unschädlicher, gesezt es wäre auch auflöslicher. Behauptet man[140] daß gewachsenes Operment oder natürliches Rauschgelb ausser einer schweistreibenden Wirkung fast keine üble Erscheinung im Körper hervorbringe, so wird diese gute Meinung (wie mich auch an Thieren angestelte Versuche lehrten) noch weit eher von unserm mit Schwefel so[S. 131] ungemein übersättigtem Opermentpräzipitate zu hegen seyn; so gewis die Regel in der Scheidekunst gegründet ist, je in gröserer Mase die mildernde Substanz dem abzustümpfenden Körper zugesezt wird, um desto milder wird die entstehende Zwittersubstanz, oft zugleich auch auflöslicher. Das fressende kaustische Laugensalz mit Fett zur festen Substanz verbunden, wird zur mildern Seife, die dann nochmals mit einem Uebermas von Oel übersättigt, flüssiger, wenigstens noch milder und unschmakhafter wird. Die reine Weinsteinsäure ist sehr scharf; mit etwas Gewächslaugensalze verbunden wird sie zum unschmakhaftern schwerauflöslichern Weinsteine, mit ebendemselben Laugensalze aber völlig gesättigt zum mildesten höchst leichtauflöslichen tartarisirirten Weinsteine.
§. 230. Die leichtere Auflöslichkeit des Opermentpräzipitats kömt der beabsichteten Hülfe sogar zustatten. Aufgelöstes, besonders durch Leberluft auflöslicher gemachtes Operment geht leichter durch den Mund und After, auch wohl durch Schweis und Harn ab, als das natürliche, schwerauflösliche schwerwiegende (obgleich nicht viel gefährlichere) Opermentpulver, dessen Abwaschung aus der Zottenhaut der ersten Wege ungleich mehr Bemühungen erheischt.
§. 231. Dieses (§. 226.) Heilmittel also lässet man den Kranken statt alles andern Getränks so lange zu sich nehmen, auch wohl in Klystieren einsprizzen bis alles Brennen, Nagen im Magen,[S. 132] alles Drücken in der Herzgrube, nebst der bänglichen Uebelkeit auf der einen, das Schneiden, Reissen und Kneipen in den Gedärmen aber, die Spannung und das Wühlen um den Nabel, der ruhrartige Stuhlzwang, das Fressen im Mastdarme und das beschwerliche Harnlassen auf der andern Seite verschwunden ist.
§. 232. Durch Fliegenwasser und aufgelösten weissen Arsenik entstandene Vergiftungen schnell und fast augenbliklich zu heben, ist dieses mit Rahm gemischte Schwefelleberluftwasser allein im Stande; nur wenige oben und unten abführende schmeidigend einwickelnde Mittel sind dann noch nöthig, auch wohl diese nicht einmal, da Schwefelleberluftwasser selbst schon Ausleerungen zu bewirken pflegt, die man allenfals (in einem Verhältnisse wie 40 : 2 : 1.) durch Eidotter mit Rizinusoel zusammengeschlagen erhöhen kan.
§. 233. Hätte man (welches sich doch schwerlich selbst auf dem Lande denken läst) zur Bereitung dieses hülfreichen Wassers ganz und gar keine Gelegenheit, so mus man sich zur Neutralisirung und völligen Fortschaffung der lezten Arseniktheile mit dem ölhaltigen Seifwasser, und mit Milchrahm unter Milch gemischt behelfen. Auch kan ein zwekmäsiges Mittel zu dieser Absicht aus Oel (zerlassener Butter) Milch und frischen Eierdottern in verschiednen Verhältnissen zusammengeschlagen werden. Das aus Hollunderbeerkernen geschlagne Oel vertritt auf dem Lande füglich die Stelle des Rizinusöls.
§. 234. Man kan, wenn der flüssige Leib zurükbleiben solte, zulezt auch etwas Sahnekoffee[141] mit Zucker zu Hülfe nehmen, ein Getränk welches ausser andern Tugenden in diesem Falle noch schmeidiget und nährt. Koffee an sich besizt spezifische Kräfte, die Reizbarkeit der Muskelfasern zu erhöhen, folglich die Ausleerung der ersten Wege zu erleichtern.
§. 235. Ich habe des Rizinusöls gedacht, welches allerdings besonders bei Arsenikarten die ihrer Schwerauflöslichkeit wegen eher der Ausleerung als Zerstörung bedürfen beim Fliegenstein und Operment grose Dienste[142] thut, könte hülfreicher und anwendbarer seyn, wenn es frisch und unverfälscht leicht zu haben wäre. Im letztern Falle kan, besonders wenn der ergiebige ofne Leib zaudert, dieses Oel mit schiklichen Zwischenmitteln (§. 232.) verbunden, so beigebracht werden, daß aller Viertelstunden ein Eslöffel voll beigebracht werde, bis hinlängliche Wirkung erfolgt.
§. 236. Doch ist dieses, wie gesagt, eine höchst seltene Erfordernis; glüklicher Weise, (Seifwassertrinken, ähnliche Umschläge und Klystiere leisten oft weit mehr) da dies Oel selten gut und brauchbar[S. 134] zu haben ist, ausser in grosen Städten, wo es auch in Klystieren statt gemeinen Oels anzuwenden wäre.
§. 237. So geht man mit der Ausleerung, Neutralisirung und Vererzung des Arseniks im ersten und zweiten Grade der Vergiftung zu Werke. Die nöthigen kleinen Abänderungen dieser Vorschriften in Ansehung der Zeit, der Wahl und Menge der Mittel und ihrer Folge auf einander wird der gesuchte Arzt der Körperbeschaffenheit des Kranken und andern Umständen gemäs zu bestimmen und anzuordnen wissen.
§. 238. Wird er z. B. bei einer mäsigen Vergiftung erst nach zehn bis zwölf Stunden gerufen, so wird er aus den vorkommenden Zufällen und den schon genommenen Mitteln beurtheilen können, wie gros die zu erwartende Hülfe, ob die Menge des noch vorhandnen Giftes ansehnlich, ob sie in gröserer Mase in den Zotten der Magen- oder Darmhaut hängt, ob mehr eine dringende Entzündung oder ein Giftvorrath zu bestreiten, wie weit beiden Heilanzeigen durch die angegebnen Mittel zu begegnen sei, in welcher Mase, in welcher Ordnung, mit welcher Auswahl? Gröstentheils sind dann vor der Hand besonders die Indikazionen (§. 175.) d, e, f, g, zu befriedigen, mit gehöriger wie wohl untergeordneter Rüksicht auf a, b, allemal aber und beizu auf c.
§. 239. Geschieht die Hülfe erst nach vier und zwanzig bis acht und vierzig Stunden, und ist noch etwas zu thun, so kan der Fall eintreten, daß gar[S. 135] nicht mehr auf a, nur einigermasen auf b, e, f, am meisten aber auf e, und d, leztlich auf g, h, i, zu sehen ist.
§. 240. Man kan z. B. wenn der Kranke durch Verzug vor allen andern widrigen Symptomen, besonders mit Entkräftung und Ohnmachten befallen wird, durch einige Löffel kräftigen Weins, hinunter geschlukt oder im Munde gehalten (oder durch Waschen mit Wein über verschiedne Theile oder den ganzen Körper) durch Erquickung mit Vitriol- und Salpeteräther, mit Moschus, durch Riechen an Radikalessig, durch frische Luft u. s. w. vorerst zu Hülfe eilen, ehe man das übrige zu besorgen übernimt.
§. 241. Findet man, daß Dysenterie[143] ein Hauptsymptom geworden und kein Leberluftwasser bei der Hand ist, so kan in Klystieren Kalkwasser (§. 67.) zu gleichen Theilen mit Milch vermischt, oder mit arabischen Gummischleim versezt, die in den weiten Gedärmen zurükgebliebnen Theile noch kräftiger zerstören, als Seifwasser.
§. 242. Ich habe oben angegebne Menge einzuflösender Mittel blos im Durchschnitt angegeben, es kan aber bei robusten Körpern und heftiger Vergiftung[S. 136] zuweilen noch halb, ja noch einmal so viel Getränk erforderlich oder doch dienlich seyn.
§. 243. Bei Vergiftungen mit alkalisch arsenikalischen Fiebertropfen oder Arsenikmittelsalze, eile man gleichfals Ausleerungen durch Seifwasser u. s. w. anfänglich zu veranstalten, dann aber durch langwieriges Trinken des Leberluftwassers mit etwas Essig versezt, die Ueberbleibsel zu zerstören. Ohne Hülfe einer Säure kan die Schwefelleberluft das Arsenikmittelsalz nicht zum Operment vererzen.
Man traue diesem tükischen Gifte viele Wochen lang nicht völlig, da es sich nur langsam in unserm Körper zersezt, und die schleichendste Vergiftung anzettelt.
§. 244. Kindern und hartnäckig Unfolgsamen können die nöthigen Getränke, nach Aufbrechung des Mundes mit einem Trichter eingegossen oder sonst mit Gewalt beigebracht werden.
Man hüte sich, dem Kranken heisses Getränk beizubringen, stark einzuheizzen, oder unter viele Betten zu stecken, damit nicht etwa der dadurch erregte Schweis einen Theil dieses Gift in die Säftmasse herüber treibe (§. 123. u. f.) und so, wie oft geschehen, Muskelsteife, Lähmung, Arsenikfriesel und Eklampsie erzeugt werde.
Ist man (ich gehe zum dritten Zeitpunkte der Hülfe, die Nachwehen hinwegzunehmen, über) sogleich zu Rettung bei der Hand gewesen, und ist alles gehörig vollzogen worden, so ist die Nachkur auch nach einer sehr starken Vergiftung doch viel leichter zu bewerkstelligen, als wenn der stärkste Körper selbst die schwächste Gabe Gift blos durch seine Natur hat bewältigen müssen.
§. 246. In lezterm Falle sind oft so unheilbare Stellen den innern Häuten der ersten Wege eingeäzt worden, und einige Flecken so brandartig (vorzüglich am Pförtner und dem linken Magenmunde) entzündet, besonders nach angewandten schädlichen, narkotischen und hizzigen Mitteln, daß man der anscheinenden Besserung wenig zu trauen hat.
§. 247. Oft scheint das schleichende Fieber gebändigt, die Schlaflosigkeit und Unruhe besänftigt, Kräfte und Eslust wieder hergestelt werden zu können, aber nicht selten trügt man sich hier, bei der besten, doch zu späten Besorgung. Die Zufälle[S. 138] nehmen nach und nach wieder zu und der schleichende Tod erfolgt zuweilen erst nach Monaten, auch wohl erst nach Jahren.
§. 248. Indes, damit man sich in lezterm Falle die Versagung einer möglichen Hülfe nicht vorzuwerfen habe, im erstern aber (§. 245.) sein Werk desto gewisser und geschwinder volführe, nehme man die Genesungs- und Erholungskur vor die Hand; doch nie eher als bis alle Giftspuren aus den ersten Wegen hinweg sind, um jene (§. 123.) fürchterlichen Nachwehen zu vermeiden.
§. 249. Da es jedoch in beiden Fällen, wo man spät, oder auch, wo man bald anfänglich die Heilung übernommen hat, unmöglich ist, nach dem Uebergange der Ausleerungen von oben und unten sogleich genau zu bestimmen, in welchem Zustande sich die ersten Wege und übrigen Eingeweide befinden, wo, in welcher Menge und in welcher Gröse und Tiefe sich hautlose, entzündete auch wohl brandige und zum Schorf geäzte Flecken vorhanden sind so darf man in beiden Fällen, die Hofnung des Ausganges zu bestimmen, nicht voreilig wagen.
§. 250. Aus gleicher Behutsamkeit mus man demnach eine algemeine Kurart einschlagen, die den meisten hier möglichen Absichten auf die unschädlichste und thätigste Weise entspricht.
§. 251. In diesem Zeitpunkte sieht man als Folgen und Nachwehen der unzwekmäsig behandelten Vergiftungen der ersten beiden Grade
1.) | Die gelindesten Symptome, eine fühlbare Rohheit im Schlunde und des übrigen Speisewegs, einiges Magendrücken auch wohl Brechen[144] nach eingenommener Mahlzeit, Kollern in den Gedärmen, Mattigkeit und Schläfrigkeit, doch mit merklicher Erholung begleitet und ohne andre bedenkliche und zweideutige Symptomen. |
2.) | Mäsige Unbehaglichkeit, Abgeschlagenheit aller Glieder, geringer aber daurender Schmerz im Unterleibe, mäsiger Kopfschmerz, ziemlicher Durst, unordentlicher Stuhlgang. |
3.) | Eben diese Zufälle in stärkerer Mase, nebst Ohrensausen, hartem, unordentlichem Pulse, aufgetriebnem Unterleibe, verschiedentlich anwandelnder (fliegender) Hizze und Schaudern, verlorne Eslust, trokne Lippen, unreine Zunge, unterbrochner, unruhiger Schlaf, wässeriger oder harter Stuhlgang, Fusgeschwulst.[145] |
4.) | Dann aber als die schlimsten Zufälle, unaufhörliche Aengstlichkeit ohne anzugebende Ursache, bittre, trokne, braune Zunge, schwärzliche Lippen, unauslöschlicher Durst, gespanter, harter, heiser Unterleib und Gegend der Herzgrube und unter[S. 140] den Rippen, kleiner, geschwinder, harter, aussezzender Puls, Schlaflosigkeit, verfallenes, gelbes Gesicht, matte Augen, rother Harn in geringer Menge oder Harnverhaltung, verstopfter, oder ashaftstinkender, jauchichter, eiterhafter, auch wohl unwilkührlicher und heiser Stuhlgang, geringer, angstvoller Schweis um die Brust und den Kopf, öfteres Gähnen, Schluksen, Wiederwegbrechen alles genossenen, Unbesorgtheit um dringende Angelegenheiten u. s. w. |
§. 252. Hat man die ersten beiden Stadien der Krankheit selbst besorgt, oder ist nur nicht alzu spät bei sich selbst überlassenen und schlecht behandelten Vergifteten gerufen worden, so kan man die Genesungsdiät Anfangs noch mit leberlufthaltigem Wasser verbinden, oder diese hier so heilsame Luft mit dem nährenden Getränke selbst vermischen.
§. 253. Ausser dem leztgenanten, nicht zu geschwind hintanzusezzenden, Mittel, hat man in allem Falle eine algemein passende, in allem Betrachte unverdächtige Nachkur zu besorgen, die in keinem Arznei- oder Nahrungsmittel gewisser und zuverlässiger als in frischgemolkner Eselsmilch, Kuhmilch oder Menschenmilch[146] zu finden seyn wird. Sie passet auf alle rükständige Heilanzeigen.
§. 254. Milch, als die leichtverdaulichste[147] Nahrung selbst für den schwächsten Magen, vorzüglich wenn sie allein, ohne Vermischung mit andern Speisen und Getränken genossen wird, nährt ohne Mühe, ohne Anstrengung der ersten Wege, macht unter allen geniesbaren Dingen den geringsten Reiz, erhizt als das sanfteste Mittelding zwischen vegetabilischer und thierischer Natur die Blutmasse durchaus nicht, schmeidiget ihrer schleimichten Theile wegen, hebt dieser Gelindigkeit halber schon entstandne Entzündung und nimt die scharfen Salze[148] hinweg, wo sie sie findet; sie bindet die öhlichten Theile unserer Säfte, mit den wässerigen, und findet am leichtesten die zwekmäsigen Ausführungswege — Solte sie denn nicht Kranken in allem Betrachte die besten Dienste leisten, deren erste Wege durch ein[S. 142] scharfes Gift entzündet und ihres natürlichen Schleimes beraubt sind, deren Blut durch stärkern Umtrieb scharf und entzündlich geworden, deren Kräfte durch Anstrengung, Fieber, heftige Ausleerungen und Schmerzen herabgeschmolzen und versieget, wo die Organe der Verdauung durch Anstrengung kraftlos und gelähmt, und die dazu unentbehrlichen Säfte verschwendet worden sind?
§. 255. Oder was bleibt uns für diejenigen an Arznei- und Nahrungsmitteln übrig, bei denen dies scharfe Gift den Magen hie und da seiner innern Haut beraubt, die empfindliche drunterliegende Gefäshaut[149] entblöst, zur Wunde gemacht, entzündet oder wohl gar zum tieferdringenden Schorfe geäzt hat? Wenn es für diese so gefährlich angegriffene, so leicht irritablen Stellen ein sanfteres Wundmittel giebt, welches den erschöpften Kräften und dem damit vergeselschafteten schleichenden Wundfieber zugleich nährendere Heilkräfte darböte, als die frischgemolkene Milch, so würden wir es vorziehn müssen; aber die Natur zeigt uns keins, welches alle Genugthuung für diese dringenden Heilanzeigen in sich vereinigte, dabei so leicht und überall zu haben wäre, (man müste sich denn im leztern Falle an die Molken halten wollen, die allerdings der Fäulnis[150] noch mehr widerstehn und bei innern Geschwüren noch heilsamer sind).
§. 256. Kranke also, die durch das Arsenikgift selbst so viel gelitten, Vergiftete, die durch die Heilung, so zu sagen, mitgenommen worden sind und die erstern auch wohl folgenden (§. 251. 1, 2, 3,) Symptome erdulden, können und dürfen in den ersten vierzehn Tagen keine andre Nahrung als frischgemolkene Eselsmilch (Kuhmilch) oder Muttermilch zu sich nehmen. Ihr Hunger oder Durst wird die nöthige Menge bestimmen, doch auch hier mit gehöriger Rüksicht auf Mäsigkeit und Vermeidung aller Ueberladung.
§. 257. Selbst diejenigen, die bei geschehener Vergiftung sich selbst überlassen, fast unheilbare Zerstörungen in den Häuten des Magens und der Gedärme erlitten zu haben scheinen, entzündete oder auch brandige Flecken und Schurfe aller (§. 251. 3,) Wahrscheinlichkeit nach in den ersten Wegen davon getragen haben, auch diese dürfen bei einem so algemeinen Heil- und Nahrungsmittel nie völlig an ihrer Genesung zweifeln, da man verschiedne Beispiele von starken geheilten Narben im Magen (§. 130.) aufzuweisen hat.
§. 258. Es ereignet sich jedoch bei der Wiedergenesung dieser Art Kranken, mit denen wir es jezt zu thun haben, unter der fortgesezten Milchdiät nicht selten eine Ungemächlichkeit, die, unabgeholfen, sehr beschwerlich werden kann. Es ist der verstopfte Leib womit diese Kranken aus mancherlei Ursache von Zeit zu Zeit beim Genusse dieses sonst so vortreflichen Trankes geplagt werden. Aber etwas[S. 144] Selzer oder Biliner Wasser und ein Klystier von Milch oder lauem Wasser nimt dieses Uebel ohne Beschwerde am besten hinweg. Am wenigsten aber wird Milchdiät verstopften Leib erregen, wenn die Milch roh und gleich vom säugenden Thiere hinweg getrunken wird, da die gekochte hingegen nicht nur an sich viel heilsame Theile verloren hat, sondern auch den Stuhlgang anzuhalten pflegt.[151]
§. 259. Gewöhnlich nimt eine völlig ausgewachsene Person fünf bis acht Pfund frischgemolkene laue Milch statt aller Speise und allen Getränks in kleiner Menge auf einmal in fünf bis sechs Malen des Tages zu sich.
§. 260. Es ist nemlich zur baldigen Wiederherstellung sehr dienlich, daß der Magen nie auf einmal selbst mit diesem unschuldigen Nahrungsmittel überhäuft werde, so wie die Diät neugebohrner Kinder, mit denen unsre Wiedergenesenden am füglichsten verglichen werden können, aus kleinen oft wiederholten Mahlzeiten am gedeihlichsten besteht.
§. 261. Solte ein wässeriger, (oft heisser) Durchlauf mit unverdauten Brocken vermischt, von grauer oder schwärzlicher Farbe mit Stuhlzwang sich einfinden, so werden Milchklystiere, allenfals mit Schleime von arabischem Gummi versezt, oder ähnliche aus dem Schleime der Gerstengraupen, Habergrüzze oder auch wohl von Stärke bereitet, dieses beschwerliche Symptom lindern, wenn es blos[S. 145] eine Folge der Schwäche und unverdauter scharfgewordner Nahrungsmittel und der Schwäche, nicht aber, wenn es von alzu beträchtlichen, brandigen Geschwüren der ersten Wege, folglich ein Vorbote des nahen Todes ist, da er dann unerträglich zu stinken und unwilkührlich abzugehen pflegt. Hier geht gemeiniglich ein kriechender Puls, gespanter Unterleib, ein kräfteschmelzendes, unordentliches doppeltdreitägiges Fieber fast ohne Nachlässe, entkräftende Nachtschweise, sparsamer, feuerrother Harn, bräunlich schleimichte oder trokne Zunge, Schwindel, Gilbe der weisen Augenhaut, Gedunsenheit der untern Augenlieder in Geselschaft andrer bedenklichen Symptomen vorher.
§. 262. Auch beim chronischen Durchlauf[152] kan man die Milch, doch abgekocht, bis zur lezten Zeit, unter oft nicht unwahrscheinlicher Hofnung besserer Zeiten fortsezzen lassen, man müste denn zu eisenhaltigen Brunnenkuren und kleinen Lustreisen noch seine Zuflucht nehmen zu können die Kräfte haben. Ein wässeriger Aufgus oder eine Abkochung des Quassienholzes, (in manchen Fällen auch wohl das Pulver[153] selbst) mit etwas tokaier Weine versezt, hat in ähnlichen schleichenden Fiebern grose Dienste geleistet, und die Wurzel der bittern Kreuzblume[S. 146] oder das Renthiermoos wirds nicht weniger thun.
§. 263. Sind keine Symptomen von der bedenklichsten Art (§. 251., 3, 4.) vorhanden, sind die zehn bis vierzehn Tage der Milchdiät verflossen, und nur die gehörige Menge Kräfte noch nicht beisammen, die Besserung dagegen almählig, obwohl langsam vorgeschritten, so fängt man an, nächst einigen Pfunden Milch des Vormittags die Mittagsmahlzeit aus gelindgesalzenen Fleischbrühsuppen (von Rind- Kalb- und Hünerfleisch) bestehen zu lassen. Die Abendkost kan in Mehlmüsern o. d. g. bestehen.
§. 264. Noch müssen so viel möglich alle Gewürze zurükbleiben und der nun zur Bewegung wieder anzuführende Körper mus durch gelindes Spazierengehn in einer gelüfteten Stube oder im Freien einige Zeit vor der Einnahme der Mahlzeiten sein Verdauungsgeschäfte und die Absonderungen zu befördern suchen.
§. 265. Sein ohnehin bei der ganzen Krankheit nie mit schweren und häufigen Federn zu belastendes Bette wird nun des Tages verschiedne Male verlassen, bis man es nach abermahligem Verflus einiger Tage blos des Nachts nöthig finden wird.
§. 266. Eben so steigt man von gelindnahrhafter Diät zu stärkerer und kräftigerer über, gewöhnt sich, wenn das fieberhafte Wesen verschwindet, wiederum an Fleischspeisen und nimt Wein und kräftiges Bier zu Hülfe; nimt wenn die Magenschwäche[S. 147] noch anhält einige bittere Arzneien[154], und beschliest die Kur mit stärkerer Bewegung, freier Luft, eisenhaltigen Bädern und einigen Flaschen Pyrmonter Wasser bis man des Arztes nicht mehr nöthig hat.
§. 267. Man kann sagen, daß die schleichende Arsenikvergiftung einerlei Krankheit zuwege bringe, das Gift sei nun Staub und Rauch, wie bei denen, die in arsenikalischen Stoffen arbeiten, oder durch ein almählig in den Magen gebrachtes Arsenikgift, durch die Aquetta di Napoli u. d. g. dem Körper mitgetheilt worden. Beiden ist ein unnennbares Übelbefinden, Niedergeschlagenheit, geschwächte Verdauung, Ekel vor Speisen, fliegende Hizze nach der Mahlzeit, ein schleichendes unordentliches Fieberchen, Spannung unter den Ribben, Vertroknen der Muskeln, Abzehrung, Einschrumpfen jeder Art des Zellgewebes, unaufhaltsames Herabsinken der Kräfte, (wässerige Geschwülste) und Schlaflosigkeit eigen. Nur hat die schleichende Vergiftung mit Arseniktränken, den nagenden Magenschmerz voraus, da das Gift jedesmal zuerst und unmittelbar auf dieses Eingeweide wirken mus. Die almählige Vergiftung mit arsenikalischem Rauche und Staube aber, die man eigentlich Bergsucht nennt, hat den konvulsivische[S. 148] Husten, und die Engbrüstigkeit vor ersterer voraus, da Rauch und Staub zuerst in die Lungen wirken mus, ehe die Verderbnis sich durch den ganzen Körper verbreitet. Wiewohl ich nicht leugne, daß bei der italienischen Vergiftung auch trokner und krampfhafter Husten zuweilen sich einfindet.
§. 268. Die Kontraktur, die Lähmung, und die brennenden Schmerzen in den Gliedern, sind bei einer sehr schleichenden und almähligen Arsenikvergiftung dieser Art etwas sehr seltnes, eher noch das algemeine Zittern. Gröstentheils finden sie sich in genanten Fällen, vorzüglich aber bei der Arsenikvergiftung des zweiten Grades (§. 123.–127.) ein, wenn auf jählinge Einathmung oder Verschlukung eines Theils Arsenik heftiger Schweis erregt worden ist, oder wenn man sonst viel Ausdünstung befördernde Mittel angewandt hat, wo man unmittelbare Ausleerungen hätte veranstalten sollen.
§. 269. Von lezterer (§. 268.) Zufälle Heilung will ich unten reden, jezt von der Kur jener Ausmergelung des Körpers, die man Bergsucht oder italienische Vergiftung nennt, dann von der Abhülfe der Zufälle die jeder dieser beiden Krankheiten besonders eigen sind, von der arsenikalischen Lungensucht und der Verderbnis der Verdauungswerkzeuge.
§. 270. Bei der durch schleichendes Arsenikgift, Rauch oder Staub entstandenen Kachexie[155][S. 149] ist zwar eine anhaltende Milchdiät ebenfals unentbehrlich, da die hinweggeschwundenen Verdauungskräfte für ein stärkeres und härteres Nahrungsmittel gemeiniglich zu schwach sind, aber algemeine erweichende, Ausdünstung befördernde und Gift zerstörende Mittel, deren Feinheit durch die zartesten Haarröhren der einsaugenden und lymphatischen Gefäse hindurch eilt, müssen anfänglich zugleich damit verbunden werden, um jene in alle Säfte und alle leidenden Theile des siechen Körpers gedrungene hartnäckige Schärfe frei zu machen, zu vererzen und auszuführen.
§. 271. Wir kennen, wie ich schon oben (§. 226. bis 230.) erinnert habe, kein Mittel, dies Gift bei der Berührung zu einem fast kraftlosen Mitteldinge, zum künstlichen Operment, umzuschaffen, (eine Verbindung des Arseniks mit einem so grosen Antheile Schwefels, der ihn beinahe zu nichts schädlicherm als zur schweistreibenden Arznei umschaft, eine Eigenschaft die der vollständigen Ausführung des Arsenikgifts aus den engsten Schlupfwinkeln des Körpers ungemein zu statten komt) und es durch die Ausdünstungswege zu entfernen, als jenes vortrefliche Mittel,[156] das uns die Erde so mild und freigebig aus ihrem Schose hervorquillen läst, mit dessen Natur uns erst die neuern Chemisten, ein[S. 151] Scheele und Bergmann bekant zu machen, so glüklich waren, die lauen und warmen schwefelleberlufthaltigen Wässer, die wir gewöhnlich Schwefelwässer und warme Bäder zu benennen pflegen, wie wohl unrecht, da zum Beispiele ein siedendheises Karlsbad nichts, ein kaltes Medwiner und laues Wolkensteiner Bad aber nicht wenig von dem wohlthätigen Bestandtheile enthalten — und da alle durchaus keinen Schwefel in Substanz bei sich führen.
§. 272. In diesen Wässern lässet man den durch almählig als Rauch oder Staub eingesognen Arsenik, und den durch italienische Meuchelwasser, oder ähnliche Fiebermittel langsam Vergifteten, besonders den ausgemergelten und vertrokneten Siechen sich einige Zeit hindurch lauwarm[157] baden, so daß er sich zwar anfänglich gleich völlig eintaucht, doch nur, zum Anfange der Kur, fünf bis acht Minuten darin verweilt. Hat er dies einige Tage hindurch täglich einmal gethan, so kan er einen um den andern Tag zweimal, dann nach Verfluß von vierzehn Tagen täglich zweimal sich eben so lange eintauchen, nach noch etlichen Tagen aber jedesmal eine Viertelstunde darin verweilen, sich stets gehörig darin abwaschen und reiben, einige Zeit diesen höchsten Grad der Badekur fortsezzen und dann almählig in umgekehrter Ordnung bis zum Ende der Badezeit wieder herabsteigen.
§. 273. Die Badezeit kan vier bis sechs Wochen dauern, nach Beschaffenheit der ökonomischen und physischen Kräfte des Kranken.
§. 274. Dieses laue Bad befeuchtet, erweicht, und erschlaft das zusammengeschrumpfte Zellgewebe und die ausgetrokneten Muskelfasern und Membranen, bringt den Umlauf des Bluts und den Gang der Lymphe durch den gelinden Reiz seines Ingredienz[S. 153] in eine gemäsigte Bewegung, und eröfnet die Schweislöcher. Ein Theil dieses leberlufthaltigen Wasser wird durch Einsaugung in die Säfte aufgenommen, und wirkt als spezifisches Heilmittel; die Absonderung des Harns und der Ausdünstung wird verstärkt und die zu Operment umgeänderten Arseniktheile gehen auf diesen Wegen nach und nach fort.
§. 275. Wirksamer jedoch ist die Kur, wenn mit dem äusserlichen Gebrauche dieser Bäder der innerliche verbunden wird, und den Kräften des Kranken gemäs zwei bis fünf Pfund dieses Wassers täglich während der Badezeit allein oder mit gleichen Theilen Milch getrunken werden. In den Frühstunden kan man den grösten Theil dieser Menge, Nachmittags den kleinsten trinken lassen. Richtet man es so ein, daß wenn das Bad früh gebraucht geworden, der Kranke sich zu Bette legt, und hier das Leberluftwasser warm trinkt, so wird der erfolgende Schweis, eine Stunde oder länger abgewartet, die Genesung beschleunigen. Steht er dann auf, so mus nach der Wechselung der Wäsche, eine kleine Bewegung zu Wagen, besser zu Pferde, am besten zu Fuse vorgenommen werden.
§. 276. Es giebt fast keine arzneiliche Flüssigkeit in der Natur, deren Feinheit und Durchdringlichkeit so gros wäre, als die Schwefelleberluft. Sie mischt sich sehr leicht mit jeder Flüssigkeit, mit Wasser in einem Verhältnisse wie 3: 5, nach andern wie 1: 2. Atmosphärische Luft und Wasserdämpfe werden an Feinheit von dieser Luft weit übertroffen,[S. 154] die, welches jene nicht vermögen, durch die unsichtbaren Oefnungen der Substanz einer feuchten Schweinsblase schnell hindurchdringt. Eben so unaufhaltsam durchdringt sie selbst die feinsten Haarröhrchen des Gefässystems und der Abscheidungsorgane unsers Körpers, vererzt die Arseniktheile, wo sie sie findet und führt sie in einer unschädlichen Auflösung aus. Man versäume demnach nie, bei einer Abzehrung oder andern Siechheit, von schleichendem Arsenik bewirkt, den innerlichen Gebrauch dieser Wässer mit dem äusserlichen zu verbinden, um desto gewisser und leichter zu genesen.
§. 277. Die übrige Diät des Badegastes, wenn man die Besserung augenscheinlich erfolgen sieht, machen Fleischbrühen, Habergrüzze, Gerstenschleim, Weizengries, Sago, Mehlspeisen, ungewürzte Schokolade und der mäsige Gebrauch des Kaffees aus. Das Spazierengehn in reiner Luft von gemäsigter Temperatur, Aufheiterungen, sanftes Reiben mit der Hand während des Bades, sind die drei übrigen Punkte der Lebensordnung, auf die ich vorzüglich aufmerksam mache.
§. 278. Vornehmlich, wenn der Siz des Arseniksiechthums blos in den zweiten Wegen (wie in der Bergsucht) ist, kan zuweilen ein gelindes Abführungsmittel, Karlsbadersalz, Seignettensalz, Manna u. d. g. genommen werden.
§. 279. Jedes laue oder warme mineralische Wasser, welches einen Geruch nach faulen Eiern ausdampft, der blankes Silber erst goldgelb, dann[S. 155] schwärzlich färbt, welches Sublimat weis, Brechweinstein ziegelroth, Arsenikwasser pomeranzgelb, Silbersalpeter schwarzbraun u. s. w. niederschlägt, ist mit Leberluft geschwängert, und folglich zu unsrer Absicht dienlich. Die Bäder in Pisa, Lucca, Ofen, Baden bei Wien, Badenbaden, Schinznach, Achen, Plombieres, Bagneres, Bagnoles, Bareges, Bourbon d’Archambault, Bath, Medwin, Landeck, Wolkenstein, Töpliz sind von der Art, andrer hier nicht zu gedenken.[158]
§. 280. Solte der hereinbrechende Winter, oder andre unabänderliche Umstände nicht erlauben diese oft entlegenen Bäder zu besuchen, so können sie ohne übermäsige Kosten zu Hause und eben so hülfreich zu bereitet werden.
§. 281. Zu dieser Absicht ist es am besten, wenn das Badwasser etwa drei hundert Pfund beträgt, dieses Wasser, gleich viel, es sei[159] Brunnen- oder Flieswasser; bis zur Wärme von 100 fahrenheitischen Graden zu erwärmen, es in die Wanne zu tragen, dann drei Viertelpfund laugensalzige (gepülverte oder zerflosne) Schwefelleber darin aufzulösen, und, wenn dies geschehen, unter starkem[S. 156] Umrühren ein Viertelpfund konzentrirtes Vitriolöl einzugiessen. Man rührt nochmals alles wohl untereinander, und bringt den Kranken denn ohne Zeitverlust in dieses warme schwefelleberlufthaltige Wasser, welches oft sogar einen Vorzug, an Stärke und Kraft, vor den natürlichen haben wird, da bei leztern jene feine Luft oft zum grösten Theile verfliegt, ehe der Kranke ins Bad steigen kan.
§. 282. Ich könte noch viele andre Arten angeben, ein schwefelleberlufthaltiges Bad zu verfertigen. Man könte nach Scheelens[160] Rath, ein Gemisch von zwanzig Pfund Eisen (Hammerschlag) mit funfzehn Pfunden Schwefel solange zusammenschmelzen, bis die blaue Flamme auf der Oberfläche zu verschwinden anfängt. Von der grob gestosenen Masse könte man den vierzigsten Theil oder ein halbes Pfund mit fünf Pfund Wasser vermischt in eine acht bis zehn Pfund fassende Flasche füllen, ein Viertelpfund Vitriolöl dazu giessen, die Flasche mit Blase, worein etliche Steknadellöcher gestochen, geschwind verbinden, sie auf den Boden eines hohen konischen Badegefäses (einer Butte) mit warmem Flieswasser gefült, senken und die entwickelte Luft durch Umrühren mit dem Wasser mischen. So käme blos die Schwefelleberluft unter das Wasser, nichts aber vom Gemisch.
§. 283. Eben so könte man vierzehn Unzen unsrer Kalkschwefelleber mit einem Pfunde gepülverten Weinsteinkrystallen gemischt unter das warme Wasser der Badwanne rühren, aber diese Bereitung ist etwas kostbarer und nicht so geschwind zu Stande, als unsre obige (§. 281.) Art.
