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Anmerkungen zur Transkription

In diesem Text werden fortlaufend Seitenzahlen aus zwei verschiedenen Ausgaben anderer Autoren angegeben. Diese Verweise werden hier, fettgedruckt in geschweiften Klammern, am linken Rand außerhalb innerhalb des laufenden Textes wiedergegeben. Die in der Originalversion gesperrt gedruckten Passagen werden in der vorliegenden Version mit Hilfe serifenloser Schrift in normaler Laufweite dargestellt.

Weitere Anmerkungen finden sich am Ende des Textes.

DIE REDEN
GOTAMO BUDDHOS

AUS DER MITTLEREN
SAMMLUNG MAJJHIMANIKĀYO
DES PĀLI-KANONS

ZUM ERSTEN MAL ÜBERSETZT
VON

KARL EUGEN NEUMANN

ZWEITE AUFLAGE

ZWEITER BAND
MITTLERES HALBHUNDERT


MÜNCHEN 1921 * R. PIPER & CO.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN
COPYRIGHT 1921
BY R. PIPER & CO. / G. M. B. H. / MÜNCHEN


[S. v]

INHALT

Seite
VORREDE IX

DIE MITTLERE SAMMLUNG DER REDEN GOTAMO BUDDHOS

ZWEITER BAND
MITTLERES HALBHUNDERT

SECHSTER THEIL
BUCH DER HAUSVÄTER
51. Rede: Kandarako 3
52. Der Bürger von Aṭṭhakam 20
53. Die Schritte des Kämpfers 25
54. Potaliyo 34
55. Jīvako 49
56. Upāli 54
57. Der Hundelehrling 79
58. Abhayo der Königsohn 87
59. Viel der Gefühle 94
60. Fraglosigkeit 101

[S. VI]
SIEBENTER THEIL
BUCH DER MÖNCHE
61. Rede: Rāhulos Ermahnung (I) 131
62. Rāhulos Ermahnung (II) 140
63. Der Sohn der Māluṉkyā (I) 148
64. Der Sohn der Māluṉkyā (II) 157
65. Bhaddāli 166
66. Das Gleichniss von der Wachtel 181
67. Vor Cātumā 196
68. Vor Naḷakapānam 206
69. Gulissāni 218
70. Vor Kīṭāgiri 224

ACHTER THEIL
BUCH DER PILGER
71. Rede: Vacchagotto (I) 241
72. Vacchagotto (II) 246
73. Vacchagotto (III) 254
74. Dīghanakho 266
75. Māgandiyo 272
76. Sandako 290
77. Sakuludāyī (I) 314
78. Der Sohn der Samaṇamuṇḍikā 344
79. Sakuludāyī (II) 353
80. Vekhānaso 367

[S. VII]
NEUNTER THEIL
BUCH DER KÖNIGE
81. Rede: Ghaṭīkāro 377
82. Raṭṭhapālo 390
83. Makhadevo 415
84. Madhuro 428
85. Bodhi der Königsohn 438
86. Aṉgulimālo 473
87. Was einem lieb ist 485
88. Der Ueberwurf 494
89. Wahre Denkmale 502
90. Am Zwieselstein 512

ZEHNTER THEIL
BUCH DER PRIESTER
91. Rede: Brahmāyu 527
92. Selo 543
93. Assalāyano 554
94. Ghoṭamukho 569
95. Caṉkī 587
96. Esukārī 605
97. Dhanañjani 614
98. Vāseṭṭho 627
99. Subho 638
100. Saṉgāravo 655

[S. VIII]
ANMERKUNGEN 661
NACHWEISE. Vom Herausgeber 715
REGISTER 725

Alle Namen haben, wie bisher, nominative Endung beibehalten; zur Aussprache Seite VIII des ersten Bandes.


[S. ix]

VORREDE

Wie schon in der Einführung zum ersten Bande, Seite XIX-XXIII, aus Inschriften des dritten vorchristlichen Jahrhunderts nachgewiesen, ist die älteste Gestalt des Kanons nicht in einem Tipiṭakam oder Dvipiṭakam sondern im Piṭakam schlechthin, nämlich im Suttapiṭakam, erhalten. Hieraus darf man schließen, wie dort begründet, auch das Vinayapiṭakam, wie später das Abhidhammapiṭakam, sei aus dem einen Kanon theils ausgeschieden, theils weiter entwickelt worden. Das vorliegende Mittlere Halbhundert des zweiten Bandes bestätigt diese Folgerungen noch genauer. Wir finden hier eine ganze Reihe von Reden, die reinen vinayo darlegen, sich bis zu den letzten Verzweigungen mit der Ordenszucht befassen, und zwar in ächter, ursprünglicher Weise, die dem wirklichen Leben entspricht, nicht mit jenen kasuistischen Erfindungen, die dem Vinayapiṭakam eignen und dessen überwiegend fingierten Charakter ausmachen. Gleich die Eröffnungsrede liefert ein klassisches Muster: klassisch, weil sie wiederum zunächst die Tugendsatzung mit aller Ausführlichkeit vorträgt, was auch im ersten Bande bei passender Gelegenheit immer geschieht. In diesem Betracht sind ja die zahlreichen Wiederholungen der Reden erklärlich, da fast jede, wie sie eben gesprochen wurde, dhammo und vinayo, Lehre und Zucht, als untrennbares Ganze giebt. Hier lässt sich nichts kürzen oder beschränken oder zusammenziehn ohne den gehörigen Zusammenhang zu verlieren: die Rede ist an eine oder an mehrere bestimmte [S. x]Personen gerichtet gewesen, auf einen besonderen Anlass hin, doch im höheren Sinne allgemein gültig, hat weder zu viel noch zu wenig gesagt, sondern ihren Gang gerade eingehalten. Der Orden hatte daher bei Lebzeiten des Meisters wohl keinerlei andere Regel als die in den Reden verkündete, und diese Regel, gar verschieden von den später lawinenartig angewachsenen Korollarien, war eine ungemein einfache; so einfach, dass der Meister nicht selten einem Aufnahmesuchenden, im Gegensatze zu den nachmaligen umständlichen Vorbereitungen, sogleich und bloß mit den Worten »Komm’, o Mönch!« die Ordensweihe verlieh: sogar einem berüchtigten Mörder, nach dessen plötzlicher Umkehr, in der sechsundachtzigsten Rede. Gotamo selbst hat diese ursprüngliche Einfachheit vollkommen klar zugestanden, gegen Ende der fünfundsechzigsten Rede. Da fragt ein Mönch, woher es nur komme, dass es früher weniger Ordensregeln gegeben als jetzt, worauf ihm der greise Meister antwortet, Ordensregeln seien eben erst dann vonnöthen, wann die wahre Lehre untergehe, wann der Orden Größe und Ansehn und späte Jahre erreicht habe.

Vernehmen wir also in den Reden oft und oft des Meisters eigene Worte, rein erhalten wie sie gesprochen, so ist auch Fremdes zu merken und giebt sich meist unverhohlen kund; so schon die Umrahmung, die allerdings nur die Namen der Orte, der Personen und sonstige sachgemäße Mittheilungen bietet. Es hat aber doch hie und da Sagenhaftes Eingang gefunden, spätere Zuthat, z. B. in die dreiundachtzigste Rede. Dann sind es zuweilen upanischadartige und yogaverwandte Darlegungen, die uns begegnen, wie etwa in der siebenundsiebzigsten, bez. dreiundsiebzigsten. Gewisse Gleichnisse aus den alten Upanischaden, e. g. das in[S. xi] der achtundsechzigsten Rede, gewisse Uebungen des alten Yogas, besonders in der zweiundsechzigsten und zehnten behandelt, hat freilich schon Gotamo, wohlbewusst, übernommen, ausgebildet, vertieft. Der Meister behauptet ja niemals, seine Lehre widerspreche allem bisher Dagewesenen, sondern: »Wovon die Weisen erklären ‚Es ist nicht in der Welt‘, davon sage auch ich ‚Es ist nicht‘; wovon die Weisen erklären ‚Es ist in der Welt‘, davon sage auch ich ‚Es ist‘.«[*] Wie großartig der Meister zumal vedische Lehren vollendet hat, zeigt u. a. die fünfundfünfzigste Rede. Weil es aber bei mündlicher Ueberlieferung kaum anders möglich, wird auch der oder jener Jünger, nach des Meisters Tode, diesen oder jenen fremden Satz wissentlich oder unwissentlich mit überliefert haben, aus vedischen oder aus yogischen Kreisen, je nach dem gewohnten Schwergewichte. Sehr lehrreich sind hierfür die Lieder der Mönche, deren Gedanken durchaus nach dem Meister weisen, im Einzelnen aber noch subjektive Züge bewahren. Wenn sich nun, trotz der wachsenden Größe des Ordens, bis etwa in die Zeit Asoko des Großen kein tiefergehender Verfall entwickelt hat, was bei den anderen indischen Geistesdenkmalen in der Regel eher geschah, so ist das erstaunlich und kein geringer Beweis für die ungewöhnliche, andauernde Wirkung einer Persönlichkeit wie es die Gotamos war.[**] Diese Wirkung hat übrigens nicht bloß die Jüngerschaft gewaltig ergriffen, sie hat sich, wie bekannt, auf ganz Indien und weiter erstreckt; und insbesondere ist sie den Verfassern der späteren Upanischaden, des Yoga- und des Sāṃkhyaśāstram, und Barden und Dichtern, bis auf des Tul’sīdās[***] noch heute in Palast und Hütte, von Fürst und Bettler gesungenes Rāmcaritmānas herab[†], ausgiebig zustatten gekommen, ob sie es selber zwar[S. xii] nicht recht wissen, gleichwohl durch, oft wörtliche, Paraphrase der Meisterworte unschwer errathen lassen. Hat also Gotamo, und dann mancher der Jünger, vom Geiste der Zeit einiges benutzt, so haben die Späteren erheblich mehr von Gotamo und den Seinen gelernt, sich zu eigen gemacht und weitergegeben, bis es allmälig indisches Gemeingut geworden.

Nur indisches? Es hat den Anschein als ob jene Gedanken auch bei uns langsam, langsam merkbar würden, zu wirken begännen, kraft ihres unzerstörbaren Gehaltes. Eine gesammte Umwandlung altererbter Ueberzeugungen und Ansichten wird nun sicherlich kein Teleolog von ihnen erwarten, sowenig wie etwa unsere Missionare dergleichen beim braven Chinesen gewärtigen dürfen. Tausendjährigen Kulturen, und wären sie noch so morsch und überlebt, kann man nicht so leicht mit geistigen Mitteln beikommen, nicht von einem Jahrhundert zum anderen, wie dem Papste, schon den Untergang voraussagen: sie altern gern und wohlgemuth weiter. Aber die Gedanken haben keine Eile, langsam, langsam wirken sie durch unermessliche Zeiten und Räume, in ewiger Jugend. — Einst fragte mich der Gesandte von Siam am Berliner Hofe, Seine Exzellenz Phya Nond Buri, ob sich denn wirklich, wie man ihm erzählt habe, bereits buddhistische Einflüsse in Europa wahrnehmen ließen: ich entgegnete, ich hätte nicht eben viel davon gemerkt; da lächelte er in seiner feinen Weise und sagte, auf ein buddhistisches Volkswort anspielend: »Nun, wir haben ja Zeit, noch fünftausend Jahre.« — Wir haben mehr Zeit und weniger. Mehr, weil uns die Erde geduldig trägt; weniger, weil wir heute den Worten eines Meisters lauschen können, die aus der Welt des Unschönen und Schönen hinübergeleiten, wo es keinen Schein[S. xiii] giebt. »Willkommen sei mir ein verständiger Mann«, sagt Gotamo, gegen Ende der achtzigsten Rede, »kein Häuchler, kein Gleißner, ein gerader Mensch; ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber merken, selber sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit wird, nämlich von der Fessel des Nichtwissens.«


Ohne einen Strich hinzu- oder hinwegzuthun, mit wohlgeprüften, -verglichenen, -gesicherten Lesarten, ist auch dieses Mittlere Halbhundert, das Majjhimapaṇṇāsam, schlicht und unangetastet übersetzt worden, bis auf den Titel und Punkt: so mag der Text in genauester Form, wenn es etwa noch weiter gelungen, in identischem Ausdrucke Zeuge sein. Die Zahlen am Rande geben die Seiten der Trenckner’schen Lesung an, so weit diese reicht: nach der sechsundsiebzigsten Rede die Seiten der siamesischen Ausgabe.

Wien, Ende 1899.

KARL EUGEN NEUMANN.


[S. 2]

SECHSTER THEIL
BUCH DER HAUSVÄTER


[S. 3]

51.

Sechster Theil

Erste Rede

KANDARAKO

{339}Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Campā, am Gestade des Gaggarā-Sees, mit einer großen Schaar von Mönchen.

Da nun begab sich Pesso, der Sohn eines Elephantenlenkers, und Kandarako, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder; während Kandarako, der Pilger, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte tauschte und sich dann seitwärts hinstellte. Seitwärts stehend blickte da Kandarako der Pilger über die lautlose, stille Schaar der Mönche hin und sprach nun zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig die Jüngerschaft gewiesen hat! Die da früher, o Gotamo, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, haben auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat? Und die da später, o Gotamo, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, werden auch diese Erhabenen[S. 4] ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat?«

»So ist es, Kandarako, so ist es, Kandarako. Die da früher, Kandarako, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, auch diese Erhabenen haben ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind; und die da später, Kandarako, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, auch diese Erhabenen werden ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind.

»Denn es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst haben. Und es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Kämpfer sind, tapfer in Tugend, tapfer im Wandel, gewitzigt sind, witzig im Wandel; die haben ihr Gemüth auf die vier Pfeiler der Einsicht gegründet; auf welche vier? Da wacht, Kandarako, {340} ein Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, [S. 5]unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns.«

Auf diese Worte wandte sich Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, also an den Erhabenen:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie so deutlich, o Herr, der Erhabene die vier Pfeiler der Einsicht gezeigt hat, die da zur Läuterung der Wesen, zur Ueberwältigung des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führen! Denn auch wir, o Herr, als Hausleute, weiß gekleidet, haben von Zeit zu Zeit unser Gemüth auf die vier Pfeiler der Einsicht gegründet: da wachen wir, o Herr, beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen[1], wo die Menschen so häuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt! Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Thier. Ja, ich kann mich, o Herr, an einen Elephantenhengst[S. 6] erinnern: so oft der auch durch die Straßen von Campā gehn und kommen mag, wird er jedesmal all seine List und Tücke, Launen und Ränke offenbaren. Was da aber, o Herr, unsere Knechte und Söldner und Werkleute sind, die gehn anders an die Arbeit, und anders reden sie, und wiederum anders denken sie. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen, wo die Menschen so häuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt. Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Thier.«

»So ist es, Pesso, so ist es, Pesso: heimlich wie {341} die Höhle, Pesso, ist ja der Mensch, und offen wie die Ebene, Pesso, ist ja das Thier. — Vier Arten von Menschen, Pesso, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben; da ist wieder, Pesso, einer ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; und da ist, Pesso, einer weder ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen. Welcher ist es, Pesso, von diesen vier Menschen, der deinem Sinne zusagt?«

[S. 7]

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: der sagt meinem Sinne zu.«

»Warum aber, Pesso, sagen jene drei Menschen deinem Sinne nicht zu?«

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich selber, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt den Nächsten, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich wie den Nächsten, die Wohl begehren und[S. 8] Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, {342} noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: dieser Mensch sagt meinem Sinne darum zu. — Wohlan denn, jetzt, o Herr, wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Pesso, belieben mag.«

Und Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, schritt rechts herum und ging fort.

Da wandte sich nun der Erhabene, bald nachdem Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, fortgegangen war, also an die Mönche:

»Weise, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, wissensmächtig, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers. Wäre Pesso, ihr Mönche, der Sohn des Elephantenlenkers, noch eine Weile geblieben, bis ich ihm diese vier Arten von Menschen ausführlich erklärt hätte, großen Gewinn hätt’ er mit sich genommen. Aber, ihr Mönche, auch so schon hat Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, viel gewonnen.«

»Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit, dass der Erhabene diese vier Arten von Menschen[S. 9] ausführlich erkläre: des Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren.«

»Wohlan denn, ihr Mönche, so höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Was ist das nun, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein Handverköster, kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter, nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden, nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten, nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim. Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur jeden ersten Tag Nahrung ein, {343}nur jeden zweiten Tag, nur jeden siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er[S. 10] lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern, von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes, lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd, trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze, unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer, übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Schlächter, der Schaafe und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister, oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk betreibt. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der[S. 11] ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein König, ein Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat, Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken, {344}und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man, ihr[S. 12] Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.[2]

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da erscheint, ihr Mönche, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig [S. 13]geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen.[3] Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, {345}hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern:[S. 14] Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht hält er sich fern. {346}Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der[S. 15] Almosenschaale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst entleert er Koth und[S. 16] Harn, klar bewusst geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. {347}Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille[4], die Einheit des Gemüthes, die von sinnen,[S. 17] von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte[S. 18] ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; {348}da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne,[S. 19] glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

»Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: {349}der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«[5]

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


[S. 20]

52.

Sechster Theil

Zweite Rede

DER BÜRGER VON AṬṬHAKAM

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Ānando bei Vesālī, nahe dem Bilva-Weiler. Um diese Zeit nun war Dasamo der Hausvater, ein Bürger von Aṭṭhakam, in Pāṭaliputtam angekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, begab sich nach dem Hahnenhaine, wo einer der Mönche weilte, begrüßte diesen ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also zu dem Mönche:

»Wo hält sich denn, o Herr, der ehrwürdige Ānando jetzt auf? Wir möchten jenen ehrwürdigen Ānando gerne sehn.«

»Der ehrwürdige Ānando, Hausvater, der hält sich bei Vesālī auf, nahe dem Bilva-Weiler.«

Als nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, sein Geschäft in Pāṭaliputtam erledigt hatte, begab er sich nach Vesālī, zum Bilva-Weiler, dorthin wo der ehrwürdige Ānando weilte, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also zum ehrwürdigen Ānando:

»Ist wohl, Herr Ānando, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise angegeben worden, wobei dem[S. 21] Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Es ist, Hausvater, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise angegeben worden, {350}wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

»Was ist das aber, Herr Ānando, für eine Weise, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten angegeben wurde, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Da weilt, Hausvater, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Und er überlegt also: ›Auch diese erste Schauung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das[S. 22] aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung — die Weihe der dritten Schauung — die Weihe der vierten Schauung. Und er überlegt also: ›Auch diese vierte Schauung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, {351}als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: liebevollen Gemüthes[S. 23] — erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlt der Mönch nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Und er überlegt also: ›Auch diese unbewegte Gemütherlösung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: {352}so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt der Mönch in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos[S. 24] ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Und er überlegt also: ›Auch dies Erfassen der Nichtdaseinsphäre ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

Nach dieser Rede wandte sich Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also an den ehrwürdigen Ānando:

»Gleichwie etwa, Herr Ānando, wenn ein Mann, der eine Schatzmulde sucht, {353}auf einmal elf Schatzmulden fände: ebenso nun auch habe ich, o Herr, der eine Pforte der Ewigkeit suchte, auf einmal von elf Pforten der Ewigkeit erfahren. Gleichwie etwa, o Herr, ein Mann, der ein Haus mit elf Pforten hat, bei einer Feuersbrunst durch eine jede der Pforten sich zu retten vermöchte: ebenso[S. 25] nun auch könnte ich, o Herr, durch eine jede dieser elf Pforten der Ewigkeit mich retten. — Da nun, o Herr, die anderen Geistlichen gewiss nicht ausbleiben werden, für ihren Lehrer das Lehrgeld einzusammeln[6], warum sollt’ ich nicht auch dem ehrwürdigen Ānando meine Ehrfurcht bezeugen?«

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, bat die Mönche von Pāṭaliputtam und von Vesālī zu Gast und bediente und versorgte sie eigenhändig mit ausgewählter fester und flüssiger Speise; und er gab jedem der Mönche ein neues paar Kleider, dem ehrwürdigen Ānando den Mantel dazu. Und er ließ dem ehrwürdigen Ānando ein Wohnhaus für fünfhundert Mönche erbauen.[7]


53.

Sechster Theil

Dritte Rede

DIE SCHRITTE DES KÄMPFERS

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume. Damals aber hatten die Sakyer von Kapilavatthu eben erst ein neues Herrenhaus erbauen lassen, und niemand noch hatte darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen.

Da begaben sich denn die Sakyer von Kapilavatthu dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts [S. 26]sitzend sprachen nun die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Es ist da, o Herr, von den Sakyern in Kapilavatthu ein neues Herrenhaus errichtet worden, und niemand noch hat es bewohnt, kein Asket und kein Priester, noch irgendein menschliches Wesen. Das möge, o Herr, der Erhabene zuerst benutzen: vom Erhabenen zuerst benutzt, werden es dann die Sakyer von Kapilavatthu benutzen. So soll es den Sakyern von Kapilavatthu lange zum Wohle, {354} zum Heile gereichen!«[8]

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun die Sakyer von Kapilavatthu der Zustimmung des Erhabenen sicher waren, standen sie auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und begaben sich nach dem Herrenhause. Dort ließen sie den Boden ganz mit Matten bedecken[9], die Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser aufstellen und eine Oellampe zurecht machen. Dann kehrten sie wieder zum Erhabenen zurück, verneigten sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und standen seitwärts. Seitwärts stehend sprachen nun die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der Boden des Hauses, die Stühle stehn bereit, ein Eimer mit Wasser ist aufgestellt, eine Oellampe zurecht gemacht: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.«

Da hat denn der Erhabene sich gerüstet, Mantel und Schaale genommen und ist in Begleitung der Jüngerschaar zum Herrenhause hingeschritten. Dort angelangt spülte der Erhabene die Füße ab, trat in den Saal ein und setzte sich nahe dem mittleren Pfeiler, gegen Osten[S. 27] gewendet, nieder. Und auch die begleitenden Mönche spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der westlichen Wand, gegen Osten gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß. Und auch die Sakyer von Kapilavatthu spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der östlichen Wand, gegen Westen gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß.

Nachdem nun der Erhabene die Sakker von Kapilavatthu bis tief in die Nacht in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert hatte, wandte er sich an den ehrwürdigen Ānando:

»Besinne dich, Ānando, den Sakyern von Kapilavatthu zuliebe auf die ›Schritte des Kämpfers‹; der Rücken ist mir ermüdet: den will ich ausstrecken.«

»Gern, o Herr!« erwiderte da der ehrwürdige Ānando, dem Erhabenen gehorchend.

Und der Erhabene spreitete den Mantel, vierfach gefaltet, aus und legte sich auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend.

Und der ehrwürdige Ānando wandte sich nun also an Mahānāmo den Sakyer:

»Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend, die Thore der Sinne hütet er, beim Essen weiß er Maaß zu halten, er weiht sich der Wachsamkeit, sieben rechte Eigenschaften eignen ihm, und die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, die kann er nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite.

{355}»Wie aber ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig[S. 28] in Tugend? Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tugendhaft, in reiner Zucht richtig gezügelt bleibt er lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt. Also ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tugendhaft.

»Wie aber hütet, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne? Hat da, Mahānāmo, der heilige Jünger mit dem Gesichte eine Form erblickt, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht. Hat er mit dem Gehöre einen Ton gehört — hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen — hat er mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt — hat er mit dem Getaste eine Tastung getastet — hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken. Also hütet, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne.

»Wie aber weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten? Da nimmt, Mahānāmo, der heilige Jünger gründlich besonnen die Nahrung ein, nicht etwa zur Letzung und Ergetzung, nicht zur Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu erhalten, zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges Leben führen zu können: ›So werd’ ich das frühere Gefühl abtödten und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen,[S. 29] und ich werde ein Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl befinden.‹ Also weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten.

»Wie aber weiht sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der Wachsamkeit? Da läutert, Mahānāmo, der heilige Jünger bei Tage, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen; läutert in den ersten Stunden der Nacht, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen; legt sich in den mittleren Stunden der Nacht auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend; läutert in den letzten Stunden der Nacht, wieder aufgestanden, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen. Also weiht sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der Wachsamkeit.

{356}»Wie aber eignen, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften? Da hat, Mahānāmo, der heilige Jünger Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Und er ist schaamhaft, er schämt sich Schlechtes in Werken, Worten und Gedanken zu begehn, er wahrt sich, dass er nicht in böse, unheilsame Dinge gerathe. Und er ist schüchtern, er scheut sich Schlechtes in Werken, Worten und Gedanken zu begehn, er sorgt, dass er nicht in böse, unheilsame Dinge gerathe. Und er hat viel gehört, ist Behälter des Wortes, Hort des Wortes der Lehre; und was da am Anfang begütigt, in der Mitte[S. 30] begütigt, am Ende begütigt und sinn- und wortgetreu das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum überliefert: das kennt er, behält er, beherrscht er mit der Rede, bewahrt es im Gedächtniss, hat es von Grund aus verstanden. Und er hat den Muth und die Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht auf. Und er hat Einsicht, ist mit höchster Geistesgegenwart begabt: was da einst gethan, einst gesagt wurde, daran denkt er, daran erinnert er sich. Und er ist witzig, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt. Also eignen, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften.

»Und wie, Mahānāmo, kann der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite? Da weilt, Mahānāmo, der heilige Jünger, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst weilt er, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen[S. 31] Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Also kann, Mahānāmo, der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite.

»Ist nun, Mahānāmo, der heilige Jünger also tüchtig in Tugend, hütet er also die Thore der Sinne, weiß er also beim Essen Maaß zu halten, weiht er sich also der Wachsamkeit, eignen ihm also sieben rechte Eigenschaften, {357}und kann er die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, also nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite, so heißt man ihn, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der die Schritte des Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Gleichwie etwa, Mahānāmo, wenn eine Henne ihre Eier, acht oder zehn oder zwölf Stück, wohl bebrütet, gänzlich ausgebrütet, völlig gar gebrütet hat; wie sollte da nicht jener Henne der Wunsch kommen: ›Ach möchten doch meine Küchlein mit den Krallen oder dem Schnabel die Eischaale aufhacken, möchten sie doch heil durchbrechen!‹, und jene Küchlein sind fähig geworden mit den Krallen oder dem Schnabel die Eischaale aufzuhacken und heil durchzubrechen: ebenso nun auch, Mahānāmo, wird der heilige Jünger, sobald er also tüchtig in Tugend ist, also die Thore der Sinne hütet, also beim Essen Maaß zu halten weiß, also der Wachsamkeit sich weiht, also sieben rechte Eigenschaften ihm eignen, und er also die vier Schauungen, die das Herz erquicken,[S. 32] schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen kann, in ihrer Fülle und Weite, als solcher, Mahānāmo, der heilige Jünger geheißen, der die Schritte des Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. So ist er zum ersten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so sieht er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. So ist er zum zweiten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so lässt er den Wahn versiegen und macht sich die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar, verwirklicht und erringt sie. {358}So ist er zum dritten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in[S. 33] Tugend ist, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne hütet, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten weiß, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger sich der Wachsamkeit weiht, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften eignen, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen kann, in ihrer Fülle und Weite, so gilt ihm das als Wandel.

»Und wenn sich da, Mahānāmo, der heilige Jünger mancher verschiedenen früheren Daseinsformen erinnert, so gilt ihm das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sieht, so gilt ihm das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger mit der Wahnversiegung sich die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar macht, verwirklicht und erringt, so gilt ihm das als Wissen.

»Den heißt man, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der wissend bewährt ist, der wandelnd bewährt ist, der wissend und wandelnd bewährt ist. — Auch Brahmā hat da, Mahānāmo, der ewige Jüngling, den Spruch gesagt:

›Der Krieger ist der höchste Herr
Von allen, die von Adel sind;
Der wissend, wandelnd ist bewährt
Ist höchster Herr bei Gott und Mensch.‹

[S. 34]

Das aber ist da, Mahānāmo, ein Spruch, den Brahmā, der ewige Jüngling, recht gesungen, nicht unrecht gesungen, recht gesprochen, nicht unrecht gesprochen hat, der sinnig ist, nicht unsinnig, dem der Erhabene zugestimmt hat.«

Und der Erhabene stand nun auf und wandte sich also an den ehrwürdigen Ānando:

»Gut, gut, Ānando, gut hast du, Ānando, den Sakyern von Kapilavatthu die ›Schritte des Kämpfers‹ gezeigt.«

{359}Also hatte der ehrwürdige Ānando gesprochen, und der Meister es gebilligt. Zufrieden freuten sich jene Sakyer von Kapilavatthu über das Wort des ehrwürdigen Ānando.[10]


54.

Sechster Theil

Vierte Rede

POTALIYO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Aṉguttarāper, bei Āpaṇam, einer Burg im Gebiete der Aṉguttarāper. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß[S. 35] eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Und auch Potaliyo der Hausvater kam, in einen weiten Obermantel gehüllt, versehn mit Schirm und Sandalen, auf einem Spaziergange lustwandelnd, nach dem Waldgehölze. Und er trat in das Waldgehölz ein und kam dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschte er mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin. Und an Potaliyo den Hausvater, der seitwärts stand, wandte sich der Erhabene also:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Also angeredet dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig schwieg er still.

Und zum zweiten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Und zum zweiten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig schwieg er still.

Und zum dritten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Und zum dritten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig sprach er also zum Erhabenen:

[S. 36]

{360}»Das kommt dir, o Gotamo, nicht zu, das steht dir nicht zu, dass du mich mit dem Worte Hausvater angehst!«

»Du hast ja, Hausvater, Mienen, Merkmale, Kennzeichen wie sie dem Hausvater eignen.«

»Gleichwohl hab’ ich, o Gotamo, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten.«

»Wie denn aber hast du, Hausvater, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten?«

»Was ich da, o Gotamo, an Geld und Gut, an Silber und Gold besessen habe, das hab’ ich alles meinen Kindern zum Erbe gegeben: und ich rathe da keinem zu, keinem ab, hab’ mir nur Kost und Gewand bedungen. Also hab’ ich, o Gotamo, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten.«

»Anders redest, Hausvater, du vom Verkehrabschneiden, und wieder anders wird im Orden des Heiligen der Verkehr abgeschnitten.«

»Wie denn aber, o Herr, wird im Orden des Heiligen der Verkehr abgeschnitten? Gut wär’ es, o Herr, wenn mir der Erhabene die Lehre so darlegen wollte, wie der Verkehr im Orden des Heiligen abgeschnitten wird.«

»Wohlan denn, Hausvater, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Acht Dinge sind es, Hausvater, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen: welche acht? Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn, Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des [S. 37]Nichtgegebenen abstehn, die Wahrheit reden lässt von der Lüge abstehn, nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn, nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher Sucht abstehn, nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten abstehn, nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung abstehn, nicht anmaaßen lässt von Anmaaßung abstehn. Das sind, Hausvater, kurz gesagt, nicht ausführlich unterschieden, die acht Dinge, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen.«

»Diese acht Dinge, o Herr, vom Erhabenen kurz angegeben, nicht ausführlich unterschieden, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen: möchte mir doch, o Herr, der Erhabene diese acht Dinge ausführlich darlegen, von Mitleid bewogen!«

»So höre denn, Hausvater, und achte wohl auf meine Rede!«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

{361}»‚Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich zum Mörder machen könnten, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Mörder würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Mordes, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen des Mordes, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des Mordes. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich der[S. 38] Mord. Wenn aber durch Mord verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich vom Morde fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des Nichtgegebenen abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich zum Diebe machen könnten, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Diebe würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Diebstahls, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen des Diebstahls, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des Diebstahls. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich der Diebstahl. Wenn aber durch Diebstahl verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich vom Diebstahl fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des Nichtgegebenen abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Die Wahrheit reden lässt von der Lüge abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich zum Lügner machen könnten, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Lügner würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen der Lüge, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen der Lüge, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble[S. 39] Fährte bevor, wegen der Lüge. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich die Lüge. Wenn aber durch Lüge verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, {362} kann es den, der sich von der Lüge fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Die Wahrheit reden lässt von der Lüge abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich zum Verleumder machen könnten, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Verleumder würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen der Verleumdung, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen der Verleumdung, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen der Verleumdung. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Verleumden. Wenn aber durch Verleumden verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von Verleumden fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher Sucht abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich begehrlich süchten ließen, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich begehrlicher Sucht fröhnte, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen begehrlicher Sucht, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen begehrlicher Sucht, und bei der Auflösung des Körpers,[S. 40] nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen begehrlicher Sucht. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich begehrliche Sucht. Wenn aber durch begehrliche Sucht verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von begehrlicher Sucht fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher Sucht abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich rügen und schelten ließen, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: {363} denn wenn ich rügte und schölte, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Rügens und Scheltens, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen des Rügens und Scheltens, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des Rügens und Scheltens. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Rügen und Schelten. Wenn aber durch Rügen und Schelten verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von Rügen und Schelten fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich wüthen und verzweifeln ließen, die beginn’ ich zu lösen, [S. 41]abzuschneiden: denn wenn ich in Wuth und Verzweiflung geriethe, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen der Wuth und Verzweiflung, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen der Wuth und Verzweiflung, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen der Wuth und Verzweiflung. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Wuth und Verzweiflung. Wenn aber durch Wuth und Verzweiflung verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von Wuth und Verzweiflung fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht anmaaßen lässt von Anmaßung abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mir Anmaaßung schüfen, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich anmaaßend würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen der Anmaaßung, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen der Anmaaßung, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen der Anmaaßung. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Anmaaßen. Wenn aber durch Anmaaßen verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von Anmaaßen fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht anmaaßen lässt von Anmaaßung abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

{364}»Das sind, Hausvater, kurz gesagt und ausführlich [S. 42] unterschieden, die acht Dinge, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen. Doch nicht nur soweit wird im Orden des Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten.«

»Wie aber wird dann, o Herr, im Orden des Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten? O dass mir, o Herr, der Erhabene die Lehre derart zeigen möchte, wie da im Orden des Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten wird!«

»So höre denn, Hausvater, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Hund, von Hunger und Schwäche gepeinigt, sich vor der Bank eines Rindschlächters aufstellte, und es würfe ihm ein geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle ein Knochenstück zu, kahl, abgeschabt, ohne Fleisch, blutbefleckt; was meinst du wohl, Hausvater: könnte da dieser Hund, indem er das Knochenstück, das kahle, abgeschabte, fleischlose, blutbefleckte, rings herum benagt, Hunger und Schwäche vertreiben?«

»Gewiß nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Das Knochenstück, o Herr, ist ja kahl, abgeschabt, ohne Fleisch, blutbefleckt, so viel Mühe und Plage auch immer der Hund sich geben mag.«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Kahlen Knochen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller[S. 43] Quaalen, das Elend überwiegt‹: und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Geier oder ein Reiher oder ein Rabe einen Fleischfetzen packte und fortrisse, und es stürzten auf ihn andere Geier oder Reiher oder Raben in Schaaren hernieder und rauften darum; was meinst du wohl Hausvater: wenn dieser Geier oder Reiher oder Rabe den Fleischfetzen nicht alsbald fahren ließe, wär’ ihm da Tod gewiss oder tödtlicher Schmerz?«

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Fleischfetzen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: {365}und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann mit einer flammenden Strohfackel gegen den Wind ginge; was meinst du wohl, Hausvater: wenn dieser Mann die flammende Strohfackel nicht gar eilig von sich fortwürfe, würde sie da seine Hand versengen, seinen Arm versengen oder andere Glieder des Leibes, und er also Tod erleiden oder tödtlichen Schmerz?«

[S. 44]

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Flammendem Stroh gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹: und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn da eine Grube wäre, tiefer als Manneshöhe, voll glühender Kohlen, ohne Flammen, ohne Rauch; und es käme ein Mann herbei, der leben, nicht sterben will, der Wohlsein wünscht und Wehe verabscheut, und zwei kräftige Männer ergriffen ihn unter den Armen und schleppten ihn zu der glühenden Kohlengrube hin; was meinst du wohl, Hausvater: würde da nun dieser Mann auf jede nur mögliche Weise den Leib zurückziehn?«

»Gewiss, o Herr!«

»Und warum das?«

»Gar wohl, o Herr, wüsste der Mann: ›Fall’ ich in diese glühenden Kohlen hinein, so muss ich sterben oder tödtlichen Schmerz erleiden!‹«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Glühenden Kohlen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo[S. 45] jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann ein Traumbild sähe, einen schönen Garten, einen freundlichen Hain, eine heitere Landschaft, einen lichten See, und, wieder erwacht, nichts mehr erblickte: ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Traumbilden gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann dargeliehenes Gut entliehe und einen Wagen mit kostbarem Schmuck und Edelgestein belüde[11], {366} und er führe, mit diesem geborgten Schatze versehn und versorgt, über den Marktplatz hin; und die Leute sähen ihn und sprächen: ›Reich, wahrlich, ist der Mann, so können Reiche den Reichthum genießen!‹ Und wo ihn eben etwa die Eigner träfen, da zögen sie eben etwa das Eigen zurück. Was meinet du wohl, Hausvater: genügte das, um diesen Mann zu verstören?«

»Allerdings, o Herr!«

»Und warum das?«

»Die Eigner, o Herr, ziehn ja das Eigen zurück.«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Darlehen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das[S. 46] Elend überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn sich unfern eines Dorfes oder einer Stadt ein dichter Forst befände, und ein Baum stände darin, der reifende Früchte trägt, und keine der Früchte wäre herabgefallen. Und es käme ein Mann herbei, der Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten ausspäht; und er gelangte ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum, der reifende Früchte trägt; da gedächte er: ›Dieser Baum ist mit reifenden Früchten behangen, und keine der Früchte zu Boden gefallen: aber ich kann ja Bäume erklettern! Wie, wenn ich nun da hinaufkletterte und mich daran satt äße und den Rockschurz voll davon pflückte?‹ Und er kletterte hinauf und äße sich satt und pflückte den Rockschurz voll. Aber ein zweiter Mann käme herbei, der Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten ausspäht, mit einem scharfen Beile versehn; und er gelangte ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum mit den reifenden Früchten; da gedächte er: ›Dieser Baum trägt reifende Früchte, und keine der Früchte liegt auf der Erde, und Bäume erklettern, das kann ich nicht: wie, wenn ich nun diesen Baum an der Wurzel fällte und mich dann satt äße und den Rockschurz vollpflückte?‹ Und er fällte den Baum an der Wurzel. Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da jener Mann, der zuerst hinaufgestiegen, nicht gar eilig herabkletterte, möchte ihm da[S. 47] durch den Sturz des Baumes die Hand zerschmettert oder der Fuß zerschmettert oder andere Glieder des Leibes zerschmettert werden, {367} so dass er Tod oder tödtlichen Schmerz erlitte?«

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: ›Baumfrüchten gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so sieht er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so lässt er den Wahn versiegen und macht sich die wahnlose Gemütherlösung, [S. 48]Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar, verwirklicht und erringt sie.

»Soweit nun, Hausvater, wird im Orden des Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten. Was meinst du wohl, Hausvater: wie ganz und gar überall aller Verkehr im Orden des Heiligen abgeschnitten wird, findest du, dass auch ebenso bei dir der Verkehr abgeschnitten sei?«

»Was bin ich, o Herr, und was ist der Orden des Heiligen, wo ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten wird! Fern bin ich, o Herr, davon, dass ich ganz und gar überall allen Verkehr, dem Orden des Heiligen gemäß, abgeschnitten hätte. — Ja, wir haben früher, o Herr, die anderen Büßer und Pilger, die so gewöhnlich sind, für erlesen gehalten, die so gewöhnlich sind, mit erlesener Speise gespeist, die so gewöhnlich sind, mit erlesener Ehre geehrt: doch haben wir, o Herr, die Mönche, die so erlesen sind, für gewöhnlich gehalten, die so erlesen sind, mit gewöhnlicher Speise gespeist, die so erlesen sind, mit gewöhnlicher Ehre geehrt. Jetzt aber wollen wir, o Herr, {368}die anderen Büßer und Pilger, die so gewöhnlich sind, als gewöhnlich erkennen, die so gewöhnlich sind, mit gewöhnlicher Speise speisen, die so gewöhnlich sind, mit gewöhnlicher Ehre ehren: doch wollen wir, o Herr, die Mönche, die so erlesen sind, als erlesen erkennen, die so erlesen sind, mit erlesener Speise speisen, die so erlesen sind, mit erlesener Ehre ehren. Erzeugt hat mir, wahrlich, o Herr, der Erhabene Asketenliebe zu den Asketen, Asketenfreude an den Asketen, Asketenehrfurcht vor den Asketen. — Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr,[S. 49] wenn man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[12]


55.

Sechster Theil

Fünfte Rede

JĪVAKO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Mangohaine Jīvakos, des Hofarztes.[13]

Da nun begab sich Jīvako der Hofarzt zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Jīvako der Hofarzt also zum Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Um des Asketen Gotamo willen rauben sie das Leben, und der Asket Gotamo nimmt wissentlich das eigens für ihn bereitete Fleisch an!‹ Die da solches, o Herr, gesagt haben, haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen Worte gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

[S. 50]

{369}»Die da, Jīvako, solches gesagt haben: ›Um des Asketen Gotamo willen rauben sie das Leben, und der Asket Gotamo nimmt wissentlich das eigens für ihn bereitete Fleisch an‹, die haben nicht meine Worte gebraucht und haben mich also ohne Grund und mit Unrecht angeführt. Drei Fälle giebt es, Jīvako, wo ich sage, Fleisch ist nicht zu nehmen: besehn, gehört, vermuthet. Das sind, Jīvako, die drei Fälle, wo ich sage, Fleisch ist nicht zu nehmen. Drei Fälle giebt es, Jīvako, wo ich sage, Fleisch ist zu nehmen: unbesehn, ungehört, unvermuthet. Das sind, Jīvako, die drei Fälle, wo ich sage, Fleisch ist zu nehmen.

»Da lebt, Jīvako, ein Mönch in der Umgebung eines Dorfes oder einer Stadt. Liebevollen Gemüthes weilend strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Und es sucht ihn ein Hausvater auf, oder der Sohn eines Hausvaters, und bittet ihn, am nächsten Tage bei ihm zu speisen. Mag eben der Mönch es, Jīvako, annehmen, so sagt er zu. Und am nächsten Morgen, zeitig gerüstet, nimmt er Mantel und Schaale und begiebt sich dorthin wo jener Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, wohnt. Dort angekommen nimmt er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und es bedient ihn der Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, mit ausgewählter Almosenspeise. Da denkt er nicht: ›Schön, wahrlich, ist es von diesem Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, mich mit ausgewählter [S. 51]Almosenspeise zu bewirthen: ach wenn mich doch dieser Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, auch fernerhin mit ebensolcher ausgewählter Almosenspeise bewirthen möchte!‹: also etwa denkt er nicht. Er nimmt diese Almosenbissen unverlockt, unverblendet, nicht hingerissen, das Elend sehend, der Entrinnung eingedenk, ein. Was meinst du wohl, Hausvater: hat etwa da der Mönch bei dieser Gelegenheit eigene Verletzung im Sinne, oder hat er anderer Verletzung im Sinne, oder hat er beider Verletzung im Sinne?«

»Das nicht, o Herr!«

»Nimmt also, Jīvako, nicht der Mönch bei dieser Gelegenheit eben untadelhafte Nahrung ein?«

»Allerdings, o Herr! — Reden hab’ ich gehört, o Herr: ›Brahmā ist liebevoll.‹ Dafür hab’ ich, o Herr, den Erhabenen bürgen sehn: denn der Erhabene, o Herr, ist liebevoll.«

{370}»Jene Gier, Jīvako, jener Hass, jener Wahn, wo Verderben in den Sinn käme, solche Gier, solcher Hass, solcher Wahn ist vom Vollendeten verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, ausgerodet worden, kann sich ferner nicht mehr entwickeln. Wenn deine Worte, Jīvako, das gemeint haben, geb’ ich es dir zu.«

»Eben das, freilich, o Herr, haben meine Worte gemeint.«

»Da lebt, Jīvako, ein Mönch in der Umgebung eines Dorfes oder einer Stadt. Erbarmenden Gemüthes, freudevollen Gemüthes, unbewegten Gemüthes weilend strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach[S. 52] oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Und es sucht ihn ein Hausvater auf, oder der Sohn eines Hausvaters, und bittet ihn, am nächsten Tage bei ihm zu speisen. Mag eben der Mönch es, Jīvako, annehmen, so sagt er zu. Und am nächsten Morgen, zeitig gerüstet, nimmt er Mantel und Schaale und begiebt sich dorthin wo jener Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, wohnt. Dort angekommen nimmt er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und es bedient ihn der Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, mit ausgewählter Almosenspeise. Da denkt er nicht: ›Schön, wahrlich, ist es von diesem Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, mich mit ausgewählter Almosenspeise zu bewirthen: ach wenn mich doch dieser Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, auch fernerhin mit ebensolcher ausgewählter Almosenspeise bewirthen möchte!‹: also etwa denkt er nicht. Er nimmt diese Almosenbissen unverlockt, unverblendet, nicht hingerissen, das Elend sehend, der Entrinnung eingedenk, ein. Was meinst du wohl, Hausvater: hat etwa da der Mönch bei dieser Gelegenheit eigene Verletzung im Sinne, oder hat er anderer Verletzung im Sinne, oder hat er beider Verletzung im Sinne?«

»Das nicht, o Herr!«

»Nimmt also, Jīvako, nicht der Mönch bei dieser Gelegenheit eben untadelhafte Nahrung ein?«

»Allerdings, o Herr! — Reden hab’ ich gehört, o Herr: ›Brahmā ist unbewegt.‹ Dafür hab’ ich, o Herr,[S. 53] den Erhabenen bürgen sehn: denn der Erhabene, o Herr, ist unbewegt.«

»Jene Gier, Jīvako, jener Hass, jener Wahn, wo Wuth, wo Unlust, wo Widerstreit in den Sinn käme, solche Gier, solcher Hass, solcher Wahn ist vom Vollendeten verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, ausgerodet worden, kann sich ferner nicht mehr entwickeln. Wenn deine Worte, Jīvako, das gemeint haben, geb’ ich es dir zu.«

{371}»Eben das, freilich, o Herr, haben meine Worte gemeint.«

»Wer da, Jīvako, um des Vollendeten oder Vollendeten Jüngers willen das Leben raubt, der erwirbt zu fünf Malen schwere Schuld. Weil er da also befiehlt: ›Geht hin und bringt jenes Thier dort herbei!‹, darum erwirbt er zum ersten Mal schwere Schuld. Weil dann das Thier, zitternd und zagend herbeigeführt, Schmerz und Quaal empfindet, darum erwirbt er zum zweiten Mal schwere Schuld. Weil er dann spricht: ›Geht hin und tödtet dieses Thier!‹, darum erwirbt er zum dritten Mal schwere Schuld. Weil dann das Thier im Tode Schmerz und Quaal empfindet, darum erwirbt er zum vierten Mal schwere Schuld. Weil er dann den Vollendeten oder des Vollendeten Jünger ungebührend laben lässt, darum erwirbt er zum fünften Mal schwere Schuld. Wer da, Jīvako, um des Vollendeten oder Vollendeten Jüngers willen das Leben raubt, der erwirbt zu diesen fünf Malen schwere Schuld.«

Nach diesen Worten sprach Jīvako der Hofarzt also zum Erhabenen:

[S. 54]

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr! Gebührende Nahrung, wahrlich, o Herr, nehmen die Mönche ein, untadelhafte Nahrung, wahrlich, o Herr, nehmen die Mönche ein. — Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[14]


56.

Sechster Theil

Sechste Rede

UPĀLI

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Nāḷandā, im Mangohaine Pāvārikos. Um diese Zeit nun hielt sich der Freie Bruder Nāthaputto[15] bei Nāḷandā auf, mit einer großen Schaar Freier Brüder.

Da begab sich nun Dīghatapassī, ein Freier Bruder, nach Nāḷandā um Almosenspeise, kehrte wieder zurück, nahm das Mahl ein, und suchte dann den Mangohain Pāvārikos auf, ging dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, {372}denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts hin. Und an Dīghatapassī den Freien Bruder, der seitwärts stand, wandte sich der Erhabene also:

»Es sind hier, Tapassī, Sitze bereit: wenn du willst setze dich.«

Also angeredet nahm Dīghatapassī der Freie Bruder einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich[S. 55] beiseite nieder. Und zu Dīghatapassī dem Freien Bruder, der beiseite saß, sprach der Erhabene also:

»Wieviel Arten, Tapassī, von Thaten giebt wohl der Freie Bruder Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Nicht steht es, Bruder Gotamo, dem Freien Bruder Nāthaputto an, eine Handlung schlechthin als That zu bezeichnen: als Streich schlechthin, Bruder Gotamo, steht es dem Freien Bruder Nāthaputto an, eine Handlung zu bezeichnen.«

»Wieviel Arten, Tapassī, von Streichen giebt also der Freie Bruder Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Drei Arten, Bruder Gotamo, von Streichen giebt der Freie Bruder Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: nämlich Streiche in Werken, Streiche in Worten, Streiche in Gedanken.«

»Wie denn, Tapassī: sind Streiche in Werken Eines, und Streiche in Worten ein Anderes, und Streiche in Gedanken wieder ein Anderes?«

»Eines, Bruder Gotamo, sind Streiche in Werken, und ein Anderes Streiche in Worten, und wieder ein Anderes Streiche in Gedanken.«[16]

»Welche dieser drei Arten aber, Tapassī, von Streichen, die also eingetheilt, also unterschieden werden, giebt der Freie Bruder Nāthaputto als übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: die Streiche in Werken, oder die Streiche in Worten, oder die Streiche in Gedanken?«

»Von diesen drei Arten, Bruder Gotamo, der Streiche, die also eingetheilt, also unterschieden werden, giebt der[S. 56] Freie Bruder Nāthaputto die Streiche in Werken als übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: nicht so sehr die Streiche in Worten, nicht so sehr die Streiche in Gedanken.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

Also ließ da der Erhabene Dīghatapassī den Freien Bruder diese Frage des Gesprächs dreimal bestimmt beantworten. Und {373} nun wandte sich Dīghatapassī der Freie Bruder an den Erhabenen und fragte:

»Du aber, Bruder Gotamo: wieviel Arten von Streichen giebst du als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Nicht steht es, Tapassī, dem Vollendeten an, eine Handlung schlechthin als Streich zu bezeichnen: als That schlechthin, Tapassī, steht es dem Vollendeten an, eine Handlung zu bezeichnen.«

»Wieviel Arten, Bruder Gotamo, von Thaten giebst du also als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Drei Arten, Tapassī, von Thaten gebe ich als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: nämlich Thaten in Werken, Thaten in Worten, Thaten in Gedanken.«

»Wie denn, Bruder Gotamo: sind Thaten in Werken Eines, und Thaten in Worten ein Anderes, und Thaten in Gedanken wieder ein Anderes?«

[S. 57]

»Eines, Tapassī, sind Thaten in Werken, und ein Anderes Thaten in Worten, und wieder ein Anderes Thaten in Gedanken.«

»Welche dieser drei Arten aber, Bruder Gotamo, von Thaten, die also eingetheilt, also unterschieden werden, giebst du als übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: die Thaten in Werken, oder die Thaten in Worten, oder die Thaten in Gedanken?«

»Von diesen drei Arten, Tapassī, der Thaten, die also eingetheilt, also unterschieden werden, gebe ich die Thaten in Gedanken als übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: nicht so sehr die Thaten in Werken, nicht so sehr die Thaten in Worten.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

Also ließ da Dīghatapassī der Freie Bruder den Erhabenen diese Frage des Gesprächs dreimal bestimmt beantworten. Dann stand er von seinem Stuhle auf und begab sich zu Nāthaputto dem Freien Bruder.

Zu dieser Zeit nun saß der Freie Bruder Nāthaputto inmitten einer großen Schaar von Hausleuten, die ihm thöricht zugethan waren, Upāli zuvörderst. Und der Freie Bruder Nāthaputto sah Dīghatapassī den Freien Bruder von ferne herankommen, und als er ihn gesehn rief er ihm zu:

»Ei, wo kommst du denn her, Tapassī, so zeitig am Nachmittag?«

[S. 58]

»Von dort, o Herr, vom Asketen Gotamo komme ich.«

»Hast du wohl, Tapassī, mit dem Asketen Gotamo irgend eine Unterredung gehabt?«

»Allerdings hab’ ich, o Herr, mit dem Asketen Gotamo {374} eine Unterredung gehabt.«

»Was war denn das, Tapassī, für eine Unterredung, die du mit dem Asketen Gotamo gehabt hast?«

Da berichtete nun Dīghatapassī der Freie Bruder Wort für Wort das ganze Gespräch, das er mit dem Erhabenen geführt hatte, dem Freien Bruder Nāthaputto. Hierauf sprach der Freie Bruder Nāthaputto also zu Dīghatapassī dem Freien Bruder:

»Gut, gut, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger, der des Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da Tapassī der Freie Bruder dem Asketen Gotamo Bescheid gegeben. Was gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

Auf diese Worte wandte sich Upāli der Hausvater also an den Freien Bruder Nāthaputto:

»Gut, gut ist, o Herr, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger, der des Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da der erlauchte Tapassī dem Asketen Gotamo Bescheid gegeben. Was gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so[S. 59] sehr der Gedankenstreich. Wohlan, o Herr, auch ich will gehn und den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort nehmen. Wenn mir da der Asket Gotamo ebenso entgegentritt, wie er dem erlauchten Tapassī entgegengetreten ist, so werde ich den Asketen Gotamo, gleichwie etwa ein starker Mann einen langhaarigen Widder bei den Haaren ergreifen, heranziehn, herumziehn, rings herumziehn mag, mit der Rede heranziehn, herumziehn, rings herumziehn; oder gleichwie etwa der starke Knecht eines Branntweinbrenners das große Filtriergeflecht in einen tiefen Wasserpfuhl werfen, am einen Ende festhalten, heranziehn, herumziehn, rings herumziehn mag, so werde auch ich den Asketen Gotamo mit der Rede heranziehn, herumziehn, rings herumziehn; oder gleichwie etwa ein rüstiger Branntweinsäuberer das Destilliersieb am Henkel packen, hinschwenken, herschwenken, ausseihen mag, so werde auch ich den Asketen Gotamo mit der Rede hinschwenken, herschwenken, ausseihen; oder {375} gleichwie etwa ein sechzigjähriger Elephant in einen tiefen Lotusweiher steigt und ein sogenanntes Spritzbad zur Erholung vornimmt, so gedenke auch ich mit dem Asketen Gotamo eine Art Spritzbad zur Erholung vorzunehmen. Wohlan, o Herr, auch ich will gehn und den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort nehmen.«

»Gehe du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der den Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der Freie Bruder, sei es du.«

Auf diese Worte des Freien Bruders Nāthaputto erwiderte Dīghatapassī der Freie Bruder:

[S. 60]

»Das gefällt mir wahrlich nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der Asket Gotamo, o Herr, ist listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehre: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehre. Gehe du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der den Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der Freie Bruder, sei es du.«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Dīghatapassī der Freie Bruder also zum Freien Bruder Nāthaputto:

»Es gefällt mir durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Der Asket Gotamo, o Herr, ist ja listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehre: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehre. Gehe du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der den Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der Freie Bruder, sei es du.«

[S. 61]

»Recht so, Herr!« entgegnete da Upāli der Hausvater dem Freien Bruder Nāthaputto. Dann stand er von seinem Stuhle auf, begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich nach dem Mangohaine Pāvārikos, dorthin {376} wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend wandte sich nun Upāli der Hausvater also an den Erhabenen:

»Ist wohl, o Herr, Dīghatapassī der Freie Bruder hiergewesen?«

»Hiergewesen ist, Hausvater, Dīghatapassī der Freie Bruder.«

»Und hast du, o Herr, mit Dīghatapassī dem Freien Bruder ein Gespräch geführt?«

»Ich habe, Hausvater, mit Dīghatapassī dem Freien Bruder ein Gespräch geführt.«

»Und was war das, o Herr, für ein Gespräch, das du mit Dīghatapassī dem Freien Bruder geführt hast?«

Da berichtete nun der Erhabene dem Hausvater Upāli Wort für Wort das ganze Gespräch mit Dīghatapassī dem Freien Bruder. Also berichtet erwiderte Upāli der Hausvater dem Erhabenen:

»Gut, gut ist, o Herr, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger, der des Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da Dīghatapassī der Freie Bruder dem Erhabenen Bescheid gegeben. Was gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu [S. 62]begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Wenn du dich, Hausvater, bei der Rede an die Wahrheit halten willst, so mag da unter uns ein Gespräch statthaben.«

»An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch statthaben!«

»Was meinst du wohl, Hausvater: es sei da ein Freier Bruder, der unwohl, leidend, schwerkrank ist und frisches Wasser abweist, nur warmes Wasser gebraucht[17]; und weil er kein frisches Wasser erhielte stürbe er. Wo aber, Hausvater, sagt da der Freie Bruder Nāthaputto, erscheine ein solcher wieder?«

»Es giebt, o Herr, Götter, die heißen ›gedankenhaft‹: da erscheint ein solcher wieder.«

»Und warum das?«

»Weil er ja, o Herr, gedankenergeben gestorben ist.«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater, antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du, Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch statthaben!‹«

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: es sei da ein Freier {377} Bruder, vierfach gezügelt in fester Zucht, der sich[S. 63] jeden Born verbietet, jeden Born verwehrt, jeden Born verweist, jeden Born versagt; und während er kommt und geht tritt er da viele kleine Wesen zutode. Was aber, Hausvater, sagt da der Freie Bruder Nāthaputto, sei die Folge davon?«

»Was ohne Absicht geschieht, o Herr, sagt der Freie Bruder Nāthaputto, ist nicht so sehr von Uebel.«

»Wenn es aber, Hausvater, mit Absicht geschieht?«

»Dann, o Herr, ist es sehr von Uebel.«

»Die Absicht aber, Hausvater, giebt der Freie Bruder Nāthaputto als was an?«

»Als Gedankenstreich, o Herr!«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater, antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du, Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch statthaben!‹«

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: dieses Nāḷandā blüht und gedeiht, ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt?«

»Gewiss, o Herr: dieses Nāḷandā blüht und gedeiht, ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da ein Mann herankäme, mit einem gezückten Schwerdte in der Hand, und spräche also: ›Ich werde was es auch an [S. 64]Lebendigen hier in Nāḷandā giebt in einem Augenblick, in einem Nu zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei machen‹; was meinst du wohl, Hausvater: vermöchte nun etwa dieser Mann was es auch an Lebendigen hier in Nāḷandā giebt in einem Augenblick, in einem Nu zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei zu machen?«

»Selbst zehn Mann, o Herr, selbst zwanzig Mann, selbst dreißig Mann, selbst vierzig Mann, selbst fünfzig Mann reichten nicht hin was es hier in Nāḷandā an Lebendigen giebt in einem Augenblick, in einem Nu zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei zu machen: was gälte da nur ein erbärmlicher Mann?«

»Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da ein Asket oder ein Priester herankäme, machtbegabt, geistesgewaltig, und spräche also: ›Ich werde dieses Nāḷandā mit einem einzigen Zorngedanken zu Asche machen‹; was meinst du wohl, Hausvater: vermöchte nun etwa ein solcher Asket oder Priester dieses Nāḷandā mit einem einzigen Zorngedanken zu Asche zu machen?«

»Selbst zehn Nāḷandā, o Herr, selbst zwanzig Nāḷandā, {378} selbst dreißig Nāḷandā, selbst vierzig Nāḷandā, selbst fünfzig Nāḷandā vermöchte ein solcher Asket oder Priester mit einem einzigen Zorngedanken zu Asche zu machen: was gälte da nur ein erbärmliches Nāḷandā?«[18]

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater, antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du, Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch statthaben!‹«

[S. 65]

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: hast du reden hören: ›Der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der Mātaṉger-Wald ist öder Urwald geworden‹?«

»Gewiss, o Herr: ich habe reden hören: ›Der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der Mātaṉger-Wald ist öder Urwald geworden.‹«

»Was meinst du wohl, Hausvater: hast du vielleicht reden hören, wodurch der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der Mātaṉger-Wald öder Urwald geworden ist?«

»Ich habe reden hören, o Herr: ›Durch der Seher Zorngedanken ist der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der Mātaṉger-Wald öder Urwald geworden‹.«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater, antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du, Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch statthaben!‹«

»Schon durch das erste Gleichniss, o Herr, hat mich der Erhabene zufrieden und froh gemacht: aber ich wollte noch diese reichlichen Fragen und Erklärungen vom Erhabenen hören; und so dacht’ ich mir, ich dürfte[S. 66] dem Erhabenen Gegenrede geben.[19] — Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre von vielen Seiten beleuchtet. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, {379} bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Ueberleg’ es dir, Hausvater, gehörig: Ueberlegung ist bei wohlbekannten Leuten euersgleichen rathsam.«[20]

»Dadurch hat mich, o Herr, der Erhabene nur noch viel mehr zufrieden und froh gemacht, dass der Erhabene also zu mir spricht: ›Ueberleg’ es dir, Hausvater, gehörig: Ueberlegung ist bei wohlbekannten Leuten euersgleichen rathsam.‹ Denn als mich, o Herr, die anderen Asketen zum Jünger gewonnen, da mochten sie mich in ganz Nāḷandā als Fahne herumtragen: ›Upāli der Hausvater hat sich zu unserem Jüngerthum bekehrt!‹ Doch der Erhabene spricht nun also zu mir: ›Ueberleg’ es dir, Hausvater, gehörig: Ueberlegung ist bei wohlbekannten Leuten euersgleichen rathsam.‹ Und so nehm’ ich denn, o Herr, zum zweiten Mal beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Lange Zeit ist, Hausvater, dein Thor den Freien Brüdern gastlich offen gewesen, so dass du ihrer, die um Almosen zu dir kommen, milde gedenken mögst.«

»Auch dadurch hat mich, o Herr, der Erhabene noch[S. 67] viel mehr zufrieden und froh gemacht, dass der Erhabene also zu mir spricht: ›Lange Zeit ist, Hausvater, dein Thor den Freien Brüdern gastlich offen gewesen, so dass du ihrer, die um Almosen zu dir kommen, milde gedenken mögst.‹ Ich habe mir sagen lassen, o Herr: ›Der Asket Gotamo spricht also: ‚Mir nur ist Gabe darzubringen, nicht den anderen; nur meinen Jüngern ist Gabe darzubringen, nicht den Jüngern anderer; nur die mir dargebrachte Gabe lässt hohen Lohn erlangen, nicht die den anderen dargebrachte Gabe; nur die meinen Jüngern dargebrachte Gabe lässt hohen Lohn erlangen, nicht die den Jüngern anderer dargebrachte Gabe.‘‹ Doch der Erhabene ermahnt mich nun, auch den Freien Brüdern Gabe zu geben. Gewiss, o Herr: wir werden da schon der Zeit achthaben. Und so nehm’ ich denn, o Herr, zum dritten Mal beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

Da hat denn der Erhabene Upāli den Hausvater allmälig in das Gespräch eingeführt, sprach erst mit ihm vom Geben, von der Tugend, von säliger Welt, machte des Begehrens Elend, Ungemach, Trübsal, und der Entsagung Vorzüglichkeit offenbar. Als der Erhabene merkte, {380} dass Upāli der Hausvater im Herzen bereitsam, geschmeidig, unbehindert, aufgerichtet, heiter geworden war, da gab er die Darlegung jener Lehre, die den Erwachten eigenthümlich ist: das Leiden, die Entwicklung, die Auflösung, den Weg.

Gleichwie etwa ein reines Kleid, von Flecken gesäubert, vollkommen die Färbung annehmen mag, [S. 68]ebenso auch ging da Upāli dem Hausvater, während er noch da saß, das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

›Was irgend auch entstanden ist
Muss alles wieder untergehn.‹

Und Upāli der Hausvater, der die Wahrheit gesehn, die Wahrheit gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet hatte, zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiß, auf keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte sich nun an den Erhabenen also:

»Wohlan denn, jetzt, o Herr, wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Hausvater, belieben mag.«

Und Upāli der Hausvater, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand auf von seinem Stuhle, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich nach Hause. Zu Hause angekommen befahl er dem Pförtner:

»Von heute an, guter Pförtner, ist meine Pforte den Freien Brüdern und Freien Schwestern verschlossen: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen, den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen.[21] Wenn da ein Freier Bruder herankommt, so hast du einem solchen zu sagen: ›Bleibe, o Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt. Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen, den Mönchen und Nonnen, den [S. 69]Anhängern und Anhängerinen. Wenn du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es dir hierher bringen.‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli dem Hausvater.

Es hörte nun Dīghatapassī der Freie Bruder das Gerede: ›Upāli, sagt man, der Hausvater, soll sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt haben!‹ Und Dīghatapassī der Freie Bruder begab sich zum Freien Bruder Nāthaputto und sprach also zu ihm:

»Das Gerücht, o Herr, ist mir zu Ohren gekommen, Upāli der Hausvater habe sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

{381} Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Dīghatapassī der Freie Bruder zum Freien Bruder Nāthaputto also:

»Das Gerücht, o Herr, ist mir zu Ohren gekommen, Upāli der Hausvater habe sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

»So will ich denn hingehn, o Herr, um zu erfahren,[S. 70] ob sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt oder nicht bekehrt hat.«

»Gehe hin, Tapassī, und überzeuge dich, ob sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt oder nicht bekehrt hat.«

Und Dīghatapassī der Freie Bruder machte sich nun auf den Weg zur Wohnung des Hausvaters Upāli. Es sah aber der Pförtner Dīghatapassī den Freien Bruder von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Bleibe, o Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt. Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen, den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen. Wenn du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es dir hierher bringen.«

»Ich brauche, o Freund, kein Almosen« sagte er, kehrte um, begab sich zum Freien Bruder Nāthaputto zurück und sprach also zu ihm:

»Wahr ist es wirklich, o Herr, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt hat. Und du hast es mir, o Herr, nicht zugestanden, als ich sagte: ›Es gefällt mir durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der Asket Gotamo, o Herr, ist listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.‹ Und weggelockt ist dir, o Herr, Upāli der Hausvater worden vom Asketen Gotamo durch verlockende List!«

[S. 71]

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Dīghatapassī der Freie Bruder zum Freien Bruder Nāthaputto also:

»Es ist wirklich wahr, o Herr: Upāli der Hausvater hat sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt. {382} Und du hast es mir, o Herr, nicht zugestanden, als ich sagte: ›Es gefällt mir durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der Asket Gotamo, o Herr, ist listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.‹ Und weggelockt ist dir, o Herr, Upāli der Hausvater worden vom Asketen Gotamo durch verlockende List!«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe. So will ich denn hingehn, Tapassī, und mich selbst überzeugen, ob sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt oder nicht bekehrt hat.«

Und der Freie Bruder Nāthaputto zog nun in Begleitung einer großen Schaar Freier Brüder zur Wohnung des Hausvaters Upāli hin. Und es sah der Pförtner den Freien Bruder Nāthaputto von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

[S. 72]

»Bleibe, o Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt. Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen, den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen. Wenn du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es dir hierher bringen.«

»Wohlan denn, guter Pförtner, geh’ zu Upāli dem Hausvater und melde ihm: ›Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto steht mit einer großen Schaar Freier Brüder vor dem Thore draußen: er möchte dich sehn.‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner dem Freien Bruder Nāthaputto; und er ging zu Upāli dem Hausvater und meldete ihm:

»Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto steht mit einer großen Schaar Freier Brüder vor dem Thore draußen: er möchte dich sehn.«

»So stelle denn, guter Pförtner, in der mittleren Thorhalle die Stühle zurecht.«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli dem Hausvater; und er stellte in der mittleren Thorhalle die Stühle zurecht, und ging dann zu Upāli dem Hausvater und meldete ihm:

»Zurechtgestellt, o Herr, sind dir in der mittleren Thorhalle die Stühle, wie es dir beliebt.«

{383}Und Upāli der Hausvater trat nun in die mittlere Thorhalle ein, nahm dort auf dem ersten und besten, höchsten und vornehmsten Sitze Platz, und befahl dann dem Pförtner:

[S. 73]

»So geh’ denn, guter Pförtner, zum Freien Bruder Nāthaputto und melde ihm: ›Upāli, Herr, der Hausvater, lässt sagen: ‚Wolle nähertreten, o Herr, wenn es dir genehm ist.‘‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli dem Hausvater; und er ging zum Freien Bruder Nāthaputto und meldete ihm: ›Upāli, Herr, der Hausvater, lässt sagen: ‚Wolle nähertreten, o Herr, wenn es dir genehm ist.‘‹

Und der Freie Bruder Nāthaputto trat nun mit seiner großen Schaar Freier Brüder in die mittlere Thorhalle ein. Und Upāli der Hausvater, der da früher, sobald er den Freien Bruder Nāthaputto von ferne herankommen sehn, ihm alsbald entgegengegangen und den ersten und besten, höchsten und vornehmsten Sitz dort eingeräumt, mit dem Mantel abgestäubt und angeboten hatte, der saß nun selbst dort auf dem ersten und besten, höchsten und vornehmsten Sitze; und er sprach also zum Freien Bruder Nāthaputto:

»Es sind hier, o Herr, Sitze bereit: wenn du willst setze dich.«

Also angesprochen entgegnete der Freie Bruder Nāthaputto Upāli dem Hausvater:

»Von Sinnen bist du, Hausvater, verloren hast du, Hausvater! Du hast ja gesagt: ›Hingehn will ich, o Herr, und den Asketen Gotamo beim Wort nehmen‹, und bist ausgezogen und mit einer gewaltigen Niederlage deiner Redekunst heimgekehrt. Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann auszöge, Hoden auszureißen, und mit ausgerissenen Hoden heimkehrte; oder gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann auszöge, Augen auszureißen, und[S. 74] mit ausgerissenen Augen heimkehrte: ebenso nun auch, Hausvater, hast du gesagt: ›Hingehn will ich, o Herr, und den Asketen Gotamo beim Wort nehmen‹, und bist ausgezogen und mit einer gewaltigen Niederlage deiner Redekunst heimgekehrt. Weggelockt worden bist du nun, Hausvater, vom Asketen Gotamo durch verlockende List.«

»Beglückend, o Herr, ist diese verlockende List, besäligend, o Herr, ist diese verlockende List! Wenn sich, o Herr, meine lieben Leute und Hausgenossen durch solche Verlockung verleiten ließen, so würd’ es auch meinen lieben Leuten und Hausgenossen lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Wenn sich auch, o Herr, alle Adeligen durch solche Verlockung verleiten ließen, so würd’ es einem jeden von ihnen lange zum Wohle, zum Heile gereichen. {384} Wenn sich auch, o Herr, alle Priester und alle Bürger und alle Diener durch solche Verlockung verleiten ließen, so würd’ es einem jeden von ihnen lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Wenn sich auch, o Herr, die Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen durch solche Verlockung verleiten ließe, so würd’ es auch der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Und so will ich dir nun, o Herr, ein Gleichniss geben: auch durch Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn einer Rede klar.

»Es war einmal, o Herr, ein Brāhmane, der war alt und greis und hochbetagt, und hatte eine junge [S. 75]Brāhmanin zur Frau, die war schwanger, der Entbindung nahe. Und diese Brāhmanin, o Herr, sprach also zu ihrem Gemahl: ›Gehe, Brāhmane, auf den Markt, kaufe einen jungen Affen und bring’ ihn heim, auf dass er meinem Knäblein ein Spielgenosse werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte der Brāhmane seiner Gemahlin: ›Warte so lange, liebe Frau, bis du geboren hast: wenn du, liebe Frau, ein Knäblein gebären wirst, so werd’ ich auf den Markt gehn und dir einen jungen Affen kaufen und heimbringen, auf dass er deinem Knäblein ein Spielgenosse werde; wenn du aber, liebe Frau, ein Mägdlein gebären wirst, so werd’ ich auf den Markt gehn und dir eine junge Aeffin kaufen und heimbringen, auf dass sie deinem Mägdlein eine Spielgenossin werde.‹ Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal, o Herr, sprach die Brāhmanin also zu ihrem Gemahl. Da ging nun endlich, o Herr, der Brāhmane, der seine Gemahlin sehr liebte, ihr innig zugethan war, auf den Markt, kaufte einen jungen Affen, brachte ihn heim und sprach also zu seiner Gemahlin: {385} ›Da hast du, liebe Frau, den jungen Affen: ich hab’ ihn am Markte gekauft und dir nun heimgebracht, auf dass er deinem Knäblein ein Spielgenosse werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte die Brāhmanin ihrem Gemahle: ›Gehe, Brāhmane, mit diesem jungen Affen zu Rattapāṇi dem Färber und sag’ ihm: ‚Ich wünsche, guter Rattapāṇi, dass dieser junge Affe mit gelber Farbe gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf beiden Seiten geglättet werde.‘ Und der Brāhmane, o Herr, der seine Gemahlin sehr liebte, ihr innig zugethan war, ging nun zu Rattapāṇi dem Färber und sprach also zu ihm: ›Ich wünsche, guter Rattapāṇi, dass dieser junge[S. 76] Affe mit gelber Farbe gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf beiden Seiten geglättet werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte Rattapāṇi der Färber dem Brāhmanen: ›Dieser junge Affe, o Herr, nimmt dir wohl Farbe an, aber lässt sich nicht aufwalzen, lässt sich nicht glatt machen.‹ Ebenso nun auch, o Herr, nimmt der thörigen Freien Brüder Rede wohl Farbe an, für Thoren, nicht für Weise, aber lässt sich nicht zurichten, lässt sich nicht glatt machen. — Und jener Brāhmane, o Herr, ging nun ein anderes Mal mit einem neuen Stück Tuch zu Rattapāṇi dem Färber und sprach also zu ihm: ›Ich wünsche, guter Rattapāṇi, dass dieses neue Stück Tuch mit gelber Farbe gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf beiden Seiten geglättet werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte Rattapāṇi der Färber dem Brāhmanen: ›Dieses neue Stück Tuch, o Herr, das nimmt dir Farbe an und lässt sich aufwalzen und lässt sich glatt machen.‹ Ebenso nun auch, o Herr, nimmt des Erhabenen Rede, des Heiligen, vollkommen Erwachten, Farbe an, für Weise, nicht für Thoren, und lässt sich zurichten und lässt sich glatt machen.«

»Der König, o Hausvater, und das Hofgesinde weiß von dir: ›Upāli der Hausvater ist ein Jünger des Freien Bruders Nāthaputto‹; für wessen Jünger, Hausvater, sollen wir dich halten?«

Also befragt erhob sich Upāli der Hausvater von seinem Sitze, entblößte die eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach der Richtung {386} wo der Erhabene weilte, und gab nun dem Freien Bruder Nāthaputto diese Antwort:

»So vernimm denn, o Herr, wessen Jünger ich bin.

[S. 77]

»Des Weisen, den kein Wahn bethört,
Kein Unmuth ankommt und kein Sieg versucht,
Kein Uebel peinigt, keine Regung reizt,
Gereifte Tugend, rechter Witz beräth,
Erhaben über alle Welt kein Flecken fleckt:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Frohen, der da nimmer fragt,
Zufrieden, weltgenussgenesen weilt,
Asketenkunst gemeistert hat als Mensch,
Den letzten Leib als Mann zu Ende trägt,
Erhaben ohnegleichen heiter glänzt:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Kühnen, der kein Zagen kennt,
Gewisser Führer, bester Lenker ist,
So lieblich, wie kein Zweiter Wahrheit lehrt,
Von Sehnsucht lauter, hell wie Sonnenlicht,
Erhaben ohne Hoffart, heldensam:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Aechten, der alleinig west[22]
Und unermesslich tief Gedanken denkt,
Gar wohl uns rathen, helfen kann,
In rechter Ordnung unverstörbar steht,
Erhaben kehrt aus Fesseln frei hervor:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Großen, der entfremdet lebt,
Von jedem Band entbunden, freigelöst,
Besonnen keinem Frohne fröhnt,
Und ohne Absicht, ohne Wunscheshang
Erhaben abgewendet in sich ruht:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
[S. 78]
»Des hehrsten Sehers, der uns taugt,
Vollendet heilig, dreifach aufgeklärt,
Gewitzigt, weil das Wort er weiß.
Beschwichtigt, weil den Sinn er sieht,
Erhaben, wie der Götterkönig hold:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Wackern, der sich selbst bewacht,
Getreu im Tritte, gern uns Kunde giebt,
Der in sich schaut und um sich schaut,
Geneigt ist keinem, keinem abgeneigt,
Erhaben herzensmächtig, unbewegt:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Fürsten, der da Schauung übt,
Unhemmbar abgeschieden, rein entrückt,
Enthaftet keine Furcht erfährt[23],
Entwesen ledig, bis zum letzten Ziel,
Erhaben und errettet Retter ist:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Sanften, der da reichlich weiß,
Gewaltig weiß, und keiner Sucht begehrt,
Vollkommen hier, willkommen hier,
Nicht einem ebenbürtig, ebenbild,
Erhaben weit hinausblickt, fein versteht:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.
»Des Wachen, den kein Durst mehr quält,
Kein Rauch umdüstert, nimmer Nebel netzt,
Des Geistes, den das Opfer ehrt,
Der wie kein andrer herrlich ragt empor,
Erhaben Erstgerühmter, riesenhoch:
Ja, dessen Jünger, der bin ich.«

[S. 79]

»Wann hast du dir nur, Hausvater, diese Lobpreisungen des Asketen Gotamo zusammengesucht?«

»Gleichwie etwa, o Herr, wenn da ein großer Haufe verschiedener Blumen läge, {387} und es bände ihn ein geschickter Gärtner oder Gärtnergeselle zu einem bunten Strauße zusammen, ebenso nun auch, o Herr, eignet Ihm, dem Erhabenen, vielfaches Lob, vielhundertfaches Lob: und wer wird, o Herr, einen, der Lob verdient, nicht loben?«

Aber dem Freien Bruder Nāthaputto, der des Erhabenen Ehrung nicht länger zu ertragen vermochte, quoll da warmes Blut aus dem Munde hervor.[24]


57.

Sechster Theil

Siebente Rede

DER HUNDELEHRLING

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Koḷiyer, zu Haliddavasanam, einer Burg im Koḷiyergebiete.

Da nun begab sich der Koḷiyer Puṇṇo, ein Kuhlehrling, und Seniyo der Unbekleidete, ein Hundelehrling, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder; während Seniyo der Unbekleidete, der Hundelehrling, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte[S. 80] wechselte und sich dann wie ein Hund eingerollt seitwärts hinsetzte.

Seitwärts sitzend sprach nun der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Unbekleidete, o Herr, Seniyo der Hundelehrling, übt schwere Buße: auf die Erde geworfene Nahrung nimmt er zu sich. Er hat das Hundegelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

»Genug, Puṇṇo, lass es gut sein, frage mich das nicht!«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Unbekleidete, o Herr, Seniyo der Hundelehrling, übt schwere Buße: auf die Erde geworfene Nahrung nimmt er zu sich. Er hat das Hundegelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

»Wohlan denn, Puṇṇo, du giebst mir nicht nach: genug, Puṇṇo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht; so will ich dir nun Rede stehn. Da verwirklicht, Puṇṇo, einer das Hundegelübde, kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht die Hundegewohnheit, kommt ihr ganz und gar nach, verwirklicht das Hundegemüth, kommt ihm ganz und gar nach, {388} verwirklicht das Hundegehaben, kommt ihm ganz und gar nach. Und hat er das Hundegelübde verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er die Hundegewohnheit verwirklicht, ist ihr ganz und gar nachgekommen, hat er das Hundegemüth verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er das Hundegehaben verwirklicht, ist ihm ganz und gar[S. 81] nachgekommen, so gelangt er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, unter Hunden wieder zum Dasein. Wenn er aber die Meinung hegt: ›Durch diese Uebungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung werd’ ich ein Gott werden oder ein Göttlicher!‹, so ist es eine falsche Meinung. Und seine falsche Meinung, sag’ ich, Puṇṇo, lässt ihn nach der einen oder nach der anderen Seite gelangen: in höllische Welt oder in thierischen Schooß. So führt also, Puṇṇo, das Hundegelübde, wenn es gelingt, zu den Hunden hin, und wenn es misslingt, in höllische Welt.«

Auf diese Worte brach Seniyo der Unbekleidete, der Hundelehrling, in Wehklagen und Thränen aus. Und der Erhabene sprach nun zum Koḷiyer Puṇṇo, dem Kuhlehrling, also:

»Du hast mir ja, Puṇṇo, nicht nachgeben wollen: genug, Puṇṇo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

»Nicht klage ich, o Herr, weil der Erhabene solches über mich ausgesagt hat, sondern weil ich, o Herr, dieses Hundegelübte lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt habe! — Dieser Koḷiyer Puṇṇo, o Herr, der Kuhlehrling, hat das Kuhgelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

»Genug, Seniyo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Seniyo der Unbekleidete, der Hundelehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Koḷiyer Puṇṇo, o Herr, der Kuhlehrling, hat das Kuhgelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

[S. 82]

»Wohlan denn, Seniyo, du giebst mir nicht nach: genug, Seniyo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht; so will ich dir nun Rede stehn. Da verwirklicht, Seniyo, einer das Kuhgelübde, kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht die Kuhgewohnheit, kommt ihr ganz und gar nach, verwirklicht das Kuhgemüth, kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht das Kuhgehaben, kommt ihm ganz und gar nach. Und hat er das Kuhgelübde verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er die Kuhgewohnheit verwirklicht, ist ihr ganz und gar nachgekommen, hat er das Kuhgemüth verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er das Kuhgehaben verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, so gelangt er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, unter Kühen wieder zum Dasein. Wenn er aber die Meinung hegt: {389} ›Durch diese Uebungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung werd’ ich ein Gott werden oder ein Göttlicher!‹, so ist es eine falsche Meinung. Und seine falsche Meinung, sag’ ich, Seniyo, lässt ihn nach der einen oder nach der anderen Seite gelangen: in höllische Welt oder in thierischen Schooß. So führt also, Seniyo, das Kuhgelübde, wenn es gelingt, zu den Kühen hin, und wenn es misslingt, in höllische Welt.«

Auf diese Worte brach der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, in Wehklagen und Thränen aus. Und der Erhabene sprach nun zu Seniyo dem Unbekleideten, dem Hundelehrling, also:

»Du hast mir ja, Seniyo, nicht nachgeben wollen: genug, Seniyo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

»Nicht klage ich, o Herr, weil der Erhabene solches über mich ausgesagt hat, sondern weil ich, o Herr, dieses[S. 83] Kuhgelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt habe. — So viel trau’ ich, o Herr, dem Erhabenen zu und glaube, der Erhabene kann die Lehre derart zeigen, dass ich eben von diesem Kuhgelübde, Seniyo aber der Unbekleidete, der Hundelehrling, von dem Hundegelübde abstehn mag!«

»So höre denn, Puṇṇo, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Vier Arten von Thaten, Puṇṇo, hab’ ich mir offenbar gemacht, verwirklicht und erklärt: welche vier sind das? Es giebt, Puṇṇo, dunkle That, die dunkle Folge hat; es giebt, Puṇṇo, lichte That, die lichte Folge hat; es giebt, Puṇṇo, dunkel-lichte That, die dunkel-lichte Folge hat; es giebt, Puṇṇo, weder dunkle noch lichte That, die weder dunkle noch lichte Folge hat, That, die zur Thatenversiegung führt. Was ist das aber, Puṇṇo, für eine That, die dunkel ist und dunkle Folge hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken beschwerhafte Handlung, begeht in Worten beschwerhafte Handlung, begeht in Gedanken beschwerhafte Handlung. Und hat er in Werken beschwerhafte Handlung begangen, in Worten beschwerhafte Handlung begangen, in Gedanken beschwerhafte Handlung begangen, so gelangt er in beschwerhafter Welt wieder zum Dasein. Und ist er in beschwerhafter Welt wieder zum Dasein gelangt, so empfangen ihn beschwerhafte Empfindungen. Und von beschwerhaften Empfindungen empfangen fühlt er ein beschwerhaftes Gefühl, einzig leidvoll, gleichwie etwa höllische Wesen. {390} Also [S. 84] kommt, Puṇṇo, nach dem Wirken des Wesens Wiedersein zustande. Was einer wirkt lässt ihn wiedersein; wiedergeworden empfangen ihn Empfindungen. Darum aber, Puṇṇo, sag’ ich: Erben der Werke sind die Wesen. Das heißt man, Puṇṇo, dunkle That, die dunkle Folge hat.

»Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die licht ist und lichte Folge hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken beschwerlose Handlung, begeht in Worten beschwerlose Handlung, begeht in Gedanken beschwerlose Handlung. Und hat er in Werken beschwerlose Handlung begangen, in Worten beschwerlose Handlung begangen, in Gedanken beschwerlose Handlung begangen, so gelangt er in beschwerloser Welt wieder zum Dasein. Und ist er in beschwerloser Welt wieder zum Dasein gelangt, so empfangen ihn beschwerlose Empfindungen. Und von beschwerlosen Empfindungen empfangen fühlt er ein beschwerloses Gefühl, einzig freudvoll, gleichwie etwa strahlende Götter. Also kommt, Puṇṇo, nach dem Wirken des Wesens Wiedersein zustande. Was einer wirkt lässt ihn wiedersein; wiedergeworden empfangen ihn Empfindungen. Darum aber, Puṇṇo, sag’ ich: Erben der Werke sind die Wesen. Das heißt man, Puṇṇo, lichte That, die lichte Folge hat.

»Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die dunkel-licht ist und dunkel-lichte Folge hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung, begeht in Worten beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung, begeht in Gedanken beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung. Und hat er in Werken beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung begangen, in Worten [S. 85]beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung begangen, in Gedanken beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung begangen, so gelangt er in beschwerhafter und beschwerloser Welt wieder zum Dasein. Und ist er in beschwerhafter und beschwerloser Welt wieder zum Dasein gelangt, so empfangen ihn beschwerhafte und beschwerlose Empfindungen. Und von beschwerhaften und beschwerlosen Empfindungen empfangen fühlt er ein beschwerhaftes und beschwerloses Gefühl, freudvoll und leidvoll gemischt, gleichwie etwa Menschen, und manche Götter und manche Geister.[25] Also kommt, Puṇṇo, nach dem Wirken des Wesens Wiedersein zustande. Was einer wirkt lässt ihn wiedersein; wiedergeworden empfangen ihn Empfindungen. Darum aber, Puṇṇo, sag’ ich: Erben der Werke sind die Wesen. Das heißt man, Puṇṇo, dunkel-lichte That, die dunkel-lichte Folge hat.

{391} »Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die weder dunkel noch licht ist und weder dunkle noch lichte Folge hat, That, die zur Thatenversiegung führt? Es ist da, Puṇṇo, was dunkle That anlangt, die dunkle Folge hat, deren Verleugnung, die gedacht wird; und ist was lichte That anlangt, die lichte Folge hat, deren Verleugnung, die gedacht wird; und ist was dunkel-lichte That anlangt, die dunkel-lichte Folge hat, deren Verleugnung, die gedacht wird. Das heißt man, Puṇṇo, weder dunkle noch lichte That, die weder dunkle noch lichte Folge hat, That, die zur Thatenversiegung führt.

»Das aber, Puṇṇo, sind die vier Arten von Thaten, die ich mir offenbar gemacht, verwirklicht und erklärt habe.«

[S. 86]

Nach diesen Worten wandte sich der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

Seniyo aber der Unbekleidete, der Hundelehrling, sprach zum Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar manigfach gezeigt. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Seniyo, erst einem anderen Orden angehörte und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen[S. 87] werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben[26]: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Seniyo der Unbekleidete, der Hundelehrling, vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Seniyo in den Orden aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich, {392} in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Seniyo der Heiligen geworden.[27]


58.

Sechster Theil

Achte Rede

ABHAYO DER KÖNIGSOHN

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel[28] der Eichhörnchen.