§. 284. Es würde thöricht seyn, wenn wir verlangten, daß eben die Mittel bei den künstlichen Bädern angewandt werden solten, deren sich die Natur in ihren unterirdischen Werkstäten bedient. Die Natur pflegt hier sehr zusammengesezte und vielfältige Arbeiten und Vorbereitungen zu unternehmen, die zum Theil im Verborgnen und in undurchdringlichen Schleiern eingehült liegen, theils aber uns, könten wir sie wissen und nachahmen, in Rüksicht unsrer Badekur keinen Schritt weiter zur Volkommenheit führen würden.
§. 285. So scheint die Natur in einigen Bädern mit einer Glaubersalzsole Kalkleberschichten zu zersezzen, eine Rösche mit Luftsäure angefült (gröstentheils das Produkt einer Vitriollauge, die in Kreideschichten sich zersezt hatte) tritt hinzu und es entsteht ein warmes (Schwefelleber, durch Säure zerstört, macht Wärme) Bad, mit Leberluft angefült, mit mineralischem Laugensalze, etwas Glaubersalz und wenigem Gyps geschwängert; ihr gewöhnlicher Inhalt.
§. 286. Wir bleiben also bei obiger (§. 281.) Bereitung stehen. Die laugensalzige Schwefelleber zu dieser Absicht verfertigt man durch Schmelzen[S. 158] gleicher Theile Potasche und Schwefel in einem passauer Tiegel. Man kan die Potasche vorher in Flus kommen lassen, ehe man den Schwefel drunter rührt, dann ist die Leber in einigen Minuten fertig. Man hebt sie heis gepülvert in wohlverstopften Flaschen auf, um sie vor dem Feuchtwerden zu schüzzen.
§. 287. Das bei der künstlichen Badekur zum Trinken nöthige Wasser mus völlig mit Leberluft gesättigt seyn und man bereitet es, wie oben gelehrt worden ist; (§. 223.) aber eben sowohl, wie das Badewasser nur in dem Falle, wenn unabänderliche Umstände die Reise nach den genanten natürlichen Schwefelwässern und warmen Quellen verbieten.
§. 288. Die Diät, die übrige Lebensordnung und alles bei der Badekur in natürlichen warmen Quellen oben Vorgeschriebne wird auch bei diesen häuslichen Bädern nicht aus der Acht gelassen; die Erheiterungen, Bewegungen, unschuldige Ergözlichkeiten und Veränderungen aber müssen sogar noch eifriger als in jenen herbeigesucht werden, da sie dort, so zusagen von selbst herzufliesen.
§. 289. So werden nach und nach, (vorzüglich wenn man den Mohnsaft bei alzu groser Trockenheit und Spannung der Fibern, und der zögernden Ausleerung durch die Haut und die Harnwege einsichtsvoll[161] zu Hülfe nimt) schier alle Arseniktheilchen, im Fall der Körper nur nicht alzu entkräftet,[S. 159] selbst zur Badekur zu schwach und seiner Auflösung nahe ist, in ihren geheimsten Schlupfwinkeln von dem innern und äussern Gebrauch der Leberluft vererzt, in dieser unschädlichen Gestalt durch die erweichende und Ausscheidungen befördernde spezifische Kraft der warmen Bäder zu den Absonderungs- und Ausleerungswegen geleitet, und durch Frottiren, Bewegung, gesunde Luft, Diät und Gemüthserheiterung vollends entfernt, Munterkeit aber, Hofnung zum Leben, und almählig sich samlende Kräfte wieder angefacht. Auch hat man bei solchen Badekuren auf die gelind stärkenden Erschütterungen der Hin- und Herreise nicht wenig zu rechnen.
§. 290. Hat man es nun bei der Arsenikalkachexie der Bergsucht und der italienischen Vergiftung, (auch bei der durch fortgesezte arsenikalische Fiebermittel erregten Schwindsucht) durch das Baden in warmen schwefelleberlufthaltigen Wässern und durch das Trinken derselben endlich so weit gebracht, daß die Haut feucht wird, die Gilbe der Augen, das erdfahle Ansehn und das entnervende Fieber verschwindet, die Munterkeit wieder erwacht, und der Schlaf sich einfindet, so säumet man nicht, durch Baden in eisenhaltigen Wässern, (die gewöhnlich Sauerbrunnen genent werden) und durch Trinken der Pyrmonter oder ähnlicher Quellen, so wie durch anderweitige stärkende Curart, (bittre Gewächse, (China,) Wein, kalte Luft, Bewegung und zwekmäsig nahrhafte Diät) die Kräfte vollends herzustellen. Die Kälte des eisenhaltigen Wassers zum[S. 160] Baden mus von 65 bis 50 fahrenheitischen Graden almählig aufsteigen, und die Dauer des Bades anfänglich acht, endlich funfzehn Minuten seyn, mit ununterbrochnem Frottiren begleitet.
§. 291. Fixe Luft (Kreidensäure, weinichtes Gas, Luftsäure) ist die einzige Säure, deren lockerer Zusammenhang mit den Metallen vom Arsenik aufgehoben wird;[162] indem sich lezterer mit dem Metalle zum im Wasser unauflöslichen Niederschlage vereinigt und die fixe Luft austreibt. Da nun Eisen unter allen Metallen das unschädlichste Bindemittel des Arseniks in den zweiten Wegen genant zu werden verdient, so wird man vom äusserlichen und innerlichen Gebrauche der Sauerbrunnen die lezte und beste Hülfe sehen, da dieses luftsaure Eisen theils die noch vorfindlichen Arseniktheile zerstört, theils die Stärkung des entnervten Körpers zu Stande bringt.
§. 292. Die geschwächten Verdauungswerkzeuge (oft der bedenklichste Umstand bei der italienischen Vergiftung) wird der Gebrauch der Sauerbrunnen ungemein herstellen. Solte ihre Schwäche aber im hohen Grade seyn, so darf das Bad in eisenhaltigen Wässern zwar kalt, (60° bis 50°) aber nur von wenigen, etwa fünf, Minuten Dauer seyn. Nächstdem wird in lezterm Falle, wenn die Schwäche und Verderbnis der Verdauungswerkzeuge[S. 161] ausnehmend gros ist, zum innern Gebrauche frischgemolkene Esels- und Pferdemilch, (Ziegen- oder Kuhmilch), vor allem aber Milch aus den Brüsten einiger gefunden Ammen gesogen und (anfänglich mit dem Trinken der leberlufthaltigen Wässer verbunden) statt aller andern Nahrungsmittel bis zur Besserung fortgesezt, das hülfreichste, statt aller Arznei dienende, Heilmittel seyn. Versteht sich, daß man zur völligen Besserung endlich die stärkende Kurart in ihrem ganzen Umfange anwende, und endlich den Gebrauch eines kräftigen[163] Weines zu Hülfe nehme.
§. 293. Selten ist bei der Bergsucht wahre Lungeneiterung, vielmehr sind bei solchen Personen die Lungen gleichsam eingeschrumpft, oder doch von der konstriktorischen Kraft des arsenikalischen Rauchs oder Staubes krampfhaft gereizt und die Ausscheidungsmündungen der Schleimdrüsen dieses Eingeweides verengert oder verschlossen, so daß bei öfters gewaltsamen Husten selten einiger Auswurf erfolgt.[164] Dieses unablässige Asthma, diesen oft bis zum Ersticken die Brust zusammenschnürenden Husten zu lindern (besonders anfänglich, ehe das Uebel alzuweit um sich gegriffen hat) ist nichts heilsamers, als der warme Dampf, der aus heissen Schwefelbädern aufsteigt. Erhizt man künstlich bereitetes[S. 162] leberlufthaltiges Wasser und zieht mittelst eines über den Kopf gehangenen Tuches den hievon aufsteigenden Broden ein, so hat man dasselbe, und zwar bei der Hand.
§. 294. Ist auf Arsenik Kontraktur (steifes Anstrammen der Muskeln der untern oder auch der obern Gliedmasen zugleich) erfolgt, so kan dieses Gift nunmehr aus den zweiten Wegen nicht anders als durch die Hautlöcher fortgeschaft werden. Hiezu sind warme Bäder von blosem,[165] oder auch (besser) von leberlufthaltigem Wasser bereitet, mit dem innern Gebrauche warmer verdünnender Getränke, vorzüglich aus Holderblüten, mit sparsamen Mohnsaftmitteln verbunden, oder auch leztere beim Trinken eines warmen leberlufthaltigen Wassers angewandt, das Dienlichste, was ich vorzuschlagen weis. Erfolgt starker Schweis so wird das Arsenikfriesel oder doch ein Abgang der Epidermis erscheinen und man unterhalte die Ausdünstung; selbst dann noch, wenn hiebei, wie gewöhnlich, Lähmung an die Stelle der Kontraktur treten solte. So wird oft beides zu gleich verschwinden. Der schwarzbläsichte Friesel troknet ohnedies nach wenigen Tagen ab. Wolte sich aber selbst auf den anhaltenden Gebrauch der warmen schwefelleberluftigen Bäder die Lähmung nicht verlieren, sondern chronisch werden, so schreite[S. 163] man nach einiger Zeit zum Baden in eisenhaltigen kalten Wassern, wie oben.
§. 295. Bei der Cur der langwierigen Lähmung, dem chronischen Zittern und den konvulsivischen Zuckungen oder der Eklampsie (wie nicht weniger bei den brennenden gichtartigen Schmerzen) kan man nächst dem Vorhergehenden alle übrige Stärkungsmittel zu Hülfe nehmen (auch sich bei den epileptischen Krämpfen noch der Pomeranzenblätter, der weissen Diptamwurzel, des Asands, des Baldrians, des Moschus und Mohnsafts[166] bedienen), vorzüglich aber die Elektrisität[167] in allen drei Fällen in Ausübung bringen. Nur merke man, daß anfänglich[S. 164] aus den leidenden Theilen des isolirten Körpers nur (womöglich anderthalb Zoll starkes und hohes) Pinselfeuer mit dem spizzigen in Holz gefasten Direktor — endlich aber, doch nur einfache (bis 12 Zoll lange), Funken mit dem Kugelstabe ausgezogen werden müssen. Der fortgesezte Gebrauch kleiner nach und nach erhöheter Gaben Brechwurzel werden nicht weniger ansehnliche Dienste in allen drei Beschwerden leisten.
Ich wolte rathen bei Heilung der Arseniklähmung von der positiven, bei den daher entstandenen konvulsivischen Bewegungen aber von der negativen Elektrisität nach dem glüklichen Vorgange des Abt Sans,[168] vorzüglichen Gebrauch zu machen. Doch hat man von keinem Hülfsmittel bei der chronischen Arseniklähmung Hülfe zu erwarten, wenn nächst derselben auch völlige Empfindungslosigkeit[169] des leidenden Theils und algemeine Schwäche vorhanden ist; schwerlich, wo der gelähmte Theil kalt und geschwunden ist.
Die giftartigen und oft so schnell tödlichen Zufälle (§. 86. bis 91.) des in Wunden aufgelegten Arsenikpulvers, Wassers oder Mittelsalzes (z. B. liquor arsenici fixi Schroed.) zu hemmen und die Gesundheit wiederherzustellen, ist oft mit der grösten Schwierigkeit verbunden. Der schnelle Uebergang des vergifteten Theiles in den Brand, die Lungenentzündung, das betäubende, rasende Fieber, das grausame Erbrechen, und das alles binnen oft wenigen Stunden, verlangen schleunige und überlegte Hülfe, wenn man nicht zu späte kömt. Man wischt die Wunde stark mit einem troknen Tuche aus, wäscht sie dann mit Seifwaser[170] rein ab, bestreuet sie dicht mit Kantharidenpulver[S. 166] und überlegt sie mit einem Pflaster, bähet den übrigen leidenden Theil ununterbrochen mit kaltem Wein, u. d. g. Ist das Fieber mehr entzündlicher Art, und nicht, wie gewöhnlich, ein so genantes bösartiges Nervenfieber, so kan ein kleiner Aderlas vorgenommen werden, aber selten wird dies nöthig seyn. Dann eilet man, dem Kranken eine Arznei beizubringen, die den übermäsigen Reiz zu lindern und die Kräfte zu erheben im Stande ist. Ein oder etliche Gran Mohnsaft müssen mit mehrerern Granen Moschus, oder zehn bis zwölf Gran Kampfer abwechseln, auch von Zeit zu Zeit etwas kräftiger Wein mit gleichen Theilen Wasser eingeschlukt werden. China wird äusserlich und innerlich die Kur vollenden.
§. 297. Wenn eine grose Menge schnell eingeschlukten Arsenikdampfs die schnell tödlichsten oder doch sehr gefährliche Zufälle Erstickung, Engbrüstigkeit, krampfhaften Husten, Blutspeien u. s. w. hervorbringt, so ist das erste Nothwendige, daß man den Vergifteten in freie reine Luft bringt, ihm zur Ader läst und unterdes so geschwind wie möglich Anstalt macht, ihn Leberluft einathmen zu lassen. Von irgend einer Schwefelleber, mit einer Säure vermischt, die aufsteigende Luft einziehen lassen, wird augenblikliche Erleichterung schaffen. Doch erinnere ich, daß hier ein Gemisch der Kalkschwefelleber[S. 167] mit Weinsteinrahm in kochendes Wasser gerührt, und in die Lunge gezogen einen Broden giebt, der almählig und fortgesezt mit dieser flüchtigen Luft geschwängert, eine Bähung verursacht, die nicht nur die feinen Arseniktheile desto nachdrüklicher und gewisser umwandelt, sondern zugleich durch ihre erschlaffende Kraft die krampfhaften Zusammenziehungen der Brust mindert. Erst nachdem eine grose Menge mit Leberluft angefüllter Wasserdampf eingeathmet worden ist, darf man daran gedenken mit etlichen wenigen Tropfen flüssigem Laudanum die Gewalt des Hustens einigermaßen einzuschränken, (um Blutspeien zu verhüten) nie aber ihn binnen einigen Tagen ganz damit zu unterdrücken, welches eine unausbleibliche Zerstörung der Lunge im Stillen nach sich ziehen würde.
§. 298. Eben so kräftig kan man denen zu Hülfe eilen, die eine Menge feine Arseniktheile in Staub auf einmal eingeathmet haben, und doch wird man in diesem wie im vorhergehenden Falle oft nichts ausrichten, wenn man nicht zeitig das eingeathmete Gift in Operment verwandeln und so aushusten lassen kan.
Diejenigen Arbeiter hingegen, die ihres Gewerbes wegen, dem arsenikalischen Staube und Rauche ununterbrochen oder oft ausgesezt sind, leiden zwar (der Angewöhnung halber) nicht so heftige und schnell einreissende Beschwerden, fallen aber im Gegentheil oft in langwieriges Siechthum und in die Folgen einer schleichenden Vergiftung. Wie diesen, und dem bergsüchtigen Asthma (§. 293.) abzuhelfen sei, haben wir bis hieher nach Vermögen gezeigt, es bleiben uns die Verwahrungsmittel zu berühren übrig.
§. 300. Gewöhnlich bedienen sich diese Leute selbst schon einiger Vorbauungsmittel, die jedoch gröstentheils mehr auf die Verwahrung des Magens und der Lunge gegen unvermuthet eingeathmete und verschlukte Arseniktheile, als auf die Verhinderung des Eindringens derselben in die Hautlöcher gerichtet zu seyn. Stark mit Butter bestrichenes Brod, Spek oder fette Brühen vor Antritt ihrer Arbeit genossen, ist fast alles, was sie in dieser Absicht anwenden.
§. 301. Zudem sind noch einige so vorsichtig, daß sie bei ihrer Arbeit Mund und Nase fest verbinden und nur durch die feinen Löcher dieses Tuchs Athem holen, welches, durch den feinen Dunst, den sie aus der Lunge hauchen, befeuchtet, eine Menge Staub- und Rauchtheile wie ein geneztes Haarsieb aufzufangen und abzuhalten pflegt.
§. 302. Es läst sich zwar nicht wohl ein mechanisches Mittel denken, welches den groben Staub nachdrücklicher von der Lunge abhielte, als dieses, doch siehet auch jedermann, daß ein solches Verbinden des Mundes und der Nase durch eben die Oefnungen der Leinwand, wodurch die Luft zum Athemholen eindringt, eine Menge unsichtbaren Staubs durchlassen könne, der nicht ohne Schaden in die Lungen dringet. Vor allen aber läst sich der arsenikalische Rauch am wenigsten durch Mundtücher abhalten.
§. 303. Dies ist auch die Ursache der so häufigen Lungensuchten, des Bluthustens und der krampfhaften Engbrüstigkeit, denen Leute dieser Art so oft ausgesezt sind.
§. 304. Etwas mögen nun wohl die genossenen Fettigkeiten, die Butter, u. d. g. selbst zum leichtern Loshusten dieser eingeathmeten Gifttheile beitragen, wie wir an der guten Wirkung der eingenommenen milden Oele gegen scharfe reizzende Materien, die troknen, krampfhaften Husten erregen,[S. 170] wahrnehmen, aber allem Nachtheile vorzubeugen vermögen sie nicht.
§. 305. Die Gewohnheit und ein schlaffer, mit schleimigten[171] Feuchtigkeiten angefüllter, etwas unempfindlicher Körper sind die gewöhnlichsten Veranstaltungen, deren sich die gütige Natur bedient, dies reizzende Gift so unschädlich wie möglich zu machen, und es durch gelindes Husten und Erbrechen wieder fortzuschaffen.
§. 306. Berg- und Hüttenleute nebst den Künstlern und Arbeitern, die mit ähnlichen arsenikalischen Metallen umgehen, können also zwar durch Verbinden des Mundes und der Nase durch genossene, Fettigkeiten u. d. g. eine Menge Arseniks von ihren innern Theilen abhalten, und abstümpfen, auch auf der andern Seite durch eine almählig aufsteigende Angewöhnung an dergleichen Staub und Rauch sich ungemein gegen die schnellen Zufälle dieses Giftes verwahren und einigermasen dawider abhärten, und folglich ungleich mehr davon ertragen, als ein Ungeübter; aber den oben genanten schleichenden und nicht minder fürchterlichen Folgen entrinnen doch nur wenige. Zu diesen unmerkbar entstehenden bösartigen Zufällen trägt nicht wenig das bei solchen Arbeiten gemeiniglich nicht befürchtete Eindringen der feinsten Arseniktheile durch die einsaugenden Gefäse[S. 171] der Haut des ganzen Körpers bei. Je weniger man hievon Beschwerden argwohnet, desto nachlässiger ist man gewöhnlich bei Bedekung des Körpers.
Solten arsenikhaltige Wässer[172] in den Gruben oder ähnlicher Staub die Haut angefressen und bösartige Geschwüre erzeugt haben, so wird das Baden in schwefelleberlufthaltigem Wasser die besten Dienste thun.
§. 307. Diesen Folgen vorzubeugen, solten die Häuer, die Klaubesteiger, welche Arsenikerze aushalten, vorzüglich die sogenanten Farbsieber und diejenigen, die mit trokner Pülverung und Verpackung des Arseniks sich beschäftigen, nächst dem jedesmahligen Vorgenusse fetter Speisen, und der Verwahrung der Lunge und des Schlundes, auch bedacht seyn, ihren Leib in dichte Kleider zu hüllen, dabei aber hauptsächlich, wo sichs thun läst, auf eine solche Stellung bei ihrer Beschäftigung Rüksicht[173] nehmen, daß der Luftzug vorwärts streiche und die schädlichen Theilchen mit sich fort reisse.[174]
§. 308. Man hat es gröstentheils der Menschlichkeit und dem Erfindungsgeiste der Neuern zu danken, daß das so schädliche und unbequeme trokne Pochen durch Handkraft so viel möglich abgeschaft und nasse Pochwerke durch Künste an ihrer Stelle eingeführt worden sind. Es läst sich kaum glauben, wie vielem Elend und Siechthum, die jene alte unkräftige Arbeit veranlaste, durch diese neuern Anstalten vorgebeugt, wie viel Väter armer zahlreicher Familien und wie viel nüzliche Bürger dem Staate durch sie erhalten werden, Vorteils genug, wenn man auch die erhöhetere Ergiebigkeit der Schliche bei nassen Kunstpochwerken nicht in Anschlag bringen wolte.[175]
§. 309. Auf eine ähnliche Menschlichkeit wünschte ich die Unternehmer der Zinnzwitter-, Kobald- und Arsenikrösten aufmerksam zu machen, daß sie durch Schlotten, Essen und vortheilhafte Stellung der Rostöfen den Luftzug zu befördern und so das Leben und die Gesundheit der oft so elenden Schürer handhaben mögten.
§. 310. Farbenreiber, die mit Mahlen des rothen und gelben Rauschgelbs viel zu thun haben, müssen, ob sie gleich wegen gewöhnlicher Benezzung der Farbe so leicht nicht viel vom Staube zu befürchten haben, dennoch stets Mund und Nase bei ihrer Arbeit verbinden, theils damit ihnen, der obschon geringe Staub nicht schade, theils aber und vornemlich, damit sie abgehalten werden, die damit beschmuzten Finger unwilkührlich an Mund und Nase zu bringen. Sie müssen übrigens auf sorgfältige und öftere Fegung ihrer Werkstäte sehen, und den Genus fetter Speisen sich angelegen seyn lassen.
§. 311. Die Ausfegung der Giftfänge ist unter ähnlichen Arbeiten die allernachtheiligste, weil man hier den Vortheil eines günstigen Luftzugs[S. 174] nicht benuzzen kan. Eine Maske mit gläsernen Augen, worunter Mund und Nase noch besonders verbunden sind, das vorgängige Einreiben irgend eines Oels oder Talgs in die Oberhaut des ganzen Körpers, lederne Kleider und das nach Vollendung der Arbeit so vortheilhafte Baden in fliesendem Wasser, oder Abwaschen mit lauem Seifwasser und das Mundausspülen, werden nächst dem Genusse fetter Substanzen die besten Dienste thun.
Ob dies Werk gleich keine Anleitung zur gerichtlichen Obdukzion überhaupt seyn soll, so wird man mir doch verzeihen, wenn ich hier die Hauptpunkte der Legalität einer Leichenöfnung (doch, wo sichs ziemt, stets in Rücksicht der Arsenik- oder doch der Vergiftungen überhaupt) mit einigen Worten berühre, da ich sehe, daß noch mancher Arzt hievon nicht unterrichtet ist, und deshalb bei wichtigen Fällen zuweilen nach aller Mühe rechtschafner Untersuchung und Bescheinigung, blos weil nicht nach dem Buchstaben der Gesezze verfahren war, Vorwürfe, Schmähung und Verwerfung seiner Aussprüche vom Vertheidiger des Inquisiten erfahren mus. Man kan diese Vorerinnerungen als Einleitung zur eigentlichen gerichtlichen Ausmittelung ansehn.
§. 313. Um dieser kränkenden Beschimpfung zu entgehn, zugleich auch, um sich in Stand zu sezzen, dem Richter das gemessenste und gründlichste Gutachten in die Hände geben zu können, welches[S. 178] vorzüglich bei Vergiftungsbescheinigungen von so äuserster Wichtigkeit und Schwierigkeit ist, merke man folgende Erfordernisse und bringe sie zu seiner Sicherheit in Ausübung.
§. 314. Der vom kompetenten Richter gehörig requirirte[176] Arzt mus promovirt[177] seyn, oder doch das höhere Examen[178] überstanden haben. Sein Doktoreid reicht schwerlich[179] zu solchen Untersuchungen hin; es mus deshalb der Arzt entweder ausdrüklich zu der vorkommenden Leichenöfnung vereidet[180] werden, oder er hat schon überhaupt einen Physikatseid abgelegt, der ihn zu jeder gerichtlichen Besichtigung im Lande tüchtig[S. 179] macht,[181] oder, welches am sichersten, er ist Physikus des Sprengels, wo die Oefnung vorfält,[182] in welchem Falle er durchaus von wiederholter Vereidigung auf einzelne Fälle frei ist,[183] wo Lethalität in Untersuchung kömt.
§. 315. Eine ähnliche Legalität wird vom Wundarzte verlangt, der die Sekzion verrichten[S. 180] hilft; er mus vom Richter verlangt, und entweder schon gerichtlicher Wundarzt seyn, oder zur gegenwärtigen Handlung verpflichtet werden,[184] mit Voraussezzung, daß er zur chirurgischen Praxis schon vorher bestätigt war.
§. 316. Ohne den Arzt kan die Leichenöfnung nicht,[185] wohl aber ohne den Wundarzt vom legalen Arzte allein[186] verrichtet werden. Es können mehrere Aerzte und Wundärzte dazu genommen werden.
§. 317. Die Oefnung mus in Beiseyn des Richters[187] des Gerichtschreibers auch wohl mehrerer Gerichtspersonen[188] sobald wie möglich[189] und an einem geräumigen, hellen[190] Orte volzogen werden, da das Urtheil des Arztes blos aus sinnlich[S. 181] begriffenen und sinnlich vorgefundenen Umständen fliessen darf.[191]
§. 318. Der Arzt zeigt die vorkommenden Widernatürlichkeiten dem in dieser Absicht anwesenden Richter, und dem Gerichtsschreiber (wie den übrigen Anwesenden) namentlich an, damit lezterer jedes Einzelne sogleich zu Registratur bringen könne. Der Arzt selbst verzeichnet sich selbst von Zeit zu Zeit alles Vorkommende stehenden Fuses.[192]
§. 319. Ausser der äusserlichen Besichtigung müssen alle drei Haupthölen des Körpers[193] (Unterleib, Brust, Kopf) geöfnet werden. Alles ausser und in dem Körper vorfindliche Korpus Delikti mus gemessen, gewogen, aufgehoben, und chemisch, womöglich im Beiseyn des Richters,[194] und etwa eines andern Kunstverständigen (eines geschikten Apothekers) genau untersucht werden.
§. 320. Ein Theil des gefundnen, angeblichen Giftes soll den Akten, zur anderweitigen Erkentnis einer Fakultät, oder eines medizinischen Kollegiums,[S. 182] beigefügt werden, sobald der Arzt selbst nicht zu entscheiden wagt.
§. 321. Zur genauern Bestimmung des Urtheils müssen die Angehörige und Umstehenden vom Arzte[195] oder, wie mich besser dünkt, (auf Veranlassung des Arztes) vom Richter[196] um alle Umstände befragt werden, die auf Berichtigung des Korpus Delikti und die Lethalität der Vergiftung Einflus haben können, oder der Richter theilt ihm selbst die verlangten Nachrichten mit, ohne die er keinen gründlichen Bescheid von sich geben kan.[197]
§. 322. Der Sekzionsbericht[198] enthält, von wem die Medizinalpersonen requirirt worden; Tag, Stunde der Untersuchung; namentliche Anführung der gerichtlichen (und andrer merkwürdigen) Personen, in deren Beiseyn, Gasse, Haus, Stelle, wo sie geschehen;
§. 323. Namen, Herkunft, Stand, Alter, Gröse, Gestalt, Geschlecht, Gemüthsart und Temperament, vorgängige Leibesbeschwerden des Verstorbenen;
§. 324. Umstände bei der Entstehung der verdächtigen tödlichen Krankheit, die Zufälle bis an den Tod, die dabei gebrauchten Hülfsmittel von wem, auf welche Weise, mit welchem Erfolg sie gereicht worden; Tag, Stunde seines Hinschieds;
§. 325. Benennung und beschriebne Beschaffenheit der um den Leichnam oder in seiner Wohnung vorgefundnen Mittel und zweideutigen (untersuchten) Dinge;
§. 326. Lage, wo und wie der Körper von ihnen angetroffen worden;
§. 327. Kleider, Bedeckungen desselben, wie sie beschaffen, was sich an und in denselben Bemerkenswerthes gefunden; Entkleidung;
§. 328. Aeusserer Zustand des ganzen Körpers und einzelner Theile; Grad der Fäulnis; Entfärbungen der Haut; Flecken, Ort, Gröse, Farbe derselben; andre Verlezzungen; Geschwulst des Unterleibes, des Gesichts — andrer Theile oder des ganzen Körpers; äussere Beschaffenheit der Geburtstheile, der Nägel, des Mundes, der Lippen, der Augen, Ohren, Haare (ihr Ausfallen oder Festsizzen;)
§. 329. Beschreibung der Oefnung des Unterleibes, vorgefundne Widernatürlichkeiten seiner[S. 184] Bedeckungen; Lage der Eingeweide; Feuchtigkeiten in der Bauchhöle; Herausnahme des Magens und der Gedärme; äussere Beschaffenheit, Farbe, Flecken u. s. w. jedes derselben ins besondre; Oefnung dieser Theile (des Magens, Zwölffinger-, nüchternen u. s. w. Darmes); Grad der Anfüllung jedes dieser Theile; Ausleerung des Inhalts eines jeden; Schäzzung der Menge desselben, seine Farbe, Geruch, andre sinliche Beschaffenheit; Aufbewahrung dieser Flüssigkeiten bis zur anderweitigen Untersuchung; Herausschabung der festen, pulverhaften im Magen und dann in den Gedärmen gefundenen, verdächtigen Körper, ihre sinnliche Beschaffenheit, (Gestalt, Geruch, Härte, Schwere, Menge) versiegelte Aufbewahrung bis zur fernern Untersuchung;
§. 330. Beschaffenheit der innern Häute der ersten Wege; widernatürliche Stellen, inwiefern sie mit den äusserlich gefundnen in Verbindung stehen, eingeschrumpfte, entzündete, brandige, durchgefressene, blutschwizzende, mit Schorf bedekte, leicht ablösliche Stellen der zottigen Haut, wie tief sie eindringen, Ort, Gestalt, Gröse, Zahl, Farbe derselben;
§. 331. Der übrigen Eingeweide äussere sinliche Beschaffenheit, Gröse, Härte, Farbe, Fäulnis; Eröfnung jedes derselben, innere fehlerhafte Textur, andre Widernatürlichkeiten derselben; Inhalt der Gallblase, Harnblase u. s. w.
§. 332. Eröfnung der Brusthöle; Zustand der Hüllen der Lungen und des Herzens; Lage der Eingeweide[S. 185] der Brust; äusserer, innerer Zustand der Lunge, Gröse, Farbe, Verhärtungen, in ihre Substanz ergossene Feuchtigkeiten; Luftröhre; Herz, äussere Beschaffenheit (Gröse, Farbe, Festigkeit u. s. w.); innere (Inhalt an Blut, seine Natur; Verknöcherungen, Polypen u. s. w.); Aeussere, innere Beschaffenheit der grosen Puls- und Blutaderstämme, Inhalt, Widernatürlichkeiten; Beschaffenheit des Zwergfels;
§. 333. Aeussere, innere Beschaffenheit des Schlundes und Mundes etwaniger Inhalt, Entzündungen, Anfressung;
§. 334. Eröfnung des Kopfs; Zustand der äussern Bedeckungen und Knochen, der innern Bedeckungen des Gehirns; Gestalt, Substanz desselben; Inhalt seiner Hölen; Volheit und Inhalt seiner grösern Blutgefäse und Blutgänge; andre Widernatürlichkeiten (Verhärtungen, Entzündungen, äusserlich ergosne Feuchtigkeiten;[199])
§. 335. Nähere Erörterung der anderweitig genauer, chemisch untersuchten flüssigen und festen Dinge die in der Nähe des Erblichenen und in den[S. 186] ersten Wegen als Korpus Delikti gefunden waren; beschriebne, chemische Untersuchung jedes derselben, wann, wo, von wem, in wessen Beiseyn sie geschehen; Resultate —
§. 336. Anführung der verschiednen, möglichen Urtheile über die Todesart; Widerlegung;
§. 337. Zusammenstellung aller gemachten Bemerkungen, und hieraus hergeleitetes vom gerichtlichen Arzte allein[200] zu fällendes, entscheidendes oder suspendirtes[201] Urtheil,[202] wenn die Gründe[S. 187] für und wider einander alzu gleich aufwiegen; Bestimmung der wahrscheinlichsten Todesart und des Grades der Tödlichkeit der Vergiftung in Rüksicht der bekanten und wahrscheinlichen, nahen und entfernten, veranlassenden oder bestimmenden Ursachen des unglüklichen Ausgangs;[203]
§. 338. Eidliche[204] Unterschrift und beigedruktes gewöhnliches Siegel des gerichtlichen Arztes (der Aerzte) und Wundarztes (mehrere Wundärzte); Ort und Tag der Ausfertigung.
Unsre Vorfahren waren mit ihren Bestimmungen einer Vergiftung geschwinder fertig als wir. Sie schlossen aus einer Menge Zufällen, die der Kranke vor seinem Ableben erlitten, aus einer übelriechenden, Thiere tödenden, im Magen gefundnen Masse, seltner noch aus Anfressungen der innern Haut dieses Theils, und dem Knoblauchsgeruche des fremdscheinenden, gefundnen Körpers, der Kranke sei an Arsenik gestorben, und der Richter glaubte sich nach diesem Urtheile für überzeugt zu halten, wenn der Giftkauf, und des angeblichen Thäters Geständnis (oft durch Folter erpreßt) dazu kam. Fehlten aber die meisten aus der Garnitur der Symptomen und Zeichen, die sie sich bei einer Vergiftung verzeichnet hatten, roch die Masse nicht übel, tödete etwas davon einen Hund oder Hahn nicht, hatte es auf Kohlen geworfen keinen Knoblauchsgeruch,[205] wolte das Zeugenverhör, oder die verdächtige[S. 189] Person (selbst durch Folter) nichts bejahen, schnell war die Lossprechung fertig.
§. 340. Seitdem aber das Menschengeschlecht etwas reifer geworden ist, glaubt man nicht behutsam genug in einer so wichtigen und schwierigen Materie zu Werke gehen zu können. Arzt und Richter wetteifern ihre Ueberzeugung so viel möglich zur Evidenz zu erheben, um durch Scheingründe, für Wahrheit genommen, sich nicht hinreissen zu lassen, dem Mörder die verdienten Ketten abzunehmen oder den Schuldlosen mit dem Henkersrade zu zerknirschen.
§. 341. Jemehr der Arzt also Erkentnisquellen vor sich hat, aus denen er seine Ueberzeugung schöpfen kan, desto bestimter wird sein Urtheil. Deshalb werde ich, was Aeltere und Neuere für Gründe geschehener Arsenikvergiftung hielten, anführen und abwägen, und zusezzen, was ich hinzuzusezzen habe.
§. 342. Ueberhaupt bestimmen den gerichtlichen Arzt, Arsenikvergiftung zu behaupten,
1.) | Die Zufälle der tödlichen Krankheit, |
2.) | Die besondern in und an dem Körper des Verstorbnen bemerkten Widernatürlichkeiten, |
3.) | Die chemischen Eigenschaften des in den ersten Wegen gefundnen, oder auch |
4.) | der in der Nähe des Erkrankten vorfindlichen verdächtigen Dinge. |
§. 343. Aus dem Genanten und
1.) | aus der Wirkungsart des Arseniks in unserm Körper, |
2.) | aus der Gabe und der Gattung des Arsenikgifts, |
3.) | aus den vorgefundnen Verwüstungen, verglichen mit der sichtlichen Körperbeschaffenheit des Lebenden vor der Vergiftung, den bei der Oefnung gefundnen, zum unglüklichen Ausgange mitwirkenden, sonstigen Todesursachen und dem Verhalten des Vergifters, des Vergifteten, und der Umstehenden nach der That, (die zufälligen äusseren Ursachen mit eingeschlossen) und |
4.) | aus andern gerichtlich deponirten Thatsachen bestimt er den Grad der Tödlichkeit der geschehenen Arsenikvergiftung. |
§. 344. Wenn die ältern Schriftsteller uns zur Ausmittelung der Vergiftungen anleiten wolten, so gaben sie uns ein gemischtes Verzeichnis von Zufällen aller Arten von Vergiftungskrankheiten und von Widernatürlichkeiten, die man von jeher an und in dem Leichname einer angeblich an Gift gestorbenen Person wolte bemerkt haben.