[S. 88]

Da nun begab sich Abhayo der Königsohn dorthin wo der Freie Bruder Nāthaputto weilte, begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Und zu Abhayo dem Königsohn, der zur Seite saß, sprach der Freie Bruder Nāthaputto also:

»Gehe, du Königsohn, und nimm den Asketen Gotamo beim Worte: dann wird man dir mit dem frohen Ruhmesrufe begegnen: ‚Abhayo der Königsohn hat den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so gewaltigen, beim Worte genommen!‘«

»Wie aber, o Herr, soll ich den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so gewaltigen, beim Worte nehmen?«

»Gehe, du Königsohn, hin wo der Asket Gotamo weilt, und sprich dann also zu ihm: ›Mag wohl, o Herr, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind?‹ Wenn dir der Asket Gotamo auf diese Frage also antwortet: ›Sagen mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge, die den anderen unlieb und unangenehm sind‹, so hast du also zu ihm zu reden: ›Aber was ist dann nur, o Herr, für ein Unterschied zwischen dir und einem gewöhnlichen Menschen? Denn auch der gewöhnliche Mensch mag Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind.‹ Doch wenn dir der Asket Gotamo auf deine Frage also antwortet: ›Nicht mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind‹, {393} so hast du also zu ihm zu reden: ›Aber hast du denn nicht, o Herr, von Devadatto gesagt: ‚Unsälig ist Devadatto, unrettbar ist Devadatto, Zwecke sucht Devadatto[29], unheilbar ist Devadatto‘? Und diese deine Worte haben Devadatto zornig und unzufrieden gemacht!‹ Legst du, o Königsohn, dem[S. 89] Asketen Gotamo diese doppeldeutige Frage vor, so wird er weder ausschlingen noch einschlingen können. Gleichwie etwa ein Mann, dem ein eiserner Ring um den Hals gelegt ist, nicht ausschlingen kann und nicht einschlingen, ebenso nun auch, o Königsohn, wird der Asket Gotamo auf diese doppeldeutige Frage weder ausschlingen noch einschlingen können.«

»Gut, o Herr!« erwiderte da gehorsam Abhayo der Königsohn dem Freien Bruder Nāthaputto. Und er stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Als nun Abhayo der Königsohn zur Seite saß, da sah er nach der Sonne und gedachte: ›Es ist heute nicht an der Zeit, den Erhabenen beim Worte zu nehmen; morgen dann will ich in meinem Hause den Erhabenen beim Worte nehmen‹: und er sprach zum Erhabenen also:

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen selbviert bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Abhayo der Königsohn der Zustimmung des Erhabenen sicher war, stand er von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und der Erhabene begab sich am nächsten Morgen, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Hause Abhayo des Königsohns. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und Abhayo der Königsohn bediente und versorgte[S. 90] eigenhändig den Erhabenen mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Abhayo der Königsohn einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach dann Abhayo der Königsohn zum Erhabenen also:

»Mag wohl, o Herr, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind?«

»Nicht wohl, Königsohn, einzig das.«

»Das haben, o Herr, die Freien Brüder vorgebracht.«

»Warum denn, Königsohn, sprichst du also: ›Das haben, o Herr, {394} die Freien Brüder vorgebracht‹?«

»Da war ich, o Herr, zum Freien Bruder Nāthaputto hingegangen, hatte ihn ehrerbietig begrüßt und mich seitwärts niedergesetzt. Und als ich da saß, sprach der Freie Bruder Nāthaputto also zu mir: ›Gehe, du Königsohn, und nimm den Asketen Gotamo beim Worte: dann wird man dir mit dem frohen Ruhmesrufe begegnen: ‚Abhayo der Königsohn hat den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so gewaltigen, beim Worte genommen!‘‹ Auf diesen Rath, o Herr, erwiderte ich dem Freien Bruder Nāthaputto: ›Wie soll ich aber, o Herr, den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so gewaltigen, beim Worte nehmen?‹ — ›Gehe, du Königsohn, hin wo der Asket Gotamo weilt, und sprich dann also zu ihm: ‚Mag wohl, o Herr, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind?‘ Wenn dir der Asket Gotamo auf diese Frage also antwortet: ‚Sagen mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge, die den anderen unlieb und unangenehm sind‘, so hast du also zu ihm zu reden: ‚Aber[S. 91] was ist dann nur, o Herr, für ein Unterschied zwischen dir und einem gewöhnlichen Menschen? Denn auch der gewöhnliche Mensch mag Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind.‘ Doch wenn dir der Asket Gotamo auf deine Frage also antwortet: ‚Nicht mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind‘, so hast du also zu ihm zu reden: ‚Aber hast du denn nicht, o Herr, von Devadatto gesagt: „Unsälig ist Devadatto, unrettbar ist Devadatto, Zwecke sucht Devadatto, unheilbar ist Devadatto“? Und diese deine Worte haben Devadatto zornig und unzufrieden gemacht!‘ Legst du, o Königsohn, dem Asketen Gotamo diese doppeldeutige Frage vor, so wird er weder ausschlingen noch einschlingen können. Gleichwie etwa ein Mann, dem ein eiserner Ring um den Hals gelegt ist, nicht ausschlingen kann und nicht einschlingen, ebenso nun auch, o Königsohn, wird der Asket Gotamo auf diese doppeldeutige Frage weder ausschlingen noch einschlingen können.‹«

Während dieses Gespräches nun hatte Abhayo der Königsohn einen zarten Knaben, einen unvernünftigen Säugling auf dem Schooße sitzen. Da sprach nun der Erhabene zu Abhayo dem Königsohn also:

{395} »Was meinst du wohl, Königsohn: wenn dieser Knabe infolge deiner Nachlässigkeit oder der Nachlässigkeit seiner Amme ein Holzstück oder einen Scherben in den Mund nähme, was würdest du mit ihm machen?«

»Ich würd’ es ihm wegnehmen, o Herr! Wenn ich es, o Herr, nicht gleich von Anfang an wegnehmen könnte, so würd’ ich mit der linken Hand seinen Kopf[S. 92] halten und mit der rechten einen Finger krümmen und es ihm, selbst blutig, herausziehen. Und warum das? Weil mich, o Herr, der Knabe erbarmt.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie unwahr, unächt, unheilsam und den anderen unlieb und unangenehm sind, und mag der Vollendete solche Worte nicht sagen; und kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und unheilsam und den anderen unlieb und unangenehm sind, und mag der Vollendete auch solche Worte nicht sagen; doch kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und heilsam und den anderen unlieb und unangenehm sind, und mag da der Vollendete die Zeit ermessen, solche Worte zu reden. Es kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie unwahr, unächt, unheilsam und den anderen lieb und angenehm sind, und mag der Vollendete solche Worte nicht sagen; und kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und unheilsam und den anderen lieb und angenehm sind, und mag der Vollendete auch solche Worte nicht sagen; doch kennt der Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und heilsam und den anderen lieb und angenehm sind, und mag da der Vollendete die Zeit ermessen, solche Worte zu reden. Und warum das? Weil, Königsohn, den Vollendeten die Wesen erbarmen.«

»Wenn da, o Herr, gelehrte Fürsten und gelehrte Priester, gelehrte Bürger und gelehrte Asketen eine Frage zusammenstellen und den Vollendeten aufsuchen und sie vorlegen, hat da wohl, o Herr, der Erhabene schon [S. 93]vorher im Geiste daran gedacht: ›Wer mich aufsuchen und befragen wird, dem werd’ ich auf solche Frage solche Antwort geben‹; oder kommt es eben erst im Augenblick dem Vollendeten in den Sinn?«

»Da will ich dir nun, Königsohn, eben hierüber eine Frage stellen: wie’s dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Königsohn: sind dir die Theile und Stücke des Wagens genau bekannt?«

»Gewiss, o Herr, genau sind mir die Theile und Stücke des Wagens bekannt.«

»Was meinst du wohl, Königsohn: wenn man zu dir käme und dich fragte: ›Was ist denn das für ein Theil und Stück vom Wagen‹, würdest du etwa schon vorher im Geiste daran gedacht haben: {396} ›Wer mich aufsuchen und befragen wird, dem werd’ ich auf solche Frage solche Antwort geben‹; oder kam’ es dir eben erst im Augenblick in den Sinn?«

»Ich bin ja, o Herr, ein erfahrener Wagenlenker, genau sind mir die Theile und Stücke des Wagens bekannt, alle Theile und Stücke des Wagens hab’ ich wohl erprobt: eben erst im Augenblicke käm’ es mir in den Sinn.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, gehn da gelehrte Fürsten und gelehrte Priester, gelehrte Bürger und gelehrte Asketen den Vollendeten mit einer Frage an, und es kommt dem Vollendeten eben erst im Augenblick in den Sinn. Und warum das? Jene Eigenart der Dinge hat ja, Königsohn, der Vollendete von Grund aus erkannt, so dass es durch die gründliche Erkenntniss der Eigenart der Dinge dem Vollendeten eben erst im Augenblick in den Sinn kommt.«

[S. 94]

Nach diesen Worten wandte sich Abhayo der Königsohn also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar manigfach gezeigt. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[30]


59.

Sechster Theil

Neunte Rede

VIEL DER GEFÜHLE

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Pañcakaṉgo der Baumeister dorthin wo der ehrwürdige Udāyī weilte. Dort angelangt begrüßte er den ehrwürdigen Udāyī ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Pañcakaṉgo der Baumeister also zum ehrwürdigen Udāyī:

»Wieviel Gefühle hat wohl, Herr Udāyī, der Erhabene angegeben?«

»Drei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das[S. 95] weder wohlig noch wehe Gefühl. Das, o Hausvater, sind die drei Gefühle, {397} die der Erhabene angegeben hat.«

»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyī, hat der Erhabene angegeben, zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt, o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes Wohl bezeichnet.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach der ehrwürdige Udāyī also zu Pañcakaṉgo dem Baumeister:

»Nicht zwei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben, drei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl. Das, o Hausvater, sind die drei Gefühle, die der Erhabene angegeben hat.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Pañcakaṉgo der Baumeister also zum ehrwürdigen Udāyī:

»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyī, hat der Erhabene angegeben, zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt, o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes Wohl bezeichnet.«

Und weder vermochte der ehrwürdige Udāyī Pañcakaṉgo den Baumeister zu überzeugen, noch auch vermochte Pañcakaṉgo der Baumeister den ehrwürdigen Udāyī zu überzeugen.

Es erfuhr aber der ehrwürdige Ānando das Gespräch, das zwischen dem ehrwürdigen Udāyī und Pañcakaṉgo dem Baumeister stattgefunden. Und der ehrwürdige[S. 96] Ānando begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte nun der ehrwürdige Ānando dem Erhabenen das ganze Gespräch des ehrwürdigen Udāyī mit Pañcakaṉgo dem Baumeister. Nach diesem Berichte sprach der Erhabene also zum ehrwürdigen Ānando:

»Einen tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat Pañcakaṉgo der Baumeister Udāyī dem Mönche streitig gemacht: und einen tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat auch Udāyī der Mönch Pañcakaṉgo dem Baumeister streitig gemacht. Zwei Gefühle hab’ ich, Ānando, angegeben {398} je nach dem Standpunkte, und drei Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und fünf Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und sechs Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und achtzehn Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und sechsunddreißig Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und hundertacht Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte.[31] Also hab’ ich, Ānando, je nach dem Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei also von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem rechten Worte, der rechten Rede nicht gegenseitig zustimmen, beistimmen, beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie zanken und streiten, mit einander hadern und scharfe Wortgefechte führen werden. Also hab’ ich, Ānando, je nach dem Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei also von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem rechten Worte, der rechten Rede gegenseitig[S. 97] zustimmen, beistimmen, beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie sich vertragen, einig, ohne Zwist, mild geworden, einander sanften Auges ansehn werden.

»Fünf Begehrungen, Ānando, giebt es da: und welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Ānando, die fünf Begehrungen. Was da Wohl und Glück, Ānando, diesen fünf Begehrungen gemäß geht nennt man Wohl des Begehrens.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da weilt, Ānando, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe[S. 98] der ersten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? {399} Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da verweilt, Ānando, ein Mönch in heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando,[S. 99] für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erwirkt, Ānando, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegrenzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist[S. 100] das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Nichtdaseinsphäre die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

{400} »Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung die Auflösung der Wahrnehmbarkeit. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Möglich aber, Ānando, wär’ es, dass da die Pilger[S. 101] anderer Orden sagten: ›Die Auflösung der Wahrnehmbarkeit verkündet der Asket Gotamo, und er bezeichnet sie als Wohl: was ist es damit, wie verhält es sich damit?‹ Auf solche Rede, Ānando, wäre den Pilgern anderer Orden solches zu erwidern: ›Nicht, ihr Brüder, bezeichnet es der Erhabene in Beziehung auf das wohlige Gefühl als Wohl; sondern, ihr Brüder: wo eben immerhin Wohl empfunden wird, das bezeichnet da der Vollendete eben immerhin als Wohl.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen.[32]


60.

Sechster Theil

Zehnte Rede

FRAGLOSIGKEIT

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen begleitet, in die Nähe eines kosalischen Brāhmanendorfes Namens Sālā. Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Sālā reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort {401} und ist mit vielen Mönchen in Sālā angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der[S. 102] Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Sālā begaben sich nun dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder. Zu den brāhmanischen Hausleuten von Sālā nun, die da zur Seite saßen, sprach der Erhabene also:

»Habt ihr wohl, Hausväter, einen lieben Meister unter euch, zu dem ihr gegründetes Vertrauen hegen könnt?«

»Nein, o Herr, wir haben keinen lieben Meister unter uns, zu dem wir gegründetes Vertrauen hegen können.«

»Habt ihr, Hausväter, keinen lieben Meister [S. 103]gefunden, so mag euch diese fraglose Lehre zur Weisung dienen. Denn die fraglose Lehre, Hausväter, befolgt und bewahrt, die wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Was ist das aber, Hausväter, für eine fraglose Lehre?

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden — es ist alles eitel; es giebt keine Saat und Ernte guter und böser Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt hat keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil davon und behaupten: {402} ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden ist kein Unsinn; es giebt eine Saat und Ernte guter und böser Werke; das Diesseits ist vorhanden und das Jenseits ist vorhanden; Eltern giebt es und geistige Geburt giebt es; die Welt hat Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Allerdings, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den schlechten Wandel in Werken,[S. 104] Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar es ein Jenseits giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es ein Jenseits giebt, sinnt er: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine falsche Gesinnung. Denn obzwar es ein Jenseits giebt, redet er: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine falsche Rede. Denn obzwar es ein Jenseits giebt, behauptet er: ›Es giebt kein Jenseits‹; und den Heiligen, die vom Jenseits wissen, denen stellt er sich entgegen. Denn obzwar es ein Jenseits giebt, belehrt er die anderen: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine unrichtige Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung willen brüstet er sich noch und verachtet[33] die anderen. So hat er was da früher etwa Gutes an ihm war verleugnet und Schlechtes angenommen: das ist falsche Erkenntniss, falsche Gesinnung, falsche Rede, Widerstand gegen Heilige, unrichtige Belehrung, Eigenlob und Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen bösen, unheilsamen Dinge aus falscher Erkenntniss.

{403} »Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es kein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es aber ein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es nun immerhin kein [S. 105]Jenseits geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht sich ja schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es ist ein gewissenloser Mensch, der die Dinge falsch ansieht, an nichts glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Jenseits giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel verloren: erst, weil er sich schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zuzieht; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre übel befolgt und bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss merken. Und weil es eben ein Jenseits giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben ein Jenseits giebt, sinnt er: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine rechte Gesinnung. Und weil es eben ein Jenseits giebt, redet er: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es eben ein Jenseits giebt, behauptet er: ›Es giebt ein Jenseits‹; und den Heiligen, die vom Jenseits wissen, denen stellt er sich nicht entgegen. Und weit es eben ein Jenseits giebt, [S. 106]belehrt er die anderen: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine richtige Belehrung. {404} Und um dieser richtigen Belehrung willen brüstet er sich nicht, verachtet nicht die anderen. So hat er was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes angenommen: das ist rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung, rechte Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung, kein Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es ein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen. Mag es nun immerhin kein Jenseits geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann wird ja schon bei Lebzeiten von Verständigen gepriesen: ‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der die Dinge recht ansieht, an etwas glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Jenseits giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel gewonnen: erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis Verständiger erwirbt; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt und bewahrt, beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer zerstört und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer Kummer und Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges umbringt, [S. 107]Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt, Lügen spricht: was einer begeht, er begeht keine Schuld. Und wer da gleich mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei machte, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht. Und wer auch am südlichen Ufer des Ganges verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören ließe, quälte und quälen ließe, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht: und wer auch am nördlichen Ufer des Ganges spendend und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe, so hat er darum kein Verdienst, begeht nichts Gutes. Durch Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt man kein Verdienst, begeht nichts Gutes.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester {405} gerade das Gegentheil davon und behaupten: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer zerstört und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer Kummer und Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt, Lügen spricht: was einer begeht, er begeht Schuld. Und wer da etwa mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei machte, der hat darum Schuld, begeht Unrecht. Und wer etwa am südlichen Ufer des Ganges verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören ließe, quälte und quälen ließe, der hat darum Schuld, begeht Unrecht: und wer etwa am nördlichen Ufer des Ganges spendend[S. 108] und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe, der hat Verdienst, begeht Gutes. Durch Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt man Verdienst, begeht Gutes.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Freilich, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar es ein Handeln giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es ein Handeln giebt, sinnt er: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine falsche Gesinnung. Denn obzwar es ein Handeln giebt, redet er: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine falsche Rede. Denn obzwar es ein Handeln giebt, behauptet er: ›Es giebt kein Handeln‹; und den Heiligen, die vom Handeln aussagen, denen stellt er sich entgegen. Denn obzwar es ein Handeln giebt, belehrt er die anderen: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine unrichtige Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung willen brüstet er sich noch und verachtet die anderen. So hat er was da früher etwa Gutes an ihm war verleugnet und Schlechtes angenommen: {406} das ist falsche Erkenntniss, falsche Gesinnung,[S. 109] falsche Rede, Widerstand gegen Heilige, unrichtige Belehrung. Eigenlob und Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen bösen, unheilsamen Dinge aus falscher Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es kein Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es aber ein Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es nun immerhin kein Handeln geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht sich ja schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es ist ein gewissenloser Mensch, der die Dinge falsch ansieht, an kein Handeln glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Handeln giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel verloren: erst, weil er sich schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zuzieht; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre übel befolgt und bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, [S. 110]Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss merken. Und weil es eben ein Handeln giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben ein Handeln giebt, sinnt er: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine rechte Gesinnung. Und weil es eben ein Handeln giebt, redet er: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es eben ein Handeln giebt, behauptet er: ›Es giebt ein Handeln‹; und den Heiligen, die vom Handeln aussagen, denen stellt er sich nicht entgegen. Und weil es eben ein Handeln giebt, belehrt er die anderen: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine richtige Belehrung. Und um dieser richtigen Belehrung willen brüstet er sich nicht, {407} verachtet nicht die anderen. So hat er was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes angenommen: das ist rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung, kein Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.[34]

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es ein Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen. Mag es nun immerhin kein Handeln geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann wird ja schon bei Lebzeiten von Verständigen gepriesen: ‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der die Dinge recht ansieht, an das Handeln glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Handeln giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden[S. 111] Seiten das Spiel gewonnen: erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis Verständiger erwirbt: und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt und bewahrt, beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Es giebt keinem Grund, es giebt keine Ursache der Verderbniss der Wesen; ohne Grund, ohne Ursache werden die Wesen verderbt. Es giebt keinen Grund, es giebt keine Ursache der Läuterung der Wesen; ohne Grund, ohne Ursache werden die Wesen lauter. Es giebt keine Macht und keine Kraft, es giebt keine Mannesgewalt und keine Mannestapferkeit. Alle Wesen, alle Lebendigen, alle Gewordenen, alle Geborenen sind willenlos, machtlos, kraftlos. Nothwendig kommen sie zustande und entwickeln sich zur Reife und empfinden je nach den sechs Arten von Dasein Wohl und Wehe.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil davon und behaupten: ›Es giebt einen Grund, es giebt eine Ursache der Verderbniss der Wesen; aus Grund und Ursache werden die Wesen verderbt. Es giebt einen Grund, es giebt eine Ursache der Läuterung der Wesen; aus Grund und Ursache werden die Wesen lauter. Es giebt Macht und Kraft, es giebt Mannesgewalt und Mannestapferkeit. Kein Wesen, kein Lebendiges, kein Gewordenes, kein Geborenes ist willenlos, machtlos, kraftlos. Nicht Nothwendigkeit ist es, wodurch die Wesen zustandekommen, sich zur Reife entwickeln und je nach den sechs Arten von[S. 112] Dasein Wohl und Wehe empfinden.‹ {408} Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Gewiss, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar es einen Grund giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es einen Grund giebt, sinnt er: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine falsche Gesinnung. Denn obzwar es einen Grund giebt, redet er: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine falsche Rede. Denn obzwar es einen Grund giebt, behauptet er: ›Es giebt keinen Grund‹; und den Heiligen, die vom Grunde aussagen, denen stellt er sich entgegen. Denn obzwar es einen Grund giebt, belehrt er die anderen: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine unrichtige Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung willen brüstet er sich noch und verachtet die anderen. So hat er was da früher etwa Gutes an ihm war verleugnet und Schlechtes angenommen: das ist falsche Erkenntniss, falsche Gesinnung, falsche Rede, Widerstand gegen Heilige, unrichtige Belehrung, Eigenlob und Nächstentadel. Also entwickeln[S. 113] sich an ihm diese verschiedenen bösen, unheilsamen Dinge aus falscher Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es keinen Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es aber einen Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es nun immerhin keinen Grund geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht sich ja schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es ist ein gewissenloser Mensch, der die Dinge falsch ansieht, an keinen Grund glaubt.‘ Wenn es aber doch einen Grund giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel verloren: {409} erst, weil er sich schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zuzieht; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre übel befolgt und bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend, Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung vorzüglichen, läuternden Einfluss[S. 114] merken. Und weil es eben einen Grund giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben einen Grund giebt, sinnt er: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine rechte Gesinnung. Und weil es eben einen Grund giebt, redet er: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es eben einen Grund giebt, behauptet er: ›Es giebt einen Grund‹; und den Heiligen, die vom Grunde aussagen, denen stellt er sich nicht entgegen. Und weil es eben einen Grund giebt, belehrt er die anderen: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine richtige Belehrung. Und um dieser richtigen Belehrung willen brüstet er sich nicht, verachtet nicht die anderen. So hat er was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes angenommen: das ist rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung, rechte Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung, kein Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es einen Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen. Mag es nun immerhin keinen Grund geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann wird ja schon bei Lebzeiten von Verständigen gepriesen: ‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der die Dinge recht ansieht, an den Grund glaubt.‘ Wenn es aber doch einen Grund giebt {410} so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel gewonnen: erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis Verständiger erwirbt; und dann, weil er bei[S. 115] der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt und bewahrt, beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Es giebt keine gänzlich formlosen Welten.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil davon und behaupten: ›Es giebt gänzlich formlose Welten.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Freilich, o Herr!«

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn da die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzlich formlosen Welten‘, so hab’ ich das nicht gesehn; und wenn da die anderen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt gänzlich formlose Welten‘, so hab’ ich das nicht erfahren. Doch wenn ich mich nun, ohne es erfahren, ohne es gesehn zu haben, einzig für eines entschiede, ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so stände mir das übel an. Ist es nun wahr, was da die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzlich formlosen Welten‘, so kann es wohl sein, dass mir unter den Göttern, die formhaft sinnlich bestehn, ein Wiederdasein fraglos erreichbar sei; ist aber das wahr, was da die anderen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt gänzlich formlose Welten‘, so kann es wohl sein, dass mir unter den Göttern, die formlos wahrnehmbar bestehn, ein Wiederdasein fraglos erreichbar sei. Wo[S. 116] es nun Form giebt, da giebt es Wüthen und Blutvergießen, Krieg und Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug: das aber giebt es ganz und gar nicht in formloser Welt.‹ Also überlegend wird er eben der Formen überdrüssig, wendet sich ab, löst sich los.

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Es giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil davon und behaupten: {411} ›Es giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Allerdings, o Herr!«

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn da die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so hab’ ich das nicht gesehn; und wenn da die anderen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so hab’ ich das nicht erfahren. Doch wenn ich mich nun, ohne es erfahren, ohne es gesehn zu haben, einzig für eines entschiede, ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so stände mir das übel an. Ist es nun wahr, was da die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so kann es wohl sein, dass mir unter den Göttern, die formlos wahrnehmbar bestehn, ein Wiederdasein fraglos erreichbar sei; ist aber das wahr, was da die anderen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so kann es wohl sein, dass[S. 117] mir noch bei Lebzeiten Wahnerlöschung erreichbar sei. Den Asketen und Priestern nun, die da sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins‘, denen gereicht diese Lehre zum Reize, zur Lockung, zur Freude, zum Behagen, zum Anhalt: den Asketen und Priestern aber, die da sagen und lehren ‚Es giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins‘, denen gereicht diese Lehre nicht zum Reize, nicht zur Lockung, nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht zum Anhalt.‹ Also überlegend wird er eben des Daseins überdrüssig, wendet sich ab, löst sich los.


»Vier Arten von Menschen, Hausväter, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Hausväter, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben; da ist, Hausväter, einer ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Hausväter, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Hausväter, einer weder ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben: {412} ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist? {342} Da ist, Hausväter, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein Handverköster, kein Ankömmling,[S. 118] kein Abwärtling, gestattet keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter, nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden, nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten, nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim. Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, {343} nur jeden siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern, von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes, lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd, trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt die Blöße unter pelzigem Schurze, unter [S. 119]borstigem Schurze, unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer, übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, Hausväter, einer ein Schlächter, der Schaafe und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister, oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk betreibt. Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, Hausväter, einer ein König, ein Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo[S. 120] man das Gras entfernt hat, Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, {344} und damit der König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken, und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da erscheint, Hausväter,[S. 121] der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis {345} oder einen großen Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges[S. 122] umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin entrathen der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich,[S. 123] nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung, {346} Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald[S. 124] den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. {347} Er hat weltliche Begierde[S. 125] verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe[S. 126] der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigem vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Er erinnert sich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; {348} da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem[S. 127] himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen, wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er[S. 128] der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Irrwahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt, versteht er da.

»Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, {413} ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«

Nach dieser Rede sprachen die brāhmanischen Hausleute von Sālā also zum Erhabenen:

»Vortrefflich, Herr Gotamo, vortrefflich, Herr Gotamo! Gleichwie etwa, Herr Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verborgenes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehmen wir bei Herrn Gotamo unsere Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge uns Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«


[S. 129]

SIEBENTER THEIL
BUCH DER MÖNCHE


[S. 131]

61.

Siebenter Theil

Erste Rede

RĀHULOS ERMAHNUNG
– I –

{414} Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese Zeit aber weilte der ehrwürdige Rāhulo im Mangohage.[35]

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, begab er sich nach dem Mangohage, dorthin wo der ehrwürdige Rāhulo sich aufhielt. Und es sah der ehrwürdige Rāhulo den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn stellte er einen Stuhl zurecht und Wasser für die Füße. Es setzte sich der Erhabene auf den angebotenen Sitz, und als er saß spülte er sich die Füße ab. Und auch der ehrwürdige Rāhulo setzte sich, nach des Erhabenen Begrüßung, zur Seite nieder.

Und der Erhabene ließ einen geringen Rest von Wasser im Becken zurück und wandte sich an den ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, diesen geringen Rest von Wasser da im Becken?«

»Ja, o Herr!«

[S. 132]

»Ebenso gering ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene goss diesen geringen Rest von Wasser aus und sprach zum ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieser geringe Rest von Wasser ausgegossen ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso ausgegossen ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene kehrte das Wasserbecken um und sagte zum ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieses Wasserbecken umgekehrt ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso umgekehrt ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene kehrte das Wasserbecken auf und fragte den ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieses Wasserbecken hohl und leer ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso hohl und leer ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.

»Gleichwie etwa, Rāhulo, wenn ein Königselephant, mit Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, in den Kampf gerathen mit den Vorderfüßen sein Werk verrichtet und mit den Hinterfüßen sein Werk verrichtet, mit dem Vorderleibe sein Werk verrichtet und mit dem Hinterleibe sein Werk verrichtet, mit dem Kopfe sein Werk verrichtet, mit den Ohren sein Werk verrichtet, mit den Hauern sein Werk verrichtet, mit dem[S. 133] Schwanze sein Werk verrichtet {415} und nur den Rüssel zurückhält; da weiß der Elephantenlenker: ›Nicht hat der Königselephant das Leben preisgegeben.‹ Wenn aber, Rāhulo, ein Königselephant, mit Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, in den Kampf gerathen mit den Vorderfüßen sein Werk verrichtet und mit den Hinterfüßen sein Werk verrichtet, mit dem Vorderleibe sein Werk verrichtet und mit dem Hinterleibe sein Werk verrichtet, mit dem Kopfe sein Werk verrichtet, mit den Ohren sein Werk verrichtet, mit den Hauern sein Werk verrichtet, mit dem Schwanze sein Werk verrichtet und mit dem Rüssel sein Werk verrichtet; da weiß der Elephantenlenker: ›Preisgegeben hat der Königselephant das Leben, alles ist jetzt der Königselephant imstande zu thun.‹ Ebenso nun auch, Rāhulo, sag’ ich, dass wer sich da vor bewusster Lüge nicht scheut alles Böse zu thun imstande ist. Darum merke dir, Rāhulo: ›Nicht einmal im Scherze will ich Lüge reden‹: also hast du dich, Rāhulo, wohl zu üben.

»Was meinst du wohl, Rāhulo: wozu taugt ein Spiegel?«

»Um sich zu betrachten, o Herr!«

»Ebenso nun auch soll man sich, Rāhulo, betrachten und betrachten bevor man Thaten begeht, betrachten und betrachten bevor man Worte spricht, betrachten und betrachten bevor man Gedanken hegt.

»Was immer du, Rāhulo, für eine That begehn willst, eben diese That sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn diese That, die ich da begehn will, mich selber beschwerte, oder andere beschwerte, oder alle beide beschwerte? Das wär’ eine unheilsame That, die Leiden[S. 134] aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehn will, die kann mich selber beschweren, kann andere beschweren, kann alle beide beschweren: es ist eine unheilsame That, die Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige That sicherlich zu lassen. {416} Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehn will, die kann weder mich beschweren, noch kann sie andere beschweren, kann keinen von beiden beschweren: es ist eine heilsame That, die Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige That zu thun.

»Und während du, Rāhulo, eine That begehst, sollst du dir eben diese That betrachten: ›Weil ich nun diese That begehe, beschwert sie mich da selber, oder beschwert sie etwa andere, oder beschwert sie alle beide? Ist es eine unheilsame That, die Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehe, die beschwert mich selber, oder sie beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist eine unheilsame That, die Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einer derartigen That Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehe, die beschwert weder mich selber, noch beschwert sie andere, beschwert keinen von beiden: es ist eine heilsame That, die Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige That zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, eine That begangen, so sollst du dir eben diese That betrachten: ›Weil ich nun diese That begangen habe, beschwert sie mich da selber, oder[S. 135] beschwert sie etwa andere, oder beschwert sie alle beide? Ist es eine unheilsame That, die Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begangen habe, die beschwert mich selber, oder sie beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist eine unheilsame That, die Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige That dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern anzugeben, aufzudecken, darzulegen; und hast du sie angegeben, aufgedeckt, dargelegt, dich künftighin zu hüten. {417} Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begangen habe, die beschwert weder mich selber, noch beschwert sie andere, beschwert keinen von beiden: es ist eine heilsame That, die Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eben diese sälig heitere Uebung im Guten Tag und Nacht zu pflegen.

»Was immer du, Rāhulo, für ein Wort sprechen willst, eben dieses Wort sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn dieses Wort, das ich da sprechen will, mich selber beschwerte, oder andere beschwerte, oder alle beide beschwerte? Das wär’ ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da sprechen will, das kann mich selber beschweren, kann andere beschweren, kann alle beide beschweren: es ist ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, ein derartiges Wort sicherlich zu lassen. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da sprechen will, das kann weder mich beschweren, noch kann es andere beschweren, kann[S. 136] keinen von beiden beschweren: es ist ein heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, ein derartiges Wort zu sprechen.

»Und während du, Rāhulo, ein Wort sprichst, sollst du dir eben dieses Wort betrachten: ›Weil ich nun dieses Wort spreche, beschwert es mich da selber, oder beschwert es etwa andere, oder beschwert es alle beide? Ist es ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da spreche, das beschwert mich selber, oder es beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einem derartigen Worte Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da spreche, das beschwert weder mich selber, noch beschwert es andere, beschwert keinen von beiden: {418} es ist ein heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, ein derartiges Wort zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, ein Wort gesprochen, so sollst du dir eben dieses Wort betrachten: ›Weil ich nun dieses Wort gesprochen habe, beschwert es mich da selber, oder beschwert es etwa andere, oder beschwert es alle beide? Ist es ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da gesprochen habe, das beschwert mich selber, oder es beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, ein derartiges Wort dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern anzugeben, aufzudecken, darzulegen; und[S. 137] hast du es angegeben, aufgedeckt, dargelegt, dich künftighin zu hüten. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da gesprochen habe, das beschwert weder mich selber, noch beschwert es andere, beschwert keinen von beiden: es ist ein heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eben diese sälig heitere Uebung im Guten Tag und Nacht zu pflegen.

»Was immer du, Rāhulo, für einen Gedanken hegen willst, eben diesen Gedanken sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn dieser Gedanke, den ich da hegen will, mich selber beschwerte, oder andere beschwerte, oder alle beide beschwerte? Das wär’ ein unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da hegen will, der kann mich selber beschweren, kann andere beschweren, kann alle beide beschweren: es ist ein unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einen derartigen Gedanken sicherlich zu lassen. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da hegen will, der kann weder mich beschweren, noch kann er andere beschweren, kann keinen von beiden beschweren: es ist ein heilsamer Gedanke, {419} der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einen derartigen Gedanken zu hegen.

»Und während du, Rāhulo, einen Gedanken hegst, sollst du dir eben diesen Gedanken betrachten: ›Weil ich nun diesen Gedanken hege, beschwert er mich da selber, oder beschwert er etwa andere, oder beschwert er alle beide? Ist es ein unheilsamer Gedanke, der Leiden [S. 138]aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da hege, der beschwert mich selber, oder er beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einem derartigen Gedanken Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da hege, der beschwert weder mich selber, noch beschwert er andere, beschwert keinen von beiden: es ist ein heilsamer Gedanke, der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einen derartigen Gedanken zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, einen Gedanken gehegt, so sollst du dir eben diesen Gedanken betrachten: ›Weil ich nun diesen Gedanken gehegt habe, beschwert er mich da selber, oder beschwert er etwa andere, oder beschwert er alle beide? Ist es ein unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da gehegt habe, der beschwert mich selber, oder er beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du dann, Rāhulo, vor diesem Gedanken Grauen, Entsetzen, Abscheu zu fassen; und hast du Grauen, Entsetzen, Abscheu gefasst, dich künftighin zu hüten. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da gehegt habe, der beschwert weder mich selber, noch beschwert er andere, beschwert keinen von beiden: es ist ein heilsamer Gedanke, der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eben diese sälig heitere Uebung im Guten Tag und Nacht zu pflegen.

[S. 139]

{420} »Denn wer immer auch, Rāhulo, von den Asketen oder den Priestern in vergangenen Zeiten seine Thaten geläutert, seine Worte geläutert, seine Gedanken geläutert hat, ein jeder hat also und also betrachtend und betrachtend seine Thaten geläutert, betrachtend und betrachtend seine Worte geläutert, betrachtend und betrachtend seine Gedanken geläutert. Und wer immer auch, Rāhulo, von den Asketen oder den Priestern in künftigen Zeiten seine Thaten läutern, seine Worte läutern, seine Gedanken läutern wird, ein jeder wird also und also betrachtend und betrachtend seine Thaten läutern, betrachtend und betrachtend seine Worte läutern, betrachtend und betrachtend seine Gedanken läutern. Und wer immer auch, Rāhulo, von den Asketen oder den Priestern in der Gegenwart seine Thaten läutert, seine Worte läutert, seine Gedanken läutert, ein jeder läutert also und also betrachtend und betrachtend seine Thaten, betrachtend und betrachtend läutert er seine Worte, betrachtend und betrachtend läutert er seine Gedanken.

»Darum merke hier, Rāhulo: ›Betrachtend und betrachtend wollen wir unsere Thaten läutern, betrachtend und betrachtend wollen wir unsere Worte läutern, betrachtend und betrachtend wollen wir unsere Gedanken läutern‹: so habt ihr euch, Rāhulo, wohl zu üben.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Rāhulo über das Wort des Erhabenen.[36]


[S. 140]

62.

Siebenter Theil

Zweite Rede

RĀHULOS ERMAHNUNG
– II –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Und auch der ehrwürdige Rāhulo nahm, zeitig gerüstet,{421} Mantel und Schaale und folgte dem Erhabenen Schritt um Schritt nach. Und der Erhabene wandte den Blick und sprach den ehrwürdigen Rāhulo an:

»Was es auch, Rāhulo, für eine Form sei, vergangene, zukünftige, gegenwärtige, eigene oder fremde, grobe oder feine, gemeine oder edle, ferne oder nahe: alle Form ist, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: ›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‹«

»Nur etwa die Form, Erhabener, nur etwa die Form, Willkommener?«

»Die Form, Rāhulo, und das Gefühl, Rāhulo, und die Wahrnehmung, Rāhulo, und die Unterscheidungen, Rāhulo, und das Bewusstsein, Rāhulo.«

Und der ehrwürdige Rāhulo sagte sich nun: ›Wer wird wohl heute, vom Erhabenen selbst mit einer Ansprache angeredet, unter die Leute um Almosen gehn?‹ Und er kehrte um und ging zurück und setzte sich am Fuß eines Baumes nieder, mit verschränkten Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegte der Einsicht.

[S. 141]

Es sah aber der ehrwürdige Sāriputto wie der ehrwürdige Rāhulo dort saß, am Fuße eines Baumes, mit verschränkten Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, der Einsicht pflegend, und als er ihn gesehn wandte er sich zu ihm:

»Bedachtsam übe, Rāhulo, Ein- und Ausathmung: Ein- und Ausathmung, bedachtsam geübt und gepflegt, Rāhulo, lässt hohen Lohn erlangen, hohe Förderung.«[37]

Als nun der ehrwürdige Rāhulo gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Rāhulo also zum Erhabenen:

»Wie muss da bedachtsam, o Herr, Ein- und Ausathmung geübt, wie gepflegt werden, auf dass sie hohen Lohn, hohe Förderung verleihe?«

»Was sich irgend, Rāhulo, innerlich einzeln fest und hart dargestellt hat, als wie Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut, Fleisch, Sehnen, Knochen, Mark, Nieren, Herz, Leber, Zwerchfell, Milz, Lunge, Magen, Eingeweide, Weichtheile, Koth, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln fest und hart dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo, innerliche Erdenart. Was es nun da an innerlicher Erdenart und was es an äußerlicher Erdenart giebt, ist Erdenart. Und: ›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. {422} Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Erdenart satt, löst den Sinn von der Erdenart ab.

[S. 142]

»Was ist nun, Rāhulo, die Wasserart? Die Wasserart mag innerlich sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche Wasserart? Was sich innerlich einzeln flüssig und wässerig dargestellt hat, als wie Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Lymphe, Thränen, Serum, Speichel, Rotz, Gelenköl, Harn, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln flüssig und wässerig dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo, innerliche Wasserart. Was es nun da an innerlicher Wasserart und was es an äußerlicher Wasserart giebt, ist Wasserart. Und: ›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Wasserart satt, löst den Sinn von der Wasserart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Feuerart? Die Feuerart mag innerlich sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche Feuerart? Was sich innerlich einzeln flammig und feurig dargestellt hat, als wie wodurch Wärme erzeugt wird, wodurch man verdaut, wodurch man sich erhitzt, wodurch gekaute Speise und geschlürfter Trank einer vollkommenen Umwandlung erliegen, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln flammig und feurig dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo, innerliche Feuerart. Was es nun da an innerlicher Feuerart und was es an äußerlicher Feuerart giebt, ist Feuerart. Und: ›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt,[S. 143] wird man der Feuerart satt, löst den Sinn von der Feuerart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Luftart? Die Luftart mag innerlich sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche Luftart? Was sich innerlich einzeln flüchtig und luftig dargestellt hat, als wie die aufsteigenden und die absteigenden Winde, die Winde des Bauches und Darmes, die Winde, die jedes Glied durchströmen, die Einathmung und die Ausathmung: dies, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln flüchtig und luftig dargestellt hat, das nennt man, Rāhulo, innerliche Luftart. Was es nun da an innerlicher Luftart und was es an äußerlicher Luftart giebt, ist Luftart. Und: ›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. {423} Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Luftart satt, löst den Sinn von der Luftart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Raumart? Die Raumart mag innerlich sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche Raumart? Was sich innerlich einzeln räumlich und örtlich dargestellt hat, als wie die Ohrhöhle, die Nasenhöhle, die Mundöffnung, wodurch man gekaute Speise und geschlürften Trank einnimmt, wo gekaute Speise und geschlürfter Trank sich aufhält, wodurch gekaute Speise und geschlürfter Trank unten abgeht, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln räumlich und örtlich dargestellt hat, das nennt man, Rāhulo, innerliche Raumart. Was es nun da an innerlicher Raumart und was es an äußerlicher Raumart giebt, ist Raumart. Und: ›Das gehört mir nicht, das bin[S. 144] ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Raumart satt, löst den Sinn von der Raumart ab.

»Der Erde gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Erde gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie man da, Rāhulo, auf die Erde Reines hinwirft und Unreines hinwirft, Kothiges hinwirft und Harniges hinwirft, Schleimiges hinwirft und Eiteriges hinwirft und Blutiges hinwirft, aber die Erde sich davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo, sollst du der Erde gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Erde gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Dem Wasser gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Wasser gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie man da, Rāhulo, im Wasser Reines wäscht und Unreines wäscht, Kothiges wäscht und Harniges wäscht, Schleimiges wäscht und Eiteriges wäscht und Blutiges wäscht, aber das Wasser sich davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo, {424} sollst du dem Wasser gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Wasser gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Dem Feuer gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Feuer gleich Uebung, so[S. 145] kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da, Rāhulo, das Feuer Reines brennt und Unreines brennt, Kothiges brennt und Harniges brennt, Schleimiges brennt und Eiteriges brennt und Blutiges brennt, aber das Feuer sich davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo, sollst du dem Feuer gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Feuer gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Der Luft gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Luft gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da, Rāhulo, die Luft Reines anweht und Unreines anweht, Kothiges anweht und Harniges anweht, Schleimiges anweht und Eiteriges anweht und Blutiges anweht, aber die Luft sich davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo, sollst du der Luft gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Luft gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Dem Raume gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Raume gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da, Rāhulo, der Raum durch nichts begränzt wird, ebenso nun auch, Rāhulo, sollst du dem Raume gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, dem Raume gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

[S. 146]

»Liebreich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, liebreich Uebung, so wird was da Hass ist vergehn. Erbarmend, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, erbarmend Uebung, so wird was da Wuth ist vergehn. Freudig, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, freudig Uebung, so wird was da Unlust ist vergehn. Gleichmüthig, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, gleichmüthig Uebung, so wird was da Widerstreit ist vergehn.

»Des Ekels eingedenk, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, des Ekels eingedenk Uebung, so wird was da Reiz ist vergehn.

»Der Vergänglichkeit eingedenk, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Vergänglichkeit eingedenk Uebung, {425} so wird was da Dünkel der Ichheit ist vergehn.

»Bedachtsam übe, Rāhulo, Ein- und Ausathmung: Ein- und Ausathmung, bedachtsam geübt und gepflegt, Rāhulo, lässt hohen Lohn erlangen, hohe Förderung. Wie muss aber bedachtsam, Rāhulo, Ein- und Ausathmung geübt, wie gepflegt werden, auf dass sie hohen Lohn, hohe Förderung verleihe? Da begiebt sich, Rāhulo, der Mönch ins Innere des Waldes oder unter einen großen Baum oder in eine leere Klause, setzt sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Bedächtig athmet er ein, bedächtig athmet er aus. Athmet er tief ein, so weiß er ›Ich athme tief ein‹, athmet er tief aus, so weiß er ›Ich athme tief aus‹; athmet er kurz ein, so weiß er ›Ich athme kurz ein‹, athmet er kurz aus, so weiß er ›Ich athme kurz aus‹. ›Den ganzen Körper empfindend[S. 147] will ich einathmen‹, ›Den ganzen Körper empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich einathmen‹, ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Heiter empfindend will ich einathmen‹, ›Heiter empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Sälig empfindend will ich einathmen‹, ›Sälig empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedankenverbindung empfindend will ich einathmen‹, ›Die Gedankenverbindung empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Diese Gedankenverbindung besänftigend will ich einathmen‹, ›Diese Gedankenverbindung besänftigend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken empfindend will ich einathmen‹, ›Die Gedanken empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken ermunternd will ich einathmen‹, ›Die Gedanken ermunternd will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken einigend will ich einathmen‹, ›Die Gedanken einigend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken lösend will ich einathmen‹, ›Die Gedanken lösend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Vergänglichkeit wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die Vergänglichkeit wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Reizlosigkeit wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die Reizlosigkeit wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Ausrodung wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die Ausrodung wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Entfremdung wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die Entfremdung wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich.

»Also muss da, Rāhulo, Ein- und Ausathmung [S. 148]geübt, also gepflegt werden, auf dass sie hohen Lohn, hohe Förderung verleihe. Bei also geübter, Rāhulo, also gepflegter Ein- und Ausathmung {426} gehn auch die letzten Athemzüge bewusst aus, nicht unbewusst.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Rāhulo über das Wort des Erhabenen.[38]


63.

Siebenter Theil

Dritte Rede

DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ
– I –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da kam nun dem ehrwürdigen Māluṉkyāputto, während er einsam zurückgezogen sann, folgender Gedanke in den Sinn: ›Es giebt da manche Ansichten, die der Erhabene nicht mitgetheilt, gemieden, zurückgewiesen hat, als wie ‚Ewig ist die Welt‘ oder ‚Zeitlich ist die Welt‘, ‚Endlich ist die Welt‘ oder ‚Unendlich ist die Welt‘, ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘ oder ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘ oder ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘.[39] Das hat mir der Erhabene nicht mitgetheilt. Und dass es mir der [S. 149]Erhabene nicht mitgetheilt hat, das gefällt mir nicht, das behagt mir nicht. So will ich denn zum Erhabenen gehn und ihn darum befragen. Wenn es mir der Erhabene mittheilen kann, so will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen: wenn es mir aber der Erhabene nicht mittheilen kann, so werd’ ich die Askese aufgeben und zur Gewohnheit zurückkehren.‹

{427} Als nun der ehrwürdige Māluṉkyāputto gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Māluṉkyāputto also zum Erhabenen:

»Während ich da, o Herr, einsam zurückgezogen sann, kam mir folgender Gedanke in den Sinn: ›Es giebt da manche Ansichten, die der Erhabene nicht mitgetheilt, gemieden, zurückgewiesen hat, als wie ‚Ewig ist die Welt‘ oder ‚Zeitlich ist die Welt‘, ‚Endlich ist die Welt‘ oder ‚Unendlich ist die Welt‘, ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘ oder ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘ oder ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘. Das hat mir der Erhabene nicht mitgetheilt. Und dass es mir der Erhabene nicht mitgetheilt hat, das gefällt mir nicht, das behagt mir nicht. So will ich denn zum Erhabenen gehn und ihn darum befragen. Wenn es mir der Erhabene mittheilen kann, so will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen: wenn es mir aber der Erhabene nicht mittheilen kann, so werd’ ich die[S. 150] Askese aufgeben und zur Gewohnheit zurückkehren.‹ Wenn der Erhabene weiß ‚Ewig ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Ewig ist die Welt‘; wenn der Erhabene weiß ‚Zeitlich ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Zeitlich ist die Welt‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, so geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Endlich ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Endlich ist die Welt‘; wenn der Erhabene weiß ‚Unendlich ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Unendlich ist die Welt‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, so geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘; wenn der Erhabene weiß ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob Leben und Leib ein und dasselbe oder das Leben anders und anders der Leib ist, so geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘; wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘, {428} so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Der Vollendete besteht nicht nach[S. 151] dem Tode‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht, so geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘; wenn der Erhabene weiß ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob der Vollendete nach dem Tode besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht besteht, so geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘«

»Wie, hab’ ich denn, Māluṉkyāputto, also zu dir gesprochen: ›Komm’, o Māluṉkyāputto, führe bei mir das Asketenleben: ich will dir mittheilen, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib ein und dasselbe oder anders das Leben und anders der Leib ist, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht besteht‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»Oder hast etwa du also zu mir gesprochen: ›Ich will, o Herr, beim Erhabenen das Asketenleben führen: der Erhabene wird mir mittheilen, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib ein und dasselbe oder anders[S. 152] das Leben und anders der Leib ist, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht besteht‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»So ist klar, Māluṉkyāputto, dass weder ich dergleichen zu dir gesagt habe, noch auch du dergleichen zu mir gesagt hast. Ist es also, eitler Mann, wer bist du und wen bezichtigst du? — Wer da, Māluṉkyāputto, also spräche: ›Nicht eher will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen, bis mir der Erhabene mitgetheilt haben wird, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib ein und dasselbe, oder anders das Leben und anders der Leib ist, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht besteht‹, dem könnte, Māluṉkyāputto, der Vollendete nicht genug mittheilen: {429} denn jener stürbe hinweg.[40]

»Gleichwie etwa, Māluṉkyāputto, wenn ein Mann von einem Pfeile getroffen wäre, dessen Spitze mit Gift bestrichen wurde, und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, ob es ein Krieger oder ein Priester, ein Bürger oder ein Bauer ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, wie er heißt, woher er stammt oder hingehört‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn[S. 153] bevor ich nicht weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, ob es ein großer oder ein kleiner oder ein mittlerer Mensch ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, ob seine Hautfarbe schwarz oder braun oder gelb ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, in welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt er zuhause ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Bogen nicht kenne, der mich getroffen hat, ob es der kurze oder der lange gewesen‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich die Sehne nicht kenne, die mich getroffen hat, ob es eine Saite, ein Draht oder eine Flechse, ob es Schnur oder Bast war‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Schaft nicht kenne, der mich getroffen hat, ob er aus Rohr oder Binsen ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Schaft nicht kenne, der mich getroffen hat, mit was für Federn er versehn ist, ob mit Geierfedern oder Reiherfedern, mit Rabenfedern, Pfauenfedern oder Schnepfenfedern‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Schaft nicht kenne, der mich getroffen hat, mit was für Leder er umwickelt ist, mit Rindleder oder Büffelleder, mit Hirschleder oder Löwenleder‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich die Spitze nicht kenne, die mich getroffen hat, ob sie gerade oder krumm oder hakenförmig ist[41], oder ob sie wie ein Kalbzahn oder wie ein[S. 154] Oleanderblatt aussieht‹: {430} nicht genug könnte, Māluṉkyāputto, dieser Mann erfahren: denn er stürbe hinweg.

»Ebenso nun auch, Māluṉkyāputto, ist es wenn einer da spricht: ›Nicht eher will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen, bis mir der Erhabene mitgetheilt haben wird, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib ein und dasselbe oder anders das Leben und anders der Leib ist, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht besteht‹; nicht genug könnte, Māluṉkyāputto, der Vollendete einem solchen mittheilen: denn er stürbe hinweg.

»›Wenn die Ansicht ‚Ewig ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Zeitlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Ewig ist die Welt‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Zeitlich ist die Welt‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Endlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Unendlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Endlich ist die Welt‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Unendlich ist die Welt‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

[S. 155]

»›Wenn die Ansicht ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‚, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, {431} deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem[S. 156] Tode‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»Darum also, Māluṉkyāputto, mögt ihr was ich nicht mitgetheilt als nicht mitgetheilt, und was ich mitgetheilt als mitgetheilt halten.

»Was aber, Māluṉkyāputto, hab’ ich nicht mitgetheilt? ›Ewig ist die Welt‹, Māluṉkyāputto, hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Zeitlich ist die Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Endlich ist die Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Unendlich ist die Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Leben und Leib ist ein und dasselbe‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Anders ist das Leben und anders der Leib‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Der Vollendete besteht nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt. Und warum hab’ ich das, Māluṉkyāputto, nicht mitgetheilt? Weil es, Māluṉkyāputto, nicht heilsam, nicht urasketenthümlich ist, nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung führt: darum hab’ ich das nicht mitgetheilt.

»Was aber, Māluṉkyāputto, hab’ ich mitgetheilt? ›Das ist das Leiden‹, Māluṉkyāputto, hab’ ich mitgetheilt, ›Das ist die Leidensentwicklung‹ hab’ ich mitgetheilt, ›Das ist die Leidensauflösung‹ hab’ ich mitgetheilt. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹[S. 157] hab’ ich mitgetheilt. Und warum hab’ ich das, Māluṉkyāputto, mitgetheilt? Weil es, Māluṉkyāputto, heilsam, weil es urasketenthümlich ist, weil es zur Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führt: darum hab’ ich das mitgetheilt.

»Darum also, Māluṉkyāputto, mögt ihr was ich nicht mitgetheilt als nicht mitgetheilt, {432} und was ich mitgetheilt als mitgetheilt halten.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Māluṉkyāputto über das Wort des Erhabenen.


64.

Siebenter Theil

Vierte Rede

DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ
– II –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« — »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Wisst ihr noch, Mönche, was ich euch als die fünf niederzerrenden Fesseln gezeigt habe?«

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Māluṉkyāputto zum Erhabenen also:

»Ich weiß, o Herr, was der Erhabene als die fünf niederzerrenden Fesseln gezeigt hat.«

[S. 158]

»Inwiefern aber weißt du, Māluṉkyāputto, was ich als die fünf niederzerrenden Fesseln gezeigt habe?«

»Den Glauben an Persönlichkeit, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; den Zweifel, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; das Klammern an Tugendwerk, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; die Begehrlichkeit, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; die Gehässigkeit, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt. Also weiß ich, o Herr, wie der Erhabene die fünf niederzerrenden Fesseln gezeigt hat.«

»Wer hat dir nur, Māluṉkyāputto, weisgemacht, dass ich die fünf niederzerrenden Fesseln also gezeigt hätte? Könnten da nicht, Māluṉkyāputto, andersfährtige Pilger mit einem Gleichnisse vom Kindlein als Gegner entgegentreten? Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Persönlichkeit: {433} woher sollte ihn gar der Glaube an Persönlichkeit versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, Persönlichkeit zu glauben. Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von den Dingen: woher sollte ihn gar der Zweifel an den Dingen versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, zu zweifeln. Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Tugend: woher sollte ihn gar das Klammern an Tugendwerk versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, an Tugendwerk sich zu klammern. Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts[S. 159] von Begierden: woher sollte ihn gar die Begehrlichkeit der Begierden versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, Begierden zu fröhnen. Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Mitwesen: woher sollte ihn gar die Gehässigkeit gegen Mitwesen versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, zu hassen. Könnten da nicht, Māluṉkyāputto, andersfährtige Pilger mit diesem Gleichnisse vom Kindlein als Gegner entgegentreten?«[42]

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit, dass der Erhabene die fünf niederzerrenden Fesseln zeige: des Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren.«

»Wohlan denn, Ānando, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Da hat einer, Ānando, nichts erfahren, ist ein gewöhnlicher Mensch, ohne Sinn für das Heilige, der heiligen Lehre unkundig, der heiligen Lehre unzugänglich, ohne Sinn für das Edle, der Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen unzugänglich. Der Glaube an Persönlichkeit hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen, und wie man dem sehrenden Glauben an Persönlichkeit entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist dieser Glaube an Persönlichkeit, weil er ihn erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Der Zweifel hat sein[S. 160] Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen, und wie man dem sehrenden Zweifel entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist dieser Zweifel, weil er ihn erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Das Klammern an Tugendwerk hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen, und wie man dem sehrenden Klammern an Tugendwerk entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist dieses Klammern an Tugendwerk, weil er es erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Die Begehrsucht hat sein Herz umsponnen, {434} hat sein Herz umzogen, und wie man der sehrenden Begehrsucht entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist diese Begehrsucht, weil er sie erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Die Gehässigkeit hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen, und wie man der sehrenden Gehässigkeit entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist diese Gehässigkeit, weil er sie erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden.

»Doch der erfahrene heilige Jünger, Ānando, merkt das Heilige, ist der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre wohlzugänglich, merkt das Edle, ist der Lehre der Edlen kundig, der Lehre der Edlen wohlzugänglich. Der Glaube an Persönlichkeit hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie man dem sehrenden Glauben an Persönlichkeit entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet dieser Glaube an Persönlichkeit haltlos hinweg. Der Zweifel hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz[S. 161] nicht umzogen, und wie man dem sehrenden Zweifel entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet dieser Zweifel haltlos hinweg. Das Klammern an Tugendwerk hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie man dem sehrenden Klammern an Tugendwerk entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet dieses Klammern an Tugendwerk haltlos hinweg. Die Begehrsucht hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie man der sehrenden Begehrsucht entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet diese Begehrsucht haltlos hinweg. Die Gehässigkeit hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie man der sehrenden Gehässigkeit entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet diese Gehässigkeit haltlos hinweg.

»Dass einer, Ānando, hat er den Weg, hat er den Pfad nicht betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt, diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann: das ist unmöglich. Gleichwie man etwa, Ānando, bei einem großen, kernig dastehenden Baume, hat man die Rinde, hat man das Grünholz nicht weggeschnitten, unmöglich das Kernholz ausschneiden kann: ebenso nun auch, Ānando, ist es unmöglich, dass einer, hat er den Weg, hat er den Pfad nicht betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt, diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann.

»Dass aber einer, Ānando, hat er den Weg, hat er den Pfad betreten, {435} der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt, diese kennen oder sehn oder ihnen [S. 162]entgehn kann: das ist möglich. Gleichwie man etwa, Ānando, bei einem großen, kernig dastehenden Baume, hat man die Rinde, hat man das Grünholz weggeschnitten, wohl das Kernholz ausschneiden kann: ebenso nun auch, Ānando, ist es möglich, dass einer, hat er den Weg, hat er den Pfad betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt, diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann.

»Gleichwie etwa, Ānando, wenn der Gangesstrom, voll von Wasser, bis zum Rande reicht, Krähen schlürfbar; und es käme ein schwächlicher Mann herbei; ›Ich werde diesen Gangesstrom queer mit dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen‹; der könnte nicht den Gangesstrom queer mit dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen: ebenso nun auch, Ānando, ist da ein jeder, dessen Gemüth sich beim Darlegen der Auflösung der Persönlichkeit nicht angeregt, nicht erheitert, nicht beruhigt, nicht erleichtert fühlt, etwa jenem schwächlichen Manne zu vergleichen.

»Gleichwie etwa, Ānando, wenn der Gangesstrom, voll von Wasser, bis zum Rande reicht, Krähen schlürfbar; und es käme ein kräftiger Mann herbei: ›Ich werde diesen Gangesstrom queer mit dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen‹; der könnte den Gangesstrom queer mit dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen: ebenso nun auch, Ānando, ist da ein jeder, dessen Gemüth sich beim Darlegen der Auflösung der Persönlichkeit angeregt, erheitert, beruhigt, erleichtert fühlt, etwa jenem kräftigen Manne zu vergleichen.[43]

[S. 163]

»Was ist das aber, Ānando, für ein Weg, was für ein Pfad, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch, weil er dem Anhaften ausweicht, weil er die unheilsamen Dinge meidet, weil er die groben körperlichen Regungen gänzlich beschwichtigt hat, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen die sinnend gedenkende ruhegeborene sälige Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Und was dabei noch formbar, fühlbar, wahrnehmbar, unterscheidbar, bewusstbar ist, solche Dinge sieht er als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig an. Und von solchen Dingen säubert er sein Herz. Und hat er sein Herz von solchen Dingen gesäubert, so lenkt er es zu ewiger Artung hin: {436} ›Das ist die Ruhe, das ist das Ziel: dieses Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹ Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das ist aber, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt.

»Weiter sodann, Ānando: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung — die Weihe[S. 164] der dritten Schauung — die Weihe der vierten Schauung. Und was dabei noch formbar, fühlbar, wahrnehmbar, unterscheidbar, bewusstbar ist, solche Dinge sieht er als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig an. Und von solchen Dingen säubert er sein Herz. Und hat er sein Herz von solchen Dingen gesäubert, so lenkt er es zu ewiger Artung hin: ›Das ist die Ruhe, das ist das Ziel: dieses Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹ Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das ist aber, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt.

»Weiter sodann, Ānando: nach völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt der Mönch in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Und was dabei noch fühlbar, wahrnehmbar, [S. 165]unterscheidbar, bewusstbar ist, solche Dinge sieht er als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig an. Und von solchen Dingen säubert er sein Herz. Und hat er sein Herz von solchen Dingen gesäubert, so lenkt er es zu ewiger Artung hin: ›Das ist die Ruhe, das ist das Ziel: dieses Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹ Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung.{437} Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.

»Das ist nun, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt.«

»Ist dieses, o Herr, der Weg, dieses der Pfad, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt, woher kommt es dann, dass da manche Mönche gemütherlöst und manche weisheiterlöst sind?«

»Das kommt nun, sag’ ich, Ānando, von der Verschiedenheit ihrer Anlagen her.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen.[44]


[S. 166]

65.

Siebenter Theil

Fünfte Rede

BHADDĀLI

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« — »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Ich nehme, ihr Mönche, einmal des Tages Nahrung zu mir: einmal des Tages Nahrung, ihr Mönche, zu mir nehmend wahr’ ich mir Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So nehmet auch ihr denn, Mönche, einmal des Tages Nahrung zu euch: einmal des Tages Nahrung, ihr Mönche, zu euch nehmend werdet auch ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch wahren.«[45]

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen also:

»Ich, o Herr, vermag es nicht, einmal des Tages Nahrung zu mir zu nehmen: nur einmal des Tages Nahrung zu mir zu nehmen möchte mich verdrießen, möchte mich gereuen!«

»Dann also, Bhaddāli, magst du wo man dir Speise giebt einen Theil dort verzehren und einen Theil mitnehmen und später verzehren: {438} auch also, Bhaddāli, darf Speise dich fristen.«

»Auch also kann mich, o Herr, Speise nicht fristen:[S. 167] denn auch diese Fristung möchte mich verdrießen, möchte mich gereuen.«

Und der ehrwürdige Bhaddāli sprach da, wo der Erhabene ein Regelmaaß angab, wo die Jüngerschaft die Regel annahm, von seinem Unvermögen. Und der ehrwürdige Bhaddāli ließ sich diese ganzen drei Monate nicht vor dem Erhabenen sehn, weil er da im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nachkam.

Um diese Zeit nun war eine Anzahl Mönche damit beschäftigt, die Kleidung des Erhabenen auszubessern: »Ist die Kleidung fertig, so wird der Erhabene, da drei Monate um sind, wieder die Wanderschaft antreten.«

Da ging nun der ehrwürdige Bhaddāli zu jenen Mönchen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihnen und setzte sich zur Seite nieder. Und den ehrwürdigen Bhaddāli, der zur Seite saß, sprachen nun jene Mönche also an:

»Wir machen hier, Bruder Bhaddāli, die Kleidung des Erhabenen zurecht: ist die Kleidung fertig, so wird der Erhabene, da drei Monate um sind, wieder die Wanderschaft antreten. Sieh’ wohl zu, Bruder Bhaddāli, und lass’ dir diesen Wink gegeben sein, auf dass es dir später nicht schwerer falle.«

»Freilich, Brüder!« erwiderte da zustimmend der ehrwürdige Bhaddāli jenen Mönchen. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen also:

»Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen,[S. 168] der ich, wo der Erhabene ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von meinem Unvermögen gesprochen habe! So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der du, wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen hast. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Der Erhabene weilt in Sāvatthī, und der Erhabene wird von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Diesen Umstand nun hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Gar viele Mönche bringen die Regenzeit in Sāvatthī zu, {439} und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Gar viele Nonnen bringen die Regenzeit in Sāvatthī zu, und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Gar viele Anhänger, gar viele Anhängerinen befinden sich in Sāvatthī, und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch[S. 169] diesen Umstand hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Gar viele und verschiedene Büßer, Asketen und Priester, bringen die Regenzeit in Sāvatthī zu, und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, ein Jünger des Asketen Gotamo, einer der Oberen, kommt im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet.«

»Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der ich, wo der Erhabene ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von meinem Unvermögen gesprochen habe! So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der du, wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen hast. Was meinst du wohl, Bhaddāli: es sei hier ein Mönch ein Beiderseiterlöster, und ich spräche also zu ihm: ›Geh’ mir, du Mönch, und steige in Staub hinein‹: würde der nun hineinsteigen, oder aber seine Schritte anderswo hinlenken oder ›Nein‹ sagen?«

»Das nicht, o Herr!«

»Was meinst du wohl, Bhaddāli: es sei hier ein Mönch ein Weisheiterlöster, sei ein Körperzeuge, ein Aufgeklärter, ein Gläubigerlöster, ein Wissendergebener, sei ein Gläubigergebener[46], und ich spräche also zu ihm: ›Geh’ mir, du Mönch, und steige in Staub hinein‹:[S. 170] würde der nun hineinsteigen, oder aber seine Schritte anderswo hinlenken oder ›Nein‹ sagen?«

»Das nicht, o Herr!«

»Was meinst du wohl, Bhaddāli: bist du etwa damals ein Beiderseiterlöster gewesen, oder ein Weisheiterlöster, {440} oder ein Körperzeuge, oder ein Aufgeklärter, oder ein Gläubigerlöster, oder ein Wissendergebener, oder ein Gläubigergebener?«

»Freilich nicht, o Herr!«

»Bist du, Bhaddāli, damals nicht hohl und leer und verlassen gewesen?«

»So ist es, o Herr! Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der ich, wo der Erhabene die Regel des Ordens angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von meinem Unvermögen gesprochen habe! So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen, wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der du, wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen hast. Weil du nun aber, Bhaddāli, das Vergehn als Vergehn eingesehn und nach Gebühr bekannt hast, erkennen wir das von dir an. Denn ein Fortschritt ist es, Bhaddāli, im Orden des Heiligen, ein Vergehn als Vergehn einzusehn, nach Gebühr zu bekennen, in Zukunft an sich zu halten.

»Da kommt, Bhaddāli, ein Mönch im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach. Und er gedenkt bei[S. 171] sich: ›Wie, wenn ich nun einen abgelegenen Ruheplatz aufsuchte, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, {441}ein Streulager in der offenen Ebene, auf dass es mir doch etwa möglich wäre das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit zu verwirklichen!‹ Und er sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Und wie er dort abgesondert lebt rügt ihn der Meister, oder es rügen ihn, wohlüberlegt, verständige Ordensbrüder, oder es rügen ihn Gottheiten, oder er selber rügt sich. Und vom Meister gerügt, oder, wohlüberlegt, von verständigen Ordensbrüdern gerügt, oder von Gottheiten gerügt, oder von sich selber gerügt kann er das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht verwirklichen. Und warum nicht? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel nicht vollkommen genügt.

»Da kommt nun, Bhaddāli, ein Mönch im Meisterorden der Regel vollkommen nach. Und er gedenkt bei sich: ›Wie, wenn ich nun einen abgelegenen Ruheplatz aufsuchte, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene, auf dass es mir doch etwa möglich wäre das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit zu verwirklichen!‹ Und er sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Und wie er dort abgesondert lebt, rügt[S. 172] ihn der Meister nicht, und es rügen ihn, wohlüberlegt, verständige Ordensbrüder nicht, und es rügen ihn keine Gottheiten, und er selber rügt sich nicht. Und vom Meister ungerügt, und, wohlüberlegt, von verständigen Ordensbrüdern ungerügt, und von Gottheiten ungerügt, und ungerügt von sich selber kann er das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit verwirklichen. Gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Und warum das?[S. 173] Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Er erinnert sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. {442} Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er[S. 174] der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.«

Nach dieser Rede sprach der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen also:

»Was ist wohl, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass man da manchem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen hat? Und was ist wiederum, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass man da manchem Mönche nicht so oft und oft eine Bemerkung zu machen hat?«

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch wiederholt vergangen, sich vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er nicht. Da berathen, Bhaddāli, die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich wiederholt vergangen,[S. 175] vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, {443} das will ich thun‘, so spricht er nicht. Gut wär’ es, wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass ihm unser Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf, dass ihm ihr Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden ist. — Da hat sich nun, Bhaddāli, ein Mönch wiederholt vergangen, sich vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er. Da berathen, Bhaddāli, die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich wiederholt vergangen, vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er. Gut wär’ es, wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass ihm unser Vermerk alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf, dass ihm ihr Vermerk alsbald wieder entschwunden ist.

[S. 176]

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch nur selten[47] vergangen, nur wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er nicht. Da berathen, Bhaddāli, die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich nur selten vergangen, nur wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er nicht. Gut wär’ es, wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass ihm unser Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf, dass ihm ihr Vermerk {444} nicht alsbald wieder entschwunden ist. — Da hat sich nun, Bhaddāli, ein Mönch nur selten vergangen, nur wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er. Da berathen, Bhaddāli, die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich nur selten vergangen, nur wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem nicht auf ein anderes über,[S. 177] schweift vom Gegenstande nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘, so spricht er. Gut wär’ es, wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass ihm unser Vermerk alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf, dass ihm ihr Vermerk alsbald wieder entschwunden ist.

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch aus gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser Neigung: und die Mönche, Bhaddāli, berathen sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich aus gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser Neigung; wenn wir diesem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen haben, soll ihm, weil er nur ein gewisses Vertrauen, eine gewisse Neigung besitzt, nicht auch diese verloren gehn.‹ Gleichwie etwa, Bhaddāli, bei einem Manne, der ein Auge hat, seine Freunde und Verwandten dieses eine Auge hüten mögen: ›Nicht soll ihm, weil er nur dieses eine Auge besitzt, auch dieses verloren gehn‹: ebenso nun auch, Bhaddāli, hat sich da ein Mönch aus gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser Neigung: und die Mönche, Bhaddāli, berathen sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich aus gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser Neigung; wenn wir diesem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen haben, soll ihm, weil er nur ein gewisses Vertrauen, eine gewisse Neigung besitzt, nicht auch diese verloren gehn.‹

»Das ist, Bhaddāli, der Anlass, das ist der Grund, dass man da manchem Mönche oft und oft eine [S. 178]Bemerkung zu machen hat; und das ist wiederum, Bhaddāli, der Anlass, das ist der Grund, dass man da manchem Mönche nicht so oft und oft eine Bemerkung zu machen hat.«

»Was ist wohl, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, {445} dass es früher weniger Ordensregeln gab, aber mehr der Mönche gewiss bestanden? Und was ist wiederum, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass es heute mehr der Ordensregeln giebt, aber weniger Mönche gewiss bestehn?«

»Also ist es eben, Bhaddāli, wann die Wesen sich verschlechtern, wann die wahre Lehre untergeht, dass es mehr der Ordensregeln giebt, aber weniger Mönche gewiss bestehn. Nicht eher, Bhaddāli, giebt der Meister den Jüngern die Regel an, bis da nicht manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar werden. Sobald nun, Bhaddāli, da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar werden, dann giebt der Meister den Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn beruhenden Dinge zurückzuweisen. Nicht eher, Bhaddāli, werden da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, bis nicht der Orden Größe erreicht hat. Sobald nun, Bhaddāli, der Orden Größe erreicht hat, dann werden da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, dann giebt der Meister den Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn beruhenden Dinge zurückzuweisen. Nicht eher, Bhaddāli, werden da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, bis nicht der Orden hohe Gabe, hohen Ruhm, reiches Wissen, späte Jahre erreicht hat. Sobald nun, Bhaddāli, der Orden hohe Gabe, hohen Ruhm, reiches Wissen, späte Jahre erreicht[S. 179] hat, dann werden da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, dann giebt der Meister den Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn beruhenden Dinge zurückzuweisen.[48]

»Nicht viele seid ihr, Bhaddāli, damals gewesen, als ich euch im Gleichniss vom jungen Rosse die Lehre dargelegt habe; erinnerst du dich, Bhaddāli?«

»Nein, o Herr!«

»Und kannst du, Bhaddāli, den Grund angeben?«

»Doch wohl darum, o Herr, weil ich lange Zeit im Meisterorden der Regel nicht vollkommen genügt habe.«

»Nicht allein das, Bhaddāli, ist der Anlass, ist der Grund, denn ich habe dich, Bhaddāli, schon lange, im Geiste geistig erfassend, erkannt: ›Nicht mag dieser Thor, wann ich die Lehre darlege, achtsam, aufmerksam, mit ganzem Gemüthe hingegeben, offenen Ohres die Lehre hören.‹ Aber ich will dir, Bhaddāli, im Gleichniss vom jungen Rosse die Lehre darlegen: das höre du und achte {446} wohl auf meine Rede.«

»Ja, o Herr!« sagte da der ehrwürdige Bhaddāli aufmerksam zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Gleichwie etwa, Bhaddāli, ein gewandter Rossebändiger, wann er ein schönes edles Ross erhalten hat, zu allererst am Gebisse Uebungen ausführen lässt; und während es am Gebisse Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei Ungebührlichkeit, Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie zuvor solche Uebungen ausgeführt hat: aber durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges Ueben giebt es sich damit zufrieden. Sobald nun, Bhaddāli, das schöne edle Ross durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges Ueben sich damit zufriedengegeben hat, dann[S. 180] lässt es der Rossebändiger weitere Uebungen ausführen und schirrt es an; und während es angeschirrt Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei Ungebührlichkeit, Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie zuvor solche Uebungen ausgeführt hat: aber durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges Ueben giebt es sich damit zufrieden. Sobald nun, Bhaddāli, das schöne edle Ross durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges Ueben sich damit zufriedengegeben hat, dann lässt es der Rossebändiger weitere Uebungen ausführen und im Schritt gehn, im Trab gehn, Galopp laufen[49], er lässt es rennen und springen, bringt ihm königlichen Gang und königliche Haltung bei, er macht es zum schnellsten und flüchtigsten und verlässlichsten der Pferde; und während es also Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei Ungebührlichkeit, Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie zuvor solche Uebungen aufgeführt hat: aber durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges Ueben giebt es sich damit zufrieden. Sobald nun, Bhaddāli, das schöne edle Ross durch wiederholtes Ueben, durch allmähliges Ueben sich damit zufriedengegeben hat, dann lässt ihm der Rossebändiger noch die letzte Strählung und Striegelung angedeihen. Das sind, Bhaddāli, die zehn Eigenschaften, die ein schönes edles Ross dem Könige schicklich, dem Könige tauglich, eben als ›Königsgut‹ erscheinen lassen. Ebenso nun auch, Bhaddāli, sind es zehn Dinge, die einen Mönch Opfer und Spende, Gabe und Gruß verdienen, heiligste Stätte der Welt sein lassen: und welche zehn? Da eignet, Bhaddāli, einem Mönche untrüglich rechte Erkenntniss, untrüglich rechte Gesinnung, untrüglich rechte Rede, untrüglich rechtes Handeln, untrüglich[S. 181] rechtes Wandeln, untrüglich rechtes Mühn, untrüglich rechte Einsicht, {447} untrüglich rechte Einigung, untrüglich rechte Weisheit, untrüglich rechte Erlösung. Das sind, Bhaddāli, die zehn Dinge, die einen Mönch Opfer und Spende, Gabe und Gruß verdienen, heiligste Stätte der Welt sein lassen.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Bhaddāli über das Wort des Erhabenen.[50]


66.

Siebenter Theil

Sechste Rede

DAS GLEICHNISS VON DER WACHTEL

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Aṉguttarāper, bei einer Burg der Aṉguttarāper Namens Āpaṇam. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Und auch der ehrwürdige Udāyī ging, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als er, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das[S. 182] Mahl ein und begab sich dann in dieses Waldgehölz, für den Tag. Und er setzte sich im Inneren des Waldgehölzes am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Da kam nun dem ehrwürdigen Udāyī, während er einsam zurückgezogen sann, folgender Gedanke in den Sinn: ›Viel unsälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel sälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben! Viel unheilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel heilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben!‹

Als nun der ehrwürdige Udāyī gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. {448} Seitwärts sitzend sprach nun der ehrwürdige Udāyī also zum Erhabenen:

»Während ich da, o Herr, einsam zurückgezogen sann, kam mir folgender Gedanke in den Sinn: ›Viel unsälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel sälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben! Viel unheilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel heilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben!‹ Denn wir haben früher, o Herr, sowohl am Abend als am Morgen und zu Mittag, außer der Zeit, gegessen. Es war einmal, o Herr, ein Anlass, wo der Erhabene die Mönche ermahnte: ›Wohlan, ihr Mönche, jenes Mittagessen, außer der Zeit, sollt ihr lassen.‹ Da wurden wir nur betrübt, o Herr, wurden traurig: ›Was uns gläubige Hausleute mittags, außer der Zeit, an Speise und Trank Gutes darreichen, das hat uns der Erhabene zu lassen geheißen, das hat uns der [S. 183]Willkommene verleugnen geheißen.‹ Weil wir nun, o Herr, zum Erhabenen Liebe und Zutrauen hegten, schaamhaft und dehmüthig waren, so ließen wir davon ab, mittags, außer der Zeit, zu essen. Und so aßen wir denn, o Herr, abends und morgens. Es war aber einst ein Anlass, o Herr, wo der Erhabene die Mönche ermahnte: ›Wohlan, ihr Mönche, jenes Abendessen, außer der Zeit, sollt ihr lassen.‹ Da wurden wir wieder betrübt, o Herr, wurden traurig: ›Was für Mahlzeit von den beiden uns als die bessere gilt, die hat uns der Erhabene zu lassen geheißen, die hat uns der Willkommene verleugnen geheißen.‹ Einst hatte, o Herr, ein Mann zu Mittag ein Gericht erhalten, und er sprach also: ›Hebt es mir doch auf, abends wollen wir alle gemeinsam speisen.‹ Alles, o Herr, wird für den Abend bereitet, wenig für den Tag. Weil wir aber, o Herr, zum Erhabenen Liebe und Zutrauen hegten, schaamhaft und dehmüthig waren, so ließen wir davon ab, abends, außer der Zeit, zu essen. Einst gingen die Mönche, o Herr, im Dunkel der Dämmerung auf Almosen aus und geriethen in Pfützen, fielen in Tümpel, verstiegen sich in Dickicht, traten auf eine schlafende Kuh, kamen mit Menschen zusammen, mit feiernden oder beschäftigten, oder Weiber luden sie auf ungehörige Weise ein. Einst ging ich, o Herr, im Dunkel der Dämmerung auf Almosen aus. Da sah mich, o Herr, eine Frau, die im Rinnstein Geschirr wusch, und als sie mich gesehn rief sie entsetzt aus: ›Ha, weh’ mir, ein Gespenst!‹ Ich aber, o Herr, sprach also zur Frau: ›Kein Gespenst, o Schwester, ein Mönch steht um Almosen.‹ — {449} ›So bringt wohl ein Mönch den Leib um, so bringt wohl ein Mönch ein Weib um![51] Besser wär’ es dir,[S. 184] o Mönch, mit scharfem Schlachtmesser den Bauch aufschlitzen und nicht im Dunkel der Dämmerung um des Bauches willen auf Almosen ausgehn!‹ — Und weil ich, o Herr, mich dessen erinnerte, gedacht’ ich bei mir: ›Viel unsälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel sälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben! Viel unheilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel heilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben!‹«

»Ebenso nun aber, Udāyī, haben da gar manche Thoren, von mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich genau ist doch dieser Asket!‹[52] Und sie lassen nicht davon ab und setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige Fessel, eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer Block. Gleichwie etwa, Udāyī, eine Wachtel, mit einem Bande aus faulem Baste gebunden, eben dadurch in Verderben, in Noth oder Tod geräth: wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Das Band aus faulem Baste, womit diese Wachtel gebunden ist und wodurch sie in Verderben, in Noth oder Tod geräth, das ist ja für sie kein festes Band, ist ein schwaches Band, ein faules Band, ein haltloses Band‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Das Band aus faulem Baste, o Herr, womit diese Wachtel gebunden ist und wodurch sie in Verderben, in Noth oder Tod geräth, das ist ja für sie ein festes Band, ein tüchtiges Band, ein zähes Band, kein faules Band, ein schwerer Block.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche[S. 185] Thoren, von mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich genau ist doch dieser Asket!‹ Und sie lassen nicht davon ab und setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige Fessel, eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer Block.

»Und wieder haben da, Udāyī, gar manche edle Söhne, von mir ermahnt {450} ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu lassen ist, die uns der Erhabene zu lassen geheißen, die uns der Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben davon ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen sie gestillt, ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden im Gemüthe. Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine schwache Fessel, eine faule Fessel, ein haltlose Fessel.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein Königselephant, mit Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, der mit starken Riemen und Seilen gefesselt ist, nur gering den Körper bewegend diese Fesseln zerreißt und zertritt und hingeht wohin er will: wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Die starken Riemen und Seile, womit dieser Königselephant mit Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, gefesselt ist, und die er, nur gering den Körper bewegend, zerreißt und zertritt, um hinzugehn wohin er will, das sind ja feste Fesseln für ihn, tüchtige Fesseln, keine faulen Fesseln, ein schwerer Block‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

[S. 186]

»Gewiss nicht, o Herr! Die starken Riemen und Seile, o Herr, womit dieser Königselephant mit Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, gefesselt ist, nur gering den Körper bewegend zerreißt und zertritt er diese und geht hin wohin er will: das sind ihm wahrlich keine festen Fesseln, sind schwache Fesseln, faule Fesseln, haltlose Fesseln.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche edle Söhne, von mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu lassen ist, die uns der Erhabene zu lassen geheißen, die uns der Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben davon ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen sie gestillt, ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden im Gemüthe. Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine schwache Fessel, eine faule Fessel, eine haltlose Fessel.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Mann wäre, arm, unfrei, unselbständig; und er besäße ein einziges Häuschen, verfallen und zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht schön, eine einzige Lagerstatt[53], verfallen und zerfallen, durchaus nicht schön, einen einzigen Scheffel voll Getreidesaamen, {451} durchaus nicht schön, ein einziges Weib, durchaus nicht schön: und er sähe in einem Haine einen Mönch, mit rein gewaschenen Händen und Füßen, heiter blickend, nach eingenommenem Mahle, in kühlem Schatten sitzen, hohem Gedenken hingegeben. Und es würd’ ihm also zumuthe: ›Sälig ist, wahrlich, Asketenschaft, leidlos ist, wahrlich,[S. 187] Asketenschaft! O wär’ ich doch ein solcher, dass ich, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge!‹ Und er vermöchte nicht das eine Häuschen, verfallen und zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht schön, zu lassen, die eine Lagerstatt, verfallen und zerfallen, durchaus nicht schön, zu lassen, den einen Scheffel voll Getreidesaamen, durchaus nicht schön, zu lassen, das eine Weib, durchaus nicht schön, zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn. Wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Die Bande, womit dieser Mann gebunden nicht vermag das eine Häuschen, verfallen und zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht schön, zu lassen, die eine Lagerstatt, verfallen und zerfallen, durchaus nicht schön, zu lassen, den einen Scheffel voll Getreidesaamen, durchaus nicht schön, zu lassen, das eine Weib, durchaus nicht schön, zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn keine festen Bande, sind schwache Bande, faule Bande, haltlose Bande‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Die Bande, o Herr, womit dieser Mann gebunden nicht vermag das eine Häuschen, verfallen und zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht schön, zu lassen, die eine Lagerstatt, verfallen und zerfallen, durchaus nicht schön, zu lassen, den einen Scheffel voll Getreidesaamen, durchaus nicht schön, zu lassen, das eine Weib, durchaus nicht schön, zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem [S. 188]Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn feste Bande, tüchtige Bande, zähe Bande, keine faulen Bande, ein schwerer Block.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche Thoren, von mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich genau ist doch dieser Asket!‹ Und sie lassen nicht davon ab und setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige Fessel, eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer Block.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Hausvater wäre, {452} oder der Sohn eines Hausvaters, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt, im Besitze vieler Haufen Goldes, im Besitze vieler Massen Getreides, im Besitze vieler Felder und Wiesen, im Besitze vieler Häuser und Höfe, im Besitze vieler Schaaren von Frauen, im Besitze vieler Schaaren von Dienern, im Besitze vieler Schaaren von Dienerinen: und er sähe in einem Haine einen Mönch, mit rein gewaschenen Händen und Füßen, heiter blickend, nach eingenommenem Mahle, in kühlem Schatten sitzen, hohem Gedenken hingegeben. Und es würd’ ihm also zumuthe: ›Sälig ist, wahrlich, Asketenschaft, leidlos ist, wahrlich, Asketenschaft! O wär’ ich doch ein solcher, dass ich, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge!‹ Und er vermöchte die vielen Haufen Goldes zu lassen, die vielen Massen Getreides zu lassen, die vielen Felder und Wiesen zu lassen, die vielen[S. 189] Häuser und Höfe zu lassen, die vielen Schaaren von Frauen zu lassen, die vielen Schaaren von Dienern zu lassen, die vielen Schaaren von Dienerinen zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn. Wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Die Bande, womit dieser Mann gebunden vermag viele Haufen Goldes zu lassen, viele Massen Getreides zu lassen, viele Felder und Wiesen zu lassen, viele Häuser und Höfe zu lassen, viele Schaaren von Frauen zu lassen, viele Schaaren von Dienern zu lassen, viele Schaaren von Dienerinen zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn feste Bande, tüchtige Bande, zähe Bande, keine faulen Bande, ein schwerer Block‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Die Bande, o Herr, womit dieser Mann gebunden vermag viele Haufen Goldes zu lassen, viele Massen Getreides zu lassen, viele Felder und Wiesen zu lassen, viele Häuser und Höfe zu lassen, viele Schaaren von Frauen zu lassen, viele Schaaren von Dienern zu lassen, viele Schaaren von Dienerinen zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn keine festen Bande, sind schwache Bande, faule Bande, haltlose Bande.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche edle Söhne, von mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu lassen ist, die uns der [S. 190]Erhabene zu lassen geheißen, die uns der Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben davon ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen sie gestillt, {453} ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden im Gemüthe. Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine schwache Fessel, eine faule Fessel, eine haltlose Fessel.

»Vier Arten von Menschen, Udāyī, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Udāyī, ein Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen, kommen ihn mit Anhaften verbundene Erinnerungen an: und er gönnt ihnen Raum, verleugnet sie nicht, vertreibt sie nicht, vertilgt sie nicht, erstickt sie nicht im Keime. Einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt, nicht entfesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī, bei diesem Menschen gemerkt habe. Da ist ferner, Udāyī, ein Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen, kommen ihn mit Anhaften verbundene Erinnerungen an: und er gönnt ihnen keinen Raum, verleugnet sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im Keime. Auch einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt, nicht entfesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī, bei diesem Menschen gemerkt habe. Da ist ferner, Udāyī, ein Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen,[S. 191] kommen ihn gelegentlich hie und da wirre Gedanken, mit Anhaften verbundene Erinnerungen an. Langsam, Udāyī, treten die Gedanken auf, aber gar eilig verleugnet er sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im Keime. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann auf eine tagüber am Feuer glühende eiserne Pfanne zwei oder drei Wassertropfen herabträufeln ließe — langsam, Udāyī, wäre der Fall der Tropfen, aber gar eilig würden sie aufgelöst und verschwunden sein —: ebenso nun auch, Udāyī, ist da ein Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen, kommen ihn gelegentlich hie und da wirre Gedanken, mit Anhaften verbundene Erinnerungen an. Langsam, Udāyī, treten die Gedanken auf, aber gar eilig verleugnet er sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im Keime. Auch einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt, nicht entfesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī, {454} bei diesem Menschen gemerkt habe. Und ferner, Udāyī, hat da ein Mensch gemerkt ›Anhaften ist des Leidens Wurzel‹, und er haftet nirgend an und ist im Versiegen des Anhaftens erlöst. Einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich entfesselt, nicht gefesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī, bei diesem Menschen gemerkt habe.