§. 345. Von ersterer Gattung liefert uns Alberti[206] ein Verzeichnis von vier und siebenzig besondern Zufällen, von lezterer aber sieben und zwanzig Giftzeichen an Verstorbenen. Man kan diese[S. 191] Verzeichnisse bei ihm selbst nachlesen, ich bemerke blos, daß hiebei nicht die mindeste Rüksicht auf die Verschiedenheit der Gifte genommen ist. Zufälle die einigen natürlichen Krankheiten zukommen, Zufälle die den zusammenziehenden, reizzenden, äzzenden, erhizzenden, und narkotischen Giften eigen sind, alle, ohne Unterschied, oft entgegen gesezte Zufälle. Etwas, aber nicht viel besser, ist es mit den Vergiftungszeichen an den Körpern der Verstorbnen.
§. 346. Arsenik ist aus der Klasse der äzzenden Gifte, wo sie an die zusammenziehenden und an die reizzenden gränzt. Er wirkt zwar nicht mit allen Giften der äzzenden Klasse überein, doch ist diese Verschiedenheit bei Lebenden oft sehr unmerklich, bei Leichnamen aber fast ganz verloschen.
§. 347. Die äzzende Klasse der Gifte, worunter ich besonders einige Mineralgifte, vorzüglich Arsenik verstehe, in einer Dosis, die sie zum ersten Grade qualifiziren, wirkt (ohne sonderliche Hülfsanwendung) bei Lebenden gemeiniglich
1.) | eine äzzende Schärfe im Gaumen, |
2.) | ein zusammenschnürendes Brennen im Schlunde, |
3.) | ein feuriges Fressen im Magen, |
4.) | unüberwindlichen Eckel, gewaltsames, gröstentheils fruchtloses Erbrechen und Würgen, schmerzhaft krampfhafte Zusammenziehungen des Magens, des Zwergfels, und der Bauchmuskeln, |
5.) | die heftigsten, frostartigen Fiebererschütterungen,[S. 192] den krampfhaftesten, härtesten, schnellesten Puls, |
6.) | mehr Lechzen nach kühlender Labung, als Durst nach Flüssigkeiten, |
7.) | Angst zum Zerplazzen, kalten Schweis, |
8.) | schneidendes Reissen in den Gedärmen, |
9.) | qualvolles, unverrüktes Bewustseyn, bis zu den |
10.) | gewaltsamen Zuckungen, kurz vor dem (oft schnellen)[207] Tode. |
§. 348. Diesen untergeordnet sezze ich noch die gewöhnlichen oder doch nicht sehr selten hiebei vorkommenden folgenden Zeichen her. Blutiges[208] schwarzes Erbrechen und Durchlauf,[209] mit unleidlichem Stuhlzwange, oder hartnäckigste Verhaltung des[S. 193] Stuhlgangs und Harns; hervorragende, glänzende, rothe Augen, verwandeltes, oder geschwollenes Gesicht. Aufschwellen des Halses, der Zunge, der Lippen, des Unterleibes; Zittern aller Glieder, der Lippen; Schluksen; ashaft stinkende Stühle; endlicher Verlust des Gesichts und Gehörs; geschwinder Tod, eines sonst gesunden, von gesunden Speisen genährten Menschen.[210]
§. 349. Man kan zwar nicht sagen, daß unsre Vorfahren, auch Neuere, diese Symptomen und Zeichen der Arsenikvergiftung ausschlieslich zugeschrieben haben, aber auf ein äzzendes beigebrachtes Gift haben sie unter solchen Umständen zum öftern geschlossen, wie unrecht dies in manchen Fällen geschehen, wollen wir jezt sehen:
§. 350. Wie oft bringen zerstörende Leidenschaften, Freude,[211] Zorn, Schrek,[212] Gram, Abscheu, ja Eckel vor sonst geniesbaren Dingen:[S. 194] Käse, Schweinefleisch u. d. g.[213] Einbildung[214] ähnliche oder dieselben Zufälle und schnellen Tod zuwege.
§. 351. Wie oft haben verdorbne Speisen[215] vorzüglich Austern und Muscheln,[216] Würmer im Magen,[217] eiskaltes Getränk[218] in einem erhizten[S. 195] Magen gegossen, Kohlendampf,[219] (phlogistisirte Luft,) Ueberladung mit hizzigen Getränken,[220] heisser Kuchen und Brod ungekaut und jähling verschluckt, unterdrückte Blutausleerungen,[221] Anfälle von Schlage, Unnatürlichkeiten und üble Lage der Eingeweide,[222] Verengerung der Gedärme,[223] zurükgetriebnes Podagra,[224] innerer Wasserkopf,[225] und andre Krankheiten,[226] Ausleerungsmittel,[227][S. 196] Fasten[228] ähnliche schrekliche Symptomen und schnellen Tod hervorgebracht, deren Ursache man für beigebrachtes Gift hätte halten sollen, wenn nicht bekantgewordne Umstände und Leichenöfnungen die Wahrheit an den Tag gebracht hätten! Eben dies haben andre sonst unschädliche Nahrungsmittel[229] verursacht.
§. 352. Unter den natürlichen Krankheiten, die jene schreklichen Symptomen, erstaunliche Angst, gewaltsames Erbrechen, Inflammazion und Brand in den ersten Wegen und jählingen, wie von Gift herrührenden, Tod erzeugen, müssen vor allen bösartighizzige, Faulfieber und Ruhr genant werden, wovon uns Bartholin, Guarignon, Spigel, Wepfer, Panarolus, Bonet, Morgagni, Lieutaud, und andre die hieher gehörigen treffendsten Beispiele aufgezeichnet haben.
§. 353. Keine aber unter allen Krankheiten behauptet in Rüksicht der großen und fast ununterscheidbaren Aehnlichkeit mit den Zufällen eines äzzenden Giftes einen so grosen Vorrang, keine ist verdachtvoller, als Kolik[230] und Cholera,[231] vorzüglich[S. 197] wenn eine gallsüchtige Person in einem Anfalle derselben einen heftigen Zorn verbeissen und unterdrücken mus, sich dabei sonst noch erhizt, oder wohl gar noch hizzige Getränke,[232] Brantwein u. s. w. auch wohl hizzige Opiate, Philonium, Theriak, Mithridat oder starke Brechmittel[233] u. d. g.[S. 198] zu sich nimt — vornehmlich in einer heissen Jahrszeit, oder sonst bei starker Betten- und Stubenhizze.
§. 354. Auf der andern Seite haben wir Beispiele von Vergiftungen mit Arsenik (der doch allemal unter den äzzenden Giften die Hauptrolle spielt) wo Hauptsymptomen gänzlich gefehlt haben. So sind oft keine Konvulsionen[234] erfolgt; ja was noch mehr, als alles, ist, zuweilen ist ganz und gar kein Erbrechen[235] entstanden, die Kräfte sind blos gesunken, und der Vergiftete ist gestorben.
§. 355. Da nun, wie wir gesehen haben, eine Menge natürliche Ereignisse möglich sind, und vorzukommen pflegen, die einen gesund scheinenden Menschen jähling mit allen oder doch den meisten der genanten Vergiftungssymptome zu töden pflegen so wird es uns fernerhin nicht erlaubt seyn, diese obgleich noch so fürchterlichen und gehäuften Symptome für einen Beweis einer geschehenen Vergiftung — mit einem äzzendem Gifte, oder wohl gar namentlich mit Arsenik auszugeben; und als hauptsächliche[S. 199] oder wohl gar alleinige Beweise in unsern Oefnungsscheinen aufzuführen.
§. 356. Dem Privatarzte nüzt die Kentnis dieser Zufälle beim Krankenbette am meisten; durch sie und durch beantwortete Fragen angeleitet, wird er selten über eine geschehene Vergiftung (mit einem äzzenden Gifte) zweifelhaft bleiben, und so sicherer und gründlicher heilen.[236] Der Polizei dienen sie, mit einigem Grunde ihre gerichtliche Untersuchung anzuordnen, oder dem Thäter auf die Spur zu kommen.
§. 357. Wir gehen zu den Merkmalen einer (mit äzzendem Gifte) geschehenen Vergiftung an und in dem zu untersuchenden Leichname über. Sonderlich auf sie hat man sich so oft und viel bei gerichtlicharzneilichen Aussprüchen zu gute gethan, und oft ganz allein auf ihnen Leben und Tod des Angeschuldigten beruhen lassen.
§. 358. Ich bemerke zu erst das wichtigste aller Kenzeichen: zusammengeschrümpfte, leichtablösliche, losgeschabte Stellen der innern Haut des (Schlundes) Magens, (der Gedärme), entzündete, brandige, mit grauem Schorfe überzogne (tief eindringende) Flecken (mit blutquellenden Punkten) der ersten Wege.
§. 359. Die übrigen oft, oder seltner vorkommenden: schnelle Fäulnis des Körpers, eine von Geruch und Ansehn ungewöhnlich üble[237] Masse oder blutige Jauche, die Thiere tödet; bis zum Plazzen ausgespanter Unterleib; Geschwulst des ganzen Körpers, blutiger Schaum vor dem Munde, schwarze, leicht abgehende Nägel, Ausfallen der Haare, verschiedentlich gefärbte Flecken äusserlich am Körper vorzüglich, auf dem Rücken, den Füsen, auf den Weichen; schwärzliche, geschwollene Geburtstheile; in allen Gefäsen aufgelöstes schwärzliches Blut, schwarze Leber, welkes Herz u. s. w. auser einer Menge sogar lächerlicher Merkmale.
§. 360. Zuerst etwas über leztere, um dann das erstere desto genauer zu betrachten. Die alzu auffallend gleichgültigen übergehe ich. Es ist wahr, die meisten Leichenöfnungen haben vorzüglich bei der[S. 201] Arsenikvergiftung das Blut in den grösern Stämmen und im Herzen schwärzlich aufgelöst gezeigt. Doch dies finden wir noch bei mehrern Krankheiten[238] und selbst bei Arsenikvergiftungen weis ich einige Fälle vom Gegenteile.
§. 361. Das Abfallen der Nägel und das Ausfallen der Haare findet sich etwas selten bei Arsenik- (oder andern äzzenden) Vergiftungen, über dies ist ersterer Umstand nach bösartigen Fiebern[239] nicht ganz ungewöhnlich und lezterer kömt häufig nach einer Menge hizziger Fieber, langwierigen Kopfschmerzen und nach dem Gebrauche des Queksilbers vor.[240]
§. 362. Die schwärzlichen und bläulichen Flecken am Körper sieht man häufig bei den Leichnamen scorbutischer, kachektischer, oder plötzlich (ohne Gift) gestorbener vollblütiger Personen.[241] Und wie oft finden sich bei Arsenikvergiftungen gar keine Flecken,[242] oft auch kein Auflaufen des Körpers,[243][S. 202] welches dagegen nicht selten nach andern Todesarten vorkömt. Oft sieht man bei Arsenikvergiftungen keine schnelle Fäulnis.[244]
§. 363. Eine garstige im Magen gefundene Materie, welche Thiere tödet, hat man für eines der wichtigsten[245] Merkmale einer geschehenen Vergiftung angesehn, und wenn das zum Versuche bestimte Thier nicht davon starb, schlos man das Gegentheil mit vieler Zuverlässigkeit. Bei fast allen Personen, die an irgend einer Art bösartigen Fiebers oder an schneller Verderbnis der zu den Verdauungswegen geleiteten Säfte des Körpers jähling dahin sterben, findet man eine übelriechende Materie von garstiger Farbe in den ersten Wegen, deren ausgeartete Schärfe vielleicht[246] auch Thieren schädlich[S. 203] und tödlich werden kann, vorzüglich wenn die Fäulnis schon überhand genommen hat. Aber auf der andern Seite, wie Manches ist dem einen Thiere schädlich, dem andern nicht! Wie manches fast ohne Nachtheil für den Menschen, Thieren aber gefährlich und tödlich.[247] Wie manches einem Menschen tödlich, Thieren fast gar nicht schädlich! Wie manches ist dem einen, besonderer Körperbeschaffenheit wegen, Gift, für jeden andern aber von unschädlicher Natur![248]
§. 364. Gesezt also, eben die bösartige Materie, die man im Magen eines plözlich mit heftigen Zufällen verstorbnen Menschen fand, töde zuweilen ein Thier, kan man hieraus mehr schliessen, als daß diese Materie dem Verstorbnen sehr schädlich war, auch wohl seinen Tod bewirkte? Woher dieser Stof kam, ob von ausgearteter, äzzend gewordener Galle, wie oft, ob durch Absezzung aus der Blutmasse, ob von verdorbnen Nahrungsmitteln, oder von einem[S. 204] beigebrachten Gifte, alles dies kan doch wahrlich nicht, ohne Leichtsin oder verschobne Denkart, aus der Thieren schädlichen Beschaffenheit dieser Materie entschieden werden!
§. 365. Hiezu sezze man, daß Thieren besonders Hunden, die man gröstentheils zu dem Versuche nimt, etwas von der im Magen, namentlich an Arsenik, gestorbener Personen gefundnen Masse oft nicht schädlich[249] oder doch nicht tödlich war; vor allen aber, daß Gaben Arsenikgift selbst, die Menschen an sich durchaus tödlich sind, Thieren nicht tödlich waren,[250] woraus sich vollends die[S. 205] Ungewisheit dieser so gerühmten Probe zu Tage legt.
§. 366. Wie viel übrigens die Gattung, die Stärke, Munterkeit, so wie auf der andern Seite Kränklichkeit und Schwäche, wie viel besondre körperliche Dispositionen, angefülter oder leerer Magen, leichtere oder schwerere Entledigung durch Brechen und Durchlauf, zäher Schleim in den ersten Wegen u. s. w. eines zum Versuche bestimten Thieres, und eine grösere oder kleinere Menge der beigebrachten verdächtigen Substanz zur Zweideutigkeit des Beweises[251] beitrage, sieht man ohne mein Erinnern.
§. 367. Man schliesse ferner aus vorgefundnen Entzündungen des Magens ja nicht sogleich auf beigebrachtes Gift, so lange es gewis ist, daß[S. 206] die meisten giftartig wirkenden Krankheiten, Leidenschaften und Nahrungsmittel (§. 350. bis 353.) so wie alle etwas starke Ausleerungen, sie mögen veranstaltet oder natürlich seyn, den Magen und die Gedärme zu entzünden pflegen; vorzüglich wenn man sich Riolan’s[252] Warnung zu Herzen gehen läst, da er sagt, „der Magen sei oft ohne weitere Veranlassung, besonders auf der linken Seite, von den hier in die Magensubstanz eingeflochtenen Milzgefäsen braun, blau, schwärzlich und wie entzündet anzusehn, da dann oft ungegründeter Verdacht empfangenen Giftes entstünde,“ und wie viel Ursachen entzünden den Magen![253]
§. 368. Wenn Hebenstreit auf den sich seine Nachfolger stüzzen, ein gewisses der (äzzenden) Vergiftung charakteristisch eignes Merkmal an einem obduzirten Leichname festsezzen will, so nennet er die Anfressung oder leichte Ablöslichkeit oder völlige Trennung der Zottenhaut des Magens, und will dies Zeichen allein für hinreichend angesehn wissen, gesezt man fände auch keine Spur vom Gifte[254]. Wahrlich sehr viel behauptet, vielleicht zuviel!
§. 369. Die Fälle sind nicht eben so selten, wo die zottige Haut des Magens sich von dem drunter liegenden dritten Zellgewebe und der Nervenhaut losgegeben hat[255] (ja wohl, wo Stellen der innern Haut in Eiterung übergegangen,[256] der Magen durchbohrt,[257] und durchlöchert, auch wohl brandig war)[258] aus ganz andern Ursachen,[S. 210] als nach empfangenem Gifte. (Andre Unterscheidungszeichen zwischen Vergiftung und natürlichen Krankheiten halten eben so wenig Stich.)[259]
§. 370. Dagegen findet man Beispiele von Arsenikvergiftungen, wo die innere Haut des Speisekanals nicht angefressen oder abgelöst war,[260] ja sogar welche, wo nicht einmal Entzündungsspuren zu sehen waren.[261]
§. 371. Wie schwer (ich mögte sagen unmöglich) es sei, aus den Symptomen und der gefundnen äussern oder innern Körperbeschaffenheit, Vergiftung[S. 212] von natürlichen Todesfällen zu unterscheiden, sahen eine[262] Menge Schriftsteller ein.
§. 372. Wenn dies nun alles trüglich ist, was bleiben uns wohl noch für gewisse Merkmale empfangenen (äzzenden) Giftes (Arseniks) übrig. Soll etwa das eigne Geständnis des Thäters[263] die Sache aufs Reine bringen, und den Richter von der geschehenen That dergestalt zur Ueberzeugung bringen, daß es nun leicht sei, die strenge Todesstrafe, den Inhalt der römischen und peinlichen Gesezze ohne weiteres Bedenken zu volziehen?
§. 373. Aber welche Menge von Ursachen kan dies zweideutige Geständnis bewirken! Dies sahen die Gesetzgeber und Rechtsgelehrten, wie von einem[S. 213] höhern Hauche beseelt, ein, und sprechen demnach diesem Geständnisse bei Abwesenheit des Korpus Delikti fast alle Beweiskraft ab. „Wo keine andre Ueberzeugung von begangner That als das blose Geständnis des Angeschuldigten vorhanden ist, da kan lezterer aus dem blosen Geständnisse nicht verurtheilt werden“[264] „Dem Verhafteten kan die Lebensstrafe nicht zuerkant werden, wenn nicht ausser seinem Geständnisse noch das Korpus Delicti vorhanden ist“[265] „Niemand kan durch Bekentnis ein Verbrechen machen, wo keins ist.“[266] „Niemand wird durch bloses Geständnis, jemand Gift gegeben zu haben, zum Verbrecher, wenn das wirkliche Gift nicht gefunden wird.“[267] „Ohne Korpus Delicti kan keine Todesstrafe statt finden, die Umstände mögen auch noch so gravirend seyn.“[268]
§. 374. Wie findet man aber das Korpus Delikti, wo sind die wahren Kenzeichen des Thatbestands (indicia corporis delicti) einer (Arsenik-) Vergiftung, wenn die genanten so schlüpfrig und trüglich sind? Ich werde diese Frage unten beantworten, wenn ich zuvor von dem wichtigsten und zuverlässigsten aller Thatzeichen der Auffindung des (Arseniks) Giftes gehandelt haben werde. Jezt erinnere ich noch, das wenn auch die stärksten der genannten Zeichen weiter keinen Nuzzen (wie doch das Gegentheil unten bewiesen werden soll) beim Criminalprozesse hätten, doch auf ihnen die Vermuthung einer geschehenen Vergiftung beruhe, ohne die kein solches Verbrechen je zur Untersuchung kommen würde.
Ich leugne nicht, daß man schon, seit man Arsenik kent, einige chemische Merkmale besas, das Daseyn des Arseniks zu errathen, ich meine den Knoblauchsgeruch und nachgehends den weissen Schmauch, den er bei seiner Verdampfung an Metalbleche legt.
§. 376. Lange hat man sich besonders mit dem Knoblauchsgestanke des verdampfenden Arseniks begnügt, um sich von seiner Anwesenheit zu überzeugen, und man würde sich noch damit begnügen, wenn Scheidekünstler der lezten Jahrzehnde vom ersten Range uns nicht tiefere, und, wenn man will, gewissere Einsichten durch genaue, zahlreiche und belehrende Versuche geschenkt hätten. Bergman, Scheele — mehr Namen bedarf man nicht.
§. 377. Ob die Weisheit ihrer Belehrungen die Köpfe unsrer gerichtlichen Aerzte schon heilsamlich durchdrungen und ihnen Fähigkeit eingeflöst hat, zur Rettung unschuldig Angeklagter und zur gerechten Abwägung der Verbrechen des Giftmischers alles nur Mögliche aus dieser wohlthätigen Kunst[S. 216] anzuwenden? dies ist eine Frage, die man doch einigermasen mit Ja beantworten kan.
§. 378. Diesen Ausspruch zu unterstüzzen, führe ich des Stadtphysikus zu Berlin Herrn D. Pyl[269] aus der Chemie genommene Kenzeichen des Arseniks an, die um vieles volständiger, als die bisher für gnüglich erkanten, sind:
1.) | Der Knoblauchsgeruch des gereinigten Pulvers — das Vergrösrungsglas entdecke die krystallinische Gestalt des weissen Arsenikpulvers. |
2.) | Ein Eisenblech wird von diesem Rauch weisgeflekt oder angeschmaucht. |
3.) | Thut man etwas Arsenik in fliesenden Salpeter, so geschieht nach Scheelens Erfahrungen, erstlich ein Aufwallen, und dann wird der Salpeter zersezt. |
4.) | Hat man eine hinlängliche Portion, so wird das Sublimiren in einer verschlossenen Retorte den sichersten Beweis abgeben. |
5.) | Da die Auflösung des Arseniks in Wasser fast alle metallische Auflösungen niederschlägt, so könte man auch hiemit (nach Wallerius) Versuche anstellen, doch sind die ersten Proben schon hinreichend, obgleich diese noch mehr Gewisheit geben. |
§. 379. Man wird meine Meinung über jeden dieser Punkte erwarten, und ich werde sie mit[S. 217] der diesem Verfasser schuldigen Bescheidenheit entwerfen, doch mit unverwandtem Blicke auf Wahrheit.
§. 380. Ueber 1.) Man hüte sich den Knoblauchsgeruch einer im Magen des Verstorbnen, oder in der Nähe desselben gefundenen verdächtigen, auf glühende Kohlen geschütteten Masse oder Flüssigkeit sogleich zum unwidersprechlichen Beweise des Arseniks zu machen, da
a) | wohl ein sehr in Fäulnis und Verderbnis gerathener natürlicher Stof im Magen eines an einem sehr bösartigen Fieber Verstorbenen (nach Bergman)[270] an sich zuweilen einen solchen oder ähnlichen Geruch besizt. Auch kan Knoblauch selbst in der Masse des Magens seyn. Man wende nicht ein, Arsenik habe unangezündet keinen solchen Geruch. Aller künstliche Arsenik frisch gepülvert (den weissen ausgenommen) Giftmehl, gelber und rother Arsenik stinkt knoblauchartig. |
b) | die Salzsäure giebt auf glühende Kohlen geschüttet einen knoblauchartigen Geruch. |
c) | Zinkfeile, |
d) | Phosphor, Phosphorsäure, schmelzbares Harnsalz, thun etwas ähnliches. |
e) | Die Kohlen oft selbst dampfen einen widrigen, Kopf einnehmenden ähnlichen Geruch aus. |
§. 381. Ebenso wenig folgt, wenn die verdächtige Masse auf Kohlen oder ein glühendes Blech geworfen keinen Geruch nach Knoblauch sondern einen brenzlichen Geruch, wie wenn man Horn oder Käse verbrent von sich giebt, daß hierdurch die Abwesenheit des Arseniks ausgemittelt sei.[271] Weit gefehlt! Weder das aus den Zotten der Magenhaut zusammengeschabte Pulver (welches oft seiner Geringfügigkeit wegen nicht gewaschen werden kan) ist so frei von thierischen Substanzen, noch vielweniger die inspissirte (obschon filtrirte) Magenflüssigkeit, oder die darin gefundene festere Masse, daß nicht bei dem einen, wie bei dem andern jener durchdringende Geruch nach verbrantem Horne den dem Arsenik eigenthümlichen Knoblauchsgeruch erstiken solte.[272]
§. 382. Ist eine verdächtige Masse in der Wohnung und in der Nähe des Verstorbnen gefunden worden, so kan sie ebenfals Arsenik in einem Gemisch eingewickelt enthalten, bei dessen Verbrennung[S. 219] irgend ein andrer nur nicht der Knoblauchsgeruch die Oberhand hat.
§. 383. Da Vergiftungen sehr oft mit aufgelösten Arsenik geschehen, oder, wenn das Gift in Pulver, die Menge zuweilen an sich sehr klein, fein, und zerstreut, oder durch langwieriges Erbrechen ungemein vermindert worden ist, so wird man sich nie auf diese Probe in solchen Fällen verlassen können, (gesezt es gäbe auch keine andern (§. 380.) Körper mit ähnlichem Geruche auf Kohlen) da es im ersten Falle unmöglich, in lezterm höchst schwer ist, die mindeste Giftsubstanz durch mechanische Behandlung so rein abzuscheiden, daß die Probe nicht trügen könte.
§. 384. Wäre die Menge des abgeschiednen Pulvers aber (wie oft) so gering, daß man kaum selbst den Versuch anstellen könte, und er überzeugte uns nicht völlig durch deutlichen Geruch,[273] was bliebe uns übrig zu andern Versuchen, oder (da man, wo es auf Leib und Leben ankömt, doch nicht aus Zweifeln Entscheidung hervorlangen kan) zu anderweitigen Versuchen eines medizinischen Kollegiums?
§. 385. Bei dem allen bleibt diese Probe, unter den bisher bekanten, immer noch eine der[S. 220] gewissesten, wenn das gefundene Pulver rein, im Ansehn mit einer der bekanten Arsenikarten übereinstimmend, und in gehöriger Menge (damit zu einem anderweitigen Versuche etwas übrig bleibt) vorhanden ist. Giebt dann dies Pulver auf ein glühendes Blech[274] oder eine brennende Kohle geworfen jenen bekanten Geruch unzweideutig von sich, so hat man schon viel zu seiner Ueberzeugung gewonnen, da es nicht leicht der Fall ist, daß im Magen eines Verstorbenen etwas von jenen Dingen (§. 380.) die einen ähnlichen Geruch geben, vorhanden seyn solte.
§. 386. Das Ansehn des gestosenen weissen Arseniks unterm Vergrösrungsglase ist eben nicht kristallinisch, wohl aber spizziger, eckiger und scharfer Form mit kleinen unregelmäsigen Vertiefungen und glänzenden Flächen, wie gestosener Vitriolweinstein.
§. 387. Ueber 2.) Sind die vorhergehenden (§. 385.) Umstände richtig, so wird diese Erscheinung keine geringe Bestätigung der erstern Probe geben. Ist aber das gefundne etwanige Pulver nicht von dem Ansehn der bekanten Arsenikarten (des weissen, und des Giftmehls und Fliegensteins) so wird der Knoblauchsgeruch des Gefundenen selbst[S. 221] mit dem Weisanschmauchen[275] eines drüber gehaltnen Eisenblechs verbunden zur völligen Bestätigung hinreichen, so lange es noch andre Körper giebt die jenes und so wieder andre, die dieses leisten.
§. 388. So thut gepülverter Zink beides. Und was giebt beim Verrauchen einen weissern Schmauch (Sublimat) als Spiesglanzkönig? Dann könte der Knoblauchsgeruch noch von einer fremdartigen (§. 380) Beimischung herrühren. So selten auch diese Umstände zusammentreffen mögten, wo weisses Anschmauchen, und Knoblauchsgeruch der Masse (ohne Arsenik) von etwas dieser Art oder einer dergleichen Mischung herrühren solten, so bleibt doch noch immer die Möglichkeit übrig. Ist es kenbares Pulver, so wird doch stets ein zu beiden Versuchen (auch wohl zu mehrern) hinlänglicher Vorrath dabei voraus zu sezzen seyn, wie oft, sehr oft nicht ist.
§. 389. Ueber 3.) Der Scheidewassergeruch, welcher aufsteigt, wenn Arsenikpulver in glühend[S. 222] schmelzenden Salpeter getragen wird, ist an sich wenig; in Verbindung mit den genanten beiden Proben aber so gut als völlig überzeugend, zumal da auch Arsenikmittelsalz[276] den Salpeter zersezt; aber zu dieser Probe gehört doch eine ansehnliche Menge (verschiedne Grane Arsenikpulver wenigstens) wenn sie überzeugend[277] ausfallen soll.
§. 390. Geschwefelte Arsenike, rother und gelber Arsenik, Operment, gelbes und rothes Rauschgelb verpuffen wie Schwefel damit, und der Versuch fält zweifelhaft aus.
§. 391. Und dann wird glühender Salpeter nicht auch von Quarz- und Krystallglaspulver[278] zersezt, welche beide Dinge die gröste äussere Aehnlichkeit mit gepülvertem weissen Arsenik haben?
§. 392. Auch Sedativsalz und trokne Harnsäure zersezzen den fliesenden Salpeter.
§. 393. Ueber 4.) Das Sublimiren als den sichersten Beweis von Arsenik. Vorausgesezt, daß man alle Behutsamkeit bei der Sublimazion angewendet, und nicht des meiste durch die Fugen der übel angekütteten Vorlage verloren, mus man die Vorsicht brauchen den im Sublimirgefäse zu unterst angeflognen Theil zu den Proben auf glühende Kohlen u. d. g. nicht aber den vom Boden entferntern anzuwenden. Schwärzliche, graue und weisse Sublimate liefern doch noch mehr Substanzen, gewächsartige, thierische, (salzhafte) und mineralische Stoffe!
§. 394. Will man sicherer gehen, so überzeuge man sich vor allen Dingen durch des Vergrösrungsglas von der krystallinischen, spiesichten oder blätterichten Natur des am heisesten untersten Orte des Gefäses angeflogenen Sublimats.
§. 395. Aber besonders zu dieser Probe gehört eine nicht geringe Menge gefundnen Pulvers, (wenigstens acht bis zehn Gran) wenn man nicht durch die Kleinheit des Objekts irre geführt werden oder sich vergebliche Arbeit machen will; wie selten aber ist nicht eine so ansehnliche Menge im Magen eines nach vielen Stunden nach einer Menge von Ausleerungen Verschiedenen.
§. 396. Hat man keine hinreichende Menge Pulver aus der Magenmasse rein abscheiden können, und mus sich also bei seinen Untersuchungen blos[S. 224] an die leztere halten,[279] so werden alle vier genanten Proben mit der (auch wohl filtrirten) eingedikten Magenflüssigkeit im bejahenden und verneinenden Falle ohne Beweiskraft bleiben, da man es hier nicht mit Arsenik (er sei auch ziemlich reichlich darin aufgelöst) sondern mit einem Gemisch von extraktiven thierischen, vegetabilischen auch wohl arzneilichen Substanzen (die der Kranke zu seiner Hülfe etwa nam) zu thun hat, eine Masse, deren gemischter Geruch (§. 381.) beim Verbrennen, (an das Anschmauchen ist nicht zu denken) deren wahre feurige Verpuffung mit Salpeter, und deren mancherlei Sublimate beim Auftreiben in verschlosnen Gefäsen ein Chaos von Erscheinungen giebt, aus dem sich Oedipus selbst nicht finden würde.
§. 397. An die beim Abdampfen etwa zu erwartende krystallisirende Anschiesung eines Theils aufgelösten Arseniks, ist bei einer diklich gewordnen inspissirten Flüssigkeit nicht zu gedenken.
§. 398. Ueber 5.) Die Auflösung des Arseniks in Wasser schlage fast alle metallische Auflösungen nieder. Dies ist, wenn es auch Waller versicherte, unwahr; unwahr, wenn sich auch Neumann[280][S. 225] so viel darauf zu gute thut; unwahr, wenn es auch viele andre nachsagten. Mit dem Arsenikmittelsalze hat es eine ganz andre Bewandnis, dieses schlägt durch doppelte Verwandschaft fast alle metallische[S. 227] Auflösungen, wie natürlich, nieder, da man bisjezt kein Metal kent (vielleicht ausser dem Golde)[S. 228] welches eine niedrigere Verwandschaft und Anziehung zu den Säuren, und keine Säure, die einen stärkern und unauflöslichen Zusammenhang mit den meisten Metallen besäse, als Arsenik.
§. 399. Zu diesen bisher bekanten Proben sezze ich noch eine, oft vernachläsigte, von Hebenstreit[281] und andern angeführte,
6.) | den schwarzen unvertilgbaren Flek, den Arsenik einem glühenden Kupferbleche während seiner Verdampfung einbrent. Unvertilgbar ist dieser Flek nun wohl nicht, er läst sich zwar nicht durch Reiben mit dem Finger oder dergleichen abbringen, leicht aber abschaben oder mit Sande abreiben, da er nicht tief eindringt. Dies Zeichen ist übrigens ziemlich beständig, nur mus das Kupferstük nicht alzu stark und dick, oder weisglühend und das Aufgestreute nicht Fliegenstein seyn, sonst geht die Verdampfung eher zu Ende, als der schwarze Flek eingebrant ist. Sollte[S. 229] es aber nicht noch andre Dinge geben, die in diesem Falle auf Kupfer einen schwärzlichen Fleck zurück liesen? — Doch auch hiezu wird durchaus ein gefundenes Pulver erfordert, welches so häufig nicht geschieht. |
§. 400. Alle diese bisher bekanten Proben demnach sind theils einigermasen und in gewissen Fällen, wie man sieht, zweideutig, theils, bei der stärksten und gewissesten Vermuthung auf Arsenik, oft ohne Wirkung, theils unanwendbar, wenn kein wirkliches Arsenikpulver aufzufinden ist.
§. 401. Diese leztere Hinderung, auch, wie ich hoffe, die übrigen zu umgehen, werde ich das Nöthige über die überzeugendste Ausmittelung der Gegenwart irgend eines Arsenikgiftes unter irgend einer Gestalt, in der kleinsten Menge, in der verwickeltsten Vermischung vortragen. Hieraus, glaube ich, wird man sehen, daß die vorigen Versuche, ohne die jezt vorzutragenden, durchaus keine, wenigstens keine negative, (von Abwesenheit des Arseniks) Ueberzeugung zu geben vermögend sind.
§. 402. Die zähe und leimige Beschaffenheit des Mageninhalts kan oft Ursache seyn, daß das in demselben eingewickelte (feine) Arsenikpulver durchaus nicht rein oder in beträchtlicher Menge herauszuschlemmen ist; der gröste Theil dieses metallischen Giftes kan besonders wenn der Tod mehr als einen Tag verzieht, durch Erbrechen und Durchlauf schon dergestalt ausgeleert seyn, daß nur[S. 230] noch wenige Spuren davon übrig sind; das Gift kan in Auflösung (Arsenikwasser, Fliegenwasser) verschlukt; oder als ein Mittelsalz (Fiebertropfen nach Heuermans und Jacobis Zubereitung — liquor Arsenici fixi u. s. w.) vorhanden seyn; man kan verschiedne Arzneimittel, die dieses Gift theils verstecken, theils umändern, als Gegengifte zu sich genommen haben. Wie ist in allen diesen so verwickelten Umständen die für den Unschuldigen, so wohlthätige, für den Verbrecher aber so gerechte Wahrheit in ein algemein einleuchtendes Licht zu sezzen? Nur die Scheidekunst vermag den Vorhang aufzuziehn. —
§. 403. Es giebt drei gegenwirkende (reagentia) Mittel, die man zwar bisher noch nicht zu dieser Ausmittelung anwandte, deren verbundne Resultate aber, auch ohne obige bisher übliche Proben auf die unzweideutigste, überzeugendste und bestimteste Weise die Gegenwart oder Abwesenheit dieses Giftes an den Tag legen. Es ist kochendes Kalkwasser, mit Schwefelleberluft gesättigtes Wasser und Kupfersalmiak. Ehe ich aber zu ihrer Bereitung und Anwendung übergehe, muß ich sagen, wie man alles etwanige Giftartige zu samlen und aufzufassen habe, damit nichts verloren gehe.
§. 404. Es wird selten eine Arsenikvergiftung des ersten und zweiten Grades vorkommen, selbst die mehrere Tage Zeit bis zum Ende anhielt, wo nicht noch einige für uns brauchbare überzeugende[S. 231] Spuren aufzufinden seyn solten. Hat der Kranke auf eine kleine Gabe Gift viel getrunken, so wird er gröstentheils wieder hergestellt werden, und dann giebt es Spuren ausser dem Körper er komme auf, oder nicht auf.
§. 405. Hat der Kranke wenig oder gar nichts Flüßiges zur Rettung zu sich genommen, so stirbt er, und die lezten Spuren, die die endlich ermattende Natur weder durch Mund noch After mehr fortschaffen konte, sind noch inwendig vorhanden, er mag eine grose oder kleine Gabe Arsenik erhalten haben. Denn hätte seine Natur die lezten Spuren des Giftes ausleeren können, so hätte sie so leicht nicht unterliegen dürfen, kurz bei einem solchen Kranken werden gewöhnlich und fast gewis, wenn gleich noch so kleine, Spuren ihrer Ohnmacht vorzufinden seyn. Man findet Beispiele von mehrere Tage verhaltnen Arsenikspuren, selbst bei Wiedergenesenden.[282]
§. 406. Auch dann, wenn der mit Arsenik Vergiftete bei einer grosen Gabe Gift viel Flüßiges und Zwekmäßiges trank, und man ihm zeitig oder spät zu Hülfe kam, so wird er entweder gerettet, oder nicht; in beiden Fällen wird das Weggebrochne[S. 232] noch Spuren genug von Arsenik in sich haben, in lezterm wird überdies noch die lezte Spur im Körper vorhanden seyn, aus der (§. 405.) angezeigten Ursache, es müste denn über eine Woche bis zum Tode verstrichen seyn.
§. 407. Der Flek auf den Dielen, wohin sich der Kranke gebrochen, hat oft so viel eingesogen oder noch auf seiner Oberfläche, es ist vielleicht noch so viel in dem Geschirr oder den Tüchern vorhanden, in welches, oder auf die er sich brach, es ist noch soviel im Schlunde, dem Magen und den ersten Därmen (oder den lezten) vorhanden, es steht auch wohl noch soviel kleines Ueberbleibsel des Vergiftungsgemisches in dem dazu angewandten Geschirre, als zu unserer Ueberzeugung überflüßig zureicht.
§. 408. Um also das gewisseste Merkmal des Thatbestands (indicium corporis delicti) im Körper selbst aufzufinden und zu samlen, läst man den Inhalt des Magens und der Gedärme bei der Obduktion in ein reines Gefäs ausschütten,[283] besieht die sichtlichen Spuren der Verwüstung, und läst dann in ein andres Gefäs alles was sich von der innern Haut des Schlundes, des Magens und der Gedärme abschaben läst, mit einem nicht alzu stumpfen Messer rein und völlig herausschaben, dieses (versiegelte) Gefäs bezeichnet man mit Nummer I.
§. 409. Dann fragt man nach dem Orte, wo der Kranke, während des meisten Erbrechens, gesessen oder gelegen, und in welches Geschirr er sich übergeben, man läst sich hinführen, wo beides vorhanden ist. Hat er sich auf die Erde oder die Dielen gebrochen, so läst man sich das Tuch reichen, womit das Gebrochene aufgewischt worden; alles, Dielen, Tuch und Geschirr, oder was sonst noch Spuren vom Ausgebrochenen an sich trägt, läst man mit kochendem Wasser in ein besonderes Gefäs mit Nummer 3. bezeichnet aus- und abwaschen, bis man glaubt, daß nichts zurück sei.
§. 410. Dann läst man die ganze Wohnung durchsuchen, wo sich ein Gefäs befindet, in welchem etwas Verdächtiges zu vermuthen ist. Dies versiegelt man unter einer Bezeichnung (von Nummer 4, 5 u. s. w.) Dann kan man sagen, daß von den chemischen Indizien des Korpus Delicti Nummer 1 und 2, das erste und vorzüglichste, Nummer 3 das zweite, und Nummer 4, das dritte in der Ordnung des Beweises und der Ueberzeugung sei. Man halte dies nicht für Subtilitäten, nichts ist unwichtig, worauf Leben und Tod, Ehre und Schande beruht.
§. 411. An einem schiklichen Orte (allenfals in Beiseyn des Richters und noch eines Kunstverständigen) rührt man Nummer 1 und 2 jedes in einem besondern reinen gläsernen Gefäse mit einer mäsigen Menge reinen kalten Flieswassers zusammen, giest sobald man etwas Pulverhaftes aus den Boden hat[S. 234] fallen sehen, das Obenstehende ab, rührt das Abgegosne mit noch etwas Wasser an, und giest es wieder von dem etwa wieder zu Boden Gefallenen ab.
§. 412. Alles gewonnene Pulverhafte spült man zusammen mit etwas kaltem Flieswasser, läst es sezzen, und giest die Flüssigkeit zu der vorhin (§. 411.) abgegosnen. Dieses Abschlemmen mit etwas wenigem Wasser wiederholt man noch etlichemal und schüttet keine dazu angewandte Flüssigkeit hinweg; alles dies nüzt zu unserm Behufe. Man troknet auf Fliespapier das abgeschiedne Pulver, ohne Hizze anzubringen, wiegt es, und hebt es unter Bezeichnung von A auf.
§. 412. Sieht das gewonnene Pulver a, dem weissen Arsenik ähnlich oder wie b, Giftmehle, grau; oder c, schwarz wie Fliegenstein, oder d, gelb oder roth wie Operment und Rauschgelb? Hiernach mus die künftige Arbeit eingerichtet werden.
§. 413. Ist kein Pulver abgeschieden worden, oder sieht es wie a, weisser, b, grauer oder c, schwarzer Arsenik aus, so mus das Abgegosne von Nummer 1 und 2 (§. 411.) nebst den Spülwassern (§. 411., 412.) durch ein Tuch gegossen werden. Die Flüssigkeit wird unter der Bezeichnung B. aufgehoben.
§. 414. Eben so filtrirt man die Flüssigkeiten Nummer 3, und hebt es unter der Etiquette C auf.
§. 415. Die im Seihetuche von Nummer 1 und 2, oder von der Flüssigkeit B. zurükgebliebnen Hefen[S. 235] werden sechs Stunden lang mit acht Pfund Wasser gekocht, dann seihet man das Flüssige durch und hebt die Hefen auf, um sie wo nöthig zu sublimiren.
§. 416. Die lezt erhaltene (§. 415.) Flüssigkeit, mit der anfänglich durchgeseiheten (B. §. 413.) zusammengeschüttet, wird so lange eingekocht, bis die Feuchtigkeit ein Pfund beträgt. Man kan sie nochmals heis durchseihen, und sie α, nennen.
§. 417. Die Flüssigkeit C. (§. 414.) wird bis zum halben Pfunde eingekocht, heis durchgeseihet und unter der Signatur β, beiseite gesezt.
§. 418. Ist eine verdächtige Mischung oder Arznei (§. 410.) gefunden worden und sie ist nicht reines Pulver, so wird das Gemisch mit etlichen Pfunden Wasser vier bis sechs Stunden gekocht, die Flüssigkeit durchgeseihet, bis zum viertel, halben oder ganzen Pfunde nach Beschaffenheit der gefundnen Menge eingekocht, und unter dem Titel γ aufgehoben.
§. 419. Jede der eingekochten Flüßigkeiten behandelt man mit den gegenwirkenden Mitteln überein, zuerst α, dann β und endlich γ. Wenn ich also die Untersuchung beschreibe, so gilt dies von der einen Flüssigkeit, wie von der andern.
§. 420. Um das Kalkwasser zu verfertigen, glüht man ein Stük Kreide eine Viertelstunde lang und löschet es dann mit wenigem zugetröpfelten Wasser. Das zerfallene Pulver hebt man in einer[S. 236] verstopften gläsernen Flasche auf. Braucht man es zur Untersuchung, so schüttet man etliche Loth davon in anderthalb Pfund Flieswasser rührt es um, läst es kochen, und sich sezzen; sobald es hell ist, wendet man es kochend heis zur Untersuchung an.
§. 421. Das mit Schwefelleberluft gesättigte Wasser bereitet man wie oben (§. 223.) oder man schüttet ein gepülvertes Gemisch von 120 Gran Kalkschwefelleber (224.) und 150 Gran gereinigten Weinstein in eine gläserne Flasche, die mit einem Pfunde Flieswasser angefült ist, schüttelt das Gemisch, nach der Verstopfung, verschiednemale wohl um, läst es sezzen, und wendet dann bald die milchfarbige stinkende Flüssigkeit zum Gebrauche an, da sie sich nicht lange hält, und ihre Luft durch den besten Kork schnell entfliehen läst.
§. 422. Den Kupfersalmiak verfertigt man, indem man auf fein gepülvertes braunschweiger Grün kaustischen, oder mit lebendigem Kalke bereiteten, Salmiakgeist giest, öfters umschüttelt, und nach einigen Tagen die dunkelblaue Flüssigkeit abgiest, das Verhältnis des Grüns zum Salmiakgeiste läst sich wegen der verschiednen Stärke des leztern nicht genau angeben. Mann kan aber nicht irre gehn, wenn nur genug braunschweiger Grün dazu genommen wird, und noch etwas davon am Boden nach etlichen Tagen unaufgelöst zurükbleibt.
§. 423. Nächstem versiehet man sich noch mit geistiger Brasilienholz- und Lakmustinktur[284] und mit zerflosnem Weinsteinöle.
§. 424. Man theilt jede zu untersuchende Flüssigkeit in drei Theile. In den ersten tröpfelt man zerflosnes Weinsteinöl; braust das Gemisch oder scheidet sich ein Bodensaz, so fährt man mit dem Zutröpfeln fort, bis kein Brausen mehr zu spüren oder bis kein Niederschlag mehr erfolgt. Leztern scheidet man ab, troknet ihn und hebt ihn auf. Sieht er ziegelfarbig aus, so war das Gift vermuthlich Queksilbersublimat.
§. 425. In die abgehellete (§. 424.) Flüssigkeit tröpfelt man so lange Kupfersalmiak (§. 422.) bis kein grüngelblicher Niederschlag sich mehr erzeugt. Erfolgt kein solches Präzipitat oder Trübung, so ist es schon so ziemlich (und wenn die übrigen beiden Versuche das nehmliche sagen, ganz) gewis, daß kein Arsenik in der in drei Theile getheilten Flüssigkeit war.
§. 426. Der erfolgte und zu Boden gesunkene (§. 425.) grüngelbe Niederschlag wird durchs Abgiessen[S. 238] und Filtriren geschieden und getroknet aufgehoben. Es ist Kupferarsenik (Scheelisches Kupfergrün), wovon 267 Gran 102 Gran Kupfer und 165 Gran Arsenik halten, nach meinen wiederholten Versuchen. Auf glühende Kohlen oder ein ähnliches Kupferblech geschüttet, giebt dieser getroknete Niederschlag den gewöhnlichen Arsenikgeruch zum unverwerflichen Beweise seines Daseyns. Dieses Präzipitat löset sich in Wasser nicht, wohl aber in kaustischen Salmiakgeiste und in Säuren, nur nicht in Arsenikwasser, wieder auf.
§. 427. In den zweiten Theil der Flüssigkeit giest man ohne weitere Vorbereitung[285] eben so viel kochendheisses helles Kalkwasser (§. 420.) als man Flüssigkeit vor sich hat. Ist beim ersten Versuche (§. 424.), beim Eintröpfeln des Weinsteinöls in den ersten Theil, ein ziegelfarbiger Niederschlag erfolgt, so wird hier ein gelber (zum Erweise des Sublimats) entstehen.[286] Man scheidet ihn ab und troknet ihn zum Aufheben.
§. 428. Erfolgte beim Zugiessen des Kupfersalmiaks ein grüngelbes Präzipitat, so wird hier ein weisser, schwerniederfallender Niederschlag erscheinen, welcher abgeschieden und getroknet, dann mit Oel getränkt und auf glühende Kohlen getragen, seinen Knoblauchgeruch gar bald verbreitet. Er löset sich in frischem starken Arsenikwasser wieder auf.
§. 429. In den dritten Theil der getheilten Flüssigkeit giesset man ebenfals ohne weitere Vorbereitung[287] soviel Schwefelleberluftwasser, bis nichts sich mehr davon trübt. Erscheint die Wolke augenbliklich gelbbraun, färbt sich aber dann sogleich ganz weis, so ists Beweis vom Queksilbersublimat. Verbreitet sich aber eine pomeranzgelbe Wolke, so läst man sie sich sezzen, scheidet den Opermentsaz ab, troknet ihn, wirft ihn auf glühende Kohlen, und bemerkt zuerst den schwefelgeistigen endlich den Knoblauchgeruch, zum überflüßigen Beweise des vorhandnen Arseniks.
§. 430. Ist das anwesende Gift Arsenikmittelsalz, oder hat man laugenhafte Dinge dem Vergifteten als Gegenmittel (Seifwasser u. s. w.) gereicht, so erfolgt in beiden leztern (§. 427., 428. und 429.) Fällen kein Niederschlag. Denn auf das Zugiessen[S. 240] des Kupfersalmiaks erfolgt doch das gelbgrüne Kupferarsenikpräzipitat, wenn die Flüssigkeit auch gleich Arsenikmittelsalz[288] war. Diese mittelsalzige oder überwiegend laugensalzige Natur der Flüssigkeit entdekt die Lakmustinktur dadurch, daß sie blau damit bleibt und in lezterm Falle die Brasilienholztinktur dadurch, daß sie die Flüßigkeit violet färbt, statt roth. In diesem Falle wird so lange Essig in die Flüssigkeit getröpfelt und umgerührt, bis die Lakmustinktur sich damit etwas roth färbt, die Brasilienholztinktur aber roth bleibt. Diese Farbeproben kan man, die Weitläuftigkeit zu vermeiden, eher anstellen, ehe mit Kalk- oder Schwefelleberluftwasser der Versuch gemacht wird.
§. 431. Im Vorbeigehn erinnere ich, daß mit Schwefelleberluft gesättigtes Wasser auch die übrigen schädlichen Metalle anzeigt. Sublimat,[289] wie schon gesagt, durch einen gelbbraunen aber sogleich in die weisse[290] Farbe übergehenden Niederschlag. (Der Kupfersalmiak bewirkt einen weissen Niederschlag, Kalkwasser einen gelben.) Kupfer wird es seyn, wenn der Niederschlag mit Schwefelleberluftwasser braunschwarz, mit Kalkwasser grün, mit Kupfersalmiak aber blaugrün erscheint. Brechweinstein wird es seyn, wenn mit Schwefelleberluftwasser ein ziegelrother (Mineralkermes), mit Kalkwasser ein weisser,[291] mit Kupfersalmiak aber kein Niederschlag erscheint, die Flüssigkeit zieht sich in lezterm Falle ins Grüne, bleibt aber helle. Da Bleigifte keine Erscheinungen darbieten, die mit der Arsenikvergiftung leicht verwechselt werden könten, so brauche ich hier nicht zu erinnern,[S. 242] daß Bleizucker mit Leberluft sich schwarz, ist aber Arsenik dabei schön dunkelroth, und ist Sublimat dabei, schmuzigroth niederschlägt. Mit Kupfersalmiak und mit Kalkwasser ist der Niederschlag weis. Silbersalpeter giebt mit Leberluft einen fast ganz schwarzen, mit Kupfersalmiak einen blaugrünlich weissen und mit Kalkwasser einen schwärzlich grauen Niederschlag.
§. 432. Alle bisher angeführten Erscheinungen (§. 425.–430.) erfolgen deutlich und bestimt, wenn weisser Arsenik, Giftmehl, oder auch Fliegenstein vorhanden war, denn durch das sechsstündige Kochen löset sich sogar lezterer reichlich auf, und kömt durch das Inspissiren (§. 416.) sogar konzentrirt in die Flüssigkeit. War es aber Operment oder ein andrer geschwefelter Arsenik, dann erscheint mit dem Kalkwasser und dem Leberluftwasser keine Aenderung. Der Kupfersalmiak aber giebt auch mit dem Opermentwasser einen Niederschlag, der zwar anfänglich nicht gelbgrün sondern grünlich grau aussieht, aber auf Kohlen dennoch seinen Knoblauchgeruch zeiget.
§. 433. Blos in diesem leztern (§. 432.) Falle wird das festere Rükbleibsel (§. 415.) von Nummer 1 und 2 des Magen- und Darminhalts, nachdem es getroknet worden, sublimirt, in einer gläsernen wohl mit ihrer Vorlage verkütteten Retorte, bei starkem Feuer aus dem Sandbade. Der Operment, oder das Rauschgelb wird an dem untersten Theile der Wände des Sublimirgefäses anfliegen.[S. 243] Man versucht es auf glühende Kohlen, und der anfänglich schwefelgeistige, dann schwefelgeistig knoblauchartige, und endlich der knoblauchartige Geruch allein, mit dem kleinen blauen, bei seiner Entzündung, erscheinenden Flämchen verbunden, werden über die Anwesenheit eines vererzten Arseniks keinen Zweifel übrig lassen. War also das aus dem Rükbleibsel sublimirte irgend ein geschwefelter Arsenik, so wird beim Schlemmen (§. 411., 412.) stets ein Pulver abgeschieden worden seyn, welches mit dem Sublimirten hinlängliche Aehnlichkeit haben, und im Feuer dieselben Erscheinungen und Gerüche spüren lassen wird.
§. 434. Ist aber das ausgeschlemte Pulver A (§. 412.) von andrer Natur, weisser Arsenik, Giftmehl, oder Fliegenstein (denn ob es ein Arsenikgift überhaupt war, lehrten schon die Flüssigkeitsproben ( §. 424. bis 432.) zur Ueberzeugung) so wird man es schon an dem Ansehn ernennen. Will man sich noch zum Ueberflusse von der Natur des Pulvers überzeugen, so kan man, wenn es wenig ist, es durch Kochen im Wasser auflösen und dann die beschriebnen nassen Proben damit unternehmen. Hat man aber hinlänglich viel ausgeschlemt, so kan man auch die troknen Proben damit vornehmen, aber die flüssigen (wenigstens die mit Kupfersalmiak) dürfen nicht unterbleiben, da sie die beweisendsten sind.
§. 435. Hat man also des Pulvers genug, so kann man, wenn es wie weisser Arsenik (oder[S. 244] wie Operment) aussieht, etliche Grane auf eine glühende, geruchlose harte Kohle tragen, und den betäubenden Knoblauchgeruch und den weissen Dampf bemerken. War es dem Ansehn nach Fliegenstein, so kan man diesen Versuch auf einem glühenden Kupferbleche anstellen, um den schwarzbraunen Fleck gewahr zu werden, der nach der Verdampfung des Arseniks, in der Gröse des Gifthäufchens, eingeäzt seyn wird. Der Versuch geschehe nun auf Kohlen oder auf einem Kupferbleche, so halte man in beiden Fällen ein (eisernes) Schwarzblech dicht über das rauchende Pulver, um den weisen Schmauch (weisser sublimirter Arsenik) an dem schwarzen Bleche zu bemerken.
§. 436. Auch kan man, wenn des Pulvers noch genug ist, und nicht wie Operment[292] aussieht, etliche Grane davon in glühend schmelzenden Salpeter[293] tragen; das kleine erfolgende Aufbrausen, und der drauf aufsteigende Scheidewassergeruch wird eine grose Bestätigung der Gegenwart des Arseniks seyn. Man hüte sich aber beim Eintragen des Pulvers ja nicht etwas von Fett oder[S. 245] Kohle in den glühenden Salpeter fallen zu lassen, man könte aus mehr als einer Absicht unglüklich durch diese Verpuffung werden.
§. 437. Da sich Operment zu dem leztern Versuche nicht schikt, so kan man statt dessen, wenn man Vorrath hat, sich von der Gattung und der Gefährlichkeit des geschwefelten Arseniks dadurch überzeugen, daß man das Pulver in einem Königswasser, welches fast ganz aus Salzgeiste und nur weniger (die Auflösung zu erleichtern) hinzugetröpfelter Salpetersäure besteht, so lange digeriren läst, bis das Zurükgebliebne durch seine graue Farbe die Reinheit des übrigen Schwefels erweiset. Das Gewicht wird das Verhältnis des Schwefels geben, auch kan aus der Flüssigkeit der Arsenik durch Zink niedergeschlagen werden,[294] wenn man vorher Weingeist dazu gegossen hat.
§. 438. Noch etwas als Anmerkung. Fällt der Versuch (§. 424., 425., 426.) mit dem Kupfersalmiak überzeugend aus, und das Präzipitat hat ausser seiner gelbgrünlichen Farbe, auch einen Knoblauchgeruch auf Kohlen, so kan man sich zuversichtlich, ganz allein auf diesen Versuch verlassen. Der Kupfersalmiak mus völlig mit Kupfer gesättigt seyn, um einen Theil Arsenik oder Operment in 5000 Theilen Wasser zu erkennen zu geben.
§. 439. Ich bereite das Kalkwasser deshalb kochend, weil Wasser mehr als noch einmal soviel[S. 246] Kalksubstanz bei dieser Hizze als in der Kälte auflöst, das Reagens folglich bei weitem kräftiger wird. Wiewohl auch kaltes Kalkwasser, wenn die Arsenikauflösung nur nicht allzuschwach ist, schon seine Dienste thut und weisse Wolken zeigt.[295] Der niederfallende weisse Saz ist so schwer auflöslich, daß zu einem Theile desselben 2100 Theile kaltes Wasser erfordert werden. Dieser Niederschlag unterscheidet sich vom Weinsteinselenit (denn Kalkwasser giebt mit Vitriolsäure keinen Selenit, wegen des leztern leichtern Auflöslichkeit, als Kalk besizt) daß sich ersterer in Essig und Arsenikwasser, aber nicht lezterer, auflöst.[296]
§. 440. Mit Schwefelleberluft gesättigtes Wasser bildet in einer wenig gesättigten Arsenikauflösung zuerst eine durchsichtige Gilbe, nach einigen Minuten begint die Flüssigkeit erst trübe zu werden und nach mehrern Stunden erscheint dann nach und nach der lokere pomeranzengelbe Niederschlag, den man mit einigen zugetröpfelten Tropfen Weinessig beschleunigen kan. Auch kräftiger Weingeist befördert den Niederschlag in diesem Falle. Zerflossenes Weinsteinöl macht den Niederschlag verschwinden.
§. 441. Beobachtet man angezeigte Vorsichten und Einschränkungen, so wird man nicht nur das mindeste Daseyn des Arseniks in der vorbereiteten Flüssigkeit durch die genanten, genau bereiteten, Probeflüssigkeiten zur überflüssigen Gewisheit ausmitteln, sondern auch andre ähnlich wirkenden Metalsalze werden durch dieselben Versuche im unzweideutigsten Lichte erscheinen. Die im nassen und im Feuerwege, auf angegebne (§. 435., 436.) Art, probirten, etwa ausgeschlemten, Pulver werden dem gerichtlichen Arzte über das Daseyn oder die Abwesenheit des Arseniks gleichfals keine Zweifel übrig lassen.
Dem Arzte liegt ferner ob, den Grad der Tödlichkeit geschehener Vergiftungen zu bestimmen. Wenn Vergiftungen mit Wunden und gewaltthätigen Verlezzungen in Paralele zu sezzen wären, und wenn die Gesezze beiden Vergehungen gleichen Rang anweisen wolten, so würde nicht nur der Richter, sondern auch der Arzt leichtes Spiel haben, zu urtheilen und zu entscheiden.
§. 443. Wenn nun auch gleich die gewaltthätigen Verlezzungen mit Vergiftungen nicht völlig verglichen werden können oder dürfen, so lassen sich doch manche sehr nöthige Aehnlichkeitsschlüsse aus erstern auf leztere ziehen.
§. 444. Da beigebrachtes äzzendes Gift, wenigstens Arsenik, keine Verlezzung oder Zerstörung bewirken würde, wenn der Körper nicht vielfach reagirte, und da diese wechselseitigen Reaktionen des Gifts und der Kräfte des thierischen Körpers auf einander ungleich langsamer als ein Degenstos oder Hieb auf die Zerstörung des Lebens und der Gesundheit wirken (indem Gift nur durch Verweilen auf der empfindlichen Faser und so nur mit nach und nach erhöheter Kraft schädlich wird, die Hinwegräumung des beigebrachten Giftes sich auch möglich, die Ungeschehenmachung einer Wunde aber auf gleiche Weise unmöglich denken läst;) so hätte man vermuthet, daß die strafende Gerechtigkeit Vergiftungen gelinder als gewaltthätige Verlezzungen hätte beurtheilen sollen, wenn nicht bei Verwundungen Vorsezlichkeit ungleich weniger als Uebereilung und Nothwehr gewöhnlich wäre (bei Vergiftungen fast immer der umgekehrte Fall,) und wenn der Gesetzgeber die bei Vergiftungen so gewöhnliche Schwierigkeit der Ausmittelung des Thatbestands (corpus delicti) anderst als durch Erhöhung der Strafe des Ertapten kompensiren zu können geglaubt hätte; ein Ausweg, der, so viel thulich war, diese wegen schwieriger Entdekbarkeit so leicht möglichen Meuchelmorde vermindern und zurükschrecken solte.
§. 445. Diese Schwierigkeit, Vergiftungen auszumitteln, mus unsern Voreltern fast unübersteiglich geschienen haben, da die römischen Gesezze[297] bei Giftmischereien schon „die Nachstellungen nach dem Leben,“ Carl der fünfte[298] aber „die Verlezzung des Leibes oder Lebens“ für eine volbrachte, der vollen Todesstrafe würdige, Vergiftung achten.
§. 446. Gienge es noch jezt in der Ausübung nach der Strenge dieser offenbar allzu allgemeinen Gesezze, so hätten wir in den wenigsten Fällen nöthig, den Arzt zur gerichtlichen Leichenbesichtigung zu bemühen. Wissen wir dann auf irgend eine Art, daß ein schädliches Ding beigebracht worden, so mus es der Gesundheit geschadet haben; (welches an sich schon im Begriffe Gift liegt) ist dies bewiesen, so ist dem Sinne der Halsgerichtsordnung, wenigstens nach dem Willen ihrer unerbittlichen Ausleger[299] schon Genüge geschehen; „Der Delinquent sei zur höchsten Todesstrafe qualifizirt.“
§. 447. Gehen wir den römischen Gesezzen nach, so ist des Arztes Gutachten ganz und gar überflüssig. Blos der Richter hat nöthig, sich, vom Attentat durch Zeugenverhör oder sonst zu überzeugen, um an den Angeschuldigten die höchste Strafe zu volstrecken.
§. 448. Seitdem sich aber Menschenliebe[300] zur Auslegerin dieser so streng und algemein scheinenden Gesezze aufgeworfen hat, seit tiefsinniges Wahrheitforschen an die Stelle indolenter Geständniserpressungen getreten ist, seit man Weisheit, sie sei neu oder alt, an die Spizze aller vorhandnen Gesezze zu stellen gewagt hat, seit dem hat man die Strafe dem Verbrechen genauer anzupassen gesucht, indem man den Thatbestand der Vergiftungen aus vervielfältigteren Erkenntnisquellen, folglich reiner und gewisser, schöpfte, um nicht nach dem alten Fuse, aus dem, der das Unglück hatte, sich auf[S. 251] der Vergiftungsthat plumperweise ertappen zu lassen, einen Fluch für alle diejenigen oft strafwürdigern Vergifter zu machen, zu deren Entdeckung die alte Praxis nicht zureichte; und so erlangte man die Absicht der alten Gesezze (die Strafe nach dem Verbrechen abzuwiegen und diesem Laster auf das kräftigste Einhalt zu thun) durch volle Strenge gegen den wichtigern, und angemessenere Milde gegen gelindere Verbrecher — Resultate mühsamer Untersuchungen von Männern, die mit erleuchtetem Blicke in die dunkelsten Schlupfwinkel des Lasters nach Wahrheit herabzusteigen und den Schleier der Unschuld zu durchschauen vermogten und, der Menschheit zur Ehre, würdigten.
§. 449. Was wir also, durch unermüdete Nachforschungen geleitet, bei geringern Verbrechern von der Strenge der alten Gesezze nachlassen, können wir durch unwiderstehlichere Ueberführung des Schuldigern, durch Aufspürung einer grösern Zahl dieser Meuchelmorde, durch Losschlagung unverdienter Ketten, durch kräftigere Vorbauungsanstalten bei Handhabung und Verkaufung der Gifte, durch hülfreichere Gegenmittel ihrer Wuth, u. s. w. reichlich ersezzen, und so die Möglichkeit der Vergiftungen und ihre verwüstenden Folgen weit nachdrücklicher schmälern, als unsre lieben Alten, bei denen Naturwissenschaft, auch, wenn man will, Arzneikunde, so zu sagen, noch in der Wiege lag; zu geschweigen, daß wir durch Milderung[301] der Strafe für diejenigen, welche ihre[S. 252] That zeitig entdecken oder dem Vergifteten selbst Rettung zu verschaffen suchen, jene sonst, als keine Erleichterung der Strafe für Hülfe verstattende Reue zu hoffen war, gewöhnliche Verheimlichung der That und ihre unseeligen Folgen hinwegräumen.
§. 450. Bei gewaltthätigen Verlezzungen braucht der gerichtliche Arzt blos auszumitteln, ob die Verlezzung, ungeachtet aller möglichen Bemühungen des Wundarztes, durchaus tödlich ausfallen muste, ob sie wegen mangelnder Hülfe (an sich tödlich) oder durch Zufälle, die nicht nothwendige Folgen der Verlezzung sind, (zufällig) tödlich ward.
§. 451. Diese Klassifikazion will man nun dem Arzte auch bei Vergiftungen aufdringen, er soll genau entscheiden, ob sie durchaus, an sich oder zufällig tödlich ausgefallen sei. Man bedenkt aber die Unterschiede nicht, die sich zwischen gewaltthätiger Verlezzung und Vergiftung befinden.
§. 452. Erstere fallen dem Verlezten, wie den Umstehenden, wenigstens dem Aeussern nach, leicht in die Augen, leztere sind Beiden so lange ein Räthsel bis der Thäter sein Verbrechen gesteht oder ein einsichtsvoller Arzt auf die Spur kömt. Im erstern Falle sucht der Verlezte selbst Hülfe, im leztern mus der Vergifter die Hülfe veranlassen, da der Vergiftete selbst nicht weis, was mit ihm vorgegangen ist.
§. 453. Erstere sind unmittelbare Zerstörungen des Körpers; die Gifte wirken nur durch Verweilen auf der empfindlichen Faser, können folglich, was jene oft im Augenblicke thun, gröstentheils nur nach einer geraumen Zeit ausrichten. Die gänzliche Hinwegräumung eines beigebrachten Giftes ohne merklichen Nachtheil der Gesundheit läst sich, da es ein additioneller Körper ist, als möglich denken, eine Wunde ist eine schon geschehene Verlegung, die sich nicht wie ein nachtheiliger Körper hinwegziehn läst.
§. 454. Nur die nach und nach steigende Wirkung des Arseniks ist, was man Vergiftung nennen kan, dies sezt einen bei der Gifteingebung beginnenden Zeitraum voraus, in welchem selbst der schädlichste Stof, so lange er seine Wirkung noch nicht ausgebreitet hat, ziemlich ohne Beeinträchtigung des Lebens und der Gesundheit hinweggeräumt werden kan. Ist diese Gnadenzeit ohne Hülfe vorüber, dann erst ist die That volbracht. Beim Degenstose hingegen ist auf einmal, was geschehen solte, geschehen.
§. 455. Es giebt Gegengifte, aber keine wunderthätige Waffensalbe, die geschehne Verlezzungen so ungeschehen machen könte, wie Potaschauflösung Vergiftung mit Scheidewasser oder Vitriolöl augenblicklich ungeschehen macht.
§. 456. Die Wirkungen eines Messers sind jedermann bekant, aber was dies oder jenes Gift in unserm Körper für Zerstörung anrichte, ist oft Aerzten nicht, am wenigsten dem Vergifter wissend.[S. 254] Kente lezterer die grausamen Qualen, die den unglücklichen Gegenstand seines Grolls bis zum Tode foltern werden, schwerlich wählete er Gift. Zu der Zeit, wenn das Steigen der Marter des Vergifteten, die jenem nicht träumete, nun seine Reue erwekt, ist gewöhnlich eine zögernde Hülfe zu spät.
§. 457. Langsame oder almählig gereichte Gifte wirken Zerstörungen, die kein verlezzendes Instrument so unsichtbar, so langsam, und ohne Wunde oder Narbe anzurichten im Stande ist.
§. 458. Ein kleines gleich unter der Haut zerschnittenes Pulsaderästchen kan so viel Blut aus dem Körper sprizzen, daß der Tod erfolgt, der dem Verwunder nicht zu Schulden kömt, wenn der Verwundete diese kleine Wunde mit seinen Fingern zuzudrücken unterläst. Aber eine kleine Vergiftung von etlichen Granen Operment kan in Rüksicht des Thäters durchaus tödlich geachtet werden, wenn lezterer alles Mögliche that, diese geringe Giftgabe zum tödlichen Ausgange zu bringen.
§. 459. Ein durchschossenes Herz bringt bekantlich eine absolute Tödlichkeit mit sich, aber eine grose Gabe weisser Arsenik (wenn es auch ein halbes Loth wäre)[302] kan durch zeitige zweckmäsige[S. 255] Behandlung fast ohne Nachtheil aus dem Körper geschaft werden.
§. 460. Es giebt überhaupt keine Gabe Arseniks (ja nicht einmal Queksilbersublimats) deren Gröse eine absolute Tödlichkeit enthielte, der vergiftete Körper mögte auch noch so gesund und stark, die Zufälle von aussen noch so günstig, die Hülfe des Arztes noch so schleunig und passend, der Wille des Vergifteten noch so biegsam, und der Eifer der Pflegbesorger auch noch so erwünscht seyn. Es giebt keine an sich so tödliche Arsenikvergiftung, wie etwa eine Wunde ist, von der alle[S. 256] gute Umstände, alle menschliche Hülfe den Tod nicht abwenden können.
§. 461. Diese auffallenden Verschiedenheiten der Gifte und Wunden machen die für Wundlethalitäten (§. 450.) geschaffene Norm, die der gerichtlich urtheilende Arzt zur Gradleiter der Vergiftungstödlichkeiten annehmen soll, unbrauchbar; meines Bedünkens nach sollte es folgende seyn.
§. 462. Da die strafende Gerechtigkeit die Grade der Lethalität von der Einsicht des gerichtlichen Arztes nur in der Rüksicht erheischen kan, in wiefern der Vergifter durch diese Grade gravirt oder vertheidigt werden kan, so kan auch der Arzt keinen andern Gesichtspunkt zur Erforschung der Tödlichkeit einer Vergiftung erwählen, als in wie ferne der Ausgang dem (ganzen) Verhalten des Vergifters gegen den Unglüklichen (nächst der Giftgabe) beizumessen sei, und welchen Theil das schlechte Verhalten des Verstorbenen während seiner Vergiftungskrankheit, in seinem Körper liegende, vor der Obdukzion unsichtbare todbeschleunigende Krankheitsanlagen, und widrige, von aussen hinzukommende unabänderliche Umstände (drei Dinge, die sich ohnehin der Strafe der Gesezze entziehn), so wie die Vergehungen des Arztes und der Pflegbesorger (beide werden überhaupt als Nachläßigkeitsvergehungen, culpa, angesehn) von der Gröse des Verbrechens abziehn.
§. 463. Beherzigen wir das Gesagte und Folgende, so werden wir gezwungen seyn zu gestehen,[S. 257] daß bei Arsenikvergiftungen (so wie bei andern) die Giftgabe selbst immer den geringsten Theil des Verbrechens eines Vergifters, die nachherige Behandlung aber und sein Betragen gegen den Unglüklichen bei weitem das meiste ausmache, was ihn graviren oder seine Strafe mildern könne; so wie man annehmen mus, daß alle bei der Vergiftungskrankheit vorwaltenden, todbefördernde Umstände, die nicht vom Vergifter abhiengen, auch ihm nicht können zur Last gelegt werden.