»Fünf Begehrungen, Udāyī, giebt es: welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem[S. 192] Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Udāyī, die fünf Begehrungen. Was da, Udāyī, Wohl und Erwünschtes diesen fünf Begehrungen gemäß geht, das nennt man Begierdenwohl, kothiges Wohl, gemeines Menschenwohl, unheiliges Wohl. Nicht zu pflegen, nicht zu hegen, nicht zu mehren ist es: zu hüten hat man sich vor solchem Wohle, sag’ ich.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erwirkt er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine,[S. 193] die vierte Schauung. Das nennt man Wohl der Entsagung, Wohl der Einsamkeit, Wohl der Beruhigung, Wohl der Erwachung. Zu pflegen und zu hegen und zu mehren ist es: nicht zu hüten hat man sich vor solchem Wohle, sag’ ich.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das aber nenn’ ich, Udāyī, der Regung unterworfen: und was ist da der Regung unterworfen? Was eben dabei als Sinnen und Gedenken nicht ausgerodet ist, das gilt hier als Regung. Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, der Regung unterworfen: und was ist da der Regung unterworfen? Was eben dabei als sälige Heiterkeit nicht ausgerodet ist, das gilt hier als Regung. Da verweilt, Udāyī, ein Mönch in heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, der Regung unterworfen: und was ist da der Regung unterworfen? Was eben dabei als säliger Gleichmuth nicht ausgerodet ist, {455} das gilt hier als Regung. Da erwirkt, Udāyī, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die[S. 194] vierte Schauung. Und das nenn’ ich, Udāyī, keiner Regung unterworfen.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das aber nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da verweilt, Udāyī, ein Mönch in heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da erwirkt, Udāyī, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, [S. 195]Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes. Das ist hier die Ueberwindung.[54] Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins. Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da erreicht, Udāyī ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Nichtdaseinsphäre die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung. {456} Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da erreicht, Udāyī, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung die Auflösung der Wahrnehmbarkeit. Das ist hier die Ueberwindung. Und so sag’ ich denn, Udāyī, dass auch die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung zu überschreiten sei. Siehst du etwa, Udāyī, eine Fessel, fein oder gemein, die zu lassen ich nicht geheißen habe?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

[S. 196]

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Udāyī über das Wort des Erhabenen.[55]


67.

Siebenter Theil

Siebente Rede

VOR CĀTUMĀ

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Cātumā, im Āmalakīwalde.[56]

Zu dieser Zeit nun waren mit Sāriputto und Moggallāno gegen fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn. Und diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden Mönchen freundlich begrüßten und denen Sitz und Lagerstatt angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wurde, machten lauten Lärm, großen Lärm. Da nun wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Was ist das nur, Ānando, für lauter Lärm, großer Lärm? Als ob Fischer um die Beute rauften.«

»Es sind da, o Herr, mit Sāriputto und Moggallāno gegen fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn. Und diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden Mönchen freundlich begrüßen und denen Sitz und Lagerstatt angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wird, machen lauten Lärm, großen Lärm.«

»So geh’ denn, Ānando, und sage den Mönchen in meinem Namen: Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

[S. 197]

»Wohl, o Herr!« erwiderte der ehrwürdige Ānando, dem Erhabenen gehorchend, und begab sich dorthin wo jene Mönche weilten. Dort angelangt sprach er also zu ihnen: »Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Gut, o Bruder, wir kommen!« erwiderten jene Mönche dem ehrwürdigen Ānando und begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. {457} Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Und zu den Mönchen, die da seitwärts saßen, sprach der Erhabene also:

»Was macht ihr nur, Mönche, für lauten Lärm, großen Lärm? Als ob Fischer um die Beute rauften.«

»Es sind hier, o Herr, mit Sāriputto und Moggallāno gegen fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn. Und eben diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden Mönchen freundlich begrüßen und denen Sitz und Lagerstatt angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wird, machen lauten Lärm, großen Lärm.«

»Geht weiter, Mönche, ich entlass’ euch: nicht sollt ihr bei mir sein.«

»Also, Herr!« erwiderten jene Mönche, dem Erhabenen gehorchend, standen von ihren Sitzen auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, schritten rechts herum, brachten ihr Lager in Ordnung, nahmen Mantel und Schaale und zogen von dannen.

Um diese Zeit nun waren die Sakyerfürsten von Cātumā im städtischen Herrenhause zusammengekommen, irgend eine Angelegenheit zu berathen. Es sahn aber die Sakyerfürsten von Cātumā jene Mönche wie sie von ferne heranzogen, und als sie die Mönche[S. 198] gesehn gingen sie ihnen entgegen und sprachen sie also an:

»Ei, wo geht ihr denn, Ehrwürdige, wieder hin?«

»Der Erhabene, ihr Lieben, hat die Mönchgemeinde entlassen.«

»So nehmt doch, Ehrwürdige, eine Weile hier Platz: vielleicht gelingt es uns den Erhabenen zu versöhnen.«

»Gern, ihr Lieben!« erwiderten jene Mönche den Sakyerfürsten von Cātumā.

Und die Sakyerfürsten von Cātumā begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprachen nun die Sakyerfürsten von Cātumā zum Erhabenen also:

»Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden! Es sind hier, o Herr, neue Mönche, erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, zarte Schößlinge ohne Wasser zu bekommen verkümmern und verderben möchten, {458} ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, ein zartes Kalb von der Mutter getrennt [S. 199]verkümmern und verderben möchte, ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden!«

Nun aber gewahrte Brahmā Sahampati des Erhabenen Herzenserwägung im Herzen; und so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, verschwand er da aus der Brahmawelt und erschien vor dem Erhabenen. Und Brahmā Sahampati entblößte eine Schulter, faltete die Hände zum Erhabenen und sprach zum Erhabenen also:

»Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden! Es sind hier, o Herr, neue Mönche, erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, zarte Schößlinge ohne Wasser zu bekommen verkümmern und verderben möchten, ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese[S. 200] Lehre und Ordnung eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, ein zartes Kalb von der Mutter getrennt verkümmern und verderben möchte, ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, {459} ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden!«

Und es gelang den Sakyerfürsten von Cātumā und Brahmā Sahampati den Erhabenen zu versöhnen, durch das Gleichniss vom Schößling und durch das Gleichniss vom Kalbe.[57] Und der ehrwürdige Mahāmoggallāno wandte sich an die Mönche:

»Steht auf, ihr Brüder, und nehmt Mantel und Schaale: versöhnt ist der Erhabene von den Sakyerfürsten aus Cātumā und von Brahmā Sahampati, durch das Gleichniss vom Schößling und durch das Gleichniss vom Kalbe.«

»Wohl, o Bruder!« sagten da jene Mönche, dem ehrwürdigen Mahāmoggallāno willfahrend; und sie standen auf, nahmen Mantel und Schaale und begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Und zum ehrwürdigen Sāriputto, der an der Seite saß, sprach der Erhabene also:

[S. 201]

»Was dachtest du, Sāriputto, da ich die Mönchgemeinde entließ?«

»Also dacht’ ich, o Herr, da der Erhabene die Mönchgemeinde entließ: ›Selbstgenugsam will jetzt der Erhabene säliger Gegenwart genießen, und auch wir wollen jetzt selbstgenugsam säliger Gegenwart genießen.‹«

»Gehe du, Sāriputto, gehe du, Sāriputto: und nicht wieder, Sāriputto, sollst du einen solchen Gedanken hegen.«

Und der Erhabene wandte sich an den ehrwürdigen Mahāmoggallāno:

»Was dachtest du, Moggallāno, da ich die Mönchgemeinde entließ?«

»Also dacht’ ich, o Herr, da der Erhabene die Mönchgemeinde entließ: ›Selbstgenugsam will jetzt der Erhabene säliger Gegenwart genießen, ich aber und der ehrwürdige Sāriputto werden uns jetzt der Mönchgemeinde annehmen.‹«

»Gut, gut, Moggallāno: sei es eben ich, der sich da der Mönchgemeinde annimmt, sei es eben Sāriputto und Moggallāno.«

Und der Erhabene wandte sich nun an die Mönche:

»Vier Gefahren, ihr Mönche, sind da bei einem Badenden zu gewärtigen: welche vier? Die Gefahr der Woge, die Gefahr des Krokodils, die Gefahr des Strudels, die Gefahr des Haies. Das, ihr Mönche, sind die vier Gefahren, die bei einem Badenden zu gewärtigen sind. Ebenso nun auch, ihr Mönche, sind da vier Gefahren bei manchem Menschen zu gewärtigen, der in diese Lehre und Ordnung, aus dem Hause in die [S. 202]Hauslosigkeit gezogen ist: welche vier? {460} Die Gefahr der Woge, die Gefahr des Krokodils, die Gefahr des Strudels, die Gefahr des Haies.

»Was ist aber, ihr Mönche, die Gefahr der Woge? Da ist, ihr Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!‹[58] Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt, und seine Ordensbrüder belehren ihn, ermahnen ihn: ›So sollst du herzugehn, so sollst du hinweggehn, so sollst du aufblicken, so sollst du wegblicken, so sollst du dich neigen, so sollst du dich heben, so sollst du des Ordens Gewand und Almosenschaale tragen.‹ Und es wird ihm also zumuthe: ›Wir, die wir früher als Hausleute lebten, haben andere belehrt und ermahnt: und diese, die wohl unsere Kinder, wohl unsere Enkel sein könnten, meinen uns belehren und ermahnen zu müssen!‹ Und er giebt die Askese auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche, sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr der Woge die Askese aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr der Woge‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für Zorn und Verzweiflung.

»Was aber, ihr Mönche, ist die Gefahr des Krokodils? Da ist, ihr Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung,[S. 203] in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt, und seine Ordensbrüder belehren ihn, ermahnen ihn: ›Das darfst du kauen, das darfst du nicht kauen, das darfst du essen, das darfst du nicht essen, das darfst du schmecken, das darfst du nicht schmecken, das darfst du trinken, das darfst du nicht trinken; Geziemendes darfst du kauen, Ungeziemendes darfst du nicht kauen, Geziemendes darfst du essen, Ungeziemendes darfst du nicht essen, Geziemendes darfst du schmecken, Ungeziemendes darfst du nicht schmecken, Geziemendes darfst du trinken, Ungeziemendes darfst du nicht trinken; zur Zeit darfst du kauen, zur Unzeit darfst du nicht kauen, zur Zeit darfst du essen, zur Unzeit darfst du nicht essen, zur Zeit darfst du schmecken, zur Unzeit darfst du nicht schmecken, zur Zeit darfst du trinken, zur Unzeit darfst du nicht trinken.‹ Und es wird ihm also zumuthe: {461} ›Wir, die wir früher als Hausleute lebten, haben gekaut was wir wollten, und was wir nicht wollten, das haben wir nicht gekaut, haben gegessen was wir wollten, und was wir nicht wollten, das haben wir nicht gegessen, haben geschmeckt was wir wollten, und was wir nicht wollten, das haben wir nicht geschmeckt, haben getrunken was wir wollten, und was wir nicht wollten, das haben wir nicht getrunken; Geziemendes haben wir gekaut, und Ungeziemendes haben wir gekaut, Geziemendes haben wir gegessen, und Ungeziemendes haben wir gegessen, Geziemendes haben wir geschmeckt, und Ungeziemendes haben wir geschmeckt, Geziemendes haben wir getrunken, und Ungeziemendes haben wir [S. 204]getrunken; zur Zeit haben wir gekaut, und zur Unzeit haben wir gekaut, zur Zeit haben wir gegessen, und zur Unzeit haben wir gegessen, zur Zeit haben wir geschmeckt, und zur Unzeit haben wir geschmeckt, zur Zeit haben wir getrunken, und zur Unzeit haben wir getrunken. Wenn uns gläubige Hausleute mittags zur Unzeit an Speise und Trank Gutes darreichen, so halten uns diese hier gleichsam den Mund zu!‹ Und er giebt die Askese auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche, sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Krokodils die Askese aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr des Krokodils‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für Gefräßigkeit.

»Was aber, ihr Mönche, ist die Gefahr des Strudels? Da ist, ihr Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt, und er geht, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Dorfe oder nach der Stadt um Almosenspeise, aber ohne den Körper zu hüten, ohne die Rede zu hüten, ohne die Einsicht gewärtig zu halten, ohne die Sinne gezügelt zu haben. Und da erblickt er einen Hausvater, oder den Sohn eines Hausvaters, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Und es wird ihm also zumuthe: ›Wir, die wir früher als Hausleute lebten, waren mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Wir sind reich[S. 205] zuhause: man kann den Reichthum genießen und Gutes thun!‹ Und er giebt die Askese auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche, sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Strudels die Askese aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr des Strudels‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für die fünf Begehrungen.

»Und was ist, ihr Mönche, die Gefahr des Haies? {462} Da ist, ihr Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt, und er geht, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Dorfe oder nach der Stadt um Almosenspeise, aber ohne den Körper zu hüten, ohne die Rede zu hüten, ohne die Einsicht gewärtig zu halten, ohne die Sinne gezügelt zu haben. Und da erblickt er ein Weib, halb angekleidet nur oder nur halb verhüllt. Und weil er ein Weib gesehn hat, halb angekleidet nur oder nur halb verhüllt, wird sein Herz von Gier geschwellt. Und weil sein Herz von Gier geschwellt ist, giebt er die Askese auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche, sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Haies die Askese aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr des Haies‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für das Weib.

»Das sind, ihr Mönche, die vier Gefahren, die man[S. 206] da, bei manchem Menschen, der in diese Lehre und Ordnung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen ist, zu gewärtigen hat.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


68.

Siebenter Theil

Achte Rede

VOR NAḶAKAPĀNAM

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Reiche der Kosaler, bei Naḷakapānam, im Laubwalde.[59]

Zu dieser Zeit nun waren gar viele wohlbekannte, wohlangesehne edle Söhne um des Erhabenen willen, von Zutrauen bewogen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen[60], der ehrwürdige Anuruddho, der ehrwürdige Nandiyo und der ehrwürdige Kimbilo, der ehrwürdige Bhagu und der ehrwürdige Kuṇḍadhāno, der ehrwürdige Revato und der ehrwürdige Ānando, und noch andere wohlbekannte, wohlangesehne edle Söhne.

Da saß denn einst der Erhabene, von der Mönchgemeinde umgeben, unter freiem Himmel. {463} Und der Erhabene wandte sich, in Beziehung auf jene edlen Söhne, also an die Mönche:

»Jene edlen Söhne, ihr Mönche, die um meinetwillen, von Zutrauen bewogen, aus dem Hause in die[S. 207] Hauslosigkeit gewandert sind, vielleicht sind, ihr Mönche, diese Mönche mit dem Asketenthum wohlzufrieden.«

Auf diese Worte blieben die Mönche schweigsam. Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal wandte sich der Erhabene, in Beziehung auf jene edlen Söhne, also an die Mönche:

»Jene edlen Söhne, ihr Mönche, die um meinetwillen, von Zutrauen bewogen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert sind, vielleicht sind, ihr Mönche, diese Mönche mit dem Asketenthum wohlzufrieden.«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal verharrten die Mönche in Schweigen. Und der Erhabene sprach zu sich: ›Wie, wenn ich nun diese edlen Söhne selbst fragte?‹ Und der Erhabene wandte sich also an den ehrwürdigen Anuruddho:

»Seid ihr denn, Anuruddher, mit dem Asketenthum wohlzufrieden?«

»Freilich, o Herr, sind wir mit dem Asketenthum wohlzufrieden.«

»Recht so, recht so, Anuruddher. Das steht euch an, Anuruddher, die ihr als edle Söhne von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gegangen, dass ihr mit dem Asketenthum wohlzufrieden seid. Die glückliche Jugend, Anuruddher, die euch in erster Mannesblüthe glänzend dunkelhaarig die Welt genießen lassen könnte, diese glückliche Jugend, Anuruddher, hat euch in erster Mannesblüthe glänzend dunkelhaarig aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinausziehn heißen. Denn euch, Anuruddher, hat ja kein König gezwungen aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu wandern, kein Räuber, keine Schuldenlast, keine Furcht, keine [S. 208]Lebensnothdurft hat euch vermocht aus dem Hause in die Hauslosigkeit fortzuziehn, sondern ihr habt gemerkt: ›Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Seid ihr, Anuruddher, nicht also von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gegangen?«

»Ja, o Herr!«

»Und wer also entsagt hat, Anuruddher, als edler Sohn, was mag der zu thun haben? Wer fern, Anuruddher, von Wünschen, fern von Schlechtem, keine heitere Säligkeit findet oder Anderes, noch Besseres, dessen Gemüth wird von Gier erfasst und gefesselt, wird von Hass erfasst und gefesselt, wird von matter Müde erfasst und gefesselt, wird von stolzem Unmuth erfasst und gefesselt, wird von schwankender Ungewissheit erfasst und gefesselt, {464} wird von Unlust erfasst und gefesselt, wird von Trägheit erfasst und gefesselt; fern, Anuruddher, von Wünschen, fern von Schlechtem findet er keine heitere Säligkeit oder Anderes, noch Besseres: wer fern, Anuruddher, von Wünschen, fern von Schlechtem heitere Säligkeit findet und Anderes, noch Besseres, dessen Gemüth wird von keiner Gier erfasst und gefesselt, wird von keinem Hass erfasst und gefesselt, wird von keiner matten Müde erfasst und gefesselt, wird von keinem stolzen Unmuth erfasst und gefesselt, wird von keiner schwankenden Ungewissheit erfasst und gefesselt, wird von keiner Unlust erfasst und gefesselt, wird von keiner Trägheit erfasst und gefesselt; fern, [S. 209]Anuruddher, von Wünschen, fern von Schlechtem findet er heitere Säligkeit und Anderes, noch Besseres.

»Vielleicht, Anuruddher, meint ihr von mir: ›Der Wahn, der besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende, der ist vom Vollendeten nicht überstanden; darum mag der Vollendete eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen.‹«

»Nicht doch, o Herr, denken wir vom Erhabenen also: ›Der Wahn, der besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende, der ist vom Vollendeten nicht überstanden; darum mag der Vollendete eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen‹, sondern also denken wir, o Herr, vom Erhabenen: ›Der Wahn, der besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende, der ist vom Vollendeten überstanden; darum mag der Vollendete eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen.‹«

»Recht so, recht so, Anuruddher. Der Vollendete, Anuruddher, hat den Wahn, den besudelnden, Wiederdasein säenden, entsetzlichen, Leiden ausbrütenden, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugenden, überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so dass er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann. Gleichwie etwa, Anuruddher, eine Palme, der man die Krone abgeschnitten hat, nicht [S. 210]wieder emporwachsen kann, ebenso auch, Anuruddher, hat der Vollendete den Wahn, den besudelnden, Wiederdasein säenden, entsetzlichen, Leiden ausbrütenden, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugenden, überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so dass er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann; darum mag der Vollendete eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen.[61]

»Was meint ihr wohl, Anuruddher: welcher Umstand veranlasst den Vollendeten die Jünger, die dahingegangen, gestorben sind, je nach ihrer Auferstehung zu offenbaren: ›Jener ist da auferstanden, dieser ist dort auferstanden‹?«

{465} »Vom Erhabenen stammt unser Wissen, o Herr, vom Erhabenen geht es aus, auf den Erhabenen geht es zurück. Gut wär’ es, o Herr, wenn doch der Erhabene den Sinn solcher Rede erklären wollte! Das Wort des Erhabenen werden die Mönche bewahren.«

»Nicht eben, Anuruddher, für die Neugier der Leute, nicht zum Gerede der Leute, nicht um Almosen, Ehre und Ruhm zu erlangen, nicht in der Absicht[62]: ›Man soll mich erkennen!‹, offenbart der Vollendete die Jünger, die dahingegangen, gestorben sind, je nach ihrer Auferstehung: ›Jener ist da auferstanden, dieser ist dort auferstanden‹, sondern weil es, Anuruddher, edle Söhne giebt, die Zuversicht hegen, hohe Begeisterung, hohe Freude; und haben die das gehört, so wenden sie das Herz dahin: denen, Anuruddher, gereicht es lange zum Wohle, zum Heile.

»Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden: Der und[S. 211] der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Gewiss bestanden.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Mönch sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden: Der und der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Mönch sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden: Der und der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert, wird er nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und er[S. 212] hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, {466} gewinnt ein Mönch sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden: Der und der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln wird er zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung entgegeneilen.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Mönch sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Gewiss bestanden.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer[S. 213] Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Nonne sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Nonne sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert, wird sie nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher,[S. 214] gewinnt eine Nonne sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln wird sie zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung entgegeneilen.‹ {467} Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Nonne sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, ein Anhänger reden: Der und der Anhänger ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Anhänger sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, ein Anhänger reden: Der und der Anhänger ist gestorben, und der[S. 215] Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert, wird er nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Anhänger sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, ein Anhänger reden: Der und der Anhänger ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln wird er zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung entgegeneilen.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein Anhänger sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, eine Anhängerin reden: Die und die Anhängerin ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf [S. 216]niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ {468} Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, eine Anhängerin reden: Die und die Anhängerin ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert, wird sie nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe. — Da hört, Anuruddher, eine Anhängerin reden: Die und die Anhängerin ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln wird sie zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung entgegeneilen.‹ Und[S. 217] sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe.

»Und somit, Anuruddher, ist es nicht für die Neugier der Leute, nicht zum Gerede der Leute, nicht um Almosen, Ehre und Ruhm zu erlangen, nicht in der Absicht: ›Man soll mich erkennen!‹, dass der Vollendete Jünger, die dahingegangen, gestorben sind, je nach ihrer Auferstehung offenbart: ›Jener ist da auferstanden, dieser ist dort auferstanden‹, sondern weil es, Anuruddher, edle Söhne giebt, die Zuversicht hegen, hohe Begeisterung, hohe Freude; und haben die das gehört, so wenden sie das Herz dahin: denen, Anuruddher, gereicht es lange zum Wohle, zum Heile.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Anuruddho über das Wort des Erhabenen.


[S. 218]

69.

Siebenter Theil

Neunte Rede

GULISSĀNI

{469} Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Um diese Zeit nun war ein Mönch Namens Gulissāni, ein Waldeinsiedler, ein Höhlenasket, zu den Ordensbrüdern auf Besuch gekommen, zu irgend einem Zwecke. Da nun wandte sich der ehrwürdige Sāriputto, in Beziehung auf den Mönch Gulissāni, also an die Mönche:

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat die Ordensasketen mit Achtung zu behandeln und Ergebenheit. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, die Ordensasketen ohne Achtung behandelt und ohne Ergebenheit, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er seine Ordensbrüder ohne Achtung behandelt und ohne Ergebenheit!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, die Ordensasketen mit Achtung zu behandeln und Ergebenheit.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat zu wissen wie man Platz nimmt, so zwar: ›Die alten Mönche werd’ ich nicht aufstehn lassen um mich zu setzen, die jungen Mönche nicht von ihren Sitzen gehn heißen.‹ Wenn, ihr Brüder, ein[S. 219] Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, nicht weiß wie man Platz nimmt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er nicht einmal die Regeln des Betragens kennt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, zu wissen wie man Platz nimmt.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat nicht zur Unzeit nach dem Dorfe zu gehn, nicht bis Mittag auszubleiben. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, zur Unzeit nach dem Dorfe geht, bis Mittag ausbleibt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er zur Unzeit nach dem Dorfe geht, bis Mittag ausbleibt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, nicht zur Unzeit nach dem Dorfe zu gehn, nicht bis Mittag auszubleiben.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, {470} hat nicht vor dem Mahl und nach dem Mahl bei den Häusern um Almosen zu stehn. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, vor dem Mahl und nach dem Mahl bei den Häusern um Almosen steht, so sagt man von ihm: ›Nun hat sich gar dieser Waldeinsiedler, der allein im Walde für sich lebt, an den Gang zur Unzeit gewöhnt; selbst als Ordensasket lässt er sich verleiten!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt,[S. 220] nicht vor dem Mahl und nach dem Mahl bei den Häusern um Almosen zu stehn.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat weder stolz zu sein noch unstet. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, stolz ist und unstet, so sagt man von ihm: ›Nun hat sich gar dieser Waldeinsiedler, der allein im Walde für sich lebt, an Stolz und Unstete gewöhnt; selbst als Ordensasket lässt er sich verleiten!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, weder stolz zu sein noch unstet.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat nicht gesprächig zu sein und vielrednerisch. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, gesprächig ist und vielrednerisch, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er gesprächig ist und vielrednerisch!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, nicht gesprächig zu sein und vielrednerisch.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat sanft zu reden und gütig. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, beißend redet und boshaft, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er beißend redet und boshaft!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den[S. 221] Orden aufsucht, im Orden verweilt, sanft zu reden und gütig.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, hat die Thore der Sinne zu hüten. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, die Thore der Sinne nicht hütet, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, {471} da er die Thore der Sinne nicht hütet!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler die Thore der Sinne zu hüten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat beim Essen Maaß zu halten. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler beim Essen kein Maaß kennt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er beim Essen kein Maaß kennt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler beim Essen Maaß zu halten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich der Wachsamkeit zu weihen. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler die Wachsamkeit versäumt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er die Wachsamkeit versäumt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat sich ein Waldeinsiedler der Wachsamkeit zu weihen.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich eifrig zu üben. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler feige verzagt ist, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er feige verzagt ist!‹: also[S. 222] spricht man von ihm. Darum hat sich ein Waldeinsiedler eifrig zu üben.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich die Einsicht gewärtig zu halten. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler der Einsicht vergisst, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er der Einsicht vergisst!‹: also spricht man von ihm. Darum hat sich ein Waldeinsiedler die Einsicht gewärtig zu halten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat gesammelt zu sein. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler zerstreut ist, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er zerstreut ist!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler gesammelt zu sein.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat weise zu sein. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler thörig ist, so sagt man von ihm: {472} ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er thörig ist!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler weise zu sein.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über die Lehre und über die Regel ernstlich nachzudenken. Es kommt vor, ihr Brüder, dass man einem Waldeinsiedler über die Lehre und über die Regel Fragen stellt. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über die Lehre und über die Regel befragt, nicht zu antworten weiß, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er, über die Lehre und über die Regel befragt, nicht zu antworten weiß!‹: also spricht man von ihm. Darum hat[S. 223] ein Waldeinsiedler über die Lehre und über die Regel ernstlich nachzudenken.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, ernstlich nachzudenken. Es kommt vor, ihr Brüder, dass man einem Waldeinsiedler über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, Fragen stellt. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, befragt, nicht zu antworten weiß, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er, über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, befragt, nicht zu antworten weiß!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, ernstlich nachzudenken.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über die Dinge, die jenseit menschlichen Ermessens liegen, ernstlich nachzudenken. Es kommt vor, ihr Brüder, dass man einem Waldeinsiedler über die Dinge, die jenseit menschlichen Ermessens liegen, Fragen stellt. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über die Dinge, die jenseit menschlichen Ermessens liegen, befragt, nicht zu antworten weiß, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er ja das Ziel, warum er hinausgezogen ist, nicht einmal kennt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler über die Dinge, die jenseit menschlichen Ermessens liegen, ernstlich nachzudenken.«

[S. 224]

Nach dieser Rede wandte sich der ehrwürdige Mahāmoggallāno an den ehrwürdigen Sāriputto und sprach:

»Und hat wohl nur ein Waldeinsiedler, Bruder Sāriputto, diese Dinge insgesammt zu beobachten, oder auch ein Landpilger?«

{473} »Ein Waldeinsiedler hat wohl, Bruder Moggallāno, diese Dinge insgesammt zu beobachten: wie erst ein Landpilger!«


70.

Siebenter Theil

Zehnte Rede

VOR KĪṬĀGIRI

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande der Benāreser von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet. Da nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Ich nehme, ihr Mönche, nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein: und weil ich nun, ihr Mönche, nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung einnehme, wahr’ ich mir Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So nehmet auch ihr denn, Mönche, nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein: nur zu anderer Zeit, ihr Mönche, und nicht am Abend Nahrung einnehmend werdet auch ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch wahren.«

»Gern, o Herr!« erwiderten da jene Mönche dem Erhabenen gehorsam.

[S. 225]

Und der Erhabene wanderte im Lande der Benāreser von Ort zu Ort weiter und kam in die Nähe von Kīṭāgiri, einer Burg im Gebiete von Benāres.

Vor Kīṭāgiri weilte nun der Erhabene, vor der benāresischen Burg. Und gerade damals hielten sich die Jünger Assaji und Punabbasu mit ihren Mönchen bei Kīṭāgiri auf.

Da nun begaben sich viele Mönche dorthin wo Assaji und Punabbasu mit ihren Mönchen weilten. Dort angelangt sprachen sie also zu ihnen:

»Der Erhabene, ihr Brüder, nimmt nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein, und auch die Mönchgemeinde: nur zu anderer Zeit und nicht am Abend, ihr Brüder, Nahrung einnehmend wahren sie sich Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So nehmet, Brüder, auch ihr nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein: nur zu anderer Zeit, ihr Brüder, und nicht am Abend Nahrung einnehmend werdet auch ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch wahren.«

{474} Auf diese Worte sprachen die Mönche Assajis und Punabbasus also zu den Mönchen:

»Und wir, Brüder, nehmen eben abends Nahrung ein und morgens und mittags, außer der Zeit: und weil wir eben abends Nahrung einnehmen und morgens und mittags, außer der Zeit, wahren wir uns Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. Was werden wir da ein Gegenwärtiges aufgeben um einem Künftigen nachzujagen? Sondern abends wollen wir Nahrung einnehmen und morgens und mittags, außer der Zeit.«

Da nun jene Mönche die Mönche Assajis und [S. 226]Punabbasus nicht aufzuklären vermochten, begaben sie sich zum Erhabenen zurück, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend berichteten nun jene Mönche dem Erhabenen Wort um Wort den ganzen Vorgang. Und der Erhabene wandte sich an einen der Mönche:

»Gehe, o Mönch, und sage in meinem Namen den Mönchen Assajis und Punabbasus: Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Wohl, o Herr!« erwiderte jener Mönch, dem Erhabenen gehorchend, und begab sich dorthin wo die Mönche Assajis und Punabbasus weilten. Dort angelangt sprach er also zu ihnen: »Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Gut, o Bruder, wir kommen!« erwiderten die Mönche Assajis und Punabbasus jenem Mönche und begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Und zu den Mönchen Assajis und Punabbasus, die da zur Seite saßen, sprach der Erhabene also:

»Ist es wahr, wie man sagt, ihr Mönche, dass viele Mönche euch besucht und euch zugesprochen haben: ›Der Erhabene, ihr Brüder, nimmt nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein, und auch die Mönchgemeinde: nur zu anderer Zeit und nicht am Abend, ihr Brüder, Nahrung einnehmend wahren sie sich Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So nehmet, Brüder, auch ihr nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein: nur zu anderer Zeit, ihr Brüder, und nicht am Abend Nahrung einnehmend werdet auch[S. 227] {475} ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch wahren.‹ Auf diese Worte, ihr Mönche, sollt ihr dann also zu den Mönchen gesprochen haben: ›Und wir, Brüder, nehmen eben abends Nahrung ein und morgens und mittags, außer der Zeit: und weil wir eben abends Nahrung einnehmen und morgens und mittags, außer der Zeit, wahren wir uns Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. Was werden wir da ein Gegenwärtiges aufgeben um einem Künftigen nachzujagen? Sondern abends wollen wir Nahrung einnehmen und morgens und mittags, außer der Zeit.‹«

»Ja, o Herr!«

»Wie nun, ihr Mönche? Wisst ihr etwa, dass ich also die Lehre gezeigt habe: ›Was immer auch ein Mensch empfindet, sei es Wohl, oder Wehe, oder weder Wohl noch Wehe, da mindern sich bei ihm die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»So wisst ihr denn, Mönche, dass ich also die Lehre gezeigt habe: Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen, und wieder einer empfindet irgend ein wohliges Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen; da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen, und wieder einer empfindet irgend ein wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen; da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die [S. 228]heilsamen, und wieder einer empfindet irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen.«

»Freilich, o Herr!«

»Gut, ihr Mönche. Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr lassen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Allerdings nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und {476} mindern sich die heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr lassen.‹ — Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr gewinnen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die[S. 229] heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr gewinnen.‹ — Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr lassen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr lassen.‹ — Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr gewinnen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Freilich nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr gewinnen.‹ — Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend[S. 230] ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr lassen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Allerdings nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr lassen.‹ — Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr gewinnen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, darum sag’ ich: ›Derartiges weder wohlig {477} noch wehe Gefühl sollt ihr gewinnen.‹

»Nicht sag’ ich, ihr Mönche: ›Ein jeder Mönch muss unermüdlich kämpfen‹, noch auch sag’ ich, ihr Mönche: ›Ein jeder Mönch muss nicht unermüdlich kämpfen.‹ Jene Mönche, ihr Mönche, die da Heilige, Wahnversieger,[S. 231] Endiger sind, die das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln vernichtet haben, die in vollkommener Weisheit Erlösten, von solchen Mönchen, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht müssen sie unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft haben sie unermüdlich, sie können nicht mehr ermüden. Jene Mönche aber, ihr Mönche, die als Kämpfer, mit streitendem Busen die unvergleichliche Sicherheit zu erringen trachten, von solchen Mönchen, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich müssen sie kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht werden noch diese Ehrwürdigen, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesen Mönchen als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag ich: ›Unermüdlich müssen sie kämpfen.‹

»Sieben Arten von Menschen, ihr Mönche, finden sich hier in der Welt vor: welche sieben? Der Beiderseiterlöste, der Weisheiterlöste, der Körperzeuge, der Aufgeklärte, der Gläubigerlöste, der Wissendergebene, der Gläubigergebene.

»Was für einer, ihr Mönche, ist aber der Beiderseiterlöste? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, leibhaftig erfahren und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist aufgehoben. Den heißt man, ihr Mönche, einen Beiderseiterlösten. Und von einem [S. 232]solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht muss er unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft hat er unermüdlich, er kann nicht mehr ermüden.

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Weisheiterlöste? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist aufgehoben. Den heißt man, ihr Mönche, einen Weisheiterlösten. {478} Und auch von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht muss er unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft hat er unermüdlich, er kann nicht mehr ermüden.

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Körperzeuge? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, leibhaftig erfahren und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist zum Theil aufgehoben. Den heißt man, ihr Mönche, einen Körperzeugen.[63] Und von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Aufgeklärte? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die,[S. 233] jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist zum Theil aufgehoben, und die vom Vollendeten dargelegten Dinge sind ihm weise klar geworden, bis auf den Grund. Den heißt man, ihr Mönche, einen Aufgeklärten. Und auch von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Gläubigerlöste? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist zum Theil aufgehoben, und der Glaube an den Vollendeten hat bei ihm Boden gefunden, Wurzel geschlagen, standgehalten. Den heißt man, ihr Mönche, einen Gläubigerlösten. Und auch von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, {479} an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die[S. 234] höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Wissendergebene? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist nicht aufgehoben, aber die vom Vollendeten dargelegten Dinge kommen ihm allmälig weise zum Bewusstsein, und folgende Sinneskräfte wirken in ihm, als da sind: Glaube, Muth, Einsicht, Sammlung, Weisheit. Den heißt man, ihr Mönche, einen Wissendergebenen. Und auch von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Gläubigergebene? Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist nicht aufgehoben, aber er hegt[S. 235] Glauben und Liebe zum Vollendeten, und folgende Sinneskräfte wirken in ihm, als da sind: Glaube, Muth, Einsicht, Sammlung, Weisheit. Den heißt man, ihr Mönche, einen Gläubigergebenen. Und auch von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Nicht kann man, sag’ ich, ihr Mönche, gleich im Anfang Gewissheit erlangen, sondern, ihr Mönche, allmälig sich mühend, allmälig kämpfend, Schritt um Schritt weiter schreitend erlangt man Gewissheit. {480} Wie aber, ihr Mönche, erlangt man allmälig sich mühend, allmälig kämpfend, Schritt um Schritt weiter schreitend Gewissheit? Da kommt, ihr Mönche, ein Gläubigerregter heran. Herangekommen gesellt er sich zu. Zugesellt giebt er Gehör. Offenen Ohres hört er die Lehre. Hat er die Lehre gehört behält er sie. Hat er die Sätze behalten betrachtet er den Inhalt. Hat er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze Einsicht. Indem ihm die Sätze Einsicht gewähren billigt er sie. Indem er sie billigt lässt er sie gelten. Hat er sie gelten lassen wägt er ab. Hat er abgewogen arbeitet er. Und weil er innig arbeitet verwirklicht er eben leibhaftig die[S. 236] höchste Wahrheit, und weise durchbohrend erschaut er sie.

»Nun hat aber, ihr Mönche, jener Glaube gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Herankommen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Zugesellen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Gehörgeben gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Hören der Lehre gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Behalten der Sätze gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Betrachten des Inhalts gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Einsichtgewähren der Sätze gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jene Billigung gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Geltenlassen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Abwägen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Arbeiten gefehlt: in Irre wandelt ihr, Mönche, auf falscher Fährte wandelt ihr, Mönche. Wie fern stehn sie doch, ihr Mönche, die Thoren, abseit von dieser Lehre und Ordnung.

»Es giebt, ihr Mönche, eine viertheilige Darlegung, die, wenn man sie gegeben hat, von einem verständigen Manne, sogar binnen kurzem, ihrem Sinne nach weise gefasst werden kann: ich will sie euch geben, ihr Mönche, ihr werdet mir’s fassen.«

»Wer sind wir, o Herr, und wer sind die Erfasser der Wahrheit!«

»Wer da, ihr Mönche, ein Meister ist, der die Welt liebt, der Welt nachgeht, mit weltlichen Dingen sich abgiebt, selbst der wird nicht wie ein Krämer und Trödler behandelt: ›So möchten wir’s haben, dann wollen wir uns einlassen: können wir’s nicht so haben, wollen wir uns nicht einlassen‹; warum denn, ihr Mönche, der [S. 237]Vollendete, der gänzlich von weltlichen Dingen losgelöst ist? Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, geht die Zuversicht auf: ›Meister ist der Erhabene, Jünger bin ich: der Erhabene weiß, ich weiß nicht.‹ Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, theilt sich der Orden des Meisters erquickend mit und köstlich. Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, geht die Zuversicht auf: {481} ›Gern soll Haut und Sehnen und Knochen einschrumpfen an meinem Leibe, auftrocknen Fleisch und Blut: was da durch Mannesgewalt, Manneskraft, Mannestapferkeit erreicht werden kann, nicht bevor es erreicht ist wird die Kraft nachlassen.‹ Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewissheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.[64]



[S. 239]

ACHTER THEIL
BUCH DER PILGER


[S. 241]

71.

Achter Theil

Erste Rede

VACCHAGOTTO
– I –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Vesālī, im Großen Walde, in der Halle der Einsiedelei. Um diese Zeit nun hielt sich der Pilger Vacchagotto im Pilgergarten der Weißen Lotusrose auf. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Vesālī, um Almosenspeise. Und es gedachte der Erhabene: ›Allzu früh ist’s noch, in der Stadt um Almosen zu stehn; wie, wenn ich nun in den Pilgergarten der Weißen Lotusrose einträte und den Pilger Vacchagotto besuchte?‹ Und der Erhabene trat in den Pilgergarten der Weißen Lotusrose ein und begab sich dorthin wo der Pilger Vacchagotto weilte. Da sah der Pilger Vacchagotto den Erhabenen von ferne herankommen, und als er den Erhabenen gesehn sprach er also zu ihm:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen[S. 242] Sitz. Vacchagotto aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand {482} und setzte sich an die Seite. An der Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger also zum Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Der Asket Gotamo weiß alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig.‘‹[65] Die da solches, o Herr, gesagt haben, haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen Worte gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

»Die da, Vaccho, solches gesagt haben: ›Der Asket Gotamo weiß alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ‚Ob ich geh‘ oder stehe, schlaf‘ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig’‹, die haben nicht meine Worte gebraucht und haben mich also ohne Grund und mit Unrecht angeführt.«

»Wie dann, o Herr, sollten wir reden, um eben die Worte des Erhabenen zu gebrauchen und den Erhabenen nicht mit Unrecht anzuführen und der Lehre gemäß zu reden, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen könnte?«

»‚Drei Wissen weiß der Asket Gotamo‘: also redend, Vaccho, würde man eben meine Worte gebrauchen und mich nicht mit Unrecht anführen und der Lehre gemäß reden, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen könnte. Denn nach Belieben, Vaccho, erinnere ich mich an manche verschiedene frühere [S. 243]Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So erinnere ich mich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Und nach Belieben, Vaccho, seh’ ich mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkenne wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, gelangen sie abwärts, auf[S. 244] schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So seh’ ich mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkenne wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Und ich habe, Vaccho, den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ‚Drei Wissen weiß der Asket Gotamo‘: also redend, Vaccho, {483} würde man eben meine Worte gebrauchen und mich nicht mit Unrecht anführen und der Lehre gemäß reden, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen könnte.«

Nach diesen Worten sprach Vacchagotto der Pilger zum Erhabenen also:

»Giebt es nun wohl, o Gotamo, irgend einen Hausgewohnten, der ohne die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht?«

»Nicht giebt es, Vaccho, irgend einen Hausgewohnten, der, ohne die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht.«

»Giebt es aber, o Gotamo, irgend einen Hausgewohnten, der, ohne die häuslichen Bande gelassen zu[S. 245] haben, bei der Auflösung des Körpers, in himmlische Welt gelangt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr Hausgewohnte, die, ohne die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung des Körpers, in himmlische Welt gelangen.«

»Und giebt es, o Gotamo, irgend einen Nackten Büßer, der, bei der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht?«

»Nicht giebt es, Vaccho, irgend einen Nackten Büßer, der, bei der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht.«

»Doch giebt es, o Gotamo, irgend einen Nackten Büßer, der, bei der Auflösung des Körpers, in himmlische Welt gelangt?«

»Von heute, Vaccho, zurück bis zum einundneunzigsten Weltalter, dessen ich gedenke, weiß ich von keinem Nackten Büßer, der in himmlische Welt gelangt wäre, einen ausgenommen: der aber glaubte an eigene That und eigenes Handeln.«

»So ist freilich, o Gotamo, jenes Büßerthum eitel, sogar um in himmlische Welt zu gelangen?«

»So ist freilich, Vaccho, jenes Büßerthum eitel, sogar um in himmlische Welt zu gelangen.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Vacchagotto der Pilger über das Wort des Erhabenen.[66]


[S. 246]

72.

Achter Theil

Zweite Rede

VACCHAGOTTO
– II –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

{484} Da nun begab sich Vacchagotto der Pilger dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger also zum Erhabenen:

»Wie doch wohl, o Gotamo: ‚Ewig ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Ewig ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Zeitlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Zeitlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Endlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Endlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Unendlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

[S. 247]

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Unendlich ist die Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Anders ist das Leben und anders der Leib; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Anders ist das Leben und anders der Leib; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

[S. 248]

{485} »Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie denn nun, o Gotamo: zu keiner dieser Ansichten bekennst du dich! Was findet wohl Herr Gotamo für arg daran, um sich also dieser Anschauungen gänzlich zu begeben?«

»‚Ewig ist die Welt‘: das ist, Vaccho, eine Gasse der Ansichten, Höhle der Ansichten, Schlucht der Ansichten, ein Dorn der Ansichten, Hag der Ansichten, Garn der Ansichten, voll von Leid und Quaal, Verzweiflung und Jammer, führt nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung. ‚Zeitlich ist die Welt‘, ‚Endlich ist die Welt‘, ‚Unendlich ist die Welt‘, ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘, ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘, ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘, ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘, ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘: {486} das ist, Vaccho, eine Gasse der Ansichten, Höhle der Ansichten, Schlucht der Ansichten, ein Dorn der Ansichten, Hag der Ansichten, Garn der Ansichten, voll von Leid und[S. 249] Quaal, Verzweiflung und Jammer, führt nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung. Das find’ ich, Vaccho, für arg daran, um mich also dieser Anschauungen gänzlich zu begeben.«

»Bekennt nun aber Herr Gotamo irgend eine Ansicht?«

»‚Eine Ansicht‘, Vaccho, die kommt dem Vollendeten nicht zu. Denn der Vollendete, Vaccho, hat es gesehn: ›So ist die Form, so entsteht sie, so löst sie sich auf: so ist das Gefühl, so entsteht es, so löst es sich auf; so ist die Wahrnehmung, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so sind die Unterscheidungen, so entstehn sie, so lösen sie sich auf; so ist das Bewusstsein, so entsteht es, so löst es sich auf.‹ Darum, sag’ ich, ist der Vollendete durch aller Meinungen und aller Vermuthungen, durch aller Ichheit und Eigenheit und Dünkelsucht Versiegung, Abweisung, Aufhebung, Ausrodung, Entäußerung ohne Hangen erlöst.«[67]

»Und ein also gemütherlöster Mönch, o Gotamo, wo ersteht der auf?«

»‚Auferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er nicht auf?«

»‚Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er auf und nicht aufersteht er?«

»‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er weder auf, noch ersteht er nicht auf?«

[S. 250]

»‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»So giebst du mir nun, o Gotamo, auf meine Fragen immer die Antwort: {487} ›Das trifft nicht zu.‹ Jetzt bin ich, o Gotamo, in Unwissenheit gerathen, bin jetzt in Verwirrung gerathen, und was ich da bei dem früheren Gespräche mit Herrn Gotamo an Vertrauen gewonnen hatte, das ist mir nun wieder verloren gegangen.«[68]

»Genug denn, Vaccho, deiner Unwissenheit, genug der Verwirrung! Gar tief ist, Vaccho, diese Lehre, schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen erfindlich: die wirst du schwer verstehn ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung. So will ich dir, Vaccho, eben darüber Fragen stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Vaccho: wenn da vor dir ein Feuer brennte, wüsstest du: ›Hier brennt ein Feuer vor mir‹?«

»Wenn da vor mir, o Gotamo, ein Feuer brennte, wüsst’ ich: ›Hier brennt ein Feuer vor mir‹.«

»Wenn dich nun, Vaccho, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da vor dir brennt, wodurch brennt es?‹ Also gefragt, Vaccho, würdest du was antworten?«

»Wenn mich, o Gotamo, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da vor dir brennt, wodurch brennt es?‹, würd’ ich auf solche Frage also antworten: ›Dieses Feuer, das da vor mir brennt, das brennt indem es durch Heu und Holz unterhalten wird‹.«

»Wenn da, Vaccho, dieses Feuer vor dir ausginge, wüsstest du: ›Dieses Feuer vor mir ist ausgegangen‹?«

»Wenn da, o Gotamo, dieses Feuer vor mir [S. 251]ausginge, wüsst’ ich: ›Dieses Feuer vor mir ist ausgegangen.‹«

»Wenn dich nun, Vaccho, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da vor dir ausgegangen ist, wo ist es hingegangen, nach welcher Richtung, nach Osten oder nach Westen, nach Norden oder nach Süden?‹ Also gefragt, Vaccho, würdest du was antworten?«

»Das trifft nicht zu, o Gotamo, weil ja das Feuer, o Gotamo, das durch Heu und Holz unterhalten brannte, dieses verzehrt hat und, nicht weiter genährt, eben ohne Nahrung ausgegangen heißt.«

»Ebenso nun auch ist, Vaccho, jede Form, durch welche man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art der Form abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der Ozean: ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. {488} Jedes Gefühl, durch welches man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass es nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art des Gefühls abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und [S. 252]Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. Jede Wahrnehmung, durch welche man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art der Wahrnehmung abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. Jede Unterscheidung, durch welche man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art der Unterscheidungen abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. Jedes Bewusstsein, durch welches man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass es nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art des Bewusstseins abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft[S. 253] nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu.«

Nach dieser Rede sprach Vacchagotto der Pilger zum Erhabenen also:

»Gleichwie etwa, o Gotamo, wenn sich da in der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt ein großer Kronbaum befände, und vergänglich wechselnd fielen Blätter und Zweiglein von ihm ab, fiele Geäst und Rinde und Grünholz ab, so dass er späterhin, frei von Blättern und Zweiglein, frei von Geäst und Rinde, frei von Grünholz, rein aus Kernholz bestände: ebenso nun auch ist hier des Herrn Gotamo Darstellung, frei von Blättern und Zweiglein, frei von Geäst und Rinde, frei von Grünholz, rein aus Kernholz bestanden. — Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: {489} ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«


[S. 254]

73.

Achter Theil

Dritte Rede

VACCHAGOTTO
– III –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Da nun begab sich Vacchagotto der Pilger dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger also zum Erhabenen:

»Seit langem pfleg’ ich mit Herrn Gotamo Gespräch. O wohl, wenn mir Herr Gotamo in Kürze das Gute und das Böse darlegen möchte!«

»In Kürze kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse darlegen, und ausführlich kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse darlegen; aber ich will es dir, Vaccho, in Kürze künden, das Gute und das Böse: das höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Vacchagotto der Pilger dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Sucht ist, Vaccho, das Böse: Suchtlosigkeit das Gute. Hass ist, Vaccho, das Böse: Hasslosigkeit das Gute. Irre ist, Vaccho, das Böse: Irrlosigkeit das Gute. So sind hier, Vaccho, drei Dinge bös und drei Dinge gut. Tödten ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung des Tödtens das Gute. Stehlen ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung des Stehlens das Gute. Ausschweifen ist, Vaccho, das Böse:[S. 255] Ueberwindung des Ausschweifens das Gute. Lüge ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung der Lüge das Gute. Verleumdung ist, Vaccho, das Böse: {490}Ueberwindung der Verleumdung das Gute. Barsche Rede ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung barscher Rede das Gute. Schwätzen ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung des Schwätzens das Gute. Gier ist, Vaccho, das Böse: Gierlosigkeit das Gute. Wuth ist, Vaccho, das Böse: Wuthlosigkeit das Gute. Falsche Erkenntniss ist, Vaccho, das Böse: rechte Erkenntniss das Gute. So sind hier, Vaccho, zehn Dinge bös und zehn Dinge gut. Wenn da nun, Vaccho, ein Mönch den Lebensdurst verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht hat, so dass er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann, dann ist er ein heiliger Mönch, ein Wahnversieger, Endiger, hat das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln zerstört, ist in vollkommener Weisheit erlöst.«

»Sei es Herr Gotamo: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Mönch als Jünger, der den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Mönche, die als meine Jünger den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Nonne als [S. 256]Jüngerin, die den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Nonnen, die als meine Jüngerinen den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Anhänger als Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, {491} nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Anhänger als Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu ist, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder [S. 257]zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilen.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, seien es die Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend,[S. 258] ordensgetreu ist, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilen.«

»Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo erlangt worden wäre und nicht von den Mönchen, {492} dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen erlangt worden wäre und nicht von den Nonnen, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen erlangt worden wäre und nicht von den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den[S. 259] Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängerinen, {493} im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und[S. 260] den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern.

»Gleichwie etwa, o Gotamo, der Gangesstrom nach dem Meere sich neigt, nach dem Meere sich beugt, nach dem Meere sich hinsenkt und angekommen am Meere stillesteht: ebenso auch ist hier des Herrn Gotamo Gefolge, so Pilger wie Bürger, zur Erlöschung geneigt, zur Erlöschung gebeugt, zur Erlöschung hingesenkt und bleibt angekommen bei ihr stillestehn. — Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der [S. 261]Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

{494} »Wer da, Vaccho, erst einem anderen Orden angehörte und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Vacchagotto der Pilger vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Vacchagotto in den Orden aufgenommen, vierzehn Tage war er in den Orden aufgenommen, da ging er zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Vacchagotto also zum Erhabenen:

»So viel man, o Herr, mit kämpfender Weisheit, mit kämpfendem Wissen gewinnen kann, das hab’ ich gewonnen: weiter möge mir der Erhabene die Lehre darlegen!«

[S. 262]

»Dann also, Vaccho, erwirb dir noch weiter zwei Dinge: Ruhe und Klarsicht. Und hast du dir, Vaccho, diese zwei Dinge noch weiter erworben, Ruhe und Klarsicht, so werden sie dir zur Zerlegung der einzelnen Artungen taugen.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Geläng’ es mir doch auf manigfaltige Weise Machtentfaltung zu erfahren, als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder einer zu sein, oder sichtbar und unsichtbar zu werden[69], auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf- und unterzutauchen wie im Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu berühren[70], etwa gar bis zu den Brahmawelten den Körper in meiner Gewalt zu haben‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

{495} »Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wenn ich doch mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hörte, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär’ es mir doch gegeben, der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen zu schauen und zu erkennen, das begehrliche Herz als begehrlich und das begehrlose Herz als begehrlos, das gehässige Herz als gehässig und[S. 263] das hasslose Herz als hasslos, das irrende Herz als irrend und das irrlose Herz als irrlos, das gesammelte Herz als gesammelt und das zerstreute Herz als zerstreut, das hochstrebende Herz als hochstrebend und das niedrig gesinnte Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als edel und das gemeine Herz als gemein, das beruhigte Herz als beruhigt und das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz als erlöst und das gefesselte Herz als gefesselt‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär’ ich doch imstande, mich an manche verschiedene frühere Daseinsform zu erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, ‚Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‘, wär’ ich doch also imstande, mich an manche [S. 264]verschiedene frühere Daseinsform zu erinnern, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen‹[71]: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, {496} je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Hätt’ ich doch das himmlische Auge, das geläuterte, über menschliche Gränzen hinausreichende, die Wesen zu sehn, wie sie dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, säh’ ich doch wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren, ‚Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gerathen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt; jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‘, könnt’ ich doch also mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen erkennen, wie sie dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, säh’ ich doch wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren[72]: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›O könnte ich doch den Wahn versiegen und die wahnlose[S. 265] Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.«

Und der ehrwürdige Vacchagotto war durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt; und er stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und der ehrwürdige Vacchagotto, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Vacchagotto der Heiligen geworden.

Um diese Zeit nun waren viele Mönche unterwegs, den Erhabenen zu besuchen. Es sah aber der ehrwürdige Vacchagotto jene Mönche wie sie von ferne heranzogen, und als er sie gesehn ging er ihnen entgegen und {497} sprach also zu ihnen:

»Wohlan, wo geht ihr, Ehrwürdige, denn hin?«

»Den Erhabenen, o Bruder, wollen wir besuchen.«

»So geht, ihr Brüder, und bringt dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar: ›Vacchagotto, o Herr, der Mönch, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

Bedient von mir ist unser Herr,
Bedient von mir der hohe Held.‹«

[S. 266]

»Gern, o Bruder!« sagten da jene Mönche, dem ehrwürdigen Vacchagotto zustimmend.

Und jene Mönche begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzen sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprachen nun jene Mönche zum Erhabenen also:

»Der ehrwürdige Vacchagotto, o Herr, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

›Bedient von mir ist unser Herr,
Bedient von mir der hohe Held.‹«

»Schon hab’ ich, ihr Mönche, Vacchagotto den Mönch, im Geiste geistig erfassend, erkannt: ›Drei Wissen weiß Vacchagotto der Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹ Und auch Gottheiten haben es mir angezeigt: ›Drei Wissen weiß, o Herr, Vacchagotto der Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


74.

Achter Theil

Vierte Rede

DĪGHANAKHO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, am Geierkulm, zu Eberswühl.

[S. 267]

Da nun begab sich Dīghanakho, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun Dīghanakho der Pilger also zum Erhabenen:

»Ich aber, o Gotamo, sage und lehre: ›Nichts gefällt mir.‹«

»Und auch die Lehre da, Aggivessano[73], die du behauptest, ›Nichts gefällt mir‹, gefällt dir auch diese nicht?«

»Und wenn mir, o Gotamo, diese Lehre gefiele, so wär’s doch nur dasselbe, so wär’s doch nur dasselbe!«

{498} »Nun giebt es freilich, Aggivessano, viel mehr der Menschen in der Welt, die mit dir sagen ›So wär’s doch nur dasselbe, so wär’s doch nur dasselbe‹, und die zwar diese Lehre nicht lassen und doch eine andere annehmen. Nun giebt es freilich, Aggivessano, viel weniger Menschen in der Welt, die mit dir sagen ›So wär’s doch nur dasselbe, so wär’s doch nur dasselbe‹, und die eben diese Lehre lassen und eine andere nicht annehmen.

»Manche Asketen und Priester, Aggivessano, sagen und lehren: ›Alles gefällt mir.‹ Manche Asketen und Priester, Aggivessano, sagen und lehren: ›Nichts gefällt mir.‹ Manche Asketen und Priester, Aggivessano, sagen und lehren: ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir.‹ Den Asketen und Priestern nun, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Alles gefällt mir‹, denen gereicht diese Lehre zum Reize, zur Lockung, zur Freude, zum Behagen, zum Anhalt. Den Asketen und Priestern nun, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Nichts gefällt[S. 268] mir‹, denen gereicht diese Lehre nicht zum Reize, nicht zur Lockung, nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht zum Anhalt.«

Auf diese Worte hin wandte sich Dīghanakho der Pilger also an den Erhabenen:

»Meinen Lehrsatz lobt Herr Gotamo, meinen Lehrsatz belobt Herr Gotamo!«

»Den Asketen und Priestern nun, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir‹, was denen ihrer Lehre gemäß gefällt gereicht ihnen zum Reize, zur Lockung, zur Freude, zum Behagen, zum Anhalt: und was denen ihrer Lehre gemäß missfällt gereicht ihnen nicht zum Reize, nicht zur Lockung, nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht zum Anhalt.

»Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Alles gefällt mir‹, wird ein verständiger Mann also überlegen: ›Diese Lehre da, ‚Alles gefällt mir‘, wenn ich diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich doppelten Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, {499} der da sagt und lehrt ›Nichts gefällt mir‹, und von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir‹, von diesen beiden erführ’ ich Widerspruch, und aus Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus Widerstreit Widerstand, aus Widerstand Widerwille‹; und weil er Widerspruch und Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in sich merkt, lässt er eben diese Lehre und nimmt eine andere nicht an: also werden diese Lehren verworfen, also werden diese Lehren verleugnet.[S. 269] Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Nichts gefällt mir‹, wird ein verständiger Mann also überlegen: ›Diese Lehre da, ‚Nichts gefällt mir‘, wenn ich diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich doppelten Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Alles gefällt mir‹, und von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir‹, von diesen beiden erführ’ ich Widerspruch, und aus Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus Widerstreit Widerstand, aus Widerstand Widerwille‹; und weil er Widerspruch und Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in sich merkt, lässt er eben diese Lehre und nimmt eine andere nicht an: also werden diese Lehren verworfen, also werden diese Lehren verleugnet. Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano, die da sagen und lehren ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir‹, wird ein verständiger Mann also überlegen: ›Diese Lehre da, ‚Manches gefällt mir, manches missfällt mir‘, wenn ich diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich doppelten Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Alles gefällt mir‹, und von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Nichts gefällt mir‹, von diesen beiden erführ’ ich Widerspruch, und aus Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus Widerstreit Widerstand, aus Widerstand Widerwille‹; und weil er Widerspruch und Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in sich merkt, lässt er eben diese Lehre und nimmt eine andere nicht an: also [S. 270]werden diese Lehren verworfen, also werden diese Lehren verleugnet.

{500} »Hier aber ist nun, Aggivessano, der Körper, der geformt, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist, als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig zu betrachten.[74] Wer diesen Körper als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig betrachtet, dem vergeht was beim Körper Körperlust, Körperliebe, Körperverlangen ist.

»Drei Arten von Gefühlen, Aggivessano, giebt es: das wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl. Zu einer Zeit, Aggivessano, wo man ein wohliges Gefühl empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wehes Gefühl und empfindet kein weder wohlig noch wehes Gefühl, eben ein wohliges Gefühl empfindet man zu dieser Zeit. Zu einer Zeit, Aggivessano, wo man ein wehes Gefühl empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wohliges Gefühl und empfindet kein weder wohlig noch wehes Gefühl, eben ein wehes Gefühl empfindet man zu dieser Zeit. Zu einer Zeit, Aggivessano, wo man ein weder wohlig noch wehes Gefühl empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wohliges Gefühl und empfindet kein wehes Gefühl, eben ein weder wohlig noch wehes Gefühl empfindet man zu dieser Zeit. Wohlige Gefühle sind aber, Aggivessano, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und [S. 271]untergehn. Und auch wehe Gefühle sind, Aggivessano, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn. Und auch weder wohlig noch wehe Gefühle sind, Aggivessano, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn. In solchem Anblick, Aggivessano, wird der erfahrene heilige Jünger des wohligen Gefühles überdrüssig und wird des wehen Gefühles überdrüssig und wird des weder wohlig noch wehen Gefühles überdrüssig. Ueberdrüssig wendet er sich ab. Abgewandt löst er sich los. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

»Ein also gemütherlöster Mönch, Aggivessano, spricht keinem zu, spricht keinem ab, und was in der Welt geredet wird lässt er unberührt.«

Um diese Zeit nun hatte der ehrwürdige Sāriputto hinter dem Erhabenen gestanden {501} und dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Und der ehrwürdige Sāriputto gedachte da: ›Diese und jene Dinge soll man, sagt der Erhabene, durchschauen und lassen, diese und jene Dinge soll man, sagt der Willkommene, durchschauen und verleugnen!‹ Und als der ehrwürdige Sāriputto solches im Geiste erwog, löste sich ihm das Herz vom Wahne haftlos ab.

Dīghanakho aber, dem Pilger, ging das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

›Was irgend auch entstanden ist
Muss alles wieder untergehn.‹

[S. 272]

Und Dīghanakho der Pilger, der die Wahrheit gesehn, die Wahrheit gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet hatte, zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiss, auf keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte sich nun an den Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht ins Dunkle hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar vielfach dargelegt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[75]


75.

Achter Theil

Fünfte Rede

MĀGANDIYO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Kurū-Lande, bei einer Stadt der Kurūner Namens Kammāsadammam[76], am Opferherde eines Brāhmanen aus dem Bhāradvājer-Geschlechte, auf einer Strohmatte. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Kammāsadammam um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm[S. 273] das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

{502} Da nun kam Māgandiyo, ein Pilger, auf einem Spaziergange lustwandelnd, zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen hin. Und er sah dort die Strohmatte zurechtgelegt, und als er das bemerkt hatte, sprach er also zum Bhāradvājer-Brāhmanen:

»Für wen ist wohl hier am Opferherde des Herrn Bhāradvājo die Strohmatte zurechtgelegt? Sie sieht aus wie ein Asketensitz.«

»Es ist, o Māgandiyo, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat! Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Für diesen Herrn Gotamo ist der Sitz hier zurechtgemacht.«

»Schlechtes, wahrlich, o Bhāradvājo, haben wir gesehn, die wir den Sitz jenes Herrn Gotamo, des Kernhauers, gesehn haben!«

»Lasse, Māgandiyo, solche Rede, lasse, Māgandiyo, solche Rede! Gar viele gelehrte Fürsten und gelehrte Priester, gelehrte Bürger und gelehrte Asketen sind von diesem Herrn Gotamo ganz begeistert, heilig und ächt eingeweiht, in heilsames Recht.«

»Und wenn uns gleich, o Bhāradvājo, jener Herr[S. 274] Gotamo zu Gesicht käme, so würden wir es ihm ins Gesicht sagen: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und warum sag’ ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Wenn es Herrn Māgandiyo genehm ist, will ich das dem Asketen Gotamo mittheilen.«

»Nicht wollt’ ich Herrn Bhāradvājo damit bemühen, doch mag er’s sagen.«

Es vernahm aber der Erhabene mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, dieses Gespräch des Brāhmanen aus dem Bhāradvājer-Geschlechte mit Māgandiyo dem Pilger.

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, kehrte er zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen zurück und nahm auf der bereitgelegten Strohmatte Platz. Da kam denn der Bhāradvājer-Brāhmane zum Erhabenen heran, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als der Bhāradvājer-Brāhmane zur Seite saß, wandte sich der Erhabene also an ihn:

»Hast du wohl, Bhāradvājo, mit Māgandiyo dem Pilger {503} über diese Strohmatte hier irgend eine Unterhaltung gehabt?«

Auf diese Worte erwiderte Bhāradvājo der Brāhmane, schauernd ergriffen, dem Erhabenen also:

»Das eben wollten wir jetzt Herrn Gotamo mittheilen: aber Herr Gotamo hat mich ja nun verstummen machen!«

Und kaum hatte diese Unterredung des Erhabenen mit, dem Bhāradvājer-Brāhmanen begonnen, da kam[S. 275] Māgandiyo der Pilger, auf seinem Spaziergange lustwandelnd, zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen zurück; und er schritt zum Erhabenen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als Māgandiyo der Pilger zur Seite saß, wandte sich der Erhabene also an ihn:

»Das Auge, Māgandiyo, fröhnt den Formen, freut sich der Formen, ergetzt sich an Formen: das hat der Vollendete gebändigt, gewartet, gezäumt und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt er die Lehre. Hast du etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du sprachst: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo‹?«

»Daran eben, freilich, o Gotamo, hab’ ich gedacht als ich sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und warum sag’ ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Das Ohr, Māgandiyo, fröhnt den Tönen, die Nase, Māgandiyo, fröhnt den Düften, die Zunge, Māgandiyo, fröhnt den Säften, der Leib, Māgandiyo, fröhnt den Tastungen, der Geist, Māgandiyo, fröhnt den Gedanken, freut sich der Gedanken, ergetzt sich an Gedanken: den hat der Vollendete gebändigt, gewartet, gezäumt und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt er die Lehre. Hast du etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du sprachst: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo‹?«

»Daran eben, freilich, o Gotamo, hab’ ich gedacht als ich sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und warum sag’ ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst[S. 276] einer mit den durch das Auge {504} ins Bewusstsein tretenden Formen bedient, mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später eben der Formen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den Formen verworfen, das Fieber an den Formen verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt: was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst einer mit den durch das Ohr ins Bewusstsein tretenden Tönen, mit den durch die Nase ins Bewusstsein tretenden Düften, mit den durch die Zunge ins Bewusstsein tretenden Säften, mit den durch den Leib ins Bewusstsein tretenden Tastungen bedient, mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später eben der Tastungen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den Tastungen verworfen, das Fieber an den Tastungen verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt: was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Ich habe früher, Māgandiyo, auch im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt: der durch das Auge ins Bewusstsein tretenden Formen, der durch das Ohr ins Bewusstsein tretenden Töne, der durch die Nase ins Bewusstsein tretenden[S. 277] Düfte, der durch die Zunge ins Bewusstsein tretenden Säfte, der durch den Leib ins Bewusstsein tretenden Tastungen, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Und ich besaß, Māgandiyo, drei Paläste, einen für den Herbst, einen für den Winter, einen für den Sommer.[77] Und ich brachte, Māgandiyo, die vier herbstlichen Monate im Herbstpalaste zu, von unsichtbarer Musik bedient, und stieg nicht vom Söller herab. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: {505} solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Hausvater wäre, oder der Sohn eines Hausvaters, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt, im Besitz und Genuss der fünf Begehrungen. Der sei in Werken, Worten und Gedanken auf dem rechten Wege gewandelt und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangt, zu den Dreiunddreißig Göttern empor. Und er lebte dort im Wonnigen Walde, im Reigen von Huldinen, im Besitz und Genuss der [S. 278]himmlischen fünf Begehrungen. Und er nähme einen Hausvater wahr, oder den Sohn eines Hausvaters, der die fünf Begehrungen besitzt und genießt. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da etwa dieser Göttersohn, der im Wonnigen Walde im Reigen von Huldinen die himmlischen fünf Begehrungen besitzt und genießt, jenen Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, beneiden und die menschlichen fünf Begehrungen vermissen, sich menschlichen Begierden zuwenden?«

»Gewiss nicht, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Menschlichen Begierden, o Gotamo, sind himmlische Begierden voranzusetzen und vorzuziehn.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab’ ich früher im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; {506} und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig [S. 279]geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn wohin er wollte. Und er erblickte einen anderen Aussätzigen, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, wie er Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren lässt. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da etwa dieser Mann jenen Aussätzigen beneiden und die glühende Kohlengrube und den Gebrauch des Heilmittels vermissen?«

»O nein, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Ist man krank, o Gotamo, so braucht man ein Heilmittel: ist man nicht krank, braucht man es nicht.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab’ ich früher im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet,[S. 280] den Begierden fröhnen; und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

{507} »Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn wohin er wollte. Und zwei kräftige Männer ergriffen ihn unter den Armen und schleppten ihn zu der glühenden Kohlengrube hin. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da nun dieser Mann auf jede nur mögliche Weise den Leib zurückziehn?«

»Gewiss, o Gotamo!«

»Und warum das?«

»Jenes Feuer, o Gotamo, ist ja gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend.«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: ist etwa jetzt erst das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, oder war es schon früher schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend?«

[S. 281]

»Jetzt eben, o Gotamo, ist das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und auch früher war das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend. Jener Aussätzige, freilich, o Gotamo, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt waren: Fetzen davon herabreißend war er sinnesverwirrt geworden, und indem er das Feuer nur schmerzlich ertrug wähnte er ›Das thut wohl‹.«

»Ebenso nun aber, Māgandiyo, waren auch die Begierden der Vergangenheit gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und werden auch die Begierden der Zukunft gar schmerzlich zu ertragen sein und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und sind auch heute die Begierden der Gegenwart gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend. Doch diese Wesen, Māgandiyo, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, sind sinnesverwirrt geworden, und indem sie die Begierden nur schmerzlich ertragen wähnen sie ›Das thut wohl‹.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren lässt; je mehr und mehr nun, Māgandiyo, jener Aussätzige den Leib da ausdörren lässt, desto mehr und mehr füllen sich ihm seine offenen Wunden eben nur weiter mit Schmutz, Gestank und Eiter an, {508} und doch empfindet er ein gewisses [S. 282] Behagen, einen gewissen Genuss indem er die offenen Wunden abreibt: ebenso nun auch, Māgandiyo, fröhnen die Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden; und je mehr und mehr nun, Māgandiyo, die Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen, desto mehr und mehr nur wächst in ihnen die begehrende Lust, werden sie vom begehrenden Fieber entzündet, und doch empfinden sie ein gewisses Behagen, einen gewissen Genuss indem sie den fünf Begehrungen nachgehn.

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: hast du etwa einen König oder einen Fürsten gesehn oder von einem solchen gehört, der, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu haben, den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gut, Māgandiyo: auch ich hab’ es, Māgandiyo, weder gesehn noch gehört, dass ein König oder ein Fürst, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu haben, den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird. Aber wer immer auch, Māgandiyo, von den Asketen oder den Priestern den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird, ein jeder hat eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal[S. 283] und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, also den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden, oder findet sie, oder wird sie finden.«

Und der Erhabene ließ bei dieser Gelegenheit folgenden Ausspruch vernehmen:

»Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
Der achtmal ächte bester Pfad
Um ewig sicher auszugehn.«

Auf diese Worte sprach Māgandiyo der Pilger zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig gesagt hat:

{509}
›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Auch ich hab’ es, o Gotamo, gehört, das Wort der früheren Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Mit ihnen, o Gotamo, stimmt es überein!«

»Was du aber da, Māgandiyo, gehört hast, das Wort der früheren Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil‹,

was bedeutet da Gesundheit, was bedeutet da Wahnerlöschung?«

[S. 284]

Also gefragt fuhr sich Māgandiyo der Pilger mit der Hand eben über Augen und Stirne:

»Das, was, o Gotamo, Gesundheit bedeutet, das bedeutet da Wahnerlöschung; so bin ich jetzt, o Gotamo, gesund, fühle mich wohl. Nichts gebricht mir.«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines Sehenden: ›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein anderer Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde[78]: ›Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er nähm’ es entgegen und bekleidete sich damit, und damit bekleidet ließ’ er zufrieden fröhliche Rede ergehn: ›Schicklich, fürwahr, ist das weiße Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Was meinst du wohl, Māgandiyo: hätte nun etwa dieser Blindgeborene wissend und sehend jenes ölrußgeschwärzte Schinderhemd entgegengenommen, angelegt und zufrieden seine fröhliche Rede ergehn lassen, oder weil er dem Sehenden glaubte?«

»Ohne es zu wissen, freilich, o Gotamo, ohne es zu sehn hätte der Blindgeborene jenes ölrußgeschwärzte Schinderhemd entgegengenommen, angelegt und zufrieden seine fröhliche Rede ergehn lassen, {510} weil er dem Sehenden glaubte.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, sind die anderen [S. 285]Asketen und Pilger blind und augenlos, wissen nichts von Gesundheit, sehn nichts von Wahnerlöschung, und doch sagen sie den Spruch:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Die ehedem dagewesen, Māgandiyo, die Heiligen, vollkommen Auferwachten haben den Spruch gesagt:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
Der achtmal ächte bester Pfad
Um ewig sicher auszugehn.‹

Das ist jetzt allmälig im Volke Sprichwort geworden.[79] Aber dieser Leib da, Māgandiyo, ist ein sieches Ding, ein bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding, ein gebrechliches Ding; und von diesem Leibe, der ein sieches Ding, ein bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding, ein gebrechliches Ding ist, sagst du: ›Das, was, o Gotamo, Gesundheit bedeutet, das bedeutet da Wahnerlöschung.‹ Dir fehlt eben, Māgandiyo, das heilige Auge: mit diesem begabt wüsstest du was Gesundheit ist, sähest die Wahnerlöschung.«

»So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren, die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben,[S. 286] keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und könnte die Augen nicht lösen, könnte die Augen nicht läutern. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde sich da nicht jener Künstler ganz vergeblich geplagt und abgemüht haben?«

»Allerdings, o Gotamo!«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre darlegen, was da Gesundheit, was da Wahnerlöschung ist, und du möchtest die Gesundheit nicht wahrnehmen, die Wahnerlöschung nicht sehn: und es wäre mir Plage gewiss und Anstoß.«

{511} »So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren, die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines Sehenden: ›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein anderer Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ›Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar[S. 287] fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er nähm’ es entgegen und bekleidete sich damit. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, ließ’ ihn nach oben und nach unten sich ausleeren, Salbe, Balsam und Nießpulver gebrauchen. Und er unterzöge sich dieser Behandlung, und die Augen lösten sich ihm, läuterten sich: und wie er zu sehn begänne verginge ihm die Lust und Freude an dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde; und er hielte jenen Mann für seinen Feind, hielt’ ihn für seinen Widersacher und dächte wohl gar daran, daß er ihm nach dem Leben trachtete: ›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich von jenem Manne betrogen, getäuscht, hintergangen worden mit dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ‚Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber‘‹: Ebenso nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre darlegen, was da Gesundheit, was Wahnerlöschung ist, und du möchtest die Gesundheit wahrnehmen, die Wahnerlöschung sehn: und es würde dir wie du zu sehn begännest die Lust und Freude an den fünf Stücken des Anhangens vergehn und du würdest denken: ›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich von diesem Herzen betrogen, getäuscht, hintergangen worden! Denn ich war der Form eben anhänglich angehangen, dem Gefühl eben anhänglich angehangen, der Wahrnehmung eben anhänglich angehangen, den Unterscheidungen eben anhänglich angehangen, dem Bewusstsein eben anhänglich angehangen. So entsteht mir aus Anhangen Werden, aus Werden Geburt, aus Geburt Altern und Sterben, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und[S. 288] Verzweiflung: {512} also kommt dieses gesammten Leidensstückes Entwicklung zustande.‹«

»So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich von diesem Sitze entblindet aufstehe!«

»Wohlan denn, Māgandiyo, sei du den Guten gesellt; und wirst du, Māgandiyo, den Guten gesellt sein, so wirst du, Māgandiyo, gute Lehre hören; und wirst du, Māgandiyo, gute Lehre hören, so wirst du, Māgandiyo, der Lehre gemäß leben; und wirst du, Māgandiyo, der Lehre gemäß leben, so wirst du, Māgandiyo, eben selbst erkennen, selbst sehn: ›Das ist das Sieche, Bresthafte, Schmerzhafte, da wird das Sieche, Bresthafte, Schmerzhafte ohne Ueberrest aufgelöst. So löst sich mir durch Auflösung des Anhangens Werden auf, durch Auflösung des Werdens Geburt, durch Auflösung der Geburt Altern und Sterben, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung: also kommt dieses gesammten Leidensstückes Auflösung zustande.‹«

Nach diesen Worten wandte sich Māgandiyo der Pilger also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar manigfach dargelegt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Māgandiyo, erst einem anderen Orden[S. 289] angehörte und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

{513} Es wurde Māgandiyo der Pilger vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Māgandiyo in den Orden aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Māgandiyo der Heiligen geworden.


[S. 290]

76.

Achter Theil

Sechste Rede

SANDAKO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Kosambī[80], im Stiftungsgarten.

Zu dieser Zeit nun hielt sich der Pilger Sandako in der Großen Feigenbaumgrotte auf, in Gesellschaft vieler Pilger, von fünfhundert Pilgern umgeben.

Als nun der ehrwürdige Ānando gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, wandte er sich an die Mönche und sprach:

»Kommt, ihr Brüder, wir wollen nach der Götterkluft[81] gehn und uns die Grotte betrachten.«

»Gern, Bruder!« erwiderten da jene Mönche, dem ehrwürdigen Ānando zustimmend.

Und der ehrwürdige Ānando begab sich nun, von vielen Mönchen begleitet, nach der Götterkluft.

Um diese Zeit aber war Sandako der Pilger, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über [S. 291]Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.

{514} Und Sandako der Pilger sah den ehrwürdigen Ānando von ferne herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt ein Jünger des Asketen Gotamo heran, der Asket Ānando! Von jenen Jüngern des Asketen Gotamo, die sich da in Kosambī aufhalten, ist dieser auch einer, der Asket Ānando. Und sie lieben nicht lauten Lärm, diese Ehrwürdigen, Ruhe ist ihnen recht, Ruhe preisen sie; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der ehrwürdige Ānando kam näher zu Sandako dem Pilger heran. Und Sandako der Pilger sprach also zum ehrwürdigen Ānando:

»Es komme Herr Ānando, gegrüßt sei Herr Ānando! Lange schon hat Herr Ānando hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen. Möge sich Herr Ānando setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der ehrwürdige Ānando auf den angebotenen Sitz. Sandako aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Und an Sandako den Pilger, der da beiseite saß, wandte sich nun der ehrwürdige Ānando also:

»Zu welchem Gespräche, Sandako, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Ānando, um jenes Gespräch, warum[S. 292] wir hier zusammenkommen: es wird Herrn Ānando schwerlich etwas entgehn, auch wenn er es später vernimmt. Gut wär’ es, fürwahr, wenn es eben Herrn Ānando gefiele ein Gespräch über die Lehre seines Meisters zu halten!«

»Wohlan denn, Sandako, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, Herr!« erwiderte da aufmerksam Sandako der Pilger dem ehrwürdigen Ānando. Der ehrwürdige Ānando sprach also:

»Es sind hier, Sandako, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Arten unächter Asketenschaft gekennzeichnet, und vier Arten unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.«

»Welche vier Arten, o Ānando, mögen es wohl sein, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird,{515} übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann?«

»Da behauptet, Sandako, ein Meister diese Meinung, diese Ansicht: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden — es ist alles eitel; es giebt keine Saat und Ernte guter und böser Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt hat keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn[S. 293] dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können. Aus den vier Hauptstoffen hier ist der Mensch entstanden; wann er stirbt geht das Erdige in die Erde ein, in die Erde über, geht das Flüssige in das Wasser ein, in das Wasser über, geht das Feurige in das Feuer ein, in das Feuer über, geht das Luftige in die Luft ein, in die Luft über, in den Raum hinaus wandern die Sinne. Mit der Bahre zufünft schreiten die Leute mit dem Todten hinweg. Bis zur Verbrennung werden Sprüche gesungen. Dann bleichen die Knochen. Opfer werden entflammt, Geschenke ausgetheilt als Almosen. Unsinn, Lüge, Gefasel bringen sie vor, die da behaupten, es gebe etwas. Seien es Thoren, seien es Weise: bei der Auflösung des Körpers zerfallen sie, gehn zugrunde, sind nicht mehr nach dem Tode.‹[82]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht. Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar ich nicht behaupte, dass wir, bei der Auflösung des Körpers, zerfallen, zugrunde gehn, nicht mehr sein werden nach dem Tode. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister, nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht, Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir, dass ich bei diesem [S. 294]Meister ein Asketenleben führen sollte?‹ Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als erste Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, {516} übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung, diese Ansicht: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer zerstört und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer Kummer und Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt[83], Lügen spricht: was einer begeht, er begeht keine Schuld. Und wer da gleich mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei machte, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht. Und wer auch am südlichen Ufer des Ganges verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören ließe, quälte und quälen ließe, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht: und wer auch am nördlichen Ufer des Ganges spendend und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe, so hat er darum kein Verdienst, begeht nichts Gutes. Durch Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt man kein Verdienst, begeht nichts Gutes.‹[84]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann:[S. 295] ›Dieser liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht. Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar ich nicht behaupte, dass wir durch unsere Thaten keine Schuld begehn. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister, nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht, Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir, dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹ Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als zweite Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung, diese Ansicht: ›Es giebt keinen Anlass, es giebt keinen Grund der Verderbniss der Wesen; ohne Anlass, ohne Grund werden die Wesen verderbt. Es giebt keinen Anlass, es giebt keinen Grund der Läuterung der Wesen; ohne Anlass, ohne Grund werden die Wesen lauter. Es giebt keine Macht und keine Kraft, es giebt keine Mannesgewalt und keine Mannestapferkeit.[S. 296] {517} Alle Wesen, alle Lebendigen, alle Gewordenen, alle Geborenen sind willenlos, machtlos, kraftlos. Nothwendig kommen sie zustande und entwickeln sich zur Reife und empfinden je nach den sechs Arten von Dasein Wohl und Wehe.‹[85]

Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht. Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar ich nicht behaupte, dass wir ohne Anlass, ohne Grund lauter werden. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister, nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht, Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir, dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹ Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als dritte Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung, diese Ansicht: ›Sieben Elemente giebt[S. 297] es, Urstoffe, urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig, grundfest gegründet.[86] Sie regen sich nicht, verändern sich nicht, wirken nicht auf einander ein, können sich gegenseitig nicht wohlthun, nicht wehthun, nicht wohl- und wehthun. Welche sieben sind es? Erde, Wasser, Feuer, Luft, Wohl, Wehe und siebentens Leben. Diese sieben Elemente sind Urstoffe, urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig, grundfest gegründet. Sie regen sich nicht, verändern sich nicht, wirken nicht auf einander ein, können sich gegenseitig nicht wohlthun, nicht wehthun, nicht wohl- und wehthun. Da giebt es keinen der mordet oder tödten lässt, keinen der hört oder hören lässt, keinen der weiß oder wissen lässt.[87] Wenn auch einer mit scharfem Schwerdte das Haupt abschlägt, so raubt keiner irgend wem das Leben: nur eben zwischen dem Abstande der sieben Elemente fährt das Schwerdt hindurch. Und es giebt vierzehnmal hunderttausend und sechzigmal hundert und sechsmal hundert besondere Schooße der Entstehung; und der Thaten giebt es fünfmal hundert, und fünf Thaten, und drei Thaten, und eine That, und halbe That; und zweiundsechzig Pfade giebt es, und zweiundsechzig Zwischenalter der Welt; und sechs Arten von Dasein; und es giebt acht Stätten für Menschen, und fünfzig weniger einmal hundert Lebensweisen, und fünfzig weniger einmal hundert Pilgerorden, und fünfzig weniger einmal hundert Schlangenreiche; {518} und zwanzigmal hundert Sinneskräfte, und dreißigmal hundert Höllenwege giebt es; und sechsunddreißig Leidenschaften, und sieben bewusste Gebiete, sieben unbewusste Gebiete, sieben entbundene Gebiete; sieben der Götter, sieben der [S. 298]Menschen, sieben der Gespenster; sieben Seen, sieben Strudel; sieben Felsen, sieben Abgründe; sieben Träume, siebenmal hundert Träume giebt es. Vierundachtzigmal hunderttausend der großen Weltalter müssen die Thoren wie die Weisen durchwandern, durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende machen werden. Da geht es nicht an: ›Durch solche Uebungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich das noch nicht reif gewordene Werk zur Reife bringen, oder das reif gewordene Werk nach und nach zunichte machen‹: das geht eben nicht. Nach dem Maaße bemessen ist Wohl und Wehe. Die Wandelwelt hat bestimmte Gränzen; und man kann sie nicht mehren und nicht mindern, nicht schwellen und nicht schwinden lassen. Gleichwie sich etwa ein Fadenknäul unten, den man aufwinden muss, nicht heranziehn lässt, ebenso auch müssen die Thoren wie die Weisen die Welt durchwandern und durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende machen werden.‹[88]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht. Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar ich nicht behaupte, dass wir die Welt durchwandern und durchwandeln müssen, bis wir dem Leiden ein Ende machen werden. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister, nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht, Schmuck und duftende Salben verwendet,[S. 299] der an Gold und Silber Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir, dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹ Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als vierte Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, {519} wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Das sind nun, Sandako, die vier Arten, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o Ānando, wie da von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, die vier Arten wirklich unächter Asketenschaft als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Wie aber, o Ānando, mögen die vier Arten beschaffen sein, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als unerquickliche Askese gezeigt worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann?«

[S. 300]

»Da giebt es, Sandako, einen Meister, der weiß alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ›Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig.‹[89] Aber er besucht ein Haus wo niemand da ist, aber er bekommt keine Almosenspeise, aber er wird von einem Hunde gebissen, aber er begegnet einem rasenden Elephanten, aber ein scheues Ross rennt ihm entgegen, aber ein wüthender Stier stürzt auf ihn zu; aber er fragt ein Weib und einen Mann um Namen und Stand, aber er fragt nach dem Namen und dem Wege von Dorf und Stadt. Und wenn ihn einer angeht: ›Was ist das?‹, antwortet er: ›Ich sollte in das unbewohnte Haus eintreten, darum bin ich eingetreten; ich sollte keine Almosenspeise bekommen, darum hab’ ich keine bekommen; ich sollte von einem Hunde gebissen werden, darum bin ich gebissen worden; ich sollte einem rasenden Elephanten begegnen, darum bin ich ihm begegnet; es sollte mir ein scheues Ross entgegenrennen, darum ist es mir entgegengerannt; es sollte ein wüthender Stier auf mich zustürzen, darum ist er auf mich zugestürzt; ich sollte ein Weib und einen Mann um Namen und Stand fragen, darum hab’ ich gefragt; ich sollte nach dem Namen und dem Wege von Dorf und Stadt fragen, darum hab’ ich gefragt.‹

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister, der weiß alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig.‘ Aber solches begegnet ihm, aber solche Rede geht von ihm aus.‹ Und er merkt:[S. 301] ›Es ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als erste Art unerquicklicher Askese gezeigt worden, {520} wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der weiß vom Hörensagen her, hat die Wahrheit vom Hörensagen überkommen; nach dem Hörensagen, auf Treu und Glauben hin, wie ein Korb von Hand zu Hand weitergeht, überliefert er die Lehre.[90] Ein Meister aber, Sandako, der vom Hörensagen her weiß, die Wahrheit vom Hörensagen überkommen hat, der erinnert sich gut und erinnert sich schlecht, berichtet so und berichtet anders.

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister, der weiß vom Hörensagen her, hat die Wahrheit vom Hörensagen überkommen; nach dem Hörensagen, auf Treu und Glauben hin, wie ein Korb von Hand zu Hand weitergeht, überliefert er die Lehre. Ein Meister aber, der vom Hörensagen her weiß, die Wahrheit vom Hörensagen überkommen hat, der erinnert sich gut und erinnert sich schlecht, berichtet so und berichtet anders.‹ Und er merkt: ›Es ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als zweite Art unerquicklicher Askese gezeigt[S. 302] worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der ist ein Grübler und ein Forscher; der trägt eine grüblerisch vernagelte Lehre vor, die er selbst ersonnen und ausgedacht hat. Ein Meister aber, Sandako, der ein Grübler ist und Forscher, der grübelt gut und grübelt schlecht, berichtet so und berichtet anders.[91]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister, der ist ein Grübler und Forscher; der trägt eine grüblerisch vernagelte Lehre vor, die er selbst ersonnen und ausgedacht hat. Ein Meister aber, der ein Grübler ist und Forscher, der grübelt gut und grübelt schlecht, berichtet so und berichtet anders.‹ Und er merkt: ›Es ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als dritte Art unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der ist verstockt und verstört; aus Verstocktheit und Verstörtheit bringt er, um dies oder das befragt, verwickelte Worte vor, eine verwickelte Nabelschnur: {521} ›Dergleichen passt mir nicht, und auch so passt es mir nicht, und auch anders passt es mir nicht, und auch mit nein passt es mir nicht, und auch mit nicht nein passt es mir nicht.‹[92]

[S. 303]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe Meister, der ist verstockt und verstört; aus Verstocktheit und Verstörtheit bringt er, um dies oder das befragt, verwickelte Worte vor, eine verwickelte Nabelschnur: ›Dergleichen passt mir nicht, und auch so passt es mir nicht, und auch anders passt es mir nicht, und auch mit nein passt es mir nicht, und auch mit nicht nein passt es mir nicht.‹ Und er merkt: ›Es ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als vierte Art unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Das sind nun, Sandako, die vier Arten, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als unerquickliche Askese gezeigt worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o Ānando, wie da von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, die vier Arten der eben unerquicklichen Askese als unerquickliche Askese gezeigt worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Was aber, o Ānando, kündigt und zeigt einen Meister an, bei dem ein verständiger Mann sicherlich Askese[S. 304] üben mag, und übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken kann?«

»Da erscheint, Sandako, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis {345} oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

[S. 305]

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

[S. 306]

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung, {346} Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so[S. 307] fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.[93]

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit[S. 308] verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. {347} Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.[94]

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, {522} übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein [S. 309]verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während[S. 310] mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; {348} da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der[S. 311] Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß.

[S. 312]

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames Recht erwirken.«

»Und wer da nun, o Ānando, ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat: mag der Wünsche genießen?«

{523} »Wer da, Sandako, ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat, der kann nicht mehr in einen der fünf Fälle gerathen: es kann nicht der wahnversiegte Mönch wissentlich ein Wesen des Lebens berauben; es kann nicht der wahnversiegte Mönch Ungegebenes, was man Diebstahl nennt, sich nehmen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch der Paarung pflegen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch wissentlich eine Lüge sagen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch gemächlich Wünsche genießen wie etwa einst im Hause. Wer da, Sandako, ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss[S. 313] erlöst hat, der kann nicht mehr in einen dieser fünf Fälle gerathen.«

»Und wer da nun, o Ānando, ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat: hat der, ob er eben geht oder steht, schläft oder wacht, jederzeit die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig: ›Versiegt ist mein Wahn‹?«

»Da lasse denn, Sandako, ein Gleichniss dir geben: auch durch Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn einer Rede klar. Gleichwie etwa, Sandako, einem Manne, dem Hand und Fuß abgehauen ist, ob er eben geht oder steht, schläft oder wacht, jederzeit wohl Hand und Fuß gänzlich abgehauen ist, aber weil er es da betrachtet weiß er: ›Abgehauen ist mir Hand und Fuß‹: ebenso nun auch, Sandako, ist einem heiligen Mönche, der Wahnversieger, Endiger ist, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat, ob er eben geht oder steht, schläft oder wacht, jederzeit wohl der Wahn gänzlich versiegt, aber weil er es da betrachtet weiß er: ›Versiegt ist mein Wahn.‹«

»Wieviele Vollender giebt es aber, o Ānando, in dieser Lehre und Ordnung?«

»Nicht giebt es. Sandako, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Vollender in dieser Lehre und Ordnung.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o[S. 314] Ānando, dass da keiner die eigene Lehre anpreisen und die Lehre anderer schmähen mag, in einem Orden wo sich ja so viele Vollender zur Darlegung der Lehre finden lassen, {524} während jene Nackten Büßer sohnloser Mutter Söhne sind[95], sich selber anpreisen und andere schmähen, und doch nur drei Vollender anführen, nämlich Nando Vaccho, Kiso Saṉkicco und Makkhali Gosālo.«

Und nun wandte sich Sandako der Pilger an seine eigene Schaar:

»Gehet, ihr Lieben! Beim Asketen Gotamo ist ächte Asketenschaft. Mir selbst will es jetzt nicht leicht fallen, Almosen, Ehre und Ruhm dahinzugeben.«

Also ermunterte da Sandako der Pilger seine eigene Schaar, beim Erhabenen in Askese zu treten.


77.

Achter Theil

Siebente Rede

SAKULUDĀYĪ
– I –

{S 310 T} Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese Zeit nun hielten sich gar viele wohlbekannte, wohlangesehne Pilger im Pilgerhaine auf, am Pfauenhügel[96], und zwar Pilger wie Anubhāro[97], Varataro und Sakuludāyī, und noch andere wohlbekannte, wohlangesehne Pilger. {311} Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Rājagaham, um Almosenspeise. Und es gedachte der [S. 315]Erhabene: ›Allzu früh ist’s noch, in der Stadt um Almosenspeise zu stehn; wie, wenn ich nun zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel ginge, Sakuludāyī den Pilger besuchen?‹ Und der Erhabene begab sich zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel hin.

Um diese Zeit aber war Sakuludāyī der Pilger, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.

Und Sakuludāyī der Pilger sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der Erhabene kam näher zu Sakuludāyī dem Pilger heran. Und Sakuludāyī der Pilger sprach also zum Erhabenen:

{312} »Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen.[S. 316] Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz. Sakuludāyī aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Und zu Sakuludāyī dem Pilger, der an der Seite saß, wandte sich nun der Erhabene mit den Worten:

»Zu welchem Gespräche, Udāyī, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn, wenn es auch später zur Sprache kommt. — Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, haben sich mancherlei Büßer, Asketen und Priester, in der Volkshalle zu einer Sitzung eingefunden und unter einander also zu reden begonnen: ›Gesegnet, wahrlich, ist Bengālen und Magadhā, hochgesegnet, wahrlich, sein Volk, da diese Asketen und Priester, die von zahlreichen Jüngern und Anhängern umschaarten Häupter der Schulen, die bekannten, gefeierten Bahnbrecher, die viel bei den Leuten gelten, sich entschlossen haben in Rājagaham über die Regenzeit zu bleiben! Da ist ja Pūraṇo Kassapo, den zahlreiche Jünger und Anhänger als Haupt ihrer Schule umschaaren, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt: auch der hat sich entschlossen in Rājagaham über die Regenzeit zu bleiben. Da ist auch Makkhali Gosālo, da ist auch Ajito Kesakambalo, da ist Pakudho Kaccāyano, und Sañjayo Belaṭṭhaputto, und Nigaṇṭho Nāthaputto, {313} da ist auch der Asket Gotamo: ein jeder von zahlreichen Jüngern und [S. 317]Anhängern als Haupt der Schule umschaart, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt, und jeder will in Rājagaham über die Regenzeit bleiben. Welcher von diesen lieben Asketen und Priestern wird da im Kreise der Jünger werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet und geehrt? Und wen[98], den sie werthhalten, hochschätzen, haben sie ihres Vertrauens gewürdigt?‹ Da sagten nun einige: ›Dieser Pūraṇo Kassapo hat zahlreiche Jünger und Anhänger um sich, ist das Haupt einer Schule, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt: aber er wird von den Jüngern nicht werthgehalten, nicht hochgeschätzt, nicht geachtet, nicht geehrt; nicht Pūraṇo Kassapo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen. Eines Tages trug Pūraṇo Kassapo einer vielhundertköpfigen Schaar seine Lehre vor. Da ließ sich einer der Jünger Pūraṇo Kassapos also vernehmen: ›Nicht soll, ihr Lieben, Pūraṇo Kassapo darum befragt werden: er weiß das nicht. Wir wissen es: uns mögt ihr darum befragen, wir werden es euch Lieben erklären.‹ Und Pūraṇo Kassapo rang da vergeblich die Hände und rief: ›Beruhigt euch, ihr Lieben! Redet, ihr Lieben, nicht so laut! ihr Lieben seid nicht gefragt worden, uns hat man gefragt! Wir wollen es ihnen klar machen.‹ Und viele der Jünger haben dann {314} Pūraṇo Kassapo das Wort entwunden und sind von ihm abgefallen: ›Nicht du kennst diese Lehre und Ordnung: ich kenne diese Lehre und Ordnung! Was wirst du diese Lehre und Ordnung verstehn? Auf falscher Fährte bist du: ich bin auf rechter Fährte. Mir ist’s gelungen: dir misslungen. Was vorher zu sagen ist hast du nachher gesagt: was nachher zu[S. 318] sagen ist hast du vorher gesagt. Deine Behauptung[99] ist umgestürzt, dein Wort dir entwunden worden: gebändigt bist du, gieb deine Rede verloren, oder widersteh’ wenn du kannst!‹ Und so wird Pūraṇo Kassapo von den Jüngern nicht werthgehalten, nicht hochgeschätzt, nicht geachtet, nicht geehrt; und nicht Pūraṇo Kassapo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen. Und erzürnt ist Pūraṇo Kassapo vom Zorn der Lehre.‹ — Andere wieder sagten: ›Da ist auch Makkhali Gosālo, auch Ajito Kesakambalo, auch Pakudho Kaccāyano, und Sañjayo Belaṭṭhaputto, und Niganṭho Nāthaputto: ein jeder hat zahlreiche Jünger und Anhänger um sich, ist das Haupt einer Schule, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt[100]: aber keiner wird von den Jüngern werthgehalten und hochgeschätzt, keiner geachtet und geehrt; {315} und keiner ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen. Und erzürnt sind sie alle vom Zorn der Lehre.‹ — Wieder andere sagten: ›Dieser Asket Gotamo hat zahlreiche Jünger und Anhänger um sich, ist das Haupt einer Schule, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt: und er wird von den Jüngern werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet und geehrt; der Asket Gotamo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen. Eines Tages trug der Asket Gotamo einer vielhundertköpfigen Schaar seine Lehre vor. Da ließ einer der Jünger des Asketen Gotamo ein Räuspern hören. Und einer der Ordensbrüder streifte ihn mit dem Knie an: ›Nicht so laut, Ehrwürdiger, bitte! Möge der Ehrwürdige sich leise verhalten: unser Meister, der Erhabene legt die Lehre[S. 319] dar.‹ {316} Zu einer Zeit wo der Asket Gotamo einer vielhundertköpfigen Schaar die Lehre darlegt, zu einer solchen Zeit hört man eben bei den Jüngern des Asketen Gotamo nicht einmal das Geräusch des Nießens oder Sichräusperns, und die ganze Schaar blickt erwartungsvoll auf zu ihm: ›Was uns der Erhabene wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹[101] Gleichwie etwa wenn ein Mann auf dem Hauptplatze Honig, süßen, gereinigten, auspresste, und es stände eine große Schaar Menschen erwartungsvoll rings um ihn her: ebenso nun auch sind sie um den Asketen Gotamo geschaart, wann er vielen Hunderten die Lehre darlegt; und da hört man bei den Jüngern des Asketen Gotamo nicht einmal das Geräusch des Nießens oder Sichräusperns, und die ganze Schaar blickt erwartungsvoll auf zu ihm: ›Was uns der Erhabene wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹ Selbst jene Jünger des Asketen Gotamo, die sich den Ordensbrüdern angeschlossen hatten, dann die Askese aufgaben, um zur Gewohnheit zurückzukehren, auch die preisen das Lob des Meisters, preisen das Lob der Lehre, preisen das Lob der Jüngerschaft, tadeln sich selber nur, tadeln nicht andere: ›Wir nur sind unsälig, wir haben Schuld, die wir, in eine also wohlverkündete Lehre und Ordnung eingetreten, nicht imstande waren zeitlebens das vollkommene, vollendete Asketenleben zu führen.‹ Und sie leben auf dem Lande, oder leben als Anhänger, und halten an ihren fünf Grundsätzen fest.[102] So wird der Asket Gotamo von den Jüngern werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet und geehrt; und der Asket Gotamo ist es, {317} den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen.‹«

[S. 320]

»Was für Eigenschaften aber, Udāyī, merkst du an mir, warum mich die Jünger werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen?«

»Fünf sind es, o Herr, der Eigenschaften, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen: welche fünf? Der Erhabene, o Herr, nimmt karge Nahrung ein und preist das Lob der kargen Ernährung; weil nun, o Herr, der Erhabene karge Nahrung einnimmt und das Lob der kargen Ernährung preist, so ist das, o Herr, die erste Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.[103] Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene zufrieden mit was immer für einem Gewande und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Gewande; weil nun, o Herr, der Erhabene mit was immer für einem Gewande zufrieden ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Gewande preist, so ist das, o Herr, die zweite Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen. Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene zufrieden mit was immer für Almosenbissen und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichen Almosenbissen; weil nun, o Herr, der Erhabene mit was immer für Almosenbissen zufrieden ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichen Almosenbissen preist, so ist das, o Herr, die dritte Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, {318} hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen. Weiter[S. 321] sodann, o Herr, ist der Erhabene zufrieden mit was immer für Sitz und Lager und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager; weil nun, o Herr, der Erhabene mit was immer für einem Sitz und Lager zufrieden ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager preist, so ist das, o Herr, die vierte Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen. Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene abgeschieden und preist das Lob der Abgeschiedenheit; weil nun, o Herr, der Erhabene abgeschieden ist und das Lob der Abgeschiedenheit preist, so ist das, o Herr, die fünfte Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen. Das sind, o Herr, die fünf Eigenschaften, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.«

»‚Karge Nahrung nimmt der Asket Gotamo ein und preist das Lob der kargen Ernährung‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die nur einen Napf, nur einen halben Napf, nur eine Bilva, nur eine halbe Bilva voll Nahrung einnehmen.[104] Ich aber nehme, Udāyī, zuweilen diese Schaale bis zum Rande und über den Rand mit Nahrung gefüllt ein. {319} ‚Karge Nahrung nimmt der Asket Gotamo ein und preist das Lob der kargen Ernährung‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten,[S. 322] hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger, die nur einen Napf, nur einen halben Napf, nur eine Bilva, nur eine halbe Bilva voll Nahrung einnehmen, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für einem Gewande und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Gewande‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die sich in Fetzen hüllen, rauhe Gewänder anlegen: vom Leichenplatze, vom Kehrichthaufen, vom Tandelmarkte lesen sie Lumpen[105] auf, stücken den Mantel zurecht und tragen ihn. Ich aber trage, Udāyī, zuweilen bürgerliche Gewänder, aus festem rauhen Gewebe[106], wie Kürbissfäden. ‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für einem Gewande und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Gewande‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger, die sich in Fetzen hüllen, rauhe Gewänder anlegen, die vom Leichenplatze, vom Kehrichthaufen, vom Tandelmarkte Lumpen auflesen, den Mantel zurechtstücken und tragen, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

{320} »‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für Almosenbissen und preist das Lob der Zufriedenheit mit[S. 323] jeglichen Almosenbissen‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die um Almosenbissen ausgehn, von Haus zu Hause hintreten, mit Resten schon befriedigt sind[107], und stehn sie im Hofe des Hauses und werden zum Sitzen eingeladen, nehmen sie es nicht an. Ich aber nehme, Udāyī, zuweilen auch eingeladen Reis zu mir, der gekocht und gesichtet, saftig und würzig bereitet ist. ‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für Almosenbissen und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichen Almosenbissen‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger, die um Almosenbissen ausgehn, von Haus zu Hause hintreten, mit Resten schon befriedigt sind, und, stehn sie im Hofe des Hauses und werden zum Sitzen eingeladen, es nicht annehmen, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für Sitz und Lager und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die unter Bäumen leben, in der offenen Ebene leben, die acht Monde kein Obdach aufsuchen.[108] Ich aber wohne, Udāyī, zuweilen auch in Parkhäusern, wo die Wände, Stürmen zu wehren, mit Kalk bestrichen, mit Kalk verstrichen, die Thüren verriegelt, die Fenster verschlossen sind. {321} ‚Zufrieden ist der [S. 324] Asket Gotamo mit was immer für Sitz und Lager und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger, die unter Bäumen leben, in der offenen Ebene leben, die acht Monde kein Obdach aufsuchen, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Abgeschieden ist der Asket Gotamo und preist das Lob der Abgeschiedenheit‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die Waldeinsiedler, fern abgelegen sind, sich tief im Walde an fern abgelegenen Orten einsam aufhalten, die halbmonatlich hingehn zur Mönchgemeinde, wann die Regel verkündet wird. Ich aber lebe, Udāyī, zuweilen in Gesellschaft der Mönche und Nonnen, der Anhänger und Anhängerinen, des Königs und königlicher Fürsten, der Büßer und büßender Pilger. ‚Abgeschieden ist der Asket Gotamo und preist das Lob der Abgeschiedenheit‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger, die Waldeinsiedler, fern abgelegen sind, sich tief im Walde an fern abgelegenen Orten einsam aufhalten, die halbmonatlich hingehn zur Mönchgemeinde, {322} wann die Regel verkündet wird, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Und also, Udāyī, sind es nicht diese fünf [S. 325]Eigenschaften, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen; vielmehr sind es, Udāyī, fünf andere Eigenschaften, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen: welche fünf?

»Da sind mir, Udāyī, die Jünger um Tugend zugethan: ›Tugendächt ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Tugendheit begabt‹; weil mir aber, Udāyī, die Jünger um Tugend zugethan sind: ›Tugendächt ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Tugendheit begabt‹, so ist das, Udāyī, die erste Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, sind mir die Jünger um zunehmende Wissensklarheit zugethan: ›Wissend nur sagt der Asket Gotamo ‚Ich weiß es‘, sehend nur sagt der Asket Gotamo ‚Ich seh’ es‘, zum Erkennen legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht zum Verkennen, begründet legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht unbegründet, erfassbar legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht unerfassbar‹;[109] weil mir aber, Udāyī, die Jünger um zunehmende Wissensklarheit zugethan sind: ›Wissend nur sagt der Asket Gotamo ‚Ich weiß es‘, sehend nur sagt der Asket Gotamo ‚Ich seh’ es‘, {323} zum Erkennen legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht zum Verkennen, begründet legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht unbegründet, erfassbar legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht unerfassbar‹, so ist das, Udāyī, die zweite Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

[S. 326]

»Weiter sodann, Udayī, sind mir die Jünger um Weisthum zugethan: ›Weise ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Weisheit begabt; dass er etwa eine künftige Redeweise nicht vorhersehn, oder eine gegebene Gegenrede nicht mit Recht wohlabgewiesen abweisen könnte, nicht findet sich ein solcher Fall.‹ Was meinst du wohl, Udāyī: möchten da nun meine Jünger, also wissend, also sehend, sich in Zwischenfragen einlassen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Denn ich erwarte, Udāyī, von den Jüngern keine Belehrung, sondern die Jünger erwarten Belehrung von mir. Weil mir aber, Udāyī, die Jünger um Weisthum zugethan sind: ›Weise ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Weisheit begabt; dass er etwa eine künftige Redeweise nicht vorhersehn, oder eine gegebene Gegenrede nicht mit Recht wohlabgewiesen abweisen könnte, nicht findet sich ein solcher Fall‹, so ist das, Udāyī, die dritte Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, gehn mir die Jünger, um was sie leiden in Leiden versunken, in Leiden verloren, entgegen und fragen mich um die heilige Wahrheit vom Leiden; {324} und ich geb’ ihnen, um die heilige Wahrheit vom Leiden befragt, die Antwort: und ich erhebe ihnen das Herz durch der Frage Beantwortung. Und sie fragen mich um die heilige Wahrheit von der Leidensentwicklung, von der Leidensauflösung, von dem Pfade, der zur Leidensauflösung führt; und ich geb’ ihnen, also befragt, die Antwort: und ich erhebe ihnen das Herz durch der Frage Beantwortung. Weil mir aber, Udāyī, die[S. 327] Jünger, um was sie leiden in Leiden versunken, in Leiden verloren, entgegengehn und mich um die heilige Wahrheit vom Leiden fragen; und ich geh’ ihnen, um die heilige Wahrheit vom Leiden befragt, die Antwort und erhebe ihnen das Herz durch der Frage Beantwortung, und sie fragen mich um die heilige Wahrheit von der Leidensentwicklung, von der Leidensauflösung, von dem Pfade, der zur Leidensauflösung führt, und ich geb’ ihnen, also befragt, die Antwort und erhebe ihnen das Herz durch der Frage Beantwortung: so ist das, Udāyī, die vierte Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger zu den vier Pfeilern der Einsicht gelangen: da wacht, Udāyī, der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Da haben denn meine Jünger der {325} Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die vier gewaltigen Kämpfe bestehn: da weckt, Udāyī, der Mönch[S. 328] seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die vier Machtgebiete erobern: da erobert, Udāyī, der Mönch das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung des Willens gezeugte Machtgebiet; erobert das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung der Kraft gezeugte Machtgebiet; erobert das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung des Geistes gezeugte Machtgebiet; erobert das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung des Prüfens gezeugte Machtgebiet. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger fünf der Fähigkeiten erwerben: da wird, Udāyī, der Mönch fähig der Zuversicht, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; {326} fähig der Kraft, die zur Ebbung führt, zur Erwachung [S. 329] führt; fähig der Einsicht, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; fähig der Innigkeit, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; fähig der Weisheit, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger fünf der Vermögen erwerben: da wird, Udāyī, der Mönch vermögend an Zuversicht, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Kraft, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Einsicht, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Innigkeit, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Weisheit, die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die sieben Erweckungen wirken: da wirkt, Udāyī, der Mönch der Einsicht Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt des Tiefsinns Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt der Kraft Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt der Heiterkeit Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt der Lindheit Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt der[S. 330] Innigkeit Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; wirkt des Gleichmuths Erweckung, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger den heiligen achtfältigen Weg gewinnen: da gewinnt, Udāyī, der Mönch rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. {327} Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die acht Freiungen finden. Formhaft ist er und sieht die Formen: das ist die erste Freiung. Innen ohne Formwahrnehmung sieht er außen Formen: das ist die zweite Freiung. Schönheit nur hat er im Sinne: das ist die dritte Freiung. Durch völlige Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt er in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes: das ist die vierte Freiung. Nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre gewinnt er in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins: das ist die fünfte Freiung. Nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre gewinnt er in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins: das ist die[S. 331] sechste Freiung. Nach völliger Ueberwindung der Nichtdaseinsphäre erreicht er die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung: das ist die siebente Freiung. Nach völliger Ueberwindung der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung erreicht er die Auflösung der Wahrnehmbarkeit: das ist die achte Freiung. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger acht Grade der Ueberwindung durchschreiten. Innen nimmt er Formen wahr, einig; {328} außen sieht er Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der erste Grad der Ueberwindung. Innen nimmt er Formen wahr, einig; außen sieht er Formen, unermesslich, schöne und unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der zweite Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der dritte Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, unermesslich, schöne und unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der vierte Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, blau aussehn. Gleichwie etwa eine Hanfblüthe blau ist, blau schimmert, blau scheint, blau aussieht, oder gleichwie etwa ein [S. 332]Seidenstoff, auf beiden Seiten blaugefärbt[110], blau schimmert, blau scheint, blau aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, blau aussehn; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der fünfte Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, gelbe, die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aussehn. Gleichwie etwa eine Zimmtblüthe gelb ist, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, {329} auf beiden Seiten gelbgefärbt, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, gelbe, die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aussehn; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der sechste Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, rothe, die roth schimmern, roth scheinen, roth aussehn. Gleichwie etwa eine Malvenrose roth ist, roth schimmert, roth scheint, roth aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten rothgefärbt, roth schimmert, roth scheint, roth aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, rothe, die roth schimmern, roth scheinen, roth aussehn; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der siebente Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aussehn. Gleichwie etwa der Morgenstern weiß ist, weiß schimmert, weiß scheint,[S. 333] weiß aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten weißgebleicht, weiß schimmert, weiß scheint, weiß aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aussehn; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der achte Grad der Ueberwindung. {330} Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.[111]

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger zehn Orte der Allheit erkunden. Der Erde Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Wassers Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Feuers Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Der Luft Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Blauen Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Gelben Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Rothen Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Weißen Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Raumes Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Bewusstseins Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die vier Schauungen eingehn. Da gewinnt, Udāyī, der Mönch,[S. 334] gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, die sinnend gedenkende ruhegeborene sälige Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Diesen Körper da durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt er mit ruhegeborener säliger Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von ruhegeborener säliger Heiterkeit ungesättigt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein gewandter Bader oder Badergeselle auf {331} ein erzernes Becken Seifenpulver streut und mit Wasser versetzt, verreibt und vermischt, sodass sein Schaumball völlig durchfeuchtigt, innen und außen mit Feuchtigkeit gesättigt ist und nichts herabträufelt: ebenso nun auch, Udāyī, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt der Mönch diesen Körper da mit ruhegeborener säliger Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von ruhegeborener säliger Heiterkeit ungesättigt bleibt.[112]

»Weiter sodann, Udāyī: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Diesen Körper da durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt er mit der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit ungesättigt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein See mit unterirdischer Quelle, in den sich kein Bach von Osten oder Westen, von Norden oder Süden ergösse, keine Wolke von Zeit zu Zeit mit tüchtigem Gusse darüber hinwegzöge, in[S. 335] welchem nur die kühle Quelle des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge, durchtränkte, erfüllte und sättigte, sodass nicht der kleinste Theil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso nun auch, Udāyī, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt der Mönch diesen Körper da mit der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit ungesättigt bleibt.

»Weiter sodann, Udāyī: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. {332} Diesen Körper da durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt er mit entsäligter Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von entsäligter Heiterkeit ungesättigt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, in einem Lotusweiher einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der Wassertiefe Nahrung aufsaugen und ihre Blüthen und ihre Wurzeln von kühlem Wasser durchdrungen, durchtränkt, erfüllt und gesättigt sind, sodass nicht der kleinste Theil jeder blauen oder rothen oder weißen Lotusrose von kühlem Nass ungesättigt bleibt: ebenso nun auch, Udāyī, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt der Mönch diesen Körper da mit entsäligter Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von entsäligter Heiterkeit ungesättigt bleibt.

[S. 336]

»Weiter sodann, Udāyī: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Er setzt sich hin und bedeckt diesen Körper da mit geläutertem Gemüthe, geklärtem, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von dem geläuterten Gemüthe, dem geklärten, unbedeckt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn sich ein Mann vom Scheitel bis zur Sohle in einen weißen Mantel eingehüllt niedersetzte, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von dem weißen Mantel unbedeckt bliebe: ebenso nun auch, Udāyī, setzt sich der Mönch nieder und hat diesen Körper da mit geläutertem Gemüthe, mit geklärtem, überzogen, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von dem geläuterten Gemüthe, {333} dem geklärten, unbedeckt bleibt.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger also erkennen: ›Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewusstsein, daran gebunden, daran geknüpft.‹

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Juwel wäre, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, klar, durchsichtig, mit jeder Eigenschaft [S. 337]begabt; und ein Faden wäre daran befestigt, ein blauer, oder ein gelber, ein rother, oder ein weißer, ein grauer Faden; und es hätte ihn ein scharfsehender Mann um die Hand geschlungen und betrachtete ihn: ›Das ist ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, klar, durchsichtig, mit jeder Eigenschaft begabt; und ein Faden ist daran befestigt, ein blauer, oder ein gelber, ein rother, oder ein weißer, ein grauer Faden‹: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger also erkennen: ›Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewusstsein, daran gebunden, daran geknüpft.‹

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger aus {334} diesem Körper einen anderen Körper hervorgehn lassen, formhaft, geistig gestaltet, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann einem Rohre den Halm auszöge und sich sagte: ›Das ist das Rohr, das ist der Halm, eins ist das Rohr, eins ist der Halm: aus dem Rohre hab’ ich ja den Halm gezogen‹; oder gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann das Schwerdt aus der Scheide zöge und sich sagte: ›Das ist das Schwerdt, das ist die Scheide, eins ist das Schwerdt, eins ist die Scheide: aus der Scheide hab’ ich ja das Schwerdt gezogen‹; oder gleichwie etwa, Udāyī, wenn[S. 338] ein Mann eine Schlange aus dem Korbe nähme und sich sagte: ›Das ist die Schlange, das ist der Korb, eins ist die Schlange, eins ist der Korb: aus dem Korbe hab’ ich ja die Schlange genommen‹[113]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger aus diesem Körper einen anderen Körper hervorgehn lassen, formhaft, geistig gestaltet, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger auf manigfaltige Weise Machtentfaltung erfahren mögen: als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder einer zu sein, oder sichtbar und unsichtbar zu werden, auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf- und unterzutauchen wie im Wasser, auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, {335} die so mächtigen, so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu berühren; etwa gar bis zu den Brahmawelten den Körper in ihrer Gewalt zu haben. Gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Töpfer oder Töpfergeselle was immer auch für Thonsachen er wollte aus wohlbereitetem Thon anfertigen und herstellen könnte; oder gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Drechsler oder Drechslergeselle was immer auch für Elphenbeinsachen er wollte aus wohlbereitetem Elphenbein anfertigen und herstellen könnte; oder [S. 339]gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Goldschmidt oder Goldschmidtgeselle was immer auch für Goldsachen er wollte aus wohlbereitetem Gold anfertigen und herstellen könnte: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger auf manigfaltige Weise Machtentfaltung erfahren mögen.[114]

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, {336} auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hören, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen. Gleichwie etwa, Udāyī, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten posaunen kann, ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hören, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen schauen und erkennen, das begehrliche Herz als begehrlich und das begehrlose Herz als begehrlos, das gehässige Herz als gehässig und das hasslose Herz als hasslos, das irrende Herz als irrend und das irrlose Herz als irrlos, das gesammelte Herz als gesammelt und das zerstreute Herz als zerstreut, das hochstrebende Herz als[S. 340] hochstrebend und das niedrig gesinnte Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als edel und das gemeine Herz als gemein, {337} das beruhigte Herz als beruhigt und das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz als erlöst und das gefesselte Herz als gefesselt. Gleichwie etwa, Udāyī, ein Weib oder ein Mann, jung, frisch, gefallsam, in einem Spiegel oder in einer reinen, lauteren, hellen Wasserfläche das Bild des eigenen Antlitzes prüfend betrachten und, ist es nicht sauber, als nicht sauber, und ist es sauber, als sauber erkennen kann: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen schauen und erkennen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, {338} dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo[S. 341] wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann von seinem Orte nach einem anderen Orte ginge und von diesem Orte wieder nach einem anderen Orte und von diesem Orte nach seinem eigenen Orte zurückkehrte; der sagte sich nun: ›Ich bin von meinem Orte nach jenem Orte gegangen, dort bin ich also gestanden, also gesessen, habe also gesprochen, also geschwiegen; von jenem Orte bin ich aber nach diesem Orte gegangen, da bin ich nun also gestanden, also gesessen, habe also gesprochen, also geschwiegen; dann bin ich von diesem Orte nach meinem eigenen Orte wieder zurückgegangen‹[115]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern.

{339} »Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese[S. 342] lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So sehn sie mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da zwei Häuser wären, mit Thüren, und es betrachtete ein scharfsehender Mann, in der Mitte stehend, die Menschen, wie sie das Haus betreten und verlassen, kommen und gehn[116]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, {340} gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die[S. 343] Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da am Ufer eines Alpensees von klarem, durchsichtigem, ungetrübtem Wasser ein scharfsehender Mann stände und hinblickte auf die Muscheln und Schnecken, auf den Kies und Sand und die Fische, wie sie dahingleiten und stillestehn; der sagte sich nun: ›Klar ist diese Wasserfläche, durchsichtig, ungetrübt; ich sehe darunter die Muscheln und Schnecken, den Kies und Sand und die Fische, die dahingleiten oder ruhn‹: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Das ist, Udāyī, die fünfte Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Das sind, Udāyī, die fünf Eigenschaften, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.«

{341}Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Sakuludāyī der Pilger über das Wort des Erhabenen.


[S. 344]

78.

Achter Theil

Achte Rede

DER SOHN DER SAMAṆAMUṆḌIKĀ

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Um diese Zeit nun hielt sich der Pilger Uggāhamāno, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, im Redesaal der ebenholzverschaalten Großen Halle in Mallikās Garten auf, in Gesellschaft vieler Pilger, von etwa dreihundert Pilgern umgeben.[117]

Da ging nun Pañcakaṉgo der Baumeister eines Nachmittags von Sāvatthī hinaus, den Erhabenen besuchen. Doch Pañcakaṉgo der Baumeister gedachte alsbald: ›Es ist noch nicht Zeit den Erhabenen zu besuchen, zurückgezogen weilt der Erhabene; und auch die geistig thätigen Mönche besuchen ziemt sich jetzt nicht, zurückgezogen wirken die Mönche geistiges Werk. Wie, wenn ich nun den Redesaal aufsuchte, die ebenholzverschaalte Große Halle, den Garten Mallikās, wo Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, weilt?‹ Und Pañcakaṉgo der Baumeister begab sich zum Garten der Mallikā, zur ebenholzverschaalten Großen Halle, zum Redesaal hin.

Um diese Zeit aber war Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samanamuṇḍikā, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, {342} in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige,[S. 345] über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.

Und Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, sah Pañcakaṉgo den Baumeister von ferne herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt ein Jünger des Asketen Gotamo heran, Pañcakaṉgo der Baumeister! Von jenen Jüngern des Asketen Gotamo, die da als Hausleute, weiß gekleidet, in Sāvatthī wohnen, ist dieser auch einer, Pañcakaṉgo der Baumeister. Und sie lieben nicht lauten Lärm, diese Herren, Ruhe ist ihnen recht, Ruhe preisen sie; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen, seine Schritte hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und Pañcakaṉgo der Baumeister kam näher zu Uggāhamāno dem Pilger, dem Sohne der Samaṇamuṇḍikā, heran. Dort angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich zur Seite nieder. Und zu Pañcakaṉgo dem Baumeister, der da zur Seite saß, sprach nun Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, also:

{343} »Vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn [S. 346]gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben: welche vier? Da begeht er, Baumeister, keine böse That in Werken, redet kein böses Wort, hegt keine böse Gesinnung, lebt kein böses Leben. Diese vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben.«

Aber Pañcakaṉgo der Baumeister war durch die Worte des Pilgers Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, weder befriedigt noch verstimmt; ohne Befriedigung, ohne Verstimmung stand er von seinem Sitze auf und ging fort: ›Beim Erhabenen werd’ ich den Sinn dieser Worte verstehn.‹

Und Pañcakaṉgo der Baumeister begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend berichtete nun Pañcakaṉgo der Baumeister dem Erhabenen Wort für Wort alles was Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, gesagt. Als er geendet, wandte sich der Erhabene zu ihm und sprach:

»Ist es also, Baumeister, dann mag ein zarter Knabe, ein unvernünftiger Säugling, gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, dem Worte des Pilgers Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, gemäß. Denn ein zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Werken: woher sollt’ er gar böse That in Werken begehn, es sei denn dass er um sich schlägt. {344} Denn ein zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Worten: woher sollt’ er gar böses Wort reden, es sei denn dass er schreit. Denn[S. 347] ein zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Gesinnung: woher sollt’ er gar böse Gesinnung hegen, es sei denn dass er zornig ist.[118] Denn ein zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Leben: woher sollt’ er gar böses Leben leben, es sei denn dass er Muttermilch nimmt. Ist es also, Baumeister, dann mag ein zarter Knabe, ein unvernünftiger Säugling, gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, dem Worte des Pilgers Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, gemäß.

»Vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen noch nicht gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, sondern nur bis zu jenem zarten Knaben, dem unvernünftigen Säugling, heranreichen: welche vier? Da begeht er, Baumeister, keine böse That in Werken, redet kein böses Wort, hegt keine böse Gesinnung, lebt kein böses Leben. Diese vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen noch nicht gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, sondern nur bis zu jenem zarten Knaben, dem unvernünftigen Säugling, heranreichen.

»Zehn Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben.

{345} »‚So ist üble Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher kommt üble Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Da geht üble Gehabung ohne Ueberrest unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man dem[S. 348] Untergang übler Gehabung entgegen‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚So ist gute Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher kommt gute Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Da geht gute Gehabung ohne Ueberrest unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man dem Untergang guter Gehabung entgegen‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚So ist üble Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher kommt üble Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Da geht üble Gesinnung ohne Ueberrest unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man dem Untergang übler Gesinnung entgegen‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚So ist gute Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher kommt gute Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Da geht gute Gesinnung ohne Ueberrest unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man {346} dem Untergang guter Gesinnung entgegen‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen.

»Was ist aber, Baumeister, üble Gehabung? Ueble That in Werken, üble That in Worten, böses Leben: das heißt man, Baumeister, üble Gehabung. Und woher, Baumeister, kommt diese üble Gehabung? Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man zu sagen: aus dem Herzen kommt sie her.[119] Welcher Art ist das Herz? Das Herz ist eben gar vielfältig, manigfach, unterschiedlich; das Herz, das Gier, Hass und Irre birgt[120], da kommt die üble Gehabung her. Und wo, Baumeister, geht diese üble Gehabung ohne Ueberrest unter? Spricht man von[S. 349] ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister, dass der Mönch üblen Wandel in Werken verlasse und guten Wandel in Werken erfülle, üblen Wandel in Worten verlasse und guten Wandel in Worten erfülle, üblen Wandel in Gedanken verlasse und guten Wandel in Gedanken erfülle, falsches Leben verlasse und auf rechte Weise das Leben friste: da geht jene üble Gehabung ohne Ueberrest unter. Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang übler Gehabung entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit. {347} Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang übler Gehabung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, gute Gehabung? Gute That in Werken, gute That in Worten, Lauterkeit des Lebens: das, Baumeister, sag’ ich, gehört zur Gehabung; und man heißt es, Baumeister, gute Gehabung. Und woher, Baumeister, kommt diese gute Gehabung? Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man zu sagen: aus dem Herzen kommt sie her. Welcher Art ist das Herz? Das[S. 350] Herz ist eben gar vielfältig, manigfach, unterschiedlich; das Herz, das keine Gier, keinen Hass, keine Irre birgt, da kommt die gute Gehabung her. Und wo, Baumeister, geht diese gute Gehabung ohne Ueberrest unter? Spricht man von ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister, dass der Mönch Tugend habe, nicht aber Tugend sei; und dass er jene Gemütherlösung, Weisheiterlösung der Wahrheit gemäß erkenne, wo ihm die gute Gehabung ohne Ueberrest untergeht. Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gehabung entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gehabung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, üble Gesinnung? Sinnende Lust, sinnender Groll, sinnende Wuth: das heißt man, Baumeister, üble Gesinnung. Und woher, Baumeister, kommt diese üble Gesinnung? {348} Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man zu sagen: aus der Wahrnehmung kommt sie her. Welcher Art ist die Wahrnehmung?[S. 351] Die Wahrnehmung ist eben gar vielfältig, manigfach, unterschiedlich; die Wahrnehmung, die Lust empfindet, Groll empfindet, Wuth empfindet, da kommt die üble Gesinnung her. Und wo, Baumeister, geht diese üble Gesinnung ohne Ueberrest unter? Spricht man von ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister, dass der Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung weile: da geht jene üble Gesinnung ohne Ueberrest unter. Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang übler Gesinnung entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang übler Gesinnung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, gute Gesinnung? Entsagung sinnen, keinen Groll hegen, keine Wuth hegen: das heißt man, Baumeister, gute Gesinnung. Und woher, Baumeister, kommt diese gute Gesinnung? Spricht man[S. 352] von ihrer Herkunft, so hat man zu sagen: aus der Wahrnehmung kommt sie her. Welcher Art ist die Wahrnehmung? {349} Die Wahrnehmung ist eben gar vielfältig, manigfach, unterschiedlich; die Wahrnehmung, die Entsagung sinnt, keinen Groll hegt, keine Wuth hegt, da kommt die gute Gesinnung her. Und wo, Baumeister, geht diese gute Gesinnung ohne Ueberrest unter? Spricht man von ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister, dass der Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes gewinne, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung: da geht jene gute Gesinnung ohne Ueberrest unter. Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gesinnung entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gesinnung entgegenzugehn.

»Was für zehn Dinge aber, Baumeister, sag’ ich,[S. 353] lassen den Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben? Da eignet, Baumeister, einem Mönche untrüglich rechte Erkenntniss, untrüglich rechte Gesinnung, untrüglich rechte Rede, untrüglich rechtes Handeln, untrüglich rechtes Wandeln, {350} untrüglich rechtes Mühn, untrüglich rechte Einsicht, untrüglich rechte Einigung, untrüglich rechte Weisheit, untrüglich rechte Erlösung. Diese zehn Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Pañcakaṉgo der Baumeister über das Wort des Erhabenen.


79.

Achter Theil

Neunte Rede

SAKULUDĀYĪ
– II –

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese Zeit nun hielt sich der Pilger Sakuludāyī im Pilgerhaine auf, am Pfauenhügel, in Gesellschaft vieler Pilger. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Rājagaham, um Almosenspeise. Und es gedachte der Erhabene: ›Allzu früh ist’s noch, in der Stadt um Almosenspeise zu[S. 354] stehn; wie, wenn ich nun zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel ginge, Sakuludāyī den Pilger besuchen?‹ Und der Erhabene begab sich zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel hin.

{351} Um diese Zeit aber war Sakuludāyī der Pilger, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.

Und Sakuludāyī der Pilger sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.«[121]

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der Erhabene kam näher zu Sakuludāyī dem Pilger heran. Und Sakuludāyī der Pilger sprach zum Erhabenen also:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der [S. 355]Erhabene hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz. Sakuludāyī aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Zu Sakuludāyī dem Pilger, der da beiseite saß, wandte sich nun der Erhabene also:

»Zu welchem Gespräche, Udāyī, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn, wenn es auch später zur Sprache kommt. {352} Wann ich, o Herr, fern von dieser Gesellschaft weile, dann ist sie zu Gesprächen über allerhand gemeine Dinge versammelt: wann ich aber, o Herr, diese Gesellschaft aufgesucht habe, dann richten sich ihre Blicke zu mir empor: ›Was uns der Asket Udāyī wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹ Hat nun, o Herr, der Erhabene diese Gesellschaft aufgesucht, dann richten sich ebenso meine Blicke wie die der Uebrigen zum Erhabenen empor: ›Was uns der Erhabene wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹«

»Wohlan denn, Udāyī, da soll eben von dir die Ansprache ausgehn, wie sie von mir ausgehn mag.«

»Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, hab’ ich ihm, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennt — ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig‘ — von Anfang an Fragen[S. 356] gestellt: er aber ist von einem auf ein anderes übergegangen, vom Gegenstande abgeschweift, hat Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag gelegt. Da hab’ ich, o Herr, eben an den Erhabenen mit Freuden gedacht: ›Ja der Erhabene, ja der Willkommene, der wird gewiss dieser Dinge kundig sein!‹«

»Wer ist es denn, Udāyī, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennt — ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig‘ — der von dir, von Anfang an befragt, von einem auf ein anderes übergegangen, vom Gegenstande abgeschweift ist, Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag gelegt hat?«

»{353} Nāthaputto, Herr, der Freie Bruder.«

»Wer sich, Udāyī, mancher verschiedenen früheren Daseinsform erinnerte, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter; wer sich also an manche verschiedene frühere Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen, erinnern kann: mag der von Anfang an mir Fragen stellen, oder mag er von Anfang an mich fragen lassen, so wird er, wie er sich von Anfang an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich von Anfang an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben. Wer[122] da, Udāyī, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sähe, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen kann wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren: mag der vom Ende an mir Fragen[S. 357] stellen, oder mag er vom Ende an mich fragen lassen, so wird er, wie er sich vom Ende an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich vom Ende an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben. Aber, Udāyī, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung werd’ ich dir aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die Entstehung von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist, wird Dieses nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses aufgelöst.[123]«

»Ich kann mich dessen, o Herr, was ich nur in meiner gegenwärtigen Erscheinung alles erlebt habe, durchaus nicht je einzeln ganz genau erinnern: woher sollt’ {354} ich mich gar an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen, gleichwie etwa der Erhabene? Ja, o Herr, nicht einmal ein Irrlicht vermag ich jetzt wahrzunehmen: woher sollt’ ich gar mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, und erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren, gleichwie etwa der Erhabene? Was mir nun erst, o Herr, der Erhabene da gesagt hat: ›Aber, Udāyī, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung werd’ ich dir aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die Entstehung von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist, wird Dieses nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses aufgelöst‹, das ist mir noch viel weniger klar geworden. O dass ich nur, o Herr, bei meinem eigenen[S. 358] Lehrsatze dem Erhabenen durch die Lösung der Fragen zustimmen könnte!«

»Was hast du denn, Udāyī, für einen eigenen Lehrsatz?«

»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz.‹«

»Was du aber da, Udāyī, als eigenen Lehrsatz also ansiehst, ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹, was ist das für ein höchster Glanz?«

»Ein Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Und was ist das, Udāyī, für ein höchster Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt?«

{355} »Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Lange noch kannst du also, Udāyī, fortfahren, wenn du sagst ›Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann also spräche: ›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz oder braun oder gelb ist, in[S. 359] welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich nach ihr?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl, Udāyī: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtniss, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?«

»Allerdings hätte, o Herr, bei solcher Bewandtniss jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben.«[124]

{356} »Ebenso nun auch, Udāyī, hast du gesagt ›Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und hast diesen Glanz nicht erklärt.«

»Gleichwie etwa, o Herr, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso glänzend ist die Seele, nach dem Tode genesen.«[125]

»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Juwel, ein Edelstein, der von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet ist, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, oder aber ein Glühwurm, ein Leuchtkäfer[126] in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Ein Glühwurm, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Glühwurm in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, oder aber eine Oellampe in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

[S. 360]

»Eine Oellampe, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: eine Oellampe in dunkler, finsterer Nacht, oder aber eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

{357} »Eine mächtige Fackel, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht, oder aber der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Morgenstern, o Herr, in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, oder aber am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht der Mond: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Mond, o Herr, am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: der Mond am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel [S. 361]verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht, oder aber im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag die Sonne: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Die Sonne, o Herr, im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, {358} unbeschränkt um Mittag, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Nun sind es zwar, Udāyī, mehr als viele der Götter, deren Licht sich mit dem von Sonne und Mond nicht vergleichen lässt, und ich kenne sie: dennoch aber sag’ ich nicht ›Ein Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt‹; während, Udāyī, du dagegen von jenem Glatze, der dem Glühwurm, dem Leuchtkäfer nachsteht, unterlegen ist, sagst ›Das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst.«

»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch!«

»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«

»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹: und da sind wir, o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz befragt, ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel befunden worden.«

»Sag’ mir, Udāyī: giebt es ein vollkommenes Wohlsein, giebt es einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Wir haben, o Herr, einen Lehrsatz, der lautet:[S. 362] ›Es giebt ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.‹«

»Und was ist das, Udāyī, für ein deutlich bezeichneter Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Da hat einer, o Herr, das Tödten verworfen, vom Tödten hält er sich fern, Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern, Ausschweifung hat er verworfen, von Ausschweifung hält er sich fern, {359} das Lügen hat er verworfen, vom Lügen hält er sich fern; oder er hat noch andere Büßerpflicht auf sich genommen. Das ist, o Herr, der deutlich bezeichnete Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«

»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man das Tödten verworfen hat, sich vom Tödten fernhält, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

»Was bedünkt dich, Udāyī? zu einer Zeit wo man das Nehmen des Nichtgegebenen, Ausschweifung, Lüge verworfen hat, sich davon fernhält, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man noch andere Büßerpflicht auf sich genommen hat, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

[S. 363]

»Was bedünkt dich, Udayī: hat man nun aber den Pfad betreten, der Wohl und Wehe mit sich bringt, kann man da vollkommenes Wohlsein erreichen?«

»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch!«

»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«

{360} »Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Es giebt ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen‹: und da sind wir, o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz befragt, ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel befunden worden. Wie nun, o Herr: giebt es ein vollkommenes Wohlsein, giebt es einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Es giebt, Udāyī, ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«

»Und was ist das, o Herr, für ein deutlich bezeichneter Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er gleichmüthig,[S. 364] einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung. Das ist, Udāyī, der deutlich bezeichnete Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«

»Wie kann das, o Herr, der deutlich bezeichnete Pfad sein, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen? Erreicht hat man ja da schon, o Herr, vollkommenes Wohlsein!«

»Nicht hat man, Udāyī, da schon vollkommenes Wohlsein erreicht: der deutlich bezeichnete Pfad ist es nur, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«

Auf diese Worte brachen die Jünger Sakuludāyī des Pilgers in lebhafte Rufe aus, in lauten Lärm, in großen Lärm:

»So haben wir unsere Lehrsätze verloren, so haben wir unsere Lehrsätze wiedergefunden![127] {361} Darüber hinaus begreifen wir nichts Höheres mehr.«

Und Sakuludāyī der Pilger beschwichtigte sie und sprach dann also zum Erhabenen:

»Inwiefern hat man nun, o Herr, vollkommenes Wohlsein erreicht?«

»Da erwirkt, Udāyī, der Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Und so da Geister sich vollkommen wohl befinden, geht er sie an und pflegt Rede und Rath mit ihnen, insofern hat man, Udāyī, vollkommenes Wohlsein erreicht.«

»Und gewiss, o Herr, führen die Mönche um dieses[S. 365] vollkommene Wohlsein zu erreichen das Asketenleben beim Erhabenen?«

»Nicht doch, Udāyī, um dieses vollkommene Wohlsein zu erreichen führen die Mönche bei mir das Asketenleben; es giebt, Udāyī, noch andere Dinge, die besser und vorzüglicher sind, um deren Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«

»Was sind das aber, o Herr, für bessere und vorzüglichere Dinge, um deren Erreichung die Mönche das Asketenleben beim Erhabenen führen?«

{362} »Da weilt[128], Udāyī, der Mönch solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, und richtet das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Er erinnert sich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Das aber ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Das aber ist, Udāyī, ein besseres und [S. 366]vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, {363} schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da. Das ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.

»Das sind, Udāyī, die besseren und vorzüglicheren Dinge, um deren Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«

Nach diesen Worten wandte sich Sakuludāyī der Pilger also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese,[S. 367] oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: {364} möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

So sprach Sakuludāyī der Pilger. Aber seine Jünger wandten sich also an ihn:

»Nicht darf Herr Udāyī beim Asketen Gotamo das Asketenleben führen, nicht darf Herr Udāyī, längst ein Lehrer, als Schüler in die Lehre gehn! Gleichwie etwa wenn man, längst geschmückt, einen jeden Schmuck ablegte, ebenso würde das Herrn Udāyī anstehn.[129] Nicht darf Herr Udāyī beim Asketen Gotamo das Asketenleben führen, nicht darf Herr Udāyī, längst ein Lehrer, als Schüler in die Lehre gehn!«

Und so hielten denn Sakuludāyī den Pilger seine Jünger vom Asketenleben beim Erhabenen ab.[130]


80.

Achter Theil

Zehnte Rede

VEKHANASO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Vekhanaso, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und[S. 368] freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend ließ nun Vekhanaso der Pilger vor dem Erhabenen den Ausspruch vernehmen:

»Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz.«

»Warum denn, Kaccāno[131], sagst du: ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹? Was ist das für ein höchster Glanz?«

{365} »Ein Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Und was ist das, Kaccāno, für ein höchster Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt?«

»Jener Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Lange noch kannst du also, Kaccāno, fortfahren, wenn du sagst ›Jener Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst. Gleichwie etwa, Kaccāno, wenn ein Mann also spräche: ›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz oder braun oder[S. 369] gelb ist, in welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich nach ihr?‹; {366} und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl, Kaccāno: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtniss, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?«

»Allerdings hätte, o Gotamo, bei solcher Bewandtniss jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben.«

»Ebenso nun auch, Kaccāno, hast du gesagt ›Jener Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und hast diesen Glanz nicht erklärt.«

»Gleichwie etwa, o Gotamo, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso glänzend ist die Seele, nach dem Tode genesen.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: ein Juwel, ein Edelstein, der von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet ist, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, oder aber ein Glühwurm, ein Leuchtkäfer in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Ein Glühwurm, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: ein Glühwurm in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, oder aber eine Oellampe in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

[S. 370]

»Eine Oellampe, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

{367} »Was meinst du wohl, Kaccāno: eine Oellampe in dunkler, finsterer Nacht, oder aber eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Eine mächtige Fackel, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht, oder aber der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Morgenstern, o Gotamo, in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, oder aber am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht der Mond: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Mond, o Gotamo, am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: der Mond am [S. 371]Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht, oder aber im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, {368} unbeschränkt um Mittag die Sonne: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Die Sonne, o Gotamo, im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Nun sind es zwar, Kaccāno, mehr als viele der Götter, deren Licht sich mit dem von Sonne und Mond nicht vergleichen lässt, und ich kenne sie: dennoch aber sag’ ich nicht ›Ein Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt‹; während, Kaccāno, du dagegen von jenem Glanze, der dem Glühwurm, dem Leuchtkäfer nachsteht, unterlegen ist, sagst ›Das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst. —

»Fünf Begehrungen, Kaccāno, giebt es: welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden: die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein[S. 372] tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Kaccāno, die fünf Begehrungen. Was da, Kaccāno, Wohl und Erwünschtes diesen fünf Begehrungen gemäß geht, das nennt man Begierdengenuss. So kommt von Begierden Begierdengenuss, von Begierdengenuss Begierdenhochgenuss, der da hochgeschätzt wird.«

Auf diese Worte sprach Vekhanaso der Pilger zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig gesagt hat: ›Von Begierden kommt Begierdengenuss, von Begierdengenuss Begierdenhochgenuss, der da hochgeschätzt wird.«

{369} »Schwer wirst du, Kaccāno, dieses verstehn, ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung, was Begierde und Begierdengenuss und Begierdenhochgenuss ist. Die da, Kaccāno, heilige Mönche, Wahnversieger, Endiger sind, das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln zerstört haben, in vollkommener Weisheit erlöst sind, die mögen es verstehn, was Begierde und Begierdengenuss und Begierdenhochgenuss ist.«

So berichtet wurde Vekhanaso der Pilger unwillig und unzufrieden: und den Erhabenen lästernd und den Erhabenen tadelnd und den Erhabenen warnend — ›Ob wohl der Asket Gotamo vollbracht hat‹ — sprach er also zum Erhabenen:

»Ebenso auch reden da gar manche Asketen und Priester, die vom Anfang nichts wissen, das Ende nicht sehn, und dabei ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das[S. 373] Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ von sich behaupten: denen gereicht diese Rede nur zum Spotte, zum bloßen Namen, erweist sich ganz eitel und nichtig.«

»Die da, Kaccāno, Asketen und Priester sind, und vom Anfang nichts wissen, das Ende nicht sehn, und dabei ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ von sich behaupten, denen freilich kommt diese Rüge mit Recht zu. Aber, Kaccāno, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: willkommen sei mir ein verständiger Mann, kein Häuchler, {370} kein Gleißner, ein gerader Mensch; ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber merken, selber sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit wird, nämlich von der Fessel des Nichtwissens.

»Gleichwie etwa, Kaccāno, wenn ein zarter Knabe, ein unvernünftiger Säugling, mit dem Nacken zufünft in Fesseln eingewickelt, eingeschnürt wäre; und wie er erwüchse und die Sinne sich weiterentwickelten, befreite man ihn von den Fesseln; und ›Frei bin ich‹ merkte er da, und keine Fessel: ebenso nun auch, Kaccāno, sei mir ein verständiger Mann willkommen, kein Häuchler, kein Gleißner, ein gerader Mensch. Ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber merken, selber sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit wird, nämlich von der Fessel des Nichtwissens.«

Nach diesen Worten wandte sich Vekhanaso der Pilger also an den Erhabenen:

[S. 374]

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[132]


[S. 375]

NEUNTER THEIL
BUCH DER KÖNIGE



[S. 377]

81.

Neunter Theil

Erste Rede

GHAṬĪKĀRO

{371} Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet. Und der Erhabene bog ab vom Wege und ließ, an eine bestimmte Stelle gekommen, ein Lächeln sehn. Und der ehrwürdige Ānando gedachte da: ›Was ist wohl der Grund, was ist die Ursach, dass der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln Vollendete.‹ Und der ehrwürdige Ānando schlug den Oberrock um die eine Schulter, faltete die Hände gegen den Erhabenen und sprach also:

»Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursach, dass der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln Vollendete.«

»Einst war, Ānando, hier im Umkreis eine Burgstadt gebaut, Vebhaliṉgam genannt, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt. Nahe bei dieser Burgstadt aber, Ānando, hielt sich Kassapo auf, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte. Und hier, Ānando, war Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten, Gartenbereich; und hier, Ānando, pflegte Kassapo, der Erhabene, der Heilige,[S. 378] vollkommen Erwachte, zu sitzen[133] und seine Jünger zu lehren.«

Und der ehrwürdige Ānando legte den Mantel, vierfach gefaltet, zu Boden und wandte sich also an den Erhabenen:

»Wohlan denn, o Herr, möge der Erhabene Platz nehmen: da wird dieser Ort zwei Heiligen, vollkommen Erwachten gedient haben.«[134]

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Platz. Und als der Erhabene saß sprach er also zum ehrwürdigen Ānando:

{372} »Einst war, Ānando, hier im Umkreis eine Burgstadt gebaut, Vebhaliṉgam genannt, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt. Nahe bei dieser Burgstadt aber, Ānando, hielt sich Kassapo auf, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte. Und hier, Ānando, war Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten, Gartenbereich; und hier, Ānando, pflegte Kassapo, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, zu sitzen und seine Jünger zu lehren. Zu Vebhaliṉgam nun, Ānando, der Burgstadt, lebte ein Hafner Namens Ghaṭīkāro; der war Kassapo, dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, zugethan, ganz besonders zugethan. Und Ghaṭīkāro, Ānando, der Hafner, hatte Jotipālo, einen jungen Brāhmanen, zum Freunde, zum Lieblingsfreunde. Da berief denn, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo den jungen Brāhmanen:

›Gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den [S. 379]Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Auf diese Worte, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes kahlköpfigen Pfaffen?‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando, sprach Ghaṭīkāro der Hafner also zu Jotipālo dem jungen Brāhmanen:

›Gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

{373} ›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes kahlköpfigen Pfaffen?‹

›Wohlan denn, bester Jotipālo, lass’ uns Schwamm und Seife[135] nehmen und nach dem Flusse gehn, zu baden.‹

›Gern, Bester!‹ entgegnete da, Ānando, Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner. Und sie gingen, Ānando, versehn mit Schwamm und Seife, nach dem Flusse, zu baden. Da wandte sich nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner also an Jotipālo den jungen Brāhmanen:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den[S. 380] Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Auf diese Worte, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes kahlköpfigen Pfaffen?‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando, sprach Ghaṭīkāro der Hafner also zu Jotipālo dem jungen Brāhmanen:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

{374} ›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes kahlköpfigen Pfaffen?‹

Da rieb nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo den jungen Brāhmanen mit Seife ein und sprach also zu ihm:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

[S. 381]

Und Jotipālo, Ānando, der junge Brāhmane, wusch die Seife nun ab und sprach also zu Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes kahlköpfigen Pfaffen?‹

Da streichelte nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo dem jungen Brāhmanen das Haar des gebadeten Hauptes und sprach also zu ihm:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Da gedachte nun, Ānando, Jotipālo der junge Brāhmane: ›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es, dass da dieser Hafner Ghaṭīkāro, der von minderer Geburt ist[136], vermeint, das Haar unseres gebadeten Hauptes streicheln zu müssen: das kann nichts Gewöhnliches bedeuten!‹; und er sprach also zu ihm:

›Gar so sehr drängt es dich, bester Ghaṭīkāro?‹[137]

›Gar so sehr drängt es mich, bester Jotipālo! Denn ich weiß ja wie glücklich man ist, {375} Ihn sehn zu können, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten.‹

›Wohlan denn, bester Ghaṭīkāro, rüste dich: wir wollen gehn.‹

Und sie gingen, Ānando, dorthin wo Kassapo der Erhabene weilte, der Heilige, vollkommen Erwachte. Dort angelangt begrüßte Ghaṭīkāro der Hafner Kassapo den Erhabenen ehrerbietig, den Heiligen, vollkommen [S. 382]Erwachten, und setzte sich seitwärts nieder; während Jotipālo der junge Brāhmane höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit Kassapo dem Erhabenen wechselte, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, und dann seitwärts niedersaß. Seitwärts sitzend, Ānando, wandte sich nun Ghaṭīkāro der Hafner also an Kassapo den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen Erwachten:

›Das ist, o Herr, Jotipālo, ein junger Brāhmane, mein Freund, mein Lieblingsfreund: ihm möge der Erhabene die Lehre darlegen!‹

Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, ermunterte und ermuthigte, erregte und erheiterte Ghaṭīkāro den Hafner und Jotipālo den jungen Brāhmanen in lehrreichem Gespräche. Und Ghaṭīkāro, Ānando, der Hafner, und Jotipālo der junge Brāhmane, von Kassapo dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, standen von ihren Sitzen auf, erfreut und befriedigt durch des Erhabenen Rede, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich.

Da fragte nun, Ānando, Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro den Hafner:

{376} ›Diese Lehre, o bester Ghaṭīkāro, hast du vernommen, und du ziehst nicht vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus?‹

›Weißt du denn nicht, bester Jotipālo, dass ich meine greisen, erblindeten Eltern ernähre?‹

›Nun, so will ich, bester Ghaṭīkāro, aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn!‹

Und Ghaṭīkāro, Ānando, der Hafner, und Jotipālo der[S. 383] junge Brāhmane kehrten zu Kassapo dem Erhabenen zurück, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, boten ehrerbietigen Gruß dar und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend, Ānando, sprach nun Ghaṭīkāro der Hafner also zu Kassapo dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten:

›Hier bring’ ich, o Herr, Jotipālo den jungen Brāhmanen, meinen Freund, meinen Lieblingsfreund: den möge der Erhabene aufnehmen!‹

Und aufgenommen, Ānando, wurde Jotipālo der junge Brāhmane, belehnt mit der Ordensweihe von Kassapo dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten.


Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, begab sich nun, da er nach Belieben in Vebhaliṉgam geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des jungen Brāhmanen Jotipālo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf die Wanderung nach Benāres, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Benāres, Ānando, weilte nun Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, am Sehersteine, im Wildparke. Da kam es, Ānando, Kikī, dem König von Benāres[138], zu Ohren: ›Kassapo, sagt man, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, ist in Benāres angekommen, weilt zu Benāres, am Sehersteine, im Wildparke!‹

{377} Und Kikī, Ānando, der König von Benāres, ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, Kassapo den Erhabenen zu [S. 384]besuchen, den Heiligen, vollkommen Erwachten. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße dorthin wo Kassapo weilte, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Und Kikī, Ānando, der König von Benāres, der da zur Seite saß, wurde von Kassapo dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert; und er sprach also zu ihm:

›Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit den Mönchen bei mir zu speisen!‹

Schweigend, Ānando, gewährte Kassapo die Bitte, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte.

Als nun Kikī, Ānando, der König von Benāres, der Zustimmung Kassapos, des Erhabenen, sicher war, stand er von seinem Sitze auf, bot ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und entfernte sich.

Da ließ nun, Ānando, Kikī der König von Benāres am nächsten Morgen in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen, ein Gericht aus frischem, zartem[139], gesichtetem Reis, {378} saftig und würzig bereitet, und sandte einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹

Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich zum Wohnhause Kikīs, des Königs von Benāres. Dort angekommen nahm der Erhabene mit den Mönchen auf den angebotenen Sitzen Platz. Und Kikī, Ānando, der König von Benāres, bediente und versorgte eigenhändig Kassapo den [S. 385]Erwachten und seine Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun, Ānando, Kassapo der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Kikī der König von Benāres einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend, Ānando, sprach nun Kikī der König von Benāres also zu Kassapo dem Erhabenen:

›Möge mir, o Herr, der Erhabene zusagen und über die Regenzeit in Benāres verweilen: so werden die Mönche ihren Unterhalt finden.‹

›Genug, großer König: schon zugesagt hab’ ich die Regenzeit.‹

Und zum zweiten Mal, Ānando, und zum dritten Mal, Ānando, wandte sich Kikī der König von Benāres also an Kassapo den Erhabenen:

›Möge mir, o Herr, der Erhabene zusagen und über die Regenzeit in Benāres verweilen: so werden die Mönche ihren Unterhalt finden.‹

›Genug, großer König: schon zugesagt hab’ ich die Regenzeit.‹

Da gedachte, Ānando, Kikī der König von Benāres: ›Nicht mag mir Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, zustimmen und über die Regenzeit nach Benāres kommen!‹; {379} und er wurde gar betrübt und traurig und sprach also zu Kassapo dem Erhabenen:

›So ist dir, o Herr, wohl ein anderer mehr zugethan als ich?‹

›Ich kenne, großer König, eine Burgstadt, die heißt Vebhaliṉgam; dort lebt ein Hafner Namens Ghaṭīkāro: der ist mir zugethan, ganz besonders zugethan. Du aber,[S. 386] großer König, denkst also: ‚Nicht mag mir Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, zustimmen und über die Regenzeit nach Benāres kommen!‘ und bist gar betrübt und traurig. Das kennt nun Ghaṭīkāro der Hafner nicht und soll es nicht kennen. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat beim Erwachten Zuflucht genommen, bei der Lehre Zuflucht genommen, bei der Jüngerschaft Zuflucht genommen. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hütet sich vor dem Tödten, hütet sich vor dem Nehmen des Nichtgegebenen, hütet sich vor Ausschweifung, hütet sich vor der Lüge, hütet sich vor Wein und gebranntem Wasser, vor berauschenden und berückenden Mitteln. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat seine Liebe zum Erwachten erprobt, seine Liebe zur Lehre erprobt, seine Liebe zu den Jüngern erprobt, hat Eigenschaften wie sie Heiligen lieb sind. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, zweifelt nicht am Leiden, zweifelt nicht an der Leidensentwicklung, zweifelt nicht an der Leidensauflösung, zweifelt nicht am Pfade, der zur Leidensauflösung führt. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, nimmt einmal des Tages Nahrung zu sich, er lebt keusch, ist tugendhaft, von edler Art. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat Schmuck und Juwelen abgelegt, Gold und Silber von sich gethan. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, gräbt seine Erde mit der Hand, nicht mit dem Spatel, aus.[140] Findet er ein Nesthäkchen oder ein Kaninchen, so hebt er es liebevoll auf, legt es in ein Gefäß und spricht ihm zu: {380} ‚Hier werden nach Wunsch übrig gebliebene[141] Reiskörner und übrig gebliebene Bohnen und übrig gebliebene Erbsen ausgetheilt: nehme sich jeder was er nur will!‘ Ghaṭīkāro,[S. 387] großer König, der Hafner, ernährt seine greisen, erblindeten Eltern. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat die fünf niederzerrenden Fesseln vernichtet, steigt empor, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich zu Vebhaliṉgam der Burgstadt. Und ich nahm, großer König, zeitig gerüstet, Mantel und Schaale und begab mich zu den Eltern des Hafners Ghaṭīkāro und sprach also zu ihnen: ‚Sagt mir, wo ist denn der Bhaggaver[142] hingegangen?‘ — ‚Er ist nicht daheim, o Herr, dein Fürwalter: aber lass’ dir Reis aus der Schüssel und Brühe aus dem Napfe geben und nimm theil am Mahle!‘ — Und ich ließ mir, großer König, Reis aus der Schüssel und Brühe aus dem Napfe geben, nahm theil am Mahle, erhob mich dann und ging fort. Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach Hause kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat hier gespeist und gerastet und ist wieder gegangen?‘ — ‚Kassapo war es, lieber Sohn, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der hier gespeist und gerastet hat und wieder gegangen ist.‘ Da gedachte nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin ich, fürwahr, {381} hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten hat!‘ — Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude darüber bei Ghaṭīkāro dem Hafner an, und eine Woche bei seinen Eltern.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich wieder zu Vebhaliṉgam der Burgstadt. Und ich nahm, großer König, zeitig gerüstet, Mantel und Schaale und begab mich zu den Eltern des Hafners Ghaṭīkāro und sprach[S. 388] also zu ihnen: ‚Sagt mir, wo ist denn der Bhaggaver hingegangen?‘ — ‚Er ist nicht daheim, o Herr, dein Fürwalter: aber lass’ dir Grütze aus dem Topf und Brühe aus dem Napfe geben und nimm theil am Mahle!‘ — Und ich ließ mir, großer König, Grütze aus dem Topf und Brühe aus dem Napfe geben, nahm theil am Mahle, erhob mich dann und ging fort. Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach Hause kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat hier gespeist und gerastet und ist wieder gegangen?‘ — ‚Kassapo war es, lieber Sohn, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der hier gespeist und gerastet hat und wieder gegangen ist.‘ Da gedachte nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin ich, fürwahr, hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten hat!‘ — Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude darüber bei Ghaṭīkāro dem Hafner an, {382} und eine Woche bei seinen Eltern.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich wieder zu Vebhaliṉgam der Burgstadt. Um diese Zeit nun goss der Regen auf die Hütten herab. Und ich mahnte, großer König, die Mönche: ‚Geht, ihr Mönche, und bittet im Hause des Hafners Ghaṭīkāro um Stroh.‘ Also gemahnt, großer König, sagten die Mönche zu mir: ‚Ghaṭīkāro der Hafner, o Herr, hat im Hause kein Stroh: aber das Dach vor dem Eingang ist mit Stroh gedeckt.‘ — ‚Geht, ihr Mönche, und nehmt das Stroh vor dem Eingang bei Ghaṭīkāro dem Hafner weg.‘ Und die Mönche, großer König, nahmen das Stroh vor dem Eingang bei Ghaṭīkāro dem Hafner weg. Da sprachen nun, großer König, die Eltern des Hafners Ghaṭīkāro also zu den Mönchen: ‚Wer[S. 389] nimmt da das Stroh vor dem Eingange weg?‘ — Die Mönche sagten: ‚O Schwester, auf die Hütte Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten, gießt der Regen herab.‘ — ‚So nehmt nur, Verehrte, so nehmt nur, Liebwerthe!‘ — Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach Hause kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat da das Stroh vor dem Eingange weggenommen?‘ — ‚Die Mönche, lieber Sohn, sagten, auf die Hütte Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten, gieße der Regen herab.‘ — Da gedachte nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin ich, fürwahr, hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten hat!‘ — Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude darüber bei Ghaṭīkāro dem Hafner an, und eine Woche bei seinen Eltern. Und das Dach vor dem Hause, großer König, {383} war die ganze Regenzeit hindurch ungedeckt, aber es regnete nicht herein.[143]

›Von solcher Art ist, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner.‹

›Gesegnet, o Herr, ist Ghaṭīkāro der Hafner, hochgesegnet ist er, o Herr, Ghaṭīkāro der Hafner, der vom Erhabenen so werth gehalten wird!‹

Da ließ nun, Ānando, Kikī der König von Benāres Ghaṭīkāro dem Hafner fünfhundert Wagen Reis zustellen, von frischem, zartem Korne, nebst zugehöriger Würze. Und die königlichen Beamten, Ānando, kamen zu Ghaṭīkāro dem Hafner und sprachen zu ihm: ›Diese fünfhundert Wagen, o Herr, Reis von frischem, zartem Korne, nebst zugehöriger Würze, hat dir Kikī der König von Benāres gesandt: die möge der Herr entgegennehmen!‹[S. 390] — ›Der König hat viel zu thun, viel zu schaffen: genug schon, dass es vom Könige kommt.‹«[144]

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen.


82.

Neunter Theil

Zweite Rede

RAṬṬHAPĀLO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Kurū-Lande von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen begleitet, in die Nähe einer Burg der Kurūner Namens Thūlakoṭṭhitam. Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Thūlakoṭṭhitam reden: {384} ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen in Thūlakoṭṭhitam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang[S. 391] begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder.[145] Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam, die da zur Seite saßen, wurden vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert und ermuthigt, erregt und erheitert.

{385} Damals nun hatte Raṭṭhapālo, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter, eben dort zu Thūlakoṭṭhitam in der dreifachen Versammlung[146] Platz genommen. Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann gedachte bei sich: ›So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam, vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche [S. 392]ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, standen von ihren Sitzen auf, erfreut und befriedigt durch des Erhabenen Rede, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich.

Da nun begab sich Raṭṭhapālo der junge Edelmann, bald nachdem die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam gegangen waren, zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Raṭṭhapālo der junge Edelmann also zum Erhabenen:

»So ich da wirklich, o Herr, die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, o Herr, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Und hast du, Raṭṭhapālo, die Zustimmung deiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn?«

{386} »Nicht hab’ ich, o Herr, die Zustimmung meiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Nicht nehmen, Raṭṭhapālo, Vollendete ohne Zustimmung der Eltern den Sohn auf.«

»Dann werd’ ich, o Herr, dahin wirken, dass mir die Eltern ihre Zustimmung nicht versagen sollen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging[S. 393] rechts herum und begab sich zu seinen Eltern. Dort angelangt sprach er also zu ihnen:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!«

Auf diese Worte sprachen die Eltern zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm’ denn, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink’ und ergetze dich![147] Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit, zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

{387} Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Raṭṭhapālo der junge Edelmann also zu seinen Eltern:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit[S. 394] zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm’ denn, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Da gedachte Raṭṭhapālo der junge Edelmann: ›Meine Eltern wollen mich nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen‹; und er legte sich auf den bloßen Erdboden hin und sagte:

»Hier will ich den Tod erwarten oder euere Zustimmung.«

{388} Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann ließ eine Mahlzeit vorübergehn, und zwei und drei und vier Mahlzeiten vorübergehn, und fünf und sechs und sieben Mahlzeiten vorübergehn.[148] Aber die Eltern sprachen Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen[S. 395] und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Also angesprochen gab Raṭṭhapālo der junge Edelmann keine Antwort. Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. {389} Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal gab Raṭṭhapālo der junge Edelmann keine Antwort.

Da begaben sich nun, auf die Bitten der Eltern, seine Freunde zu ihm und sprachen ihm dreimal zu: und dreimal ließ er sie reden und gab ihnen keine Antwort. Und seine Freunde kehrten wieder zu den Eltern zurück und sprachen also zu ihnen:

»Liebe Eltern, euer edler Sohn Raṭṭhapālo liegt auf dem bloßen Erdboden: da will er den Tod erwarten oder euere Zustimmung. Wenn ihr ihm nicht gestatten[S. 396] wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so wird er eben da sterben. Wenn ihr ihm aber gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so werdet ihr ihn doch als Pilger sehn. Und wenn euer edler Sohn Raṭṭhapālo an der Pilgerschaft kein Gefallen findet, wo sollt’ er sich anders hinwenden? {390} Er wird eben wieder hierher zurückkehren. Gebt euerem edlen Sohne Raṭṭhapālo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Wir geben, ihr Guten, unserem edlen Sohne Raṭṭhapālo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, aber er soll seine Eltern als Pilger besuchen!«

Da gingen die Freunde zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne zurück und sprachen also zu ihm:

»Deine Eltern gestatten dir, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn: aber du sollst deine Eltern als Pilger besuchen!«

{391} Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand auf, kam zu Kräften und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Raṭṭhapālo der junge Edelmann zum Erhabenen also:

»Erhalten hab’ ich, o Herr, meiner Eltern Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: möge der Erhabene mich aufnehmen!«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann wurde vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Und der Erhabene begab sich nun, da er nach [S. 397]Belieben zu Thūlakoṭṭhitam geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des ehrwürdigen Raṭṭhapālo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf die Wanderung nach Sāvatthī, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo der Heiligen geworden.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo begab sich zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, setzte sich seitwärts nieder und sprach also:

»Ich möchte, o Herr, meine Eltern besuchen, so es der Erhabene mir gestattet.«

{392} Und der Erhabene nahm den Sinn des ehrwürdigen Raṭṭhapālo, im Geiste geistig erkundend, wahr. Und als der Erhabene merkte: ›Unmöglich kann Raṭṭhapālo der edle Sohn von der Askese abfallen und zur Gewohnheit zurückkehren‹, da sagte denn der Erhabene zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Wie es dir nun, Raṭṭhapālo, belieben mag.«

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum, räumte sein Lager zusammen, nahm [S. 398]Mantel und Schaale und begab sich auf die Wanderung nach Thūlakoṭṭhitam, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Burg.

Zu Thūlakoṭṭhitam weilte nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo, an König Koravyos Jagdgelände.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, machte sich auf den Almosengang nach Thūlakoṭṭhitam. Dort stand er von Hütte zu Hütte still und gelangte vor das Haus seines Vaters. Um diese Zeit nun ließ der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo in der mittleren Thorhalle sich rasieren. Und es sah des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Vater den ehrwürdigen Raṭṭhapālo von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also:

»Von solchen kahlgeschorenen Pfaffen ist uns unser einziger, vielgeliebter Sohn geraubt worden!«

Und so empfing der ehrwürdige Raṭṭhapālo im Hause seines Vaters weder Gabe noch Absage, sondern nur Schimpf empfing er.

Unterdessen wollte die Kindsmagd des ehrwürdigen Raṭṭhapālo von Abend übrig gebliebene Grütze wegschütten. {393} Da sprach der ehrwürdige Raṭṭhapālo also zu ihr:

»Wenn das, o Schwester, weggeschüttet werden soll, so gieß’ es in meine Schaale.«

Aber während des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Kindsmagd die von Abend übrig gebliebene Grütze dem ehrwürdigen Raṭṭhapālo in die Schaale goss, erkannte sie ihn an seinen Händen und Füßen und an seiner Stimme. Und sie rannte zur Mutter des ehrwürdigen Raṭṭhapālo und rief ihr entgegen:

[S. 399]

»O Herrin, dass du es weißt: der junge Herr, Raṭṭhapālo ist da!«

»Ist das wahr, was du sagst, so sollst du frei sein!«

Und des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Mutter eilte zum Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo und sprach also zu ihm:

»O Hausvater, dass du es weißt: Raṭṭhapālo, heißt es, unser edler Sohn ist hier!«

Inzwischen nahm der ehrwürdige Raṭṭhapālo die von Abend übrig gebliebene Grütze, an einer Mauer rastend, ein. Und der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo suchte ihn auf, trat an seine Seite und sprach also zu ihm:

»Ist es denn möglich, o Raṭṭhapālo, dass du von Abend übrig gebliebene Grütze einnimmst? Willst du denn nicht, o Raṭṭhapālo, dein eigenes Haus betreten?«

»Woher, o Hausvater, wär’ uns ein Haus eigen, die wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind? Hauslos sind wir, o Hausvater. {394} Gekommen sind wir, o Hausvater, zu deinem Hause, und haben da weder Gabe empfangen noch Absage, sondern nur Schimpf haben wir empfangen.«

»Komm’, o Raṭṭhapālo, wir wollen in den Saal gehn.«

»Genug, Hausvater: fertig bin ich für heute mit dem Mahle.«

»Wohlan denn, o Raṭṭhapālo, so gewähre mir die Bitte, morgen bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Raṭṭhapālo die Bitte.

Als nun der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo der Zustimmung sicher war, begab er sich nach Hause zurück. Dort ließ er einen großen Haufen von Gold und[S. 400] Geschmeide aufschichten, ihn mit Matten bedecken und befahl dann den früheren Frauen des ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Herbei, ihr Gesponsen! Mit was für Schmucke geschmückt ihr ehedem Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne lieblich erschient und reizend, mit diesem Schmucke sollt ihr euch schmücken!«

Am nächsten Morgen nun ließ der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte einen {395} Boten an den ehrwürdigen Raṭṭhapālo mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Raṭṭhapālo, das Mahl ist bereit.‹ Und der ehrwürdige Ratṭhapālo rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Schaale und begab sich zu seines Vaters Wohnung. Dort angekommen nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Da ließ nun der Vater jenen Haufen von Gold und Geschmeide enthüllen und sprach also zum ehrwürdigem Raṭṭhapālo:

»Das kommt dir, o Raṭṭhapālo, als Erbtheil der Mutter zu, ein anderes vom Vater, ein anderes vom Großvater: man kann, o Raṭṭhapālo, den Reichthum genießen und Gutes thun. Komm’, o mein Raṭṭhapālo: gieb die Askese auf, kehr’ zur Gewohnheit zurück, genieße den Reichthum und thue Gutes!«

»Wenn du, Hausvater, thun wolltest was ich rathe, so würdest du diesen Haufen von Gold und Geschmeide auf Wagen laden und hinausfahren und mitten in den Strom der Gangesfluthen versenken lassen: und warum das? Du wirst ja, Hausvater, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung daran erfahren.«

Da stürzten des ehrwürdigen Raṭṭhapālo frühere[S. 401] Frauen vor ihm nieder, und jede umfing seine Füße, und sie sprachen zu ihm:

»Was mögen das nur, edler Gemahl, für Huldinen sein, um die du Kasteiung übst?«

»Nicht üben wir, o Schwestern, Kasteiung um Huldinen.«

»Schwestern hat uns der edle Gemahl, Raṭṭhapālo genannt!« schrien sie und fielen da bewusstlos zu Boden.

Und nun wandte sich der ehrwürdige Raṭṭhapālo also an seinen Vater:

»Soll, Hausvater, Atzung gereicht werden, so reiche sie: {396} lass’ uns nicht länger quälen.«

»Bediene dich, Raṭṭhapālo, bereit ist das Mahl.«

Und des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Vater bediente und versorgte eigenhändig den ehrwürdigen Raṭṭhapālo mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo gespeist und das Mahl beendet hatte, ließ er, schon erhoben, folgende Weise verlauten:

»Schau’ wie der Balg ist aufgeputzt,
Der ganz aus Wunden doch besteht,
Der siech ist, voll von Willensdrang,
Der dauerlos erstirbt, verstiebt.
»Schau’ wie der Leib ist aufgeputzt,
Rubinbehangen, goldgeschmückt,
Das hautverbrämte Beingerüst,
Im Glanze seiner Kleiderpracht!
»Das rothbelackte Füßlein da,
Der Lippe Purpur, Lippe Duft:
[S. 402]
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.
»Das achtgetheilte Haargezöpf,
Die schwanken Wimpern, schwarz gefärbt:
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.
»Gleichwie man Wände neu bemalt
Betünchen sie den faulen Leib:
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.
»Die Schlinge warf ein Wildrer aus,
Das Wild verbarg sich, floh den Bast,
Genoss das Futter, fing sich nicht
Und ließ den Wildrer lauern nur.«

Als dann der ehrwürdige Raṭṭhapālo, schon erhoben, diese Weise gesagt hatte, ging er hinweg und begab sich zu König Koravyos[149] Jagdgelände. Dort saß er am Fuß eines Baumes nieder, bis Abend zu verweilen.

Aber König Koravyo hatte den Wildmeister zu sich befohlen:

»{397} Sorge dafür, guter Wildmeister, dass mein Jagdgelände, der Wildgarten, sauber sei: wir wollen eine Ausfahrt machen, in die schöne Umgebung hinaus.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam der Wildmeister dem Herrscher. Und er ließ das Jagdgelände säubern und sah den ehrwürdigen Raṭṭhapālo am Fuß eines Baumes tagüber sitzen. Und er ging zum Herrscher zurück und sprach also zu ihm:

[S. 403]

»Sauber, o König, ist das Jagdgelände; doch weilt Raṭṭhapālo darin, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter eben hier von Thūlakoṭṭhitam, den du oft gepriesen hast: der hat sich am Fuß eines Baumes über den Tag hingesetzt.«

»So sei es denn, guter Wildmeister, um die heutige Gartenfahrt: wir wollen dann eben diesen Herrn Raṭṭhapālo aufsuchen.«

Und König Koravyo befahl: »Was an Speise und Trank da vorgesorgt war, das soll alles vertheilt werden«; und er ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Raṭṭhapālo zu besuchen. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße, während er das Gefolge zurückbleiben hieß, dorthin wo der ehrwürdige Raṭṭhapālo weilte. Bei ihm angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun König Koravyo also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Möge Herr Raṭṭhapālo sich hier auf die Schabracke hinsetzen!«

{398} »Schon gut, großer König: du setze dich hin; ich bleibe auf meinem Platze.«

Da setzte sich König Koravyo auf den dargebotenen Sitz. Und er sprach also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Vier Arten giebt es, o Raṭṭhapālo, von Verderbniss, wo da mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abscheert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: welche vier? Alterverderbniss,[S. 404] Krankheitverderbniss, Besitzverderbniss, Verwandtenverderbniss. Was ist aber, o Raṭṭhapālo, Alterverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt. Der überlegt bei sich: ›Ich bin jetzt alt geworden und greis und hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt; nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Alterverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Alterverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo steht jetzt in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Alterverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

{399} »Und was ist, o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, siech, leidend, schwerkrank. Der überlegt bei sich: ›ich bin jetzt siech, leidend, schwerkrank; nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Krankheitverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das[S. 405] heißt man, o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo ist ja gesund und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Krankheitverderbniss.[150] Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Besitzverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt; und er büßt seinen Besitz nach und nach ein. Der überlegt bei sich: ›Ich bin ehedem reich gewesen, mit Geld und Gut mächtig begabt; und ich habe meinen Besitz nach und nach eingebüßt. Nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Besitzverderbniss betroffen ist, {400} scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Besitzverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo ist eben hier zu Thūlakoṭṭhitam Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Besitzverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss? Da hat einer, o Raṭṭhapālo, viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sterben ihm nach und nach aus. Der überlegt bei sich: ›Einst hatte ich viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sind mir nach und nach [S. 406]ausgestorben. Nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Verwandtenverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo hat eben hier zu Thūlakoṭṭhitam viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Verwandtenverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen? — Das sind, o Raṭṭhapālo, die vier Arten von Verderbniss, wo da mancher, {401} davon betroffen, sich Haar und Bart abscheert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: fremd sind diese Herrn Raṭṭhapālo. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?«

»Es sind, großer König, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Lehrsätze dargelegt worden; die hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen: welche vier? ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹: so lautet, großer König, der erste Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommem Erwachten, dargelegt wurde; den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit [S. 407]gezogen. ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹: so lautet, großer König, der zweite Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹: so lautet, großer König, der dritte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹: so lautet, großer König, der vierte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, {402} und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Das sind, großer König, die vier Lehrsätze, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurden; die hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»‚Aufgerieben wird die Welt, verweslich‘, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter zu schwingen? Bist du stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe?«

[S. 408]

»Ich bin, o Raṭṭhapālo, mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter zu schwingen, bin stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe. Zuweilen fühlt’ ich, o Raṭṭhapālo, fast Ueberkraft in mir: nicht hab’ ich an Stärke meines Gleichen gekannt.«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du auch jetzt ebenso stark in den Schenkeln und Armen, tauglich genug zum Kampfe?«

»Das nicht, o Raṭṭhapālo: jetzt bin ich alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, stehe im achtzigsten Jahre. Zuweilen will ich, o Raṭṭhapālo, den Fuß dahinsetzen, und setze ihn dorthin.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹; das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, {403} und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹: denn aufgerieben wird, o Raṭṭhapālo, die Welt, verweslich. — Versehn ist, o Raṭṭhapālo, meine Königsburg mit Kriegselephanten, mit Reiterei, mit Streitwagen, mit Fußtruppen, die uns in Noth und Gefahr zu Schutz und Trutz gereichen. ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

[S. 409]

»Was meinst du wohl, großer König: leidest du an irgend einem andauernden Uebel?«

»Ich leide, o Raṭṭhapālo, an dem Uebel der andauernden Gicht. Zuweilen, o Raṭṭhapālo, stehn meine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern um mich herum und reden: ›Diesmal wird König Koravyo sterben! Diesmal wird König Koravyo sterben!‹«

»Was meinst du wohl, großer König: erlangst du das bei deinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern: ›Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!‹, oder aber musst du den Schmerz allein erdulden?«

»Nicht kann ich das, o Raṭṭhapālo, bei meinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern erlangen: ›Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!‹, sondern ich muss den Schmerz allein erdulden.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹: {404} das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹: denn hülflos ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, ohnmächtig. — Es findet[S. 410] sich, o Raṭṭhapālo, in meiner Königsburg reichlich Gold und Geschmeide vor, heimlich vergraben und offen aufgestellt. ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭthapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: wie du hienieden mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt bist, kannst du auch jenseit erlangen: ›Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt sein!‹, oder aber wird dieser Reichthum auf andere übergehn, und wirst du je nach den Thaten wandeln?«

»Nicht kann ich, o Raṭṭhapālo, wie da hienieden mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, auch jenseit erlangen: ›Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt sein!‹, sondern auf andere wird dieser Reichthum übergehn, und ich werde je nach den Thaten wandeln.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹; das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

{405} »Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹: denn uneigen ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, alles verlassend muss man gehn.[151] — ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹, hat Herr Raṭṭhapālo[S. 411] gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: gedeiht dir herrlich in Ueberfluss dein Kurūland?«

»Gewiss, o Raṭṭhapālo, gedeiht mir herrlich in Ueberfluss mein Kurūland.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den östlichen Gränzen, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: ›O großer König, dass du es weißt: ich komme von den östlichen Gränzen her! Da hab’ ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da giebt es viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elphenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da giebt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!‹ Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben erobern und beherrschen.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den westlichen Gränzen, und von den nördlichen Gränzen, und von den südlichen Gränzen, und von jenseit des Ozeans, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: ›O großer König, dass du es weißt: ich komme von jenseit des Ozeans her! Da hab’ ich ein mächtiges Reich gesehn, {406} blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da giebt es viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elphenbein[S. 412] und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da giebt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!‹ Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben auch erobern und beherrschen.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹; das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹: denn bedürftig ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, nimmersatt, durstverdungen.«

Also sprach der ehrwürdige Raṭṭhapālo. Und nachdem er also geredet sprach er ferner noch dies:

»Ich sehe Menschen mächtig sein, gewaltig,
Und reich und thörig keine Gabe geben:
Begierig häufen an sie Gut an Güter
Und haschen lüstern nach erneuten Lüsten.
»Und hätt’ ersiegt ein König sich die Erde,
Und herrscht’ er weithin, bis zum Meere herrlich:
Des Meeres Gränze grämt’ ihn ungesättigt,
Nach neuen Siegen sehnt’ er sich hinüber.
[S. 413]
»Der König und gar viele gehn entgegen
Mit ungestilltem Durste düsterm Tode,
Vergeblich abgenutzt stirbt nur der Leib hin:
Denn keiner in der Welt wird satt an Süchten.
»Verwandte weinen, raufen sich die Locken
Und rufen ›Wehe, weh’ uns, dass wir leben!‹
{407}
In weißes Linnen wickeln sie den Leichnam
Und schichten Scheite, schüren an die Lohe.
»Nun röstet er am Roste, rauh gerüttelt,
Ein einzig Tüchlein deckt ihn, das ist alles:
Der Abgelebte findet keine Zuflucht,
Geliebte, Freunde nicht und nicht Genossen.
»Die Erben reißen sich um seinen Reichthum,
Sein Wesen aber wandelt nach den Werken:
Am Hingeschiednen haftet keine Habe,
Nicht Weib und Kind, nicht Geld und Gut und Lande.
»Um Geld erkauft sich keiner langes Leben,
Und Schätze schützen elend vor dem Alter:
›Gar kurz ist‹, künden Denker, ›unser Dasein,
Und unbeständig, unstet, ohne Dauer.‹
»An Reiche rührt, an Arme rührt Berührung,
Und wie der Thor, berührt wird auch der Weise;
Doch Thoren reißt Berührung rasend nieder,
An Weise rührend kann sie nimmer regen.
»So gilt wohl mehr als Geld und Güter Weisheit,
Da sie Vollendung sälig uns entbietet:
[S. 414]
Unsälig stehn ja Wirre starr gebunden
An Sein und Wiedersein und wirken Böses.
»Man keimt in Schooßen, keimt in andern Welten
Und kehrt im Wandelkreise hin und wieder,
Ergiebt sich gern dem Wahne der Gewohnheit:
Und keimt in Schooßen, keimt in andern Welten.
»Gleichwie der Räuber, den die Falle festhält,
Durch eigne That sich richtet, der Verruchte,
So wird in andern Welten der Verwesne
Durch eigne That gerichtet, der Verruchte.
»Wie launisch locken uns Begierden gaukelnd hin,
Das Herz zerhämmernd, heftig, ungeheuer!
Erkannt hab’ ich den Kummer der Begehrung,
Bin darum Büßer nun, o König, Bettler.
»Der Mensch fällt, wie die Frucht vom Baume fällt herab,
Noch unreif, oder reif, in raschem Sturze;
So bin ich denn, o König, gern ein Bettler:
Gewisse Pilgerschaft, sie dünkt mich besser.«[152]

[S. 415]

83.