§. 464. Warum solte auch die dem gewaltthätigen Verlezzer zur Entschuldigung anzurechnende, innere mitwirkende Todesursache, schlechtes Verhalten des Kranken und der Pflegbesorger nebst den widrigen zufälligen Umständen dem Vergifter in gewissen Fällen nicht ebenfalls zu gute kommen?
§. 465. Gesezt, er gab dem Unglüklichen Gift, fühlte aber sogleich Reue, suchte der Gefahr ernstlich abzuhelfen, es geschahe alles, was in seinem Vermögen stand, die Vergiftung war unwichtig und leicht hinwegzuräumen, und der Kranke starb dennoch, gröstentheils aus andern, nicht in der Wissenschaft oder Gewalt des Vergifters liegenden Ursachen, die der gerichtlich obduzirende Arzt entdekt; warum sollen ihm diese und ähnliche Umstände nichts von der Gröse des Verbrechens mildern?
§. 466. Hieraus folgt, daß bei gleicher Vorsezlichkeit und Hinterlist bei der That, auf der andern Seite aber bei gleicher Wilfährigkeit des[S. 258] Verwunders wie des Vergifters, dem angegriffenen Gegenstande nach der That alle Hülfe zu schaffen, von der Gröse des Verbrechens eines Vergifters um soviel mehr abgezogen werden müsse, als das Gift (Arsenik) längere Zeit zur tödlichen Wirkung braucht, als ein Säbelhieb durch die Hirnschale zu dringen nöthig hat; doch mit dem gerechten Zusazze, daß ein Vergifter durch sträfliches Betragen (Verlassung, versagte, verhinderte Hülfe, todbeschleunigende Vorkehrungen u. s. w.), alles was der Giftgabe an Tödlichkeit und folglich seinem Verbrechen am vorsezlichen Todschlage abgieng, so gewis ergänze, als einem Verwunder, der dem Angegriffenen eine geringe äusserliche Schlagader öfnete, nachdem er ihn des Gebrauchs seiner Stimme und seiner Gliedmasen beraubt hatte, (und so, was seiner Verschuldung des tödlichen Ausgangs durch die Geringfügigkeit der Wunde abgieng, durch bösliche Anstalten ersezte) der ganze vorsezliche Mord zu Schulden kömt.
§. 467. Aus allen diesen Rüksichten theile der gerichtliche Arzt, um ein richtiges der Vergiftungs- Lethalität im arzneilichen und dem Vergiftungsverbrechen im Sinne des Richters angemessenes Urtheil zu fällen, die zur Tödlichkeit zusammengetretenen Umstände in ihre gehörigen Klassen.
§. 468. Er untersuche vorerst, was der Thäter zur Tödlichkeit beitrug: 1.) Die Gröse der Gabe des schwächern, stärkern und stärksten Arsenikgiftes,[S. 259] 2.) die ungünstigen vom Vergifter vorauszusehenden und abhängenden Umstände bei der Giftreichung, 3.) die sichtlich (folglich dem Vergifter bekante) Schwäche, Kränklichkeit und Unvermögenheit des Umzubringenden, die vorhabende Vergiftung zu überstehen, 4.) die Beförderung des tödlichen Ausgangs (nach der Giftreichung) durch bösliches Betragen.
§. 469. Was den ersten Punkt betrift, so sezze ich Obiges (§. 459., 460.) voraus, daß man keine an sich tödliche Arsenikgabe annehmen könne, und jede grose, wie die geringste, es erst durch die Umstände werde.
§. 470. Gewöhnlich wird die Vergiftung nur akzidentel tödlich, wo gesunde Personen von 3 bis 10 Jahren ⅛ bis 1 Gran; von 10 bis 20 Jahren 1 ⅛ bis 2 Gran; von 20 bis 30 Jahren allenfals 3 Gran, und von 30 und mehrern Jahren höchstens[303] 4 Gran weissen Arsenik aufgelöst, in festen[S. 260] Speisen (seltner in Pulvergestalt) verschlukt haben. Sie genesen hievon gröstentheils von selbst, ohne sonderliche Hülfleistung (als etwa mittelst einiges Getränks, das man ihnen auf ihr Verlangen nicht abschlägt) nach Erbrechen und Durchlauf. Die überhandnehmenden und zur Schwäche herabsinkenden Jahre von 65 bis 70 an, mus man in Absicht einer zufällig tödlich zu beurtheilenden Arsenikgabe, wie die absteigenden von 20 bis 3 Jahren ansehn. Haben die Umstände, die diese Gaben tödlich machten, vom Vergifter abgehangen, so hat er sie (durchaus) tödlich gemacht.
§. 471. Durch Zusammenhaltung einer unnennbaren Zahl Arsenikvergiftungen älterer und neuerer Zeiten, so wie meiner einigen Praxis, glaube ich im Stande zu seyn, die Verhältnisse der (Geschwindigkeit zu töden) Tödlichkeit des weissen Arseniks, des Fliegensteins und des Operments wie 48 : 12 : 1. anzunehmen, ungeachtet die Auflösbarkeit dieser Arsenikarten im Wasser (die man verleitet werden könte zur Norm zu erwählen) sich wie 200 : 25 : 1 : 5000 verhält; aber unstreitig ist die Auflöslichkeit[S. 261] des Fliegensteins und Operments im Magensafte um so viel gröser als im Wasser. Giftmehl kömt dem weissen Arsenik an Auflöslichkeit am nächsten, die künstlichen Arsenikerze, rother und gelber Arsenik, sind noch etwas schädlicher als Operment.
§. 472. In Rüksicht des zweiten Punkts (§. 468., 2.) bemerke man, daß gleiche Gaben (vorzüglich weissen Arseniks) in Pulvergestalt in den leeren Magen, in Auflösung in den leeren Magen, ohne oder mit Getränke beigebracht, mit geringerer oder gröserer Menge Getränke von wässerichter oder schleimichter Beschaffenheit, in Pulver unter feste Speisen gemischt, in Auflösung unter festen, wenigern oder mehrern Speisen von unzusammenhängender, breiichter oder schleimichter Art, daß gleiche Gaben Arsenik, sage ich, nach angeführter Stufenfolge verschlukt, auch nach Masgabe derselben immer unschädlicher und untödlicher geachtet werden müssen; daß man ferner darauf zu sehen habe, ob das Gift (auf Vorwissen des Vergifters) dem Kranken nach erregtem Zorne und Aergernis, oder nach Ueberladung mit hizzigen Getränken u. d. gl. beigebracht worden sei, in welchen Umständen die Magenentzündung schneller um sich zu greifen pflegt. Vorhergegangener Hunger oder Volheit des Magens vor dem Giftnehmen gravirt mehr oder weniger, wenn diese Umstände dem Delinquenten bekant waren. Vorzüglich sezt die Giftreichung unter Umständen, wo die Unmöglichkeit,[S. 262] zwekmäsige Hülfe zu erreichen sichtbar ist, ein Nahmhaftes zu seiner Frevelthat hinzu.
§. 473. Was den dritten Punkt (§. 468., 3.) anlangt, so hat man ungeachtet aller Unentschlossenheit vieler Schriftsteller[304] anzunehmen, daß, so wie bei gewaltsamen Verlezzungen, derjenige, der einen Schwächlichen, Kranken oder sonst unfähigen die vorhabende Vergiftung zu überstehen, vergiftet, an dem erfolgenden Tode desselben allerdings Ursache sei, in soferne er diese Hindernisse der Rettung voraussahe.
§. 474. Wüste er, oder muste er wissen, daß der unglükliche Gegenstand seines Hasses zur Cholera, zur Lungenentzündung, zu Verhärtungen und Eiterungen der edlen Eingeweide, zu Polypen des Herzens, zu Schlagflüssen, zu Blutstürzen und dergleichen todbefördernden Körperanlagen geneigt, oder ihnen (eben jezt) wirklich unterworfen war, so erhöhet dieses sein Verbrechen in dem Grade, den man nach genauer Untersuchung dieser Disposizion zur Beförderung des Todes einräumen mus. Bei ihm ist die Lehre vom Kontrakt[305] (per[S. 263] analogiam iuris) anzuwenden. „Wer mit einem Verträge schliest, soll die Beschaffenheit dessen wissen, oder weis sie auch, mit dem er sie schliest.“
§. 475. Der vierte Punkt (§. 468., 4.) oder die Beförderung des tödlichen Ausgangs (nach der Giftreichung) durch bösliches Betragen beschäftigt sich mit dem wichtigsten Gegenstande des Verbrechens des Vergifters, da es gewis ist, daß es wenigstens an sich keine absoluttödliche Arsenikvergiftung geben kan, sondern erst durch Umstände dazu wird. Sofern diese Umstände (hier, nach der Giftgabe) in der Kentnis und Wilkühr des Vergifters lagen, in soweit ward auch die Vergiftung durch ihn tödlich.
§. 476. Alle Verlassung des Kranken nach der Giftgabe, alle Verschweigung und Vermäntelung gereichten Giftes und seines Namens, alle Verschiebung, Versagung oder Verhinderung zwekmäsiger Hülfe, alle unnüzze oder zwekwidrige Mittel, die der Thäter veranstaltete, oder mit Fleis nicht hinderte, alle Entfernung der Umstände und Personen, die ein Mittel zur Erreichung der Hülfe abgeben konten, alle sonst erweisliche, veranstaltete oder zugelassene böse Behandlung durch Drohungen, Schmähreden, Schlagen und Mishandeln des Vergifteten, stark geheizte Stuben, Belastung mit Betten, Reichung hizziger Getränke, selbst wenn sie der Kranke verlangt hätte, u. d. gl. müssen zur Summe seines Verbrechens geschlagen werden, wenn der Ausspruch des nachdenkenden Arztes über den Grad[S. 264] der Tödlichkeit (d. i. des Verbrechens) gehört wird.
§. 477. War bei dem Vergifter der erste Theil der That, die Giftreichung selbst, Vorsaz, (dolus) so mus der zweite (grösere) Theil derselben, die nachgehende bösliche Behandlung stets etwas mehr, als Nachlässigkeit (culpa) mus dolus seyn, kan wenigstens nie zur Zufälligkeit herabgestimt werden, im Falle und in sofern ihm die Schädlichkeit seines Betragens bekant war, oder bekant seyn muste.
§. 478. Eben deshalb aber, weil der grösere und wichtigere Theil der Vergiftung auf dem nachgehenden Betragen des Vergifters gegen den Vergifteten beruhet, kan auch ein groser Theil[306] des Verbrechens durch reuige, hülfreiche und unermüdete Anstalten, ausgelöscht werden; da es billig ist, dasjenige Bezeugen des Thäters, dessen Gegentheil ihm zum vorsezlichen Verbrechen anzurechnen ist, zur Verminderung seiner Schuld in Rechnung zu bringen, ebenso wie Cajus, der den Titus bei Nacht ins Wasser stürzte, allerdings strafbar ist, ob er ihn gleich wieder rettete (oder alle Mühe ihn zu retten sogleich anwandte); doch ungleich weniger, als wenn er nach dem Einsturz entwich, oder den Emporkommenden wieder untergetaucht, oder die zu Hülfe Eilenden abgehalten hätte.
§. 479. Ich gehe zur zweiten Klasse der verschlimmernden oder Tod beschleunigenden Umstände[S. 265] über, deren Abwendung nicht im Vermögen des Vergifters stand, ob sie gleich an sich möglich war. Alles, was sich der Arzt durch Verspätung und Nachlässigkeiten in der Heilung, was sich der Kranke selbst, die Pflegbesorger und andre mit der Vergiftungskrankheit verflochtene Personen durch Nachlässigkeit, durch Ungestüm und Widerspenstigkeit dabei haben zu Schulden (culpa) kommen lassen, gehört hieher und dieser Beitrag zum tödlichen Ausgange, in sofern er vom Vergifter weder veranlasset ward, noch gehindert werden konte, mus lezterm billig von der Summe des Verbrechens eines vorsezlichen Todschlags abgezogen werden.
§. 480. Hat der Vergifter aber z. B. einen Quaksalber statt eines vernünftigen Arztes, wenn lezterer fast eben so leicht oder doch noch zeitig genug zu haben war, zur Hülfe gerufen, so wird es angesehn, als hätte er keine Hülfe angewandt.[307]
§. 481. Eben so gewis von des Vergifters’ Verbrechensgröse die dritte Klasse der konkurrirenden Umstände, alles unabwendbar Zufällige, in der Mase abgezogen werden, als es zur Verschlimmerung und Tödlichkeit der Vergiftung beitrug. Schrek vom Donner, Feuersbrunst, Räubern, Einstürzung[S. 266] der Wohnung, feindliche Mishandlungen; so wie dem Giftkranken (bei einer langweiligen Vergiftung des zweiten Grades (§. 111) zustosende fremdartige Krankheiten;)[308] leztlich die Todesursachen und widrige Disposizionen, die im Körper, dem Vergifter unbewust, lagen und zum unglüklichen Ausgange mehr oder weniger beitrugen, nach dem Ermessen des obduzirenden Arztes.
§. 481. Von lezterer Art können jedoch Lungensuchten, Schwangerschaft, hohes Alter zarte Jugend, Schwäche nach schweren Krankheiten, kräplichte Verwachsungen u. d. g. dem Vergifter selten oder nie unbekant seyn.
§. 482. Fänden sich aber auch schon dergleichen, vor der Leichenöfnung unsichtbare Todesanlagen, den Magen des Vergifteten hingegen (auch wohl die sonst gesunde Lunge) fände man ausnehmend entzündet, oder sonst so starke vom Gifte erregte Zerstörung[309] in den ersten Wegen, daß an eine[S. 267] Wiedergenesung ohnehin nicht zu denken war, so kan die Tödtlichkeit durch jene unsichtbaren Körperanlagen an sich nicht im geringsten vermindert oder herabgestimt werden.
§. 483. Es darf uns nicht wundern, daß die Vergiftungstödlichkeiten noch so dunkel sind, da die Lethalitäten der Wunden selbst noch mit so dichtem Schleier umhült da liegen. Solte man es wohl glauben, daß ein Stich durch die Aorta für nicht tödlicher als ein geringer Stos auf die Brust, wodurch eine Pulsadergeschwulst zerris, oder der[S. 268] Durchgang einer Kugel durch den untern Theil des kleinen Hirns nicht lethaler als eine Ohrfeige auf eine widernatürlich dünne Hirnschale angesehn werde? Dies dünkt mich, heist in so wichtigen Dingen mit Worten spielen.
§. 484. Wahr ists, sowohl auf den mäsigen Stos gegen die so widernatürlich dünne Stelle der Hirnschale, als auf den unbeträchtlichen Schlag gegen einen Ort, wo ein innerer Pulsaderkropf nur dieses kleinen Eindruks noch zum Zerplazzen nöthig hatte, erfolgte schleuniger und gewisser Tod, und da es nichts tödlicheres als Tod geben kan, so solte man sich, obenhin betrachtet, beinahe verleiten lassen, diesen beiden Stössen eine absolute Tödlichkeit beizulegen. Genau betrachtet aber kan auf diese Tödlichkeitsbestimmung des schielenden Arztes unendlich weniger die Rache des Gesezzes (um die es bei der Obdukzion doch zu thun war) als der Spaden des Todengräbers Anspruch machen. Sie sind durchaus tödlich in Beziehung auf das unglükliche Schiksal des Erblichenen, wer wird dies leugnen? aber in Rüksicht des Verlezzers, der diese tödtlichen Blösen seines Widersachers vielleicht nicht kannte, nicht ahnden konte, können diese Todesfälle ohne Ungerechtigkeit nicht anders als akzidentel genant werden.
§. 485. Wer sagt uns denn, daß, was man zufällige Ursachen nennt, blos nach der Hand hinzutretende seyn dürfen? Wollen wir bei der wichtigsten Angelegenheit des Menschen, bei Entscheidung[S. 269] über Leben und Tod etwas mehr als kalte, flache, Gemeinformeln gelten lassen, und wollen das Senkblei etwas tiefer werfen, so werden wir uns gedrungen fühlen, die Sträflichkeit eines Todschlags (Lethalität dem Arzte) nicht weniger oft wegen dazwischen gelegener als wegen dazwischen tretender (zufälliger) Ursachen, wovon die erstern oft gewisser ein vom Thäter unabhängiges Medium zwischen That und Tod als die leztern seyn können, zu mildern. Kan eine Ursache kleiner als ihre Wirkung seyn? Und doch hängt der Altagsmensch, was der Zeit nach aufeinander folgt, sogern wie auf einander passende Ursache und Wirkung zusammen! Treten bei einem unorganisirten Körper oft mehrere verschiedentlich gerichtete stärkere und schwächere Bewegkräfte zusammen, um ihm eine Richtung zu geben, die man für das Resultat eines simpeln Stoses ansehn solte, wenn erstere nicht bekant sind; um wie viel leichter lassen sich Aeusserungen bei organisirten Körpern denken, die das Resultat mehrerer, vielfach verschiedner Einwirkungen sind, von denen dem kurzsichtigen Auge des Beobachters selten mehr als eine bekant wird. Ist aber darum auch nur eine einzige? Ist es uns erlaubt, die einzelne bekant gewordne Ursache durch Einbildung so lange auszudehnen, bis sie die Gröse der sichtlichen Wirkung dekt, um nur der Aufsuchung jener beigetretenen Mitursachen überhoben zu seyn, die oft einen um desto ansehnlicheren Theil der Wirkungsgröse umfassen, je tiefer sie unter Tage liegen?
§. 486. Ueberhaupt ist also der Tod des Umgebrachten gewöhnlich die Summe, (auch wohl das Produkt) mehrerer Ursachgrösen, wovon die That des Angeschuldigten vielleicht die kleinere, mittlere, grösere ist. Lag zur Summe des Todes = 8 schon die Gröse = 6 an innern Ursachen in Bereitschaft, oder (mit andern Worten), gehört die Kraft = 8 dazu, das Leben des Gegenstandes zu zerstören, so wird derjenige, der die Kraft = 2 gegen das Leben desselben anwandte, zwar stets ein Verbrecher seyn, aber nur im gedachten Verhältnisse, so lange er nicht wuste, nicht wissen konte, daß das Leben (= 8) schon von einem verborgenen Gegengewichte = 6 reagirt werde; gleichviel, die Gröse 6 komme nach Anbringung der Kraft 2 hinzu, oder sie sei schon vorher (verborgen) da, um die Summe 8 hervorzubringen; genug, wenn der Mitwirkung der Kraft 6 ausser dem Wissens- und Vermögenskreise des Urhebers der impugnirenden Kraft 2 lag, um ihm nicht mehr als ein Viertel der ganzen Wirkung (8) beizumessen.
§. 487.War ihm jene innere feinldiche Ursache (6) gar nicht bekant, und er wendet eine der ganzen Wirkung (8) gleiche verbrecherische Kraft — 8 gegen das Leben des Unglüklichen an, oder war sie ihm bekant (zum Theil oder ganz) und er ersezt die noch zum Tode erforderliche Differenz durch positive oder negative Bosheit, beide Verbrechen sind gleich — die ganze Summe des Todes liegt auf ihm, die That ist für absolut lethal anzusehn;[S. 271] und so stuft sich, wie mich dünkt, sein Verbrechen in verschiednen Nüancen ab.
§. 488. Wer einem starken Manne etliche wenige Grane Operment giebt, kan an ihm durch andre (erweisliche) gravirende (§. 472. bis 478.) Umstände oft weit gewisser volgütiger Mörder werden, als ein andrer, der eben demselben, ja selbst einem Schwächeren ein weit gröseres Gewicht weissen Arsenik gegeben hätte, in dem, von seinen reuigen Anstalten zu erwartenden, guten Erfolge aber durch unabwendbare, ausser seiner Macht stehende Zufälle getäuscht ward.
§. 489. Will man aber durchaus bei Bestimmung der Gröse des Verbrechens auch die Natur des Ausgangs mit in Anschlag bringen, so solte doch, wenn derjenige, der durch einen in jedem andern Falle gewis tödlichen Säbelhieb, der ihm unbekant widernatürlichstarken Hirnschale seines Gegners nur eine unbeträchtliche Verlezzung beibringen konte, nicht am Leben gestraft wird, eine verhältnismäsige Nachsicht in Rüksicht dessen statt finden, der das Unglück hatte, durch einen mäsigen Schlag auf eine (ihm unbewust) widernatürlich dünne Stelle des Schädels, den Tod seines Widersachers erfolgen zu sehn; da jener Säbelhieb unter tausend Fällen nicht einmal untödlich, lezterer Stos aber unter eben so vielen Fällen fast niemals tödlich ablaufen kan; mir deucht jener weit mehr Verbrecher, als dieser.[S. 272]
§. 490. Solte auf eben diese Art ein Verbrecher, der einem andern eine starke Gabe weissen Arseniks beibringt, die dieser aber wegen vorgängiger Anfüllung seines Magens fast ohne Schaden wieder wegbricht, während daß der Vergifter entwich, um ihn hülflos zu machen, nicht strafwürdiger seyn, als ein andrer, der eine kleine Gabe Fliegenstein in einen Magen bringt, der durch vorgängiges, ihm unbekantes Erbrechen schon entzündet war, und so bei seinen besten Rettungsanstalten unvermuthet den Tod erfolgen sieht? Doch was geht dies den Arzt an, des Richters Sache allein ists, in beiden Fällen, die Kompensazion des Verbrechens durch die Natur des Ausgangs zu bestimmen.
§. 491. Ich nehme alles zusammen. Was der Vergifter ausser der Giftgabe an Todesursache weder wissen, noch, so sehr er sich bestrebte, hindern oder hinwegräumen konte, mus zum Credit seines Schuldbuchs, alles aber, nächst der Giftgabe, was er an Rettung verabsäumte oder zum Verderben beitrug, zum Debet desselben geschrieben werden, um eine gerechte Bilanz der Vergiftungstödlichkeit ziehen zu können, in welcher ihm, so sehr er sich auch bestrebte, sein Vergehen wieder zu verbessern, dennoch stets ein ahndenswürdiges Minus (die Giftreichung selbst mit ihren Umständen) bleibt, welches durch die Natur des Ausgangs der Vergiftungskrankheit gewöhnlich um ein Beträchtliches erniedrigt oder erhöhet wird, nach des Richters Ermessen.[S. 273]
§. 492. Der gerichtliche Arzt soll dem Richter zum Dolmetscher der Gewisheit und Gröse der begangenen Vergiftung (eines getreuen Resultats der ihm an die Hand gegebnen Umstände mit dem Objekte der innerhalb der Sphäre seines Amtes gelegenen Untersuchung kombinirt) dienen; die Strafe dafür abzuwägen, ist des leztern Sache.
§. 493. Daß ein noch so gut überdachter und ausgearbeiteter Sekzionsbericht oft nicht denselben Anspruch thun kan, als ein nach der Hand eingeholtes Urtheil von einer medizinischen Fakultät, beruht gröstentheils darauf, daß man der lezteren die nach der Hand gefertigten Inquisizionalakten und mancherlei Deposizionen zur Einsicht zugleich zu überschicken pflegt, ein Umstand von der grösten Wichtigkeit.
§. 494. Das Urtheil über Lethalität kan in diesem Falle nun erst den Umständen genau angemessen werden, ein Vorzug, der von einem bald nach der oft schnellen Leichenöfnung (wo noch nichts Erhebliches von Aussagen am Tage liegt) verlangten Oefnungsscheine nicht zu verlangen ist. Findet der Richter zur Erlangung eines bestimtern Urtheils für zwekmäsig, die Fakultät mit allen dahin gehörigen Umständen zu versehen, warum nicht auch den Arzt? Soll dieser alwissender seyn?
§. 495. Hiermit will ich nicht sagen, daß die Leichenöfnung verschoben werden solle, die baldige schleunige Sekzion ist aus vielen Gründen dienlich, erforderlich, nothwendig; auch das Visum repertum[S. 274] hierüber kan der Richter in kurzem verlangen; aber mit dem Lethalitätsurtheile solte er den Arzt billig so lange verschonen, bis die von lezterm erheischten Data durch Verhöre ausgemittelt und ihm mitgetheilt worden sind.
§. 496. Die zwei verschiednen Theile des gewöhnlichen Sekzionsberichts, 1) die Erzählung des Gefundenen und 2) das Urtheil über die Tödlichkeit sind himmelweit von einander verschieden. Den erstern hat der Richter, so bald wie möglich, zur Ueberführung des Angeschuldigten mit dem Korpus Delikti nöthig; aber lezteres braucht er blos kurz vor der Strafbestimmung (dann ist es ihm unentbehrlich) die anfänglich immer noch im weiten Felde ist.
§. 497. Deshalb rathe ich jedem Arzte, wenigstens bei Vergiftungen, wenn ihm der Sekzionsbericht schnell, ohne vorherige hinlängliche Informazion über die ihm zu wissen nöthigen Umstände, abgefodert wird, blos den ersten Theil, das eigentliche Visum repertum einzureichen und durchaus mit seinem Urtheile an sich zu halten, bis die erforderlichen Deposizionen ihm mitgetheilt worden[310] sind. Jenes kan, nächst ihm, der gerichtliche Wundarzt (bei chemischen Untersuchungen auch wohl der Apotheker) mit unterschreiben, vor das leztere aber mus er allein mit seines Namens Unterschrift stehen.
§. 498. Wird nichts Gewisses an Umständen durch den Criminalprozes ausfindig gemacht, so kan der Richter nicht verlangen durch das schriftliche Urtheil des Arztes weit genauer und bestimter informirt zu werden, als aus den Deposizionen hervorgeht.
§. 499. Ist man aber dem Thäter bei der Leichenöfnung noch nicht auf die Spur gekommen, was brauchts vor der Hand für ein Lethalitätsurtheil? es ist unnüzze, und in diesem Falle bei Vergiftungen gröstentheils unmöglich. Blos gerichtliche Unterhandlungen auf den Thatbestand (Korpus Delikti) gestüzt, bringen die Stufen der Inquisizion hervor.
§. 500. Ich mus bekennen, daß ich keinen Leisten vorschlagen weis, nach welchem die Tödlichkeitsgrade der Arsenikvergiftung gemodelt werden könten, die unendliche Verschiedenheit der Einflus habenden Umstände machen ein solches Projekt unmöglich.
§. 501. Wer sich das bisher Erinnerte zu eigen gemacht und Natur- und Arzneikunde in seiner Gewalt hat, wird einen entscheidenden Ausspruch von sich zu geben in den meisten Fällen im Stande seyn, da hingegen, wer sich jene Algemeinheiten in einzelnen Fällen nicht konkret zu machen weis, und durchaus einen Leisten verlangt, auch immerhin einen Gebrauchszettel dazu bestellen mag, der leicht eben so langweilig und dunkel als meine Algemeinheiten ausfallen dürfte.
§. 502. Ist es erlaubt, dem Richter noch ein Wort zu sagen, so bemerke ich, daß man über die Strafbestimmung für diese Fälle in zwei Streitschriften, deren Gelehrsamkeit so wohl als ihre etwas rauhe Strenge in die Augen fält, (Ioh. Franc. Ehrman, praeside I. D. Reisseissen, de veneficio doloso, Argentor. 1781 und I. F. Ehrman, de veneficio culposo, Argentor. 1782.) hinlängliche Auskunft finden kan.
Weißenfels,
gedruckt bei Friedrich Severin.
Fußnoten:
[1] Auch Cadmia fossilis genant, Arsenicum porosum Linn.
[2] Schon Henkel schmolz ihn aus weissem Arsenik und schwarzem Flusse bei jählingem aber gemäsigtem Windofenfeuer im unverschlosnen Tiegel, s. Kieshistorie, zehntes Kapitel, S. 564.
[4] Das graue Giftmehl besteht aus kleinen länglichtspiesigen Krystallen und ist beinahe so auflöslich, wie sublimirter weisser Arsenik.
[5] Bergman läugnet seine Auflöslichkeit in Wasser und die salzhafte Natur des regulinischen Arseniks ganz; s. Abh. vom Arsenik, Wien 1783. S. 3, 9 und 15.
[6] Chemie §. 693.
[7] a. a. O. S. 3 und 42.
[8] Minearologie S. 368
[9] Rührt die Röthe des sächsischen rothen Arseniks von einem kleinen Theile Bleies her?
[10] Vorzüglich thut dies Salpetersäure.
[11] Commerc. litt. Nor. 1733 S. 253. — 1734 S. 292. — 1737 S. 182.
[12] Diese durch Laugensalze bewirkte Milderung der Arsenikauflösung bemerkte Navier (Gegengifte erster Th. S. 26.) durch den Geschmak, so wie Macquer (Mem. de l’acad. des sc. 1776.)
[14] Eine dem untersuchenden praktischen Scheidekünstler geschriebne Bemerkung. Bergman (von der Luftsäure S. opusc.) will einmal einen Niederschlag durch fixe Luft in Bleiauflösungen bewirkt gesehen haben, hernach nicht wieder. Ich erinnere aber, daß Bleizuckerauflösung die in einer Flüssigkeit vorhandne Luftsäure, bequemer, (mit gehörigen Voraussezzungen) als Kalkwasser entdecke, und ihre Menge dann leicht abzuwägen sei, wenn das erfolgte Präzipitat vor und nach seiner kalten Wiederauflösung in reiner Salpetersäure gewogen wird.
[15] Nicht eine unauflösliche, wie Scheele will, Abh. d. schwed. Ak. d. Wiss. 37ter B. S. 279, 15. c.
[16] Schwefelleberluft ist nach der wahrscheinlichsten Meinung ein mit einem Uebermaas von Brenbaren in Luftgestalt aufgelöster Schwefel, ihre Entstehung scheint dies zu beweisen. Vielleicht trägt zur Vereinigung beider Substanzen in eine luftähnliche Form Maiers Kaustikum, das mit Scheelens Hizze, wie mich dünkt, übereinzukommen scheint, das Seinige bei. Nach Bergman lösen sich von dieser Luft 60 Kubikzoll in 42250 Granen oder 100 Kubikzollen Wasser auf, worin, nach ihm, 80 Gran Schwefel sind. Nach Kirwan (Mineralogie S. 235) lösen sich 100 Kubikzoll dieser Luft in 200 Kubikzollen Wasser auf, und enthalten 8 Gran Schwefel. Der Antheil Brenbares dieser Luft scheint zur Regulifizirung des Arseniks erfoderlich zu seyn, da sich reine Metalkalke nicht mit Schwefel zum Erze verbinden. Mir scheinen diese so verschiedene Angaben unerklärlich. Ich fand durch oft wiederholte Opermentniederschläge, daß 42000 Gran kaltes Wasser so viel Leberluft aufnehmen konte, daß 100 Gran Schwefel und etwas drüber darin aufgelöst erhalten wurden. Dies war der höchste erreichbare Sättigungspunkt, dessen kaltes Wasser fähig zu seyn schien.
[17] Nach zehen Tagen fand ich noch so viel niedergefallen, daß das Verhältnis des aufgelöst gebliebenen Operments zum Wasser etwa 1 : 2500 war.
[18] Petersburg 1783 8vo S. 21. Er gab den Schwefel mit Milch (oder wie er sagt in Milch aufgelöst, wie er dies gemacht, sagt er nicht, vermuthlich Schwefelblumen unter Milch gerührt) und rettete durch häufiges Trinken dieses Mittels einen Menschen, der 2 Quentchen weissen Arsenik verschluckt hatte. Sahe er nicht, daß eine grose Menge blose Milch dies oft gethan hat?
[19] Mineralogie S. 249.
[20] Vermutlich weil Silber selbst in saurer Auflösung Brenbares genug zur Vererzung (bei erster Berührung des selbst nakten Schwefels) behält.
[21] Die stärkste Auflösung des Arsenikkönigs blieb mit Schwefelauflösung hell und ungefärbt, vermuthlich entweder, weil das kochende Wasser den regulinischen Arsenik nur als Salz auflöst, indem es sein Brenbares in der Siedehizze zerstreuet, oder weil das Aneignungsmedium (welches in der Schwefelleberluft vielleicht noch unerkant verborgen ist) im blosen im Wasser aufgelösten Schwefel nicht liegt, und also beide Substanzen Schwefel und Arsenikkönig sich nicht zum Erz verbinden können. Ich bin der erstern Meinung zugethan, seitdem ich fand, daß abgedampfte Arsenikkönigauflösung im Wasser zu einer weißen Rinde sich rings um die Abdampfschale ansezte (bis keine Flüssigkeit mehr übrig war,) in der ich durch das Vergrößerungsglas die feinste Krystalgestalt wie die des weissen krystallisirten Arseniks erblikte.
[22] Eph. N. C. cent. 3. obs. 67. S. 153.
[23] Aucante Schreiben von schädl. Zuber. d. Getreidesaat mit Kalk und Arsenik Hannöv. n. Saml. 1775. St. 75.
[24] Besonders der in England angewandte Firnis aus Arsenik, Oel und Pech wider die Holzwürmer der Schiffe, Encyclopedie, Arsenic.
[25] Wetherlins Chronologen 12ter B. S. 146.
[26] Toxicologia S. 335.
[27] Fr. Hoffmann Med. rat. system. Tom. 2. S. 185.
[28] Bei Wepfer hist. cic. aqu. cap. 21. schol. 4. S. 372. (L. B. 1733.)
[29] Reisen, 57. Brief.
[30] Fr. Hoffmann medic. ration. system. Tom. 2. p. 2. §. 19.
[31] Commerc. litt. Noric. 1737. S. 182.
[32] Vorlesungen üb. d. ger. Arzneikunde 2ter Band. S. 190.
[33] Mineralgifte. S. 131.
[34] De la Force, Nachrichten von den wichtigsten Begeb. unter der Reg. Ludwig XIV. Leipzig 1716. S. 128. und Lettres de Madame de Sevigne, Tom. 2. — Wepfer hist. cic. cap. 21. schol. 4. S. 372.
[35] Oder solte ein Arsenikmittelsalz dazu genommen werden? Der unmerkliche Geschmack desselben und seine gar nicht heftig geschwinde, sondern langsam äzzende Wirkung scheint dies zu verstehn zu geben, welches die Herren Merveau, Maret und Dürande bemerkten, da sie einem Hunde ein Quentchen davon eingeflöst hatten. Der Hund lag ohne andere Zufälle einen Monat lang schreklich ausgezehrt, nahm fast gar keine Nahrung zu sich, und ward an den Lenden gelähmt. Milch und andere Schleime konten diesen Zufällen nicht abhelfen — Nach seinem Tode schien der Magen nicht angefressen zu seyn — Vielleicht wirkt es so schleichend giftig, weil der Arsenik nur allmählig durch das thierische Brenbare hergestellt wird. S. Anfangsgr. der theor. und prakt. Chemie, zw. B. S. 216.
[36] Ja man könte behaupten, daß ihn in dieser Absicht Theophrast Parazelsus von Hohenheim am ersten gebraucht habe, da er (lib. 2. de morb. metall. cap. 5.) spricht: „Spiriru arsenici quartanam curari“ wiewohl mir die Bereitung dieses Arsenikspiritus nicht bekant ist; auch ihm folgte Johan Lange epist. med. lib. 3. ep. 7. — Dann Lemery, cursus chym. S. 307. — fast um eben diese Zeit (1679) Burchhard bey Wepfer, hist. cic. cap. 21. schol. 3. S. 367. — Dann Maskoky Eph. N. C. dec. 2. ann. 3. (1685) obs. 46 — worauf sein Gebrauch allgemeiner ward.
[37] Die Gabe des weissen Arseniks in Fieberpulvern haben die Quacksalber bis auf vier, ja fünf Gran getrieben. Bonet medic. septentr. coll. part. 2. S. 535. und unten §. 470.