Neunter Theil

Dritte Rede

MAKHADEVO

{408} Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Mithilā, im Mangohaine Makhadevos.[153] Und der Erhabene ließ, an einer bestimmten Stelle weilend, ein Lächeln sehn. Und der ehrwürdige Ānando gedachte da: ›Was ist wohl der Grund, was ist die Ursach, dass der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln Vollendete.‹ Und der ehrwürdige Ānando schlug den Oberrock um die eine Schulter, faltete die Hände gegen den Erhabenen und sprach also:

»Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursach, dass der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln Vollendete.«

»Einst war, Ānando, eben hier zu Mithilā, ein König gewesen, Makhadevo mit Namen, ein gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung brachte bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feierte bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.[154]

»Und König Makhadevo, Ānando, wandte sich einst, als viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, an seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹[155]

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele[S. 416] Jahrhunderte, {409}viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen.‹

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Makhadevo, Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’ ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische Wonnen zu denken.[156] Komme, theurer Prinz, übernimm du diese Königsmacht: denn ich will mir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn.[157] Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo der also gesegnete Wandel gebrochen wird, {410} da wird der[S. 417] letzte der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest.‹

Und König Makhadevo, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf zu eigen, betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos, schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an und zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

König Makhadevo aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend Jahre die Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre ist er Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat er als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat er, eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das Asketenleben geführt.

[S. 418]

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte, {411} bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

Und König Makhadevos Sohn, Ānando, wandte sich einst, als viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, an seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen.‹

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Makhadevos Sohn, Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’ ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische Wonnen zu denken. Komme, theurer Prinz, übernimm du diese Königsmacht: denn ich will[S. 419] mir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen {412} und aus dem Hause in die Hauslosigkeit wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn. Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest.‹

Und König Makhadevos Sohn, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf zu eigen, betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos, schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an und zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der[S. 420] vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend {413} durchstrahlte er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

König Makhadevos Sohn aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend Jahre die Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre ist er Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat er als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat er, eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das Asketenleben geführt.

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

Und auch König Makhadevos Enkel, Ānando, und Urenkel sind ihm, durch vierundachtzigtausend Geschlechter, nachgefolgt und haben eben hier, im Mangohaine Makhadevos, Haar und Bart sich abgeschoren, das fahle Gewand angelegt und sind vom Hause in die Hauslosigkeit gewandert. Liebevollen Gemüthes — erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlten sie nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlten sie die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

Und vierundachtzigtausend Jahre haben sie die Spiele[S. 421] der Jugend gespielt, {414} vierundachtzigtausend Jahre sind sie Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre haben sie als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre haben sie, eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das Asketenleben geführt.

Und sie harrten auf den vier heiligen Warten aus, und gelangten, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

Nimi war der letzte von diesen Königen, ein gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung brachte bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feierte bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.

Als da einst, Ānando, die Dreiunddreißig Götter im Saal der Säligen zu Rathe beisammensaßen, erhob sich unter ihnen die Rede:

›Gesegnet sind die Videher, hochgesegnet ist das Videherreich, wo Nimi herrscht, als gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung bringt bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feiert bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‹

Da wandte sich denn, Ānando, Sakko der Götterherr also an die Dreiunddreißig Götter:

›Wünschet ihr etwa, Würdige, Nimi den König zu sehn.‹

›Wir wünschen es, Würdiger, Nimi den König zu sehn.‹

Um diese Zeit nun, Ānando, hatte Nimi der König — es war ein Feiertag, Vollmond — gebadeten Hauptes,[S. 422] feiernd, oben auf der Zinne seines Palastes Platz genommen. Da verschwand nun, Ānando, Sakko der Götterherr, so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, {415} aus dem Himmel der Dreiunddreißig und erschien vor König Nimi. Und er sprach also zu ihm:

›Segen dir, großer König, hoher Segen dir, großer König! Die Götter, großer König, der Dreiunddreißig sitzen im Saal der Säligen beisammen und singen dein Lob: ‚Gesegnet sind die Videher, hochgesegnet ist das Videherreich, wo Nimi herrscht, als gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung bringt bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feiert bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‘ Die Götter, großer König, der Dreiunddreißig möchten dich sehn! Und so werd’ ich dir, großer König, das tausendjochige Rossegespann herabsenden[158]: wolle besteigen, großer König, den himmlischen Wagen, ohne Bangen.‹

Schweigend gewährte, Ānando, König Nimi die Bitte.

Als nun, Ānando, Sakko der Götterherr der Zustimmung König Nimis gewiss war, verschwand er, so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, vor König Nimi und erschien im Himmel der Dreiunddreißig. Und er befahl Mātali dem Rosselenker:

›Eile dich, bester Mātali, rüste das tausendjochige Rossegespann und fahre zu König Nimi hinab und sprich also zu ihm: ‚Hier, großer König, ist das tausendjochige Rossegespann, das dir Sakko der Götterherr schickt:[S. 423] wolle besteigen, großer König, den himmlischen Wagen, ohne Bangen.‘‹

›Wohl, Erlauchter, wie du befiehlst!‹ entgegnete da gehorsam Mātali {416} der Rosselenker Sakko dem Götterherrn. Und er rüstete das tausendjochige Rossegespann und fuhr zu König Nimi hinab und sprach also zu ihm:

›Hier, großer König, ist das tausendjochige Rossegespann, das dir Sakko der Götterherr schickt: besteige, großer König, den himmlischen Wagen, ohne Bangen. Und sage mir, großer König: über welche Bahn soll ich dich fahren? Wo die Wesen durch böse That böser Thaten Vergeltung genießen, oder wo die Wesen durch gute That guter Thaten Vergeltung genießen?‹

›Ueber die beiden Bahnen, Mātali, fahre mich!‹

Und Mātali, Ānando, der Rosselenker, brachte Nimi den König bis vor den Saal der Säligen hin. Da erblickte, Ānando, Sakko der Götterherr Nimi den König von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

›Komm’, o großer König, sei gegrüßt, o großer König! Die Götter, großer König, der Dreiunddreißig sitzen im Saal der Säligen beisammen und singen dein Lob: ‚Gesegnet sind die Videher, hochgesegnet ist das Videherreich, wo Nimi herrscht, als gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung bringt bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feiert bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‘ Die Götter, großer König, der Dreiunddreißig möchten dich sehn! Erfreue dich, großer König, bei den Göttern an göttlichem Glanze!‹

[S. 424]

›Schon gut, Würdiger! Man soll mich nur wieder nach Mithilā heimfahren: dort will ich sorgen, dass Recht gelte bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, will den Feiertag feiern bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‹

{417} Da wandte sich nun, Ānando, Sakko der Götterherr also an Mātali den Rosselenker:

›Eile dich, bester Mātali, rüste das tausendjochige Rossegespann und fahre König Nimi wieder hinab nach Mithilā.‹

›Wohl, Erlauchter, wie du befiehlst!‹ entgegnete da gehorsam Mātali der Rosselenker Sakko dem Götterherrn. Und er rüstete das tausendjochige Rossegespann und fuhr König Nimi wieder hinab nach Mithilā.

Hier sorgte nun, Ānando, König Nimi, dass Recht gelte bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, feierte den Feiertag bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.

Und König Nimi, Ānando, wandte sich einst, als viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, an seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen.‹

[S. 425]

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus {418} und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Nimi, Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten: auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’ ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische Wonnen zu denken. Komme, theurer Prinz, übernimm du diese Königsmacht: denn ich will mir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn. Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme seiest.‹

Und König Nimi, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf[S. 426] zu eigen, betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos, schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an und zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen Gemüthes — erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, {419} dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

König Nimi aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend Jahre die Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre ist er Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat er als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat er, eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das Asketenleben geführt.

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

König Nimi aber, Ānando, hat einen Sohn gehabt, Kaḷārajanako geheißen. Der ist nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Der hat diesen gesegneten Wandel gebrochen. Der ist der letzte der Nachkommen gewesen.[159]

»Doch hat, Ānando, jener gesegnete Wandel nicht zur Abkehr, {420} nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, [S. 427] nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung geführt, sondern nur zur Einkehr in heilige Welt. Aber dieser gesegnete Wandel, Ānando, der heute von mir gewiesen wird, der führt zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung.

»Was ist das aber, Ānando, für ein gesegneter Wandel, der heute von mir gewiesen wird und zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führt? Es ist eben dieser heilige achtfältige Weg, und zwar: rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. Das ist, Ānando, der gesegnete Wandel, der heute von mir gewiesen wird und zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führt. Darum, Ānando, nehmt meinen Rath an: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögt ihr ihm nachkommen, auf dass ihr nicht meine letzten Nachkommen seid. In einem Weltalter, Ānando, wo der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte der Nachkommen sein.

»Darum, Ānando, nehmt meinen Rath an: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögt ihr ihm nachkommen, auf dass ihr nicht meine letzten Nachkommen seid.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen.[160]


[S. 428]

84.

Neunter Theil

Vierte Rede

MADHURO

{421}Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Mahākaccāno bei Madhurā, im Riedmoor.

Und es hörte König Madhuro von Avanti reden: ›Ein Asket, und zwar der würdige Kaccāno, weilt bei Madhurā, im Riedmoor. Diesem würdigen Kaccāno geht aber allenthalben der frohe Ruhmesruf voran: ‚Gelehrt ist er und weise und tiefsinnig, er hat viel erfahren, ist wohlberedt und weiß was frommt, ist alt und ehrwürdig. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und König Madhuro von Avanti ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Mahākaccāno zu besuchen. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße dorthin wo der ehrwürdige Mahākaccāno sich aufhielt. Dort angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich seitwärts nieder. Zur Seite sitzend wandte sich nun König Madhuro von Avanti also an den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Die Priester, o Kaccāno, reden also: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in[S. 429] Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹[161] {422} Was hält nun Herr Kaccāno davon?«

»Gerede nur, großer König, ist es unter den Leuten. Darum muss man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: so da ein Krieger zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag da ein Krieger vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Priester, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Krieger, o Kaccāno, zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag wohl ein Krieger vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist; und mag ein Priester, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: so da ein Priester, {423} so da ein Bürger, so da ein Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag da ein Priester vor ihm aufstehn und nach ihm sich [S. 430]hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Krieger, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Priester, o Kaccāno, so da ein Bürger, so da ein Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag wohl ein Priester vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist; und mag ein Krieger, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

{424} »Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger Mörder und Dieb, ein Wüstling, Lügner,[S. 431] Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: so denk’ ich darüber, und so hab’ ich es auch {425} von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es sei da ein Bürger, es sei da ein Diener Mörder und Dieb, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: so denk’ ich darüber, und so hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den[S. 432] Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger kein Mörder und Dieb, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, {426} kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: so denk’ ich darüber, und so hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den[S. 433] Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es sei da ein Bürger, es sei da ein Diener kein Mörder und Dieb, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: so denk’ ich darüber, und so hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: {427} ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«[162]

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde [S. 434]geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger, der breche in Häuser ein, oder raube fremdes Gut, oder stehle, oder betrüge, oder verführe Ehefrauen; und wenn deine Leute ihn fassten und dir brächten: ›Hier, o König, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!‹; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Räuber wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, sei da ein Bürger, sei da ein Diener, der breche in Häuser ein, oder raube fremdes Gut, oder stehle, oder betrüge, oder verführe Ehefrauen; und wenn deine Leute ihn fassten und dir brächten: ›Hier, o König, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!‹; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als Diener bekannt, {428} so hat er nun diesen Namen verloren: Räuber wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

[S. 435]

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger, der habe sich Haar und Bart abgeschoren, das fahle Gewand angelegt, sei aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten verleugnet, das Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet, zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.«[163]

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Asket wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, sei da ein Bürger, sei da ein Diener, der habe sich Haar und Bart abgeschoren, das fahle Gewand [S. 436]angelegt, sei aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten verleugnet, das Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet, zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet: was würdest du da mit ihm machen?«

{429} »Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als Diener bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Asket wird er schlechthin geheißen.«[164]

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, oh es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹«

Nach diesen Worten wandte sich König Madhuro von Avanti also an den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Vortrefflich, o Kaccāno, vortrefflich, o Kaccāno![S. 437] Gleichwie etwa, o Kaccāno, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Kaccāno die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Kaccāno Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: {430} als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Nicht bei mir, großer König, wolle du Zuflucht nehmen: sondern bei Ihm, dem Erhabenen, nimm Zuflucht, bei dem ich Zuflucht genommen.«

»Wo aber, o Kaccāno, weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

»Erloschen ist Er nun, großer König, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte.«

»Wenn wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei dreißig Meilen fern, so würden wir eben dreißig Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Wenn wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei sechzig Meilen fern, sei neunzig Meilen, hundertzwanzig Meilen, hundertfünfzig Meilen fern, so würden wir eben hundertfünfzig Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Und wenn wir da hörten, o Kaccāno, dreihundert Meilen sei Er, der Erhabene, fern, so würden wir eben dreihundert Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Weil nun aber, o Kaccāno, Er, der Erhabene, erloschen ist, so nehmen wir eben bei Ihm, dem Erhabenen, der erloschen ist, unsere Zuflucht, und bei der[S. 438] Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[165]


85.

Neunter Theil

Fünfte Rede

BODHI DER KÖNIGSOHN

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Bhagger, bei der Stadt Suṃsumāragiram, im Forste des Bhesakaḷā-Waldes.

{431} Damals nun hatte Bodhi der Königsohn eben erst ein Landhaus, Lotusrose genannt, sich erbauen lassen, und niemand noch hatte darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen.

Da nun wandte sich Bodhi der Königsohn also an Sañjikāputto den jungen Brāhmanen:

»Komm’, bester Sañjikāputto, und geh’ zum Erhabenen hin und bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Bodhi‹, sage, ›o Herr, der Königsohn, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›möge, o Herr‹, lässt er sagen, ›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er[S. 439] begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Sañjikāputto der junge Brāhmane zum Erhabenen also:

»Bodhi, o Gotamo, der Königsohn, bringt Herrn Gotamo zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein; und er lässt sagen: ›Möge, o Herr‹, sprach er, ›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Sañjikāputto der junge Brāhmane der Zustimmung des Erhabenen gewiss war, stand er auf, begab sich zu Bodhi dem Königsohne zurück und sprach also zu ihm:

{432} »Ausgerichtet haben wir Herrn Gotamo euere Botschaft: und Herr Gotamo hat angenommen.«

Da ließ nun Bodhi der Königsohn am nächsten Morgen in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und den Boden in seinem Landhause Lotusrose mit weißen Geweben bespreiten, bis zur untersten Treppenstufe herab.[166] Dann befahl er Sañjikāputto dem jungen Brāhmanen:

»Eile dich, bester Sañjikāputto, geh’ hin zum Erhabenen und melde: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, und gab dem Erhabenen Meldung:

[S. 440]

»Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.«

Und der Erhabene rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich zur Wohnung Bodhi des Königsohns. Um diese Zeit aber stand Bodhi der Königsohn vor dem Eingange seines Hauses, den Erhabenen erwartend. Und Bodhi der Königsohn sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn schritt er ihm entgegen, bot ehrerbietigen Gruß dar, ließ den Erhabenen vorangehn und geleitete ihn zu der Lotusrose Landhaus. An die unterste Treppenstufe gelangt blieb der Erhabene stehn. {433} Und Bodhi der Königsohn lud den Erhabenen ein:

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum Wohle, zum Heile gereiche!«

Also eingeladen schwieg der Erhabene still. Und zum zweiten Male sprach Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also; und zum zweiten Male schwieg der Erhabene still. Und zum dritten Male wandte sich Bodhi der Königsohn an den Erhabenen:

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum Wohle, zum Heile gereiche!«

Da blickte nun der Erhabene auf den ehrwürdigen Ānando zurück. Und der ehrwürdige Ānando sprach also zu Bodhi dem Königsohne:

»Lass’ die Gewebe, Königsohn, fortschaffen; nicht will der Erhabene über Teppiche schreiten: auf die Nachfolger hat der Vollendete zurückgeblickt.«

[S. 441]

Und Bodhi der Königsohn ließ die Gewebe fortschaffen und auf dem Söller der Lotusrose die Stühle bereit stellen. Und der Erhabene stieg die Terrasse empor und nahm mit den Mönchen auf den dargebotenen Sitzen Platz. Und Bodhi der Königsohn bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Bodhi der Königsohn einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also:

{434} »Ich hab’ es, o Herr, bei mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um Wohl gewinnen: um Wehe lässt sich Wohl gewinnen.‹«[167]

»Auch ich hab’ es, Königsohn, noch vor der vollen Erwachung, als unvollkommen Erwachter, Erwachung erst Erringender, bei mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um Wohl gewinnen: um Wehe lässt sich Wohl gewinnen.‹ Und da bin ich, Königsohn, nach einiger Zeit, noch in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter[168], gegen den Wunsch meiner weinenden und klagenden Eltern, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Also Pilger geworden, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, begab ich mich zu Āḷāro Kālāmo und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder Kālāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹ Hierauf, Königsohn, [S. 442]erwiderte mir Āḷāro Kālāmo: ›Bleibt, Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene Meisterschaft begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort der älteren Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Āḷāro Kālāmo verkündet nicht die ganze Lehre nach seinem Glauben {435} ‚Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem Besitze‘, sicher kennt Āḷāro Kālāmo diese Lehre genau.‹ Ich ging nun, Königsohn, zu Āḷāro Kālāmo hin und sprach also: ›Inwiefern, Bruder Kālāmo, erklärst du, dass wir diese Lehre begriffen, uns offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt haben?‹ Hierauf, Königsohn, stellte Āḷāro Kālāmo das Reich des Nichtdaseins dar.[169] Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Zuversicht, ich aber habe Zuversicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Standhaftigkeit, ich aber habe Standhaftigkeit; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Einsicht, ich aber habe Einsicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Selbstvertiefung, ich aber habe Selbstvertiefung; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie, wenn ich nun diese Lehre, von welcher Āḷāro Kālāmo sagt ‚Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem Besitze‘, mir anzueignen suchte, damit sie mir völlig klar würde?‹ Und binnen kurzem, sehr bald, Königsohn, hatte ich diese Lehre begriffen, mir offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt. Ich ging nun,[S. 443] Königsohn, wieder zu Āḷāro Kālāmo hin und sprach also: ›Ist diese Lehre, Bruder Kālāmo, insofern von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ — ›Insofern, o Bruder, ist diese Lehre begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden.‹ — ›Ich habe nun, Bruder Kālāmo, {436} diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und erlangt.‹ — ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken! So wie ich die Lehre verkünde, so hast du sie erlangt; so wie du sie erlangt hast, so verkünde ich die Lehre. So wie ich die Lehre kenne, so kennst du die Lehre. So wie du die Lehre kennst, so kenne ich die Lehre. So wie ich bin, so bist du; so wie du bist, so bin ich. Komm’ denn, Bruder: selbander wollen wir diese Jüngerschaar lenken.‹ So, Königsohn, erklärte Āḷāro Kālāmo, mein Lehrer, mich, seinen Schüler, als ihm ebenbürtig und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich des Nichtdaseins.‹ Und ich fand diese Lehre, Königsohn, ungenügend; und unbefriedigt von ihr zog ich fort.

»Ich begab mich nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, zu Uddako, dem Sohne des Rāmo, und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder Rāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹ Hierauf, Königsohn, erwiderte mir Uddako Rāmaputto: {437} ›Bleibt, Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene[S. 444] Meisterschaft begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort der älteren Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Rāmo hat nicht die ganze Lehre nach seinem Glauben ‚Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem Besitze‘ verkündet, sicher hat Rāmo diese Lehre genau gekannt.‹ Ich ging nun, Königsohn, zu Uddako, dem Sohne Rāmos, hin und sprach also: ›Inwiefern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt erklärt?‹ Hierauf, Königsohn, stellte Uddako, der Sohn Rāmos, das Reich der Gränze möglicher Wahrnehmung dar.[170] Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht einmal Rāmo hatte Zuversicht, ich aber habe Zuversicht; nicht einmal Rāmo hatte Standhaftigkelt, ich aber habe Standhaftigkeit; nicht einmal Rāmo hatte Einsicht, ich aber habe Einsicht; nicht einmal Rāmo hatte Selbstvertiefung, ich aber habe Selbstvertiefung; nicht einmal Rāmo hatte Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie, wenn ich nun diese Lehre, von welcher Rāmo sagte ‚Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem Besitze‘, mir anzueignen suchte, damit sie mir völlig klar würde?‹ Und binnen kurzem, sehr bald, Königsohn, hatte ich diese Lehre begriffen, mir offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt. {438} Ich ging nun, Königsohn, wieder zu Uddako, dem Sohne Rāmos, und sprach also: ›Ist diese Lehre, Bruder, der Darlegung Rāmos gemäß insofern[S. 445] von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ — ›Insofern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als begriffen, offenbar gemacht und erlangt dargestellt.‹ — ›Ich habe nun, Bruder, diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und erlangt.‹ — ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken! So wie Rāmo die Lehre verkündet hat, so hast du die Lehre erlangt; so wie du sie erlangt hast, so hat Rāmo die Lehre verkündet. So wie Rāmo die Lehre gekannt hat, so kennst du die Lehre; so wie du die Lehre kennst, so hat Rāmo die Lehre gekannt. So wie Rāmo war, so bist du; so wie du bist, so war Rāmo. Komm’ denn, o Bruder: sei du das Haupt dieser Jüngerschaar.‹ So, Königsohn, belehnte Uddako Rāmaputto, mein Ordensbruder, mich mit der Meisterschaft und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich der Gränze möglicher Wahrnehmung.‹ {439} Und ich fand diese Lehre, Königsohn, ungenügend; und unbefriedigt von ihr zog ich fort.

»Ich wanderte nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, im Māgadhā-Lande von Ort zu Ort und kam in die Nähe der Burg Uruvelā. Dort sah ich einen entzückenden Fleck Erde: einen heiteren Waldesgrund, einen hell strömenden Fluss, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher Wiesen und Felder. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entzückend, wahrlich, ist dieser Fleck Erde! Heiter ist der Waldesgrund, der[S. 446] Fluss strömt hell dahin, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher liegen Wiesen und Felder. Das genügt wohl einem Askese begehrenden edlen Sohne zur Askese.‹ Und ich setzte mich nun, Königsohn, dort nieder: ›Das genügt zur Askese.‹

»Da sind mir nun, Königsohn, drei Gleichnisse aufgeleuchtet, naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges Holzscheit ins Wasser geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, ins Wasser geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig und überdies noch ins Wasser geworfen! Alle Plage und {440} Mühe des Mannes wäre vergeblich.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers nicht, nicht der Wünsche entwöhnt sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann unfähig zum[S. 447] Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das erste mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein zweites Gleichniss aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges Holzscheit fern vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, fern vom Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig, und wenn es auch außerhalb des Wassers am Lande liegt, alle Plage und Mühe des Mannes wäre vergeblich.«

{441} »Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt sind, die aber was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung.[S. 448] Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das zweite mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein drittes Gleichniss aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein trockenes, ausgedörrtes Holzscheit fern vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das trockene, ausgedörrte, fern vom Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Freilich, o Herr!«

»Und warum das?«

{442} »Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja trocken und ausgedörrt und liegt fern vom Wasser am Lande.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie fähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann fähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das dritte mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

[S. 449]

»Diese drei Gleichnisse, Königsohn, sind mir aufgeleuchtet, naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich nun mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwänge, niederdrückte, niederquälte?‹ Und ich zwang nun, Königsohn, mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth nieder, drückte es nieder, quälte es nieder. Und indem ich also, Königsohn, mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwang, niederdrückte, niederquälte, {443} rieselte mir der Schweiß aus den Achselhöhlen. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann einen schwächeren, beim Kopf oder bei der Schulter ergreifend, niederzwingt, niederdrückt, niederquält, ebenso rieselte mir da, Königsohn, indem ich also mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwang, niederdrückte, niederquälte, der Schweiß aus den Achselhöhlen. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase anhielt, wurde mir das überlaute Geräusch der Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gleichwie etwa,[S. 450] Königsohn, der geblähte Blasebalg einer Schmiede überlautes Geräusch erzeugt, ebenso wurde mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase anhielt, das überlaute Geräusch der Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

{444} »Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, schlugen mir überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann mit scharfer Dolchspitze die Schädeldecke zerhämmerte, ebenso schlugen mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im Kopfe [S. 451]betäubende Kopfgefühle. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann feste Riemenstränge auf dem Kopfe peitschend tanzen ließe, ebenso hatte ich da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, {445} im Kopfe betäubende Kopfgefühle. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, schnitten mir überheftige Strömungen durch den Bauch. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle mit scharfem Schlachtmesser den Bauch durchschlitzte, ebenso schnitten mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, überheftige Strömungen durch den Bauch. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im Körper[S. 452] überheftig glühende Quaal. Gleichwie etwa, Königsohn, {446} wenn zwei starke Männer einen schwächeren Mann an beiden Armen ergriffen und in eine Grube voll glühender Kohlen hineinquälten, hineinrollten, ebenso hatte ich da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, im Körper überheftig glühende Quaal. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Gottheiten und sagten: Gestorben ist der Asket Gotamo.‹ Andere Gottheiten sagten: ›Nicht gestorben ist der Asket Gotamo, aber er stirbt.‹ Und andere Gottheiten sagten: ›Nicht gestorben ist der Asket Gotamo und nicht stirbt er, heilig ist der Asket Gotamo, ein Zustand ist es nur des Heiligen, von solcher Art.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun gänzlich der Nahrung enthielte?‹ Da traten, Königsohn, Gottheiten zu mir heran und sprachen: ›Wolle nicht, Würdiger, dich gänzlich der Nahrung enthalten! Wenn du dich, Würdiger, gänzlich der Nahrung enthalten willst, so werden wir dir himmlischen Thau durch die Poren einflößen: dadurch wirst du am Leben bleiben.‹[171] Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wenn ich nun auch gänzliches Fasten hielte, diese Gottheiten mir aber himmlischen Thau durch die Poren einflößten und ich also gefristet würde, so wär’ es bloßer Schein.‹ {447} Und ich wies, Königsohn, die Gottheiten zurück und sagte: ›Schon gut!‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn[S. 453] ich nun wenig, wenig Nahrung zu mir nähme, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe?‹ Und ich nahm, Königsohn, wenig, wenig Nahrung zu mir, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe. Und indem ich also, Königsohn, wenig, wenig Nahrung zu mir nahm, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe, wurde mein Körper außerordentlich mager. Wie dürres, welkes Rohr wurden da meine Arme und Beine durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie ein Kameelhuf wurde da mein Gesäß durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie eine Kugelkette wurde da mein Rückgrat mit den hervor- und zurücktretenden Wirbeln durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme[172], wie sich die Dachsparren eines alten Hauses queerkantig abheben, hoben sich da meine Rippen queerkantig ab durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie in einem tiefen Brunnen die unten liegenden Wasserspiegel verschwindend klein erscheinen, so erschienen da in meinen Augenhöhlen die tiefliegenden Augensterne verschwindend klein durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie ein Bitterkürbiss, {448} frisch angeschnitten, in heißer Sonne hohl und schrumpf wird, so wurde da meine Kopfhaut hohl und schrumpf durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Und indem ich, Königsohn, die Bauchdecke befühlen wollte traf ich auf das Rückgrat, und indem ich das Rückgrat befühlen wollte traf ich wieder auf die Bauchdecke. So nahe war mir, Königsohn, die Bauchdecke ans Rückgrat gekommen durch diese äußerst geringe[S. 454] Nahrungaufnahme. Und ich wollte, Königsohn, Koth und Harn entleeren, da fiel ich vornüber hin durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Um nun diesen Körper da zu stärken, Königsohn, rieb ich mit der Hand die Glieder. Und indem ich also, Königsohn, mit der Hand die Glieder rieb, fielen die wurzelfaulen Körperhaare aus durch die äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Menschen und sagten: ›Blau ist der Asket Gotamo!‹ Andere Menschen sagten: ›Nicht blau ist der Asket Gotamo, braun ist der Asket Gotamo!‹ Und andere Menschen sagten: ›Nicht blau ist der Asket Gotamo und nicht braun ist der Asket Gotamo, gelbhäutig ist der Asket Gotamo!‹ So sehr war nun, Königsohn, meine helle, reine Hautfarbe angegriffen worden durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Was für Asketen oder Priester auch je in der Vergangenheit herangetretene schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren haben: das ist das höchste, weiter geht es nicht. Was für Asketen oder Priester auch je in der Zukunft herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren werden: das ist das höchste, weiter geht es nicht. {449} Was für Asketen oder Priester auch jetzt in der Gegenwart herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren: das ist das höchste, weiter geht es nicht. Und doch erreiche ich durch diese bittere Schmerzensaskese kein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit! Es giebt wohl einen anderen Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ich erinnere[S. 455] mich, einst, während der Feldarbeiten bei meinem Vater Sakko, im kühlen Schatten eines Rosenapfelbaumes sitzend, den Wünschen erstorben, dem Unheil entronnen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung errungen zu haben: das mag wohl der Weg sein zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, das einsichtgemäße Bewusstsein: ›Das ist der Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, sollt’ ich etwa jenes Glück fürchten, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit des Schlechten?‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nein, ich fürchte jenes Glück nicht, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit des Schlechten.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht leicht kann wohl jenes Glück erreicht werden mit so außerordentlich entkräftetem Körper; wie, wenn ich nun feste Nahrung zu mir nähme, gekochten Reisbrei?‹ Und ich nahm, Königsohn, feste Nahrung zu mir, gekochten Reisbrei.

{450} »Zu jener Zeit aber, Königsohn, lebten fünf verbündete Mönche um mich herum: ›Wenn uns der Asket Gotamo die Wahrheit erkämpft haben wird, wird er sie uns mittheilen!‹ Als ich nun, Königsohn, feste Nahrung zu mir nahm, gekochten Reisbrei, da wandten sich jene fünf verbündeten Mönche von mir ab und gingen fort: ›Ueppig wird der Asket Gotamo, der Askese untreu, geneigt der Ueppigkeit.‹

»Und ich nahm nun, Königsohn, feste Nahrung zu mir, gewann Kraft und erwirkte, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender[S. 456] ruhegeborener säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung.

»Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens, Königsohn, erwirkte ich die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»In heiterer Ruhe, Königsohn, weilte ich gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfand ich im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkte ich die Weihe der dritten Schauung.

»Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, Königsohn, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkte ich die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Ich erinnerte mich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen.[S. 457] ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehört ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So erinnerte ich mich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den ersten Stunden der Nacht als erstes errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. {451} Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, sah ich die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkannte wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in[S. 458] untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So sah ich mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkannte wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den mittleren Stunden der Nacht als zweites errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend ward da mein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom[S. 459] Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss ging auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹, verstand ich da. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den letzten Stunden der Nacht als drittes errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

{452} »Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entdeckt hab’ ich diese tiefe Satzung, die schwer zu gewahren, schwer zu erkunden ist, die stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche.[173] Vergnügen aber sucht ja dieses Geschlecht, Vergnügen liebt es, Vergnügen schätzt es. Dem Vergnügen suchenden Geschlechte nun aber, Vergnügen liebenden, Vergnügen schätzenden ist ein solches Ding kaum verständlich: als wie das auf gewisse Weise bedingt sein, die bedingte Entstehung; und auch ein solches Ding wird es kaum verstehn: eben dieses Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung. Wenn ich also die Satzung darlege und die anderen mich doch nicht begreifen, so ist mir Plage gewiss und Anstoß.‹ Und es sind mir, Königsohn, diese naturgemäßen Sprüche aufgeleuchtet, die vorher nie gehörten:

›Mit heißer Mühe was ich fand
Nun offenbaren wär’ umsonst:
Das gier- und hassverzehrte Volk
ist solcher Satzung nicht geneigt.
[S. 460]
›Die stromentgegen gehende
Tief innig zart verborgene
Bleibt Gierergetzten unsichtbar
In dichter Finsterniss verhüllt.‹

»Also erwägend, Königsohn, neigte sich mein Gemüth zur Verschlossenheit, nicht zur Darlegung der Lehre. Da nun gewahrte, Königsohn, Brahmā Sahampati[174] meines Herzens Bedenken und klagte: ›Verderben, ach, wird ja die Welt, elend verderben, wenn des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten Gemüth sich zur Verschlossenheit neigt und nicht zur Darlegung der Lehre!‹ Da verschwand nun, Königsohn, Brahmā Sahampati, so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken {453} oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, aus der Brahmawelt und erschien vor mir. Da nun entblößte, Königsohn, Brahmā Sahampati eine Schulter, faltete die Hände zu mir und sprach hierauf also:

»‚O dass doch der Erhabene, o Herr, die Lehre darlege, o dass doch der Willkommene die Lehre darlege! Es giebt Wesen edlerer Art: ohne Gehör der Lehre verlieren sie sich, sie werden die Lehre verstehn.‘

»Das sagte, Königsohn, Brahmā Sahampati; und hierauf sprach er fernerhin also:

›Verkündet ward in Magadhā Verkehrtes,
Vertrübte Lehre von Unreinen ausgedacht:
Eröffne du jetzt dieses Thor des Lebens,
Der Reine weise zur entdeckten Wahrheit uns.
›Wie einer, der am Gipfel hoher Berge steht
Und in die Lande blickt nach allen Seiten hin,
[S. 461]
So blick’, Allauge du, vom Thurm der Wahrheit
in dieses Schmerzenreich, du Schmerzenlöser!
Sieh’ hin, o Weiser, auf das Sein:
Entstehn-Vergehn ist seine Pein.
›Wohlan, o Helde, siegreicher Kampfesherr,
Geh’ hin zur Welt, entsühnt, o Meisterführer du!
Die Lehre mögest, Herr, verkünden:
Es werden sich Verständige finden.‹

»Auf das Anliegen Brahmās nun, Königsohn, und aus Erbarmen zu den Wesen blickte ich mit dem erwachten Auge in die Welt. Und ich sah, Königsohn, mit dem erwachten Auge in die Welt blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art, scharfsinnige und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht begabte, leicht begreifende und schwer begreifende und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten. Gleichwie etwa, Königsohn, {454} in einem Lotusweiher einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der Wassertiefe Nahrung aufsaugen; einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrose im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, bis zum Wasserspiegel dringen; einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, über das Wasser emporsteigen und dastehn unbenetzt von Wasser[175]: ebenso nun auch, Königsohn, sah ich, mit dem erwachten Auge in die Welt blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art, scharfsinnige und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht begabte, leicht[S. 462] begreifende und schwer begreifende und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten.

»Und ich erwiderte nun, Königsohn, Brahmā Sahampati mit dem Spruche:

»Erschlossen sind zur Ewigkeit die Thore:
Wer Ohren hat zu hören komm’ und höre.
Den Anstoß ahnend wahrt’ ich unberedsam
Das köstlich Edle vor den Menschen, Brahmā.«

»Da nun, Königsohn, sagte Brahmā Sahampati: ›Gewährung hat mir der Erhabene verheißen, die Lehre darzulegen‹, begrüßte mich ehrerbietig, ging rechts herum und war alsbald verschwunden.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt’ ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener Āḷāro Kālāmo ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit langer Zeit der Entsagung; wenn ich nun ihm zuerst die Lehre darlege, wird er diese Lehre gar bald begreifen.‹ {455} Da nun kamen, Königsohn, Gottheiten zu mir und sagten: ›Vor sieben Tagen, o Herr, ist Āḷāro Kālāmo gestorben.‹ Die klare Gewissheit ging mir nun auf: ›Vor sieben Tagen ist Āḷāro Kālāmo gestorben.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war Āḷāro Kālāmo: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar bald begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt’ ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener Uddako Rāmaputto ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit langer Zeit der Entsagung; wenn ich nun ihm[S. 463] zuerst die Lehre darlege, wird er diese Lehre gar bald begreifen.‹ Da nun kamen, Königsohn, Gottheiten zu mir und sagten: ›Am Abend, o Herr, ist Uddako Rāmaputto gestorben.‹ Die klare Gewissheit ging mir nun auf: ›Am Abend ist Uddako Rāmaputto gestorben.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war Uddako Rāmaputto: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar bald begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt’ ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Zugethan sind mir ja die Fünf verbündeten Mönche, die meiner warteten, als ich mich der Askese hingab; wie, wenn ich nun zuerst den Fünf verbündeten Mönchen die Lehre darlegen möchte?‹ {456} Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wo weilen wohl jetzt die Fünf verbündeten Mönche?‹ Und ich sah, Königsohn, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, den Aufenthalt der Fünf verbündeten Mönche bei Benāres, am Sehersteine, im Wildparke.[176] Und ich begab mich nun, Königsohn, da ich in Uruvelā nach Belieben geweilt hatte, auf die Wanderung nach Benāres.

»Da begegnete mir, Königsohn, Upako, ein Nackter Büßer, auf dem Wege vom Baum der Erwachung nach Gayā, und als er mich gesehn hatte sprach er also zu mir:

»‚Heiter, o Bruder, ist dein Angesicht, hell die Hautfarbe und rein! Um wessen willen, o Bruder, bist du hinausgezogen? Wer ist wohl dein Meister? Oder zu wessen Lehre bekennst du dich?‘

[S. 464]

»Auf diese Worte, Königsohn, sprach ich zu Upako dem Nackten Büßer die Sprüche:

»Allüberwinder, Allerkenner bin ich,
Von allen Dingen ewig abgeschieden,
Verlassend alles, lebenswahngeläutert,
Durch mich allein belehrt, wen kann ich nennen?
»Kein Lehrer hat mich aufgeklärt,
Kein Wesen giebt es, das mir gleicht,
Die Welt mit ihren Göttern hat
Nicht Einen Ebenbürtigen.
»Denn ich bin ja der Herr der Welt,
Der höchste Meister, der bin ich,
Ein einzig Allvollendeter,
Vollkommen Wahnerloschener.
»Der Wahrheit Reich erricht’ ich nun
Und wandre zur Benāresstadt:
Erdröhnen soll in finstrer Welt
Die Trommel der Unsterblichkeit.«

›So glaubst du also, Bruder, dass du der Heilige bist, der Unumschränkte Sieger?‹

{457}
»Mir gleich, ja, werden Siegende,
Ist Wahnvertilgung ausgeübt:
Besiegt hab’ ich das Sündige,
Bin darum Sieger, Upako.«

[S. 465]

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte Upako der Nackte Büßer: ›Wenn’s nur wäre, Bruder!‹, schüttelte das Haupt, schlug einen Seitenweg ein und entfernte sich.

»Und ich zog nun, Königsohn, von Ort zu Ort nach Benāres, kam zum Seherstein, in den Wildpark, wo die Fünf verbündeten Mönche weilten. Da erblickten mich, Königsohn, die Fünf verbündeten Mönche von ferne herankommen, und als sie mich gesehn bestärkte einer den anderen: ›Da kommt, Bruder, jener Asket Gotamo heran, der Ueppige, der von der Askese abgefallen ist und sich der Ueppigkeit ergeben hat: wir wollen ihn weder begrüßen, noch uns erheben um ihm Mantel und Schaale abzunehmen, aber ein Sitz sei zugewiesen; wenn er will, mag er sich setzen.‹ Je mehr ich mich aber, Königsohn, näherte, desto weniger vermochten die Fünf verbündeten Mönche bei ihrem Entschluss zu verharren: einige kamen entgegen und nahmen mir Mantel und Schaale ab, einige baten mich Platz zu nehmen, einige machten ein Fußbad zurecht, und sie gingen mich mit dem Namen und dem Bruderworte an. Da sagte ich, Königsohn, zu den Fünf verbündeten Mönchen:

{458} ›Nicht gehet, ihr Mönche, den Vollendeten mit dem Namen und dem Bruderworte an: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderten mir die[S. 466] Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte ich den Fünf verbündeten Mönchen:

›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von der Askese abgefallen, der Ueppigkeit ergeben: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen: wie magst du nun jetzt, {459} wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderte ich den Fünf verbündeten Mönchen:

›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von der Askese abgefallen, der Ueppigkeit [S. 467]ergeben: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum dritten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, sagte ich zu den Fünf verbündeten Mönchen:

›Entsinnet ihr euch, ihr Mönche, dass ich je zuvor also gesprochen hätte?‹

›Nein, o Herr!‹

›Heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit {460} noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und es gelang mir, Königsohn, den Fünf verbündeten Mönchen meine Erkenntniss mitzutheilen. Erst trug[S. 468] ich, Königsohn, zweien Mönchen die Lehre vor, drei Mönche gingen um Almosenspeise, und was die drei Mönche an Almosenspeise brachten, das theilten wir in sechs Theile und lebten davon. Dann trug ich, Königsohn, dreien Mönchen die Lehre vor, zwei Mönche gingen um Almosenspeise, und was die zwei Mönche an Almosenspeise brachten, das theilten wir in sechs Theile und lebten davon.

»Und die Fünf verbündeten Mönche, Königsohn, von mir also belehrt, also eingeführt, hatten sich da gar bald jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.«

Nach dieser Rede wandte sich Bodhi der Königsohn also an den Erhabenen:

»Wie lange braucht wohl, o Herr, ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen?«

»Da will ich dir nun, Königsohn, eben hierüber eine Frage stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Königsohn: ist dir die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken genau bekannt?«

»Gewiss, o Herr, genau ist mir die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bekannt.«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi der Königsohn versteht die Kunst [S. 469]Elephanten zu besteigen und zu lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ {461} Aber er hätte kein Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre kränklich, was man durch Rüstigkeit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre listig und gleißnerisch, was man durch Ehrlichkeit und Offenheit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre feig, was man durch Tapferkeit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre blöde, was man durch Witz erreichen kann, das erreichte er nicht. Was meinst du wohl, Königsohn: könnte da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei dir erlernen?«

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche Eigenschaft, so könnt’ er die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei mir nicht erlernen, geschweige mit fünf solchen Eigenschaften!«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi der Königsohn versteht die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ Aber er hätte Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre rüstig, was man durch Rüstigkeit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre ehrlich und offen, was man durch Ehrlichkeit und Offenheit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre tapfer, was man durch Tapferkeit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre witzig, was man durch Witz erreichen kann, das erreichte er. Was meinst du wohl, Königsohn; könnte da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu besteigen und {462} zu lenken bei dir erlernen?«

[S. 470]

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche Eigenschaft, so könnt’ er die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei mir erlernen, geschweige mit fünf solchen Eigenschaften!«

»Ebenso nun, Königsohn, giebt es auch hier fünf Kampfeseigenschaften: welche fünf? Da hat, Königsohn, der Mönch Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Rüstig ist er und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß, den mittleren Kampf zu bestehn. Ehrlich ist er und offen und giebt sich der Wahrheit gemäß dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern zu erkennen. Muth hat er und Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht auf. Witzig ist er, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt. Das sind, Königsohn, die fünf Kampfeseigenschaften. Mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt, Königsohn, mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sieben Jahre brauchen.

»Sei es, Königsohn, um die sieben Jahre: mit diesen[S. 471] fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, {463} um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sechs Jahre, fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre, zwei Jahre, ein Jahr brauchen.

»Sei es, Königsohn, um das Jahr: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sieben Monate, sechs Monate, fünf Monate, vier Monate, drei Monate, zwei Monate, einen Monat brauchen.

»Sei es, Königsohn, um den Monat, sei es um den halben Monat, {464} sei es um sieben Tage, um sechs Tage, um fünf Tage, um vier Tage, um drei Tage, sei es, Königsohn, um zwei Tage: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, einen Tag brauchen.

»Sei es, Königsohn, um einen Tag: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt kann ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, am Abend eingeführt am Morgen den Ausgang finden, am Morgen eingeführt am Abend den Ausgang finden.«

[S. 472]

Auf diese Worte wandte sich Bodhi der Königsohn also an den Erhabenen:

»O herrlich Erwachter, o herrliche Wahrheit, o herrlich verkündete Wahrheit, wo da einer am Abend eingeführt am Morgen den Ausgang finden kann, am Morgen eingeführt am Abend den Ausgang finden kann!«

Da meinte Sañjikāputto, der es gehört, der junge Brāhmane, sich an Bodhi den Königsohn wendend:

»So hat eben hier Herr Bodhi nur gesagt ›O herrlich Erwachter, o herrliche Wahrheit, o herrlich verkündete Wahrheit‹, aber nicht gesagt, dass er bei Ihm, dem Herrn Gotamo Zuflucht nehme, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft.«

»Nicht also rede, bester Sañjikāputto, nicht also rede, bester Sañjikāputto! Von meinem Mütterchen selber, bester Sañjikāputto, hab’ ich Folgendes erfahren, aus ihrem Munde vernommen. Es war einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der Erhabene zu Kosambī, im Stiftungsgarten. Und das Mütterchen, schwanger mit mir, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. {465} Seitwärts sitzend sprach nun mein Mütterchen also zum Erhabenen: ›Was ich da, o Herr, im Leibe trage, das Knäblein oder das Mägdlein, das nimmt beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger mög’ es der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Es war einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der Erhabene eben hier, im Bhagger-Lande, bei Suṃsumāragiram, im Forste des Bhesakaḷā-Waldes. Und meine Amme nahm mich zu Hüften[177], und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte[S. 473] den Erhabenen ehrerbietig und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun meine Amme also zum Erhabenen: ›Dieser Bodhi, o Herr, der Königsohn, nimmt beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei den Jüngern: als Anhänger möge ihn der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Und so nehm’ ich denn, bester Sañjikāputto, zum dritten Mal beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[178]


86.

Neunter Theil

Sechste Rede

AṈGULIMĀLO

Erstes Bruchstück

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun lebte im Reiche König Pasenadis von Kosalo ein Räuber, Aṉgulimālo[179] genannt, grausam und blutgierig, {466} an Mord und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier. Der machte die Dörfer undörflich, die Städte unstädtlich, die Länder unländlich. Er brachte die Leute um und hing sich die Fingerlein um den Hals.[180]

[S. 474]

Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und begab sich nach Sāvatthī um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück und nahm das Mahl ein; dann brach er das Lager ab und ging, mit Mantel und Schaale versehn, des Weges hin, nach der Gegend wo Aṉgulimālo der Räuber hauste.

Es sahn aber Hirten und Landleute den Erhabenen des Weges hingehn, nach der Gegend wo Aṉgulimālo der Räuber hauste; und als sie den Erhabenen gesehn sprachen sie also zu ihm:

»Nicht dahin, Asket, wolle gehn! In jener Gegend, Asket, haust ein Räuber, Aṉgulimālo genannt, grausam und blutgierig, an Mord und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier. Der macht die Dörfer undörflich, die Städte unstädtlich, die Länder unländlich. Er bringt die Leute um und hängt sich die Fingerlein um den Hals. Nach jener Gegend, Asket, sind ja zehn Mann, und zwanzig Mann, und dreißig Mann, und vierzig Mann vereint ausgezogen, sind aber alle in die Gewalt Aṉgulimālo des Räubers gerathen!«

Also angeredet schritt der Erhabene schweigend weiter.

{467} Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen Hirten und Landleute den Erhabenen also an: aber schweigend schritt der Erhabene weiter.

Und Aṉgulimālo der Räuber sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn gedacht’ er bei sich: ›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es! Auf diesem Wege sind ja zehn Mann, und zwanzig Mann, und dreißig Mann, {468} und vierzig Mann vereint ausgezogen und sind alle in meine Gewalt gerathen: und dieser [S. 475]Asket da kommt einzeln, allein, wie ein Eroberer heran! Wie, wenn ich nun diesem Asketen den Garaus machte?‹

Und Aṉgulimālo der Räuber nahm Schwerdt und Schild, hing Bogen und Köcher um und ging dem Erhabenen Schritt um Schritt nach.

Da ließ nun der Erhabene eine magische Erscheinung von solcher Art erscheinen, dass Aṉgulimālo der Räuber den Erhabenen, der gelassen dahinschritt, mit aller Macht laufend nicht einholen konnte. Und Aṉgulimālo der Räuber gedachte bei sich: ›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es! ich habe ja früher einen flüchtigen Elephanten überrascht und erreicht, ein flüchtiges Ross überrascht und erreicht, einen flüchtigen Wagen überrascht und erreicht, ein flüchtiges Reh überrascht und erreicht: aber diesen Asketen da, der gelassen dahingeht, kann ich mit aller Macht laufend nicht einholen!‹ Und er blieb stehn und rief dem Erhabenen zu:

»Stehe, Asket! Stehe, Asket!«

»Ich stehe, Aṉgulimālo: steh’ auch du.«

Da kam nun Aṉgulimālo dem Räuber der Gedanke: ›Diese Asketen des Sakyersohnes reden die Wahrheit, bekennen die Wahrheit: gleichwohl aber sagt dieser Asket, der da wandelt, ‚Ich stehe, Aṉgulimālo: steh’ auch du.‘ Wie, wenn ich nun diesen Asketen fragte?‹ Und Aṉgulimālo der Räuber sprach den Erhabenen mit dem Spruche an:

»Du wandelst, Büßer, wähnst dich aber stetig,
Und mich, der stetig ist, mich wähnst du wandelnd;
Ich frage dich, o Büßer, gieb mir Kunde:
Wie bist du stetig denn, wie bin ich unstet?«

[S. 476]

Der Herr:

{469}
»Beständig immerdar, Aṉgulimālo.
Bin ich, der keinem Wesen Leides anthut;
Doch du hast wild gewüthet gegen Wesen:
So bin ich stetig denn, so bist du unstet.«

Zweites Bruchstück

Aṉgulimālo:

Schon lang ist’s her, als einst der hohe Meister,
Der Mönch erschienen mir in Waldes Mitte:
Da rief ich aus: »Entsagen tausend Sünden
Will ich um eines Wortes deiner Wahrheit!«
Ein Räuber war ich, ja, war Mord und Marter,
War grausam, grässlich wie die Höllengründe:
Zu Füßen lag der Räuber dem Willkommnen,
Den Auferwachten fleht’ er an um Weihe.
Und Er, der auferwacht ist, mild und heilig,
Der Herr der Welt mit allen ihren Göttern,
»So komm’, o Jünger!« sprach zu mir der Meister,
Nahm also auf mich in den Jüngerorden.

Drittes Bruchstück

Und der Erhabene begab sich nun, gefolgt vom ehrwürdigen Aṉgulimālo, auf die Wanderung nach[S. 477] Sāvatthī, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun hatte sich vor dem Palaste König Pasenadis von Kosalo eine große Menschenmenge angesammelt, die laut lärmte und schrie:

»Ein Räuber, o König, lebt in deinem Lande, Aṉgulimālo genannt, grausam und blutgierig, an Mord und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier. Der macht die Dörfer undörflich, die Städte unstädtlich, die Länder unländlich. Er bringt die Leute um und hängt sich die Fingerlein um den Hals. Den soll der König unschädlich machen!«

Da brach denn König Pasenadi von Kosalo mit fünfhundert Reitern von Sāvatthī auf {470} und kam noch am Nachmittag bis an den Garten hin. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße dorthin wo der Erhabene weilte, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Und an König Pasenadi von Kosalo, der da zur Seite saß, wandte sich nun der Erhabene also:

»Was ist dir, großer König: hat etwa Magadhās König, Seniyo Bimbisāro, gedroht, oder Vesālīs Licchavier-Fürsten, oder andere deiner Mitherrscher?«

»Nicht hat mir, o Herr, Magadhās König, Seniyo Bimbisāro, gedroht, noch auch Vesālīs Licchavier-Fürsten oder andere meiner Mitherrscher: ein Räuber, o Herr, lebt in meinem Lande, Aṉgulimālo genannt, grausam und blutgierig, an Mord und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier. Der macht die Dörfer[S. 478] undörflich, die Städte unstädtlich, die Länder unländlich. Er bringt die Leute um und hängt sich die Fingerlein um den Hals. Den will ich, o Herr, unschädlich machen.«

»Wenn du aber, großer König, Aṉgulimālo sähest, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, dem Tödten entfremdet, dem Stehlen entfremdet, dem Lügen entfremdet, zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Herr, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen: wie aber sollte, o Herr, ein so arger, bösartiger Mensch eine {471}solche Tugendläuterung erfahren?«

Nun saß eben damals der ehrwürdige Aṉgulimālo nicht fern vom Erhabenen. Und der Erhabene wies mit dem rechten Arme hin und sprach also zu König Pasenadi von Kosalo:

»Der ist, großer König, Aṉgulimālo.«

Da kam nun den König Pasenadi von Kosalo Furcht an, Entsetzen an, seine Haare sträubten sich. Und der Erhabene sah den König Pasenadi von Kosalo erschreckt und erschüttert, mit gesträubtem Haar, und sprach also zu ihm:

»Sei unbesorgt, großer König, sei unbesorgt, großer König: da droht dir keine Gefahr.«

Und König Pasenadi von Kosalo wurde wieder [S. 479]beruhigt und beschwichtigt; und er trat an den ehrwürdigen Aṉgulimālo heran und sprach also zu ihm:

»Ist es denn, Herr, Aṉgulimālo?«

»Ja, großer König.«

»Welchem Stamme, Herr, gehörte des Ehrwürdigen Vater, welchem die Mutter an?«

»Gaggo war, großer König, mein Vater, Mantāṇī meine Mutter.«

»Mög’ es, Herr, der ehrwürdige Gaggo, der Sohn der Mantāṇī, zufrieden sein: ich will dafür Sorge tragen, dass der ehrwürdige Gaggo, der Sohn der Mantāṇī, mit Kleidung und Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit versehn sei.«

Aber jetzt war der ehrwürdige Aṉgulimālo Waldeinsiedler geworden, Brockenbettler, Fetzenträger, hatte drei Kleidungstücke. Und der ehrwürdige Aṉgulimālo sprach also zu König Pasenadi von Kosalo:

»Genug, großer König, schon hab’ ich mein Dreiwams.«

Da ging denn König Pasenadi von Kosalo wieder zum Erhabenen hin, {472} bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun König Pasenadi von Kosalo zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr, ist es, wie da, o Herr, der Erhabene Unbändige bändigt, Unstillbare stillt, Unaussöhnliche aussöhnt! Denn ihn, o Herr, den wir weder mit Strafe noch Schwerdt bezwingen konnten, den hat der Erhabene ohne Strafe und Schwerdt bezwungen. — Wohlan, o Herr, jetzt wollen wir aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

[S. 480]

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.


Viertes Bruchstück

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Da sah der ehrwürdige Aṉgulimālo, als er auf der Straße von Haus zu Haus um Almosen stand, irgend ein Weib: die hatte eine Frühgeburt, eine Fehlgeburt gethan. Als er das gesehn gedacht’ er bei sich: ›Uebel steht es, wahrlich, um die Wesen, übel steht es, wahrlich, um die Wesen!‹ — Und als der ehrwürdige Aṉgulimālo, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der ehrwürdige Aṉgulimālo zum Erhabenen also:

»Ich war da, o Herr, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach der Stadt gegangen, um Almosenspeise. Da hab’ ich, auf der Straße von Haus zu Haus um Almosen stehend, irgend ein Weib gesehn, die eine Frühgeburt, eine Fehlgeburt gethan: {473} und als ich es sah gedacht’ ich bei mir: ›Uebel steht es, wahrlich, um die Wesen, übel steht es, wahrlich, um die Wesen!‹«

»So gehe denn, Aṉgulimālo, zu jenem Weibe hin[S. 481] und sprich also zu ihr: ›Seitdem ich, o Schwester, geboren bin weiß ich nicht, dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens beraubt hätte: so wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine Frucht!‹«

»Würd’ ich da nicht, o Herr, bewusste Lüge reden: hab’ ich doch, o Herr, mit Absicht vielen Wesen das Leben geraubt!«

»So gehe denn, Aṉgulimālo, zu jenem Weibe hin und sprich also zu ihr: ›Seitdem ich, o Schwester, in heiliger Geburt geboren bin weiß ich nicht, dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens beraubt hätte: so wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine Frucht!‹«

»Wohl, o Herr!« erwiderte da der ehrwürdige Aṉgulimālo, dem Erhabenen gehorchend. Und er begab sich zu jenem Weibe hin und sprach also zu ihr:

»Seitdem ich, o Schwester, in heiliger Geburt geboren bin weiß ich nicht, dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens beraubt hätte: so wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine Frucht!«

Und das Weib war genesen, genesen ihre Frucht.

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, {474} gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Aṉgulimālo der Heiligen geworden.


[S. 482]

Fünftes Bruchstück

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Um diese Zeit nun flog ein Stein, den einer geworfen, dem ehrwürdigen Aṉgulimālo an den Leib, flog ein Stock, den einer geworfen, dem ehrwürdigen Aṉgulimālo an den Leib, flog ein Scherben, den einer geworfen, dem ehrwürdigen Aṉgulimālo an den Leib. Da kam nun der ehrwürdige Aṉgulimālo mit zerschnittenem Kopfe und strömendem Blute, mit zerbrochener Schaale und zerrissenem Mantel zum Erhabenen hin. Und es sah der Erhabene den ehrwürdigen Aṉgulimālo von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Dulde nur, Heiliger, dulde nur, Heiliger! Um welcher That Vergeltung du viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende Höllenquaal erlittest, dieser That Vergeltung, Heiliger, findest du noch bei Lebzeiten.«


Sechstes Bruchstück

Da ließ der ehrwürdige Aṉgulimālo, während er einsam zurückgezogen sann, das Heil der Erlösung erfahrend, um diese Zeit folgende Weise vernehmen:

»Wer früher thörig sorglos war,
Doch endlich seine Schuld erkennt,
Der leuchtet durch die finstre Welt
Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.
[S. 483]
»Wer einst begangne böse That
{475}
In wahrer Buße tief bereut,
Der leuchtet durch die finstre Welt
Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.
»Wer noch in holder Jugendkraft
Als Jünger hier dem Sieger folgt,
Der leuchtet durch die finstre Welt
Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.

»Die Lüfte sollen lauschen meinem Sange
Und lieblich wehen um den Auferwachten,
Die Lüfte sollen grüßen mir die Menschen,
Die Großen, die sich nach der Wahrheit sehnen.
»Den Lüften thu’ mein Lied ich kund,
Das Lob der Liebe, der Geduld:
O wehet nieder, neigt euch her
Und tragt die Wahrheit weiter dann!
»O sei mir jeder wohlgesinnt
Und allem andern was er sieht:
Den höchsten Frieden findet froh
Wer schützt was athmet, schützt was lebt.[181]
»Kanäle schlichten Bauern durch das Feld,
Die Bogner schlichten spitze Pfeile zu,
Die Zimmrer schlichten schlanke Balken ab,
Sich selber, wahrlich, machen Weise schlicht.
»Geschlichtet wird gar mancher Streit
Mit Stock und Stachel, Peitsche, Strick:
[S. 484]
Doch ohne Stock, doch ohne Stahl
Hat mich der Meister schlicht gemacht.
»Einst hat man Friedrich[182] mich genannt,
Und Friedensmörder war ich nur:
Den ächten Namen führ’ ich heut,
Genesen froh als Friedenswalt.
»Berüchtigt war das Räuberhaupt,
Aṉgulimālo war der Mord:
Da brach der Strom die Bresche durch
Und trieb mich hin zum wachen Herrn!
»Mit Blut befleckt’ ich meine Hand,
Aṉgulimālo war der Mord:
Gerettet sieh’ mich rasten hier,
Die Daseinsader ist verdarrt.
»Der solche Thaten ich gethan,
Von Unheil schwer, von Unheil schwül,
{476}
Genieße reichlich reifen Lohn,
Entsündigt nehm’ ich Atzung ein.
»Dem leichten Sinn ergeben sich
Erlahmte Männer, ohne Muth;
Den Ernst bewahrt der weise Mann
Als köstlich besten Schatzeshort.
»Ergebt euch nicht dem leichten Sinn,
O folget nicht der Liebeslust!
Der ernst in sich gekehrte Mönch
Ist höchstem Heile sälig nah.[182]
»Gefunden hab’ ich’s, nicht verfehlt,
Kein übel Ding bedünkt es mich,
[S. 485]
Von allem was die Welt gewährt
Hab’ ich das Beste auserwählt.
»Gefunden hab’ ich’s, nicht verfehlt,
Kein übel Ding bedünkt es mich,
Drei Wissenschaften kenn’ ich gut,
Erfüllt ist was der Meister will.«[183]

87.

Neunter Theil

Siebente Rede

WAS EINEM LIEB IST

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun war irgend einem Hausvater sein einziges, vielgeliebtes Büblein gestorben. Und wie es nun todt war, mocht’ er sich weder um Arbeit noch Essen kümmern. Er ging immer wieder zur Leichenstätte und jammerte: ›Wo bist du, einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‹

Da nun begab sich jener Hausvater dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts hin. Und zu jenem Hausvater, der da seitwärts saß, wandte sich nun der Erhabene also:

»Nicht zeigst du, Hausvater, die Züge des geistig Gefassten: es sind deine Züge verstört.«

{477} »Wie sollten auch, o Herr, meine Züge nicht verstört sein: ist mir doch, o Herr, das einzige, vielgeliebte[S. 486] Büblein gestorben! Und da es nun todt ist, mag ich mich weder um Arbeit noch Essen kümmern. Ich geh’ immer wieder zur Leichenstätte und jammere: ›Wo bist du, einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‹«

»So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater. Was einem lieb ist, Hausvater, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.«[184]

»Wer wird da nur, o Herr, also denken: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‹: was einem lieb ist, o Herr, giebt ja Freude und Befriedigung, was von Liebem kommt.«

Und jener Hausvater, ungehalten und verstimmt über das Wort des Erhabenen, stand von seinem Sitze auf und ging fort.

Nun waren gerade damals, nicht gar fern vom Erhabenen, viele Würfelspieler beisammen, die Würfel spielten. Da begab sich denn jener Hausvater zu ihnen hin und sprach also:

»Ich war da, ihr Herren, zum Asketen Gotamo gegangen, hatte ehrerbietigen Gruß dargeboten und mich seitwärts hingesetzt. Und als ich da saß, ihr Herren, wandte sich der Asket Gotamo also an mich: ›Nicht zeigst du, Hausvater, die Züge des geistig Gefassten: es sind deine Züge verstört.‹ Also angeredet, ihr Herren, entgegnete ich dem Asketen Gotamo: ›Wie sollten auch, o Herr, meine Züge nicht verstört sein: ist mir doch, o Herr, das einzige, vielgeliebte Büblein gestorben! Und da es nun todt ist, mag ich mich weder um Arbeit noch Essen kümmern. {478} Ich geh’ immer wieder zur Leichenstätte[S. 487] und jammere: ‚Wo bist du, einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‘‹ — ›So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater. Was einem lieb ist, Hausvater, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ — ›Wer wird da nur, o Herr, also denken: ‚Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‘; was einem lieb ist, o Herr, giebt ja Freude und Befriedigung, was von Liebem kommt.‹ So sprach ich, ihr Herren, ungehalten und verstimmt über das Wort des Asketen Gotamo, stand von meinem Sitze auf und ging fort.«

»So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater! Was einem lieb ist, Hausvater, giebt ja Freude und Befriedigung, was von Liebem kommt.«

Da sagte jener Hausvater: »So hab’ ich recht, mit den Würfelspielern!«; und er ging fort.

Aber dieses Gespräch verbreitete sich allmälig bis an den Hof des Königs. Und König Pasenadi von Kosalo wandte sich an seine Gemahlin Mallikā:

»Höre, Mallikā, dein Asket Gotamo hat gesagt: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹«

»Wenn das, großer König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es also.«

»Immer doch also giebt diese Mallikā, was auch da der Asket Gotamo sagen mag, eben aber auch alles zu: ›Wenn das, großer König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es also.‹ Gleichwie etwa der Lehrer dem Schüler was immer auch sagen mag, und ihm der Schüler eben auf alles zustimmt, ›So ist es, Meister, so ist es, Meister‹,[S. 488] ebenso auch giebst du, Mallikā, was auch immer da der Asket Gotamo sagen mag, eben aber auch alles zu: ›Wenn das, großer König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es also.‹ {479} Lass’ es gut sein, Mallikā, hör’ auf!«

Da wandte sich Königin Mallikā an den Brāhmanen Nāḷijaṉgho[185] und bat ihn:

»Begieb dich, Brāhmane, zum Erhabenen hin und bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Mallikā‹, sage, ›o Herr, die Königin, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›hat wohl, o Herr, der Erhabene dieses Wort gesprochen: ‚Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‘?‹ Und wie dir der Erhabene antworten wird, das merke dir gut und melde mir. Denn die Vollendeten reden nicht unvollkommen.«

»Schön, Herrin!« entgegnete da gehorsam Nāḷijaṉgho der Brāhmane Mallikā der Königin. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Nāḷijaṉgho der Brāhmane zum Erhabenen also:

»Mallikā, o Gotamo, die Königin, bringt Herrn Gotamo zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein; und sie fügte hinzu: hat wohl, o Herr, der Erhabene dieses Wort gesprochen: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‹?«

[S. 489]

»So ist es, Brāhmane, so ist es, Brāhmane. Was einem lieb ist, Brāhmane, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt. Darum muss man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt. {480} Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend einem Weibe die Mutter gestorben. Durch deren Tod irrsinnig, geistesverstört geworden lief sie von Straße zu Straße, von Markt zu Markt und schrie: ›Habt ihr nicht meine Mutter gesehn, habt ihr nicht meine Mutter gesehn?‹ Darum soll man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend einem Weibe der Vater gestorben — war der Bruder, die Schwester gestorben — war der Sohn, war die Tochter gestorben — war der Gatte gestorben. Durch dessen Tod irrsinnig, geistesverstört geworden lief sie von Straße zu Straße, von Markt zu Markt und schrie: ›Habt ihr nicht meinen Gatten gesehn, habt ihr nicht meinen Gatten gesehn?‹ Darum soll man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend einem Manne die Mutter gestorben — war der Vater gestorben {481} — war der Bruder, die Schwester gestorben — war der Sohn, war die Tochter gestorben — war die Frau gestorben. Durch deren Tod irrsinnig,[S. 490] geistesverstört geworden lief er von Straße zu Straße, von Markt zu Markt und schrie: ›Habt ihr nicht meine Frau gesehn, habt ihr nicht meine Frau gesehn?‹ Darum soll man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend ein Weib zu Verwandten ins Haus gekommen. Und die Verwandten verboten dieser, mit ihrem Gatten zu leben, wollten sie einem anderen vermählen: sie aber mochte den nicht. Und sie beschwor ihren Mann: ›Diese Verwandten, o Gemahl, reißen mich von dir und wollen mich einem anderen vermählen: ich aber mag den nicht!‹ Und der Mann gab seinem Weibe den Tod und entleibte sich selbst: ›Gestorben werden wir beisammen sein!‹ Darum soll man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.«

Und Nāḷijaṉgho der Brāhmane, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand auf und begab sich zu Mallikā der Königin zurück und berichtete Wort für Wort das ganze Gespräch, das der Erhabene mit ihm gepflogen. Und Königin Mallikā ging nun zu König {482} Pasenadi von Kosalo hin und sprach also:

»Was meinst du wohl, großer König: hast du deine Tochter Vajīrī lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich meine Tochter Vajīrī lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn deiner Tochter Vajīrī etwas verschlüge, etwas geschähe, [S. 491]würdest du da Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, meiner Tochter Vajīrī etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ — Was meinst du wohl, großer König: hast du die Fürstin Vāsabhā lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich die Fürstin Vāsabhā lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn der Fürstin Vāsabhā etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, der Fürstin Vāsabhā etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ — Was meinst du wohl, großer König: hast du den Feldherrn Viḍūḍabho lieb?«

»Freilich, Mallikā, hab’ ich den Feldherrn Viḍūḍabho lieb.«

{483} »Was meinst du wohl, großer König: wenn dem Feldherrn Viḍūḍabho etwas verschlüge, etwas geschähe,[S. 492] würdest du da Wehe und Jammer, {484}Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, dem Feldherrn Viḍūḍabho etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ — Was meinst du wohl, großer König: hast du mich lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich dich lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn mir etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, dir etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ — Was meinst du wohl, großer König: hast du dein Reich Benāres und Kosalo lieb?«

»Sicherlich, Mallikā, hab’ ich mein Reich Benāres und Kosalo lieb: durch die Macht meines Reiches Benāres[S. 493] und Kosalo besitzen wir Seide und Sandel, haben Schmuck und duftende Salben.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn deinem Reiche Benāres und Kosalo etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, meinem Reiche Benāres und Kosalo etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹«

»Wunderbar, Mallikā, außerordentlich, Mallikā, ist es, wie da Er, der Erhabene, weise durchdringend, weise blickt! Wohl denn, Mallikā: rühme weiter!«[186]

Und König Pasenadi von Kosalo stand auf von seinem Sitze, entblößte eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach der Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ dann dreimal den Gruß ertönen:

»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!«

[S. 494]

88.

Neunter Theil

Achte Rede

DER UEBERWURF

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich der ehrwürdige Ānando, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, auf den Almosengang nach der Stadt. Als er, von Haus zu Haus tretend, Almosenspeise erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und machte sich dann auf den Weg nach dem Osthain, zu Mutter Migāros Terrasse, tagüber da zu bleiben.

Um diese Zeit aber zog, früh am Nachmittage, König Pasenadi von Kosalo auf seinem Elephanten Weißer Lotusfürst aus Sāvatthī hinaus. Da sah denn der König den ehrwürdigen Ānando von weitem dahinschreiten, {485} und als er ihn gesehn wandte er sich an seinen Marschall Sirivaḍḍho:

»Ist das nicht, bester Sirivaḍḍho, der ehrwürdige Ānando?«

»Ja, großer König, das ist der ehrwürdige Ānando.«

Da befahl denn der König einem seiner Leute:

»Geh’ hin, lieber Mann, zum ehrwürdigen Ānando und bring’ ihm zu Füßen meinen Gruß dar: ›Der König‹, sage, ›o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem ehrwürdigen Ānando zu Füßen Gruß dar‹; und füge hinzu: ›wenn, o Herr‹, lässt er sagen, ›der ehrwürdige Ānando nicht dringend zu thun hat, möge doch, o Herr, der [S. 495]ehrwürdige Ānando auf eine Weile nähertreten, von Mitleid bewogen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem Herrscher. Und er eilte zum ehrwürdigen Ānando hin, bot ehrerbietigen Gruß dar und stand zur Seite. Zur Seite stehend sprach er dann also zum ehrwürdigen Ānando:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem ehrwürdigen Ānando zu Füßen Gruß dar; und er lässt sagen: wenn, o Herr, der ehrwürdige Ānando nicht dringend zu thun hat, möge doch, o Herr, der ehrwürdige Ānando auf eine Weile nähertreten, von Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Ānando die Bitte.

Und König Pasenadi von Kosalo zog nun, so weit man auf Elephanten reiten kann, heran; dann stieg er ab und ging zu Fuße dem ehrwürdigen Ānando entgegen, begrüßte ihn ehrerbietig und stellte sich seitwärts. {486} Seitwärts stehend sprach nun König Pasenadi von Kosalo also zum ehrwürdigen Ānando:

»Wenn, o Herr, der ehrwürdige Ānando nicht dringend zu thun hat, wär’ es schön, o Herr, wenn sich der ehrwürdige Ānando an das Gestade der Aciravatī begeben wollte, von Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Ānando die Bitte.

Und der ehrwürdige Ānando begab sich an das Gestade der Aciravatī und nahm unter einem Baume, auf einem tauglichen Sitze, Platz. Und König Pasenadi von Kosalo zog auf seinem Elephanten heran, so weit man[S. 496] reiten kann; dann stieg er ab und ging zu Fuße zum ehrwürdigen Ānando hin, bot ehrerbietigen Gruß dar und stand seitwärts. Seitwärts stehend sprach nun König Pasenadi von Kosalo also zum ehrwürdigen Ānando:

»Hier, o Herr, möge sich der ehrwürdige Ānando auf die Schabracke hinsetzen!«

»Schon gut, großer König: du setze dich hin; ich bleibe auf meinem Platze.«

Da setzte sich König Pasenadi von Kosalo auf den dargebotenen Sitz. Und er sprach also zum ehrwürdigen Ānando:

»Sagt mir, Herr Ānando: mag wohl Er, der Erhabene, einen Wandel in Werken führen, der ein Aergerniss wäre für Asketen und Priester, verständige Leute?«

»Nicht mag Er, großer König, der Erhabene, einen Wandel in Werken führen, der ein Aergerniss wäre für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und ferner, Herr Ānando: mag wohl Er, der Erhabene, einen Wandel in Worten, einen Wandel in Gedanken führen, {487} der ein Aergerniss wäre für Asketen und Priester, verständige Leute?«

»Nicht mag Er, großer König, der Erhabene, einen Wandel in Worten, einen Wandel in Gedanken führen, der ein Aergerniss wäre für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr! Denn was wir, o Herr, durch die Frage nicht auszudrücken vermochten, das hat, o Herr, der ehrwürdige Ānando durch der Frage Beantwortung ausgedrückt. Die da, o Herr, thörig, unbesonnen, ohne Ueberlegung, ohne gründliche Prüfung andere loben und andere tadeln, die[S. 497] können wir nicht ernst nehmen: die aber da, o Herr, weise, besonnen, tiefsinnig, nach Ueberlegung, nach gründlicher Prüfung andere loben und andere tadeln, die können wir ernst nehmen. Was ist das aber, Herr Ānando, für ein Wandel in Werken, der ein Aergerniss ist für Asketen und Priester, verständige Leute?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der unheilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, unheilsamer Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, unrechter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der beschwerhaft ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerhafter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der Leiden züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Werken, der Leiden züchtet?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der zu eigener Beschwer, oder zu anderer Beschwer, oder zu beider Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mehren und die heilsamen Dinge sich mindern: ein Wandel in Werken, großer König, {488} von solcher Art, der ist ein Aergerniss für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und was ist es, Herr Ānando, für ein Wandel in Worten, Wandel in Gedanken, der ein Aergerniss ist für Asketen und Priester, verständige Leute?«

[S. 498]

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der unheilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, unheilsamer Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, unrechter Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der beschwerhaft ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerhafter Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König der Leiden züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Worten, in Gedanken, der Leiden züchtet?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der zu eigener Beschwer, oder zu anderer Beschwer, oder zu beider Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mehren und die heilsamen Dinge sich mindern: ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, von solcher Art, der ist ein Aergerniss für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und sagt mir, Herr Ānando: hat Er, der Erhabene, die Verleugnung eben aller unheilsamen Dinge empfohlen?«

»Alle unheilsamen Dinge verleugnet hat, großer König, der Vollendete, die heilsamen Dinge erlangt.«

»Und was ist das, Herr Ānando, für ein Wandel in Werken, der kein Aergerniss ist für Asketen und Priester, verständige Leute?«

[S. 499]

»Ein Wandel in Werken, großer König, der heilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, heilsamer Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der nicht unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, nicht unrechter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der beschwerlos ist.«

{489} »Was ist aber, o Herr, beschwerloser Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der Wohl züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Werken, der Wohl züchtet?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der weder zu eigener Beschwer, noch zu anderer Beschwer, noch zu beider Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mindern und die heilsamen Dinge sich mehren: ein Wandel in Werken, großer König, von solcher Art, der ist ein Aergerniss für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und was ist es, Herr Ānando, für ein Wandel in Worten, Wandel in Gedanken, der kein Aergerniss ist für Asketen und Priester, verständige Leute?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der heilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, heilsamer Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der nicht unrecht ist.«

[S. 500]

»Was ist aber, o Herr, nicht unrechter Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der beschwerlos ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerloser Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der Wohl züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Worten, in Gedanken, der Wohl züchtet?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der weder zu eigener Beschwer, noch zu anderer Beschwer, noch zu beider Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mindern und die heilsamen Dinge sich mehren: ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, von solcher Art, der ist kein Aergerniss für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und sagt mir noch, Herr Ānando: hat Er, der Erhabene, die Erlangung eben aller heilsamen Dinge {490} empfohlen?«

»Alle unheilsamen Dinge verleugnet hat, großer König, der Vollendete, die heilsamen Dinge erlangt.«

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, wie da, o Herr, der ehrwürdige Ānando so wohl gesprochen hat: diese treffliche Rede, o Herr, des ehrwürdigen Ānando hat uns wirklich erfreut und befriedigt. So erfreut und befriedigt, o Herr, hat uns des ehrwürdigen Ānando treffliche Rede, dass wir, o Herr, wenn dem ehrwürdigen Ānando der beste Elephant genehm wäre, eben den besten Elephanten dem ehrwürdigen Ānando geben möchten; dass wir, o Herr, wenn dem ehrwürdigen[S. 501] Ānando das beste Ross genehm wäre, eben das beste Ross dem ehrwürdigen Ānando geben möchten; dass wir, o Herr, wenn dem ehrwürdigen Ānando das reichste Dorf genehm wäre, eben das reichste Dorf dem ehrwürdigen Ānando geben möchten. Aber, o Herr, wir wissen es ja: das ist dem ehrwürdigen Ānando nicht genehm. Da ist mir, o Herr, ein Ueberwurf von Māgadhās König Ajātasattu, dem Sohne der Videherin, in eine Truhe verpackt, zugesandt worden, sechzehn Ellen lang, acht Ellen breit: den möge, o Herr, der ehrwürdige Ānando annehmen, von Mitleid bewogen!«

»Genug, großer König, schon hab’ ich mein Dreiwams.«

»Diese Aciravatī, o Herr, liegt dem ehrwürdigen Ānando und uns vor Augen; und wir wissen, wann es oben im Gebirge gewaltig gewittert hat, dann fließt diese Aciravatī über beide Ufer aus: ebenso nun auch, o Herr, wird sich der ehrwürdige Ānando aus diesem Ueberwurfe ein Dreiwams fertigen, sein bisheriges Dreiwams aber den Ordensbrüdern zuwenden; {491} so wird diese unsere Ehrung gleichsam ein Ueberfließen sein. Möge, o Herr, der ehrwürdige Ānando den Ueberwurf annehmen!«

Da nahm der ehrwürdige Ānando den Ueberwurf an. Und nun wandte sich König Pasenadi von Kosalo also an den ehrwürdigen Ānando:

»Wohl denn, Herr Ānando, jetzt wollen wir aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo, erfreut und befriedigt durch des ehrwürdigen Ānando Rede, stand von[S. 502] seinem Sitze auf, bot ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und entfernte sich.

Da begab sich denn der ehrwürdige Ānando, bald nachdem König Pasenadi von Kosalo gegangen, zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte nun der ehrwürdige Ānando das ganze Gespräch mit König Pasenadi von Kosalo Wort für Wort dem Erhabenen; und er reichte den Ueberwurf dem Erhabenen dar. Und der Erhabene wandte sich an die Mönche:

»Gesegnet, ihr Mönche, ist König Pasenadi von Kosalo, hochgesegnet, ihr Mönche, ist König Pasenadi von Kosalo, dem der Anblick Ānandos gegönnt war und seine Gesellschaft.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.[187]


89.

Neunter Theil

Neunte Rede

WAHRE DENKMALE

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakyer, bei Metāḷumpam, einer Burg im Sakyergebiete.