[38] Sechs Tropfen eines flüssigen Arsenikmittelsalzes (liquor arsenicalis Schroederi) wurden einem achtjährigen und einem zehenjährigen Kinde auf den Grindkopf gestrichen, Zittern, Brechen und geschwinder Tod waren die Folgen; Zittman medic. for. (Frft. 1706. 4.) S. 420. — Ein Hund starb unter den heftigsten Zufällen sehr plötzlich, welchem Sprögel (diss. exper. c. veneno. Goetting 1753. S. 62.) in seine Hautwunde Arsenik angebracht hatte, er fand innerliche Entzündungen.
[39] Die bey §. 90. und 91. angeführten Stellen werden dies vollends erläutern — Doch sehe man noch Heucher opera omn. Tom. 1. Mithridates — S. 433. Fernel univ. med. lib. 6 cap. 18. und Harder apiar. observ. (Bas. 1736. 4.) nach.
[40] Es giebt keinen Zufall einer Arsenikvergiftung, den nicht äusserliche Anwendung dieses Gifts ebenfalls hervorbrächte. Auf Rauch und Staub, Kontraktur Bresl. Samlung. 38 Vers. S. 411. — Lähmung Tackenius Hippocr. chym. cap. 24. — Neuman Chemie 4ter Band, erst. Th. S. 425. — Angel. Sala Ternar. bezoard. cap. 27. — Kolik, Magenschmerz, Erbrechen viele der unten (§. 134.) anzuführenden Stellen, besonders Sala a. a. O. — Tackenius a. a. O. Zittern, Miscell. N. C. ann. 1671. obs. 78. — Schwindel, Ohnmacht, geschwollenes Gesicht Sennert prax. lib. 6. part. 5. cap. 2. S. 237. — Schwindel, Kopfschmerz, Mattigkeit und Arsenikfriesel: Boerhave de morb. nerv. Tom. 1. S. 224. — Auf äusserliche sonstige Anwendung Kontraktur Peter von Abano de venen. de realgare — Lähmung und Zittern der Bergleute Ramlov von der Lähmung und Zittern der Bergleute. — Sala a. a. O. — Brand andrer Theile als wo er aufgelegt ward; Commerc. litt. Nor. ann. 1743 S. 50. — Act. N. C. vol. 6. app. S. 8. — Entzündung des Schlundes — Acta N. C. vol. 9. obs. 37. — Fallsucht, auf Grind gestreut Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. obs. 12. S. 37. — Sala a. a. O. — Frieselausschlag und Geschwulst Acta N. C. vol. 2 obs. 10. — Sennert prax. lib. 6. part. 5. cap. 2. — Schlagflus Pyl Aufs. und Beob. erst. Th. S. 46. — Erbrechen, Kolik u. d. gl. in allen den gleich (§. 90., 91.) anzuführenden Stellen.
[41] Musgrave Betracht. über die Nerven sechst. und siebentes Hauptstück.
[42] Brocklesby concerning the indian poison sent over from Condamine. Philos. Trans. vol. 44. S. 408. und Herissant exper. made with the poison of Lamas and of Ticunas; ebend. vol. 47. S. 75 — 92.
[43] Um wie viel tödtlicher die Gifte sind, wenn sie auf offene Hautstellen, als wenn sie in den Magen kommen, sehen wir in den Versuchen des holländischen Wundarztes Forsoek, die er mit dem Bohonupasgummi in Java anstelte; Hunde, denen er einen ungemein kleinen Theil davon unter die Oberhaut mit der Spizze einer Lanzette brachte, starben dreimal geschwinder (und fast augenbliklich) als die, denen er etwas davon eingab; Esprit des journaux, 1785. Juin. S. 310.
[44] Des le Febüre äusserliche Anwendung des weissen Arseniks in Auflösung ist bekant — so wie Bernhard’s Krebspulver; Saml. f. prakt. Aerzte, 7. B. St. 3. S. 512. — nicht weniger Rönnow’s (schwed. Abh. Jahr. 1778) Anwendung des gelben Arseniks zu gleichem Behufe. Doch hatten schon die ältesten Aerzte Mittel gegen Krebs aus Arsenik gebraucht, wie das Kollyrium des Lanfranc’s beweist, zu welchem Operment kömt. Andrer gefährlichern Mittel, aus weissem Arsenikpulver zusammengesetzt, hier nicht zu gedenken, die gröstentheils aus den Händen gewissenloser Empiriker kamen.
[45] Franz Alphanius de peste — Massaria de peste lib. 2. — Deusing de peste hist. 44. und 99. — Lindestolpe de venenis S. 735. — Baccius de venenis — quae extrinsec. — Amman medic. crit. S. 371. — Salmuth obs. medic. II. S. 96. — Stenzel de venen. acur. S. 27. — Fabriz von Hilden obs. et cur. chirurg. Cent. 6. obs. 80, 81 — Ebenders. de gangraena et sphac. cap. 5. S. 777. — Bonet sepulchr. anat. lib. 2. sect. II. obs. 31. — Act. N. C. vol. 6. app. S. 8. Ebendas. vol. 2. obs. 10. — Eph. N. C. cent. 3 et 4. obs. 127 in schol. — Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. S. 37. — Ebendas. dec. 3. ann. 9. et 10. S. 390. — Mathesius, Sarepta S. 430. — Angelus Sala ternar. bezoard. cap. 27. — Fernel method. med. lib. 6. cap. 8. — J. Schröder pharm. med. chym. lib. 3. cap. 27. S. 498. — Zittman med. for. cent. 2. cas. 24. — Bresl. Saml. 33. Verf. S. 115. — Sprögel. exper. c. ven. S. 61. Hannöver. Magazin 1770 36. St. — Büttner Unterricht für Aerzte Beob. 35. — Pyl Auff. und Beob. erst. Th. S. 46. —
[46] Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. obs. 12. S. 37.
[47] Es brachte Brand im Schlunde zuwege, Commerc. litt. Nor. 1743. S. 50. und nicht nur Pflaster, sondern auch damit angerührte Oele haben ähnlichen Nachtheil gehabt, es erfolgte Schwierigkeit im Schlingen, fruchtloses Würgen, Entzündung des Halses; Acta N. C. vol. 9. obs. 37. oft Tod. Ueber die Schädlichkeit der leztern, auch der arsenikalischen Anhängsel (Amulete) sehe man die bei Gmelin (Mineralgifte) Verzascha, Diemerbroek, Hodges, Crato und Lionardo de Capo angeführten Stellen — sonst noch Wepfer hist. cicutae cap. 21. hist. 13. S. 364. — Amatus Lusitanus cur. med. Cent. 2. Curat. 34. — Baccius de venen. et antidot. in prolegom. S. 23. — Lorenz Scholze epist. med. 168. S. 282. — Ger. Columbus de febre pestil. lib. 2. Cap. 17. — Peter Borell hist. et obs. rar. cent. 3. obs. 36. — Commerc. litt. Nor. ann. 1743. S. 50. —
Und wie soll man sich wundern, daß äusserlich aufgelegte Arsenikbutter (jene fressende Verbindung des Arseniks mit Salzsäure) den Tod bewirkte; Lor. Hoffman de vero usu et abusu med. chym. S. 38.
[48] Auch solte nie erlaubt werden, daß das Spielzeug der Kinder mit Rauschgelb, Operment, rothem oder gelbem Arsenik angestrichen würde. Mir sind etliche traurige Fälle bekant, wo man Kinder, die daran gelekt hatten und tod krank wurden, mit Mühe rettete.
[49] Die Irritabilität der Magenmuskeln ist durch den äusersten Reiz abgestümpft, verloschen — Sprögel a. a. O. S. 57.
[50] Er wird dazu nehmen, (um sich zu überzeugen,) daß bei dieser Arsenikvergiftung nicht wie bei der Cholera beim ersten, sondern größtenteils erst beim wiederholten Erbrechen Galle ausgeworfen wird, und der Puls bei ersterer anfänglich nicht so voll oder entzündlich wie bei lezterer, sondern mehr krampfhaft eingezogen ist.
[52] Deshalb weis ich nicht, wie in Hallers Vorlesungen über Teichmeiers gerichtliche Arzeneikunde (2ten Bandes erster Th. S. 189) gesagt werden kan: die Eingeweide fresse Arsenik nicht an, daher zu glauben sei, er besizze einen sehr narkotischen Schwefel — Just das Gegentheil!!
[53] Vornehmlich wenn die Ausleerungsmittel vernachläsiget und Ausdünstung befördernde, schweistreibende oder andre hizzige Mittel allzu zeitig an ihre Stelle gesetzt werden. Im Jahre 1784 hatte ein starker Holzschläger in Guteborn im Amte Ruland durch die Bosheit seiner Frau verschiedene Grane Fliegenstein auf einem Butterbrode verschlukt, er würgte sich die ganze Nacht hindurch, ohne das Gift durch Erbrechen völlig loswerden zu können. Früh ermant er sich, ungeachtet des Brennens im Magen und des Reissens in den Gedärmen verschlukt eine Menge kaltes Wasser, zwingt sich zur heftigsten Arbeit, und geräth in einen ungeheuern Schweis. Da er Mittags als er zu Hause war seine Kolik nicht gemindert sieht, so verschlingt er eine Menge heiser Suppe und geht mit zusammengeraften Kräften wieder an die Arbeit. Nach und nach fühlt er wie die Leibschmerzen nachlassen, aber bald darauf fält er unvermuthet zu Boden. Er wird ganz steif, doch mit Kenzeichen des freien Bewustseyns nach Hause getragen; die Muskeln des ganzen Körpers waren angestramt, und die Gliedmasen krum gezogen. Der Wundarzt richtete durch Oel- und Milchtrinken nichts bei ihm aus. Er fält auf warme Wasserbäder und diese stelten den Kranken nach und nach völlig her.
[54] Ueber diese und andre Umstände dieser (§. 123. bis 126.) Paragraphen vergleiche man Haens Heilmethode, viert. Band. S. 237. u. f. — Commerc. litterar. Nor. 1738. S. 212. vorzüglich Quelmalzens Erzählung. Ebendas. S. 219, 220, 221.
[55] Kontraktur und Lähmung der Füse, mit Verlust des Gefühls dieser Theile nach innerer Arsenikvergiftung Nov. acta. N. C. vol. 3. obs. 100. S. 532.
[56] Mehrere Beispiele wo auf verschlukten Arsenik Kontraktur, Lähmung, Zittern, Gliederreissen und spasmodische Konvulsion (Eklampsie) erfolgte — Alberti Iurispr. med. Tom. 3. S. 861. Forest lib. 18. obs. 28. S. 143. — in scholiis — Wepfer a. a. O. cap. 21. hist. 8. S. 358. — Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. obs. 12. S. 36. — Ebendaselbst Cent. 5 et 6. obs. 45. S. 67. — Peter von Abano de venen. cap. 25. de Realgare — Joh. Bapt. Montanus Consilia, cons. 367. S. 947.
[57] Frieselausschlag von Arsenik mit Besserung Guilbert in Van der Monde Recueil period. Tom. 4, S. 353. — Medical essays et obs. (Edimb. 1747.) vol. 4. S. 41. — Gazette Salutaire 1762. n. 6. — Breslauer Saml. Vers. 33. S. 227. — Acta N. C. vol. 2. obs. 10. — Bierling thesaur. obs. 1. §. 6. S. 5. ohne Besserung oder mit Verschlimmerung, auch wohl mit bald tödtlichem Ausgange, Quelmalz Commerc. litt. Nor. 1737. S. 220. — Valentini Pandect med. leg. part. 1. sect. 3. S. 384. und ebend. S. 335. — Bohn offic. med. dupl. part. 2. cap. 6. S. 654. — Fel. Plater observ. Mantiss. obs. 38. S. 82. — Die Abschuppung und Abschälung der Oberhaut erfolgt zwar stets auf den bläsigten Ausschlag, (wenn er vom Tode nicht übereilt wird) doch auch zuweilen auch ohne vorgängigen Friesel; Haen Heilmethode a. a. O. S. 328. Auf Waschen mit Arsenikwasser über den Leib sahe ich öfters die Abschuppung allein erfolgen.
Statt der Crisis durch Friesel und Ablösung der Oberhaut veranstaltete die Natur zuweilen ein kritisches Ausfallen aller Haare des ganzen Körpers, auch ohne Abgang der Epidermis: Forest hist. et cur. lib. 30. obs. 8. in schol. — Val. H. Vogler diss. de venenis §. 33. — Störk ann. med. 1. S. 79, 80. — Scheffler Gesch. der Bergl. S. 196. —
Und umgekehrt lezteres ohne ersteres Haen a. a. O. — Auch erfolgte Abszesse haben sich nicht kritisch erwiesen Bresl. Saml. Vers. 33. S. 339. —
[58] Commerc. litter. Nor. 1738. S. 212.
[59] Vieljährige Kränklichkeit verursachte auf einmal genommener Arsenik, Coelsi ratio occurrendi morbis a mineral. abusu produci solitis. (Romae 1780.) S. 62. Sennert prax. lib. 6. part. 5. cap. 2. S. 231. — nach einem Jahre Tod; Amatus Lusitanus cent. 2. cur. 65. — nach dreijähriger Auszehrung, Tod; Wepfer de cic. cap. 12. hist. 5. und in schol. 3. S. 369. mehrere Jahre lang; Peter Forest lib. 18. obs. 28. in schol. S. 143.
[60] Man kan auch gute Narben von tiefen Magenverlezzungen aufweisen; — Bonet sepulchr. anat. lib. 4. sect. 10. obs. 4. §. 5. — Fel. Plater lib. 2. obs. S. 419. und alle Leichenöfnungen der Glasfresser und Allotriophagen, in deren Magen man oft große Stellen glatt antrift, wo die Zottenhaut ohne Schaden hinweggegangen war. — Ein Mann war stark mit Arsenik vergiftet, durch vieles Wassertrinken entrann er zwar dem Tode, aber nur erst nach zwei Jahren ward er erst völlig gesund; Klökhof Verhandel. uitg. door de holl. Maatsch. d. W. te Harlem 8. Deel. erst. Stück. S. 409.
[61] Forest lib. 17. obs. 13. — Valentini pandect. med. leg. sect. 3. S. 384. — Bonet med. septentr. sect. 7. obs. 38. — Fab. Lynceus expos. anim. nov. hisp. S. 475. — Wepfer a. a. O. S. 356. cap. 21. hist. 8. S. 357. et hist. 12. S. 363. — Acta N. C. vol. 5. obs. 102. S. 355. — Alberti jurispr. med. Tom. 1. part. 1. S. 272. — Eph. N. C. dec. 3. ann. 5. et 6. obs. 137. — Bartholin acta hafn. vol. 5. S. 126. — Peter von Abano de venen. cap. 25. de realgare. — Ardoyn de venen. (Basel 1562.) S. 102. — Eine sehr kleine Gabe gelben Arseniks, vielleicht nur wenige Grane, tödeten einen starken Mann nach elf Tagen, welcher aber freilich, statt Hülfe anzunehmen, sich alles ersinnliche Nachtheilige erlaubt hatte — sein Magen war innerlich angefressen; Zittman medic. for. S. 247.
[62] Von einer Vergiftung mit Realgar, Steifigkeit aller Gelenke; Peter von Abano a. a. O.
[66] Beispiele von Schädlichkeit des Arsenikrauchs bei Wedel diss. de arsenico (Ien. 1719.) S. 10. — Sennert prax. med. lib. 6. part. 6. cap. 9. — Abhandl. der kön. schwed. Ak. der Wiss. 1743. — Bresl. Saml. Vers. 33. S. 226. Vers. 38. S. 411. — Matthäi observ. med. S. 73. — Bierling advers. cur. Cent. 1. obs. 3. S. 15.
[67] Von Einathmung einer Menge Arsenikdampfs starb ein Jüngling jähling an Husten, Blutspeien und Lungeneiterung; Henkel Bergsucht S. 150. — ein ähnliches Beispiel: Timäus von Güldenklee cas. med. lib. 7. cas. 2. — Zusammenziehender Magenschmerz, Konvulsionen über den ganzen Körper, Schweräthmigkeit, Blutharnen, Kolik und allgemeine Lähmung auf Einathmung des Arsenikrauchs überfiel Tackenius hippocr. chym. cap. 24. — jählinge Engbrüstigkeit bis zum Ersticken vom Dampfe der Rostöfen in Blaufarbenwerken: Miscell. N. C. ann. 1671. obs. 78. S. 149.
[68] S. Math. Ramlov von der Lähmung und dem Zittern der Bergleute. —
[69] Leute, die Weiskupfer in einer Stube bereiteten, erstickten beinahe, die Zunge ragte ihnen aus dem Halse; ihr Kopfschmerz, Schwindel, Mattigkeit und die gelben auf der Brust ausgefahrnen Bläschen blieben einige Tage; Boerhave de morb. nerv. T. 1. S. 224. — Engbrüstigkeit, Steifigkeit in Händen und Füßen u. d. gl. beim Weiskupferbereiten Bresl. Saml. Vers. 38. S. 411. — Von gleicher Bereitung der Tod vieler Bewohner des Hauses; Fr. Hoffman opusc. path. pract. dec. 2. diss. 6. S. 426.
[70] Die Farbarbeiterkrankheit, die Brustbeschwerung und Schwindsucht dieser Arbeiter, (Henkel, Bergsucht S. 148.) woran sie weit geschwinder, als die übrigen Arbeiter, sterben.
[71] Die dabei angestellten Arbeiter und Schürer bekommen eingefallene Augen, Zittern der Glieder, werden todenblas und bis auf die Knochen ausgezehrt. Miscell. N. C. a. a. O. — Henkel a. a. O. sie schleppen sich zehn bis 20 Jahr mit diesem Elende, ehe sie sterben. — Engbrüstigkeit, Zittern und Abzehrung der Kobaldröster; Fr. Hoffmann opusc. dec. 2. diss. 6. S. 427. — Wie gewagt ist also nicht der Rath, in der Lungensucht den Rauch von Sandarach (Frakastor lib. 3. de conrag. morb. cur. cap. 8.) oder den des Operments (Ungenanter im Anhange zu Riviere Cent. 4. — obs. 2.) einathmen zu lassen! —
[72] Die Steiger, vorzüglich aber die Häuer in arsenikreichen Gruben, besonders die auf den Kobaldschlägel arbeiten, bekommen die Bergsucht in hohem Grade. Zu der Engbrüstigkeit und dem Husten findet sich Ekel vor Speisen, Schefler Gesundheit der Bergleute (Chemnitz 1770.) S. 194. fliegende Hizze gleich nach dem Essen (S. 194.) aufgebläheter Magen (S. 195.) und Schlaflosigkeit (S. 188.) ein. Die Füse schwellen anfänglich, nachgehends und zu Ende nimt die Geschwulst wieder ab (S. 195.) die Haut wird trocken, der Körper schwindet bis zum Knochengerippe ab, (S. 196.) oft gesellet sich ein empfindlicher Kopfschmerz dazu, (S. 210.) zuweilen fallen alle Haare aus, (S. 196.) oft entstehen Blasen und Geschwüre im Munde, die Zunge wird an ihrer Wurzel angefressen, (S. 197.) sie bekommen Anfressungen unter der Achsel und an den Geburtsgliedern (S. 149.) auch wohl an leztern Orten krebshafte Geschwüre. (S. 190.) Den Beschluß machen abmattende Schweise und Durchlauf (S. 196.) Schwindel, das Zeichen des nahen Todes (S. 196.) Blutsturz (S. 196.) Stikhusten (S. 175.) Entkräftung.
[73] Die Klaubesteiger, Fr. Hoffman opusc. dec. 2. diss. 6. S. 426. Die Scheide- und Pochjungen bekommen die mit dieser Krankheit verbundnen Zufälle noch geschwinder und heftiger, der Menge des troknen Arsenikstaubes wegen; Schefler a. a. O. S. 149, 174. Henkel Bergsucht S. 22.
[74] Ein Mahler athmete eine Menge Realgarstaub ein, und bekam Schwindel, Ohnmacht und geschwollenes Gesicht; Sennert prax. lib. 6. part. 5. cap. 2. S. 237.
[75] Die rothen Arsenik zur Farbe reiben, werden paralytisch; Neuman Chemie, Züllichau Tom. 4. erst. Th. S. 425.
[76] Aus diesem Grunde wird die wohl dreimal grösere Tödlichkeit des Sublimats, gegen die des weissen Arseniks gehalten, anschaulich.
[77] Venen. mechan. expositio S. 109.
[78] Commerc. litter. Nor. 1737. S. 220. — Schefler Ges. d. Bergl. S. 210. —
[79] Sennert prax. lib. 6. part. 5. cap. S. 237. — Schefler a. a. O. S. 196. —
[80] Eph. N. C. dec. 3. ann. 9 et 10. S. 390, wo einen Mann, welcher Arsenikwasser statt Majoranwasser in die Nase gezogen, Schwindel, Stikfluß, Verlust aller Sinnen, Sprachlosigkeit, Angst, viehische Dumheit überfiel. Die Schwachheit des Gedächtnisses, des Gesichts und der Vernunft blieb. Er muste sylbenweise wieder reden lernen.
[81] Eben so dachte Degner (Act. N. C. Vol. 5. app. S. 60.) welcher die tödende Kraft des Arseniks in einer Art von Unterdrückung der Lebenskräfte, wie man beim Ruhrgifte bemerkt, suchte; eben so Skreta febr. castr. sect 1. cap. 7. von der Aehnlichkeit seiner Feldkrankheit mit der Arsenikvergiftung. — Eben so urtheilt Sprögel (a. a. O. S. 49.) vom Sublimate. Man kan nicht füglich anderst die Schnelltödlichkeit des Arseniks nach äusserlicher Auflegung (Allegate zu §. 87. und 90, 91.) erklären. Eben so wenig kan man sonst den oft schnellen oder ohne sonderliche Magenentzündung erfolgenden Tod nach Verschluckung des Arseniks oder Sublimats erklären. Ein Frauenzimmer kostete eine unbedeutende Menge Arsenik, und starb ohne etwas davon in den Magen geschluckt zu haben; Mezger ger. mediz. Beobacht. erst. Jahrg. 1778. Königsberg.
[82] Wepfer hist. cic. cap. 21. hist. 1. S. 349. (L. B. 1733) — Morgagni de sed. et c. m. ep. 59. §. 3. — Valentini pandect. med. leg. part. I. sect. 3. S. 380, b und 383, a. — auf Sublimat gleichfals Tod, ohne Erbrechen, von 20 Gran Sprögel exp. c. v. S. 43. von 10 Gran S. 47.
[83] Sprögel exp. c. ven. S. 57. Der größte Reiz konte den Magen nicht zum Zusammenziehn bewegen.
[85] Eine ähnliche Steifigkeit der Muskeln bemerkt man bei Schlagflüssen, bevor die wahre Lähmung zu Stande kömt.
[86] Sprögel exp. c. ven. S. 43. fand im Magen einer alten Kazze, die von 20 Granen Sublimat nach fünf Minuten ohne Erbrechen starb, geringe, das ist, viel geringere Entzündungsspuren als von eben so viel weissem Arsenik im Magen eines Hundes, da doch Sublimat mehr als dreimal schnellere Entzündung als der Arsenik erregt — Zehn Gran Sublimat tödeten einen alten Kaninchenbock fast augenbliklich, Sprögel (a. a. O. S. 47) fand keine Spur von Entzündung in seinem Magen. Heberdeen (N. Hamb. Magazin 97. St. S. 205.) tödete einen Hund binnen zehn Minuten durch Eingiessung zwoer Unzen einer Auflösung des weissen Arseniks, fand aber innerlich nicht die mindeste Spur von Entzündung oder Anfressung — und schliest, es müsse Dinge geben, die, ohne wie reizzende oder narkotische Gifte zu wirken, ihren schädlichen Eindruk unmittelbar über die Nerven ausbreiten.
[87] Haller Physiol. lib. 19. sect. I. §. 10. S. 132.
[88] Pyl Aufsäzze und Beob. erst. Theil. S. 58. — Mezger mediz. ger. Beob. 1ster Band. S. 50. — Klökhof im achten Th. der Harlemer Abh. erstes Stük. — Lieutaud hist. anatom. med. lib. I. obs. 116.
[89] So findet man nach Vergiftung mit Sublimat, der mit dem Arsenik gleich (Sprögel a. a. O. S. 58) wirkt, den Schlund oft (ohne merkbare Entzündung) fast ohne zurükgelassene Höhlung zusammengezogen; Sprögel a. a. O. S. 43.
[90] Oft ohne erfolgendes Erbrechen wird der Unterleib konvulsivisch eingezogen; Sprögel a. a. O. S. 57. — Quelmalz Commerc. litt. Nor. 1737. S. 220.
[91] Man hat bei Arsenikvergiftungen oft erst nach etlichen Tagen Stuhlgang erfolgen gesehn Commerc. litt. Nor. a. a. O. nach drei Tage bei einer äusserlichen Arsenikvergiftung, m. s. Acta N. C. vol. 9. obs. 37.
[92] Sprögel a. a. O. S. 53.
[93] Sprögel a. a. O. S. 53.
[94] Die an den Magen gebrachten Gifte ziehn nur denjenigen Theil dieses Eingeweides zusammen, den sie unmittelbar berühren; Haller Physiolog. lib. 19. sect. 4. §. 4. S. 260.
[95] Besonders dieser, auch seiner Schwere (8,310) wegen.
[96] Eben so urtheilt Macquer, der Leonhardischen Ausgabe seines Wörterbuchs erst. Th. (Leipz. 1781) S. 253. — Solte nicht ebendaher die fäulniswidrige Kraft herrühren, die der Arsenik auf die tode thierische Faser äussert? Anfangsgr. d. theor. und prakt. Chemie von Morveau, Maret und Dürande zweit. B. S. 246.
[97] Morgagni de sed. et caus. m. ep. 59.
[98] Oder doch schädliche, Erbrechen, Entzündung der ersten Wege, Kolik, Ohnmacht, Schwindel, Schlagflus.
[100] Wie kan Sikora (Conspect. med leg Pragae 1780. 8.) gerechtfertigt werden, da er Brantwein für ein Gegenmittel des Arseniks ausgiebt, in dem Wahne, das Brenbare desselben mildere dieses Gift?
[101] Vorzüglich thaten sich unsre Vorfahren hier viel auf den Bergkrystall zu gute. Das Pulver davon ward etliche Jahrhunderte hindurch für des Arseniks spezifisches Gegengift gehalten. Es war natürlich, daß es oft gute Dienste that, da es in kleiner Menge unter vielem Mandelöl und Milch gegeben ward.
[102] Haller Physiolog. lib. 19. sect. 4. §. 4. S. 262.
[103] Man sehe Breslauer Samlungen, 33. Vers. S. 338. — Wepfer hist. c. 21. hist. 7. S. 356. — Navier Gegengifte, S. 10. — Medic. essays Vol. 4. Edimb. 1747. S. 41. — Morgagni de sed. et c. m. ep. 59. Art. 7. — Bonet sepulchr. anat. lib. 3. Sect. 7. obs. 2 et 3. et obs. 17. §. 2. — Henkel Bergsucht S. 148. — nebst vielen andern unglüklichen Krankengeschichten, in denen besonders die ältern Aerzte sich aus Vorurtheilen der Mohnsaftmittel gegen Arsenik nicht zu enthalten vermogten; unter den ältern ja neuern nehme ich Forest (obs. lib. 21. obs. 23. in schol. S. 135.) aus, welcher sie vor den hinlänglichen Ausleerungen zu geben verbietet.
[104] Vorzüglich hat man ihm oft die Zufälle des Ueberganges des Arsenikgiftes in die zweiten Wege (§. 123 bis 126.) beizumessen; öfterer noch bei starken Vergiftungen den Brand der ersten Wege.
[105] Da Purgiermittel den Schleim, der die innere Magenhaut umkleidet, wenigstens losmachen, wo nicht mit sich nehmen, und ihn reizzen; da sie die dünnern Gedärme vermögen, ihren Schleim durch erhöhete wurmförmige Bewegung hinwegzupressen und sie noch überdies in verschiednen Graden zu entzünden, ohne jedoch das Arsenikpulver aus der Zottenhaut rein abzufegen, im Stande zu seyn, so wird man ohne mein Zuthun einsehn, wie viel sie zur Verschlimmerung der Vergiftungskrankheit beitragen, besonders in Körpern, die empfindliche Nerven und leicht entzündliches Blut haben.
[106] Denn Fliegenstein und Operment lassen sich besonders im Anfange der Vergiftung durch gelinde Brechmittel von unten vorkommender Art mit vielem Nuzzen, und fast allein durch sie, wegschaffen.
[107] Deshalb verbietet sie Boerhave Praelect. acad. T. 6. S. 382. mit Nachdruck; ja es sagt sogar ein groser Arzt: „Wer einem mit einer geringen Arsenikgabe Vergifteten ein Antimonialbrechmittel reicht, sei mehr am Tode Ursache, als der Giftgeber, der alles zur Rettung anwendete.“ Fr. Hoffmann opusc. path. pract. dec. 2. diss. 5. S. 410 — An einer mit weissen Arsenik vergifteten Frau sieht man die Schädlichkeit des Brechweinsteins deutlich, deren Geschichte Klökhof im 8ten Theil im erst. St. der Haarlemer Abh. aufzeichnete.
[109] Med. ration. system. II. S. 187.
[110] Toxicolog. de acut. S. 39.
[111] Commerc. litt. Nor. in vielen Stellen.
[112] Elem. de mineralog. Par. 1772. S. 155.
[113] Ist Aqua toffana eine Art Arsenikmittelsalz, wie man vermuthen (§. 76. in Anm.) mögte, so könten auch aus diesem Grunde Säuren zur Wiederdarstellung des Arseniks Dienste leisten, der dann heftiger wirkt und schnelleren Ausgang sucht; das Gegentheil thut sein Mittelsalz, und ist um soviel gefährlicher, als es schleichender vergiftet.
[114] Im 57sten Briefe.
[115] Hist. cic. aquat. S. 296.
[116] Magazin z. G. d. Staaten und Kirchengeschichte IV. S. 141.
[117] Milch, Oele, fette Brühen und vegetabilische Schleime aus Wasser mit Reis, Gerste, Leinsamen, Malve und Stärke abgekocht getrunken und in Klystieren angewandt, waren schon in den ältesten Zeiten die einzigen Gegenmittel gegen weissen Arsenik, (arsenicum sublimatum album) man sehe Rhazes 2 Continent. cap. 2. und 8. Almansor. cap. de arsenico — arsenico sublimato — Albukases 2. Alzarav. cap. de potu arsenici — Avizenna 4. Canon. cap. 6. — Peter von Abano de Venenis cap. de assumpt. arsenici subl.
[118] Navier Gegengifte des Arseniks, äzzenden Sublimats, Spangrüns und Bleies, übersezt, mit Anm. von Weigel, erster Band, Greifswalde 1782. 4to.
[119] S. 14 bis 19.
[120] Daß die laugensalzige Schwefelleberauflösung ein viel geringeres Verbesserungsmittel und Gegengift des Arseniks genant zu werden verdient, als Navier wähnt, sieht man aus folgenden Gründen: 1.) Laugensalzige Schwefelleber wirkt in wenig Wasser aufgelöst giftartig, sie zerfrist Federn, Hare, Knochen und alle thierische Theile in kurzer Zeit zu einer Gallerte; stärker verdünt wirkt sie doch noch mit heftigem Reizze. 2.) Ist der Arsenik nicht in Auflösung, sondern in Pulvergestalt, wie gewöhnlich im Magen vorhanden, so kan die Schwefelleber noch lange als Aezmittel auf die Wände dieses so leicht entzündlichen, wohl gar schon entzündeten Eingeweides reizzend und äzzend wirken, ehe seine etwanige Kraft, den almählig aufgelösten Arsenik zu zerstören, statt finden kan. 3.) Navier mag sagen, was er will, die Schwefelleber läst doch nur in so fern seinen Schwefel fahren, und nur in der Mase, als sein Laugensalz durch das Zumischen des Arsenikwassers so wie irgend einer andern Säure gesättigt und verschlukt wird, und so fält der Schwefel rein und ohne den mindesten Antheil an Arsenik nieder. Diese leztere Behauptung fält in die Augen, wenn man bedenkt, daß der Schwefel ganz weis ohne die mindeste Gilbe (ohne die Operment nicht entstehen kan) sich präzipitirt, besonders aber dadurch, daß neutralisirtes Arsenikwasser von Leberluft nicht angegriffen oder als Operment niedergeschlagen wird. Mit einem Worte Schwefelleber mit Arsenikwasser zur Sättigung gemischt, wird nichts mehr noch weniger als Arsenikmittelsalz, (und der reine abgeschiedne Schwefel fält zu Boden.) Ein Vortheil, den man anderweit viel leichter, gefahrloser und angenehmer erreichen kan. Seine chemischen Versuche können auch mit keiner Genauigkeit angestelt seyn, da er versichert, die Schwefelleber und das Arsenikwasser müsten heis zusammen geschüttet werden, wenn ein Niederschlag erfolgen solle, (da doch, wie sich jeder überzeugen kan, ein häufiger Niederschlag bei 40° Fahrenh. erfolgt) und das Präzipitat wäre schmuzigweis (da doch das Präzipitat völlig weis ist, wie von Schwefelmilch). 4.) Der abscheuliche, unerträgliche Geschmak der selbst verdünten Laugensalzleber ist kein geringer Grund ihrer Verwerflichkeit. 5.) Nur frisch bereitete Leber bewirkt einen Niederschlag, lang aufbewahrte ist viel unkräftiger. Schwerlich kan sie so geschwind frisch bereitet werden, daß der Vergiftete durch den Verzug nicht leiden solte, gesezt sie wäre auch hülfreich. Auf dem Lande ist ihre Bereitung gröstentheils unmöglich.
[121] Sie besizt gleiche Aezlichkeit, gleich abscheulichen Geschmak, ist gleich unkräftig und nur der entstehende schwerauflösliche Kalkarsenik macht sie etwas hülfreicher.
[122] Arsenikwasser schlägt aus Eisenvitriol nichts nieder. Die Eisenauflösung in Essig präzipitirt sich durch Arsenik nicht. Dinte wird von Arsenikwasser nicht niedergeschlagen. Dies sind Thatsachen, aus genau angestelten wiederholten Versuchen abgezogen. Hiezu gehört, daß alle dephlogistisirte Luft vorher aus dem dabei anzuwendenden Wasser getrieben werde, und während des Versuchs davon entfernt bleibe, die bekanntlich das Eisen aus der Vitriolsäure abscheidet, und ein Eisenkalkpräzipitat bewirkt, das sich nicht in Vitriolsäure wieder auflöst, welches doch Eisenarsenikniederschlag thun muß.
[123] (S. 23)
[124] Gegengifte S. 23. und 90. Auch Gmelin (Mineralgifte S. 117.) nimt Salzsäure als einen Bestandteil des weissen Arseniks an. Der alchymische Erzvater Becher scheint hierin der Vorgänger aller übrigen zu seyn, physica subterran. lib. 1. Sect. 6. cap. 8. S. 543; oder vielmehr der sonst gute Scheidekünstler Libav. (Comment. in Alchym.) noch vor ihm. Neuman (chemische Vorles. zweit. Th. S. 491.) nimmt ausser der Salzsäure noch Vitriolsäure im Arsenik an, und der Herr Bergrath Pörner Salzsäure oder Vitriolsäure mit Kieselerde verbunden. Diese für so gewiß ausgegebnen Säzze bedurften Berichtigung, wenigstens Bestätigung, da sie so vielfach und widersprechend vorgetragen wurden.
Ich destillirte reines Quellwasser mit dem Hutabkühler dergestalt langsam, daß das erhaltene Produkt weder die Auflösung der Schwererde in Essigsäure, noch die Auflösung des frischbereiteten Silbervitriols im mindesten trübte, also von aller Vitriol- und Kochsalzsäure völlig frei war.
In einem Pfunde dieses höchst reinen destillirten Wassers lösete ich, durch Kochen, 250 Gran weissen Arsenik auf. Nun tröpfelte ich in einen Theil dieser krystallhellen Auflösung, um zu erfahren, ob weisser Arsenik Vitriolsäure enthalte, etwas von meiner Auflösung der selbst bereiteten Schwererde in Essigsäure ein, und die Mischung blieb völlig hell, hielt also nichts von Vitriolsäure.
In einen andern Theil dieses Arsenikwassers tröpfelte ich nun, um die für so gewiß ausgeschriene Salzsäure des weissen Arseniks zu entdecken, frischbereitete Silbervitriolauflösung — in noch einen andern Theil desselben aber etwas Quecksilberauflösung in Scheidewasser, bei einer Kälte von 40° Fahrenh. bereitet; aber in beiden Fällen erfolgte nicht die mindeste Trübung, nicht das mindeste Zeichen vorhandener Salzsäure.
Gleiche Versuche stelte ich mit einer starken Fliegensteinauflösung in eben diesem reinen destillirten Wasser und einer ähnlichen Auflösung des rohen Arseniks oder Giftmehls an — mit demselben Erfolge. Diese Arsenikarten halten also weder Vitriol- noch Salzsäure, wenn man diese gegenwirkenden Mittel für die beweisendsten ansieht. Ich erinnere hier beiläufig, wie ich durch wiederholte Versuche fand, daß 39 Grane Präzipitat (Kalomel) aus dem im Kalten bereiteten Quecksilbersalpeter durch Kochsalzsäure gefält, 334⁄5 Gran des erstern und 51⁄5 Gran des leztern andeuten.
[125] Die warmen Quellen enthalten keine Schwefelleber und keinen Schwefel in Substanz, wohl aber Schwefelleberluft in verschiedenem Verhältnisse und einige oft unbeträchtliche Salze.
[126] D. i. von warmem Seifwasser.
[127] a. a. O. Cap. 21. hist. 1. (L. Bat. 1733.) S. 352.
[128] Obs. 16. S. 209.
[129] Eine Person verschlukte (ungefähr eine Drachme) Arsenik, sie as Milchbrei darauf, erbrach sich bald, und ward gerettet; Commerc. litter. Noric. ann. 1738. S. 212.
[130] Es verdient angemerkt zu werden, daß die ältesten Schriftsteller, die weissen Arsenik und die Vergiftung damit kanten, schon den Genuß schleimichter breiähnlicher und fetter Speisen als dienliche Gegenmittel empfahlen. Rhases 2. Continent. cap. 2. (usus cibariorum unctuosorum et viscorosum.) Avicena lib. 4. fen. 6. tr. 1. cap. 9. Vorzüglich verdient der Gebrauch der Schokolade in dieser Absicht empfohlen zu werden. Bonet med. septentr. coll. part. 2. sect. 7. obs. 38. S. 376. — ohne Schaden Arsenik in Schokolade genommen. Eph. N. C. ann. 3. obs. 40. S. 68. — Ein Paar Kinder, die vom Arsenik die schreklichsten Zufälle litten, wurden durch einen Milchbrei völlig hergestellt. Wepfer hist. cic. cap. 21. hist. 10. (L. B. 1733.) S. 360. Hat man demnach einige dieser breiähnlichen Flüssigkeiten, Mehl- oder Reisbrei, Schokolade, Brodmus u. d. gl. bei der Hand, so wird man anfänglich sehr viel damit ausrichten, ehe die eigentlichen Gegenmittel bereitet sind und wenn die Gefahr sehr dringend ist.
[131] Will der Kranke selbst die Hülfe beschleunigen, folglich mehr trinken, so können ihm in diesen zwei Stunden noch etliche Pfunde dieser Flüssigkeit mehr gereicht werden.
[132] Den zehnten July 1786, gab ich zwei sechsjährigen Haushunden jedem zwei Drachmen weissen Arsenik in etwas Wasser ein. Ich war versichert ihr Magen war leer, denn sie hatten acht Stunden gehungert und seit drei Stunden nichts gesoffen. Nach zehn Minuten hatten sie sich schon mehr als dreimal übergeben. Dem einen, der mir der schwächlichste schien, schüttete ich gleich nach Verflus dieser ersten zehn Minuten etliche Unzen starkes Seifendekokt warm ein, und so ferner nach jedesmal erfolgten Erbrechen, welches immer leichter und leichter ward, bis ein Durchlauf nach drei Stunden ihn völlig wieder herstelte, da doch vor dem Eingeben das Würgen ihm heftig konvulsivisch den Körper zusammenzog.
Der andre erbrach sich blos in den ersten funfzehn Minuten, überhaupt etwa fünfmal, dann sas er ruhig, nur etwas traurig, zuweilen stand er auf, und die Bauchmuskeln zogen sich ohne erfolgendes Erbrechen wiederholtemale einwärts. Nach einer halben Stunde schwankte er im Stehen, und mußte sich sezzen, dann mit vorwärtsgestrekter Schnauze legen. Er schnarchte stark in dieser Lage mit offenen Augen. Seine natürliche Wärme verminderte sich um diese Zeit schon merklich, ungeachtet er noch auf Liebkosungen wedelte und auf Drohungen entfliehen wolte. So nahm binnen kurzem seine Schwäche oder vielmehr seine Betäubung dergestalt zu, daß er anderthalb Stunden nach der Giftnahme sich lange stosen lies, ohne aufzustehn, blos den Kopf richtete er auf, der aber bald wieder niedersank. Nach zwei Stunden lag er ruhig auf der Seite, mit offenen Augen, war fast kalt, und gab auf alles Schlagen nicht die mindeste Empfindlichkeit zu erkennen. Nach fünf Stunden war es noch eben so mit ihm. Ich eröfnete ihn, und er war ganz ohne Bewustseyn, ohne Gefühl. Das Zwergfell und das Herz bewegten sich noch ganz kräftig, die Bauchmuskeln hatten noch ihre ganze Irritabilität, der Magen aber und der Zwölffingerdarm nicht die mindeste. Beide waren inwendig durchaus entzündet und brandig. Ich habe durch wiederholte Versuche dieser Art bemerkt, daß alle Hülfe zuspät war, wenn sie erst nach Zurückbleibung des Erbrechens erfolgt, solte es auch erst kurze Zeit nach der Giftgabe seyn. Dann ist die Irritabilität des Magens schon erstorben, (obgleich die Entzündung noch fortschreitet) und die Kraft des Giftes, das Empfindungs- und Lebensprinzipium nach und nach verlöschen zu machen, hat sich schon durch das Nervensystem verbreitet. Welches Mittel soll dieser fast allmächtigen Kraft reagiren, und Leben und Empfindung wieder anfachen, unter diesen Umständen? Versüster Vitriol und Salpetergeist schienen mir einige gewünschte Wirkung dieser Art zu besizzen.
[133] Diese sechs Pfund dünnere Seifenauflösung halten also 19 bis 20 Loth Seife; man kan sie frisch verfertigen, wie die stärkere, wenn man 20 Loth geschabter Seife in 51⁄3 Pf. kochendes Wasser quirlt, bis zur gleichartigen Auflösung.
[134] Eben dies’ rühmt Morgagni aus Erfahrung, de sed. et caus. morb. ep. 59. §. 8.
[135] Quelmalz fand ihn in einer Vergiftung mit einem halben Lothe weissen Arsenik sehr vortreflich; Commerc. litter. Nor. 1737. S. 220.
[136] Im Nothfalle kan man Kreide an der Stelle nehmen, da dann aber die Mischung etwas längeres Glühen erfordert.
[137] Auf dem Lande kan die Bereitung in einer Schmiedeesse geschehen.
[138] Da diese Kalkleber (aschgrau von Farbe) stets trocken bleibt, so hält sie sich sehr lange kräftig in einem zugepfropften Glase. Alle feuchtenden Schwefellebern zersezzen sich sehr geschwind, auch mit Korke verwahrt.
[140] M. s. Fr. Hoffman diss. de erroribus vulgaribus circa venena. Halle, 1718. 4to.
[141] Ihn fand Quelmalz in einer sehr starken Arsenikvergiftung dienlich, Commerc. litt. Nor. 1737. S. 220.
[142] Odier rühmt es bei Arsenikvergiftungen gleichfalls aus Erfahrung.
[143] Das Fressen im Mastdarme vom abgehenden Arsenikgifte ist oft sehr heftig brennend; S. 45. Histor. admirand. im Anhange zu Diomed. Cornarius consil. medic. (Lips. 1599.)
[144] Das hier gewöhnliche Erbrechen nach etwas starken Mahlzeiten dauert oft einige Jahre nach einander Wepfer hist. cic. cap. 21. hist. 2 S. 354. (über drei Jahre.)
[145] Drei Jahre nach einander, Wepfer hist. cic. cap. 21. schol. 3. S. 369.
[146] Die Milch der nicht wiederkäuenden Thiere wird durch fremde Dinge nicht so leicht verändert, gesäuert, oder geschieden, enthält nicht so viel Käse und nicht soviel Butter, als die, der wiederkäuenden; leztere läst sich auch bei diesen leichter trennen. Deshalb ist vorerst die Menschen- dann die Esels- und endlich die Pferdemilch zu empfehlen, und nur im Nothfall die Kuh- oder Ziegenmilch anzuwenden; m. s. Young de lacte part. 1. cap. 8. sect. 3. und part. 2. cap. 2. sect. 1. lemma 5.
[147] Alle andre Nahrungsmittel erregen bei Geschwächten oder Wiedergenesenden eine Art kleinen Fiebers, vermehren also das schleichende schon anwesende Fieber, (daher das Erbrechen solcher Kranken, der Schauder, und die fliegende Hizze bald nach der Mahlzeit) Milch wird ohne Fieber vom schwächsten Magen verdaut, Ch. Young de lacte part. 2. cap. 2. sect. 1. lemma 1. (Sandifort Thesaur. Tom. 2. S. 553.)
[148] Young a. a. O. lemm. 7. (S. 554.)
[149] Das mit häufigen Blutgefäsen durchwebte (dritte) Zellgewebe.
[150] Young a. a. O. lemma 9. (S. 554.)
[151] Young a. a. O. lemma 2. (S. 553.)
[152] Thom. Young de lacte (Sandifort Thesaur. disp. Tom. 2. S. 536) cap. 2. sect. 5.
[153] Wenn der Magen nicht allzuschwächlich ist, und man den Wein, der Milch wegen, vermeiden will.
[154] Das Quassienholz ist unter den bittern Droquen wohl diejenige, die am wenigsten erhizt, und deshalb hier so dienlich ist, des Rennthiermoses und der Wurzel der bittern Kreuzblume (polygala amara) nicht zu vergessen.
[155] Man nenne sie nun italienische Vergiftung oder Bergsucht.
[156] Wenn uns gleich Fälle aufgezeichnet worden, wo die Schwefelwässer in den chronischen Folgen der Arsenikvergiftung eben nicht viel Dienste thaten; Eph. N. C. dec. 3. ann. 9 et 10. S. 390. ja sogar welche, wo sie geschadet zu haben scheinen könten; Haen Heilmethode viert. Band S. 328. so mus man doch bei Beurtheilung dieser Fälle sehr behutsam seyn. Im erstern konnte das Bad zu Wisbaden die ungeheuren Verwüstungen in dem ganzen Nervensystem, in den innern und äussern Sinnen und dem algemeinen Empfindungssizze doch wohl eben so wenig heben, als irgend ein andres Mittel auf der Welt. Es gab hier keine Arseniktheile zu vererzen und auszuführen, Stärkung war das einzige Indikat, das aber freilich durch das warme Bad schlecht befriedigt ward — in der Geschichte, die uns Haen aufzeichnete, ist es offenbar, daß die meisten im Körper befindlichen Arseniktheile noch in den ersten Wegen hiengen, da das Achner Bad gebraucht ward. Es wirkte wie ein andres schweistreibendes Mittel; welches die Gifttheilchen eben so in die Substanz der Muskeln und an die Nerven treibt, wie alle die Beispiele lehren, wo nach innern Vergiftungen Kontrakturen und Lähmungen entstanden, (§. 133.) gröstentheils auf Mohnsaft- und andre schweistreibende und verdünnende Mittel, man sehe die merkwürdigsten Fälle dieser Art in Commerc. litr. Nor. 1738. S. 212, und 1737. S. 219.
So lange heimliches Kneipen und plözliche Kolikschmerzen sich noch zuweilen nach innern Arsenikvergiftungen einstellen, so lange kan der Gebrauch der die ersten Wege ausleerenden (gelinden) Mittel nicht völlig unterbleiben. Handelt man nicht nach dieser Vorsicht, und bedient sich dagegen der schweistreibenden, so erfolgt ganz gewis, wie in unserm vorhabenden Falle, Kontraktur, Zusammenziehung, Steifigkeit und brennende Schmerzen der Muskeln der Gliedmaßen. Ueberdies bestätigen die Kräfte der schwefelleberluftigen Wässer bei den Folgen der Arsenikvergiftung (wenn wirkliche daherrührende Kontrakturen oder vielmehr Lähmungen schon entstanden und nun zu heben sind.) angesehene Männer aus Erfahrungen. J. M. Dietmann diss. Examen thermar. austriaco-badensium. (Viennae 1732.) cap. 5. §. 61. S. 74. — Ein herumziehender Arzt gab einem Abte ein mineralisches Drastikum (daß es nicht Spiesglanz, wie er vermuthet, sondern Arsenik gewesen, beweisen die Zufälle) er bekam langwierige Kolik, ward gelähmt, und bekam zugleich die heftigsten Schmerzen in den Armen mit Ausschlage verbunden, das Meinersdorfer warme Bad stellte ihn völlig wieder her; Diomed. Cornarius consilia medicin. cons. 5. S. 53. u. f. — Wie vortheilhaft die warmen Bäder bei Kontraktur, Lähmung und Konvulsionen, die auf Arsenik entstanden, angewandt werden, bestätigt Plenck Toxicologia S. 274. — Die bösartigen Wunden, die arsenikalische Wässer einem Klaubesteiger oft tief in die Haut frassen, heilte das Wolkensteiner (schwefelleberlufthaltige) Bad oft zur Verwunderung; Schrey Wolkensteiner Badeschaz (Frft. 1696.) S. 48.
[157] 90 bis 96 Grade Fahrenheitischer Leiter ist die rechte Mittelwärme dieser Bäder, die nicht viel erhöhet werden darf.
[158] Ueber eine Menge italienischer Bäder sehe man Baccius, über die französischen dü Clos, über einige in England Güidott, Lukas, Monro, Falkoner, über die ungarischen und siebenbürgischen Cranz, über die deutschen Hoffman und Zückert.
[159] Da diese Behandlung auch das Brunnenwasser mild macht.
[160] Scheele von Luft und Feuer. Leipzig 1782. S. 163.
[161] Vorzüglich bei übermäsiger Schlaflosigkeit; Scheffler a. a. O. S. 205.
[162] Ich nehme den einzigen krystallisirten Grünspan aus.
[163] Gegen das langwierige Fressen des Magens nach Arsenikgift, spanischer Wein sehr hülfreich, Bierling thesaur. obs. et cur. I. §. 8. S. 13.
[164] Scheffler Ges. d. Bergleute S. 174 und 176.
[165] Steifigkeit und Lähmung in den Füsen von Arsenik hob ein warmes Kräuterbad; Haen Heilmethode viert. B. S. 329.
[166] Arseniklähmung eines Studenten nach vier Wochen durch Opiate gehoben; Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. obs. 12. S. 36.
[167] Marat (Memoire sur l’électricité medicale, à Paris, 1785.) der durch seine Zweifel gegen fast alle arzneiliche Kräfte der Elektrisität sich den Preis der Akademie zu Rouen erschlich, will auch nichts von ihrer guten Wirkung bei den Nachwehen der scharfen Gifte (crispation des Nerfs) wissen, gegen die bejahenden Beobachtungen so vieler rechtschafnen Männer; wird aber hoffentlich niemand überzeugen. Bei Haen (Heilmethode 4ter B. S. 329.) half sie doch der auf Arsenik erfolgten Lähmung der Gliedmasen einigermasen ab, und stelte einige Bewegung wieder her; wiewohl sie mir hier etwas zu zeitig angewandt worden zu seyn scheint, ehe noch die gehörige Ausleerung des Gifts durch die Haut zu Stande gebracht war, sonst hätte sie gewis mehr gethan.
[168] Esprit des Journaux, Juillet 1785. S. 322. etc. und ebend. Novembre 1785. S. 356.
[169] Huber in Nov. Act. N. C. vol. 3. obs. 100. S. 532.
[170] Kunkel opusc. chym. cap. 3. S. 43. rühmt schon alkalische Flüssigkeiten gegen den Schaden, den er durch äusserliche Auflegung anrichtet. — Man kan auch nach Reinigung der Wunde mit Seifwasser, Oel nach Vorgang des Verzascha (Wepfer a. a. O. cap. 21, schol. 4. S. 372.) in die Wunde mit dem besten Nutzen einreiben. Die üblen Folgen einer Aufstreichung des weissen Arseniks mit Butter vermischt auf ein Grindkopf (örtliche Entzündung, Erbrechen, Halsentzündung) ward mit innern und äussern schmeidigenden Mitteln (Oel, Schleimen und Milch) gehoben, Act. N. C. Vol. 9. obs. 37.
[171] Scheffler a. a. O. S. 176.
[172] Ein Kunststeiger, dem von arsenikhaltigen Röschen die Haut an verschiedenen Orten tief angefressen wurde, half sich oft durch Baden im Wolkensteiner Bade zur Verwunderung; s. Schrey Wolkensteiner Badschatz (Frft. 1696.) S. 48.
[173] Auf dem Strossenbaue und in den Scheidestuben nur läst sich dies von den Arbeitern nicht wohl thun.
[174] Nächstdem solten die Steiger den troknen oder wohl gar schon bergsüchtigen nicht öftere Nachtschichten aufgeben. Die Häuer selbst solten ihr Brod, das sie gewöhnlich in der halben Schicht verzehren, nicht im Staube liegen lassen, oder mit bestäubten Fingern anfassen, auch fleisig nach der Schicht sich den Mund ausspülen, und Erkältungen vermeiden. Sie sowohl als die Schürer und übrigen mit arsenikhaltigen Erzen Beschäftigten, solten ihre mänlichen Jahre erwarten, ehe sie heiratheten, und überhaupt mäßiger im Beischlafe seyn. Sie solten das übermäsige Brantweintrinken und Tabakrauchen entweder ganz unterlassen, oder doch sehr einschränken, wenn sie nicht vor der Zeit elend und bergfertig, sich, den Ihrigen und der Knappschaftskasse zur Last fallen, und einem schmählichen Tode schon in dem Sommer ihrer Jahre entgegen sehen wollen.
[175] In Apotheken und Fabriken solte der weisse Arsenik nie anders als im Luftzuge und unter Einsprengung des Wassers gestosen und gepülvert werden, und dennoch mus Mund und Nase dabei verbunden seyn.
[176] Arg. L. 1. §. 5. ff. de ventre inspiciendo — Abbas Panormitanus ad c. proposuisti X de probat. n. 10. — Feltman de cadav. inspic. cap. 40. n. 3. — Alberti jurispr. med. Tom. 1. p. 1. cap. 1. §. 27. S. 20.
[177] Rechtmäsig promovirter Doktor oder Linzenziat. Feltman a. a. O. cap. 44. und cap. 49. n. 4. bis 10. Alberti a. a. O. cap. 1 §. 27. S. 20. — Instit. de satisd. §. ult. — Zittman medic. forens. c. 2. cas. 34. und 61.
[178] Lezt angeführte Schriften und Bohn de offic. med. dupl. p. 2. cap. 2, S. 541.
[179] Carpzov prax. crimin. part. 1. qu. 26. und andre.
[180] Feltman a. a. O. cap. 50 und 51. Karls des V. peinl. Halsger. Ord. art. 149. — der Eid steht Ordinat. Cam. imperial. p. 1. tit. 85.
[181] Baldus in prima constit. ff. n. 16. — Mascardus de probat. vol. 2. concl. 1037. — Pacianus de prob. cap. 47. n. 20, 21. — Gail obs. III. n. 13. — Rütg. Ruland de commissar. part. 1. lib. 4. cap. 15. — Bohn de off. med. p. 2. cap. 2. S. 543.
[182] Classenius und Ludovici not. ad C. C. C. art. 147. und 149. — Bruneman process. de testibus. cap. 20. n. 93. — Stryk de jure sens. disp. 1. cap. 2. n. 28 bis 32. — Ebenders. in us. mod. lib. 48. tit. 8. §. 2. — Carpzov. a. a. O. qu. 26. n. 38. 39. — Alberti a. a. O. §. 28. S. 20.
[183] Daß Kaiser Karl bei jeder Leichenbesichtigung, wo über Tödlichkeit ein Urtheil zu fällen ist, eine besondre Vereidigung verlangt, kömt, wie Feltman bemerkt, daher, daß zu seiner Zeit, die vom Doktoreide höchst verschiedne Verpflichtung eines Physikus oder gerichtlichen Wundarztes noch nicht eingeführt war. Nun aber finden die Rechtsregeln statt: „Eid ist nicht ohne Ursache zu wiederholen.“ Arg. L. 13. §. 6. ff. de jurejur. — und „Von niemand vermuthet man, er werde dem einmal geleisteten Eide zuwider handeln.“ Arg. L. fi. C. ad L. Iul. repet. — Pacianus de probat. lib. 1. cap. 46. n. 22.
[184] Man sehe die Schriftstellen des leztern Paragraphs.
[185] Zacchias Quaest. med. leg. lib. 5. tit. 2. qu. 1. n. 2. — Ludovici Comment. ad C. C. C. art. 147.
[186] Feltman a. a. O. cap. 3. S. 14. und 165. — Welsch rel. vuln. lethal. cap. 15. S. 121, 122. — Bohn de off. med. dupl. p. 2. cap. 3. S. 557, und cap. 4. S. 594. de renunciat. vuln. sect. 1. cap. 1. S. 18. — Alberti a. a. O. cap. 14. S. 278.
[187] Oldekop tit. 4. obs. crim. 47. n. 5. — Kreß Comment. ad. C. C. C. S. 330. — Carpzov pr. cr. part. 1. qu. 26. n. 32. und 53.
[188] C. C. C. art. 149.
[189] Feltman a. a. O. cap. 52.
[190] Bohn de off. med. dupl. p. 2. cap. 4. S. 595.
[191] F. Pacianus de probat. lib. 1. cap. 43. — Bohn de off. med. d. p. 2. cap. 4. S. 578.
[192] Bohn de offic. med. dupl. part. 2. cap. 4. S. 600. und cap. 5. S. 620. Alb. v. Haller Vorles. üb. d. ger. Arzneik. zweit. Bandes erster Theil. S. 349.
[193] Valentini Pandect. med. leg. part. 2. Introd. thes. 8. — Bohn a. a. O. S. 590.
[194] Hebenstreit Anthropolog. for. sect. 2. membr. 2. cap. 2. S. 527.
[195] Bohn a. a. O. cap. 4. S. 594. — Oldekop tit. 4. obs. 47.
[196] Der so den proces verbal. instruirt. — Ambrosinus de modo form. process. informat. lib. 1. cap. 1. n. 26. — Bruneman de process. inqu. cap. 7. n. 28. seq. — Anmerker zu Franz. Marcus p. 2. decis. delphin. qu. 181. n. 1. litt. a. — Feltman a. a. O. cap. 40. n. 7. und cap. 53. n. 2.
[197] Bohn de renunciat. vuln. lethal. sect. 1. S. 152, 153.
[198] Oder der von den gerichtlicharzneilichen Personen ausgefertigte Schein 1.) über das bei der Besichtigung gefundne und die dahin Einflus habenden Umstände 2.) über den Tödlichkeitsgrad der zugefügten Verlezzung.
[199] Diese ganze Vorschrift will blos andeuten, was bei der Leichenöfnung alles in Augenschein und Untersuchung genommen werden soll, damit die daran bemerkten Abweichungen in den Sektionsbericht einfliesen können. Blose Negationen können in demselben nicht Statt finden, da sie unnütz sind, und die Sache ohne Noth unübersehbar machen, und die Aufmerksamkeit vom Bemerkungswerthen abziehn.
[200] Mascard de probat. vol. 2. concl. 1037. n. 7. — Carpzov prax. crimin. qu. 21. n. 7. — Zacchias a. a. O. lib. 2. tit. 2. qu. 1. n. 1. — Alberti jurispr. med. Tom. 1. p. 1. cap. 13. §. 3. S. 247. — Bohn de renunc. vuln. sect. 1. S. 16. bis 21. — Aretinus — Carerius und andre.
[201] Unentschieden kan er das Urtheil lassen, nach Codronchius method. testif. cap. 3. — Fort. Fidelis relat. med. lib. 4. zu Ende. — Bohn de off. med. dupl. part. 2. cap. 2. S. 548. und cap. 6. S. 619.
[202] Zwar kan dem Arzte irgend ein Urtheil, wenn er sich darüber herauszulassen unterliese, abgefordert Felin. Sandeus ad c. proposuisti Ẍ de probat. n. 6. — Fulv. Pacianus lib. 1. de probat. cap. 47. n. 57. — Feltman a. a. O. cap. 50. n. 10. — aber nicht abgezwungen werden. Durand in specul. tit. de requis. consil. n. 9. vers. et numquid. — Decius ad c. proposuisti n. 57.
[203] Das Urtheil des Arztes von der Tödlichkeit soll durchaus mit angefügten Ursachen und Bestimmungsgründen versehen seyn. Fulv. Pacianus a. a. O. lib. 1. cap. 47. n. 64. — Bruneman de processu inquis. cap. 20. n. 71. — Decius ad cap. proposuisti n. 30. — Feltman de cad. insp. cap. 56. n. 4. — Boerius decis. 323. — Muscatellus prax. crim. de vuln. lethal. S. 241. — Bohn de off. med. dupl. part. 2. cap. 2. S. 550. — Carpzov prax. cr. p. 1. qu. 26. §. 13.
[204] Z. B. welches wir an Eides Statt — nach Eid und Pflicht — u. s. w.
[205] Hebenstreit anthropolog. sect. 2. membr. 2. cap. 2. S. 528. si arsenicale quid contentis ventriculi haud interest, tunc, quae reperta est materia, concremata, cornu ustum olet — Nicht auch wenn Arsenik drunter ist? m. s. §. 381.
[206] Jurispr. med. Tom. 1. part. 1. cap. 14.
[207] Es giebt eine ungeheure Zahl von almählig tödlichen Arsenikvergiftungen.
[208] Tödliches blutiges Erbrechen und Durchlauf von Eröfnung eines kurzen Milzgefäses in den Magen. Eph. N. C. dec. 3. ann. 5 et 6. obs. 257. S. 597. — Lieutaud hist. anatom. med. lib. 1. obs. 47, 48, 49. — Der Magen mit Blut angefült aus verschiednen Ursachen. Ebend. obs. 45, 46, auch 47, 48, 49. und viele andre. Hasenöhrl obs. 5. in Sandifort thes. diss. Tom. 1. S. 112.
[209] Ohne Gift schwarzes Erbrechen mit geronnenem Blute und ähnlicher Durchlauf, Plater obs. lib. 3. S. 779. und S. 782. — Bruns in Sandifort thesaur. diss. Vol. 3. S. 37. obs. 30. — Lieutaud hist. anatom. med. lib. 1. obs. 38, 42, 46, 155, 183b, 250, 251, 844, 845, 975.
[210] Diesem Zeichen, worauf Zacchias, Cardan, Roderich von Castro, Oldekop, Feltman und andre soviel bauen, spricht mit Recht Bohn (offic. med. dupl. part. 2. cap. 6. S. 645.) alle Beweiskraft ab.
[211] Acta N. C. dec. 2. ann. 9. obs. 22. — Kornman mirac. mort. cap. 106. — Marcell. Donatus hist. mem. med. lib. 3. cap. 13. — Geuns de morte corporea §. 31. in Sandifort Thesaur. diss. Tom. 3. S. 591.
[212] Schrek, Zorn, Gram, Geuns a. a. O. §. 30. S. 590.
[213] Schenk observ. lib. 7. tit. de venenis. —
[214] Bartholin acta hafn. Vol. 5. S. 137 — und andre Fr. Hoffmann med. rat. system. Tom. 4. part. 3. cap. de catalepsi § 11. 13.
[215] Gefaultes Fleisch; Langrisch practice S. 356. — Faule Eier, Bellin opusc. S. 28 — ferner Valentini Pandect. med. leg. part. 1. sect. 3. S. 389, bis 401. — und viele andre.
[216] Eckel, konvulsivisches Würgen und endlich bläsigter Ausschlag, Möring epist. ad Werlhof. in Haller disput. Tom 3. S. 183.
[217] Heisters mediz. chirurg. Wahrnehm. 1ster Band n. 372. — Bartholin hist. anat. Cent. 4. hist. 77. — Morgagni de sed. et caus. m. epist. 43. art. 22.
[218] Bonet sepulchret. anat. (Genev. 1679.) lib. 1. sect. 7. obs. 40. — Scaliger exercit. 33. n. 2, Fr. Hoffman opusc. dec. 2. S. 466. ebend. dec. 1. diss. 3. S. 67. — Blasius obs. anat. S. 424. — Valisneri opere Vol. 2. S. 172. und 518. — Masini abus. aquae gel. S. 174, 175. Cardan subtil. exerc. 33. — Schneider catarrh. lib. 5. S. 137. — Boyle ut. phil. exp. S. 311. — Marc. Donatus lib. 4. c. 6. — Delphinus, Forest, und andre. —
[219] Amman med. crit. cas. 59. und viele andre, vorzüglich van Swieten Comment. T. 3. ad. §. 1010. S. 279. — Ferner Geuns bei Sandifort thesaur. Vol. 3. S. 606. — Boucher journ. de medic. 1760 Août. S. 103. bis 130.
[220] Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 56. §. 12. und sect. II. obs. 3. — und andre.
[221] Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 14. und obs. 75. §. 2. —
[222] Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 17 bis 60. — obs. 64 bis 69. — und obs. 70 bis 75. Ferner sect. 7. obs. 21. und sect. 2. obs. 16.
[223] Bonet a. a. O. lib. 3. die ganze sect. 14. vorzüglich aber obs. 20. §. 7.
[224] Fr. Hoffman opusc. dec. 2. diss. 7. S. 460.
[225] Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 61 und 62.
[226] Unter mehrern folgende; Codronchius meth. restific. cap 6. — Sylvaticus de morb. simulatis cap. 21. — Fortun. Fidelis de relat. med. lib. 4. sect. 3. cap. 1. — Friedrich Hoffman diss. de conversione benigni morbi in malignum — Bonet und Morgagni in ihren Werken. Galen in Comment. 3. in 3. Epid. Hippocr. ιῳ δηλητηριῳ παραπλησιως ενεργων — χημος — und lib. 6. de loc. aff. c. 5.
[227] Purgiermittel, Tod wie von Arsenik; Fr. Hoffman opusc. dec. 2. diss. 7. S. 457.
[228] Bartholin acta hafn. Vol. 4. S. 117.
[229] Von Melonen; Patin valetud. tuend. S. 354, 355. — Panarolus Pentec. obs. 39. — von Honig; Binninger cent. 4. obs. 15. — Wein auf Milch getrunken; Cheyne, valetud. infirm. S. 43.
[230] Siehe Purcell von der Kolik, Nördlingen 1775.
[231] Hippokrates epidem. lib. 5. tit. 4. et 10. — Rejes camp. elys. juc. obs. quaest. 64. S. 856, 857. — Zacchias quaest. m. l. cons. 12. n. 6. — Fernel part. morb. et sympt. cap. 6. und pathol. de sign. lib. 2. c. 10. — Holler oper. S. 580, 21. — Sennert instit. med. lib. 2. part. 2. cap. 12. — Forest obs. et cur. lib. 18. obs. 43. bis 49. — Bonet sepulchr. anat. lib. 2. sect. 11. obs. 34. und 36. und lib. 3. sect. 7. obs. 1. — sect. 10. obs. 12. und sect. 14. obs. 6. und 7, §. 5, 6, 7. — Bohn de offic. med. dupl. part. 2. cap. 6. S. 646. — Zittman medic. for. S. 1551. — Alberti jurisprud. med. Tom. 1. part. 1. cap. 13, §. 7. und S. 274. — part. 2. S. 187. — Tom. 3. S. 855. — Fr. Hoffman med. consult. Tom. 2. dec. 5. cas. 6. — Opusc. dec. 1. diss. 7. — Teichmeyer instit. med. leg. cap. 20. qu. 6. — Hebenstreit anthropol. for. sect. 2. membr. 2. cap. 1. §. 6. S. 290. — vorzüglich Henrici und Messer diss. de Cholera in Haller disp. ad morb. hist. Tom. 3. part. 3. S. 73. — Riedlin lineae med. ann. 1695. S. 273.
[232] Fr. Hoffman opusc. path. pract. dec. 2. diss. 7. S. 455.
[233] Fr. Hoffman opusc. path. pract. dec. 2. diss. 7. S. 455. — Bartholin. acta. hafn. Vol. 4. S. 115.
[234] Morgagni a. a. O. ep. 59. art. 3. — Wepfer cicut. hist. S. 307.
[235] Morgagni a. a. O. ep. 59. — Wepfer hist. cic. cap. 21. hist. 1. S. 349. — Valentini pandect. med. leg. part. 1. sect. 3. S. 380 b. Und 383. a. — von 20 Gran Sublimat starb eine alte Kazze ohne Erbrechen, Sprögel a. a. O. S. 43. und 47. wo ein Kaninchen von 10 Gran Sublimat ohne Erbrechen starb.
[236] Er nimt den beim Anfange der Arsenikvergiftung oft merklichen Mangel einer inflammatorischen Hizze des ganzen Körpers und das mehr aus konvulsivischen Zusammenschnürungen des Magens, des Zwergfels und der Bauchmuskeln als aus zwekmäsigen Erbrechen entstehende Würgen dazu, um eine richtige Indikazion zu bilden; Umstände, die man nach dem Tode oft nicht in Erfahrung bringen kan, und die mehr in das Kennerauge des helfenden als in das Urtheil des obduzirenden Arztes wirken können, da auch sie nicht allein charakterisch genant zu werden verdienen.
[237] Der Magen voll grüner äuserst stinkenden Jauche nach einem bösartigen Fieber, Lieutaud a. a. O. lib. 2. obs. 306. — voll schwarzer Materie ebend. lib. 1. obs. 1582. und an vielen andern Orten. — Bonet lib. 3. sect. 7. obs. 34.
[238] Vorzüglich wo kalter Brand vor dem Tode hergieng.
[239] Zakut. Lusitanus prax. admir. lib. 3. obs. 98. S. 460. — Hagedorn hist. med. phys. Cent. 3. hist. 63.
[240] Von Kachexie Ausfallen aller Haare am ganzen Körper, Eph. N. C. Cent. 3, et 4. obs. 137.
[241] Zacchias quaest. med. leg. qu. 7. n. 10. — Horst. lib. 2. observ. p. 2. sect. 2, S. 226. — Valentini pandect. med. leg. part. 1. sect. 3. S. 390. — Fr. Hoffman Med. rat. syst. Tom. 4. part. 3. sect. 2. cap. 8. obs. 1.
[242] Alberti jurispr. med. Tom. 5. S. 629.
[243] Alberti a. a. O. S. 630. — Ebend. a. a. O. Tom. 2. S. 533. — Ebend. a. a. O. Tom. 3. S. 110. — Ebenders. a. a. O. Tom. 4. S. 280. — Morgagni de sed. et caus. m. ep. 59, art. 3. — Bresl. Saml. zweit. Vers. S. 220. Eph. N. C. cent. 3, und 4. obs. 126. S. 283.