{492} Um diese Zeit nun war König Pasenadi von Kosalo nach Nagarakam gekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

[S. 503]

Und König Pasenadi von Kosalo befahl Dīgho dem Kanzler:

»Lasse mir, bester Kanzler, prächtige Wagen bespannen: wir wollen eine Ausfahrt machen, in die schöne Umgebung hinaus.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam Dīgho der Kanzler dem Herrscher. Und er ließ prächtige Wagen bespannen und dann melden: ›Bereit stehn, o König, die prächtigen Wagen: wie es dir nun belieben mag.‹

Und König Pasenadi von Kosalo bestieg einen prächtigen Wagen und fuhr, gefolgt von manchen anderen, mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, nach einem Garten hin. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und begab sich zu Fuß in den Garten. Da sah denn der König, als er im Garten lustwandelnd umherging, mächtige Bäume, erhebend, erheiternd, lärmentrückt, lärmverloren, von den Leuten gemieden, wo Menschen einsam sitzen und nachdenken können. Und es kam ihm bei diesem Anblick eben der Erhabene in den Sinn: ›Diese mächtigen Bäume erheben und erheitern mich, die lärmentrückten, lärmverlorenen, die von den Leuten gemieden werden, wo Menschen einsam sitzen und nachdenken können, wo wir da einst Ihn, den Erhabenen, aufgesucht haben, den Heiligen, vollkommen Erwachten.‹[188] Und König Pasenadi von Kosalo wandte sich also an Dīgho den Kanzler:

{493} »Diese mächtigen Bäume, bester Kanzler, erheben und erheitern mich, die lärmentrückt, lärmverloren von den Leuten gemieden werden, wo Menschen einsam sitzen[S. 504] und nachdenken können, wo wir da einst Ihn, den Erhabenen, aufgesucht haben, den Heiligen, vollkommen Erwachten: wo mag Er doch, bester Kanzler, jetzt weilen, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

»Es giebt, großer König, eine Burg im Sakyergebiete, Metāḷumpam genannt: dort weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte.«

»Wie weit ist es wohl, bester Kanzler, von Nagarakam nach Metāḷumpam, der Sakyerburg?«

»Nicht weit, großer König, neun Meilen: man kann noch vor Abend hingelangen.«

»So lasse denn, bester Kanzler, wieder anspannen: wir wollen ihn, den Erhabenen, besuchen, den Heiligen, vollkommen Erwachten.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam Dīgho der Kanzler dem Herrscher. Und er ließ wieder anspannen und dann melden: ›Bereit stehn, o König, deine Wagen: wie es dir nun belieben mag.‹

Und König Pasenadi von Kosalo bestieg seinen prächtigen Wagen und fuhr, gefolgt von den anderen, von Nagarakam nach Metāḷumpam der Sakyerburg; und er kam noch vor Abend an und ließ sich zum Garten geleiten. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und begab sich zu Fuß in den Garten. Um {494} diese Zeit nun erging sich eine Schaar Mönche im Freien. Da trat König Pasenadi von Kosalo zu den Mönchen heran und sprach also zu ihnen:

»Sagt mir, Verehrte, wo weilt Er, der Erhabene, jetzt, der Heilige, vollkommen Erwachte: denn wir möchten Ihn, den Erhabenen, besuchen, den Heiligen, vollkommen Erwachten.«

[S. 505]

»Das Wohnhaus dort, großer König, ist geschlossen; aber geh’ leise, ohne zu eilen, die Freitreppe hinauf, räuspere dich und klopfe an: öffnen wird dir der Erhabene das Thor.«

Da gab König Pasenadi von Kosalo Schwerdt und Krone erst Dīgho dem Kanzler über. Und Dīgho der Kanzler wusste nun: ›Allein will der König jetzt bleiben, ich aber muss hier warten.‹ Und König Pasenadi von Kosalo stieg leise, ohne zu eilen, die Freitreppe zum geschlossenen Wohnhaus empor, räusperte sich und klopfte an. Es öffnete der Erhabene das Thor. Und König Pasenadi von Kosalo trat in das Wohnhaus ein. Und er fiel dem Erhabenen zu Füßen und bedeckte des Erhabenen Füße mit Küssen und umschlang sie mit den Händen. Und er gab sich zu erkennen:

»Pasenadi bin ich, o Herr, der König von Kosalo, Pasenadi bin ich, o Herr, der König von Kosalo.«

»Was hast du, großer König, für eine Veranlassung diesem Körper da so hohe Huldigung darzubringen, Liebesbeweise zu bezeigen?«

»Es ist mir, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen[189]: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹ Da hab’ ich, o Herr, {495} manche Asketen und Priester gesehn, die eine Zeit lang das Asketenleben führen, zehn Jahre, oder zwanzig Jahre oder dreißig Jahre, oder vierzig Jahre. Später dann leben sie wohlgebadet, wohlgesalbt, mit gepflegtem Haar und Barte, haben sich mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen umgeben.[190] Und wiederum hab’ ich, o Herr, Mönche gesehn, die [S. 506]zeitlebens, bis zum letzten Athemzug das vollkommene, vollendete Asketenleben führen: und nicht hab’ ich, o Herr, noch anderswo als hier ein also vollkommenes, vollendetes Asketenleben kennen lernen. Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: es streiten Könige mit Königen, Fürsten mit Fürsten, Priester mit Priestern, Bürger mit Bürgern, streitet die Mutter mit dem Sohne, der Sohn mit der Mutter, der Vater mit dem Sohne, der Sohn mit dem Vater, streitet Bruder mit Bruder, Bruder mit Schwester, Schwester mit Bruder, Freund mit Freund. Hier aber, o Herr, seh’ ich die Mönche einträchtig, einig, ohne Zwist, mild geworden, wie sie einander sanften Auges betrachten: und nicht hab’ ich, o Herr, noch anderswo als hier eine also einträchtige Versammlung kennen lernen. Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, {496} wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe manchen Hain, manchen Garten betreten, besucht. Und ich habe da oft Asketen und Priester bemerkt, elend, abgezehrt, übel anzuschauen, mit gelblichen Flecken auf der Haut, sehnigen, knorrigen Gliedern, die wohl kein Auge, mein’ ich, fesselten, sie anzusehn. Da ist mir, o Herr, der Gedanke gekommen: ›Gewiss führen diese Ehrwürdigen das Asketenleben ungern; oder aber sie haben irgend eine böse That[S. 507] begangen, die verborgen ist; darum sind sie elend, abgezehrt, übel anzuschauen, mit gelblichen Flecken auf der Haut, sehnigen, knorrigen Gliedern, und wollen kein Auge fesseln, sie anzusehn.‹ Und ich trat an sie heran und sprach also: ›Warum doch seid ihr, Ehrwürdige, elend, abgezehrt, übel anzuschauen, mit gelblichen Flecken auf der Haut, sehnigen, knorrigen Gliedern, so dass ihr wohl kein Auge fesseln mögt, euch anzusehn?‹ Und sie gaben mir zur Antwort: ›Fesseln fehlen uns, großer König.‹ Hier aber, o Herr, seh’ ich die Mönche innig angeregt, hoch erheitert, sie scheinen zufrieden, sind frohsinnig, genügsam, nachgiebig, dehmüthig, mild geworden im Herzen. Da ist mir, o Herr, der Gedanke gekommen: ›Gewiss haben diese Ehrwürdigen, vom Erhabenen gewiesen, ein großes, allmälig gemerktes Ergebniss gefunden; darum sind sie innig angeregt, hoch erheitert, scheinen zufrieden, sind frohsinnig, genugsam, nachgiebig, dehmüthig, mild geworden im Herzen.‹ Da ist mir denn, o Herr, {497} beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich kann als König, als Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, einen zum Tode Verurtheilten hinrichten, oder einen in die Acht zu Erklärenden ächten, oder einen Bannwürdigen bannen lassen. Und während ich, o Herr, zu Gericht sitze kommt es vor, dass Zwischenrede laut wird. Da bitt’ ich vergebens: ›Wollet, ihr Herren, während ich zu Gericht sitze keine Zwischenrede verlauten lassen: die Berathung, meine Herren, sei geschlossen.‹ Aber man lässt mich,[S. 508] o Herr, Zwischenrede vernehmen. Hier aber, o Herr, seh’ ich die Mönche zu einer Zeit wo der Erhabene einer vielhundertköpfigen Schaar die Lehre darlegt; und zu einer solchen Zeit hört man eben bei des Erhabenen Jüngern nicht einmal das Geräusch des Nießens oder Sichräusperns. Eines Tages, o Herr, trug der Erhabene einer vielhundertköpfigen Schaar die Lehre vor. Da ließ einer von des Erhabenen Jüngern ein Räuspern hören. Und einer der Ordensbrüder streifte ihn mit dem Knie an: ›Nicht so laut, Ehrwürdiger, bitte! Möge der Ehrwürdige sich leise verhalten: unser Meister, der Erhabene legt die Lehre dar.‹ Da hab’ ich, o Herr, bei mir gedacht: ›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es, dass man da wirklich ohne Zwang, ohne Gewalt eine Versammlung derart wohlgefügig machen kann!‹ Und nicht hab’ ich, o Herr, noch anderswo als hier eine also wohlgefügige Versammlung kennen lernen. {498} Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe da manche gelehrte Adelige gesehn, feine, erprobte Gegenredner, die Haare zu spalten schienen, die mit ihrem Scharfsinn die schönsten Ansichten, so zu sagen, entzweischnitten. Denen war zu Ohren gekommen: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo wird auf der Wanderung dieses Dorf oder jene Stadt besuchen!‹ Da stellten sie eine Frage zusammen: ›Diese Frage wollen wir dem Asketen Gotamo vorlegen; giebt er uns auf diese Frage diese Antwort, so werden wir ihm auf diese Weise das Wort verdrehn: giebt er[S. 509] uns aber auf diese Frage jene Antwort, so werden wir ihm auf jene Weise das Wort verdrehn.‹ Und sie hörten: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo ist auf der Wanderung in diesem Dorfe oder in jener Stadt angekommen!‹ Und sie begaben sich hin. Und der Erhabene ermunterte, ermuthigte, erregte und erheiterte sie in lehrreichem Gespräche. Und vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert stellten sie dem Erhabenen weder eine Frage, geschweige dass sie ihm das Wort verdrehn wollten, wurden vielmehr des Erhabenen Anhänger. Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe da manche gelehrte Priester, gelehrte Bürger, gelehrte Asketen gesehn, feine, erprobte Gegenredner, die Haare zu spalten schienen, die mit ihrem Scharfsinn die schönsten Ansichten, so zu sagen, entzweischnitten. {499} Denen war zu Ohren gekommen: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo wird auf der Wanderung dieses Dorf oder jene Stadt besuchen!‹ Da stellten sie eine Frage zusammen: ›Diese Frage wollen wir dem Asketen Gotamo vorlegen; giebt er uns auf diese Frage diese Antwort, so werden wir ihm auf diese Weise das Wort verdrehn; giebt er uns aber auf diese Frage jene Antwort, so werden wir ihm auf jene Weise das Wort verdrehn.‹ Und sie hörten: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo ist auf der Wanderung in diesem Dorfe oder in jener Stadt angekommen!‹ Und sie begaben sich hin. Und der Erhabene ermunterte, [S. 510]ermuthigte, erregte und erheiterte sie in lehrreichem Gespräche. Und vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert stellten sie dem Erhabenen weder eine Frage, geschweige dass sie ihm das Wort verdrehn wollten, flehten vielmehr den Erhabenen an, sie in den Orden aufzunehmen. Und der Erhabene nahm sie auf. Und in diesen Orden aufgenommen lebten sie einzeln, abgesondert, ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich. Und in gar kurzer Zeit hatten sie jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. Und sie sprachen: ›Den Verstand mussten wir verloren haben, den Verstand müssen wir wiedergefunden haben![191] Die wir früher nichts weniger als Asketen waren glaubten ›Wir sind Asketen‹, die wir nichts weniger als Heilige waren glaubten ›Wir sind Heilige‹, die wir nichts weniger als Sieger waren glaubten {500} ›Wir sind Sieger‹: jetzt sind wir Asketen, jetzt sind wir Heilige, jetzt sind wir Sieger.‹ Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: Isidatto und Purāṇo, die Kammerherren, die sind meine Diener, meine Werkzeuge: ich geb’ ihnen den Unterhalt, ich fördere ihren Ruhm.[192] Gleichwohl aber bringen sie mir keine solche Huldigung dar wie dem Erhabenen. Eines Tages, o Herr, als ich mit dem Heere ausgezogen war, schlug ich mein Lager mit Isidatto und Purāṇo den Kammerherren in[S. 511] einem kleinen Gehöfte auf, um sie zu erforschen. Und sie brachten, o Herr, einen großen Theil der Nacht in lehrreichem Gespräche zu; dann legten sie sich nieder, das Haupt dorthin gewandt wo sie wußten dass der Erhabene sei, gegen mich die Füße gewandt. Da hab’ ich, o Herr, bei mir gedacht: ›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es! Isidatto und Purāṇo die Kammerherren, die sind meine Diener, meine Werkzeuge: ich geb’ ihnen den Unterhalt, ich fördere ihren Ruhm. Gleichwohl aber bringen sie mir keine solche Huldigung dar wie dem Erhabenen. Gewiss haben diese Ehrwürdigen, vom Erhabenen gewiesen, ein großes, allmälig gemerktes Ergebniss gefunden.‹ Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, {501} wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: der Erhabene ist adelig und auch ich bin adelig, der Erhabene ist ein Kosaler und auch ich bin ein Kosaler, der Erhabene ist achtzig Jahre alt und auch ich bin achtzig Jahre alt. Und weil nun[193], o Herr, der Erhabene adelig ist und auch ich adelig bin, der Erhabene ein Kosaler ist und auch ich ein Kosaler bin, der Erhabene achtzig Jahre alt ist und auch ich achtzig Jahre alt bin, darum steht es mir eben an, o Herr, dem Erhabenen so hohe Huldigung darzubringen, Liebesbeweise zu bezeigen. — Wohlan denn, o Herr, jetzt wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo stand auf von seinem[S. 512] Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Da wandte sich denn der Erhabene, bald nachdem König Pasenadi von Kosalo gegangen, also an die Mönche:

»Dieser König, ihr Mönche, Pasenadi von Kosalo, hat wahre Denkmale gesprochen. Dann ist er aufgestanden und heimgekehrt. Merkt euch, ihr Mönche, die wahren Denkmale, eignet euch, ihr Mönche, die wahren Denkmale an, hütet, ihr Mönche, die wahren Denkmale: heilsam sind, ihr Mönche, die wahren Denkmale, urasketenthümlich.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


90.

Neunter Theil

Zehnte Rede

AM ZWIESELSTEIN

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Uruññā, am Zwieselstein, im Wildgarten.

{502} Um diese Zeit nun war König Pasenadi von Kosalo nach Uruññā gekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und König Pasenadi von Kosalo befahl einem seiner Leute:

»Begieb dich, lieber Mann, zum Erhabenen hin und bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und[S. 513] Wohlsein: ›Der König‹, sage, ›o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›heute, o Herr‹, lässt er sagen, ›wird sich der König nach der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, hierher begeben, den Erhabenen zu besuchen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem Herrscher. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach er dann also zum Erhabenen:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein; und er lässt sagen: heute, o Herr, wird sich der König nach der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, hierher begeben, den Erhabenen zu besuchen.«

Es hatten aber die Schwestern Somā und Sakulā reden hören: ›Heute wird, heißt es, König Pasenadi von Kosalo nach der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, sich hinbegeben, den Erhabenen zu besuchen.‹ Und Somā und Sakulā, die Schwestern, gingen zum König, als er bei Tische war, und sprachen also zu ihm:

{503} »Mögest du, großer König, doch auch unseren Gruß dem Erhabenen zu Füßen darbringen, mit dem Wunsche von Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Somā‹, sage, ›o Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.‹«

[S. 514]

Da begab sich denn König Pasenadi von Kosalo nach der Mahlzeit, als er den Morgenimbiss eingenommen, zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun König Pasenadi von Kosalo zum Erhabenen also:

»Somā, o Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.«

»Aber sage mir, großer König: haben die Schwestern Somā und Sakulā keinen anderen Boten gefunden?«

»Es hatten, o Herr, die Schwestern Somā und Sakulā reden hören: ›Heute wird, heißt es, König Pasenadi von Kosalo nach der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, sich hinbegeben, den Erhabenen zu besuchen.‹ Und Somā, o Herr, und Sakulā, die Schwestern, kamen zu mir, als ich bei Tische war, und sprachen also zu mir: ›Mögest du, großer König, doch auch unseren Gruß dem Erhabenen zu Füßen darbringen, mit dem Wunsche von Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Somā‹, sage, ›o Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.‹«

{504} »Wohlergehn, großer König, soll es Somā und Sakulā den Schwestern!«

Nun wandte sich König Pasenadi von Kosalo also an den Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Der Asket Gotamo behauptet: ‚Es giebt keinen Asketen oder Priester, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennen kann: das ist unmöglich.‘‹ Die da [S. 515]solches, o Herr, gesagt haben, haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen Worte gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

»Die da, großer König, solches gesagt haben: ›Der Asket Gotamo behauptet: ‚Es giebt keinen Asketen oder Priester, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennen kann: das ist unmöglich‘‹, die haben nicht meine Worte gebraucht und haben mich ohne Grund und mit Unrecht angeführt.«

Auf diesen Bescheid wandte sich König Pasenadi von Kosalo nach Viḍūḍabho, dem Feldherrn, um und fragte ihn:

»Wer hat denn wohl, Feldherr, dieses Gerede bei Hof in Umlauf gebracht?«

»Sañjayo, großer König, der Brāhmane, der Ākāser.«[194]

Da befahl König Pasenadi von Kosalo einem seiner Leute:

{505} »Geh’, lieber Mann, und rufe mir Sañjayo den Brāhmanen, den Ākāser, her: ›Der König‹, sage, ›o Herr, Pasenadi von Kosalo, lässt dich rufen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem Herrscher. Und er begab sich dorthin wo Sañjayo der Brāhmane, der Ākāser, weilte; und er sprach also zu ihm:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, lässt dich rufen.«

Nun wandte sich König Pasenadi von Kosalo also an den Erhabenen:

[S. 516]

»Vielleicht hat es, o Herr, der Erhabene auf irgend eine andere Weise gemeint, und die Leute haben es wiederum anders aufgenommen. In welchem Sinne gesteht wohl, o Herr, der Erhabene zu, den Ausspruch gethan zu haben?«

»Also gesteh’ ich, großer König, zu, den Ausspruch gethan zu haben: ›Es giebt keinen Asketen oder Priester, der auf einmal alles wissen, alles verstehn kann: das ist unmöglich.‹«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat, wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat: ›Es giebt keinen Asketen oder Priester, der auf einmal alles wissen, alles verstehn kann: das ist unmöglich.‹ — Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Kann man da nun, o Herr, bei diesen vier Kasten eine Besonderheit, einen Unterschied aufstellen?«

»Vier giebt es, großer König, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Da sind, großer König, von diesen vier Kasten zwei als die oberen anerkannt, Krieger und Priester, was Begrüßung, Aufmerksamkeit, Ehrfurcht und Achtung angeht.«

{506} »Nicht frag’ ich, o Herr, den Erhabenen um das äußere Verhältnis: um das innere, o Herr, frag’ ich den Erhabenen. Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Kann man da nun, o Herr, bei diesen vier Kasten eine Besonderheit, einen Unterschied aufstellen?«

»Fünf giebt es, großer König, der Kampfeseigenschaften: welche fünf? Da hat, großer König, ein Mönch Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so[S. 517] zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Rüstig ist er und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß, den mittleren Kampf zu bestehn. Ehrlich ist er und offen und giebt sich der Wahrheit gemäß dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern zu erkennen. Muth hat er und Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht auf. Witzig ist er, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt. Das sind, großer König, die fünf Kampfeseigenschaften. Vier giebt es, großer König, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Und sind sie, großer König, mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt, so gereicht es ihnen lange zum Wohle, zum Heile.«

»Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Und sind sie, o Herr, mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt, kann man da noch bei ihnen, o Herr, von einer Besonderheit, von einem Unterschied reden?«

»Das kommt, sag’ ich, großer König, auf die Art und Weise an, wie sie kämpfen. {507} Gleichwie etwa, großer König, wenn da zwei Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere wären, wohlgebändigt, wohlabgerichtet, und zwei Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere, ungebändigt, unabgerichtet; was bedünkt dich,[S. 518] großer König: jene zwei Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere, die wohlgebändigten, wohlabgerichteten, würden nun diese als Gebändigte thun was Gebändigten taugt, als Gebändigte ausführen was Gebändigten obliegt?«

»Freilich, o Herr!«

»Aber die anderen beiden Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere, die nicht gebändigt, nicht abgerichtet sind, würden etwa diese als Ungebändigte thun was Gebändigten taugt, als Ungebändigte ausführen was Gebändigten obliegt, gleichwie jene beiden Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere, die wohlgebändigt, wohlabgerichtet sind?«

»Das nicht, o Herr!«

»Ebenso nun auch, großer König, etwa vermeinen, was da einer durch Zutrauen, Rüstigkeit, ehrliche Offenheit, Tapferkeit, Weisheit erreichen kann, kann ein anderer auch ohne Zutrauen, kränklich, listig, gleißnerisch, feig, ungewitzigt erreichen: das ist unmöglich.«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat, wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat. — Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Und sind sie, o Herr, mit den fünf Kampfeseigenschaften begabt, und bestehn sie die gewaltigen Kämpfe, kann man da noch bei diesen, o Herr, von einer Besonderheit, von einem Unterschied reden?«

»Da kann, sag’ ich, großer König, bei ihnen von einem Unterschied nicht mehr die Rede sein, Erlösung gegenüber Erlösung. Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann trockenes Eichenholz nähme, {508} Feuer erweckte, [S. 519] Licht hervorbrächte; und ein anderer Mann trockenes Sālholz nähme, Feuer erweckte, Licht hervorbrächte; und ein anderer Mann trockenes Mangoholz nähme, Feuer erweckte, Licht hervorbrächte; und ein anderer Mann trockenes Feigenholz nähme, Feuer erweckte, Licht hervorbrächte; was bedünkt dich, großer König: bestände da wohl unter diesen Feuern, aus verschiedenem Holze erweckt, irgend ein Unterschied zwischen Flamme und Flamme, Glanz und Glanz, Schein und Schein?«

»Das nicht, o Herr!«

»Ebenso nun auch, großer König, wie das Licht durch Kraft entzündet, im Kampfe erzeugt wird, sag’ ich, giebt es da keinen Unterschied mehr, Erlösung Erlösung gegenüber.«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat, wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat. — Wie aber, o Herr: giebt es Götter?«

»Warum denn, großer König, sprichst du also: ›Wie aber, o Herr: giebt es Götter?‹«

»Ich frage, ob die Götter, o Herr, wiederkehren zu dieser Welt, oder ob sie nicht mehr wiederkehren.«

»Götter, großer König, die zugewandt sind, kehren wieder zu dieser Welt: Götter, die abgewandt sind, kehren nicht mehr wieder.«[195]

Auf diese Worte wandte sich Viḍūḍabho der Feldherr also an den Erhabenen:

»Und können, o Herr, die Götter, die zugewandt zu dieser Welt wiederkehren, jene abgewandten Götter, die nicht mehr wiederkehren, von ihrem Orte verjagen und verbannen?«

Da kam nun dem ehrwürdigen Ānando der Gedanke[S. 520] in den Sinn: ›Dieser Feldherr Viḍūḍabho ist der Sohn König Pasenadis von Kosalo, {509} und ich bin der Sohn des Erhabenen: jetzt schickt es sich, dass der Sohn den Sohn belehre.‹ Und der ehrwürdige Ānando wandte sich also an Viḍūḍabho den Feldherrn:

»Da will ich dir nun, Feldherr, eben hierüber eine Frage stellen: wie’s dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Feldherr: soweit das Gebiet König Pasenadis von Kosalo reicht, wo König Pasenadi von Kosalo die Herrschaft und Obermacht königlich ausübt, vermag da der König einen Asketen oder einen Priester, einen guten oder einen schlechten, einen ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu verbannen?«

»Soweit, Herr, das Gebiet König Pasenadis von Kosalo reicht, wo König Pasenadi von Kosalo die Herrschaft und Obermacht königlich ausübt, da vermag der König einen Asketen oder einen Priester, einen guten oder einen schlechten, einen ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu verbannen.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: wo das Gebiet König Pasenadis von Kosalo aufhört, wo König Pasenadi von Kosalo keine Herrschaft und Obermacht königlich ausübt, vermag da der König einen Asketen oder einen Priester, einen guten oder einen schlechten, einen ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu verbannen?«

»Wo, Herr, das Gebiet König Pasenadis von Kosalo aufhört, wo König Pasenadi von Kosalo keine Herrschaft und Obermacht königlich ausübt, nicht vermag da der König einen Asketen oder einen Priester, {510} einen guten [S. 521] oder einen schlechten, einen ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu verbannen.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: hast du von den Dreiunddreißig Göttern gehört?«

»Gewiss, Herr, ich habe von den Dreiunddreißig Göttern gehört: und auch Herr Pasenadi hier, der König von Kosalo, hat von ihnen gehört.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: vermag der König die Dreiunddreißig Götter von ihrem Orte zu verjagen, zu verbannen?«

»Nicht einmal sehn, Herr, kann der König die Dreiunddreißig Götter, geschweige denn dass er vermöchte, sie von ihrem Orte zu verjagen, zu verbannen!«

»Ebenso nun auch, Feldherr, können die Götter, die zugewandt zu dieser Welt wiederkehren, jene abgewandten Götter, die nicht mehr wiederkehren, nicht einmal sehn, geschweige denn dass sie vermöchten, sie von ihrem Orte zu verjagen, zu verbannen.«

Da wandte sich nun König Pasenadi von Kosalo an den Erhabenen und sprach:

»Wie heißt, o Herr, dieser Mönch?«

»Ānando heißt er, großer König.«

»Ānando also: wahrlich, wie Ānando sieht er aus![196] Begründet ist, o Herr, was der ehrwürdige Ānando gesagt hat, wohlbegründet ist, o Herr, was der ehrwürdige Ānando gesagt hat. — Wie aber, o Herr: giebt es einen Brahmā?«

»Warum denn, großer König, sprichst du also: ›Wie aber, o Herr: giebt es einen Brahmā?‹«

»Ich frage, ob ein Brahmā, o Herr, wiederkehrt zu dieser Welt, oder ob er nicht mehr wiederkehrt.«

[S. 522]

»Ein Brahmā, großer König, der zugewandt ist, kehrt wieder zu dieser Welt: {511} ein Brahmā, der abgewandt ist, kehrt nicht mehr wieder.«

Da trat einer der Leute an den König heran und sprach also zu ihm:

»Sañjayo, großer König, der Brāhmane, der Ākāser, ist gekommen.«

Und König Pasenadi von Kosalo wandte sich also an Sañjayo den Brāhmanen, den Ākāser:

»Wer hat denn wohl, Brāhmane, jenes Gerede bei Hof in Umlauf gebracht?«

»Viḍūḍabho, großer König, der Feldherr.«

»Viḍūḍabho der Feldherr, der sagte: ›Sañjayo, großer König, der Brāhmane, der Ākāser.‹«

Hier brachte einer der Leute dem König die Meldung:

»Die Wagen stehn bereit, großer König.«

Und König Pasenadi von Kosalo sprach nun zum Erhabenen also:

»Ueber die Allwissenheit haben wir, o Herr, den Erhabenen befragt: und die Allwissenheit hat uns der Erhabene erklärt: und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Ueber die Reinheit der vier Kasten haben wir, o Herr, den Erhabenen befragt: und die Reinheit der vier Kasten hat uns der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Ueber die Götter haben wir, o Herr, den Erhabenen befragt: und die Götter hat uns der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Ueber den Brahmā haben wir, o Herr, den Erhabenen befragt: und den Brahmā hat uns der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und[S. 523] wir sind es zufrieden. Ueber was wir eben auch den Erhabenen befragt haben, das hat uns eben auch der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. {512} — Wohlan denn, o Herr, jetzt wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«


Und König Pasenadi von Kosalo, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.[197]



[S. 525]

ZEHNTER THEIL
BUCH DER PRIESTER



[S. 527]

91.

Zehnter Theil

Erste Rede

BRAHMĀYU

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Videher-Lande von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet, einer Schaar von fünfhundert Mönchen.

Um diese Zeit nun weilte Brahmāyu der Priester zu Mithilā, alt und greis, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im hundertzwanzigsten Lebensjahre[198], ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies. Und es hörte Brahmāyu der Priester reden: ›Der Asket, wahrlich, {513} Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert im Videher-Lande von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet, einer Schaar von fünfhundert Mönchen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit[S. 528] ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Damals nun hatte Brahmāyu der Priester einen jungen Brāhmanen als Schüler bei sich, Uttaro mit Namen, der ebenso gelehrt wie er selbst war. Und Brahmāyu der Priester wandte sich also an Uttaro den jungen Brāhmanen:

{514} »Komm’, lieber Uttaro, und geh’ zum Asketen Gotamo hin und erforsche den Asketen Gotamo, ob er wirklich so ist, wie ihn der Ruf begrüßt, oder nicht so ist; und ob da Herr Gotamo solche Art hat, oder nicht hat: durch dich wollen wir ihn, den Herrn Gotamo, kennen lernen.«

»Auf welche Weise aber, Herr, soll ich ihn, den Herrn Gotamo, erforschen, ob Herr Gotamo wirklich so ist, wie ihn der Ruf begrüßt, oder nicht so ist; und ob da Herr Gotamo solche Art hat, oder nicht hat?«

»Es werden, lieber Uttaro, in unseren Sprüchen zweiunddreißig Merkmale eines großen Mannes genannt, mit denen begabt ein solcher nur zwei Bahnen betreten kann, keine dritte. Wenn er im Hause bleibt, wird er König werden, Kaiser, ein gerechter und wahrer Herrscher[199], ein Sieger bis zur Mark der See, der seinem Reiche Sicherheit schafft, mit sieben Juwelen begabt ist. Das aber sind seine sieben Juwelen, und zwar: das beste[S. 529] Land, der beste Elephant, das beste Ross, die beste Perle, das beste Weib, der beste Bürger, und siebentens der beste Staatsmann. Und er wird über tausend Söhne haben, tapfer, heldensam, Zerstörer der feindlichen Heere. So wird er diese Erde bis zum Ozean hin, ohne Stock und ohne Stahl gerecht obsiegend, beherrschen. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, wird er heilig werden, vollkommen auferwacht, der Welt den Schleier hinwegnehmen. Wohl hab’ ich dir schon, lieber Uttaro, {515} die Sprüche gesagt, und du hast sie bei dir behalten.«

»Ja, Herr!« entgegnete da Uttaro der junge Brāhmane, Brahmāyu dem Priester zustimmend. Und er erhob sich von seinem Sitze, bot ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und begab sich nach Videhā, auf die Wanderung zum Erhabenen hin. Von Ort zu Ort wandernd kam er dorthin wo der Erhabene weilte. Und er tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend gedachte nun Uttaro der junge Brāhmane bei sich[200]: ›Begabt ist der Asket Gotamo mit den zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes; wie, wenn ich nun dem Asketen Gotamo nachfolgte, um sein Betragen kennen zu lernen?‹ {516} Und Uttaro der junge Brāhmane folgte dem Erhabenen sieben Monate nach, dem untrennbaren Schatten gleich.

Als nun sieben Monate um waren kehrte Uttaro der junge Brāhmane von Videhā wieder nach Mithilā zurück. Von Ort zu Ort wandernd kam er dorthin wo Brahmāyu der Priester weilte. Dort angelangt bot er ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich zur Seite nieder. Und an[S. 530] Uttaro, der da zur Seite saß, wandte sich nun Brahmāyu der Priester also:

»Ist denn, lieber Uttaro, der Herr Gotamo wirklich so, wie ihn der Ruf begrüßt, oder ist er nicht so? Und hat er, der Herr Gotamo, solche Art und keine andere?«

»Wie er eben wirklich ist, Herr, begrüßt Herrn Gotamo der Ruf, nicht anders; und solche Art hat er, der Herr Gotamo, und keine andere. Begabt ist Herr Gotamo mit den zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes. Wohlgefestet sind die Füße des Herrn Gotamo: und das ist eben eines der Merkmale eines großen Mannes, das Herrn Gotamo eignet. Unten sind bei Herrn Gotamo, an den Sohlen der Füße, Räder zu sehn, mit tausend Speichen, mit Felge und Nabe und allen Abzeichen geziert.[201] Schmal ist die Ferse des Herrn Gotamo, lang sind die Zehen. Sanft und zart sind Hände und Füße des Herrn Gotamo. Die Bindehaut zwischen Fingern und Zehen ist breit geschweift wie ein Netz. Muschelwölbig ist der Rist. Gazellenbeinig ist Herr Gotamo[202]; {517} stehend kann Herr Gotamo, ohne sich zu beugen, mit beiden Handflächen die Kniee befühlen und berühren.[203] In der Vorhaut verborgen ist das Schaamglied.[204] Gülden leuchtet der Körper des Herrn Gotamo, wie Gold erglänzt seine Haut. Sie ist geschmeidig, so geschmeidig, dass kein Staub und Schmutz daran haften bleibt. Einzelflaumig ist Herr Gotamo, je einzeln ist das Flaumhaar in der Pore gewachsen. Nach oben gerichtet ist der Flaum des Herrn Gotamo, die Flaumhaare sind nach oben gewachsen. Schwarz wie Augenschminke, wie Ringe geringelt, rechts herum sind sie gedreht. Heilig erhaben ragt Herr [S. 531]Gotamo empor, ist gar heiter anzuschauen.[205] Wie beim Löwen ist der Vorderleib des Herrn Gotamo, mit der breiten Brust. Eine Klafter hoch ist Herr Gotamo; seine Körperlänge entspricht seiner Armweite: seine Armweite entspricht seiner Körperlänge. Gleichgeformte Schultern hat Herr Gotamo. Mächtige Ohrmuscheln hat Herr Gotamo[206]. Ein Löwenkinn hat Herr Gotamo. Alle Zähne hat Herr Gotamo[207]; gleichmäßig gefügt, nicht auseinanderstehend, glänzend weiß ist das Gebiss. Gewaltig ist die Zunge des Herrn Gotamo. Heilig tönt seine Stimme, wie Waldvogelsang. Tiefschwarz sind die Augen des Herrn Gotamo; die Wimpern wie beim Rinde. {518} Eine Flocke ist Herrn Gotamo zwischen den Brauen gewachsen, weiß und weich wie Baumwolle.[208] Einen Scheitelkamm hat Herr Gotamo: und auch das ist eines der Merkmale eines großen Mannes, das Herrn Gotamo eignet. Das sind, Herr, die zweiunddreißig Merkmale eines großen Mannes, mit denen Herr Gotamo begabt ist.[209]

»Im Gange schreitet Herr Gotamo mit dem rechten Fuße voran. Er macht keine zu großen, macht keine zu kleinen Schritte. Er geht nicht zu schnell, geht nicht zu langsam. Beim Gehn stößt er nicht mit den Waden[210], nicht mit den Knöcheln aneinander; er dreht die Schenkel nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts. Während Herr Gotamo hinschreitet ist sein Körper gerade gerichtet, schwankt nicht[211], tritt nicht mit Leibeswucht auf. Beim Umblicken blickt Herr Gotamo mit dem ganzen Körper um. Er schaut nicht hinauf, er schaut nicht herab, lässt die Blicke nicht hin- und herschweifen, er blickt vier Spannen weit vor sich[212]:[S. 532] so hat er höhere, unbehinderte Wissensklarheit gewonnen.

»Beim Betreten eines Hauses dreht er den Körper nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts. Nicht zu ferne, nicht zu nahe tritt er an den Stuhl heran, ohne ihn mit der Hand anzufassen nimmt er Platz, er lässt sich nicht jählig nieder. Und hat er im Hause Platz genommen, so macht er keine unnütze Handbewegung, keine unnütze Fußbewegung. Er sitzt da und hat nicht Wade über Wade geschlagen, {519} nicht Knöchel über Knöchel geschlagen, nicht das Kinn in die Hand gestützt. Im Hause hat er sich niedergesetzt und bangt und bebt nicht und zittert und zagt nicht: ohne Bangen und Beben, ohne Zittern und Zagen, frei von Angst, mit Einsicht umgethan, nimmt Herr Gotamo Platz im Hause.

»Nimmt er Wasser in der Almosenschaale entgegen, so dreht er die Schaale nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts, er lässt sich das Wasser eingießen, nicht zu wenig, nicht zu viel. Er wäscht die Schaale aus ohne zu plätschern, ohne sie umzustülpen, er stellt sie nicht auf den Boden um sich die Hände zu waschen; indem er die Schaale wäscht wäscht er die Hände: indem er die Hände wäscht wäscht er die Schaale. Dann gießt er das Wasser weg, nicht zu ferne, nicht zu nahe, verspritzt es nicht.

»Nimmt er den Reisbrei entgegen, so dreht er die Schaale nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts, er lässt sich den Reisbrei einfüllen, nicht zu wenig, nicht zu viel. Die Brühe aber nimmt Herr Gotamo nur als Brühe hinzu und taucht den Bissen nicht[S. 533] mehr als nöthig ein. Zwei- bis dreimal lässt Herr Gotamo den Bissen im Munde herumgehn bevor er ihn verschlingt, so dass kein Reiskorn unzerkaut in den Magen gelangt, so dass kein Reiskorn im Munde zurückbleibt: dann nimmt er den nächsten Bissen auf. Den Geschmack empfindet Herr Gotamo indem er die Nahrung einnimmt, aber er genießt ihn nicht. Achtfach ausgezeichnet ist die Nahrung, {520} die Herr Gotamo einnimmt, nicht zur Letzung noch Ergetzung, nicht zur Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu erhalten, zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges Leben führen zu können: ›So werd’ ich das frühere Gefühl abtödten und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen, und ich werde ein Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl befinden.‹

»Nimmt er, nach dem Mahle, Wasser in der Almosenschaale entgegen, so dreht er die Schaale nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts, er lässt sich das Wasser eingießen, nicht zu wenig, nicht zu viel. Er wäscht die Schaale aus ohne zu plätschern, ohne sie umzustülpen, er stellt sie nicht auf den Boden um sich die Hände zu waschen; indem er die Schaale wäscht wäscht er die Hände: indem er die Hände wäscht wäscht er die Schaale. Dann gießt er das Wasser weg, nicht zu ferne, nicht zu nahe, verspritzt es nicht. Er stellt die Schaale, wann er gespeist, nicht gleich auf den Boden hin[213], nicht zu ferne, nicht zu nahe, er hebt sie nicht unnöthig auf, behält sie auch nicht zu lange.

»Nach dem Mahle sitzt er eine Weile schweigsam da; doch nicht zu lange lässt er sich genügen. Es genügt ihm, dass er gespeist hat; weder tadelt er das Mahl noch[S. 534] verlangt er wiederum: vielmehr ermuntert er nun die Umsitzenden in lehrreichem Gespräche, ermuthigt sie, erregt und erheitert sie. Und hat er die Umsitzenden in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, so steht er von seinem Sitze auf und geht fort. Er geht nicht zu schnell, geht nicht zu langsam, und geht nicht als ob er sich fortschleichen wollte.

{521} »Und des Herrn Gotamo Gewand ist nicht zu hoch geschürzt und nicht zu tief geschürzt, es liegt am Körper nicht zu knapp und nicht zu lose an; und es wird Herrn Gotamo vom Wind nicht aufgeweht, und nicht bleibt Herrn Gotamo am Körper Staub und Schmutz haften.

»Er sucht den Waldhain auf und sitzt an einem geeigneten Orte nieder. Dann spült er die Füße ab, nicht aber lässt sich Herr Gotamo der Füße Schmuckheit angelegen sein. Hat er die Füße abgespült, so setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er denkt weder zu eigener Beschwer, noch zu des Nächsten Beschwer, noch zu beider Beschwer: sich selber zum Wohle, dem Nächsten zum Wohle, beiden zum Wohle, der ganzen Welt zum Wohle denkend sitzt Herr Gotamo da.

»Er weilt im Waldhaine, und legt den Leuten die Lehre dar, redet ihnen nicht zu, redet ihnen nicht ab, ermuntert sie vielmehr in lehrreichem Gespräche, ermuthigt sie, erregt und erheitert sie. Achtfach ausgezeichnet ist die Stimme, die aus dem Munde des Herrn Gotamo hervorgeht: deutlich und verständlich, angenehm und ansprechend, gebunden, nicht gebrochen, tief und volltönig. Wie da Herr Gotamo in einer Versammlung zu sprechen pflegt, geht der Klang seiner Stimme nicht[S. 535] über die Versammlung hinaus. Und sind die Versammelten von Herrn Gotamo in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert worden, so stehn sie von ihren Sitzen auf und entfernen sich indem sie sich umwenden, {522} nur ungern Abschied nehmen.[214]

»Gesehn haben wir, Herr, den Herrn Gotamo gehn, gesehn stillestehn, gesehn in das Haus eintreten[215], gesehn im Hause schweigsam sitzen, gesehn im Hause Nahrung einnehmen, gesehn nach dem Mahle schweigsam sitzen, gesehn nach dem Mahle freundlich sein, gesehn zum Waldhaine schreiten, gesehn im Waldhaine schweigsam sitzen, gesehn im Waldhaine den Leuten die Lehre darlegen. Also und also ist er, der Herr Gotamo: und noch mehr als das.«

Als Brahmāyu der Priester diesen Bericht vernommen erhob er sich von seinem Sitze, entblößte eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach der Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ dann dreimal den Gruß ertönen:

»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!

»O dass wir doch einmal Gelegenheit hätten, mit Ihm, mit Herrn Gotamo zusammenzutreffen, dass doch irgend eine Unterredung zwischen uns stattfände!«

[S. 536]

Und der Erhabene zog im Videher-Lande von Ort zu Ort weiter und kam allmälig nach Mithilā.

Zu Mithilā weilte nun der Erhabene, im Mangohaine Makhadevos.

Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Mithilā reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen, einer Schaar von fünfhundert Mönchen in Mithilā angekommen, weilt bei Mithilā, im Mangohaine Makhadevos. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, {523} der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Mithilā begaben sich nun dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite[S. 537] nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder.

Brahmāyu der Priester aber hörte reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, ist in Mithilā angekommen, weilt bei Mithilā, im Mangohaine Makhadevos.‹ Und Brahmāyu der Priester begab sich mit einer großen Schaar seiner Schüler zum Mangohaine Makhadevos hin. Da nun gedachte Brahmāyu der Priester, nicht ferne vom Mangohain: ›Das steht mir nicht an, dass ich ohne vorher gemeldet zu sein den Asketen Gotamo besuchen ginge.‹ Und Brahmāyu der Priester wandte sich an einen seiner Jünger:

{524} »Geh’, lieber Knabe, und begieb dich zum Asketen Gotamo hin und wünsche in meinem Namen dem Asketen Gotamo Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Brahmāyu‹, sage, ›o Gotamo, der Priester, wünscht Herrn Gotamo Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, ist alt und greis, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im hundertzwanzigsten Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. So viel auch, Herr, der brāhmanischen Hausleute zu Mithilā wohnen, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Reichthum anlangt, der[S. 538] Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Wissen anlangt, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Alter und Berühmtheit anlangt. Der möchte Herrn Gotamo aufsuchen.‹«

»Schön, Herr!« entgegnete da gehorsam jener Jünger Brahmāyu dem Priester. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun jener Jünger zum Erhabenen also:

»Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, wünscht Herrn Gotamo Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, ist alt und greis, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im hundertzwanzigsten Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, {525} sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. So viel auch, Herr, der brāhmanischen Hausleute zu Mithilā wohnen, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Reichthum anlangt, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Wissen anlangt, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Alter und Berühmtheit anlangt. Der möchte Herrn Gotamo aufsuchen.«

»Wie es nun, Knabe, Brahmāyu dem Priester belieben mag.«

Da begab sich denn jener Jünger zu Brahmāyu dem Priester zurück und sprach also zu ihm:

»Angenommen ist der Herr vom Asketen Gotamo: wie es nun dem Herrn belieben mag.«

[S. 539]

Und Brahmāyu der Priester begab sich zum Erhabenen hin. Und die Leute dort sahn Brahmāyu den Priester von ferne herankommen, und als sie ihn gesehn machten sie ihm von beiden Seiten Platz, als einem so angesehnen, berühmten Manne. Aber Brahmāyu der Priester sprach also zu ihnen:

»Schon gut, Liebe, bleibt auf eueren Sitzen: ich werde mich hier nahe beim Asketen Gotamo niederlassen.«

Und Brahmāyu der Priester schritt zum Erhabenen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend gedachte nun Brahmāyu der Priester bei sich[216]: {527} ›Angenommen hat mich der Asket Gotamo: was soll ich wohl den Asketen Gotamo fragen, über ein äußeres Verhältniss oder ein inneres?‹ Und Brahmāyu der Priester sagte zu sich: ›Ich kenne die äußeren Verhältnisse, und die Leute fragen mich bei solchen Dingen um Rath; wie, wenn ich nun den Asketen Gotamo eben um ein inneres Verhältniss befragte?‹ Und Brahmāyu der Priester wandte sich an den Erhabenen mit den Sprüchen:

»Wie kann man wohl ein Priester sein
Und Vedenmeister, sag’ es mir,
Drei Wissen, Herr, wie hegt man die,
Und was bedeutet ausgelernt?
»Geheiligt leben, kann man das,
Vollkommensein erkämpfen wie,
Wer ist es, der alleinig west,
Und auferwacht, wen heißt man so?«

[S. 540]

Und der Erhabene wandte sich wieder an Brahmāyu den Priester mit den Sprüchen:

»Vergangen Dasein, wer das kennt,
So Unterwelt wie Oberwelt,
{528}
Und die Geburten hat versiegt,
Alleinig durch die Dinge schaut,
»Und wer das Herz geläutert weiß,
Von allem Hangen abgelöst,
Geburtenheil und grabesheil,
Asketenhaft vollkommen ist,
Als Ueberwinder aller Art:
Den Auferwachten heißt man ihn.«

Also beschieden erhob sich Brahmāyu der Priester von seinem Sitze, entblößte eine Schulter, fiel dem Erhabenen zu Füßen und bedeckte des Erhabenen Füße mit Küssen und umschlang sie mit den Händen. Und er nannte seinen Namen:

»Brahmāyu bin ich, o Gotamo, der Priester.«

Da wurden die Umsitzenden durch den außerordentlichen, wunderbaren Vorgang im Innersten getroffen: ›Außerordentlich, o, wunderbar, ach, ist die mächtige Kraft, die mächtige Gewalt des Asketen! Dass da sogar dieser berühmte, gepriesene Priester Brahmāyu eine so hohe Huldigung darbringen mag!‹ Doch der Erhabene wandte sich also an Brahmāyu den Priester:

»Genug, Brāhmane, steh’ auf, setze dich wieder hin, da dein Herz mir so zugethan ist.«

Und Brahmāyu der Priester stand auf und setzte sich wieder hin. Und der Erhabene führte nun [S. 541]Brahmāyu den Priester allmälig in das Gespräch ein, sprach erst mit ihm vom Geben, von der Tugend, von säliger Welt, machte des Begehrens Elend, Ungemach, Trübsal, und der Entsagung Vorzüglichkeit offenbar. Als der Erhabene merkte, dass Brahmāyu der Priester im Herzen bereitsam, geschmeidig, unbehindert, aufgerichtet, heiter geworden war, da gab er die Darlegung jener Lehre, die den Erwachten eigenthümlich ist: das Leiden, die Entwicklung, die Auflösung, den Weg.

{529} Gleichwie etwa ein reines Kleid, von Flecken gesäubert, vollkommen die Färbung annehmen mag, ebenso auch ging da Brahmāyu dem Priester, während er noch da saß, das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

›Was irgend auch entstanden ist
Muss alles wieder untergehn.‹

Und Brahmāyu der Priester, der die Wahrheit gesehn, die Wahrheit gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet hatte, zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiss, auf keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte sich nun an den Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, wenn einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar manigfach gezeigt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo [S. 542]betrachten, von heute an zeitlebens getreu. Und möge mir Herr Gotamo die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Brahmāyu der Priester der Zustimmung des Erhabenen sicher war, stand er von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und Brahmāyu der Priester ließ am nächsten Morgen in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.‹ {530} Und der Erhabene rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich zur Wohnung Brahmāyu des Priesters. Dort angekommen nahm der Erhabene mit den Mönchen auf den dargebotenen Sitzen Platz. Und Brahmāyu der Priester bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine Jünger eine Woche lang mit ausgewählter fester und flüssiger Speise. Und als die Woche um war zog der Erhabene wieder im Videher-Lande weiter.

Bald aber, nachdem der Erhabene von dannen gezogen, starb Brahmāyu der Priester.

Da begaben sich denn viele Mönche zum Erhabenen hin, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprachen nun diese Mönche zum Erhabenen also:

»Brahmāyu, o Herr, der Priester, ist gestorben. Wo ist er jetzt, was ist aus ihm geworden?«

»Weise, ihr Mönche, ist Brahmāyu der Priester gewesen, nachgefolgt ist er der Lehre gelehrig, und nicht[S. 543] hat er an meiner Belehrung Anstoß genommen. Brahmāyu, ihr Mönche, der Priester, ist nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.[217]


92.

Zehnter Theil

Zweite Rede

SELO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande der Aṉguttarāper von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet, mit einer Schaar von zwölfhundertfünfzig Mönchen[218], und kam nach Āpaṇam, einer Burg im Gebiete der Aṉguttarāper. {531} Da hörte denn Keṇiyo der Flechtenträger[219] reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen, mit einer Schar von zwölfhundertfünfzig Mönchen, in Āpaṇam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.[S. 544] Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹ Keṇiyo der Flechtenträger begab sich aber dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Keṇiyo den Flechtenträger, der da seitwärts saß, ermunterte der Erhabene in lehrreichem Gespräche, ermuthigte, erregte und erheiterte ihn. Und Keṇiyo der Flechtenträger, vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, wandte sich nun an den Erhabenen also:

»Gewähre mir Herr Gotamo die Bitte, morgen mit den Mönchen bei mir zu speisen!«

Also eingeladen sagte der Erhabene zu Keṇiyo dem Flechtenträger:

»Groß ist, Keṇiyo, die Schaar der Mönche, zwölfhundertfünfzig Mönche: du aber bist den Priestern ergeben.«

{532} Zum zweiten Male wandte sich da Keṇiyo der Flechtenträger also an den Erhabenen, und zum zweiten Male sprach der Erhabene also zu ihm. Und zum dritten Male wandte sich Keṇiyo der Flechtenträger also an den Erhabenen:

»Wenn auch, o Gotamo, die Schaar der Mönche groß ist, es zwölfhundertfünfzig Mönche sind, und ich den[S. 545] Priestern ergeben bin, möge mir dennoch Herr Gotamo die Bitte gewähren und morgen mit den Mönchen bei mir speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Keṇiyo der Flechtenträger der Zustimmung des Erhabenen gewiss war, stand er von seinem Sitze auf und begab sich nach seiner Klause zurück. Dann rief er seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern herbei:

»Hört mich, liebe Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Der Asket Gotamo ist von mir geladen, für morgen zum Mahle, mitsammt den Mönchen: wollt {533} mir also eure Dienste leihen!«

»Gern, Herr!« erwiderten da Keṇiyo dem Flechtenträger die Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern. Und einige bestellten die Feuerherde, andere spalteten Holz, einige wieder wuschen das Geschirr, und wieder andere brachten den Wassereimer herbei, und noch andere rückten die Stühle zurecht. Keṇiyo aber der Flechtenträger ordnete selber die Tafel an.

Um diese Zeit nun lebte der Priester Selo zu Āpaṇam, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies. Der ließ eine Schaar von dreihundert Schülern die Sprüche bei sich erlernen. Keṇiyo der Flechtenträger aber war Selo dem Priester damals von Herzen zugethan.

Da begab sich denn Selo der Priester, von den dreihundert Schülern begleitet, auf einem Spaziergange lustwandelnd, zur Klause Keṇiyo des Flechtenträgers hin.[S. 546] Und er sah da wie einige Leute Feuerherde bestellten, andere Holz spalteten, einige wieder Geschirr wuschen, und wieder andere einen Wassereimer herbeibrachten, und noch andere Stühle zurecht rückten, während Keṇiyo selbst, der Flechtenträger, die Tafel anordnete. Wie er das gesehn sprach er also zu ihm:

»Wird da wohl bei Herrn Keṇiyo Tochterhochzeit oder Sohneshochzeit gehalten, oder wird ein großes Opfer vorbereitet, oder ist der König von Magadhā, Seniyo Bimbisāro für morgen zum Mahle geladen, {534} mitsammt seinem Heerbann?«

»Nein, o Selo, keine Tochterhochzeit und keine Sohneshochzeit wird bei mir gehalten, und nicht ist der König von Magadhā, Seniyo Bimbisāro für morgen zum Mahle geladen mitsammt seinem Heerbann: aber ein großes Opfer wird von mir vorbereitet. Der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, zieht hierzulande von Ort zu Ort, von vielen Mönchen gefolgt, mit einer Schaar von zwölfhundertfünfzig Mönchen, und ist in Āpaṇam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Er ist von mir für morgen zum Mahle geladen, mitsammt den Mönchen.«

»Der Erwachte, o Keṇiyo, sagst du?«

»Der Erwachte, o Selo, sag’ ich.«

»Der Erwachte, o Keṇiyo, sagst du?«

[S. 547]

»Der Erwachte, o Selo, sag’ ich.«

Da gedachte nun Selo der Priester: ›Das ist ein Klang, den man gar selten vernimmt in der Welt, ‚Der Erwachte‘‹.[220] Und er sagte: »Es werden ja wohl in unseren Sprüchen zweiunddreißig Merkmale eines großen Mannes genannt, mit denen begabt ein solcher nur zwei Bahnen betreten kann, keine dritte. Wenn er im Hause bleibt, wird er König werden, Kaiser, ein gerechter und wahrer Herrscher, ein Sieger bis zur Mark der See, der seinem Reiche Sicherheit schafft, mit sieben Juwelen begabt ist. Das aber sind seine sieben Juwelen, und zwar: das beste Land, der beste Elephant, das beste Ross, die beste Perle, das beste Weib, der beste Bürger, und siebentens der beste Staatsmann. {535} Und er wird über tausend Söhne haben, tapfer, heldensam, Zerstörer der feindlichen Heere. So wird er diese Erde bis zum Ozean hin, ohne Stock und ohne Stahl gerecht obsiegend, beherrschen. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, wird er heilig werden, vollkommen auferwacht, der Welt den Schleier hinwegnehmen. Wo weilt Er wohl jetzt, o Keṇiyo, Herr Gotamo, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

Also befragt streckte Keṇiyo der Flechtenträger den rechten Arm aus und sagte zu Selo dem Priester:

»Wo sich dort, o Selo, der blaue Waldsaum hinzieht.«

Und Selo der Priester begab sich mit den dreihundert Jüngern zum Erhabenen hin. Aber er sprach also zu ihnen:

»Leise, ihr Lieben, wollet hinschreiten, Schritt bei Schritt nebeneinander: denn jene Ehrwürdigen[221] sind schwer zugänglich wie einsam wandernde Löwen. Und[S. 548] wenn ich dann mit dem Asketen, Herrn Gotamo, im Gespräche bin, so mögt ihr Lieben keinen anderen Gegenstand vorbringen, vielmehr sollt ihr Lieben das Ende der Unterredung abwarten.«

So kam denn Selo der Priester zum Erhabenen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts. {536} Seitwärts sitzend gedachte nun Selo der Priester bei sich:[222] ›Begabt ist der Asket Gotamo mit den zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes, vollständig, nicht unvollständig: doch ich weiß es nicht, ob er ein Erwachter ist oder nicht ist. Aber ich hab’ es ja sagen hören, das Wort der alten, der greisen Priester und ihrer Meister und Altmeister: ‚Die da Heilige, vollkommen Erwachte sind, die geben sich, wird ihr Lob gesprochen, zu erkennen.‘ Wie, wenn ich nun hier den Asketen Gotamo mit geeigneten Sprüchen begrüßte?‹ Und Selo der Priester begrüßte hier den Erhabenen mit geeigneten Sprüchen:

»Vollkommen ist dein Körper, Herr,
Ist wohlgestaltet, stattlich, schön,
Dein Angesicht so heiter, hell,
Der Zaun der Zähne weiß gewölbt.
»Des Wohlgebornen Eigenart,
Die Unterschiede, adelächt,
Ich seh sie alle offenbar,
Die Zeichen deiner Größe, Herr!
{537}
»Mit milder Miene, sanftem Blick,
Erhaben, herrlich anzuschaun,
[S. 549]
Erstrahlst du in der Jünger Schaar,
Gleichwie die Sonne hoch und hehr.
»Ein rechtgekörnter, guter Mönch,
Der glänzt wie Gold und anders nicht:
Was taugt nun dir Asketenthum,
Der du im höchsten Glanze gehst?
»Zum König bist erkoren du,
Zum Kaiser aller Königsmacht,
Zum Sieger bis zur Mark der See,
Zum Herrscher über Hinduland!
»Die Königstämme, kühn und stolz,
Sie werden dienen, dir zu Dank:
Als Königskaiser, Menschengott
Regier’ das Reich, o Gotamo!«

Der Herr:

»Ich bin ein König, Selo, ja,
Ein wahrer König aller Welt:
Die Wahrheit ist mein Königreich:
Ein Reich, das keiner rauben kann.«

Selo:

»So wärest, Herr, der Wache du,
Der wahre König aller Welt?
›Die Wahrheit ist mein Königreich‹:
Du hast gesagt es, Gotamo.
»Wo ist er, der die Mannen führt,
Der Jünger, der dem Meister folgt?
[S. 550]
Wer hilft gerecht es lenken dir
Das Reich, das du gegründet hast?«

Der Herr:

»Was da gegründet ward von mir,
Das wahre Reich, das höchste Reich,
Nach lenkt es Sāriputto mir
Der erstgeborne Siegersohn.
»Erkannt hab’ ich was kennbar ist,
Vollendet was Vollendung will,
Verlassen was zu lassen ist,
Bin also, Selo, auferwacht.
{538}
»An mir nicht magst du zweifeln mehr,
Bezwinge, Priester, deinen Stolz:
Gar selten sieht man, findet man
Ein auferwachtes Angesicht.
»Ja, was man hier gar selten sieht,
Nicht oft erscheinen in der Welt:
Ein Auferwachter, der bin ich,
Der beste Künstler, beste Arzt.
»Ich bin das Heil, ich bin der Herr,
Zerstörer aller Sterblichkeit:
Die Feindschaft hab’ ich ausgesöhnt
Und lächle heiter, fürchte nichts.«

Selo:

»O hört, ihr Freunde, hört es froh
Was uns der Seher offenbart,
[S. 551]
Der rechte Arzt, der höchste Held:
O lauschet seinem Löwenruf!
»Den heilgewordnen, hehren Herrn,
Zerstörer aller Sterblichkeit:
Wer ist nicht sälig, ihn zu sehn,
Und wär’ er gleich ein Sklave nur!
»Wer bei mir sein will folge mir,
Und wer es nicht will gehe hin:
Denn ich zieh’ nun als Jünger fort,
Zum Lehrer, der das Beste lehrt.«

Die Jünger Selos:

»Wenn unser Meister also wählt,
Des Auferwachten Kunst erkiest,
So gehn auch wir als Jünger gern
Zum Lehrer, der das Beste lehrt.«
Da flehten die Brāhmanen nun,
Dreihundert Häupter blickten auf:
»O lass’ uns leben, Herr, bei dir
Das Leben deiner Heiligkeit!«

Der Herr:

»Wohl offenbar ist unser Heil,
Ersichtlich, ohne Zeitgesetz,
Wo keiner hier umsonst entsagt
In ernstem Eifer, zäher Zucht.«

{539} Und Selo der Priester wurde mit seiner Schaar vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.


[S. 552]

Keṇiyo der Flechtenträger aber ließ am nächsten Morgen in seiner Klause ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.‹ Und der Erhabene rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich zur Klause Keṇiyo des Flechtenträgers. Dort angekommen nahm der Erhabene mit den Mönchen auf den dargebotenen Sitzen Platz. Und Keṇiyo der Flechtenträger bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Keṇiyo der Flechtenträger einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Und Keṇiyo den Flechtenträger, der da zur Seite saß, erfreute nun der Erhabene mit folgenden Sprüchen:

»Dem Feuer gilt der Opfer Preis,
Der Andacht gilt er beim Gesang,
Der König gilt als Menschenfürst,
Der Flüsse Meister ist das Meer.
»Der Sterne Herr, es ist der Mond,
Die Sonne steht im höchsten Glanz,
Ein gutes Werk ist reicher Lohn,
Den Mönchen opfern bester Dienst.«

Als der Erhabene Keṇiyo den Flechtenträger mit diesen Sprüchen erfreut hatte, stand er von seinem Sitze auf und ging von dannen.


[S. 553]

Doch der ehrwürdige Selo[223], einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. {540} ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Selo der Heiligen geworden.

Da begab sich denn der ehrwürdige Selo mit seiner Schaar zum Erhabenen hin. Dort angelangt schlug er den Mantel um die eine Schulter, hob die Hände zum Erhabenen empor und sprach den Erhabenen mit den Sprüchen an:

»Die Zuflucht, Herr, erwählt von uns,
Erfleht am letzten Mondestag:
Verwirklicht ist sie heute schon,
Am achten Tag der Jüngerschaft!
»Du bist der Wache, bist der Herr,
Hast überwunden Todesweh,
Hast überwältigt Wunschgewalt:
Errettet rettest andre du.
»Du haftest nimmer irgend an,
Zerborsten ist was Wähnen war,
Alleinig, wie der Löwe lebt,
Bist ledig du der Bangigkeit.
»Dreihundert Jünger beugen sich
Und blicken auf, zu dir empor:
[S. 554]
Die Füße biet’ uns, Großer, dar,
Den Meister grüßen Helden hier.[224]

93.

Zehnter Theil

Dritte Rede

ASSALĀYANO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun waren gegen fünfhundert Brāhmanen aus verschiedenen Landen in Sāvatthī zusammengekommen, irgend eine Angelegenheit zu verhandeln. Nun sagten jene Brāhmanen zu sich: ›Dieser Asket Gotamo behauptet, {541} dass alle vier Kasten rein wären: wer ist da wohl imstande, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden?‹

Damals aber befand sich Assalāyano, ein junger Brāhmane, zu Sāvatthī, eben erst, mit geschorenem Scheitel, vom Lehrer entlassen, im sechzehnten Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies. Und jene Brāhmanen besprachen sich: ›Dieser Assalāyano, der junge Brāhmane, lebt da in Sāvatthī, ist eben erst, mit geschorenem Scheitel, vom Lehrer entlassen worden, im sechzehnten Lebensjahre, als Meister der drei Veden,[S. 555] sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. Der wird imstande sein, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden.‹

Da begaben sich denn jene Priester zu Assalāyano dem jungen Brāhmanen und sprachen also zu ihm:

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand reden!«

Also aufgefordert erwiderte Assalāyano, der junge Brāhmane jenen Priestern:

»Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen, die Wahrheit reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag es nicht, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden.«

Und ein zweites Mal sprachen jene Priester also zum jungen Assalāyano:

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand reden! Vertraut ist ja doch Herr Assalāyano mit dem Pilgerthum.«

{542} Und zum zweiten Mal erwiderte Assalāyano, der junge Brāhmane jenen Priestern:

»Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen, die Wahrheit reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag es nicht, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden.«

Und ein drittes Mal sprachen jene Priester also zum jungen Assalāyano:

[S. 556]

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand reden! Vertraut ist ja doch Herr Assalāyano mit dem Pilgerthum: möchte doch nicht Herr Assalāyano in einem ungekämpften Kampfe unterliegen!«

Auf diese Worte gab Assalāyano der junge Brāhmane jenen Priestern zur Antwort:

»Gut denn, ihr Herren, ihr wollt mir nicht glauben: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen, die Wahrheit reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag es nicht, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden.‹ So will ich denn in euerem Namen hingehn.«[225]

Und Assalāyano der junge Brāhmane begab sich mit einer zahlreichen Schaar von Priestern zum Erhabenen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend wandte sich nun Assalāyano der junge Brāhmane also an den Erhabenen:

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, {543} von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Es giebt ja doch, Assalāyano, unter den Priestern Priesterfrauen, die fruchtbar sind, schwanger werden,[S. 557] Kinder gebären, aufsäugen; aber jene Priester, obzwar vom Weibe geboren, reden also: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹«

»Wenn auch Herr Gotamo also spricht, so bleiben die Priester dennoch dabei und sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: hast du gehört, dass es bei Ioniern und Kābulern und anderen Gränzvölkern[226] nur zwei Kasten giebt, Herren und Knechte, und der Herr kann Knecht werden, und der Knecht wiederum Herr?«

»Gewiss, Herr, ich habe gehört, dass es bei Ioniern und Kābulern und anderen Gränzvölkern nur zwei Kasten giebt, Herren und Knechte, und der Herr kann Knecht werden, und der Knecht wiederum Herr.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter [S. 558]Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

{544} »Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: ein Krieger, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, mag nur der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, aber nicht so ein Priester? Und ebenso ein Bürger, und ebenso ein Diener, aber nicht so ein Priester?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn ein Krieger, o Gotamo, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten, mag also, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, {545} verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

[S. 559]

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: ein Priester, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, mag nur der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn ein Krieger, o Gotamo, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener: ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten mag also, bei der Auflösung des Körpers, {546} nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: kann da nur ein[S. 560] Priester hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo, kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: darf da nur ein Priester, mit Schwamm und Seife versehn, zum Flusse baden gehn, um Staub und Sehmutz abzuwischen? Aber nicht so ein Krieger, {547} aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo, darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz abzuwaschen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten[S. 561] darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz abzuwaschen.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es ließe da der König, der Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, eine Schaar von hundert Männern verschiedener Geburt zu sich bescheiden: ›Kommt, ihr Lieben, die ihr da von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammt, und nehmt ein Reibholz vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, und erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor! Und kommt auch ihr Lieben, die ihr da von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern abstammt, und nehmt ein Reibholz von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, und erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor!‹[227] Was meinst du wohl, Assalāyano: {548} wenn da von denen, die von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann wohl dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer[S. 562] zu Feuerzwecken verwenden? Und wenn da von denen, die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann wohl dieses Feuer keine Flamme und keinen Glanz und keine Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer zu Feuerzwecken nicht verwenden?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Ist da, o Gotamo, von denen, die von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Und ist da von denen, die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat auch dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann auch dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. {549} Denn ein jedes Feuer, o Gotamo, hat Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann ein jedes Feuer zu Feuerzwecken verwenden.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die[S. 563] Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es sei da ein junger Krieger, der wohne der Tochter eines Priesters bei; infolge ihrer Beiwohnung würde ein Sohn geboren. Dieser Sohn, der von einem jungen Krieger und der Tochter eines Priesters abstammte, der Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, kann der Krieger genannt und Priester genannt werden?«

»Dieser Sohn, o Gotamo, der von einem jungen Krieger und der Tochter eines Priesters abstammte, der Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, der kann Krieger genannt und Priester genannt werden.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es sei da ein junger Priester, der wohne der Tochter eines Kriegers bei; infolge ihrer Beiwohnung würde ein Sohn geboren. Dieser Sohn, der von einem jungen Priester und der Tochter eines Kriegers abstammte, der Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, kann der Krieger genannt und {550} Priester genannt werden?«

»Dieser Sohn, o Gotamo, der von einem jungen Priester und der Tochter eines Kriegers abstammte, der Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, der kann Krieger genannt und Priester genannt werden.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: man ließe da eine Stute mit einem Esel zusammenkommen; infolge ihrer Zusammenkunft würde ein Fohlen geboren. Dieses Fohlen, das von einer Stute und einem Esel abstammte,[S. 564] der Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, kann das Pferd genannt und Esel genannt werden?«

»Infolge der Kreuzung[228], o Gotamo, wird ja ein Maulthier daraus. Hier, bei diesem, o Gotamo, seh’ ich denn auch den Unterschied: aber dort, bei jenen, kann ich keinerlei Unterschied merken.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es wären da zwei Priesterknaben, leibliche Brüder, der eine gelehrt und eingeweiht, der andere ungelehrt und uneingeweiht; wen würden da die Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer geeigneter Spende?«

»Den Priesterknaben, o Gotamo, der gelehrt und eingeweiht ist, den würden da die Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer geeigneter Spende; was möcht’ es auch, o Gotamo, viel fruchten, einen Ungelehrten und Uneingeweihten beschenken?«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es wären da zwei Priesterknaben, leibliche Brüder, der eine gelehrt und eingeweiht, sittenlos und übelgeartet, der andere ungelehrt und uneingeweiht, sittenrein und edelgeartet; wen würden da die Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer geeigneter Spende?«

{551} »Den Priesterknaben, o Gotamo, der ungelehrt und uneingeweiht, sittenrein und edelgeartet ist, den würden da die Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer geeigneter Spende; was möcht’ es auch, o Gotamo, viel fruchten, einen Sittenlosen, Uebelgearteten beschenken?«

»Erst bist du, Assalāyano, auf die Geburt gekommen, von der Geburt bist du dann auf die Sprüche gekommen,[S. 565] und von den Sprüchen bist du dann zu dieser Reinheit der vier Kasten gekommen, von der ich rede.«

Auf diese Worte blieb Assalāyano der junge Brāhmane verstummt und verstört, gebeugten Rumpfes, gesenkten Hauptes vor sich hinstarrend, wortlos sitzen. Als nun der Erhabene Assalāyano den jungen Brāhmanen verstummt und verstört, gebeugten Rumpfes, gesenkten Hauptes wortlos vor sich hinstarren sah, sprach er also zu ihm:

»In der Vorzeit, Assalāyano, als die Sieben priesterlichen Seher in der Waldeinsamkeit unter Hütten aus Blättern zu Rathe saßen, kamen sie einst zu einer solchen verkehrten Ansicht: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste, die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Und es vernahm, Assalāyano, der Seher Asito Devalo, dass die Sieben priesterlichen Seher, in der Waldeinsamkeit unter Hütten aus Blättern zu Rathe sitzend, diese verkehrte Ansicht gefasst hatten. Und Asito Devalo der Seher, Assalāyano, strich Haar und Bart zurecht, warf den grünlichen Mantel herum, zog die röthlichen[229] Sandalen an, nahm den goldigen Stab in die Hand und erschien auf dem Opferplatz vor den Sieben priesterlichen Sehern. Und er wandelte, Assalāyano, auf {552} dem Opferplatze einher und sprach also zu ihnen:

›Sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher seid, wer vorangeht, sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher seid, wer vorangeht.‹[230]

[S. 566]

»Da fragten sich nun, Assalāyano, die Sieben priesterlichen Seher:

›Wer ist es nur, der sich als Hirte gebärdend auf dem Opferplatze der Sieben priesterlichen Seher einherschreitet und also spricht: ‚Sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher seid, wer vorangeht, sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher seid, wer vorangeht‘? Wohlan denn, wir wollen ihn verfluchen!‹

Und sie fluchten ihm:

›Asche sei, Elender! Asche sei, Elender! Asche sei, Elender!‹

»Je mehr und mehr aber, Assalāyano, die Sieben priesterlichen Seher ihm fluchten, desto mehr und mehr nahm Asito Devalo der Seher nur an Pracht und Schönheit und Herrlichkeit zu. Da riefen, Assalāyano, die Sieben priesterlichen Seher aus:

›Vergehlich ist, ach, unsere Buße, fruchtlos unser Asketenthum! Wem wir da früher geflucht hatten ‚Asche sei, Elender!‘, alsogleich war ein jeder zu Asche geworden[231]: je mehr und mehr wir aber diesen verfluchen, desto mehr und mehr nimmt er nur an Pracht und Schönheit und Herrlichkeit zu!‹

›Nicht ist euere Buße vergeblich und nicht fruchtlos das Asketenthum; hört, ihr Lieben: die Zorngedanken gegen mich, die lasset fahren.‹

›Unsere Zorngedanken, wir lassen sie fahren! Wer ist wohl der Herr?‹

{553} ›Habt ihr Herren von Asito Devalo dem Seher gehört?‹

›Ja, Herr!‹

›Der also bin ich.‹

»Da gingen denn, Assalāyano, die Sieben [S. 567]priesterlichen Seher dem Seher Asito Devalo zur Begrüßung entgegen. Und Asito Devalo der Seher, Assalāyano, wandte sich also an die Sieben priesterlichen Seher:

›Erfahren hab’ ich, ihr Herren, dass die Sieben priesterlichen Seher, in der Waldeinsamkeit unter Hütten aus Blättern zu Rathe sitzend, eine solche verkehrte Ansicht gefasst haben: ‚Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‘«

›Allerdings, Herr!‹

›Wissen aber die Herren, ob ihre Großmutter nur einem Priester beigewohnt hat und keinem Unpriester?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Wissen aber die Herren, ob ihrer Großmutter Mutter und deren Mutter bis zur siebenten Ahnfrau hinauf nur einem Priester beigewohnt hat und keinem Unpriester?‹[232]

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Und wissen die Herren, ob ihr Großvater eben der Tochter eines Priesters beigewohnt hat, keiner anderen?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Und wissen die Herren, ob ihres Großvaters Vater und dessen Vater bis zum siebenten Ahnherrn hinauf eben der Tochter eines Priesters beigewohnt hat, keiner anderen?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Doch wissen die Herren, wie sich eine Leibesfrucht bildet?‹

[S. 568]

›Wir wissen, Herr, wie sich eine Leibesfrucht bildet. Da sind Vater und Mutter vereint, und die Mutter hat ihre Zeit, {554} und der Keimling ist bereit: so bildet sich durch der Drei Vereinigung eine Leibesfrucht.‹

›Wissen aber die Herren, ob dieser Keimling etwa ein Krieger sei, oder ein Priester, oder ein Bürger, oder ein Diener?‹

›Nicht wissen wir, Herr, ob dieser Keimling etwa ein Krieger sei, oder ein Priester, oder ein Bürger, oder ein Diener.‹

›Ist es also, wisst ihr dann, wer ihr seid?‹

›Ist es also, wissen wir freilich nicht, wer wir sind.‹

»Und selbst die Sieben priesterlichen Seher, Assalāyano, vom Seher Asito Devalo über ihre Behauptung von der Geburt befragt, ausgeforscht, unterrichtet, konnten ihm nicht beikommen: wie wirst du da jetzt, von mir über deine Behauptung von der Geburt befragt, ausgeforscht, unterrichtet, mir beikommen wollen, der du von ihrer Weisheit nicht einen Löffel voll hast?«

Auf diese Worte wandte sich Assalāyano der junge Brāhmane also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[233]


[S. 569]

94.

Zehnter Theil

Vierte Rede

GHOṬAMUKHO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Udeno bei Benāres, im Mangohaine Khemiyos. Um diese Zeit nun war Ghoṭamukho der Priester in Benāres angekommen, {555} irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und Ghoṭamukho der Priester kam, auf einem Spaziergange lustwandelnd, nach dem Mangohaine Khemiyos. Damals nun erging sich der ehrwürdige Udeno gerade in einer Lichtung. Da trat denn der Priester Ghoṭamukho an den ehrwürdigen Udeno heran und tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm, und an seiner Seite einherschreitend sprach er also:

»Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das ist meine Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen Ehrwürdigen gesehn habe, oder weil es eben so ist.«

Auf diese Worte hielt der ehrwürdige Udeno mit seinem Gang inne; dann begab er sich nach der Klosterhalle und nahm auf seinem Sitze Platz. Und auch Ghoṭamukho der Priester unterbrach seinen Gang und begab sich zur Klosterhalle und stellte sich seitwärts hin. Und an Ghoṭamukho den Priester, der da seitwärts stand, wandte sich nun der ehrwürdige Udeno also:

»Es sind hier, Priester, Sitze bereit: wenn du willst setze dich.«

»Das eben haben wir ja von Herrn Udeno erwartet,[S. 570] bevor wir uns setzen: denn wie könnte wohl meinesgleichen daran denken, uneingeladen Platz zu nehmen?«

Und Ghoṭamukho der Priester nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich seitwärts hin. Seitwärts sitzend sprach nun Ghoṭamukho der Priester also zum ehrwürdigen Udeno:

»Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das ist meine Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen Ehrwürdigen gesehn habe, oder weil es eben so ist.«

{556} »Wenn du mir da, Priester, zugestehn magst was zugegeben werden kann, und abweisen was abgewiesen werden muss, und was du vom Sinn meiner Rede nicht verstehst eben da von mir weiter erfragen wirst, ›Wie ist das, o Udeno, was ist der Sinn davon‹: wenn du das thun willst, so mag da unter uns ein Gespräch statthaben.«

»Was zugegeben werden kann werd’ ich Herrn Udeno zugestehn, und abweisen was abgewiesen werden muss, und was ich da vom Sinn der Rede Herrn Udenos nicht verstehe werd’ ich eben da von Herrn Udeno weiter erfragen, ›Wie ist das, o Udeno, was ist der Sinn davon‹: das will ich thun, möge da unter uns ein Gespräch statthaben!«

»Vier Arten von Menschen, Priester, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Priester, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben; da ist wieder, Priester, einer ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Priester, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben;[S. 571] und da ist, Priester, einer weder ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen. Welcher ist es, Priester, von diesen vier Menschen, der deinem Sinne zusagt?«

{557} »Jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Udeno, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergehen ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Udeno, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: der sagt meinem Sinne zu.«

»Warum aber, Priester, sagen jene drei Menschen deinem Sinne nicht zu?«

»Jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich selber, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Udeno, der ein[S. 572] Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt den Nächsten, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich wie den Nächsten, die Wohl begehren und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Udeno, {558} der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: weil der weder sich noch den Nächsten, die Wohl begehren, und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden lässt, darum sagt dieser Mensch meinem Sinne zu.«

»Zwei Arten gibt es, Priester, von Leuten: welche zwei? Da sind, Priester, die einen Leute gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide, sie begehren Weib und Kind, begehren Knecht und Magd, begehren Haus und Feld, begehren Silber und Gold. Da sind nun, Priester, die anderen Leute nicht gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide, verlassen Weib und Kind, verlassen Knecht und Magd, verlassen Haus und Feld, verlassen Silber und Gold und ziehn aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Was nun, Priester, jenen Menschen anlangt, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der[S. 573] Uebung der Nächstenquaal eifrig ergehen ist, der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: unter welchen Leuten, Priester, triffst du diesen Menschen zumeist an, unter den Leuten, die gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide sind, Weib und Kind begehren, Knecht und Magd begehren, Haus und Feld begehren, Silber und Gold begehren, oder unter den Leuten, die nicht gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide sind, Weib und Kind verlassen, Knecht und Magd verlassen, Haus und Feld verlassen, Silber und Gold verlassen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn?«

{559} »Was da, o Udeno, jenen Menschen anlangt, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: diesen Menschen treff’ ich zumeist unter den Leuten an, die nicht gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide sind, Weib und Kind verlassen, Knecht und Magd verlassen, Haus und Feld verlassen, Silber und Gold verlassen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn.«

»Eben zuvor aber hast du ja, Priester, gesagt, wir wissen es noch: ›Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das ist meine Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen Ehrwürdigen gesehn habe, oder weil es eben so ist.‹«

»In der That, o Udeno, ich hab’ es gesagt, um [S. 574]anzuregen. Es giebt ächte Asketen: das ist meine Ansicht, und mög’ es mir nur Herr Udeno glauben! — Die vier Arten von Menschen nun, die Herr Udeno in der Kürze bezeichnet, nicht ausführlich dargestellt hat, möchte wohl Herr Udeno so gut sein, mir diese ausführlich darzustellen, von Mitleid bewogen!«

»So höre denn, Priester, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, Herr!« erwiderte da aufmerksam Ghoṭamukho der Priester dem ehrwürdigen Udeno. Der ehrwürdige Udeno sprach also:

»Was ist das nun, Priester, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist? Da ist, Priester, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein Handverköster[234], kein Ankömmling, kein Abwärtling, {560} gestattet keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter, nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden, nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten, nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim. Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben durch die Mildthätigkeit von nur einer [S. 575]Spenderin, von nur zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, nur jeden siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern, von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes, lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd, trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, {561} birgt die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze, unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer, übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, Priester, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, Priester, einer ein Schlächter, der Schaafe und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister, oder was man da sonst noch [S. 576]anderes als grausames Handwerk betreibt. Den heißt man, Priester, einen Menschen, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, Priester, einer ein König, ein Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat, Platz. {562} Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken, und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu[S. 577] dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man, Priester, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da erscheint, Priester, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, {563} ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängniss ist[S. 578] die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der Paarung, {564} dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien, so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, [S. 579]Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er, Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. {565} Elephanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

[S. 580]

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

{566} »Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin, blickt er weg, klar bewusst regt und [S. 581]bewegt er sich, klar bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

{567} »Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung.

[S. 582]

»Weiter sodann, Priester: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»Weiter sodann, Priester: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung.

»Weiter sodann, Priester: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.[235]

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein [S. 583]Beruf, {568} solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge,[S. 584] dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. {569} ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

»Den heißt man, Priester, einen Menschen, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«

[S. 585]

Nach diesen Worten wandte sich Ghoṭamukho der Priester also an den ehrwürdigen Udeno:

»Vortrefflich, o Udeno, vortrefflich, o Udeno! Gleichwie etwa, o Udeno, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Udeno die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Udeno Zuflucht, {570} bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Udeno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Nicht bei mir, Priester, wolle du Zuflucht nehmen: sondern bei Ihm, dem Erhabenen, nimm Zuflucht, bei dem ich Zuflucht genommen.«

»Wo aber, o Udeno, weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

»Erloschen ist Er nun, Priester, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte.«

»Wenn wir da hörten, o Udeno, Er, der Herr Gotamo, sei dreißig Meilen fern, so würden wir eben dreißig Meilen wandern, Ihn, den Herrn Gotamo zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Wenn wir da hörten, o Udeno, Er, der Herr Gotamo, sei sechzig Meilen fern, sei neunzig Meilen, hundertzwanzig Meilen, hundertfünfzig Meilen fern, so würden wir eben hundertfünfzig Meilen wandern, Ihn, den Herrn Gotamo zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Und wenn wir da hörten, o Udeno, dreihundert Meilen sei Er, der Herr Gotamo, fern, so würden wir eben dreihundert Meilen wandern, Ihn, den Herrn Gotamo zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Weil nun aber, o Udeno, Er,[S. 586] der Herr Gotamo, erloschen ist, so nehmen wir eben bei Ihm, dem Herrn Gotamo, der erloschen ist, unsere Zuflucht, und bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Udeno betrachten, von heute an zeitlebens getreu. — Es hat mir, o Udeno, der König von Bengālen einen ständigen Tagesunterhalt ausgesetzt: einen davon widme ich Herrn Udeno.«

»Was hat dir denn, Priester, der König von Bengālen als ständigen Tagesunterhalt ausgesetzt?«

»Fünfhundert Gulden, o Udeno.«[236]

{571} »Nicht kommt es uns, Priester, zu, Gold und Silber anzunehmen.«

»Wenn das Herrn Udeno nicht zukommt, so werd’ ich eine Wohnstätte für Herrn Udeno erbauen lassen.«

»Hast du schon, Priester, die Absicht, eine Wohnstätte für mich erbauen zu lassen, so lasse doch der Mönchgemeinde zu Pāṭaliputtam einen Empfangsaal erbauen.«

»Dadurch hat mich Herr Udeno nur noch viel mehr zufrieden und froh gemacht, dass mich Herr Udeno zu einer Gabe an die Mönchgemeinde ermuntert. Und so will ich, o Udeno, mit diesem Tagesunterhalt, und noch einem anderen dazu, der Mönchgemeinde zu Pāṭaliputtam einen Empfangsaal erbauen lassen.«

Und Ghoṭamukho der Priester ließ mit diesem Tagesunterhalt, und noch einem anderen dazu, der Mönchgemeinde zu Pāṭaliputtam einen Empfangsaal erbauen. Dieser wird heute ‚Ghoṭamukher‘ genannt.[237]


[S. 587]

95.

Zehnter Theil

Fünfte Rede

CAṈKĪ

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen begleitet, in die Nähe eines Priesterdorfes der Kosaler Namens Opāsādam.

Zu Opāsādam weilte nun der Erhabene, nördlich vom Dorfe, im Götterhain am Kronwalde.

Um diese Zeit aber lebte Caṉkī der Priester zu Opāsādam, das, gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den Priestern zu eigen gegeben war.

Und es hörten die priesterlichen Hausväter in Opāsādam reden: {572} ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen in Opāsādam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre,[S. 588] deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und die priesterlichen Hausväter von Opāsādam zogen aus dem Dorfe hinaus, zahlreich, in Schaaren zusammengekommen, nach Norden gewandt[238], zum Götterhain am Kronwalde. Damals nun hatte Caṉkī der Priester oben auf der Zinne seines Hauses Tagesrast genommen. Da sah denn Caṉkī der Priester die priesterlichen Hausväter von Opāsādam aus dem Dorfe hinausziehn, zahlreich, in Schaaren zusammengekommen, nach Norden gewandt, zum Götterhain am Kronwalde, und als er sie gesehn wandte er sich an seinen Thorwart:

»Was gehn denn da, lieber Thorwart, die priesterlichen Hausväter von Opāsādam aus dem Dorfe hinaus, zahlreich, in Schaaren zusammengekommen, nach Norden gewandt, zum Götterhain am Kronwalde?«

»Es ist, Herr Caṉkī, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, der hierzulande von Ort zu Ort wandert, {573} von vielen Mönchen gefolgt, bei Opāsādam angekommen, weilt bei Opāsādam, nördlich vom Dorfe, im Götterhain am Kronwalde. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Diesen Herrn Gotamo gehn sie besuchen.«

[S. 589]

»So geh’ doch, lieber Thorwart, zu den priesterlichen Hausvätern dort hin und sprich also zu ihnen: ›Caṉkī, ihr Herren, der Priester, lässt sagen, es möchten die Herren etwas warten: auch Caṉkī der Priester will den Asketen Gotamo besuchen.‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam der Thorwart Caṉkī dem Priester. Und er begab sich zu den priesterlichen Hausvätern dort hin und sprach also zu ihnen:

»Caṉkī, ihr Herren, der Priester, lässt sagen, es möchten die Herren etwas warten: auch Caṉkī der Priester will den Asketen Gotamo besuchen.«

Damals nun waren gegen fünfhundert Priester aus verschiedenen Landen in Opāsādam zusammengekommen, irgend eine Angelegenheit zu verhandeln. Und sie hörten, dass Caṉkī der Priester den Asketen Gotamo besuchen wolle. {574} Da begaben sich denn diese Priester zu Caṉkī dem Priester hin; und sie sprachen also zu ihm:

»Ist es wahr, wie man sagt, dass Herr Caṉkī den Asketen Gotamo besuchen will?«

»Gewiss, ihr Herren, auch ich denke den Asketen Gotamo zu besuchen.«

»Nicht Herr Caṉkī darf den Asketen Gotamo besuchen; nicht geziemt es Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem Asketen Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen. Denn Herr Caṉkī ist beiderseit wohlgeboren, vom Vater und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt. Weil aber Herr Caṉkī beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten[S. 590] Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt, so geziemt es eben insofern nicht Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem Asketen Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen. Denn Herr Caṉkī ist reich, mit Geld und Gut mächtig begabt. Denn Herr Caṉkī ist ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. Denn Herr Caṉkī ist schön, hold, liebenswürdig, mit höchster Anmuth begabt, mit heiligem Glanze, heiligem Lichte, es ist keine geringe Gunst ihn anzublicken. Denn Herr Caṉkī ist tugendrein, tugendreif, in Tugend reif geworden. Denn Herr Caṉkī spricht angemessen, redet angemessen, seine Rede ist höflich, deutlich, nicht stammelnd, tauglich den Sinn darzulegen. Denn Herr Caṉkī ist vieler Meister und Altmeister und lässt eine Schaar von dreihundert Schülern die Sprüche bei sich erlernen. {575} Denn Herr Caṉkī wird von König Pasenadi von Kosalo werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet, geehrt und ausgezeichnet. Denn Herr Caṉkī wird von Pokkharasāti[239] dem Priester werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet, geehrt und ausgezeichnet. Denn Herr Caṉkī lebt zu Opāsādam, das, gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den Priestern zu eigen gegeben ist. Weil aber Herr Caṉkī zu Opāsādam lebt, das, gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum begabt, von König Pasenadi von Kosalo als[S. 591] Königsgabe den Priestern zu eigen gegeben ist, so geziemt es eben insofern nicht Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem Asketen Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen.«

Auf diese Worte wandte sich Caṉkī der Priester also an jene Priester:

»Wohlan denn, ihr Herren, so hört auch von mir, aus welchem und welchem Grunde[240] es vielmehr uns geziemt den Herrn Gotamo zu besuchen, und es nicht dem Herrn Gotamo geziemt uns zu besuchen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja beiderseit wohlgeboren, vom Vater und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt. Weil aber, ihr Herren, der Asket Gotamo beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt, so geziemt es eben insofern nicht dem Herrn Gotamo uns zu besuchen, sondern uns geziemt es den Herrn Gotamo zu besuchen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, hat ja reichlichem Gold und Geschmeide pilgernd entsagt, so heimlich vergrabenem wie offen aufgestelltem.[241] {576} Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja, noch in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja gegen den Wunsch seiner weinenden, klagenden Eltern, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja schön, hold, liebenswürdig, mit höchster Anmuth begabt, mit heiligem Glanze, heiligem Lichte,[S. 592] es ist keine geringe Gunst ihn anzublicken. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja tugendrein, von herrlicher Tugend, gediegener Tugend, in gediegener Tugend erfahren. Der Asket Gotamo, ihr Herren, spricht ja angemessen, redet angemessen, seine Rede ist höflich, deutlich, nicht stammelnd, tauglich den Sinn darzulegen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja vieler Meister und Altmeister. Der Asket Gotamo, ihr Herren, hat ja Wunschbegier versiegt, ist frei von Unfrieden. Der Asket Gotamo, ihr Herren, lehrt ja eigene That und eigenes Handeln, schützt den heilsuchenden Menschen kein Böses vor. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja aus hohem Hause hinausgezogen, aus unabhängigem Herrscherhause.[242] Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja aus reichem Hause hinausgezogen, mit Geld und Gut mächtig begabtem. Zum Asketen Gotamo, ihr Herren, kommen sie ja über Länder und Reiche her Fragen zu stellen. Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, haben ja viele tausend Gottheiten zeitlebens Zuflucht genommen.[243] Den Asketen Gotamo, ihr Herren, begrüßt man ja allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Der Asket Gotamo, ihr Herren, {577} ist ja mit den zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes begabt. Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja der König von Magadhā Seniyo Bimbisāro mit seinen Frauen und Kindern zeitlebens Zuflucht genommen.[244] Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja König Pasenadi von Kosalo mit seinen[S. 593] Frauen und Kindern zeitlebens Zuflucht genommen. Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja der Priester Pokkharasāti mit seinen Frauen und Kindern zeitlebens Zuflucht genommen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja zu Opāsādam angekommen, weilt bei Opāsādam, nördlich vom Dorfe, im Götterhain am Kronwalde. Wer aber auch immer von Asketen und Priestern in unser Dorfgebiet kommt ist unser Gast. Und einen Gast müssen wir werthhalten, hochschätzen, achten und ehren.[245] Weil nun, ihr Herren, der Asket Gotamo zu Opāsādam angekommen ist, bei Opāsādam weilt, nördlich vom Dorfe, im Götterhain am Kronwalde, so ist der Asket Gotamo unser Gast: und der Gast ist von uns werthzuhalten, hochzuschätzen, zu achten und zu ehren. Auch insofern geziemt es nicht dem Herrn Gotamo uns zu besuchen, sondern uns eben geziemt es den Herrn Gotamo zu besuchen. Soviel weiß ich, ihr Herren, vom Preis des Herrn Gotamo; doch ist der Preis des Herrn Gotamo nicht soviel: unermesslich ist ja der Preis des Herrn Gotamo. Schon um jeder einzelnen Eigenschaft willen, ihr Herren, geziemt es nicht dem Herrn Gotamo uns zu besuchen, sondern uns eben geziemt es den Herrn Gotamo zu besuchen. {578} So wollen wir uns denn alle, ihr Herren, zum Asketen Gotamo hinbegeben.«

Und Caṉkī der Priester, begleitet von der zahlreichen Priesterschaar, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Damals nun hatte der Erhabene mit alten, erfahrenen Priestern gerade irgend ein denkwürdiges Gespräch zu Ende geführt. Und es [S. 594]befand sich da ein junger Brāhmane in dieser Versammlung Namens Kāpaṭhiko, eben erst, mit geschorenem Scheitel, vom Lehrer entlassen, im sechzehnten Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies. Der hatte, während der Erhabene sich mit den alten, erfahrenen Priestern besprach, stets einen anderen Gegenstand vorgebracht. Und der Erhabene rieth nun Kāpaṭhiko dem jungen Brāhmanen ab:

»Möge der ehrwürdige Bhāradvājo[246], während die alten, erfahrenen Priester sich besprechen, keinen anderen Gegenstand vorbringen: das Ende der Unterredung möge der ehrwürdige Bhāradvājo abwarten.«

Das hörte Caṉkī der Priester, und er sprach also zum Erhabenen:

»Möge Herr Gotamo Kāpaṭhiko dem jungen Brāhmanen nicht abrathen: ein edler Spross ist Kāpaṭhiko der junge Brāhmane, viel hat Kāpaṭhiko der junge Brāhmane gelernt, ist gelehrt, weiß angemessen zu reden, er {579} vermag wohl mit Herrn Gotamo über einen Gegenstand hier ein Gespräch zu führen.«

Da wusste nun der Erhabene: ›Gewiss wird Kāpaṭhiko der junge Brāhmane die Kenntniss der drei Veden erworben haben, und desshalb räumen ihm die Priester einen solchen Vorrang ein.‹ Aber Kāpaṭhiko der junge Brāhmane sagte zu sich: ›Wann der Asket Gotamo seinen Blick meinem Blicke begegnen lässt, so werd’ ich dem Asketen Gotamo eine Frage stellen.‹ Und der Erhabene, im Geiste den Geist und Gedanken des jungen Brāhmanen[S. 595] Kāpaṭhiko erkennend, lenkte den Blick nach ihm. Da gedachte nun Kāpaṭhiko der junge Brāhmane: ›Der Blick des Asketen Gotamo ruht auf mir: wie, wenn ich nun dem Asketen Gotamo eine Frage stellte?‹ Und Kāpaṭhiko der junge Brāhmane sprach zum Erhabenen also:

»Was da, o Gotamo, der Priester uralte Spruchlieder anlangt, die auf Treu und Glauben, einem Korbe gleich von Hand zu Hand weitergehn, kommen dabei die Priester in einem Punkte überein, ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: was hält Herr Gotamo davon?«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: giebt es unter den Priestern auch nur einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: giebt es unter den Priestern auch nur einen Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: die da vormals der Priester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, {580} deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi, Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu[247]: haben etwa diese gesagt: ›Wir selber wissen es, wir selber sehn es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹?«

[S. 596]

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»So giebt es denn, Bhāradvājo, unter den Priestern auch nicht einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹; giebt es unter den Priestern auch nicht einen Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹; und die da vormals der Priester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi, Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu: auch diese haben nicht gesagt: ›Wir selber wissen es, wir selber sehn es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹ Gleichwie etwa, Bhāradvājo, eine Reihe Blinder, einer dem anderen angeschlossen, und kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein letzterer sieht: ebenso nun auch, Bhāradvājo, als eine Reihe Blinder will mir das Reden der Priester erscheinen, wo kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein letzterer sieht.[248] {581} Was meinst du wohl, Bhāradvājo: ist also nicht das Vertrauen zu den Priestern grundlos?«

»Man geht ja nicht, o Gotamo, nur aus Vertrauen zu den Priestern, auch um des Hörensagens willen geht man zu ihnen.«

»Erst bist du da, Bhāradvājo, auf das Vertrauen gekommen: vom Hörensagen redest du jetzt. — Fünf Dinge[S. 597] giebt es, Bhāradvājo, die da im Leben zweierlei Ausgang haben: welche fünf? Vertrauen, Hingabe, Hörensagen, prüfendes Urtheil, geduldig Einsicht nehmen. Das sind, Bhāradvājo, fünf Dinge, die da im Leben zweierlei Ausgang haben. Denn man kann, Bhāradvājo, einer Sache gar wohl vertrauen, und sie ist hohl und leer und falsch; und man kann ihr auch wohl nicht vertrauen, und sie ist ächt und wahr[249] und wirklich. Denn man kann, Bhāradvājo, einer Sache gar wohl sich hingeben, gar wohl sie vom Hörensagen kennen, gar wohl prüfend beurtheilen, gar wohl in sie geduldig Einsicht nehmen, und sie ist hohl und leer und falsch; und man kann sich einer Sache auch wohl nicht hingeben, sie vom Hörensagen auch wohl nicht kennen, auch wohl nicht prüfend beurtheilen, auch wohl nicht in sie geduldig Einsicht nehmen, und sie ist ächt und wahr und wirklich. Wer der Wahrheit nachgeht, Bhāradvājo, ein verständiger Mann, der wird da nicht gleich einseitig den Schluss ziehn: ›Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹.«

»Inwiefern aber, o Gotamo, geht man der Wahrheit nach? Wie kann man der Wahrheit nachgehn? Was der Wahrheit nachgehn sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Wenn da, Bhāradvājo, ein Mann Vertrauen hat, und er sich sagt ›Also ist mein Vertrauen‹ und der Wahrheit nachgeht, so wird er da nicht schon einseitig den Schluss ziehn: ›Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹ Wenn da, Bhāradvājo, ein Mann sich einer Sache hingiebt, sie vom Hörensagen kennt, prüfend beurtheilt, in sie geduldig Einsicht nimmt, und er sich sagt ›Also nehm’ ich in sie geduldig Einsicht‹ und der Wahrheit nachgeht, so wird er da nicht schon einseitig den Schluss ziehn:[S. 598] {582} ›Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹ Insofern, Bhāradvājo, geht man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachgehn, und insofern erklären wir was der Wahrheit nachgehn sei: doch ist es noch nicht der Wahrheit Nachkunft.«

»Insofern, o Gotamo, geht man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachgehn, und insofern verstehn wir was der Wahrheit nachgehn sei. Inwiefern aber, o Gotamo, kommt man der Wahrheit nach? Wie kann man der Wahrheit nachkommen? Was der Wahrheit Nachkunft sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Es weile da, Bhāradvājo, ein Mönch in der Nähe eines Dorfes oder einer Burg. Und es sucht ihn ein Hausvater auf, oder der Sohn eines Hausvaters. Und er forscht ihn auf dreifache Weise aus, über Gier und Hass und Irre: ›Hat etwa dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Gier an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht erkennt er: {583} ›Nicht hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Gier an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann. Denn diesem Ehrwürdigen eignet solches Betragen und solche Rede, wie es Gierlosen ansteht. Und die Lehre, welche der Ehrwürdige darlegt, diese Lehre ist tief, schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen [S. 599]erfindlich: nicht wohl kann diese Lehre von Begehrlichem dargelegt werden.‹ Und hat er ihn, also erforschend, lauter von Eigenschaften der Gier befunden, so forscht er ihn weiter aus, über Eigenschaften des Hasses: ›Hat etwa dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften des Hasses an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht erkennt er: ›Nicht hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften des Hasses an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann. Denn diesem Ehrwürdigen eignet solches Betragen und solche Rede, wie es Hasslosen ansteht. Und die Lehre, welche der Ehrwürdige darlegt, diese Lehre ist tief, {584} schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen erfindlich: nicht wohl kann diese Lehre von Gehässigen dargelegt werden.‹ Und hat er ihn, also erforschend, lauter von Eigenschaften des Hasses befunden, so forscht er ihn weiter aus, über Eigenschaften der Irre: ›Hat etwa dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Irre an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht erkennt er: ›Nicht hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Irre an sich, dass er,[S. 600] im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann. Denn diesem Ehrwürdigen eignet solches Betragen und solche Rede, wie es Irrlosen ansteht. Und die Lehre, welche der Ehrwürdige darlegt, diese Lehre ist tief, schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen erfindlich: nicht wohl kann diese Lehre von Irrigen dargelegt werden.‹ Und hat er ihn, also erforschend, lauter von Eigenschaften der Irre befunden, so fasst er Vertrauen zu ihm. Hat er Vertrauen gefasst, so kommt er heran. Herangekommen gesellt er sich zu. Zugesellt giebt er Gehör. Offenen Ohres hört er die Lehre. Hat er die Lehre gehört behält er sie. Hat er die Sätze behalten betrachtet er den Inhalt. {585} Hat er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze Einsicht. Indem ihm die Sätze Einsicht gewähren billigt er sie. Indem er sie billigt lässt er sie gelten. Hat er sie gelten lassen wägt er ab. Hat er abgewogen arbeitet er. Und weil er innig arbeitet verwirklicht er eben leibhaftig die höchste Wahrheit, und weise durchbohrend erschaut er sie. Insofern, Bhāradvājo, kommt man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachkommen, und insofern erklären wir was der Wahrheit Nachkunft sei: doch ist es noch nicht der Wahrheit Nachfolge.«

»Insofern, o Gotamo, kommt man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachkommen, und insofern verstehn wir was der Wahrheit Nachkunft sei. Inwiefern aber, o Gotamo, folgt man der Wahrheit nach? Wie kann[S. 601] man der Wahrheit nachfolgen? Was der Wahrheit Nachfolge sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Eben diese Dinge, Bhāradvājo, pflegen und entwickeln und ausbilden ist der Wahrheit Nachfolge. Insofern, Bhāradvājo, folgt man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachfolgen, und insofern erklären wir was der Wahrheit Nachfolge sei.«

»Insofern, o Gotamo, folgt man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit nachfolgen, und insofern verstehn wir was der Wahrheit Nachfolge sei. Was ist aber wichtig, o Gotamo, um der Wahrheit nachzufolgen? Was um der Wahrheit nachzufolgen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um der Wahrheit nachzufolgen, Bhāradvājo, ist arbeiten wichtig. Wer da nicht arbeitet kann nicht der Wahrheit nachfolgen. Doch weil er arbeitet folgt er der Wahrheit nach. Darum ist um der Wahrheit nachzufolgen {586} arbeiten wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um zu arbeiten? Was um zu arbeiten wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um zu arbeiten, Bhāradvājo, ist abwägen wichtig. Wer da nicht abwägt kann nicht arbeiten. Doch weil er abwägt arbeitet er. Darum ist um zu arbeiten abwägen wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um abzuwägen? Was um abzuwägen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um abzuwägen, Bhāradvājo, ist geltenlassen wichtig. Wer da nicht gelten lässt kann nicht abwägen. Doch weil er gelten lässt wägt er ab. Darum ist um abzuwägen geltenlassen wichtig.«

[S. 602]

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um geltenzulassen? Was um geltenzulassen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um geltenzulassen, Bhāradvājo, ist billigen wichtig. Wer da nicht billigt kann nicht geltenlassen. Doch weil er billigt lässt er gelten. Darum ist um geltenzulassen billigen wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um zu billigen? Was um zu billigen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um zu billigen, Bhāradvājo, ist es wichtig, dass die Sätze Einsicht gewähren. Wem da die Sätze keine Einsicht gewähren, der kann nicht billigen. Doch weil ihm die Sätze Einsicht gewähren billigt er. Darum ist es um zu billigen wichtig, dass die Sätze Einsicht gewähren.«[250]

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, auf dass die Sätze Einsicht gewähren? Was um der Sätze Einsichtgewährung wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Auf dass die Sätze Einsicht gewähren, Bhāradvājo, ist es wichtig den Inhalt betrachten. {587} Wer da nicht den Inhalt betrachtet, dem können die Sätze keine Einsicht gewähren. Doch weil er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze Einsicht. Darum ist es um der Sätze Einsichtgewährung wichtig den Inhalt betrachten.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um den Inhalt zu betrachten? Was um den Inhalt zu betrachten wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um den Inhalt zu betrachten, Bhāradvājo, ist es wichtig die Sätze behalten. Wer da nicht die Sätze behält kann nicht den Inhalt betrachten. Doch weil er die Sätze behält betrachtet er den Inhalt. Darum ist es um den Inhalt zu betrachten wichtig die Sätze behalten.«

[S. 603]

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um die Sätze zu behalten? Was um die Sätze zu behalten wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um die Sätze zu behalten, Bhāradvājo, ist es wichtig die Lehre hören. Wer da die Lehre nicht hört kann die Sätze nicht behalten. Doch weil er die Lehre hört kann er die Sätze behalten. Darum ist es um die Sätze zu behalten wichtig die Lehre hören.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um die Lehre zu hören? Was um die Lehre zu hören wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um die Lehre zu hören, Bhāradvājo, ist Gehör geben wichtig. Wer da nicht Gehör giebt kann die Lehre nicht hören. Doch weil er Gehör giebt hört er die Lehre. Darum ist es um die Lehre zu hören wichtig Gehör geben.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um Gehör zu geben? {588} Was um Gehör zu geben wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um Gehör zu geben, Bhāradvājo, ist zugesellen wichtig. Wer sich da nicht zugesellt kann nicht Gehör geben. Doch weil er sich zugesellt giebt er Gehör. Darum ist es um Gehör zu geben wichtig sich zugesellen.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um sich zuzugesellen? Was um sich zuzugesellen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um sich zuzugesellen, Bhāradvājo, ist herankommen wichtig. Wer da nicht herankommt kann sich nicht zugesellen. Doch weil er herankommt gesellt er sich zu. Darum ist um sich zuzugesellen wichtig herankommen.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um heranzukommen?[S. 604] Was um heranzukommen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um heranzukommen, Bhāradvājo, ist Vertrauen wichtig. Wer da kein Vertrauen hat kann nicht herankommen. Doch weil er Vertrauen hat kommt er heran. Darum ist um heranzukommen Vertrauen wichtig.«

»Was der Wahrheit Nachgehn sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was der Wahrheit Nachgehn ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was der Wahrheit Nachkunft sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was der Wahrheit Nachkunft ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was der Wahrheit Nachfolge sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was der Wahrheit Nachfolge ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was um der Wahrheit nachzufolgen wichtig sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: {589} was um der Wahrheit nachzufolgen wichtig ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was wir eben auch Herrn Gotamo gefragt haben, das hat eben auch Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. — Wir haben ja früher, o Gotamo, also gedacht: ›Was sind das doch für kahlköpfige Asketen da, ein dreistes Gesindel, einer dem anderen auf den Fersen: was werden die von Wahrheit wissen!‹ Erzeugt hat mir, wahrlich, Herr Gotamo Asketenliebe zu den Asketen, Asketenfreude an den Asketen, Asketenehrfurcht vor den Asketen. — Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa,[S. 605] o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[251]


96.

Zehnter Theil

Sechste Rede

ESUKĀRĪ

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Esukārī[252] der Priester dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Esukāri der Priester zum Erhabenen also:

»Die Priester, o Gotamo, verkünden die viererlei Pflichten: sie verkünden die Pflichten des Priesters, verkünden die Pflichten des Kriegers, verkünden die Pflichten des Bürgers, verkünden die Pflichten des Dieners. {590} Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Priesters an: ›Der Priester darf dem Priester dienen, der Krieger darf dem Priester dienen, der Bürger darf dem[S. 606] Priester dienen, der Diener darf dem Priester dienen.‹ Das geben, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Priesters an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Kriegers an: ›Der Krieger darf dem Krieger dienen, der Bürger darf dem Krieger dienen, der Diener darf dem Krieger dienen.‹ Das geben, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Kriegers an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Bürgers an: ›Der Bürger darf dem Bürger dienen, der Diener darf dem Bürger dienen.‹ Das geben, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Bürgers an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Dieners an: ›Der Diener nur darf dem Diener dienen: wer wird auch anders einem Diener dienen?‹ Das geben, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Dieners an. Die Priester, o Gotamo, verkünden diese viererlei Pflichten. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Sag’ mir doch, Priester: giebt das die ganze Welt den Priestern zu, dass diese viererlei Pflichten gelten sollen?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gleichwie etwa, Priester, wenn da ein Mann wäre, arm, unfrei, unselbständig; und man nöthigte ihm gegen seinen Willen einen Bissen auf: ›Da hast du, lieber Mann, ein Stück Fleisch zu essen, {591} und das musst du mit Geld bezahlen‹: ebenso nun auch, Priester, haben sich die Priester mit den anderen Priestern und Asketen nicht verständigt, sondern sie verkünden eben diese viererlei Pflichten. Ich sage nicht, Priester, dass man jedem dienen solle; ich sag’ auch nicht, Priester, dass man keinem dienen solle. Denn wer da, Priester, indem er einem[S. 607] dient, durch den Dienst schlechter würde, nicht besser: dem, sag’ ich, soll man nicht dienen. Doch wer da, Priester, indem er einem dient, durch den Dienst besser würde, nicht schlechter: dem, sag’ ich, soll man dienen. Wenn man da, Priester, einen Krieger fragte: ›In wessen Dienste dienend du schlechter würdest, nicht besser; und in wessen Dienste dienend du besser würdest, nicht schlechter: eines wessen Dienst möchtest du da wählen?‹, so würde wohl, Priester, der Krieger rechte Antwort also geben: ›In wessen Dienste dienend ich schlechter würde, nicht besser: dem mag ich nicht dienen; in wessen Dienste dienend ich aber besser würde, nicht schlechter: dem mag ich dienen.‹ Wenn man da, Priester, einen Priester fragte, einen Bürger, einen Diener fragte: ›In wessen Dienste dienend du schlechter würdest, nicht besser; und in wessen Dienste dienend du besser würdest, nicht schlechter: eines wessen Dienst möchtest du da wählen?‹, so würde wohl, Priester, der Priester und der Bürger und der Diener rechte Antwort also geben: ›In wessen Dienste dienend ich schlechter würde, nicht besser: dem mag ich nicht dienen; in wessen Dienste dienend ich aber besser würde, nicht schlechter: {592} dem mag ich dienen.‹

»Ich sage nicht, Priester, dass hohe Geburt besser mache; ich sag’ auch nicht, Priester, dass hohe Geburt schlechter mache. Ich sage nicht, Priester, dass große Schönheit besser mache; ich sag’ auch nicht, Priester, dass große Schönheit schlechter mache. Ich sage nicht, Priester, dass großer Reichthum besser mache: ich sag’ auch nicht, Priester, dass großer Reichthum schlechter mache.[253] Auch von hoher Geburt ist ja da, Priester,[S. 608] mancher ein Mörder, ist ein Dieb, ist ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ist ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit: darum sag’ ich nicht, dass hohe Geburt besser mache. Auch von hoher Geburt ist ja da, Priester, mancher kein Mörder, ist kein Dieb, ist kein Wüstling, Lügner, Verleumder, ist kein Zänker und Schwätzer, ist nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt: darum sag’ ich nicht, dass hohe Geburt schlechter mache. {593} Auch mit großer Schönheit, Priester, auch mit großem Reichthum ist ja da mancher ein Mörder, ist ein Dieb, ist ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ist ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit: darum sag’ ich nicht, dass große Schönheit, großer Reichthum besser mache. Auch mit großer Schönheit, Priester, auch mit großem Reichthum ist ja da mancher kein Mörder, ist kein Dieb, ist kein Wüstling, Lügner, Verleumder, ist kein Zänker und Schwätzer, ist nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt: darum sag’ ich nicht, dass große Schönheit, großer Reichthum schlechter mache. Ich sage nicht, Priester, dass man jedem dienen solle; ich sag’ auch nicht, Priester, dass man keinem dienen solle. Denn bei wem da, Priester, indem er einem dient, durch den Dienst das Vertrauen zunimmt, die Tugend zunimmt, die Erfahrung zunimmt, der Opfermuth zunimmt, die Weisheit zunimmt: {594} dem, sag’ ich, soll man dienen.«

Nach diesen Worten wandte sich Esukārī der Priester also an den Erhabenen:

»Die Priester, o Gotamo, verkünden vier Arten von Besitz: sie verkünden das Besitzthum des Priesters, verkünden das Besitzthum des Kriegers, verkünden das [S. 609]Besitzthum des Bürgers, verkünden das Besitzthum des Dieners. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Priesters Almosenspende an; ein Priester aber, der das Besitzthum von Almosenspende verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Priesters an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Kriegers Bogen und Köcher an; ein Krieger aber, der das Besitzthum von Bogen und Köcher verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Kriegers an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Bürgers Feldbau und Viehzucht an; ein Bürger aber, der das Besitzthum von Feldbau und Viehzucht verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Bürgers an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Dieners Hippe und Tragstock an; ein Diener aber, der das Besitzthum von Hippe und Tragstock verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Dieners an. {595} Die Priester, o Gotamo, verkünden diese vier Arten von Besitz. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Und sag’ mir, Priester: giebt das die ganze Welt den Priestern zu, dass diese vier Arten von Besitz gelten sollen?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gleichwie etwa, Priester, wenn da ein Mann wäre, arm, unfrei, unselbständig; und man nöthigte ihm gegen[S. 610] seinen Willen einen Bissen auf: ›Da hast du, lieber Mann, ein Stück Fleisch zu essen, und das musst du mit Geld bezahlen‹: ebenso nun auch, Priester, haben sich die Priester mit den anderen Priestern und Asketen nicht verständigt, sondern sie verkünden eben diese vier Arten von Besitz. Ich aber, Priester, verkünde ein heiliges, überweltliches Recht als Besitzthum des Menschen; mag sich auch einer seiner einstigen Abstammung von Vater und Mutter erinnern, wo er eben also und also erzeugt und geboren eben diesen und diesen Namen erhalten hat: im Kriegergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Krieger‘ genannt, im Priestergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Priester‘ genannt, im Bürgergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Bürger‘ genannt, im Dienergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Diener‘ genannt. Gleichwie etwa, Priester, woher da eben Feuer entfacht eben danach genannt wird, von Holz entfacht eben ‚Holzfeuer‘ genannt, von Reisig entfacht eben ‚Reisigfeuer‘ genannt, von Heu entfacht eben ‚Heufeuer‘ genannt, {596} von Dung entfacht eben ‚Dungfeuer‘ genannt: ebenso nun auch, Priester, verkünde ich ein heiliges, überweltliches Recht als Besitzthum des Menschen; mag sich auch einer seiner einstigen Abstammung von Vater und Mutter erinnern, wo er eben also und also erzeugt und geboren eben diesen und diesen Namen erhalten hat: im Kriegergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Krieger‘ genannt, im Priestergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Priester‘ genannt, im Bürgergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Bürger‘ genannt, im Dienergeschlechte erzeugt und geboren eben ‚Diener‘ genannt. Wer da, Priester, aus einem Kriegergeschlechte vom Hause fort in die[S. 611] Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt ist, hat Aechtes erwirkt, heilsames Recht. Wer da, Priester, aus einem {597} Priestergeschlechte oder Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt ist, hat Aechtes erwirkt, heilsames Recht. — Was meinst du wohl, Priester: kann da nur ein Priester hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo, kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in die {598} Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht, nicht[S. 612] begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht. — Was meinst du wohl, Priester: darf da nur ein Priester, mit Schwamm und Seife versehn, zum Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz abzuwaschen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo, darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz abzuwaschen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz abzuwaschen.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem {599} Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht. — Was meinst du wohl, Priester: es ließe da der König, der Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, eine Schaar von hundert Männern verschiedener Geburt zu sich bescheiden: ›Kommt, ihr Lieben, die ihr da von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammt, und nehmt ein Reibholz vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, und erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor! Und kommt auch ihr Lieben, die ihr da von Treibern, Jägern,[S. 613] Korbflechtern, {600} Radmachern, Gärtnern abstammt, und nehmt ein Reibholz von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, und erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor!‹ Was meinst du wohl, Priester: wenn da von denen, die von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann wohl dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden? Und wenn da von denen, die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann wohl dieses Feuer keine Flamme und keinen Glanz und keine Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer zu Feuerzwecken nicht verwenden?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! ist da, o Gotamo, von denen, die von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Und ist da von denen, die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, {601} Gärtnern abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat auch[S. 614] dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann auch dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Denn ein jedes Feuer, o Gotamo, hat Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann ein jedes Feuer zu Feuerzwecken verwenden.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, {602} nicht gehässig, recht gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht.«

Nach diesen Worten sprach Esukārī der Priester also zum Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[254]


97.

Zehnter Theil

Siebente Rede

DHANAÑJANI

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Um diese Zeit nun hielt sich der ehrwürdige Sāriputto,[S. 615] mit vielen Mönchen weiterwandernd, bei Dakkhiṇāgiri auf. Da nun begab sich einer der Mönche, der zu Rājagaham die Regenzeit zugebracht hatte, nach Dakkhiṇāgiri, dorthin wo der ehrwürdige Sāriputto weilte. Dort angelangt wechselte er mit dem ehrwürdigen Sāriputto höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und setzte sich seitwärts nieder. Und zu jenem Mönche, der da seitwärts saß, sprach nun der ehrwürdige Sāriputto also:

»Ist wohl, Bruder, der Erhabene rüstig und munter?«

»Rüstig, Bruder, ist der Erhabene und munter.«

»Und ist auch, Bruder, die Jüngerschaar rüstig und munter?«

»Auch die Jüngerschaar, Bruder, ist rüstig und munter.«

»Da lebt, Bruder, zu Taṇḍulapāladvārā ein Priester Namens Dhanañjani: ist wohl, Bruder, dieser Priester Dhanañjani rüstig und munter?«

»Auch Dhanañjani, Bruder, der Priester, ist rüstig {603} und munter.«

»Und ist wohl, Bruder, Dhanañjani der Priester recht beflissen?«

»Und wie gar, Bruder, ist Dhanañjani der Priester recht beflissen! Dhanañjani, Bruder, der Priester, verlästert beim König die priesterlichen Hausväter: und bei den priesterlichen Hausvätern verlästert er den König. Seine Gattin, die fromm war, aus frommem Hause heimgeführt die ist ihm gestorben, und er hat eine andere Gattin, die unfromm ist, aus unfrommem Hause, geheirathet.«

»Schlechtes, wahrlich, Bruder, haben wir gehört, da[S. 616] wir gehört haben wie unbeflissen Dhanañjani der Priester ist. Möchten wir doch gelegentlich einmal mit Dhanañjani dem Priester zusammentreffen, auf dass da irgend eine Unterredung stattfände.«

Und der ehrwürdige Sāriputto begab sich nun, da er nach Belieben zu Dakkhiṇāgiri geweilt hatte, auf die Wanderung nach Rājagaham, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Rājagaham weilte nun der ehrwürdige Sāriputto, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Und der ehrwürdige Sāriputto, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Rājagaham um Almosenspeise. Um diese Zeit aber ließ Dhanañjani der Priester nahe der Stadt seine Kühe im Kuhstalle melken.

Nachdem nun der ehrwürdige Sāriputto in der Stadt um Almosenspeise gestanden hatte, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann zu Dhanañjani dem Priester hin. Und Dhanañjani der Priester sah den ehrwürdigen Sāriputto von ferne herankommen; und als er ihn gesehn ging er ihm entgegen und sprach ihn also an:

{604} »Nur näher, Herr Sāriputto, Milch zu trinken: schon wird es Zeit zum Mahle sein.«

»Genug, Priester: fertig bin ich für heute mit dem Mahle. Am Fuße jenes Baumes werd’ ich bis Abend verweilen; dort magst du hinkommen.«

»Wohl, Herr!« entgegnete da zustimmend Dhanañjani der Priester dem ehrwürdigen Sāriputto.

Und Dhanañjani der Priester begab sich nach dem Mahle, als er den Morgenimbiss eingenommen, dorthin wo der ehrwürdige Sāriputto weilte. Dort angelangt [S. 617]wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem ehrwürdigen Sāriputto und setzte sich seitwärts hin. Und zu Dhanañjani dem Priester, der da seitwärts saß, sprach nun der ehrwürdige Sāriputto also:

»Bist du wohl, Dhanañjani, recht beflissen?«

»Und wie, o Sāriputto, sind wir recht beflissen, die wir Vater und Mutter zu ernähren, Weib und Kind zu ernähren, Knecht- und Dienergesinde zu ernähren haben, die wir Freunden und Genossen Freundes- und Genossendienste zu leisten, Verwandten und Vettern Verwandten- und Vetterdienste zu leisten haben, den Gästen Gastfreundschaft gewähren, den Manen Manendienst, den Göttern Gottesdienst, dem König Königsdienst darbringen müssen, und auch den Körper da hegen und pflegen sollen!«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um Vater und Mutter willen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um Vater und Mutter willen falsch und unrecht gelebt: lasst mich von hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa seinen Eltern gegönnt: ›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt: {605} lasst ihn von hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um Weib und Kinder willen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um Weib und Kindes willen falsch und[S. 618] unrecht gelebt: lasst mich von hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa seinem Weibe und Kinde gegönnt: ›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um der Knechte und Diener willen, um der Freunde und Genossen, Verwandten und Vettern, um der Gäste willen, habe um der Manen, um der Götter, um des Königs willen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um jener willen falsch und unrecht gelebt: {606} lasst mich von hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa jenen gegönnt: ›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen Wächtern; {608} wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht gelebt: lasst mich von hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa den anderen für ihn gegönnt: ›Er hat um den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch [S. 619]jammerte ließen ihn da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um Vater und Mutter willen falsch und unrecht lebte, oder wer um Vater und Mutter willen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um Vater und Mutter willen falsch und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o Sāriputto, um Vater und Mutter willen wahr und recht lebte, ist das eben da besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete Beschäftigungen, die es ermöglichen Vater und Mutter zu ernähren ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen. — Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um Weib und Kindes willen falsch und unrecht lebte, oder wer um Weib und Kindes willen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um Weib und Kindes willen falsch und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o Sāriputto, um Weib und Kindes willen wahr und recht lebte, ist das eben da besser. {609} Denn dem falschen und unrechten Leben, o Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete Beschäftigungen, die es ermöglichen Weib und Kind zu ernähren ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen. — Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um der Knechte und Diener willen, um der Freunde und Genossen, Verwandten und Vettern, um der[S. 620] Gäste willen, wer um der Manen, um der Götter, um des Königs willen falsch und unrecht lebte, oder wer um ihretwillen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um jener willen falsch und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o Sāriputto, {610} um jener willen wahr und recht lebte, ist das eben da besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete Beschäftigungen, die es ermöglichen jenen gerecht zu werden ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen. — Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht lebte, oder wer um den Körper zu hegen und zu pflegen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o Sāriputto, um den Körper zu hegen und zu pflegen wahr und recht lebte, ist das eben da besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete Beschäftigungen, die es ermöglichen den Körper zu hegen und zu pflegen ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen.«

{613}Da war denn Dhanañjani der Priester durch des ehrwürdigen Sāriputto Rede erfreut und befriedigt; und er stand auf und entfernte sich.

[S. 621]


Und Dhanañjani der Priester wurde späterhin unwohl, leidend, schwerkrank. Und Dhanañjani der Priester wandte sich an einen seiner Leute:

»Geh’, lieber Mann, und begieb dich zum Erhabenen hin und bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar‹; dann geh’ zum ehrwürdigen Sāriputto hin und bring’ dem ehrwürdigen Sāriputto zu Füßen meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem ehrwürdigen Sāriputto zu Füßen Gruß dar;‹ und füge hinzu: ›gut wär’ es‹, sagt’ er, o Herr, ›wenn der ehrwürdige Sāriputto nach dem Hause Dhanañjani des Priesters kommen wollte, von Mitleid bewogen.‹«

»Wohl, Herr!« entgegnete da gehorsam jener Mann Dhanañjani dem Priester. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach er also zum Erhabenen:

»Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar.«

Dann begab er sich zum ehrwürdigen Sāriputto hin, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach er also zum ehrwürdigen Sāriputto:

{614} »Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem ehrwürdigen Sāriputto zu Füßen Gruß dar; und er lässt sagen, gut wär’ es, o Herr, wenn der ehrwürdige Sāriputto nach dem Hause[S. 622] Dhanañjani des Priesters kommen wollte, von Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Sāriputto die Bitte.

Und der ehrwürdige Sāriputto rüstete sich, nahm Mantel und Schaale und begab sich nach dem Hause Dhanañjani des Priesters. Dort angelangt nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und er wandte sich also an Dhanañjani den Priester:

»Fühlst du dich, Dhanañjani, schon wohler, geht es dir etwas besser, nehmen die Schmerzen wieder ab und nicht zu, merkt man, dass sie nachlassen und nicht zunehmen?«

»Nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie etwa, o Sāriputto, wenn ein starker Mann mit scharfer Dolchspitze die Schädeldecke zerhämmerte, ebenso nun auch, o Sāriputto, schlagen mir überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf: nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie etwa, o Sāriputto, wenn ein starker Mann feste Riemenstränge auf dem Kopfe peitschend tanzen ließe, ebenso nun auch, o Sāriputto, hab’ ich im Kopfe betäubende Kopfgefühle: nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. {615} Gleichwie etwa, o Sāriputto, wenn ein geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle mit [S. 623]scharfem Schlachtmesser den Bauch durchschlitzte, ebenso nun auch, o Sāriputto, schneiden mir überheftige Strömungen durch den Bauch: nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie etwa, o Sāriputto, wenn zwei starke Männer einen schwächeren Mann an beiden Armen ergriffen und in eine Grube voll glühender Kohlen hineinquälten, hineinrollten, ebenso nun auch, o Sāriputto, hab’ ich im Körper überheftig glühende Quaal: nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, die Hölle oder der thierische Schooß?«

»Vor der Hölle, o Sāriputto, ist der thierische Schooß besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der thierische Schooß oder das Gespensterreich?«

»Vor dem thierischen Schooße, o Sāriputto, ist das Gespensterreich besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, das Gespensterreich oder die Menschenwelt?«

»Vor dem Gespensterreich, o Sāriputto, ist die Menschenwelt besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, die Menschenwelt oder der Himmel der Vier großen Könige?«

»Vor der Menschenwelt, o Sāriputto, ist der Himmel der Vier großen Könige besser.«

[S. 624]

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, {616} der Himmel der Vier großen Könige oder der Himmel der Dreiunddreißig Götter?«[255]

»Vor dem Himmel der Vier großen Könige, o Sāriputto, ist der Himmel der Dreiunddreißig Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der Dreiunddreißig Götter oder der Himmel der Schattengötter?«

»Vor dem Himmel der Dreiunddreißig Götter, o Sāriputto, ist der Himmel der Schattengötter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der Schattengötter oder der Himmel der Säligen Götter?«

»Vor dem Himmel der Schattengötter, o Sāriputto, ist der Himmel der Säligen Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der Säligen Götter oder der Himmel der Götter der unbeschränkten Freude?«

»Vor dem Himmel der Säligen Götter, o Sāriputto, ist der Himmel der Götter der unbeschränkten Freude besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der Götter der unbeschränkten Freude oder der Himmel der Jenseit der unbeschränkten Freude weilenden Götter?«

»Vor dem Himmel der Götter der unbeschränkten Freude, o Sāriputto, ist der Himmel der Jenseit der unbeschränkten Freude weilenden Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der Jenseit der unbeschränkten Freude weilenden Götter oder die Brahmawelt?«

[S. 625]

»‚Brahmawelt‘ hat Herr Sāriputto gesagt, ‚Brahmawelt‘ hat Herr Sāriputto gesagt!«

Da gedachte nun der ehrwürdige Sāriputto: ›Diese Priester sind der Brahmawelt zugeneigt[256]: wie, wenn ich nun Dhanañjani dem Priester den Weg zeigte, der zu Brahmā führt?‹

»Den Weg, Dhanañjani, der zu Brahmā führt, werd’ ich dir zeigen: hör’ es und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Dhanañjani der Priester dem ehrwürdigen Sāriputto. Der ehrwürdige Sāriputto sprach also:

»Was ist das also, Dhanañjani, für ein Weg, der zu Brahmā führt? {617} Da strahlt, Dhanañjani, ein Mönch liebevollen Gemüthes weilend nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Das ist, Dhanañjani, der Weg, der zu Brahmā führt. Weiter sodann, Dhanañjani: erbarmenden Gemüthes, freudevollen Gemüthes, unbewegten Gemüthes weilend strahlt ein Mönch nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Das ist, Dhanañjani, der Weg, der zu Brahmā führt.«

»Wohl denn, o Sāriputto! Und bring’ dem Erhabenen[S. 626] zu Füßen meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar.‹«

Und der ehrwürdige Sāriputto, der Dhanañjani den Priester, obzwar noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt eingeführt hatte, erhob sich nun von seinem Sitze und ging fort.

Bald aber, nachdem der ehrwürdige Sāriputto fortgegangen war, starb Dhanañjani der Priester und erschien in der Brahmawelt wieder.


Und der Erhabene wandte sich an die Mönche:

{618} »Es hat, ihr Mönche, Sāriputto Dhanañjani den Priester, obzwar noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt eingeführt, ist dann aufgestanden und fortgangen.«

Und der ehrwürdige Sāriputto kam zum Erhabenen heran, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der ehrwürdige Sāriputto zum Erhabenen also:

»Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar.«

»Warum hast du doch, Sāriputto, Dhanañjani den Priester, obzwar noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt eingeführt, bist dann aufgestanden und fortgegangen?«

»Ich habe, o Herr, gedacht: ›Diese Priester sind der Brahmawelt zugeneigt: wie, wenn ich nun [S. 627]Dhanañjani dem Priester den Weg zeigte, der zu Brahmā führt?‹«

»Gestorben ist, Sāriputto, Dhanañjani der Priester, in der Brahmawelt wiedererschienen.«[257]


98.

Zehnter Theil

Achte Rede

VĀSEṬṬHO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Icchānaṉgalam, im Waldgehölz von Icchānaṉgalam.

Um diese Zeit nun hielten sich viele wohlbekannte, wohlberühmte hochmögende Priester zu Icchānaṉgalam auf, als da waren Caṉkī der Priester, Tārukkho der Priester, Pokkharasāti der Priester, Jāṇussoṇi der Priester, {619} Todeyyo der Priester, und noch andere wohlbekannte, wohlberühmte hochmögende Priester.[258]

Als nun eines Tages Vāseṭṭho und Bhāradvājo, zwei junge Brāhmanen, auf einem Spaziergange lustwandelnd sich ergingen, kam folgende Rede unter ihnen auf:

»Sagt mir, Herr, wie man Priester wird!«

Bhāradvājo der junge Brāhmane gab also Antwort:

»Wenn da, Herr, einer beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt, ist er insofern, Herr, ein Priester.«

Vāseṭṭho der junge Brāhmane gab also Antwort:

»Wer da, Herr, tugendhaft ist und gewissenhaft lebt[259], ist insofern, Herr, ein Priester.«

[S. 628]

Aber weder vermochte Bhāradvājo der junge Brāhmane Vāseṭṭho den jungen Brāhmanen zu seiner Ansicht zu bringen, noch auch vermochte Vāseṭṭho der junge Brāhmane Bhāradvājo den jungen Brahmanen zu sich zu bekehren. Da wandte sich denn der junge Vāseṭṭher also an den jungen Bhāradvājer:

»Es hält sich da, o Bhāradvājo, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, bei Icchānaṉgalam auf, im Waldgehölz bei Icchānaṉgalam. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Wir wollen uns, o Bhāradvājo, dorthin begeben wo der Asket Gotamo weilt und den Asketen Gotamo darum befragen: wie es uns der Asket Gotamo erklären wird, so wollen wir es halten.«

»Gut, Herr!« sagte da zustimmend der junge Bhāradvājer {620} zum jungen Vāseṭṭher.

Und die beiden jungen Brāhmanen Vāseṭṭho und Bhāradvājo begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschten sie höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der junge Vāseṭṭher den Erhabenen mit den Sprüchen an:

»Als Kenner sind wir anerkannt,
In drei der Veden eingeweiht:
Pokkharasāti lehrte mich,
Tārukkho Diesen, meinen Freund.
[S. 629]
»Was Vedendeuter kundgethan,
Vollkommen haben wir’s gemerkt,
Behalten sinnig Satz um Satz
Und sprechen wie ein Meister spricht.
»Als von Geburt die Rede war
Erstand ein Streit uns, Gotamo:
‚Ein Priester ist man durch Geburt‘,
Behauptet Bhāradvājo hier,
Ich aber sage: durch die That;
Du sollst es wissen, Seherfürst!
»Und keiner können beide wir
Zufrieden mit einander sein:
Den Herrn zu fragen sind wir da,
Den Auferwachten, hochberühmt.
»Gleichwie der vollgewordne Mond,
Hervorgekommen, fromm begrüßt
Vom Volke, froh gefeiert wird,
So preisen sie auch deinen Preis.[260]
»Das Auge, das der Welt erwuchs,
Befragt sei von uns Gotamo:
Ist man ein Priester durch Geburt,
Ist man es durch die That allein?
Die Ungewissen weise du,
Auf dass den Priester wir verstehn.«

Der Herr:

»So will ich denn erklären euch
Der Reihe nach und recht genau
[S. 630] {621}
Der Wesen mancherlei Geburt,
Von einer Art zur andern Art.[261]
»Das Gras, ihr kennt es, kennt den Baum,
Doch euch erkennen diese nicht:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
»Die Kerfe dann, was kriecht und fliegt,
Ameisen, Asseln insgesammt:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
»Vierfüß’ge Thiere, klein und groß,
Auch sind euch diese wohlbekannt:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
»Bauchläufer kennt ihr, was da schleicht
Als Schlange hin, als Echse her:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
»Und Fische kennt ihr, was da schwimmt
Und schweifend in Gewässern west:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
»Die Vögel kennt ihr, was da schwebt,
Auf Schwingen durch die Lüfte zieht:
Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
Von einer Art zur andern Art.
[S. 631]
»Wie nun bei diesen Arten hier
Bestimmt ist einzeln jeder Stamm,
So gilt es bei den Menschen nicht,
Dass einzeln sei der Stamm bestimmt.
»An Haaren nicht, am Haupte nicht,
An Ohren und an Augen nicht,
Am Munde nicht, an Lippen nicht,
An Nase nicht, an Brauen nicht,
»Am Halse nicht, an Schultern nicht,
Am Bauche nicht, am Rücken nicht,
An Brust nicht und an Hüften nicht,
An After nicht und nicht an Schaam,
»An Händen und an Füßen nicht,
{622}
An Fingern und an Nägeln nicht,
An Schienen und an Schenkeln nicht,
Nicht an Gestalt und Stimme nicht
Ist einzeln jeder Stamm bestimmt
Wie bei den andern Arten hier.
»Gemeinsam ist ein jeder Mensch
Mit seinem Leibe so begabt[262]:
Was Menschen unterschieden macht,
Es ist ein Name, den man giebt.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der von der Viehzucht sich ernährt,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Bauer heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der durch ein Handwerk sich erhält,
[S. 632]
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Handwerker heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der sich durch Handel unterhält,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Händler heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der sich in Andrer Dienst erhält,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Dienstmann heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der nimmt was ihm nicht angehört,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Räuber heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der sich um Sold verdungen hat,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Söldner heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der Opferamt bei Hofe hält,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
Ein Opfrer heißt er; Priester nicht.
»Wer es von Menschen immer sei,
Der über Land und Leute herrscht,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
{623}
Ein König heißt er; Priester nicht.
»Nicht kann als Priester gelten mir
Ein fleischgeborner Muttersohn;
[S. 633]
Wohl spricht er andre eifrig an[263]
Und strebt nach diesem, strebt nach dem:
Wer nichts erstrebt, wer nichts mehr nimmt,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer jedes Band durchschnitten hat,
Wer nimmer bange Furcht erfährt,
Der Ueberwinder, fesselfrei,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer Band und Riemen, Strang und Seil
Mit Macht zerschnitten hat entzwei
Und, auferwacht, den Riegel hebt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer Schmähung, Schläge, Haft und Tod
Geduldig, ruhig, sanft erträgt,
Der Dulderheld, der herrlich taugt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Der unerzürnbar schlichte Mann,[264]
Der alles aushält, nichts verwünscht,
Der sanft das letzte Dasein lebt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Dem Tropfen gleich am Lotusblatt,
Dem Senfkorn gleich an spitzem Pfriem:
Wer an der Lust nicht hängen bleibt,
Als Priester gelten kann mir der.
»Der Leiden Ende, wer es da
Hienieden noch an sich erfährt,
Von Lasten ledig, Fesseln frei:
Als Priester gelten kann mir der.
[S. 634]
»Der tief bedacht ist, weise will,
Den Weg und Abweg deutlich schaut,
Das höchste Gut errungen hat:
Als Priester gelten kann mir der.
»Der Welt entfremdet, Brüdern fremd,
Sich keinen Menschen schließend an,
Zufrieden ohne Heim und Haus:
Als Priester gelten kann mir der.
»Verwerfend jede Waff’ und Wehr,
{624}
Nicht Thieren feind, nicht Pflanzen feind:
Wer weder tödtet, weder schlägt,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wuthlos in dieser Wüthenswelt,
Wehrlos in dieser Waffenwelt,
Wunschlos in dieser Wunscheswelt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer abgeworfen Gier und Hass
Und Hochmuth und Scheinheiligkeit,
Senfsaamen gleich von spitzem Pfriem:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer ohne Aerger, ohne Grimm
Der Wahrheit klare Sprache spricht,
Wodurch er keinen kränken kann:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer da nicht Großes, Kleines nicht,
Was fein ist, grob, schön, unschön ist,
Wer nichts von allem nehmen mag:
Als Priester gelten kann mir der.
[S. 635]
»Wer nichts erhofft von dieser Welt,
Wer nichts erhofft von jener Welt,
Von Hoffnung heil ist, fesselfrei:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer nirgend haften, hangen kann,
In Weisheit nimmer ungewiss,
Am ew’gen Ufer angelangt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer guter That und böser That,
Wer beiden Fesseln sich entwand,
Geläutert, ohne Gier und Gram:
Als Priester gelten kann mir der.[265]
»Dem reinen vollen Monde gleich,
Der klar und heiter herrlich strahlt:
Wer Gnügelust versiegen ließ,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer diesem Irrweg, diesem Sumpf,
Dem Wahn der Wandelwelt entrann,
Gerettet, welterlöst, vertieft,
Unwandelbar, unzweifelhaft,
Erloschen ohne Ueberrest:
Als Priester gelten kann mir der.
{625}
»Wer da der Liebe Glück verschmäht
Und haus- und heimlos weiterzieht,
Wer Liebeslust versiegen ließ,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wer Durst nach Dasein da verschmäht
Und haus- und heimlos weiterzieht,
[S. 636]
Wer Durst nach Dasein hat versiegt,
Als Priester gelten kann mir der.
»Entronnen diesem Menschenreich,
Entgangen aller Götterwelt,
Von jedem Joche losgelöst:
Als Priester gelten kann mir der.
»Der Lust und Unlust abgewandt,
Verglommen nirgend haftend an,
Der Ueberwinder aller Welt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Der Wesen Schwinden, wer es merkt,
Und ihr Erscheinen allzumal,
Unhaftbar, sälig, auferwacht:
Als Priester gelten kann mir der.
»Von dem nicht Götter, Geister nicht
Und Menschen nicht die Spur erspähn:
Der Wahnversieger, Weiheherr,
Als Priester gelten kann mir der.
»Wem nichts mehr gilt Vergangenheit,
Nichts Zukunft und nichts Gegenwart,
Wer nichts erstrebt, wer nichts mehr nimmt:
Als Priester gelten kann mir der.
»Der Hehre, allerbeste Held,
Der hohe Seher, siegesreich,
Vollendet, ewig, auferwacht:
Als Priester gelten kann mir der.
»Vergangen Dasein, wer das kennt,
So Unterwelt wie Oberwelt,
[S. 637]
Und die Geburten hat versiegt:
Als Priester gelten kann mir der.
{626}
»Nur Name ist es in der Welt
Den Stand und Titel darzuthun,
Von alters überkommen uns,
Gegeben weiter fort und fort.
»Was lange Zeiten man geglaubt,
Das Wort Unweiser, ihr Gebot,
Man spricht es also noch uns vor:
‚Ein Priester ist man durch Geburt.‘
»Geburt macht nicht den Priester aus,
Geburt lässt nicht Unpriester sein:
Die That macht einen Priester aus,
Die That lässt ihn Unpriester sein.
»Ein Bauer ist man durch die That,
Ist durch die That ein Handwerksmann,
Ein Händler ist man durch die That,
Ist durch die That im Dienste Knecht,
»Ein Räuber ist man durch die That,
Ist durch die That ein Kriegsoldat,
Ein Opfrer ist man durch die That,
Ist durch die That ein Landesherr.
»Getreu der Wahrheit, wohlbewährt,
Betrachten Denker so die That;
Wie eines aus dem andern folgt
Verstehn sie, was die That erwirkt.
»Durch Thaten ist die Welt bedingt,
Bedingt durch Thaten ist das Volk;
[S. 638]
Um Thaten dreht sich jedes um,
Wie um die Achse rollt das Rad.
»Ein heißer Ernst, ein keuscher Sinn,
Genugsamkeit und Selbstverzicht,
Das macht den Menschen Priester sein,
Ist allerhöchste Priesterschaft.
»Der Wissen dreifach in sich trägt,
Gestillt versiegt hat Wiedersein,
Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl,
Ist Brahmā, Sakko, recht erkannt.«

Also belehrt sagten da die jungen Brāhmanen Vāseṭṭho und Bhāradvājo zum Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge uns Herr Gotamo betrachten, {627} von heute an zeitlebens getreu.«[266]


99.

Zehnter Theil

Neunte Rede

SUBHO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun hielt sich Subho, ein junger Brāhmane, der Sohn Todeyyos, zu Sāvatthī auf, in der Wohnung eines gewissen Hausvaters, irgend eines Geschäftes halber.

[S. 639]

Wie sich nun Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, bei jenem Hausvater dort befand sprach er also zu ihm:

»Ich habe, Hausvater, reden hören, viel besucht werde Sāvatthī von Heiligen: was für einen Asketen oder Priester sollen wir da heute aufsuchen?«

»Es weilt da, o Herr, der Erhabene zu Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos: Ihn, o Herr, den Erhabenen sollst du aufsuchen.«

Da begab sich denn Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, auf den Rath jenes Hausvaters zum Erhabenen hin. Dort angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. {628} Seitwärts sitzend sprach nun Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, zum Erhabenen also:

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Wer im Hause bleibt kann Aechtes erwirken, heilsames Recht; wer vom Hause fortzieht kann es nicht.‹ Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Mancherlei sag’ ich, Brāhmane, darüber aus, nicht sag’ ich darüber einerlei aus. Ob einer, Brāhmane, im Hause bleibt, oder ob einer vom Hause fortzieht: lebt er falsch, so lob’ ich es nicht. Denn wer im Hause bleibt, Brāhmane, und wer vom Hause fortzieht: lebt er falsch, so kann er um seines falschen Lebens willen nicht Aechtes erwirken, heilsames Recht. Ob einer, Brāhmane, im Hause bleibt, oder ob einer vom Hause fortzieht: lebt er recht, so lob’ ich es. Denn wer im Hause bleibt, Brāhmane, und wer vom Hause fortzieht: lebt er recht, so kann er um [S. 640]seines rechten Lebens willen Aechtes erwirken, heilsames Recht.«

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Die viel gewichtige, viel geschäftige, viel sorghafte, viel mühsame Thätigkeit des Hauslebens trägt viel ein; die wenig gewichtige, wenig geschäftige, wenig sorghafte, wenig mühsame Thätigkeit des Pilgerlebens trägt wenig ein.‹[267] Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Auch darüber sag’ ich, Brāhmane, mancherlei aus, nicht sag’ ich darüber einerlei aus. Es giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt. Es giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt. Es giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt. {629} Es giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt. Was ist das aber, Brāhmane, für eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt? Der Ackerbau ist, Brāhmane, eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt. Und was ist es, Brāhmane, für eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt? Wiederum ist der Ackerbau, Brāhmane, eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt. Was ist das aber, Brāhmane, für eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt? Der Handel ist, Brāhmane,[S. 641] eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt. Und was ist es, Brāhmane, für eine Thätigkeit die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt? Wiederum ist der Handel, Brāhmane, eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt.

»Gleichwie nun, Brāhmane, der Ackerbau eine Thätigkeit ist, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt: ebenso auch, Brāhmane, ist das Hausleben eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt. Gleichwie nun, Brāhmane, wiederum der Ackerbau eine Thätigkeit ist, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt: {630} ebenso auch, Brāhmane, ist das Hausleben eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt. Gleichwie nun, Brāhmane, der Handel eine Thätigkeit ist, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt: ebenso auch, Brāhmane, ist das Pilgerleben eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt. Gleichwie nun, Brāhmane, wiederum der Handel eine Thätigkeit ist, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt: ebenso auch, Brāhmane, ist das Pilgerleben eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig,[S. 642] wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt.«

»Die Priester, o Gotamo, geben fünf Bedingungen an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: wenn es dir nicht schwer fällt magst du wohl diese fünf Bedingungen der Versammlung hier mittheilen.«

»Es fällt mir, o Gotamo, nicht schwer, wo so Ehrwürdige versammelt sind, oder ihnen Aehnliche.«

»Wohlan denn, Brāhmane, so rede.«

»Wahrhaftigkeit, o Gotamo, geben die Priester als erste Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Buße, o Gotamo, geben die Priester als zweite Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Keuschen Wandel, o Gotamo, geben die Priester als dritte Bedingung an, {631} um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Andacht, o Gotamo, geben die Priester als vierte Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Entsagung, o Gotamo, geben die Priester als fünfte Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Die Priester, o Gotamo, geben diese fünf Bedingungen an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Was glaubst du, Brāhmane: giebt es unter den Priestern auch nur einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Brāhmane: giebt es unter den Priestern auch nur einen Meister, oder Meister und [S. 643]Altmeister, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich selber kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Brāhmane: die da vormals der Priester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi, Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu: haben etwa diese gesagt: ›Wir selber können den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»So giebt es denn, Brāhmane, unter den Priestern auch nicht einen Priester, {632} der da gesagt hat: ›Ich selber kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹; giebt es unter den Priestern auch nicht einen Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich selber kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹; und die da vormals der Priester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi, Aṉgiraso, [S. 644]Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu: auch diese haben nicht gesagt: ›Wir selber können den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen.‹ Gleichwie etwa, Brāhmane, eine Reihe Blinder, einer dem anderen angeschlossen, und kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein letzterer sieht: ebenso nun auch, Brāhmane, als eine Reihe Blinder will mir das Reden der Priester erscheinen, wo kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein letzterer sieht.«

So berichtet wurde Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos — vom Erhabenen mit dem Gleichnisse von der Blindenreihe belehrt — unwillig und unzufrieden; und den Erhabenen lästernd und den Erhabenen tadelnd und den Erhabenen warnend — ›Ob wohl der Asket Gotamo vollbracht hat‹ — sprach er also zum Erhabenen:[268]

»Pokkharasāti, o Gotamo, der Priester, der Opamaññer von Subhagavanam, hat gesagt: ›Ebenso auch behaupten da gar manche Asketen und Priester ein überirdisches, {633} reiches Heilthum der Wissensklarheit zu besitzen: denen gereicht diese Rede nur zum Spotte, zum bloßen Namen, erweist sich ganz eitel und nichtig. Denn wie sollte wohl ein Erdensohn ein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder verwirklichen? Das ist unmöglich.‹«

»Wie denn, Brāhmane: kann der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer von Subhagavanam, auch aller Asketen und Priester Herz im Herzen schauen und erkennen?«

»Freilich, o Gotamo, nicht einmal bei seiner Magd Puṇṇikā kann der Priester Pokkharasāti,[S. 645] der Opamaññer von Subhagavanam, das Herz im Herzen schauen und erkennen: woher sollt’ er denn gar aller Asketen und Priester Herz im Herzen schauen und erkennen?«

»Gleichwie etwa, Brāhmane, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er spräche also: ›Es giebt nichts Schwarzes und Weißes, es giebt keinen, der Schwarzes und Weißes sähe; es giebt nichts Blaues und Gelbes, es giebt keinen, der Blaues und Gelbes sähe; es giebt nichts Rothes und Grünes, es giebt keinen, der Rothes und Grünes sähe; {634} es giebt nichts Gleiches und Ungleiches, es giebt keinen, der Gleiches und Ungleiches sähe; es giebt keine Sterne, es giebt keinen, der Sterne sähe; es giebt weder Mond noch Sonne, es giebt keinen, der Mond und Sonne sähe. Ich selber weiß nichts davon, ich selber seh’ nichts davon: darum ist es nicht.‹ Würde der wohl, Brāhmane, also redend recht aussagen?«

»Gewiss nicht, o Gotamo! Es giebt Schwarzes und Weißes, und man sieht es; es giebt Blaues und Gelbes, und man sieht es; es giebt Rothes und Grünes, und man sieht es; es giebt Gleiches und Ungleiches, und man sieht es; es giebt Sterne und Mond und Sonne, und man sieht sie. ›Ich selber weiß nichts davon, ich selber seh’ nichts davon: darum ist es nicht‹: also redend, o Gotamo, würde jener Mann gewiss nicht recht aussagen.«

»Ebenso nun auch, Brāhmane, ist der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam, blind und augenlos. Dass der etwa ein überirdisches, [S. 646]reiches Heilthum der Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder verwirklichen würde, ist unmöglich. — Was meinst du wohl, Brāhmane: jene hochmögenden kosalischen Priester, als da sind Caṉkī der Priester, Tārukkho der Priester, Pokkharasāti der Priester, Jāṇussoṇi der Priester, oder dein Vater Todeyyo: welche gelten bei denen als besser, {635} die da mit Zusammenhang reden können, oder ohne Zusammenhang?«[269]

»Mit Zusammenhang, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da mit Bedacht reden können, oder ohne Bedacht?«

»Mit Bedacht, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da mit Begründung reden können, oder ohne Begründung?«

»Mit Begründung, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da sinnig reden können, oder unsinnig?«

»Sinnig, o Gotamo!«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: ist es also, hat dann der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam, mit Zusammenhang geredet, oder ohne Zusammenhang?«

»Ohne Zusammenhang, o Gotamo!«

»Mit Bedacht geredet, oder ohne Bedacht?«

»Ohne Bedacht, o Gotamo!«

»Mit Begründung geredet, oder ohne Begründung?«

»Ohne Begründung, o Gotamo!«

»Sinnig geredet, oder unsinnig?«

»Unsinnig, o Gotamo!«

»Fünf giebt es, Brāhmane, der Hemmungen: welche fünf? Die Hemmung durch [S. 647]Wunscheswillen, die Hemmung durch Hassensgroll, die Hemmung durch matte Müde, die Hemmung durch stolzen Unmuth, die Hemmung durch Schwanken. Das sind, Brāhmane, die fünf Hemmungen. In diese fünf Hemmungen, Brāhmane, ist der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam, eingeschlossen, eingeschnürt, verzogen und verwickelt. Dass der etwa ein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder verwirklichen würde, ist unmöglich. Fünf giebt es, Brāhmane, der Begehrungen: welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, {636} die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Brāhmane, die fünf Begehrungen. Diesen fünf Begehrungen, Brāhmane, hat sich der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam, verlockt, geblendet, anheimgefallen, ohne das Elend zu sehn, ohne an Entrinnung zu denken, hingegeben. Dass der etwa ein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder verwirklichen würde, ist unmöglich. — Was [S. 648]meinst du wohl, Brāhmane: wenn Feuer, durch Heu und Holz genährt, entfacht würde; oder wenn Feuer, durch regengetränktes Heu und Holz genährt, entfacht würde: welches von beiden hätte da Flamme und Glanz und Leuchtkraft?«

»Wär’ es möglich, o Gotamo, Feuer, durch regengetränktes Heu und Holz genährt, zu entfachen, so hätte auch dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft.«

»Unmöglich ist es, Brāhmane, es kann nicht sein, dass Feuer, durch regengetränktes Heu und Holz genährt, entfacht werde, es sei denn durch magische Macht. Gleichwie nun, Brāhmane, als ob man Feuer, durch regengetränktes Heu und Holz genährt, entfachte, erscheint mir, Brāhmane, eine Heiterkeit, durch die fünf Begehrungen genährt.[270] Gleichwie nun, Brāhmane, als ob man Feuer, durch Heu und Holz genährt, entfachte, erscheint mir, Brāhmane, eine Heiterkeit, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen. Was ist das aber, Brāhmane, {637} für eine Heiterkeit, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen? Da weilt, Brāhmane, ein Mönch, eben fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das ist nun, Brāhmane, eine Heiterkeit gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen.

»Weiter sodann, Brāhmane: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erwirkt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das ist nun, Brāhmane, eine [S. 649]Heiterkeit gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen.

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: welche davon erklären sie als die wirksamste, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben?«

»Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: Entsagung erklären sie davon als am wirksamsten, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben.«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: es habe da irgend ein Priester eine große Opferfeier vorbereitet, und es kämen zwei andere Priester heran: ›Wir wollen dem Opferfeste dieses Priesters beiwohnen.‹ Und der eine der beiden gedächte bei sich: ›Ach dass mir doch bei dem Mahle der beste Sitz, das beste Wasser, der beste Bissen zufiele, und nicht etwa einem anderen Priester!‹ Möglich, Brāhmane, dass einem anderen Priester beim Mahle der beste Sitz, das beste Wasser, der beste Bissen zugetheilt werde, und nicht ihm. Und er würde erbittert und missvergnügt: {638} ›Ein anderer Priester hat beim Mahle den besten Sitz, das beste Wasser, den besten Bissen erhalten, nicht ich!‹ Was geben nun wohl, Brāhmane, die Priester als Vergeltung dafür an?«

»Nicht reichen ja, o Gotamo, die Priester also Almosen: ›Dadurch soll der Nächste erbittert und missvergnügt werden‹, sondern sie reichen, o Gotamo, eben aus Mitleid Almosen.«

»Ist es also, Brāhmane, so haben die Priester diesen sechsten Anlass Gutes zu thun, nämlich aus Mitleid.«

»Also ist es, o Gotamo, dass die Priester diesen [S. 650]sechsten Anlass haben Gutes zu thun, nämlich aus Mitleid.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: wo hast du diese zumeist angetroffen, bei Hausleuten oder bei den Pilgern?«

»Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: diese hab’ ich zumeist bei den Pilgern angetroffen, wenig bei Hausleuten. Wer im Hause lebt, o Gotamo, ist ja viel bethätigt, viel beschäftigt, viel besorgt, viel bemüht, nicht jederzeit ganz und gar der Wahrhaftigkeit zugethan. Wer aber dem Hause fern steht, o Gotamo, ist wenig bethätigt, wenig beschäftigt, wenig besorgt, wenig bemüht, jederzeit ganz und gar der Wahrhaftigkeit zugethan. Wer im Hause lebt, o Gotamo, ist ja viel bethätigt, viel beschäftigt, viel besorgt, viel bemüht, nicht jederzeit ganz und gar bußhaft, keusch, andächtig, entsagungsvoll. Wer aber dem Hause fern steht, o Gotamo, ist wenig bethätigt, {639} wenig beschäftigt, wenig besorgt, wenig bemüht, jederzeit ganz und gar der Buße, der Keuschheit, der Andacht, der Entsagung zugethan. Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: diese hab’ ich zumeist bei den Pilgern angetroffen, wenig bei Hausleuten.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: des Herzens Geräthe heiße ich diese, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet. Da ist, Brāhmane, ein Mönch wahrhaftig, und ›Ich bin wahrhaftig‹ weiß er und gewinnt Verständnis des Sinnes, Verständniss der Wahrheit, verständnissreife Wahrheitwonne; [S. 651]und was da heilsame Wonne ist, das heiß’ ich des Herzens Geräth, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet. Da ist, Brāhmane, ein Mönch bußhaft, keusch, andächtig, entsagungsvoll, und er weiß es und gewinnt Verständniss des Sinnes, Verständniss der Wahrheit, verständnissreife Wahrheitwonne; und was da heilsame Wonne ist, das heiß’ ich des Herzens Geräth, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet. Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: des Herzens Geräthe heiße ich diese, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet.«

Nach diesen Worten wandte sich Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, also an den Erhabenen:

»Reden hab’ ich hören, o Gotamo: ›Der Asket Gotamo kennt den Weg, {640} der zu Brahmā führt.‹«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: ist Naḷakāram das Dorf nahebei, liegt es unweit von hier?«

»Freilich, Herr, ist Naḷakāram das Dorf nahebei, es liegt unweit von hier.«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: es sei da ein Mann, in Naḷakāram von Geburt auferwachsen, und man fragte ihn, wie weit es noch des Weges nach Naḷakāram sei: würde da etwa, Brāhmane, dieser Mann, in Naḷakāram von Geburt auferwachsen, um den Weg nach Naḷakāram gefragt, irgend zögern oder zaudern?«

»Gewiss nicht, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Der Mann ist ja, o Gotamo, in Naḷakāram von Geburt auferwachsen: so kennt er denn alle die Wege nach Naḷakāram genau.«

[S. 652]

»Doch könnte, Brāhmane, dieser Mann, in Naḷakāram von Geburt auferwachsen, um den Weg nach Naḷakāram gefragt, irgend zögern oder zaudern: nicht aber kann der Vollendete, um die Brahmawelt oder den Pfad, der zur Brahmawelt führt, gefragt, irgend zögern oder zaudern. Den Brahmā kenn’ ich, Brāhmane, und die Brahmawelt und den Pfad, der zur Brahmawelt führt, und auf welche Weise man in brahmische Welt gelangt, auch das kenn’ ich.«

»Reden hab’ ich hören, o Gotamo: ›Der Asket Gotamo zeigt den Weg, der zu Brahmā führt.‹ O dass mir doch Herr Gotamo den Weg zeigte, der zu Brahmā führt!«

»Wohlan denn, Brāhmane, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Was ist das also, Brāhmane, für ein Weg, der zu Brahmā führt? {641} Da strahlt, Brāhmane, ein Mönch liebevollen Gemüthes weilend nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. In also geübter liebevoller Gemütherlösung, Brāhmane, kann beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Gleichwie etwa, Brāhmane, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten posaunen kann, ebenso nun auch, Brāhmane, kann in also [S. 653]geübter liebevoller Gemütherlösung beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Das aber ist, Brāhmane, der Weg, der zu Brahmā führt.

»Weiter sodann, Brāhmane: erbarmenden Gemüthes, freudevollen Gemüthes, unbewegten Gemüthes weilend strahlt ein Mönch nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. In also geübter erbarmender, freudevoller, unbewegter Gemütherlösung, Brāhmane, kann beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Gleichwie etwa, Brāhmane, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten posaunen kann, ebenso nun auch, Brāhmane, kann in also geübter erbarmender, freudevoller, unbewegter {642} Gemütherlösung beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Das aber ist, Brāhmane, der Weg, der zu Brahmā führt.«

Nach dieser Rede sprach Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, zum Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Gotamo die Lehre gar manigfach dargelegt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo [S. 654]Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu. — Wohlan denn, o Gotamo, jetzt wollen wir aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Brāhmane, belieben mag.«

Und Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand auf von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Um diese Zeit aber fuhr Jāṇussoṇi der Priester in einem weißen Zeltwagen aus Sāvatthī hinaus, am Nachmittage. Da sah Jāṇussoṇi der Priester den jungen Brāhmanen Subho, den Sohn Todeyyos, von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Sieh’ da, wo kommt denn der verehrte Bhāradvājo[271] her, in der Sonne des Nachmittags?«[272]

»Von dort, Lieber, vom Asketen Gotamo komme ich.«

{643} »Was meint wohl Herr Bhāradvājo: hat der Asket Gotamo große Geisteskraft? Man hält ihn für weise.«

»Wer bin ich, Lieber, dass ich über die große Geisteskraft des Asketen Gotamo urtheilen sollte? Der müsste ihm wohl gleichen, der die große Geisteskraft des Asketen Gotamo kennte!«

»Gewaltig, fürwahr, preist Herr Bhāradvājo das Lob des Asketen Gotamo!«

»Wer bin ich, Lieber, dass ich den Asketen Gotamo preisen sollte? Von Gepriesenen gepriesen wird Herr Gotamo, der Höchste der Götter und Menschen. [S. 655]Und was da, Lieber, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: nur des Herzens Geräthe sind es, hat Herr Gotamo gesagt, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet.«

Also berichtet stieg Jāṇussoṇi der Priester von seinem weißen Zeltwagen herab, entblößte eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach der Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ dann den Gruß ertönen:

»Gesegnet ist
König Pasenadi von Kosalo,
Hochgesegnet ist
König Pasenadi von Kosalo,
In dessen Reiche
Der Vollendete weilt,
Der Heilige, vollkommen Erwachte.« [273]

100.

Zehnter Theil

Zehnte Rede

SAṈGĀRAVO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der {644} Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet.

Um diese Zeit nun lebte Dhanañjānī, das Weib eines Priesters, zu Paccalakappam,[S. 656] gläubig ergeben dem Meister, der Lehre und den Jüngern.[274]

Da hielt denn Dhanañjānī das Priesterweib mit ihrer Arbeit inne und ließ dreimal den Gruß ertönen:

»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!
»Verehrung dem Erhabenen,
Dem heilig auferwachten Herrn!«

Damals aber war Saṉgāravo, ein junger Brāhmane, nach Paccalakappam gezogen, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies.

Und Saṉgāravo der junge Brāhmane hatte gehört wie Dhanañjānī das Priesterweib also gesprochen, und er wandte sich zu ihr:

»Verkümmert ist dieses Priesterweib Dhanañjānī, verkommen ist dieses Priesterweib Dhanañjānī, das ja da, wo es Priester, Kenner der drei Veden giebt, jenen kahlgeschorenen Asketen preisen mag!«[275]

»Nicht kennst du ja doch, guter Freund, des Erhabenen Tugend und Weisheit: wenn du, guter Freund, des Erhabenen Tugend und Weisheit kenntest, so würdest du, guter Freund, nicht daran denken, Ihn, den Erhabenen zu schmähen und zu schelten.«

»Wohl denn, liebe Frau: wenn einmal der [S. 657]Asket Gotamo nach Paccalakappam kommt, so lass’ es mir sagen!«

»Gern, guter Freund!« erwiderte da Dhanañjānī das Priesterweib Saṉgāravo dem jungen Brāhmanen.


Und der Erhabene wanderte im Lande Kosalo von Ort zu Ort weiter und gelangte allmälig nach Paccalakappam.

{645} Zu Paccalakappam weilte nun der Erhabene, im Mangohaine der Todeyyer Priester.

Da hörte Dhanañjānī das Priesterweib reden: ›Der Erhabene ist in Paccalakappam angekommen, weilt bei Paccalakappam, im Mangohaine der Todeyyer Priester!‹

Und Dhanañjānī das Priesterweib begab sich zu Saṉgāravo dem jungen Brāhmanen hin und meldete ihm:

»Er ist hier, guter Freund! In Paccalakappam ist der Erhabene angekommen, weilt bei Paccalakappam, im Mangohaine der Todeyyer Priester: wie es dir nun, guter Freund, belieben mag.«

»Schön, liebe Frau!« sagte da freundlich Saṉgāravo der junge Brāhmane zu Dhanañjānī dem Priesterweib.

Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Saṉgāravo der junge Brāhmane zum Erhabenen also:

»Es giebt, o Gotamo, manche Asketen und Priester, die der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben. Zu welchen aber, o Gotamo, von diesen Asketen und Priestern, die der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum [S. 658]hienieden erreicht zu haben glauben, gehört da Herr Gotamo?«

»Die der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben sind eben, sag’ ich, Bhāradvājo[276], verschieden geartet. Es giebt, Bhāradvājo, manche Asketen und Priester, die wissen vom Hörensagen her und glauben, durch Hörensagen der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben; gleichwie etwa die Dreivedenpriester. Es giebt auch, Bhāradvājo, manche Asketen und Priester, die ganz aus eigenem Dünken der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben; gleichwie etwa die Grübler und Forscher.[277] Es giebt, Bhāradvājo, manche Asketen und Priester, {646} die bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben. Zu den Asketen und Priestern, Bhāradvājo, die da bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben, zu denen gehör’ ich. Darum muss man es nun, Bhāradvājo, dem Verhältniss entsprechend beurtheilen, wie zu den Asketen und Priestern, die bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben, auch ich gehöre.«[278]

»Ernstlich hat sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, {664} ehrlich hat sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, wie das einem Heiligen, vollkommen [S. 659]Erwachten ansteht. — Sagt mir doch, Herr Gotamo: giebt es Götter?«

»Deutlich merkt man es ja, Bhāradvājo, ob es Götter giebt.«

»Wie denn, o Gotamo: auf die Frage ›Giebt es Götter‹ antwortest du ›Deutlich merkt man es ja, Bhāradvājo, ob es Götter giebt‹; dann also ist es, o Gotamo, bloße Lüge?«

»‚Giebt es Götter‘, wer also, Bhāradvājo, gefragt, ›Es giebt Götter‹ sagte, und wer ›Deutlich merkt man es ja‹ sagte: ein verständiger Mann wird da wohl den nämlichen Schluss ziehn, ob es Götter giebt.«

»Warum aber hat mir Herr Gotamo nicht sogleich Bescheid gegeben?«

»Der Edle ist einig geworden, Bhāradvājo, in der Welt, ob es Götter giebt.«

Nach diesen Worten sprach Saṉgāravo der junge Brāhmane zum Erhabenen also:

{665} »Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«




[S. 663]

ANMERKUNGEN

[*] Saṃyuttakanikāyo vol. III. p. 138 (übers. Buddhist. Anthol. S. 188). Aehnlich in der hundertsten Rede der vorliegenden Sammlung, gegen Ende, sowie an anderen Orten.

[**] Eine nicht unwillkommene Beglaubigung der einheimischen Urkunden haben jene vortrefflichen Griechen geliefert, die nach dem ALEXANDER-Zuge sich längere Zeit in Indien aufhielten und indische Dinge eifrig und liebevoll studierten: so namentlich MEGASTHENES, der zu Beginn des dritten Jahrhunderts wiederholt in der Residenz des Großvaters Asokos, im Mittelpunkte des damaligen buddhistischen Lebens, zu Pāṭaliputtam weilte. Mit scharfem Blicke hat dieser Forscher beobachtet und geschildert was er gesehn und erfahren, und die wenigen uns erhaltenen Bruchstücke seiner Aufzeichnungen hören sich manchmal wie wörtliche Quellenberichte an. Ich habe mich ihrer gelegentlich bedient und möchte hier nur, als Beispiel, die 38. Anmerkung erwähnen.

[***] Proben aus den Werken dieses außerordentlichen Mannes hat uns GRIERSON in sehr schöner Uebersetzung gegeben, Indian Antiquary, August-Oktober 1893; man wird schon da viele Gleichnissparallelen finden, die theils dem Genius des Dichters, theils aber auch der großen indischen Vergangenheit angehören.

[S. 664]

[†] nach der Smṛti, e. g. Mahābhāratam XIII, 108, 3 ff., śuddhe satyatoye dhṛtihrade snātavyaṃ mānase tīrthe... sa bāhyābhyantaraḥ śuciḥ, i. q. Majjhimanikāyo 7. Rede, p. 39, antaraṃ sinānam. Eine offenbare Blüthezeit des neogenen Buddhismus in Mittelindien noch vierzehnhundert Jahre nach seiner Entstehung hat BÜHLER aus Inschriften des achten bis zehnten Jahrhunderts, die sich an jene des vorhergehenden Jahrtausends folgerecht anschließen, Epigraphia Indica vol. II. p. 366 ff., nachgewiesen. Ein von mir erworbenes Granitbildniss des Buddho im rein indischen Jina-Stil vom Tempel bei Gayā trägt die Inschrift

[ye dharmā he] tuprabhavā hetuṃ t[e]ṣām tathāgato
[āha te]ṣā[ṃ] ca yo nirodha evamvādī mahā
[śra[ma]ṇaḥ (||)

in Lettern des zehnten bis elften Jahrhunderts. Eine etwa zweihundert Jahre spätere Inschrift, »Nach des Erhabenen Vollendung Jahr 1813« datiert, vom heutigen Sonnentempel zu Gayā, hat CUNNINGHAM im Archaeological Survey of India vol. I. p. 1 mitgetheilt und BHAGWĀNLĀL INDRĀJĪ im Indian Antiquary vol. X. p. 341–347 mit einem vorzüglichen Facsimile erklärt, ib. vol. XVII. p. 61 ff. KIELHORN eine noch spätere buddhistische Inschrift vom Jetavanam bei Sāvatthī veröffentlicht. So ist auch von außen, schon für die gröbere Wahrnehmung, durch eine ununterbrochene Reihe sprechender Ruinen, von Asoko bis in die neueren Zeiten der muhammedanischen Wüthensherrschaft, das Bestehn des Buddhismus in Indien verbürgt. Vereinzelt haben sich in Bengālen buddhistische Herrscher bis in das sechzehnte Jahrhundert — der Epoche des TULSĪDĀS — gehalten; von KERN in BÜHLERS Grundriss III. 8. p. 134 historisch belegt.

[1] zu kasaṭam cf. karṣū.

[2] Eine gute Uebersicht des unglaublich peinlichen Opferwesens hat HILLEBRANDT in seiner »Rituallitteratur« gegeben, BÜHLERS Grundriss III. 2. Vergl. daselbst p. 126 zum obigen magavisāṇena piṭṭhiṃ kaṇḍūvamāno, p. 110 zur Melksymbolik; zur gāvī sarūpavacchā die Gṛhyasūtren, e. g. Śāṃkhāyanas 5. 5. 7.

[S. 665]

[3] saṉkhalikhitam, das ich von saṉkhya0 abgeleitet habe, kann möglicherweise doch auf śaṉkha0 zurückgehn: also »angereihte Gaurī-Schnecken (Cypraea moneta)«, statt »der Reihe nach geschrieben«. Die Bedeutung ist in diesem wie jenem Falle die selbe: Punkt für Punkt.

[4] ajjhattaṃ sampasādanam; cf. Chāndogyopaniṣat VIII, 3, 4: Atha ya eṣa saṃprasādo... eṣa ātmā. Entspricht der γαληνῃ ἑτυχιᾳ τε εν τῃ ψυχῃ PLATONS, De legibus 791a.

Vergl. Bd. 1, letzte Anm.

[5] Cf. Asoko, VI. Säulenedikt i. f.: E cu iyaṃ atunā pacūpagamane, se me mokhyamate.

[6] Vergl. Manus II, 245 f.

[7] Die Stadt Aṭṭhakam ist auf der Sāñci-Stele No. 204 aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert, als Heimath eines Mönches Gaṉgadatto, bezeugt: Epigraphia Indica vol. II. p. 378.

[8] Zu dieser Weihe des Hauses cf. den Spruch Ṛgvedas VIII. 17. 14.

[9] Lies mit dem siam. Texte santharāpetvā.

[10] Obiger Spruch findet sich, wie TRENCKNER bemerkt hat, auch in den anderen drei Sammlungen, und zwar im Dīghanikāyo Mitte der dritten und besonders Ende der 27. Rede, im Aṉguttaranikāyo XI., 1., Ende, im Saṃyuttakanikāyo XXI., 11., v. 1., und VI, 2., 1. Ja BÜHLER ist einem analogen Worte Sanaṉkumāros sogar im Mahābhāratam begegnet: worauf RHYS DAVIDS in seiner Uebersetzung des Dīghanikāyo, vol. I. p. 121, hingewiesen hat. Eine wichtige, wörtliche Parallele bietet die Bṛhadāraṇyakopaniṣat I., 4., 23: kṣatrāt paraṃ nāsti.

Vergl. auch die 37. Rede, im 1. Bande.

Die bekannte Gegenbehauptung der Priester wird in der 84., 93. und 98. Rede erörtert.

[S. 666]

[11] Lies mit den barm. und siam. Texten oropeyya, von √ruh+ava.

[12] Potaliyo ist Halbasket gewesen, wie etwa Keṇiyo in der 92. Rede: nach der Smṛti zu den kuṭīcakās gehörig, die sich noch einen gewissen Besitz, und sei es auch nur eine Hütte, erlauben.

[13] komārabhacco, kaumārabhṛtyas, ist wohl insbesondere der Titel des Arztes im rājorodho. Der Kommentar, d. i. Vinayapiṭakam vol. I. p. 269, trägt, wie gewöhnlich, Legenden vor.

[14] Die Schlussfolgerung dieser Rede ist bei Manus V, 51 in den Spruch zusammengefaßt:

Anumantā viśasitā
nihantā krayavikrayī
saṃskartā copahartā ca
khādakaśceti ghātakāḥ.

Die Lehre vom brahmavihāro, von der Jīvako hat reden hören und hier Bürgschaft gesehn, wird nahezu gleichlautend von Āpastambas gepriesen, Dharmasūtram, 1, 8, 23, 1:

Ātmanpaśyansarvabhūtāni
na muhyeccintayankaviḥ:
ātmānaṃ caiva sarvatra yaḥ paśyet
sa vai Brahmā nākapṛṣṭhe virājati.

[15] Nāthaputto ist bekanntlich der Meister der Jainās gewesen. Vergl. Bd. 1 Anm. 9 und 24.

[S. 667]

[16] Das Dogma der Jainās vom dreifachen (kamma-)daṇḍo findet sich in der großen Sannyāsopaniṣat, II. Theil v 97, bestätigt:

Vāgdaṇḍe maunamātiṣṭhet,
kāyadaṇḍe tvabhojanam,
mānase tu kṛte daṇḍe
prāṇāyāmo vidhīyate.

Dementsprechend ist Manus XII, 10 zu erklären.[A]

[17] Der jinistische Büßer darf allenfalls Flusswasser, aber kein Brunnenwasser trinken, um angeblich das Einschlürfen kleiner Lebewesen möglichst zu vermeiden. Vergl. die peinlichen Wasserregeln im Aupapātikasūtram § 80.

[18] Zur magischen Zornesmacht cf. die Legende von Asito Devalo und den Sieben Sehern, gegen Ende der 93. Rede.

Nach den kommentariellen Sagen des Milindapañho und Mahāvastu wäre Daṇḍakāraññam etc., der Daṇḍaker Wald, im weiteren Sinne als der Daṇḍaker Reich aufzufassen. Aber raññam in der Bedeutung rajjam ist mir nicht bekannt; auch würde da wohl der Text Daṇḍakāraññam etc. erfordern. Die siamesische lectio hat allerdings das zweifelhafte Daṇḍakīraññam, dagegen aber wieder ganz klar Kāliṉgā0, Mejjhā0, Mātangāraññam. Richtig erscheint demnach unser Daṇḍakāraññam im Saṃskṛt als Daṇḍakāraṇyam und wird nur als undurchdringlicher Urwald erklärt, z. B. in einer ungemein interessanten und geistvollen südindischen Legende, mitgetheilt vom Paṇḍit NAṬEŚAĀSTRĪ im Indian Antiquary vol. XVII. p. 259–264.

[S. 668]

[19] Vergl. den schönen Brauch der dhanmmaparipucchā bei Asoko, VIII. Felsenedikt.

[20] anuvicca, √i+anu+vi; cf. anuvicarati.

[21] Lies mit dem siam. Texte bhagavato sāvakānam bh.0

[22] nisalho, yassa paṭibalo sabhāyaṃ n’atthi = appaṭipuggalo.

[23] Lies mit dem siam. Texte appabhītassa, a+pra.0

[24] Wie allgemein bekannt diese Rede noch im dritten Jahrhundert nach Gotamo war beweist ein Relief zu Barāhat mit der Unterschrift Dighatapasi sise anusāsati: offenbar eine Darstellung jener Szene oben Seite 58 f. Denn ein anderer Dīghatapassī kommt im Kanon nicht vor.

[25] Vergl. die z. Th. analoge Stelle der 12. Rede, p. 731. 13, 14, der obigen entsprechend; eine Berichtigung, welche ich dem Freunde ROBERT L’ORANGE verdanke.

[26] Aehnlich der tadvralaś catvāri varṣāṇi prayuñjāno muniḥ im Sāmavidhānabrāhmaṇam II, 4, 9; III, 9, 5.

[27] Von einem anderen Hundelehrling, der ein schmähliches Ende nimmt, berichtet die 24. Rede der Längeren Sammlung. — Auf das Hundegelübde bezieht sich vielleicht der śvaliḍ, cf. BÖHTLINGK-ROTH 1s. v.; das Kuhgelübde wird im Mahābhāratam dahin erklärt, dass dem Befolger da jederzeit jegliches Lager, jegliche Atzung, jegliche Kleidung recht sei, cf. das Citat ib. s. v. govratas. Das ist aber spätere Auslegung. Denn wir haben eine ganz eigentliche govṛtti, Kuhgehabung, jenes höchsten Asketen der Turīyātītāvadhūtopaniṣat und Paramahaṃsaparivrājakopaniṣat, in med.; ebenso eine gomukha- und ajagaravṛtti, eine Krokodil- und Schlangengehabung, jener äußersten Büßer der großen Sannyāsopaniṣat, II i. m., und der Nāradaparivrājakopaniṣat, V. i. m., VII i. f. — Eine allgemeine Behandlung der obigen Sätze findet man im 9. Kapitel der Subālopaniṣat. Lapidar ausgesprochen schon in der Bṛhadāraṇyakopaniṣat III, 2, 14, IV, 4, 6 ff.

Zu den metaphysischen Folgerungen dieser und der 19. Rede hat GIORDANO BRUNO, wie mir DE LORENZO einmal im Gespräche mittheilte, einen bewunderungswürdigen Kommentar geschrieben, auf Grund der wirklichen, täglichen Anschauung und Erfahrung, Mitte der Epistola esplicatoria zum Spaccio de la bestia trionfante, ed. WAGNER p. 113.

[S. 669]

[28] nivāpo, Futterplatz, dann der bez. Ort selbst; vergl. die 77. Rede, Anm. 96.

[29] zu kappaṭṭho cf. das entgegengesetzte kappātīto, Suttanipāto v. 373, 521, 517, 860; auch akāliko. Die kommentarielle etc. Erklärung ist natürlich irrelevant.

[30] Die eingangs aufgestellte doppeldeutige Frage Nāthaputtos bezieht sich auf ein altes Wort der Dharmaśāstren, e. g. bei Manus IV, 138:

Satyaṃ brūyāt priyaṃ brūyān
na brūyāt satyam apriyam,
priyañ ca nānṛtaṃ brūyād:
eṣa dharmaḥ sanātanaḥ.

Gotamos Beantwortung ist in einem späteren Smṛti-Vers, als Viṣṇupurāṇe III, 12, paenult., leicht zu erkennen:

Priyaṃ yuktaṃ hitaṃ naitad
iti matvā na tad vadet:
śreyas tatra hitaṃ vācyaṃ,
yadyapyatyantamapriyam.

[31] Lies mit dem siam. Texte aṭṭhasatam pi vedanā vuttā. — Vergl. meine Anmerkung zu Vers 339 des Wahrheitpfades.

[S. 670]

[32] Es mag hier auf die vollkommene Aehnlichkeit der formalen Gedankenfolge dieser und zahlreicher paralleler Reden mit einer Rede SAN FRANCESCOS VON ASSISI, im 8. Fioretto, hingewiesen sein.

[33] vambheti wird, ohne Zweifel richtig, von ROBERT L’ORANGE als vaṃghate erklärt; cf. WESTERGAARDS Radices. Vergl. TRENCKNERS Bemerkungen, Pāli Miscellany p. 59.

[34] Eine Verherrlichung dieser Lehre, atthi kiriyā, hat Asoko auf allen seinen Edikten, oft mit den selben Worten, in schlichter und machtvoller Rede gegeben. Vergl. besonders IX. Felsenedikt, Ṣāhbāzgarhī i. f.

[35] Ambalaṭṭhikā, nahe bei Rājagaham, von DE LORENZO richtig erklärt.

[36] Diese Rede, sowie die vierundzwanzigste der selben Sammlung, hat Asoko auf dem Bairāter Edikte den Mönchen und Nonnen, Anhängern und Anhängerinen, namentlich und mit genauer Kennzeichnung, empfohlen, als »Rāhulos Ermahnung: Abscheu vor Lüge«, bez. als »Upatissos Fragen«; cf. meine Anm. 25, Seite 625 des ersten Bandes, und in der Wiener Zeitschrift f. d. Kunde des Morgenlandes vol. XI. p. 159.

Vergl. den Archaeotropus im 537. Jātakam v. 35:

Sace pi vāto girim āvaheyya,
cando ca suriyo ca chamā pateyyuṃ,
sabbā va najjo paṭisotaṃ vajeyyuṃ:
na tveva ’haṃ rāja musā bhaṇeyyam.

[37] Vergl. die zehnte Rede; später auch die einundzwanzigste.

[S. 671]

[38] Die tathāgatappaveditā bhāvanā dieser Rede, die paṭhavīsamā, āposamā, tejosamā, vāyosamā und ākāsasamā, sind späterhin von den Jainās offenbar als pārthivī, vāruṇī, āgneyī, mārutī und rūpavatī (bez. tatrabhū) dhāraṇā übernommen worden. Cf. BÜHLERS Grundriss III. 4. p. 39 § 7 i. f. —Zur ānāpānasati, der Bedachtsamen Ein- und Ausathmung, cf. Lieder der Mönche v. 548 Anm. und Längere Sammlung Bd. II S. 447 f.

Den letzten Satz der Rede giebt MEGASTHENES, bei STRABO p. 713, sehr deutlich wieder: διο τῃ ασκησει πλειστῃ χρησθαι προς το ἑτοιμοθανατον. Es ist wohl möglich, dass er zu Pāṭaliputtam wirklich den Satz gehört habe.

[39] Vergl. Sarvasāropaniṣat i. f.: anādirantavatī pramāṇāpramāṇasādhāraṇā, na satī, nāsatī, na sadasatī māyā.

[40] Vergl. die 12. Rede, S. 152 des ersten Bandes.

[41] Lies mit dem siam. Texte vekaṇṇaṃ. Cf. vikarṇas.

[42] Das Gleichniss findet sich im Anfang der Brahmopaniṣat: yathā kumāro niṣkāma ānandam upayāti, »wie ein Knabe, ohne Begier, in Wonne verharrt« etc.

[43] Lies mit den barm. und siam. Texten gacchissāmi. Die lectio samatitthikā verdient den Vorzug.

[44] Ein bemerkenswertes Analogon zu sabbasaṉkhārasamatho, dem Aufgehn aller Unterscheidung, findet sich bei JAKOB BÖHME als Einheit im Gegensatz zur Schiedlichkeit, Tafeln von den drei Prinzipien etc. § 68. Im folgenden Schlüssel etc. stellt er einige Glieder des paṭiccasamnuppādo dar, namentlich in den §§ 29–31, 34–37, 41, 42, 43, 44 und 80: freilich alles in apokalyptischen Träumen gesehn.

[45] ekāsanabhojanam = ekāśanabh0; cf. den ekabhattiko des Cūḷasīlam, e. g. vol. I. p. 180 l. 5, passim, und die 70. Rede. Ebenso in der 21. Rede; auch Dhp v. 305.

[S. 672]

[46] Cf. die 70. Rede, in med.

[47] adhicca = a+dhitya, von dhi dhāraṇe.

[48] Cf. die 47. Rede, p. 318 i. f. — Vergl. Tao-te-king Kap. 18 u. 38.

[49] Lies khurakāse, von kṛṣ, und davatthe.

[50] Das ausführliche Gleichniss vom Pferde, womit diese Rede schließt, lässt es fraglich erscheinen, ob in den Theragāthā v. 45, 173, 659 mit bhaddo ājānīyo auch das edle Rassenross gemeint sei, nicht der Büffelstier, wenn schon bhaddo im Saṃskṛt allerdings gern letztere Bedeutung hat. Vergl. noch Dhp v. 208 dhorayhasīlo.

[51] Lies bhikkhu ’ssa ātumāri, bhikkhu ’ssa mātumāri; ātu = ātumā. Es ist Volksdialekt.