[244] Alberti a. a. O. Tom. 1. append. S. 35. und in vielen andern Beispielen; nach 9 Tagen noch keine Verwesung, Eph. N. C. cent. 3, und 4. obs. 126. S. 283.
[245] Eschenbach med. leg. cap. 1. sect. 1. §. 11.
[246] Die ausgebrochene scharfe Galle eines Kindes wirkte bei einem Hahne innerlich wie das stärkste Gift konvulsivischen Tod, so wie eben dieselbe dasselbe bei etlichen Tauben wirkte, denen man etwas davon unter die Epidermis brachte; Morgagni de sed. et caus. morb. ep. 59. art. 18. — Die Därme eines an einer Kolik Verstorbnen, der keine Gallblase hatte, enthielten eine Feuchtigkeit, die die Hand des öfnenden Wundarztes anfrasen, Purcell von Kolik (Nördlingen 1775) S. 246.
[247] Bohn offic. med. dupl. p. 2. cap. 6. S. 639, und 649. — Ettmüller Eph. N. C. cent. 7. et 8. app. S. 214. seq. Frösche und Tauben sterben von Zucker Journal oeconom. octob. 1757. — Hühner von bittern Mandeln — Hunde von Krähenaugen. —
[248] Schenk observ. lib. 7. tit. de venenis. — Bohn a. a. O. cap. 6. S. 642.
[249] Alberti jurisp. med. Tom. 4. S. 513. — Thiery quaest. med. an ab omni re cibaria etc. (Paris 1749) §. 11. — Ettmüller Eph. N. C. Cent. 7, et 8. App. S. 214, bis 219. — Pyl neues Magaz. d. ger. Arzn. erst. Band erst. St. S. 160, und 165. —
[250] An einem Quentchen Operment starben Kaninchen, Hunde und Kazzen nicht; Hillefeld exp. circ. venena — Fr. Hoffman med. rat. system. II. S. 181. — Zwei bis drei Drachmen Operment sind Hunden nur sehr schädlich. Alberti a. a. O. Tom. 1. part. 1. S. 260. — Einen bis vier Skrupel Fliegenstein ertrugen Hunde ohne Schaden; Sprögel exper. circa venena (Goetting 1753) S. 54, bis 56.
Ein Hund starb an zehen Granen Sublimat nicht; Sprögel a. a. O. S. 45. —
Ein Hund starb nicht an weissen Arsenik; Bonet med. septentr. part. 2. sect. 7. obs. 14.
Ein Skrupel weisser Arsenik schadete einem Hunde im geringsten nicht; Kunkel observ. chym. cap. 3. S. 43. — ein ähnliches; Miscell. N. C. ann. 9. et 10. obs. 146. S. 322. —
Ehrman gab einem jungen Hunde ein Quentchen weissen Arsenik, er brach das damit gemischte Fleisch weg, trank Wasser und befand sich nach zwölf Stunden wohl; diss. de venesicio doloso (Argentor. 1781.) S. 27. —
Zwei Skrupel weisser Arsenik schadeten einem Hunde nicht, Sperling diss. de arsenico.
Ein Bär vertrug eine Unze weissen Arsenik; Reaumür Histoire de l’acad. des sc. à Par. 1747. S. 16.
[251] Auch Ludewig hält die mit Thieren angestelten Versuche für trüglich; Instit. med. for. (Lips. 1765. 8) §. 331.
[252] Anthropograph. lib. 2. cap. 15.
[253] Lieutaud hist. anatom. med. lib. 1. obs. 68. 69. 70. 71. 73. 75. 80. 229. 377. 439. 1563. 1564. 1683. — Bonet sepulchr. lib. 1. sect. 7. obs. 40. lib. 3. sect. 8. obs. 57. §. 8. und an mehrern Stellen.
[254] Anthropol. for. sect. 2. membr. 2. cap. 2. S. 526. und 527. Sola atque infallibilis deglutiti veneni nota est — securum atque indubitatum veneni accepti indicium — quod convictionem parere possit, etiamsi venenum ipsum intra ventriculum inveniri nequeat. —
[255] Von Verderbnis der Galle und Cholera, Wepfer histor. cicut. cap. 21. hist. 11. (L. B. 1733.) S. 361. Thom. Bartholin acta haffn. Vol. 4. S. 115. — Alberti Jurisprud. med. T. 1. part. 2. S. 185. n. 5. — Bonet sepulchr. anat. lib. 3. sect. 10. obs. 12. und sect. 7. obs. 1. — Panarolus pentec. 1. obs. 20. — J. Rhodius Cent. 2. obs. 53. — Diemerbroek Tract. lib. 1. cap. 5. — Zittman med. for. S. 150 und 152. — Lieutaud hist. anatom. med. lib. 1. obs. 125. — Galenus Comm. 3. in 3. lib. epid. Hippocr. — und ebend. lib. 6. de locis affectis cap. 5. — selbst Hebenstreit (a. a. O. S. 529.) sagt, seiner Behauptung uneingedenk, effusabilis ipsam destruit tunicam villosam. Von Verderbnis der Lunge und Kachexie, Lieutaud a. a. O. obs. 113. 115, 169. — Die ganze innere Magenhaut zerstört bei einem kachektischlungensüchtigen siebenjährigen Mädchen, Eph. N. C. dec. 3. ann. 2. obs. 16. n. 8. S. 23.
Von Kachexie; Erbrechen, Anfressung des Magens; Eph. N. C. dec. 3. ann. 5. et 6. obs. 167; — ein mit scharfen Säften angefülter Fallsüchtiger, schwarzviolette Flecken im Magen, mit leichtabgehender zerstörten innern Haut und Zerreiblichkeit der Magensubstanz; Eph. N. C. dec. 3. ann. 2. S. 471. — von Kachexie, Anfressung des Magens, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 169. Von bösartigen Fiebern, Helmont tumulus pestis S. 163 und 172. Lieutaud an vielen Stellen.
Von Wasserscheu, Thom. Bartholin acta hafn. Vol. 5. S. 308 — Lieutaud und die Schriftsteller über diese Krankheit.
Von Erstickung an Kohlendampfe; Auff. und Beobachtungen aus d. ger. Arzn. v. Pyl erst. Saml. S. 8.
Von Spulwürmern im Magen, (die dann vielleicht nicht mehr vorhanden sind) Morgagni de sed. et caus. morb. ep. 43. art. 22. — Heister mediz. chirurg. Wahrnehm. erst. B. n. 372. — Lieutaud a. a. O. lib 1. obs. 50.
Nach Ueberladung mit Brantwein und hizzigen Getränken, Zerstörung der innern Haut, des Magens Lieutaud a. a. O. lib. 7. obs. 84. a. — der dünnen Gedärme und Blutbrechen, Bonet sepulchr. lib. 3. lect. 11. obs. 3.
Von kalten Getränken nach Erhizzung, Entzündung, Anfressung und Brand im Magen; Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 68. —
Von langwierigem arzneilichen Gebrauch des Vitriolgeists; Lieutaud a. a. O. lib 1. obs. 136.
Die Zitronsäure zerfrist die Zottenhaut des Magens; Haller Physiolog. lib. 19. sect. 3. §. 4. S. 201.
Andre widernatürliche Körper, eine Fischgräte, die man nicht wiederfand; Riedlin lin. med. ann. 1698. S. 730. von einem verschlukten Knöchelchen; Fabriz. von Hilden Cent. 5. obs. 36.
[256] Aus vielerley Ursachen ohne Gift, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 108. 110. 111. 112. 114. 117. 118. 119. 120. 122. 124. 126. 127. 129. 134. 135. 137. 138. 182. 1205. 1592. 1594. Bonet sepulchr. lib. 3. sect. 8. obs. 57. §. 8. ebend. lib. 2. sect. 7. obs. 43. und an mehrern Orten und mehreres.
[257] Aus mancherlei Ursachen ohne Gift, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 139. 140. 141. 141 a. 142. 144. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154 — Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 14.
[258] Auf Zorn, Weintrinken und Spiesglanzbrechmittel, Fr. Hoffman opusc. pathol. pract. dec. 2. diss. 7. S. 455. — von Cholera, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 72. 74. 170. 231. von hizzigen Getränken. Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 83 a. — Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 55. §. 4. und obs. 57. §. 4. — ebend. lib. 3. sect. 11. obs. 3. —
Von Schwarzgalle und Gallensteinen, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 163. 420. 421. 783. lib. 2. obs. 300.
Von Gallenfiebern, Lieutaud a. a. O. lib. 2. obs. 297.
Von andern bösartigen Fiebern; Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 162. 166. 168. 176. 177. 353. 421. 602. 1566. 1616. 1617. 1683. — lib. 2. obs. 306. 312. 783. — Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 8. obs. 56. §. 12. und §. 16. — obs. 57. §. 1. und an mehrern Orten.
Von Kacherie — verhärteten Eingeweiden — oder innern Geschwüren; Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 17. 82. 82 a. 82b. 99 c. 145. 154. 155. 156. 158. 159. 160. 167. 169. 175. 231. 1266. Bonet a. a. O. lib. 3. sect. 3. obs. 2.
An Wassersucht, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 171. 1613.
Brustwassersucht, Lieutaud a. a. O. lib. 2. obs. 868.
Von andrer Verderbnis der Lungen, Lieutaud a. a. O. lib. 2. 700.
Von unterdrükten Blutausleerungen, Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 165.
Vom unschicklichen Gebrauch erdiger Pulver. Ebend. a. a. O. lib. 1. obs. 173. 174.
Der Gallgang öfnete sich im Magen, welcher aufgetrieben, entzündet und brandig befunden ward. Lieutaud. a. a. O. lib. 1. obs. 37.
Von Würmern im Magen; Herkul. Saxonia praelect. pract. part. 2. cap. 7. —
Von Wasserscheu; Darlüe Journ. de Medic. Tom. 3. part. 3. — Lieutaud a. a. O. obs. 599.
Von kalten Getränken bei Erhizzung; Fr. Hoffman opusc. path. pract. dec. 1. diss. 3. S. 67. Lieutaud a. a. O. lib. 1. obs. 68. — Bonet a. a. O. lib. 1. sect. 7. obs. 40. —
Von der schwarzen Krankheit, Tissot ep. ad Zimmermannum obs. 2. in Sandifort thes. diss. Vol. 1. S. 71.
[259] Hebenstreit, Baylies und andre nehmen die Färbung der ersten Wege mit Galle und gallichtes Erbrechen als ein die Cholera von der äzzenden Vergiftung unterscheidendes Symptom an, gleich als wenn sich bei Arsenikvergiftungen die Galle nicht auch häufig zu ergießen pflegte!
Eher könte man sagen, daß bei der Cholera mehr äusserlich merkbare Hizze und fieberhafter Puls als bei der anfangenden Arsenikvergiftung sei, doch ist auch dies nicht völlig beständig.
[260] Alberti Jurispr. med. Tom. 5. S. 632. und 633. — Ein sechsjähriges Mädchen starb nach 6 Tagen an Fliegenstein, ohne daß die mindeste Magenanfressung zu sehen gewesen wäre; Acta N. C. Vol. 5. obs. 102. S. 357. und 361. — Ich tödete einen jungen Hund mit zwei Drachmen weissen Arsenik in Wasser gerührt, er starb in dreisig Minuten ohne Ablösung der Magenzottenhaut; Die Entzündung war sehr mäsig.
[261] Der Schlund war natürlich, Alberti a. a. O. Tom. 4. S. 261. — Der Magen nicht entzündet; Ettmüller der jüngere, Eph. N. C. Cent. 3. et 4. obs. 126. c. schol. S. 284. — Acta Erudit. Lips. ann. 1715. S. 462. — Heberdeen (Neues Hamb. Magazin St. 97. S. 205.) tödete einen Hund mit zwei Unzen Arsenikdekokt binnen zehn Minuten, er fand keine Spur von innerer Entzündung oder Anfressung. — Ein alter Kaninchenbok starb an 10 Gran Sublimat, im Magen war keine Entzündung zu spüren; Sprögel a. a. O. S. 47. — Die innern Veränderungen vom Gifte sind nicht stets da; Bohn offic. med. dupl. Part. 2. cap. 6. S. 651. —
[262] Caesalpin ars med. lib. 3. cap. 7. und 47. — B. Sylvaticus cons. et respons. 79. und 8. J. B. Sylvaticus de iis, qui morbum simulant, cap. 21. — H. Augenius epist. et cons. Tom. 1. lib. 1. S. 339. — Alsar a Cruce de quaes. per epist. Cent. 3. cap. 17. — Codronchius method. testificandi cap. 6. — Fort. Fidelis relat. med. lib. 4. sect. 3. cap. 3. — Zacchias qu. med. leg. lib. 2. tit. 2. qu. 6. et 7. — Rejes camp. elys. juc. qu. 64. n. 35. — Caballus de omni gen. homicid. n. 621. — Bossius pr. crim. tit. de delict. zu Anfange — Bohn offic. med. dupl. part. 2. cap. 6. S. 643. — Fr. Hoffman Med. syst. Tom. 4. part. 3. sect. 2. cap. 8. obs. 1. — Manget biblioth. med. pract. Tom. 4. S. 784. —
[263] Alberti Jurispr. med. Tom. 1. cap. 14.
[264] Hypolyt von Marseille in pr. crim. §. post. quam. n. 48. — Clasenius ad. art. 131. C. C. C. —
[265] L. 1. §. 9. ff. de quaest. — L. 1. ff. ad. I. C. Syllan. — Karls V. Peinl. Halsger. Ordn. art. 6. 54. 55. 60. 149.
[266] Carpzov prax. crim. part. 1. qu. 21. und qu. 26. n. 2. und qu. 148. n. 42. — L. 1. §. 17. ff. de quaest. — Mynsing cent. 3. obs. 87. n. 2. — Hartm. Pistorius obs. 33. n. 53. —
[267] Zacchias quaest. med. leg. l. 2. qu. 4. n. 1. 2. 3. und 24. — Feltman de cadav. inspic. cap. 24. n. 12.
[268] Mascardus de probat. concl. 1037. n. 7. — Farinaceus consil. 184. n. 14. und 46. — Carerius prax. crim. §. homicid. n. 625. seq. — Gamez Tom. 3. variar. solut. cap. 3. n. 8. — Bruneman prax. crim. cap. 7. — Bohn offic. med. dupl. pars. 2. cap. 4. S. 596.
[269] Aufsäzze und Beob. a. d. ger. Arzn. erste Saml. S. 68.
[270] Abh. vom Arsenik (von Wasserberg) S. 47.
[271] Wie Hebenstreit (a. a. O. S. 528) und andre wollen.
[272] Magazin d. ger. Arzneik. zweit. Band (Stendal, 1784.) S. 549. — Pyl Auss. und Beob. a. d. ger. Arzn. erste Saml. S. 58. — Zittman med. for. S. 1399, 1400 (Mit Arsenik vergiftetes) Bier brachte bei zwei Personen heftige Vergiftungszufälle. Es wurde eingedikt, und etwas von diesem Extrakte tödete eine Maus und einen Hahn, dessen Magen man angefressen fand. — Der Geruch der Masse gab nichts zu erkennen.
[273] Geschwefelter Arsenik, Operment u. s. w. stinken in der Glühhizze erst einige Zeit nach Schwefeldampf, ehe der Knoblauchgeruch sich entwickelt, hiezu gehört Aufmerksamkeit.
[274] Arsenikmittelsalz giebt auf einem glühenden Bleche diesen Knoblauchgeruch gar nicht oder sehr unmerklich zu erkennen, da es sich in diesem Falle sehr langsam und almählig zersezt.
[275] Plenk (Toxicologia S. 272. art. 3.) und andre wollen (gewis weil sies selbst nicht versuchten) der als Rauch aufsteigende Arsenik schmauche ein drüber gehaltenes Kupferblech weis oder schwarz an. Sie haben den schwarzen Flek, den er in das glühende Blech, auf dem er liegt, einbrent, mit dem Anschmauchen verwechselt, welches stets weis ist, da Arsenik und Fliegenstein in freier Luft nie als König, sondern letzterer mit Verlust seines Brenbaren als weisser oder weisgrauer Kalk anfliegt.
[276] Scheele Abhandl. der k. schwed. Akad. d. W. 37. Band S. 275. — Doch fällt die Schmauch- und Geruchsprobe mit diesem Mittelsalz sehr unhinlänglich aus, theils da es sich so leicht in den Flüssigkeiten des Magens auflöst, theils auch, weil es sich auf einem glühenden Bleche fast gar nicht, auf Kohlen sehr schwer zersezt, und seinen Arsenik, wegen Mangel an Brenbaren sehr langsam entwickelt.
[277] Wie denn? wenn sie nun nicht überzeugend ausfält, und man hat die vorgefundne Menge ganz oder fast ganz dabei vernuzt, was bleibt zu fernern Proben übrig.
[278] Demachy Laborant im Grosen v. Hahneman (Leipz. 1784.) erster B. S. 104.
[279] Hebenstreit (anthropol. for. S. 527.) und die übrigen begnügen sich in diesem Falle mit der eingedikten Flüssigkeit und ihrem Geruche beim Verbrennen, aber mit welchem Rechte?
[280] Neuman (Chemie, Züllichau 4. viert. B. erst. Th. S. 484.) giebt folgende Niederschläge an, die weisser Arsenik in Wasser aufgelöst mit Metalauflösungen bewirke. Aus Goldauflösung präzipitire Arsenikwasser nach 24 Stunden ein gelbes Pulver, diesem widerspricht Morveau (Anfangsgr. der theor. und pr. Chem. 2. Band, S. 222. und 223.) — aus Silbersalpeter nach 24 Stunden einen bräunlich dunkelgrauen Kalk; Morveau sagt (S. 226.) dagegen, eine weisse ins gelbliche fallende Wolke. Beide haben unrecht, ersteres thut Arsenik in gemeinem Brunnenwasser aufgelöst zwar nach Tag und Nacht und lezteres nach einigen Stunden, aber in rein destillirten Wasser (ohne Spur von Kochsalz) aufgelöster weisser Arsenik macht nicht den mindesten Niederschlag, weder sogleich, noch nach 24 Stunden. Aus Eisensalpeter nach 12 Stunden etwas weniges gelbes Pulver; Eisen in Salpetersäure aufgelöst sättigt leztere nie, und es fält dann von Zeit zu Zeit noch etwas verkalktes Eisen aus der etwanigen Auflösung an der freien Luft nieder; diesen Niederschlag hat Neuman als vom Arsenik herrührend angesehn. Wasser mit dephlogistisirter Luft, wie alles ungekochte Wasser, geschwängert, scheidet ebenfals aus dieser Eisenauflösung, wie aus dem Vitriol, etwas verkalktes Eisen vermöge dieser Luft ab. Ich bereitete durch doppelte Verwandschaft (aus gemischten Auflösungen selbst bereiteten Eisenvitriols und reinen Salpeters, so daß ich den Vitriolweinstein abschied) eine reine volständige Eisensalpeterauflösung, sezte gepülverten weissen Arsenik dazu, verstopfte das Gefäs genau, und schüttelte es acht Tage lang um, aber es schlug sich nicht das mindeste nieder. Aus dem Kupfersalpeter einen ins weislichte fallenden Kalk; ich habe nichts dergleichen gesehen. Bleisalpeter schlage es stark nieder, eben so Wismuthsalpeter mit vielen Arsenikwasser vermischt. Bedachte er nicht, daß beide Auflösungen durch bloses Wasser gefället werden, wenn die Säure alzu verdünt, das Metal nicht länger halten kan? Blei- und Wismuthsalpeterauflösung mit gepülvertem weissen Arsenik in einem verstopften Gefäse acht Tage lang geschüttelt, hatten nichts von ihrem Metalle niederfallen lassen, wie mich die genauesten Versuche mit dem noch auf dem Boden liegenden (Arsenik-) Pulver belehrten. Zinnsalpeter präzipitire sich sehr stark. Wie sehr mit Vitriol- oder Salzsäure mus seine Salpetersäure beladen gewesen seyn, daß sie Zinn auflösete! Ich kenne keinen eigentlichen Zinnsalpeter. Ist es aber, wie natürlich, eine so gemischte Säure gewesen, und es war eine Auflösung erfolgt, so kenne ich keine Zinnauflösung, weder die in Königswasser, noch die in Salzsäure, noch die in gemischter Vitriol- und Salpeter- oder Vitriol und Salzsäure u. s. w. die sich nicht durch Verdünnung mit blosem Wasser fällen liese. Quecksilbersalpeter präzipitire sich stark; woher dies bei ihm gekommen, wird man sich aus Anmerk. §. 168. erklären. Quecksilbersalpeterauflösung mit gepülvertem weissen Arsenik acht Tage lang in einem verstopften Gefäse geschüttelt, oder mit Arsenikauflösung mit reinem destillirten Wasser bereitet vermischt, läst kein Metal fallen — Brunnenwasser hält Kochsalz und diesen schlägt Queksilber aus Salpetersäure häufig nieder. Zinkvitriol gebe ein gelbes Pulver; ist Eisen, das sich aus jeder Auflösung des gemeinen weissen Vitriols von selbst absondert, reiner Zinkvitriol wird weder von weissem Arsenik noch von seiner Auflösung in Wasser nach Morveau’s (S. 242.) und meinen Versuchen keineswegs präzipitirt. Eisenvitriol gebe damit ein dikgelbes Pulver; jede Eisenvitriolauflösung läst an der freien Luft von selbst, oder in verstopften Gefäsen mit frischgeschöpftem (mit dephlogistisirter Luft angefültem) Wasser verdünt, einen Theil verkalkten Eisens niederfallen. Auf andre Weise schlägt ihn Arsenik oder seine mit frischgesottenem Wasser bereitete Auflösung nicht nieder, nach Morveau’s (S. 239.) und meinen Versuchen. Bleizucker schlage sich mit Arsenikwasser ziemlich stark nieder; aus der Anmerk. zu §. 63. sieht man, warum besonders Brunnenwasser die Bleiauflösungen in Essigsäure niederschlage, aber Bleiessig einige Tage mit gepülvertem weissem Arsenik geschüttelt giebt feinen Niederschlag, das am Boden unaufgelöst gebliebne (Arsenik-) Pulver gab nicht die mindesten Zeichen auf Blei. Kupfervitriol gebe ein wenig Präzipitat; Morveau (S. 234.) sagt, einen gelbgrünlichen geringen Niederschlag. Allerdings, wenn beide die Kupfervitriolauflösung und das Arsenikwasser sehr konzentrirt sind, geschieht das, was Morveau sagt. Unter allen Metalauflösungen in Säuren aber, wie auch Morveau (S. 235.) bemerkt, wird keine so stark, als der krystrallisirte Grünspan (mit seladongrüner Farbe) niedergeschlagen. Doch mus ich bemerken, daß er sich deswegen doch nicht zum Arsenikreagens schikt, weil das Arsenikwasser immer etwas konzentrirt (1 : 60) seyn mus, wenn es sich trüben soll, überdies kan er, wenn das Arsenikwasser auch noch konzentrirter (1 : 40) ist, dasselbe kaum zum dritten Theile zersezzen. Wenn Haller (Vorles. üb. d. ger. Arzn. zweit. Band zweit. Th. S. 185. und 190.) und Sprögel (diff. exper. c. venena S. 59.) einen schwarzen Niederschlag nennen, der aus Bleiessig durch hinzugegosnes Arsenikwasser niederfallen solle, so weis ich nichts dagegen zu sagen als daß es nicht geschehe. Der weisse erfolgende Präzipitat rührt vom blosen Wasser her, wenn lezteres Luftsäure enthält.
[281] Anthropol. for. S. 328.
[282] Morgagni de sed. et caus. morb. ep. 59. die lezten art. — ausser mehrern andern — weisser Arsenik hatte sich zwei Monat innerlich verhalten, ehe er Vergiftungszufälle und Tod bewirkte, Klökhof Verhandel. uitg. door. de holl. Maatsch. d. W. te Harleem 8 deel. erst. St. S. 394. u. f.
[283] Man kan dies (versiegelte) Gefäs mit Nummer 2 bezeichnen.
[284] Wenn die Verfasser der Anfangsgr. der theoret. und praktisch. Chemie (S. 206.) versichern, der weisse Arsenik färbe die blauen Pflanzensäfte nicht roth, so ist dies unwahr; eine mäsig starke (1 : 60) Arsenikauflösung färbt die mit Weingeist bereitete Lakmustinktur röthlich. Eine stärkere (1 : 30) färbt sie karminroth.
[285] Es müste denn eine Menge Säure in der Flüssigkeit seyn, der man mit etwas zerflosnem Weinsteinöle abhilft, doch nur in sofern, daß die Flüssigkeit auf Zugiessen der Lakmustinktur sich noch etwas röthlich färbt, sonst kan das Kalkwasser seine Wirkung auf den Arsenik nicht äussern. Ist bei §. 424. ein weisser Niederschlag, wie selten geschieht erschienen, so scheidet man ihn erst mit Weinsteinöle ab, seihet durch, und säuert die Flüssigkeit mit etwas Essig an, bis sie sich mit Lakmustinktur röthet, dann giest man Kalkwasser ein.
[286] Er löset sich nicht in Arsenikwasser wieder auf, da es ein Queksilberpräzipitat ist.
[287] Es müste denn ausnehmend viel Säure darin seyn: man hilft ihr mit Weinsteinöle ab, doch nur bis zum Rothbleiben der Lakmustinktur, denn Arsenikmittelsalz wird ohne zugesetzte Säure vom Schwefelleberluftwasser nicht zum Operment gefället.
[288] Blos dann, wenn die eingekochte Flüssigkeit zähe ist, kan selbst der Kupfersalmiak nicht wirken. Macht aufgelöste Seife die Feuchtigkeit diklich, welches man durch Zutröpfeln der mindesten Säure, und durch das Ansehn leicht spüren wird, so scheidet man die Talgflocken durch Essig, bis sich das trübe Gemisch nicht ferner trübt, sondern bald unten her aufhellet; dann nimt man, wo nöthig, die überflüssige Säure der filtrirten Feuchtigkeit durch Weinsteinöl weg, und wendet die Probeflüssigkeiten an. Ist aber ein andrer zäher Stof die Ursache der Diklichkeit, und weder Säure noch Laugensalz trent das Gemisch, so schlägt man ein Eiweis bis zur völligen Vermischung darunter, läst das Gemisch einmal aufkochen und filtriret es; dann wird es schon vom zähen Wesen dergestalt befreiet seyn, daß die Probeflüssigkeiten gewis ansprechen, mit obiger (§. 430.) Vorsicht.
[289] Queksilbersalpeter giebt mit Leberluft einen aschgrauen Präzipitat.
[290] Diese weisse Farbe des Niederschlags durch Schwefelleberluft ist die sicherste Widerlegung des Argwohns, es befinde sich im käuflichen Sublimate Arsenik, eine Behauptung, die auch aus andern chemischen Gründen unmöglich wird.
[291] Kochsalzsäure und Vitriolsäure zu gleichen Theilen gemischt lösen diesen weissen Präzipitat wieder auf, welches mit keinem Silber- Queksilber- Wismuth- oder Bleiniederschlage der Fall ist. In Vitriolsäure mit Salpetersäure gemischt löset er sich nicht auf, welches ihn von den Zinnniederschlägen unterscheidet, die sich sogleich darin auflösen.
[292] Operment schikt sich deswegen nicht zu diesem Versuche, weil er wie Schwefel damit verpuft, und so keine deutliche Erscheinung oder Scheidewassergeruch entdecken läst.
[293] Der Schmelztiegel, worin der Salpeter fliest, mus recht geräumlich und hoch seyn, damit nicht so leicht etwas hineinfallen könne, und damit man mit der Nase desto näher hinzukommen könne.
[294] Bergman Opuscul. Vol. 2. S. 442.
[295] Nur mus in allem Falle Kalkwasser genug zugegossen werden, weil sich, wenn es zu wenig ist, die entstandne Wolke in dem überflüssig noch vorhandnen Arsenik wieder auflöst.
[296] Hiedurch unterscheidet er sich von allen möglichen schwerauflöslichen Kalksalzniederschlägen.
[297] L. 1. §. 1. ff. ad L. Corn. de sit. et Venef. ferner L. 3. pr. ff. eod. — §. 3. — §. 5. I. de publ. jud. —
[298] Peinliche Halsgerichtsordnung art. 130.
[299] Covaruvias var. resol. lib. 1. cap. de maleficiis — Boehmer obs. 4. n. 5. ad Carpz. p. 1. q. 2. ad elem. jur. crim. sect. 2. cap. 1. §. 24. und ad C. C. C. art. 178. §. 8. u. s. w. — Ehrman diss. de veneficio doloso, cap. 1. §. 21. bis 27. — Aloys. Cremanius de jur. crim. tit. 1. L. 1. p. 1. c. 1. §. 3. u. s. w. und cap. 5. §. 51. und andre.
[300] Carpzov prax. crim. part. 1. qu. 2. n. 51. und part. 1. qu. 22. n. 33. u. s. w. — Zoller und Wilke diss. de poena veneficii attentati, quamvis irreparabile inde oriatur damnum, ad mortem non extendenda, Leipzig, 1761. — Vogel diss. de Veneficii et homicidii per venenum, attentati in casu, ubi mors non ipsa secuta poena non capitali, Dresden, 1715. — Farinaceus consil. 154. n. 14. und 46. — Leyser spec. 609. n. 15. u. w. — Kreß ad C. C. C. art. 130. §. 4. — doch auch Böhmer obs. 5. ad Carpzov p. 1. und Ehrman de venef. dol. §. 37.
[301] Ehrman de venef. dol. §. 37. S. 54.
[302] Eine Magd nahm zwei der stärksten Messerspizzen (etwa 2½ bis 3 Quentchen) weissen Arsenik, man kam ihr erst nach 14 Stunden zu Hülfe, und die Krankheit war untödtlich, (und wäre bei bessern Mitteln geschwinder zu heben gewesen,) Commerc. litt. Nor. 1737. S. 218. — Ein Mann von 38 Jahren bekam von einem halben Lothe weissen Arsenik schlimme Zufälle — Milch, Oel und schleimichte Getränke retteten ihn, Van der Monde Recueil period. vol. 4. S. 353. — Ein Student genas von einem Quentchen verschlukten weissen Arsenik. Eph. N. C. dec. 2. ann. 4. obs. 12. S. 36. — Commerc. litt. Nor. 1738. S. 212. — Ein junger Mensch, welcher ein halbes Loth weissen Arsenik verschlukt hatte, ward durch Milch (und Schwefel) gerettet, Georg Logan Versuch üb. d. Gifte, (Petersburg 1783.) S. 22. — Ein neunzehnjähriger Räuber muste auf kaiserlichen Befehl dreissig Gran weissen Arsenik in Rosenkonserv verschlucken, man gab ihm fast nichts weder zu trinken noch sonst zur Hülfe, als zehn Gran Bezoarpulver in etwas Wegbreitwasser (so viel als nichts!) und nach Todesängsten genas er ohne weitere Hülfe, nach entstandnem Erbrechen und Durchlauf; Diomed. Cornarius Consil. medic. im Anhange der histor. admirand. 13. S. 44.
[303] Drei, vier Gran in Quartanfiebern, Lemery curs. chym. S. 307. — 3 bis 4 Gran in Wechselfiebern; J. Lange epist. med. lib. 3. ep. 7. — Fünf Gran weisser Arsenik mit Salpeter auf eine Dosis gegen Fieber; Eph. N. C. dec. 2. ann. 5. S. 474. — 4 Gran auf einmal mit Wasser; Eph. N. C. dec. 2. ann. 3. obs. 46. S. 132. Man rieth sogar in einer Art epidemischer Fieber drei Pillen auf dreimal zu geben, wovon jede drei Gran Arsenikmittelsalz (arsen. deflagratum) hielt; Commerc. litter. Nor. ann 1737. S. 182. (man sahe aber schleichende Fieber und Wassersucht darauf erfolgen) — vier Gran gegen Wechselfieber; Bonet med. sept. part. 2. S. 535.
Man hat verschiedene Beispiele von Marktquaksalbern, die 12 und mehrere Grane Arsenik verschlukten, um nachgehends die antidotarische Wunderkraft ihres Orvietanums ins Licht zu sezzen — Ein Student gewöhnte sich nach und nach an Arsenik — Krüger Diätetik S. 22. —
[304] Welsch rat. vuln. lethal. jud. cap. 14. S. 99. — Bohn exam. vuln. leth. sect. 1. cap. 3. S. 46, 47. — Smetius Miscell. lib. 10. S. 561. — Bonet sepulchr. anat. lib. 4. sect. 3. obs. 15. — Schöpfer de haemorrhag. vuln. cap. 3. n. 102. — Zacchias. a. a. O. lib. 5. qu. 3. n. 13, 14. und qu. 6. n. 16. —
[305] In den Pandekten, L. 19. de R. I.
[306] Ehrman de venef. dol. §. 37. S. 54.
[307] Farinaceus prax. crim. p. 4. qu. 127. n. 90. — Horat. Carpanus ad C. homicida nov. const. mediol. n. 108. — Thom. Actius de infirmis p. 1. cap. 47. n. 30.
[308] Ayrer de homicid. p. 2. n. 6. — Farinaceus prax. crim. p. 4. qu. 127. n. 27. — Hor. Carpanus ad c. homicid. nov. const. mediol. n. 137. — Nikol. Boer decis. burdegal. 323. n. 14. — Giurba consil. crim. 84. n. 10. bis 13. —
[309] Man hat unzählige Beispiele von geheilter Verlezzung einiger Stellen der innern Magenhaut und überhaupt des Speisekanals, die Zottenhaut des Schlundes kan leicht und ohne Schaden abgehen, und wieder wachsen, Haller physiol. lib. 18. sect. 4. §. 3. S. 99. Lieutaud, Haller, Bonet, Morgagni und andre haben sie uns aufgezeichnet — man hat öfters starke Narben im Magen gefunden — Plater obs. lib. 2. S. 419. Wie oft waren nicht ganze grose Stellen des Magens glatt, ohne Zottenhaut, wie die Leichenöfnung berühmter Allotriophagen und Glasfresser beweiset! Wie viele Jahre haben nicht manche bei Magengeschwüren gelebt! Sind die beigebrachten gewaltsamen Magenwunden gröstentheils nur in der Gegend der beiden Mündungen tödtlich, warum sollen die innern nicht penetrirenden Verlezzungen nicht untödtlich seyn? Hiemit will blos sagen, daß die Umstände der ganzen Vergiftungskrankheit mit der gefundnen Verlezzung kombinirt an die Hand geben können, in wiefern die mit Arsenik geschehene Verlezzung zu heilen gewesen wäre, sie müste denn ausnehmend beträchtlich seyn, da es dann von selbst klar ist, daß grose brandige Verwundungen des Magens mit dem Leben nicht bestehen können, und wirkliche Durchbohrungen schwerlich mit einer völligen Wiedergenesung.
[310] Bohn de ranunc. vuln. leth. sect. 1. S. 152, 153.
Anmerkungen zur Transkription:
Der vorliegende Text wurde anhand der 1786 erschienenen Ausgabe nahezu originalgetreu wiedergegeben; die Rechtschreibung wurde, abgesehen von offensichtlichen typographischen Fehlern, unverändert übernommen. Inkonsistente Schreibweisen (z.B. Foderung/Forderung; brenbar/brennbar) wurden nicht vereinheitlicht. Einzelne Buchstaben und Satzzeichen wurden stillschweigend ergänzt bzw. geändert.
Im Originaltext wurde für einige Passagen Antiquaschrift verwendet. Dies wurde hier durch kursiven Schriftschnitt dargestellt.
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***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK UEBER DIE ARSENIKVERGIFTUNG IHRE HüLFE UND GERICHTLICHE AUSMITTELUNG***
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