[52] Zu adhisallikhato cf. die 8. Rede und meine Anm. 4 zu Band 1.

[53] khaṭopikā, von khaṭvādi.

[54] »Fugere nos oportet omnem cognitionem multifariam distrahentem atque fallentem, ut ueritatem simplicissimam consequamur«: AGRIPPA, De occ. phil. p. 530, ex PROCLO.

[55] Eine Autobiographie Udāyīs, mit wenigen Zügen in antiker Größe gezeichnet, enthält der Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 89–90. (Uebersetzt in den Nachweisen zum dritten Band der Längeren Sammlung.)

[56] Āmalakī, hochgewachsen, mit gelblichen Blüthen, ist die Myrobalane.

[57] Cf. hierzu die 48. Rede p. 592. — Vergl. Ṛgv. III, 33, 3, Atharvavedas III, 30, 1; sowie das vātsalyam in der Muktikopaniṣat I i. f., im Rāmāyaṇam II, 96, 33, aliubi. Aehnlich ist auch das Gleichniss vom Säugling und der Amme, Aṉguttaranikāyo vol. III. p. 6, welches um seiner Anschaulichkeit willen dem großen Asoko so gefallen hat, dass er es in sein IV. Säulenedikt aufgenommen. — Brahmās Echo ist mahāyānische Improvisation; vergl. die analoge Stelle in der 85. Rede nebst Anm. 174.

[S. 673]

[58] Vergl. Lieder der Mönche, Anm. zu v. 84; Akṣyupaniṣat v. 47; Māṇḍūkyakārikā III, 40: duḥkhakṣayaḥ prabodhaśca. — Die richtige Wiedergabe der obigen Stelle, die mit der entsprechenden der 29. und 30. Rede gleichlautet, verdanke ich meinem Freunde ROBERT L’ORANGE. Zu dem »Versunken in Geburt etc.« cf. den Topus vom Ewigen Ufer, e. g. in der 98. Rede v. 42. Dann i. a. Rāmottaratāpanīyopaniṣadi 2: garbhajanmajarāmaraṇasaṃsāramahadbhayam. Ganz ähnlich spricht JAKOB BÖHME von dem »gefährlichen Jammermeere«, Aurora Kap. 25, und SHAKESPEARE von der »sea of troubles«, Hamlet III. 1. 59; vergl. auch den φοινιον σαλον des Sophokles, Oed. r. 24.

[59] Der Laubwald schlechthin = palāsavanam, der palāso, butea frondosa, ist ein hoher, mächtiger Baum mit sehr großen, prachtvollen Blättern, mit vielen rothen, silbern schimmernden Blumendolden behangen.

[60] Vergl. den śraddhāvantaṃ satkulabhavaṃ śrotriyam und satkulabhavopanītam der Muktikopaniṣat und Nāradaparivrājakopaniṣat I i. f.

[61] In der 33. Rede der Längeren Sammlung als »Vier Stützpunkte« aufgezählt. Vergl. zu dieser subtilen Stelle die 2. Rede und auch Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 272–273: »Zur Willensüberwindung, chandapahānattham, wird beim Erhabenen das Asketenleben geführt; chanden’ eva chandam pajahati, eben durch den Willen wird der Wille überwunden: denn ist durch den Willen die Heiligkeit erreicht, so ist der Wille danach gestillt.«

Als vorbuddhistische Gleichnissparallele cf. die Verse Bṛhadāraṇyakopaniṣat III, 9 in fine.

[S. 674]

[62] Lies na iti: maṃ etc.

[63] Eine vedāntische Hypostase des kāyasakkhī als jagatassākṣī prajñānaghanalakṣaṇaḥ findet sich in der Kaṭharudropaniṣat v. 8, und v. 23 als sākṣāddehī sukhī sarvatra.

[64] TRENCKNERS Konjektur uddisissāmi ist durch den siam. Text bestätigt. Lies mit dem siam. Texte āmisagaruko und na ca no evam assa, sowie avasissatu me sarīre, upasussatu; pariyogāya instr. von pariyogo. Cf. die 32. Rede in fine, Theragāthā v. 312. Auch Asokos I. Säulenedikt, in initio; Anm. 34.

Altrömisch ist unser Heroenwort von C. LUCILIUS geprägt, fragm. virtutis definitionem sequ.:

Vis est vita, vides; vis nos facere omnia facit.

[65] Ist ein Dogma der Jainās: cf. die 14. Rede; auch die 79ste. So heißt es z. B. im Aupapātikasūtram § 16 vom Jina-Meister: appaḍihayavaranāṇadaṃsaṇadhare savvaṇṇū savvadarisī — ganz wie oben.

[66] Von den drei Meistern der Nackten Büßer handelt das Ende der 76. Rede; vergl. auch die 36., im Anfang. Vacchagotto der Pilger scheint vorher Jünger des Nando Vaccho, des ersten jener drei Meister, gewesen zu sein. — Nackte Büßer (Ājīvikā, Acelakaā), Freie Brüder (Nigaṇṭhā, Jainās) und voran der buddhistische Orden (Saṉgho): das sind die großen gleichzeitigen Asketengilden, welche Asoko je namentlich nennt und mit ‚all den anderen und irgend sonstigen Genossenschaften‘ königlich beschirmt. Cf. Säulenedikt VII, 2, l. 4–5.

[67] Es ist mit den barmanischen und siamesischen Texten sabba-m-atthitānaṃ zu lesen.

[S. 675]

[68] Vergl. die formal ähnliche Stelle in der Bṛhadāraṇyakopaniṣat II, 4, 13, 14: Atraiva mā bhagavān amūmuhat... Na vā are ’haṃ mohaṃ bravīmi, alaṃ vā ara idaṃ vijñānāya.

[69] Vergl. Chāndogyopaniṣat VII, 26: Tasya ha vā etasyaivaṃ paśyata evaṃ manvānasyaivaṃ vijānata... ātmata āvirbhāvatirobhāvau... sa ekadhā bhavati, tridhā bhavati, pañcadhā saptadhā navadhā caivādi.

[70] Cf. die analoge prāpti des Yogas, BÜHLERS Grundriss III. 4. p. 46. — Ob hier, wie ROBERT L’ORANGE vermuthet, etwa an den wohlbekannten somnambulen Sonnenkreis, e. g. Seherin von Prevorst 1, 231, zu denken sei, bleibe dahingestellt. Die Art und Weise, wie z. B. der Mönch im Kevaṭṭasuttantam, Dīghanikāyo vol. I. p. 215 u. 220, die Pfade zu den Göttern und zu Brahmā in seinem eigenen Inneren findet, scheint allerdings jene Vermuthung zu bestätigen.

Vergl. noch Nāradaparivrājakopaniṣat i. f. sūryo na tatra bhāti na śaśāṉko’pi, Harivaṃśam I. 50, 6:

Na tatra viṣayo vāyor
nendor na ca vivasvataḥ:
vapuṣaḥ padmanābhasya
sa deśas tejasāvṛtaḥ.

Auch Faust, gegen Ende, wo der Pater seraphicus die Säligen Knaben »in sich nimmt.«

[71] Vergl. Māṇḍūkyakārikā IV, 42:

jātis tu deśitā buddhair
ajātes trasatāṃ sadā.

Näher noch steht die wörtliche Parallele im Sāmavidhānabrāhmaṇam III, 7, 1: Atha yaḥ kāmayetāmuhyantsarvāṇyājanitrāṇi parikrāmeyam iti; sowie III, 8, 4 der vedische Wunsch: Nāhaṃ yoniṃ pravekṣyāmi bhūtottamāyā brahmaṇo duhituḥ saṃrāgavastrāyā — jāyate mriyate sandhīyate ca. Cf. auch das wichtige Smṛti-Wort von der paurvikī jāti, bei Manus IV, 148 f., wozu Kullūkas bemerkt: bahūni janmāni smaraṃs teṣu ca garbhajanmajarāmaraṇaduḥkhānyapi smaran, saṃsāre virajya... śravaṇamananadhyānaiḥ ... mokṣasukhaṃ prāpnoti.

[S. 676]

[72] Vergl. der 98. Rede 50. Vers; Theragāthā 917 ͠= Viṣṇupurāṇe aṃ. 6 a. 5 (cit. in Rāmatīrthas’ Komm. zu Maitryup. I, 2):

Utpattiṃ pralayaṃ caiva
bhūtānām āgatiṃ gatim,
vetti vidyām avidyām ca,
sa vācyo bhagavān iti.

[73] Patronymische Anrede, gleichwie Gotamo nomen gentile eines jeden Sakyers ist; Dīghanakho ist offenbar ein Nāthaputtiyo. Cf. meine Anmerkung 24 zu Band 1.

[74] Vergl. Theragāthā 567–571 ͠= Manus VI, 76–77. Cf. auch Saṃyuttakanikāyo Bd. III, Th. XXII, No. 95 ͠= Maitryupaniṣat IV, 2; Subālopaniṣat 8: Medomāṃsakledāvakīrṇe śarīramadhye ’tyantopahate citrabhittipratīkāśe gandharvanagaropame kadalīgarbhavanniḥsāre jalabudbudavaccañcale niḥsṛtam ātmānaṃ... paśyanti vidvāṃsas.

[75] Zu den drei Arten von Gefühlen und ihrer Wandelbarkeit, wovon gegen Ende dieser Rede gesprochen wird, vergl. die klassischen Untersuchungen BICHATS über den Zusammenhang und die Auflösung der Wehgefühle, Wohlgefühle und indifferenten Gefühle, Recherches etc. 1e partie, article V, § 2.

Nicht ohne Werth für die hochindische Ueberlieferung ist das Ansehn, in welchem unsere Rede noch im nepālischen Buddhismus gestanden: cf. Mahāvastu, ed. SENART vol. III. p. 67 u. 474, und OLDENBERG in der Zeitschr. d. deutsch. morgenl. Ges. Bd. 52, S. 661.

[S. 677]

[76] Diese lectio, und nicht Kammāssadammam, wird die richtige sein; vergl. Jātakam vol. V. p. 511.

[77] Das indische Jahr wird in diese drei Hauptzeiten zu je vier Monaten eingetheilt. Der Herbst ist die Regenzeit. Vergl. Mantrabrāhmaṇam II, v. 11:

Grīṣmo, hemanta uta no vasantaḥ,
śaradvarṣāḥ suvitanno astu:
teṣām ṛtūnāṃ śataśāradānāṃ
nivāta eṣām abhaye syāma.

In ebendiese Hauptzeiten ist das Jahr auch bei Asoko eingetheilt, Jaugoḍo-Edikt II, l. 15: Iyaṃ ca lipī a[nu]cātuṃmāsaṃ sotaviyā tisena. Die alte Eintheilung ist bis heute die volksthümliche geblieben. Siehe BÜHLERS lehrreiche Ausführungen in der Epigraphia Indica vol. II. p. 261–265; Zeitschr. d. deutsch. morgenländ. Ges. Bd. 41, S. 28. Auch Journal Royal As. Soc. [N.S.] vol. V. p. 182–184, Inschrift 1, 2, 4–7. — Dīghanikāyo, ed. Siam. vol. II. p. 286.

[78] Zu sāhulo cf. sopāko; Manus X, 37, 38; hu von √han, lo Suffix (Rāghulo). Suttanipāto 137.

[79] Lies mit den barm. und siam. Texten puthujjanagāthā; cf. munigāthā, theragāthā.

Aehnlich die gleichzeitige Paroemie:

Υγιαινειν μεν αριστον ανδρι θματῳ.

Bei GOETHE: Ist nicht Gesundheit Allen uns das höchste Gut? Prolog, Halle den 6. August 1811.

[S. 678]

[80] Noch von PTOLEMAEUS, Geogr. lib. VII. cap. I. § XVII., genannt Κωσαμβα, εν Γαγγητικῳ κολπῳ; wodurch die von V. A. SMITH, Journ. Roy. As. Soc. 1898 p. 503–519, vorgebrachte Hypothese, das alte Kosambī sei in Barāhat zu suchen, widerlegt ist. Uebrigens war die Kosambī-Halle auf einem Relief in Barāhat dargestellt, mit der Inschrift Kosabakuṭi: natürlich als nicht einheimische Sehenswürdigkeit. Die Ruinen des alten Kosambī liegen ohne Zweifel im Gebiete von Mañjhānpur, wo heute die Dörfer Kosām und Pālī stehn, sechs bis acht Meter unter zweitausendjähriger Humus. Vergl. Epigraphia Indica vol. II. p. 240.

[81] Zu Devakaṭasobbho vergl. Devakhātabilam; auch TRENCKNERS Bemerkung, Pāli Miscellany p. 61.

[82] Ist die Lehre der Cārvākās, i. e. Wohlredner, der indischen Sensualisten; cf. die z. Th. wörtliche Parallele im zweiten Akte des Prabodhacandrodayam, wo es heißt: nāsti paralokaḥ, mṛtyur evāpavarga iti. Ebenso das erste Kapitel des Sarvadarśanasaṃgrahas. — Für diese extrem einseitige, also auch nur extrem gültige Auffassung hat bei uns CABANIS ein hübsches Merkwort gefunden: »vivre, c’est sentir«, Rapports etc. tome 1, mém. 2, § 2. Vergl. noch LUKREZ II, 999–1001, wo einer der obigen Sätze fast im Echo ertönt:

Cedit item retro, de terra quod fuit ante,
in terras; et quod missum est ex aetheris oris,
id rursum coeli fulgentia templa receptant.

[83] Ehebrecher werden in einem alten Spruche, Jātakam vol. VI. v. 487, uttamabhaṇḍathenā genannt, was wörtlich dem Satze SCHOPENHAUERS entspricht, Ehebruch sei der ärgste Diebstahl, Nachlass 4. Band § 355 i. f.

[S. 679]

[84] Lehre der Bārhaspatyās, der indischen »Uebermenschen«: cf. Sāyaṇas’ Excerpt im Sarvadarśanasaṃgrahas, Ende des ersten Kapitels.

[85] Lehre der Fatalisten, der Daivaparās; cf. deren Placitum im P. W. 1s. v. — Die niyati entspricht genau der εἱμαρμενη, e. g. bei PLUTARCH, De plac. philos. I, 27: Ἡρακλειτος, παντα καθ’ εἱμαρμενην, την δ’ αυτην ὑπαρχειν και αναγκην.

[86] Zu kūṭaṭṭhā cf. Sarvasāropaniṣat i. m.: sarvaprāṇibuddhistho yadā tadā kūṭastha ityucyate.

[87] Cf. Bhagavadgītā II. 19., 30. Auch mit den Sāṃkhyās, zumal ihrem satkāryavādas, finden sich hier manche Berührungspunkte; vergl. GARBE, s. v. in seiner Sāṃkhya-philosophie.

[88] Der letzte Absatz erinnert an unsere naturhistorischen Weltprozessrealisten. — Zu suttaguḷo cf. goṭaviyo, auch von guḍas, 544. Jāt. v. 37.

[89] Dogma Nāthaputtos: siehe bes. die 79. Rede. — So giebt auch IARCHAS, in PHILOSTRATS Vita APOLLONII lib. III, cap. VI, sich und die Seinen mit παντα ειδοτας = sabbadassāvino alsbald für Jainās zu erkennen. Cf. Anm. 237.

[90] Die Orthodoxie der Śrautasmārtās. Vergl. Manus I, 108:

Ācāraḥ paramo dharmaḥ
śrutyuktaḥ smārta eva ca.

[91] Der takkī vīmaṃsī wird wohl naiyāyiko vaiśeṣikas, Logiker-Physiker, sein. Von ihnen, den prāmāṇās, dürfte STRABO p. 719 reden: als Πραμνας, εριστικους τινας και ελεγκτικους trefflich bezeichnend; und zwar allgemein, nicht als besondere Schule, wie LASSEN, Indische Alterthumskunde 2II, 731, angenommen. Vergl. den pramāṇapravīṇas im Vorspiel zum Prasannarāghavam.

[S. 680]

[92] Lehre der Syādvādinas, der Skeptiker.

[93] Vergl. die vorwiegend buddhistische Nāradaparivrājakopaniṣat III, v. 38 (͠= Manus II, 98):

Śrutvā spṛṣṭvā ca bhuktvā ca
dṛṣṭvā ghrātvā ca yo naraḥ
na hṛṣyati glāyati vā,
sa vijñeyo jitendriyaḥ.

[94] Einen Auszug dieser Stelle giebt i. a. Jābālopaniṣat in fine, im Stil der Dharmasūtren.

[95] puttamatāya puttā; drastisches Sideroxylon. Entspricht dem bandhyāputrādivat der Vedāntācāryās etc. — Zur sadhammokkaṃsanā und paradhammavambhanā cf. Asokos XII. Felsenedikt.

[96] Moranivāpo; Moragiryādi, Pfauenberg etc., häufig in den Inschriften von Sāñci und Barāhat.

[97] Der siamesische Text hat Annabhāro.

[98] Wie der siam. Text wohl auch die anderen richtig kañ ca; vorher garu0.

Die Auskunft über die sechs anderen Meister, welche die Kommentatoren zu geben wissen, hat gewiss keinen höheren Werth als ihre sonstige Stegreif-Exegese. So wird z. B. vom ersten, Pūraṇo Kassapo, erzählt, er sei von gemeiner Geburt und ehedem eines großen Herrn Diener gewesen, und zwar der hundertste mit neunundneunzig anderen zusammen, habe also die Zahl gerade vollgemacht, pūretvā: daher der Name Pūraṇo, u. s. w., u. s. w. Solche Gassenetymologien sind ja allgemein recht beliebt, nicht nur in Indien. Eine vogtländische Sage weiß nicht minder verbürgt von einem »heiligen Loff« zu berichten, der als Klausner im Walde zwischen Roda und Gera lebte, und zu welchem die Leute von weither gewallfahrtet kamen: allmälig sei dann später ein Ort entstanden, von diesem »Gange zum heiligen Loff« St. Gangloff geheißen — der ursprüngliche GANGOLF war den biederen Nachfahren natürlich längst entschwunden. Indogermanische Volksverwandtschaft zeigt auch hier typische Züge.

[S. 681]

[99] Lies mit dem siam. Texte adhiciṇṇaṃ.

[100] Ebenso heißt es noch auf einer Inschrift aus dem 1. Jahrh. n. Chr. von einem berühmten Jainameister in Mathurā bahavovacaka-ca-gaṇino-ca: Epigraphia Indica vol. II, p. 209, No. 36.

[101] So berichtet auch STRABO p. 712, nach MEGASTHENES: Τον δ’ ακροωμενον ουτε λαλησαι θεμις ουτε χρεμψασθαι αλλ’ ουδε πτυσαι. — Zum Gleichnisse cf. des ARISTONYMOS Wort, STOB. Flor. XIII, 23: Ὡσπερ το μελι τα ἡλκωμενα δακνει, τοις δε κατα φυσιν ἡδυ εστιν, οὑτω και οἱ εκ φιλοσοφιας λογοι.

[102] Nicht tödten, nicht stehlen, nicht ausschweifen, nicht lügen, nicht sich berauschen. — Die obige Klage vernimmt man wörtlich in einem Ausspruche Bhartṛharis’ wieder, den uns I-TSING aufbewahrt hat, bei MAX MÜLLER »India etc.« Exkurs F.

[103] In der editio P. T. S. ist der Satz yam pi bis vaṇṇavādī, ferner dhammaṃ vergessen, u. s. w.

[S. 682]

[104] Eine Bilva fasst ungefähr einen drittel Liter. — Mit der hier und im Folgenden dargelegten strengen Zucht vergleiche man namentlich den zweiten Theil der großen Sannyāsopaniṣat, v. 59–103, sowie der Nāradaparivrājakopaniṣat fünften Theil, dessen v. 12 e. g. lautet:

Pāṃsunā ca praticchannaś
śūnyāgārapratiśrayaḥ
vṛkṣamūlaniketo vā
tyaktasarvapriyāpriyaḥ.

[105] nantakāni; von √nam, na(ṃ)tas. Cf. naṃtum, naṃtva; zur Bed.: pariṇatādi. Das nördliche namatam hat natürlich nichts damit zu schaffen.

[106] Lies mit dem siam. Texte daḷhāni suttalūkhāni.

[107] Es ist, wie der siam. Text andeutet, ucchepake va te ratā zu lesen. — Cf. die, dem Sinne nach identische, Variante Theragāthā v. 843, 1146: uñchā[ya] pattāgate ratā. Damit urverwandt ist unsere Unze, von uncia, uncus, ογκος, aṉkas, √añc, √vañc, √uñch; eine Unze ist demnach eigentlich gleich einer Krumme (panis, aeris etc.)

[108] nur für die Regenzeit eine Hütte sich selber errichten. Cf. Theragāthā v. 127 f.

[109] Zu dieser ursprünglichen Bedeutung von pāṭihāriyam, das patiggaho analog ist, cf. Chāndogyopaniṣat I, 11 i. f.: . . . sarvāṇi ha vā imāni bhūtānyannam eva pratiharamāṇāni jīvanti.

[110] Der siam. Text hat 0vimatthaṃ; es ist, wie vol. I, p. 385, 0vimaṭṭhaṃ zu lesen.

[111] Vergl. hiermit Maitryupaniṣat IV, 2: Citrabhittir iva mithyāmanoramam ityathoktam = Therīgāthā 393.

Eine eigenthümliche Gegenseitigkeit der obigen Ausführungen und der schönen Farbenversuche SCHOPENHAUERS ist in der Form sowohl als in der tieferen Bedeutung bis auf den einzelnen Fall nachweisbar.

[S. 683]

[112] Ein verwandtes Gleichniss, palalapiṇḍaḥ snehena vyāptaḥ, findet sich Harivaṃśe II, 71, 27; Atharvaśiraupaniṣadi 4.

[113] Es darf hier wohl an den bekannten adhyāropas erinnert werden, rajjusarpavat: Nirvāṇopaniṣat i. m., im Vedāntasāras No. 34 u. No. 70; wiederum, auch zweimal, von SEXTUS EMPIRICUS vorgetragen, I. Pyrrhon. 227 u. I. Logic. 187.

[114] Einem der obigen Gleichnisse nahezu wörtlich entsprechend wird magische Schöpfung vom gewaltigen Hylourgen PARACELSUS beschrieben: »... wie ein Erd in deß Hafners Hand, der macht vnd formirt darauß was er will vnd was jhn gelust«: Straßburger Ausgabe 1603 vol. I. fol. 882.

[115] Zum Gleichnisse cf. Chāndogyopaniṣat VI, 14, 2; Rāmāyaṇam II, 108, 5–6.

[116] Aehnlich Chāndogyopaniṣat VIII, 6, 2: Tadyathā mahāpatha ātata ubhau grāmau gacchatīmaṃ cāmuṃ ca, evamevādi.

[117] Mallikā war die ebenso milde als geistvolle jüngste Gemahlin Pasenadis von Kosalo; vergl. die 87. Rede. Sie hatte, wie andere edle Gönner, Garten und Halle gestiftet. — Zur Samaṇamuṇḍikā cf. Smṛti-Stellen wie die von der śramaṇā dharmanipuṇā im Rāmāyaṇam I, 1, 55, Mhbh. XII, 320. Eine Matrone, die später in einen der geistlichen Schwesterorden eingetreten. So stehn z. B. die jinistischen Nonnen auch in der Gegenwart noch auf ziemlich hoher Stufe, wie die ausführlichen Belege im Indian Antiquary vom Oktober 1884 darthun.

[118] Lies kujjhitamattā. — Zum Gleichnisse cf. die 64. Rede, im Anfang.

[S. 684]

[119] Vergl. Subālopaniṣat 1 i. f.: hṛdayāt sarvam idaṃ jāyate.

[120] Der Text hat yaṃ cittaṃ sarāgaṃ sadosaṃ samoham.

[121] Zu dieser typischen Bemerkung cf. das Wort vom lehrreichen Gespräche und dem heiligen Schweigen, in der Einleitung zur 26. Rede p. 161, welche Stelle noch von Parākramabāhus I. auf seiner schönen großen Galvihāre-Felseninschrift (b) l. 35, 36 wörtlich citiert ist, No. 137 von ED. MÜLLERS Ancient Inscriptions in Ceylon. — Aus gleichen Vorbedingungen zu feiernder, lautloser Versammlung, die des rechten Redners gewärtig ist, ist die Upaniṣat hervorgegangen, ja schon das Sattram, beide von √sad sitzen.

[122] Der Text hat natürlich yo.

[123] Siehe die 38. Rede, Seite 487–492 der Uebersetzung.

[124] Zu appāṭihīrakatam bhāsitam cf. Anm. 109.

[125] Dogma der Sāṃkhyās: cf. Lieder der Mönche p. 33 Anm. — Vergl. hiermit den verwandten Spruch im Cherubinischen Wandersmann I, 60

Die Seel ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein,

ein Bild, das auf eine im Mittelalter wohlbekannte Vorlage zurückweist, e. g. bei WALTHER VON DER VOGELWEIDE, im Leich v. 35.

[126] Zu kimi khajjopanako cf. Chāndogyopaniṣat, VI, 7, 5 ͠= Jātakam vol. VI. p. 371; Ancient Inscriptions in Ceylon, Obelisk No. 149 b, l. 14; TRENCKNER, Pāli Miscellany p. 59. Cf. SHAKESPEARE, Pericles, II, 3:

a glow-worm in the night,
The which has fire in darkness, none in light.

[S. 685]

[127] Lies panassāma, cf. vol. I. p. 177 l. 20; von naśate +pra.

[128] Die sīlāni und jhānāni von idha bis so sind interpolierte Iteration.

[129] Lies *udekamaṇiko assa. — Cf. das Gleichniss am Ende der 5. Rede; dann ebenso der 15., welches auch in der Chāndogyopaniṣat VIII, 8 gegeben ist.

[130] Die allerhand gemeinen Dinge, wie Könige u. s. w., zu Beginn der letzteren Reden öfters erwähnt (S. 290, 315, 344, 354), haben, nebenbei gesagt, ganz die nämliche großartig heitere Abweisung von POPE erfahren, zu Beginn seines Meisterwerkes:

Awake, my St. John! leave all meaner things
To low ambition, and the pride of kings.

[131] nomen gentile Vekhanasos. — Vekhanaso, von vikhanas, ist offenbar eine ältere Variante zu Vekhānaso.

[132] Eine klare Bestätigung der aññadiṭṭhikenādi als karmadhārayās, p. 369, bez. 487 in No. 72, bietet Asokos X. Felsenedikt i. f.: Dukaraṃ tu kho etaṃ chudakena va janena usaṭena va añatra agena parākamena; desgl. das VI. i. f. sowie das I. Säulenedikt, Delhi-Sivalik l. 3 f. Vergl. ferner das von RHYS DAVIDS kürzlich entdeckte und von SENART besprochene Girnār-Fragment des XIII. Felsenedikts, im Journ. Roy. As. Soc. 1900 p. 435, wo in l. 5 añatra-yonesa[ṃ] zu lesen ist, d. h., wie BÜHLERS Kālsī-Version lehrt, añatra-yo (janapado) nesa[ṃ] (nikāyānaṃ yadidaṃ) baṃhmane cā samane cā. — Zur Sache cf. die 70. Rede S. 236, die 95. gegen Ende.

[S. 686]

[133] Lies mit dem siam. Texte nisinno.

[134] Eine ähnliche Sage von einer solchen Stelle in der Nähe der uralten Stadt Sāṃkāśyā weist CUNNINGHAM im Archaeological Survey of India vol. I. p. 273 nach.

[135] sotthisinānī ist richtig, wie in der 93. Rede; zu sotthi cf. śothas etc., nicht etwa śāṭī.

[136] Auch Ghaṭīkāro gehört einem, zwar geringeren, Brāhmanengeschlechte an. Cf. infra Anm. 142.

[137] Lies yāv’ etado hi pi.

[138] König Kikī, der Kṛtī rājā der Purāṇen, wird ständig in Legenden, wie Vessantarajātakam i. in., als Zeitgenosse Kassapos angeführt. — Kikī-, Kṛtī-rājā entspricht unserem ‚König Karl‘, von der selben Wurzel kṛ karoti.

[139] Lies mit dem siam. Texte paṇḍumudikassa; vorher, mit den anderen Mss und TRENCKNER, khādaniyam bhojaniyam. — Reis lieben die Inder bekanntlich als vorzüglichste Nahrung: »Den reinen Reis, der Kraft verleiht«, wie es in den Liedern der Mönche v. 842 heißt. So nennt auch HOMER αλφιτα μυελον ανδρων, Mehl das Mark der Männer, Od. II, 290.

[140] Um kein lebendes Wesen zu verletzen. — Lies na musalena, sahatthā paṭhaviñ ca khanati.

[141] Lies paṭivibhattāni.

[142] Ghaṭīkāros nomen gentile: Der vom Seher Bhagu abstammt. Vergl. Dīghanikāyo No. 24.

Im 408. Jātakam wird gleichfalls ein Hafner mit ‚Bhaggaver‘ angesprochen.

[143] Vergl. die Legende vom magischen Obdach des Mucalindo, im Mahāvaggo I, 3, und Mahāvastu vol. III. p. 301. Auch die Olympier sind vor Niederschlägen immer geborgen, da ihr Saal ὡς ὑπερνεφη ουτε νιφεται ουτε κατομβρειται, nach EUSTATHIUS, Comm. ad Il, I, v. 420.

[S. 687]

[144] Siyā bis ahosiṃ ist kommentarielle Jātakam-Interpolation; die ganze Rede apokryphe Sage. Schon im ersten Jahrhundert vor Chr. in das nordbuddhistische Saṃskṛt des Mahāvastu übersetzt, vol. I. p. 317–335: theils wörtlich genau, theils freilich recht missverständlich — e. g. p. 321 wo ovaṭṭikāya (von varti) parāmasitvā halsbrecherisch in kṛkāṭikāyāṃ gṛhya verzerrt wurde — theils auch mahāyānisch multipliziert, verfälscht und ausgeschmückt.

[145] Vergl. den alten Spruch, im Aitareyabrāhmaṇam II, 32, 3: Cakṣur vā etad yajñasya yat tūṣṇīṃśaṃsaḥ, »Denn das Auge ist es der Andacht: die stille Verehrung.«

[146] der Adeligen, Priester und Bürger.

[147] Vergl. HERODOT II, 78.

[148] So der barm. und siam. Text.

[149] Koravyo, Kauravyas, Der von den Kurū stammt, d. i. der Kurūner.

[150] Ganz ähnlich der pythagoraeische Arzt ALCMAEON: Της μεν ὑγειας ειναι συνεκτικην ισονομιαν των δυναμεων, ὑγρου, θερμου, ξηρου, ψυχρου, πικρου, γλυκεος, κτλ. την δ’ εν αυτοις μοναρχιαν, νοσου ποιητικην· φθοροποιον γαρ ἑκατερου μοναρχια ... την δε ὑγειαν συμμετρον των ποιων την κρασιν., bei PLUTARCH, De plac. philos. V, 30.

[S. 688]

[151] Cf. Maitryupaniṣat I, 4.

[152] Der Topus vom Greisenalter, S. 408, hat seinen Gegenplatz im HOMER, z. B. Ilias letzter Gesang Mitte, wo Priamos ergreifend anhebt: Μνησαι πατρος σειο ... τηλικου, ὡσπερ εγων ογοῳ επι γηραος ουδῳ. Zum Ueberfluss und der Eroberung, S. 411, cf. Pyrrhus’ Gespräch mit Kineas, bei PLUTARCH cap. 14, auch des BAKCHYLIDES verwandte Strophe, 1, 36–39:

το δε παν-
των ευμαρειν ουδεν γλυκυ
θνατοιοσιν· αλλ’ αιει τα φευ-
γοντα διζμνται κιχειν.

Der vorletzte Lehrsatz, S. 410, ist von HORAZ ungemein schön und innig erkannt worden, carm. II, 14, 6:

Linquenda tellus et domus et placens
Uxor, neque harum quas colis arborum
Te praeter invisas cupressos
Ulla brevem dominum sequetur.

[153] Uralte Mangohaine, mit Steinaltaren, moosbewachsen, von hohen Akazien umstanden, sind auch heute noch vielfach anzutreffen, so in der weiten, stillen, fruchtbaren Ebene um Benāres, in Sārnāth, etc. Zum Namen Makhadevo cf. Śatapathabrāhmaṇam XIV, 1, 1, 13, und die Makhadevatās im Harivaṃśam III, 53, 38.

[154] Diesem Ideal eines indischen Königs ist Asoko in der That sehr nahe gekommen. Sagt er doch u. a. auch: hemevā savanikāyesu paṭivekhāmi, »Und so überwache ich alle Stände«, Säulenedikt VI l. 7; vergl. noch insbesondere VII 2 1. 4: dhaṃmamahāmātā pi me te bahuvidhesu aṭhesu ānugahikesu viyāpaṭā, se pavajītanaṃ ceva gihithānaṃ cādi; und Felsenedikt IV u. V. Cf. BÜHLER, Zeitschr. d. deutschen morgenl. Ges. Bd. 48, Seite 53–54.

[155] Zu palitas paliknī cf. urverwandtes pallidus blank ∼ bleich. Weitere Belege bei PRELLWITZ, Etym. Wörterb. d. griech. Spr. s. v. πελιδνος.

[156] Vergl. das letzte Kap. des Vāsiṣṭhadharmaśāstram; Mahābhāratam XIII, 7, 24:

Jīryanti jīryataḥ keśā,
dantā jīryanti jīryataḥ,
cakṣuḥśrotre ca jīryete:
tṛṣṇaikā na tu jīryate.

Auch Bhartṛharis, Vairāgyaśatake 12, 14. — Ganz in diesem Sinne fragt VERGIL, Aen. VI, 721:

Quae lucis miseris tam dira cupido?

[S. 689]

[157] Vergl. Manus VI, 2.

[158] Vergl. Ṛgvedas VI, 47, 18.

[159] Siyā bis anuppavattesi ist kommentarielle Jātakam-Interpolation. — Makhadevo und seine Nachfolger sind Heroen aus jenen unermesslichen, cyklisch ab- und wieder aufsteigenden Aeonen, die zumal in den Sagen der 26. Rede der Längeren Sammlung bedeutsam und tiefsinnig zur Sprache gelangen. Der weit verbreitete ethnische Glaube, des Menschen Lebenskraft etc. sei einst unvergleichlich größer gewesen, wurde bei uns von SWIFT vorgetragen, der seinen Riesenphilosophen, recht im purāṇischen Stile, behaupten lässt, »that nature was degenerated in these latter declining ages of the world, and could now produce only small abortive births, in comparison of those in ancient times.«

[160] Andere Bearbeitungen dieser volksthümlichen, gewiss vor- und nachbuddhistischen Legende finden sich als richtige jātakāni, No. 9 und No. 541, vor; auch zu Barāhat auf einem Relief aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert als Maghādeviyajātakam dargestellt, im Indian Antiquary vol. X. p. 119 f. hübsch beschrieben. Cf. auch Śakuntalā, letzter Akt initio. — Verwandte Züge mit unserem Mātali, dem einstigen Mātariśvā, weist Savitā im Ṛgvedas auf, namentlich I, 35, 3. Cf. BÜHLERS Grundriss III. 1 A p. 32. Vergl. ib. p. 65 Indras-Śakras Stellung im letzten Buche des Ṛgvedas, 167, 1, mit dem genau entsprechenden Range unseres Sakko-Maghavā im Dhammapadam v. 30. — Die beiden Bahnen, von denen S. 423 die Rede ist, werden schon in einem alten Spruche, Jātakam 537 v. 43, sehr schön vergeistigt:

Weit sind die Wolken, weit die Erdenthale,
Weit überm Ozean das andre Ufer:
Doch weiter noch als diese, wahrlich, sagt man,
Dass gute Art und schlechte sei, o König!

[S. 690]

[161] Vergl. Sprüche wie sarve vipraparā narāḥ, brāhmaṇo dvipadāṃ śreṣṭhaḥ, janmanā brāhmaṇo jñeyaḥ (cf. 98. Rede v. 3: jātiyā brāhmaṇo hoti); Lieder der Mönche p. 347 Anm. 2. Auch das recht bezeichnende Wort des Ūrvas im Harivaṃśam I, 45, 33:

Brahmayonau prasūtasya
brāhmaṇasyānuvartinaḥ
brahmacaryaṃ sucaritaṃ
Brahmāṇam api cālayet.

Mit brāhmaṇā va sukko vaṇṇo, kaṇho añño vaṇṇo vergl. brāhmaṇaḥ śvetavarṇaḥ... śūdraḥ kṛṣṇavarṇaḥ, in der Eingangsupanischad zur Vajrasūcī, WEBERS Ausgabe (Abhandlungen der königl. Ak. d. Wiss. Berlin von 1859) p. 212, l. 10, 11; in der Bombayer Hundertacht Upanischaden Ausgabe von 1895 p. 336a, l. 7, 8.

[162] Vergl. Lieder der Mönche v. 612. — Aehnlich der treffliche HANS SACHS, Fastnachtspiel ed. GOETZE 15, 88–90:

... ich hab... vernumen,
Von tugent sey der adel kumen.

[S. 691]

[163] Ebenso bekennen auch die altsiṇhalesischen Könige auf ihren Inschriften, den Mönchen zum Heile diese vier Erfordernisse, catari paceni, darzubieten: so Gayabahugamini von Anurādhapura, auf ED. MÜLLERS Ancient Inscriptions in Ceylon No. 5, l. 6.

[164] Sehr schön, und ganz übereinstimmend, berichtet MEGASTHENES, Indica ed. SCHWANBECK p. 125: Μουνον σφισιν ανειται σοφιστην εκ παντος γενεος γενεσθαι, ὁτι ου μαλθακα τοισι σοφιστῃσιν εισι τα πρηγματα, αλλα παντων ταλαιπωροτατα.

[165] König Madhuro von Avanti war Gebieter über Mālavā, eines der blühendsten Reiche Mittelindiens, dessen Hauptstadt Ujjenī viele Jahrhunderte hindurch ein Hort des Buddhismus gewesen. Ebenda hat später Kālidāsas und noch mancher minorum gentium, bei Hofe willkommen, gelebt und gedichtet. Noch heute ragt hier im Lande, einen sanften Hügel krönend und rings bis zum fernen Horizont die schimmernden Auen und Wälder beherrschend, edelgewölbt wie die Peterskuppel, der sonnenhelle Sāñci-Dom auf, ein Denkmal großer Vergangenheit. Vergl. die epigraphischen Merktafeln, Lieder der Mönche S. 361. Anm. 1.

Den klassischen neun Dichterfürsten mit Kālidāsas als vornehmstem am Hofe der Könige von Mālavā steht die berühmte Neunzahl der griechischen Lyriker gegenüber, gleichwie den Sieben vedischen Sehern die Sieben griechischen Weisen u. s. w., ohne dass man hier an geschichtliche Begriffe zu denken brauchte, wie etwa bei der sonderbaren indo-iranischen, gnostisch-christlich-latomischen Dreiunddreißig, Anm. 255.

[S. 692]

[166] Zu dieser festlichen Ausschmückung cf. die entsprechenden Edikte von Kosambī und Sāñci, i. f.: [o]dā[tā]ni [d]usāni naṃ dhāpayitu etc., und BÜHLERS Anmerkung hierzu, Indian Antiquary 1890, p. 126, Epigraphia Indica vol. II, p. 367. Weiß ist die festlich feierliche Farbe der Inder: daher auch, wie S. 5, 256, passim, die weiß gekleideten Hausleute, odātavasanā, cf. die Śvetāmbarās, auch Śuklāmbarās Man. IV, 35.

[167] Ist Lehrsatz der Jainās; cf. die 14. Rede, 1. Band S. 174. — Zum Folgenden die 36. Rede; später auch die 26ste. — Vergl. MATTH. XI. 29; GIORDANO BRUNO, De umbr. idear., Dedic. v. 2:

Et littera Pythagorae,
Bicorni acta discrimine,
Quaeis trucem ostendit vultum dextri tramitis:
Finem largitur optimum.

[168] εν ἡβῃ τουμον ευσθενει δεμας, genau so von EURIPIDES formuliert, Cycl., Anf.

[169] ākiñcaññāyatanam. Vergl. Yājñavalkyas’ These sa eṣa neti netyātmā, in der Bṛhadāraṇyakopaniṣat III, 9, 28, passim; und Tripurātāpinyupaniṣat 5, v. 4.

Nirastaviṣayāsaṉgaṃ
sannirudhya mano hṛdi
yadāyātyamanī bhāvas,
tadā tat paramaṃ padam.

[170] nevasaññānāsaññāyatanam. Cf. den berühmten Nāsadāsīnno-Hymnus, Ṛgvedas X, 129; und Tripurātāpinyupaniṣat 5, v. 6:

Naiva cintyaṃ na cācintyaṃ
na cintyaṃ cintyam eva ca:
pakṣapātavinirmuktam
brahma sampadyate dhruvam.

[S. 693]

[171] Vergl. das urverwandte schöne Mythologem vom belebenden Morgenthau, im Vafthrúdhnismál v. 45.

[172] Vergl. Lieder der Mönche S. 358 Anm. 3.

[173] Zu ayaṃ dhammo... atakkāvacaro cf. idam... apratarkyam aprakāśyam: Subālopaniṣadi 3.

[174] Der Name Sahampati lässt verschiedene Deutung zu. Vergl. das Intermezzo im Kevaṭṭasuttantam, Buddhistische Anthologie p. 97–98; und auf der anderen Seite die recht ansprechende Etymegorie von √sah, sahas in einem jātakam des Saṃyuttakanikāyo, vol. V. p. 233. In vergangenen Aeonen, als Kassapo der Meister war, erzählt da Brahmā von sich, sei er ein machtvoller Jünger, sahako bhikkhu, gewesen: darum sei er jetzt ein mächtiger Herr, saham pati, geworden. — Die Art eines Brahmā wird, je nach Umständen, als verschieden angegeben: siehe die 90. Rede, gegen Ende. — Gotamos Zaudern und Sahampatis Angst und Anliegen und die verwandten wunderbaren Vorgänge überhaupt sind von ROBERT L’ORANGE als apokryph erkannt worden, gehören spezifisch der Mahāvaggo-Mahāvastu-Legende an. Wie rathlos willkürlich diese letztere den zwar sekundären, verhältnissmäßig aber weit älteren, ihr daher stellenweise unverständlichen Pāli-Text oft behandelt hat, und dies bei sonst oft sehr schöner, vollkommen getreuer Uebersetzung, zeige als typisches Beispiel der im Mahāvastu vol. III. p. 319 aus der obigen Rede versaṃskṛtisierte Spruch. Cf. Anm. 144.

[S. 694]

[175] Vergl. Chāndogyopaniṣat IV, 14, 3: Yathā puṣkarapalāśa āpo na śliṣyante, evam evaṃvidi p[a]paṃ karma na śliṣyata iti.

In der Stelle app’ ekacce paralokavajjabhayadassāvine viharante wird vajja0 nicht von √varj sondern von √vad abzuleiten sein, wie Lieder der Mönche S. 212 Anm. 1 anderweitig belegt, und die richtige Uebersetzung demnach heißen: »und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten.« Die Möglichkeit der Ableitung von √varj ist zwar nicht ausgeschlossen, scheint aber doch, nipuṇaṃ nirūpya, dem Geiste der Stelle kaum zu entsprechen. Die Lotusrosen des Gleichnisses, die emporragen, unbenetzt von Wasser, deuten eben auf solche, die noch in dieser Welt, diṭṭhe va dhamme, Vollendung erreichen. Vergl. hierzu Lieder der Mönche S. 159.

[176] Cf. Bd. 1, Anm. 21. — Zu Isipatanam vergl. Bhṛgupatanam, im Anfang von Kap. 4 des Daśakumāracaritam I, p. 22, das also doch wohl auf Bhṛgus den Seher deutet.

[S. 695]

[177] Cf. Lieder der Mönche p. 79.

[178] Den ersten, im Wesentlichen schon ganz übereinstimmenden Bericht vom Leben Gotamos verdanken wir dem kühnen MARCO POLO, der es auf „Seilla“ voll Theilnahme gehört und dann — im Zeitalter DANTES — mit erstaunlicher Schlichtheit beschrieben hatte. Insbesondere erzählt er, im Texte BONIS vol. I. p. 185, von jenem Palaste mit den singenden und spielenden Mädchen, und dass der Prinz keine Freude daran finden mochte; wie er einst auf der Straße einen Todten gesehn, und wieder einen schlotternden, zahnlosen Greis; wie er tiefsinnig zum Palaste zurückgekehrt, voll Ekel an einer Welt wo man altern und sterben müsse, und gesagt habe, »che voleva cercare quello che mai non moriva, nè non invecchiava«, genau wie es in der 26. Rede, 1. Bd. S. 308, und oben S. 441 vorgetragen ist; wie er dann endlich, nach dem ergänzenden Texte PAUTHIERS p. 592 f., heimlich bei Nacht den Palast verlassen habe, »et s’en ala aux grans montaignes et moult desvoiables«, wie 1. Bd. S. 147. »Et illec demoura moult honnestement, et moult menoit aspre vie; et fist moult grans abstinences«, oben S. 449–454. Selbst durch das Medium fremder und trüber Idiome hatte sich die zeilonesische Tradition dem feinfühlenden Zuhörer verständlich gemacht, so dass er den Inhalt der — wenn man will trivialen — Legende rein wiederzugeben vermochte. Den Bericht nach dem Texte PAUTHIERS findet man in GRÜNWEDELS soeben erschienener Mythologie des Buddhismus in Tibet und der Mongolei S. 2–4 vollständig abgedruckt.

Die sitzende Gestalt Gotamos als yogischer Büßer, in athemlose Selbstverlierung verloren, mit den einzelnen Merkmalen wie S. 453 f. dargestellt, ein seltsames Meisterstück der Skulptur des 1. Jahrh. vor Chr., befindet sich im Museum zu Lahore. Eine Phototypie davon hat SENART veröffentlicht, im Journal asiatique von 1890 zu p. 144.

Eine plastische Gruppe der jugendlich blühenden Mutter mit einem Kinde an der rechten Hüfte, als Göttin Ṣaṣṭhī śiśurakṣinī, eine wirkliche Αφροδιτη κουροτροφος von idealer Schönheit und Anmuth, ist uns im Museum zu Lahore, unter den Trümmern von Jamalgarhi aus dem 1. Jahrh. vor Chr., erhalten. Auch hiervon hat SENART eine Phototypie leicht zugänglich gemacht, im Journal asiatique von 1890 zu p. 154.

[179] aṉgula-, aṉguli-, Finger, Daumen, wird da dem häufigen aṉgulīyam, aṉgulīyakam, Fingerlein, fingerlin, vingerlinc, Fingerring, gleichzusetzen sein; vergl. das aṉgulīyapradānam im Rāmāyaṇam, den aṉgulīyopalambhas in der Śakuntalā u. a. m. Aṉgulimālo für eigentlich Aṉgulīyamālo ist nach yena so gebildet.

[S. 696]

[180] Die Ringe der Erschlagenen.

[181] Vergl. Āpastambīyadharmasūtre I, 8, 23, 6; Theragāthā 33; Asoko, Edikt von Dhauli II, l. 7, Jaugoḍo II, 1. 10.

[182]   Ahiṃsako.

[183] Aṉgulimālos Wahrspruch, satyavacanam, S. 481, ist kāryārthe śapathaḥ, svapariśuddhau; in der Smṛti e. g. bei Manus VIII, 110. Deutlicher zu reden: satyakriyā als angewandte samayakriyā. Es ist der uralte Glaube an die magische Macht der Wahrheit, wie Ṛgvedas VII, 104, 15. Später sind Ordalien daraus geworden. Vergl. BÜHLERS Grundriss II, 8, § 51–52. — Ein ziemlich nahe gegründetes, kleineres Wahrzeichen kennt die deutsche Sage vom dürren Stabe, der sich dann frisch begrünt, wie beim Tannhäuser.

Antithetisch, und zwar rein philosophisch, ist dieser tiefe, ächt ārische Gedanke zu Beginn der 61. Rede behandelt, welche Asoko bekanntlich ganz besonders empfohlen hat; und ist, vollkommen gleich, von AESCHYLUS ausgesprochen, Prom. 685 f.:

νοσημα γαρ
αισχιστον ειναι φημι συνθετους λογους.

[184] Lies, wie der siam. Text hat, piyappabhūtikā.

[185] Nālījaṉghas, ‚Rabe‘, ähnlich als nomen ioculare eines Vertrauten im 8. Kap. von Daśakumāracaritam II, p. 60.

[186] Der siamesische Text hat ācamehi. — Zu ācāmayati (stutyarthe) cf. e. g. Hiraṇyakeśigṛhye I, 16, 1: ācamyopatiṣṭhate, 24, 8: ācamyopahvayate.

[S. 697]

[187] Ānando wird in der Skulptur, z. B. der von Sārnāth, nicht selten dargestellt, mit Vorliebe in sanfter, trauernder Haltung an der Bahre des entschlafenen Meisters. Das jugendlich schöne, in tiefem Schmerz etwas geneigte Haupt erinnert sogleich an jenen berühmten bartlosen Christuskopf DA VINCIS in der Brera zu Mailand. — Es wäre ein verdienstvolles Unternehmen, die besten älteren Skulpturen von rein indischem Typus und Stil, fast sämmtlich noch in Indien theils in situ, theils in Museen, zumal dem von Kalkutta, befindlich, auch dem westlichen Kunstfreunde in sorgfältiger Reproduktion allgemeiner zugänglich zu machen, da bisher auf diesem Gebiete kaum irgend etwas Ernstes geleistet wurde. So ist z. B. das Handbuch zur Berliner buddhistischen Kuriositätensammlung — vom Verfasser Prof. GRÜNWEDEL „Buddhistische Kunst in Indien“ betitelt — trotz aller fleißigen Arbeit, für die Erkenntniss der wahren, strengen, ursprünglichen indischen, bez. buddhistischen Kunst nahezu werthlos: denn es giebt, mit Ausnahme eines einzigen ächten Kunstwerkes (No. 75 der 2. Aufl., p. 144), eben nur Proben aus barbarisch entarteten und nur wenig nationalen Kulturepochen oder beschäftigt sich mit tibetisch-mongolischer Miniatur, die allerdings in recht guten Exemplaren vorhanden ist, aber selbstverständlich nicht für buddhistische Kunst in Indien ausgegeben werden darf. Das gilt leider, wie gesagt, auch von anderen, sonst sehr schätzenswerthen archäologischen Arbeiten.[B]

[S. 698]

[188] Aehnlich berichtet Asoko auf dem 6. Felsenedikt über seinen Aufenthalt im Palaste oder im abgelegenen Parke oder in den Gärten, wo ihm seine Minister, da wie dort, jederzeit und überall darzulegen haben, wie seine Anordnungen zum Wohle der Wesen ausgeführt werden, da er jederzeit und überall auf das Wohl der Wesen bedacht sei: denn es gebe kein vornehmeres Werk als der ganzen Welt zum Heile zu sorgen. — Wie Pasenadi gern unter den rukkhamūlāni vijanavātāni weilt, so Asoko im entsprechenden vacamhi vinītamhi, »im abgelegenen Parke«: vacam ist natürlich nicht von varcas stercus, sondern von vārkṣam Wald abzuleiten; vergl. das im 12. Edikt [Mansehra] genannte Amt der vracabhumika, vārkṣabhūmikās, d. i. Parkverwalter. Zur palatalen Surde für die Aspirate cf. die analogen ikkokkākādi.

[189] Lies ayaṃ kho me; später, wie der siam. Text hat, ayam pi kho me. Cf. die 12. Rede, p. 69.

[190] Genau bei STRABO p. 712 wiederzufinden. Ετη δ’ ἡπτα και τριακοντα οὑτως (ασκητει) ζησαντα αναχωρειν εις την ἑαουτου κτησιν ἑκαστον, και ζην αδεως και ανειμενως μαλλον.

[191] Cf. Anm. 127.

[192] Lies, wie der Text hat, puna ca param bhante ime Isidattapurāṇā thapatayo etc. Vergl. das überaus schöne Gespräch des Meisters mit den beiden Kammerherren, Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 348–352.

[193] Der siam. Text hat richtig yam pi kho bhante etc.

[194] Wahrscheinlich patite kutsanāyām; vergl. Manus IV, 184: Akāśeśās tu vijñeyā bālavṛddhakṛśāturāḥ.

[195] Es ist mit dem barmanischen Texte, und wie vol. I. p. 390, passim, savyābajjhā und avyābajjhā zu lesen.

Viḍūḍabhos subreptive Frage, ob es also die weltlichen Götter vermöchten die überweltlichen in die Flucht zu schlagen und deren Ort zu erobern, mahnt an bekannte Itihāsās von Kämpfen zwischen Asurās und Devās, wie Śatapathabrāhm. I, 2, 4, 8–12, und schon Ṛgved. X, 124, 8: Tā asya jyeṣṭham iṃdriyaṃ sacaṃte... bībhatsuvo apa vṛtrād atiṣṭhan. Vergl. OLDENBERG, Die Religion des Veda S. 166.

[S. 699]

[196] Anando = Wohlmuth.

[197] Die zweite Hälfte dieses Buches der Könige, worin Pasenadi auftritt, nimmt, wie unser Text überhaupt, wenig Rücksicht auf die Zeitfolge der Reden. So sieht z. B. Pasenadi in der 90. Rede Ānando zum ersten Mal, der ihm zu Beginn der 88. wohlbekannt ist. Dagegen wird allerdings erst in letzterer Ajātasattu als König von Magadhā genannt, während in der 86. Rede noch dessen Vater, Seniyo Bimbisāro, den Thron innehat.

[198] Vergl. Saṃyuttakanikāyo vol. I. p. 108: Kurz ist das Leben der Menschen:... wer lange lebt, lebt hundert Jahre, oder etwas darüber. — Śatapathabrāhmaṇam I, 9, 3, 19; Chāndogyopaniṣat III, 16, 7, praesertim i. a. Jaiminigṛhyasūtram 8, 1, 2 (p. 10 des Wiener Grantha-Ms): jīvāhi śaradaśśataṃ, paśyāhi śaradaśśatam (sic).

PLINIUS VII, 28: CRATES PERGAMENUS Indos qui centenos annos excedant Gymnetas appellat, non pauci Macrobios. — Auch in den koptischen Biblia sacra wird das Leben des Menschen auf hundertzwanzig Jahre bemessen: siehe AMÉLINEAU, Vie de Schnoudi, in 12º p. 238 u. 359.

[199] Cf. die 83. Rede, in init., und Asokos I. Säulenedikt, fin.

[200] Lies ekamantaṃ nisinnassa kho Uttarassa māṇavassa etad ahosi. Das Interpositum ist tertiär interpoliert.

[201] Das »tausendspeichige Rad« ist der Abdruck, den der Fersenball bei jedem Schritte auf staubigem oder feuchtem Boden zurücklässt: als śrīpādas schon im 1. Jahrh. vor Chr. schematisch dargestellt; cf. BÜHLER im Anzeiger phil.-hist. Cl. Wiener Akad. der Wiss. vom 3. Februar 1898.

[S. 700]

[202] Den Typus dieser schlanken und doch kräftigen Asketenbeine mit hohem Unterschenkel zeigen außerordentlich schöne Buddho-Statuen aus Sārnāth im Museum zu Kalkutta, alte, ächt indische Kunstwerke. Wunderbar ähnlich hat bei uns DONATELLO seinen Johannes gebildet, in der Chiesa dei frari zu Venedig, erst von DE LORENZO erkannt. — Vergl. Eṇajaṉgho jaṉghākarikas, Daśakumāracarite II, 1: 1. fasc. p. 43; auch Valgujaṉghas, Mahābhārate XIII, 4, 152.

[203] Merkmal eines Helden. So wird auch Rāmas bekanntlich ājānubāhus genannt, Rāmāyane I, 1, 12; wozu A. W. VON SCHLEGEL in seiner Uebersetzung treffend angiebt: »Brachia brevia apud Indos deformia et ignobilia habita sunt; longa contra heroïci vigoris argumentum. Non mirarer, si Persae, idem statuentes, cognomine Artaxerxis prioris, μακροχειρ, male a Graecis intellecto, simile quid significassent.«

[204] Vergl. Längere Sammlung, II. Band, S. 65, Anm. 20.

[205] sattussado, d. i. sat-tuṣya-das. Cf. No. 95 in initio: Opāsādaṃ sattussadam. — Dīghanikāyo vol. III. p. 166 ist kommentarielles Quidinloco.

[206] rasaggasaggī von √ras, rasati śabde + gras (= grah, cf. Manus VIII, 43) + agrī.

[207] cattārīsadanto so bhavaṃ Gotamo, wörtlich ‚vierzigzähnig ist Herr Gotamo‘, womit natürlich, wie auch sonst bei Zahlenreihen, nur die begonnene vierte Dekade, d. h. über dreißig, gemeint ist. Caturo dasassa heißt es im Dīghanikāyo l. c. p. 182.

[S. 701]

[208] Vergl. das avimuktam (bhruvor ghrāṇasya ca saṃdhiṣṭhānam), e. g. Jābālopaniṣat 2. Bei avimuktam darf auch an die seltenere Bezeichnung dhruvas als polaren Punkt zwischen den Augenbrauen, d. i. die Nasenwurzel, gedacht werden. Vergl. Suśrutasaṃhitā I, 5, 24. Deutlich und ohne jede symbolische Absicht, offenbar treu anatomisch nachgebildet, ist diesem Merkmal an der Herme des APOLLONIOS VON TYANA in Neapel zu sehn. — Hier sei noch die Vermuthung gewagt, die im P. W. 1s. v. dhruvas 2 i) genannten Viṣṇoḥ padāni bhrūmadhye möchten die oft vorkommenden drei vertikalen Stirnfalten sein, die von der Nasenwurzel entspringen, das mātṛmaṇḍalam aber die Pupille.

[209] Gegenüber diesen im Volksmunde beliebten sagenhaften Merkmalen eines großen Mannes vergl. das Gespräch des Meisters mit Sāriputto, im Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 158:

»Ein großer Mann, ein großer Mann«, sagt man, o Herr: inwiefern aber ist man, o Herr, ein großer Mann?

Hat man das Herz erlöst, Sāriputto, so ist man, sag’ ich, ein großer Mann: hat man das Herz nicht erlöst, so ist man es nicht.

Cf. ib., p. 216, wie der greise Meister sich in der Abendsonne wärmt, Ānandos Verwunderung, dass der Erhabene nun nicht mehr so stattlich erscheine wie früher, und die Antwort des Herrn:

So ist es, Ānando, dass der Jugend Altern, der Gesundheit Siechthum, dem Leben Sterben eignet, und dass nun die Hautfarbe nicht mehr so hell und rein ist, schwächlich die Glieder geworden, mit Falten überzogen sind, vornüber der Körper sich neigt, dass die Sinneswerkzeuge sich abgenutzt haben.

[210] Lies aḍḍhavam, von √ṛdh.

[211] Lies mit dem siam. Texte āraddhakāyo va na iñjati.

[212] Vergl. Nāradaparivrājakopaniṣat III, v. 66: yasya cakṣur na dūragaṃ, caturyugāṃ bhuvaṃ muktvā, parivrāṭ saḥ.

[213] Lies mit dem siam. Texte so bhuttāvī na pattam bhūmiyaṃ nikkhipati.

[S. 702]

[214] Lies mit dem siam. Texte avijahantābhāvena.

[215] Der siam. Text hat richtig addasāma antaragharam pavisantam.

[216] Lies ekamantaṃ nisinnassa kho Brahmāyussa brāhmaṇassa etad ahosi. Das Interpositum ist tertiär interpoliert.

[217] Der berühmte Denkspruch vom Entstehn und Untergehn, S. 541, 271, 68, ist später puthujjanagatam, der allerbekannteste Gemeinplatz der indischen Litteratur: überall von Philosophen, Rhapsoden und Dichtern rezipiert, variiert und ausgestaltet; vergl. e. g. Cūlikopaniṣat v. 17, 18, Māṇḍūkyakārikā II, v. 32; Daśakumāracaritam I, 1. Kap., p. 6: Jalabudbudasamānā virājamānā saṃpattaḍillateva sahasaivodeti naśyati ca.

[218] Die größte Begleitung, die in alten Texten je angegeben: in der Regel eine erheblich geringere. Gotamo weilt von Zeit zu Zeit allein zurückgezogen, z. B. zwei Wochen, auch drei Monate lang wie Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 320, ib. 325, oder ist von einer Anzahl ›edler Söhne‹ umgeben wie oben in der 68. Rede, oder wandert ›mit einer großen Schaar‹, ›mit vielen Mönchen‹, selten ›mit fünfhundert Mönchen‹, von Ort zu Ort weiter wie in der 51., 70., 91. Rede, passim. Im Dīghanikāyo, vol. III. p. 85 der siam. Ausg., heißt es in einer Sage, Metteyyo der künftige Buddho werde einst einige tausend Jünger, anekasahassam bhikkhusaṉgham, lenken, gleichwie Gotamo jetzt einige hundert, anekasatam, lenke.

[219] Brāhmanischer Halbasket, der das Haar in Flechten aufgewunden trägt. — Vergl. Nāradas’ Worte, im Aitareyabrāhmaṇam VII, 13, 8, auf welche später Selo, zu Beginn des Gespräches mit Keṇiyo, anspielt.

[S. 703]

[220] Buddho. — Im Inneren von Zeilon, so in Anurāḍhapura und weiter, hat sich bis heute die Sitte erhalten, dass der Mann aus dem Volke, wenn er einen Hochstehenden mit einer Bitte angeht, als captatio benevolentiae also anhebt: »O Herr, der du einst einen Buddho schauen wirst, sei gegrüßt!«

[221] Lies mit dem siam. Texte bhavanto, später bhotā samaṇena Gotamena und kathāpariyosānaṃ ca me.

[222] Lies ekamantaṃ nisinnassa kho Selassa brāhmaṇassa etad ahosi. Das Interpositum ist tertiär interpoliert.

[223] Die beiden ersten sapariso sind Glosse.

[224] Mit dem 3. Verse, S. 548 f., vergl. Theragāthā 1252. Mālavikāgnimitre II, v. 13 d: sarvair usraiḥ samagrais tvam iva nṛpaguṇair dīpyate saptasaptiḥ. Zum Gleichniss vom Golde im 4. Vers cf. die 7. Rede in med.; auch das ähnliche Bild Therīgāthā 278. Die beiden letzteren Metaphern hat der tiefe CRISTÓBAL DE CASTILLEJO treu indisch angewandt, indem die Verdad bei ihm sagt (Riv. XXXII, 237 b):

Soy como el oro enterrado
So la tierra, como muerto,
Que al fin siendo descubierto,
Se halla limpio apurado;
Como la perla preciada
Entre el cieno sepultada
Y perdida,
Que sale clara y pulida
Cuando viene á ser hallada.

[S. 704]

[225] Der siam. Text hat richtig bhavataṃ.

[226] Zur Kenntniss fern entlegener Reiche und den weiten Land- und Seereisen indischer Kaufleute schon um etwa 800 vor Chr. cf. BÜHLERS Grundriss I. 11. § 5. — Es verdient Beachtung, dass auch Asoko, auf dem V. Felsenedikte, die Kābuler gleich nach den Ioniern anführt, und dann, weiter herabsteigend, die Kandahārer nennt. Kābul war den Indern zumal wegen seiner vorzüglichen Pferde- und Maulthierzucht wohlbekannt. Cf. die Kambojake assatare sudante im 506. Jātakam v. 23, und im 254. Jātakam die uttarāpathajānapade assavāṇije. — Siehe auch die beiden Votivtafeln zu Sāñci, Epigraphia Indica vol. II. p. 97 No. 7, p. 387 No. 287; und noch die beiden Inschriften ib. vol. I. p. 184 ff., p. 242 ff.

[227] An die sāpāna-sūkaradoṇī erinnert die śva-sūkarayoni der Chāndogyopaniṣat V, 10, 7.

[228] Lies *vekuranvāya = vaikriyānvayāya.

[229] Lies pāṭaliyo; wie Asito wird Kṛṣṇas als königlicher Gebieter Kanakadaṇḍas, Der Goldstabene, genannt: Harivaṃśe II, 155, 46.

[230] Lies mit dem siam. Texte gantā.

[231] Vergl. JESU Verfluchung des Feigenbaums: und εξηρανθη παραχρημα ἡ συκη, MATTH. XXI. 19.

[232] Vergl. Aśvaghoṣas, Vajrasūcī § 7.

[233] Die Macht des Zornes, die hier, und in größerem Umfange in der 56. Rede, S. 64, gleichnissweise, bez. legendär erwähnt ist, gehört ohne Zweifel mit anderen solchen mehr oder weniger fabelhaften Paenomenen in das Gebiet der praktischen Magie. Nun ist es bezeichnend, wie die schwarze Kunst der Sieben Seher in der obigen Legende von Asito Devalo kraft seiner moralischen Uebermacht zuschanden gemacht wird; der Geringschätzung entsprechend, die der Meister oft und oft allem Wunderthume bezeugt. Es kommt ja im yogischen Sinne gelegentlich auch die magische Macht als weiße Kunst zum Vortrage, z. B. in der 73., zumal 77. Rede: immer aber spielt die ganze Thaumatopoeie — man kann dies kaum genug wiederholen — eine völlig untergeordnete Rolle, und Gotamo nennt sie »nicht heilig«, vergl. die wichtige Stelle der Längeren Sammlung, III. Band, S. 113, worin Sāriputto des Meisters Worte anführt. Zum ersten Male gründlich geprüft und besprochen wurde die ganze Frage in der Flegrea II, 2, 4, Neapel 1900, von meinem lieben und berühmten Freunde G. DE LORENZO.

Auch heute noch legt die südliche, d. i. zeilonesische u. s. w. Ueberlieferung, der nördlichen, d. i. tibetischen u. s. w. entgegen, für myktyrische Phaenomene, bez. Paenomene und was damit zusammenhängt kühl ablehnende Geringschätzung an den Tag, was um so höheres Lob verdient, als man neuerdings von jener Seite, die »ins Reden keinen Vorzug setzt«, heimlich bemüht ist theosophischen Zauber einzuschmuggeln und sogar Männer wie HIKKAḌUWE SUMAṈGALA und HEVAVITARAṆA DHARMAPĀLA, unsere ehrwürdigen Freunde, in den unlauteren esoterischen und asoterischen Handel zu verwickeln gesucht hat, indem man gar zu gern kolchisches παινεται für kalchisches φαινεται ausgeben will: freilich nur skythischen und verwandten Geistern zudanke.

[S. 705]

[234] Vergl. die 45. Rede, S. 567 der Uebersetzung. — Aehnlich Sannyāsopaniṣat 2 i. f., v. 77: pātram asya bhavet pāṇiḥ, »er habe zum Gefäß die Hand«; auch 1 i. m: pāṇipātreṇāśanaṃ kuryāt, »mit dem Handgefäße mag er Atzung einnehmen«, wo aber pāṇipātram ein handgroßes Gefäß, gleichwie udarapātram ein magengroßes Gefäß, bedeuten wird; vergl. die 77. Rede, S. 321 Anm. 104. Ebenso in den anderen Bhaikṣa-Upanischaden, e. g. der Kaṭhaśrutyādi. (Die von DEUSSEN, »Sechzig Upanishad’s« p. 696 f., gewählte Lesung Kaṇṭhaśruti mag wohl berechtigt sein, auch wäre an eine Kanthaśruti zu denken; die drei Titel schließen übrigens einander nicht aus, können vielmehr, nach gewohnter indischer Darstellung, friedlich nebeneinander gelten.) Der hatthāpalekhano, Handverköster, hat, nebenbei gesagt, ein ziemlich genaues Gegenbild im ‚Rasenden SOKRATES‘, wie PLATON bekanntlich den DIOGENES genannt.

[S. 706]

[235] Den vier Schauungen dürfen vielleicht in gewisser Weise die sechs Staffeln Meister ECKHARTS verglichen werden, von deren letztem er sagt: »Der sehzt staffel ist dez hertzen ruͦwe und fride, daz chein liep noch leyde mag ez bewegen noch betruͤben.« Cf. Meister ECKHART, ungedruckte Texte etc. ed. JOSTES, Freiburg 1895, p. 105.

[236] 1 kahāpaṇo, Gulden, wiegt ca. 11⅓ Gramm; es kann nur die Silbermünze, bez. deren Wertheinheit, gemeint sein, die unserem Zweimarkstück ungefähr entspricht.

[237] Eine ähnliche Schenkung ist Ende der 52. Rede vorgekommen. Der altüberlieferten Sitte ist denn auch Asoko nachgefolgt, der auf dem Paḍeria-Edikt I. 3 u. a. berichtet, er habe nächst dem Dorfe Luṃminī (im nepālischen Gränzgebiete, heute Rummin-deī bei Bhagvānpur), an der Geburtstätte des Meisters, ein steinernes Schutzhaus errichten lassen, silā vigaḍabhī kālāpita; silā vigaḍabhī, d. i. silā vigaḍā (von gaḍayati gahane) abhī. Schon hatte er acht Jahre vorher Felsengrotten zu Barābar, nahe Belā bei Gayā, mit einer entsprechenden Inschrift den Ājīvikās gewidmet: lājinā Piyadasinā ... iyaṃ kubhā... dinā ājī[vi]kehi. Epigraphia Indica vol. V. p. 4; Indian Antiquary Oktober 1891 p. 364.

Der oben und oft dargestellten Enkratie hat APOLLONIOS eine schöne Bestätigung ertheilt, wenn er, bei PHILOSTRAT lib. III. cap. IV., also berichtet: Ειδον Ινδους Βραχμανασ οικυντας επι της γης, και ουκ’ επ’ αυτης, και ατειχιστως τετειχισμενους, και ξυδεν κεκτηλενους, η τα παντων. Solche autoptisch gewonnene Einsicht, insbesondere noch einige Stellen der, freilich sehr verderbt überlieferten, Gespräche mit dem jinistischen arhan IARCHAS (i. e. yo’rhas) zeigen, wie genau der große TYANEER indische Dinge erforscht hatte.

[S. 707]

[238] Lies mit dem siam. Texte mukhā.

[239] Pauṣkarasādī; der ghoṣas ist, nach den besten Mss, zu einem aghoṣī geworden, was auch sonst gelegentlich vorkommt.

[240] Lies mit dem siam. Texte yathā yathā.

[241] Vergl. S. 410.

[242] Lies mit dem siam. Texte asambhinnā khattiyakulā.

[243] Der siam. Text hat richtig pāṇena.

[244] Wie oben pāṇena zu lesen; cf. den Schluss der 85. Rede.

[245] Vergl. Kaṭhopaniṣat 1, 9: atithir namasyaḥ, namas te ’stu.

[246] nomen gentile Kāpaṭhikos. — Zur hohen Auszeichnung, die hier, wie sonst, einem jungen hervorragenden Manne bezeugt wird, cf. Lieder der Mönche v. 486 Anm., Dhp v 260 etc.; gleicherweise von MEGASTHENES, bei STRABO p. 709, angeführt: ... ουδε τη ἡλικιᾳ των γεροντων προνομιαν διοασιν αν μη και τῳ φρονειν πλεονεκτωσι.

[247] Dichter der Ṛglieder, bekannt als Aṣṭakas, Vamrakas, Vāmadevas, Viśvāmitras, Jamadagnis, Āṉgirasas, Bharadvājas, Vāsiṣṭhas, Kaśyapas, Bhṛgus. Cf. OLDENBERG, Sacred Books of the East vol. XVII. p. 130, PISCHEL, Vedische Studien 1. Bd. p. 238 f. — Dem bhāsitam anubhāsanti, vācitam anuvācenti ist Ṛgvedas VII, 103, 5 ab homolog:

Yad eṣām anyo anyasya vācaṃ
śāktasyeva vadati śikṣamāṇaḥ.

[S. 708]

[248] Dieses Gleichniss, in der Kaṭhopaniṣat (2, 5) und sonst kurz angedeutet, haben die Sāṃkhyās, wie so viel anderes, wörtlich übernommen, Sūtram III, 81. Es ist, nebenbei bemerkt, durch Vermittelung von MATTH. XV, 14., vom älteren BRUEGHEL auf seinem Gemälde zu Neapel meisterhaft veranschaulicht.

[249] Es ist, wie der Text hat, taccham zu lesen.

[250] Der Text hat richtig dhammā nijjhānaṃ khameyyuṃ etc.

[251] Der letzte Theil dieses Zwiegesprächs, S. 601–604, erinnert formal, in der großartigen Monotonie, an die eddischen Fragen und Antworten, besonders im Alvíssmál.

[252] Der Name Esukārī von Pāṇinis erwähnt IV, 2, 54.

[253] Lies pāpiyaṃso und seyyaṃso (= śreyas, n.); dies haben auch die siṇh. Ausgaben des Dhp in v. 43.

[254] Von dem Inhalte dieser und ähnlicher Reden giebt Asoko einen meisterhaften Auszug, auf dem 1. Śiddāpurer Edikte, I. 4–5: Pakamasa hi iyaṃ phale: no hīyaṃ sakye mahātpen’eva pāpotave, kāmaṃ tu kho khudakena pi pakamamiṇeṇa vipule svage sakye ārādhetave, entsprechend unserem Texte: Suddakulā ce pi... pabbajito hoti, so cādi ārādhako hoti ñāyaṃ, dhammaṃ kusalam.

[S. 709]

[255] Es sei hier bemerkt, dass die »Dreiunddreißig Götter« bereits im ältesten Ṛgvedas, als Summe der schlechthin weltlichen Götter, genannt werden, nämlich im neunten Buche, 92, 4: viśve devās: traya ekādaśasaḥ. Desgleichen in der Bṛhadāraṇyakopaniṣat III, 9, 1, 3: trayastriṃśattveva devā iti. Cf. noch MACDONELLS Vedic Mythology p. 19 (BÜHLERS Grundriss III. 1 A), und BÖTHLINGK in den Berichten der königl. sächs. Ges. d. Wissensch. vol. 51 p. 33.

Ein Kuriosum ist es, dass JAKOB BÖHME in der »Philosophischen Kugel« seinem Gotte κατ’ εξοχην die Zahl 33 gegeben hat; vielleicht auf PLATONS τριτον περι τα τριτα zurückzuführen, von dem CLEMENS ALEXANDRINUS im V. Buche der Stromata spricht, vielleicht auch auf die avestischen 33 Amṣaspands, Yaśna I, 33: zunächst aber wohl auf den gnostischen Christus als [dreiund]dreißigfachen Erlöser, dessen Erdenjahre je eine himmlische Geisteraeon doketisch symbolisieren.

[256] Cf. Anm. 14. — PINDAR, fragm. 104: Τι θεος; ὁ τι το παν.

[257] Lies mit dem siam. Texte kālakato va brahmaloke upapanno. Vergl. die Meisterrede im Saṃyuttakanikāyo vol. V, p. 408–410.

Der kurzen Begrüßung der Jünger unter sich, S. 615, steht nach außen der solemne Empfangsgruß gegenüber, so zu sagen der feierliche Königsgruß, wie er z. B. in der letzten Rede des vorhergehenden Buches ausgesprochen, rājā... vandati, appābādham... phāsuvihāram pucchati, und der zu Beginn der Bairāter Inschrift wörtlich wiederkehrt, wo Asoko als König von Magadhā, ganz wie vor ihm Bimbisāro und Pasenadi von Kosalo, den Mönchen zunächst ehrerbietigen Gruß darbringt, lājā... abhivādemānaṃ āhā, und Gesundheit und Wohlsein wünscht, apābādhataṃ ca phāsuvihālataṃ ca, um erst dann auf Wichtiges überzugehn.

[258] Diese und noch andere hochberühmte Brāhmanen treten namentlich im letzten Buch der Bruchstücke der Reden recht anschaulich hervor.

[259] Lies mit dem siam. Texte vattasampanno.

[260] Vergl. Manus IX, 309.

[S. 710]

[261] Lies aññamaññāhi.

[262] Lies:

Paccattaṃ sasarīresu
manussesvetaṃ vijjati.

[263] bhovādi kommt auch in der Smṛti vor, e. g. Harivaṃśe III, 3, 13: śūdrā bhovādinaścaiva bhaviṣyanti yugakṣaye; cf. ib. 36 f.:

brāhmaṇā dhanatṛṣṇārtā
yugānte samupasthite
bhośabdam abhidhāsyanti,
na ca kaścit paṭhiṣyati.

[264] Lies mit dem siam. Texte dhutavantaṃ, i. e. dhṛtavantaṃ.

[265] Cf. Suttanipāto 431:

Aṇumatto pi puññena
attho mayhaṃ na vijjati.

[S. 711]

[266] Vergl. die 55. Rede, S. 51, und die 100. Rede, letzte Seite. — An den Ausspruch, dass Brahmā etc. den Verständigen im Heiligen dargestellt erscheine, also nur in ihm zur Wesenheit gelange, hat wohl Asoko gedacht, wann er in Sahasarām sagt: „Den Menschen in Indien, die bisher keine falschen Götter zu haben meinten, wurde gezeigt, dass sie falsche Götter hatten“: Etena ca aṃtalena Jaṃbudīpasi aṃmisaṃdevā saṃtā munisā, misaṃdevakaṭā.

Vers 8 ff. ist von Aśvaghoṣas in der Vajrasūcī frei behandelt worden, namentlich in § 22, sowie in den §§ 16 und 25. — Zu Vers 18 cf. KANTS Wort, Von den verschiedenen Rassen, 1775, p. 1:... alle Menschen auf der weiten Erde gehören zu einer und derselben Naturgattung... so große Verschiedenheiten auch sonst in ihrer Gestalt mögen angetroffen werden.

Zu Vers 52 cf. Suttanipāto 373 ͠= Nāradaparivrājakopaniṣat III, v. 25:

Atītān na smared bhogān
na tathānāgatān api
prāptāṃśca nābhinanded yaḥ,
sa kaivalyāśrame vaset.

[267] Vergl. Manus III, 77 f., VI, 89 f: gṛhastha ucyate śreṣṭhaḥ. — In diesem Sinne auch der Spruch οικος φιλος, οικος αριστος, und GOETHE, Vier Jahreszeiten 78. — Dagegen heißt es im Harivaṃśam III, 108, 14: teṣām agraś caturtho ’yam āśramo bhikṣukaḥ smṛtas, in Uebereinstimmung also mit dem Topus vom Mönche als der heiligsten Stätte der Welt, wie Ende der 65. Rede.

[268] Lies mit den siam. und siṇh. Texten samaṇo ca Gotamo pāpito bhavissatīti, wie auch in der 80. Rede, S. 372.

[269] Lies mit dem siam. Texte seyyā und sammucchā.

[270] Es ist mit dem siṇh. Texte erst nissaṭṭhatiṃakaṭṭhupādāno zu lesen; dann tiṇakaṭṭhupādāno. Cf. die drei Gleichnisse von den Holzscheiten, in der 36. und 85. Rede, S. 446–448.

[271] nomen gentile Subhos.

[S. 712]

[272] divā divassa = mero meridie, mitten am Tage.

[273] Den fünf Bedingungen, S. 642, ist Bhagavadgītā XII, 12 analog. — Zum Leben im Hause als einer viel mühsamen Thätigkeit, ibid., cf. Theragāthā 111, Dhp v. 302. Den gleichen Ausdruck hat SOPHOKLES gebraucht. Trach. 116: το βιοτου πολυπονον, und ebenso POSEIDIPPOS die χαλεπας πρηξιες verstanden, in seiner berühmten Frage STOB. Flor. περι του βιου No. 57.

[274] Es wird, wie der siam. Text richtig hat, Paccalakappam zu lesen sein, pratīci; etwa »Westernhof«.

[275] Lies mit dem siam. Texte vijjamānānaṃ tevijjānam brāhmaṇānam und tassa muṇḍakassa samaṇassa.

[276] nomen gentile Saṉgāravos.

[277] Cf. Anm. 91.

[278] Im Text ist hier das Hauptstück aus der 85. Rede (S. 441–459) eingeschaltet. — Mit folg. uccena sammatam vergl. Ṛgvedas Ende:

samānam astu vo mano
yathā vaḥ susahāsati.

Zu Seite 62 Z. 15 v. o.:

In genealoger Beziehung zu den Manosattā devā scheint der vidyādharas Manovegas zu stehn, die Hauptperson in Amitagatis’ überschattender Dharmaparīkṣā, BHANDARKARS Report on the Search for Saṃskṛt Mss etc., Bombay 1894, p. 13–19.

Zu Seite 652, Zeile 4 v. u.: Eine Erläuterung zur Metonymie von der Posaune, deren Ton ohne Beschränkung überall hinreicht, hat ein Zeitgenosse Gotamos, der tieferfahrene geistige Vetter PYTHAGORAS in seinem Hymnus an die Musik, bei IAMBLICHOS 110, mit feinster Präzision gegeben: ειναι τινα μελη ... προς πασαν παραλλαγην της ψυχης. Der saṉkhadhamo śaṉkhadhmas, bez. βυκανητης bucinator, lässt nämlich ein αχορδον και αλυρον μεμος verlauten, so mächtig, dass die tosend emporwogenden inneren und äußeren Meere sich allmälig verglätten, ausgleichen, beschwichtigen müssen, und der Bläser, immer conchā canens, endlich eine neue Welt hervorgerufen, wie es der Dichter der Metamorphosen I, 333–347 des weiteren ausführt.



[A] Auf Manus XII, 10 hat, nach BÖHTLINGK-ROTH, bereits FEER im Journal asiatique 1888 II. p. 237 f. hingewiesen.

[B] Ein Werk über Buddhistische Kunst kündigt nun der Verlag Bruno Cassirer an.


NACHWEISE

[S. 717]

MS = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Mittleren Sammlung Majjhimanikāyo des Pāli-Kanons zum ersten Mal übersetzt von Karl Eugen Neumann. Drei Bände. 1. Auflage. Leipzig 1896–1902; seit 1919 bei R. Piper & Co., München.
LS = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Längeren Sammlung Dīghanikāyo des Pāli-Kanons übersetzt von Karl Eugen Neumann. Drei Bände. 1. Auflage, München 1907–1918.
LSN = Ein Ergänzungsband, welcher die Anmerkungen und Nachweise zum 3. Band der Längeren Sammlung enthält und noch erscheinen wird (zit. aus dem Manuskript).
BR = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Sammlung der Bruchstücke Suttanipāto des Pāli-Kanons, übersetzt von Karl Eugen Neumann, 2. unv. Auflage, München 1907.
LM = Die Lieder der Mönche und Nonnen Gotamo Buddhos, aus den Theragāthā und Therīgāthā zum ersten Mal übersetzt von Karl Eugen Neumann, 1. Aufl., Berlin 1899, seit 1918 bei R. Piper & Co., München.
BK = Das buddhistische Kunstwerk. Vier Aufsätze von Karl Eugen Neumann, erschienen in den Süddeutschen Monatsheften Febr. 1904, Okt. 1904, Dez. 1905, Febr. 1906.
H = Karl Eugen Neumanns Handexemplare.

Geänderte Stellen sind nur nachgewiesen, sofern sie in diesem Band zum ersten Mal auftreten und nicht bereits in den Nachweisen zum vorigen Band vermerkt sind.


51. KANDARAKO

p. 4 15–18 vergl. LS III 135 10–12. samma-d-aññā vimuttā »durch vollkommene Erkenntniss erlöst«, an einigen Stellen auch noch »in vollkommener Weisheit erlöst«.

53. DIE SCHRITTE DES KÄMPFERS

p. 25 17–21 vergl. nunmehr mit LS III 203 8–12.

p. 26 13–29 vergl. mit LS III 204 18–29.

p. 33 24–34 2 siehe LS III 99 11–18.

55. JĪVAKO

p. 49 19–23 vergl. LS I 204 14–18.

p. 50 4–6 vergl. mit LS I 205 4–5.

56. UPĀLI

p. 67 20 bis 68 9 vergl. mit LS I 186 1–23.

57. DER HUNDELEHRLING

p. 80 10 lass es gut sein = LS III N, — 19 Wohlan denn addhā kho ib.

p. 83 14–19 vergl. mit LS III 223 1–6.

p. 86 23–87 7 vergl. LS II 195 8–24 nebst zugehöriger Anm. 118.

[S. 719]

59. VIEL DER GEFÜHLE

Bahuvedniya(suttam), vergl. das Bahudhātukasuttam »Viel der Artungen« MS III 166. H enthält auch die (provisorische) Eintragung »Viele Gefühle«.

63. DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ (I)

p. 152 6 So ist klar, vergl. LS III 4 24, — 9 eitler Mann für moghapurisa (nicht überall durchgeführt), siehe LS III 4 29.

p. 154 20 sicher besteht Geburt, besteht Alter und Tod zit. in LS III N.

64. DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ (II)

p. 158 3–11 Die fünf niederzerrenden Fesseln, vergl. LS III 227 26–28; die beiden letzten saṃyojanāni, welche mit dem ersten und zweiten nīvaraṇam identisch sind, kāmacchando und vyāpādo, sind dort mit »Wunscheswille, Hassensgroll« übertragen.

65. BHADDĀLI

p. 167 31 wie einen Missrathenen, vergl. LS I 101 15,

p. 168 5 um in Zukunft an mich zu halten vergl. ib. 101 19.

p. 174 16 »Anlass — Grund« bereits im 1. Bd. nachgewiesen.

68. VOR NAḶAKAPĀNAM

p. 209 7–9 eins mit Bedacht pflegen..... eins mit Bedacht bekämpfen, saṉkhāy’ ekaṃ paṭisevati..... saṉkhāy’ ekaṃ vinodeti = LS III 216, den viererlei Stützpunkten; vergl. auch Majjhimanikāyo vol. I p. 10–11, Seite 18–20 des ersten Bandes.

[S. 720]

70. VOR KĪṬĀGIRI

p. 237 17–18 ist ein Rest Hangen da, sati vā upādisese cf. Bd. I 113 6 und LS II 455 15.

72. VACCHAGOTTO (II)

p. 249 19–20 ohne Hangen erlöst H.

p. 250 11–12, vergl. mit LS II 40 3, atakkāvacaro (ein schwer übersetzbares Wort) ist da mit »unbekrittelbar« prachtvoll wiedergegeben.

p. 253 ein großer Kronbaum H, vergl. auch LS II 178 vorletzte Zeile nebst zugehöriger Anmerk. 90.

73. VACCHAGOTTO (III)

p. 256 29–30 ist in der ersten Fassung verblieben, da sich die spätere, wie z. B. LS I 186, hier nicht ohneweiters einfügen lässt.

p. 260 22–23 zur Erlöschung geneigt.... zur Erlöschung hingesenkt, vergl. LS II 358 17–18.

p. 262 5 zur Zerlegung der einzelnen Artungen, anekadhātupaṭivedhāya, vergl. das Bahudhātukasuttam »Viel der Artungen« MS III 161.

74. DĪGHANAKHO

p. 270 30 bedingt entstanden paṭiccasamuppannā, vergl. LS II 89 24.

75. MĀGANDIYO

p. 277 8 von unsichtbarer Musik bedient, vergl. LS II 21 22–23 nebst Anmerkung.

p. 287 12–13 und dächte wohl gar daran, dass er ihm nach dem Leben trachtete, api ca jīvitā voropetabbaṃ maññeyya, in H korrigiert.

[S. 721]

76. SANDAKO

p. 291 2 über dies und das und dergleichen mehr cf. LS III 35 11–12.

p. 312 16–28 vergl. mit LS III 135 10–21, für abhabbo...... sannidhikārakaṃ kāme paribhuñjitum ist die erste Fassung belassen worden.

77. SAKULUDĀYĪ (I)

p. 337 1–16 vergl. mit LS I 92 1–16. — 22 geistig gestaltet = LS I 92 24.

p. 340 9–10 cf. LS I 96 4–6.

78. DER SOHN DER SAMAṆAMUṆḌIKĀ

p. 344 6 von etwa dreihundert Pilgern umgeben, vergl. LS III 32 5. — 12 zurückgezogen weilt der Erhabene patisallīno Bhagavā = LS III 35 11.

p. 349 11 er müht sich darum vāyamati, vergl. LS II 444 9.

79. SAKULUDĀYĪ (II)

p. 357 6 die Satzung werd’ ich dir aufweisen dhamman te desessāmi, vergl LS II 193 23.

p. 358 20359 9 vergl. mit LS I 244 7–28.

82. RAṬṬHAPĀLO

p. 397 31 räumte sein Lager zusammen = MS III 490 12.

p. 402 23 in die schöne Umgebung subhūmiṃ, vergl. LS II 21 30.

p. 403 22 auf die Schabracke hinsetzen = Eintragung in H.

p. 412 5 Wir würden es..... eben auch erobern, vergl. BK III 523.

84. MADHURO

p. 428 3–9 vergl. LS III 456 20, 457 3–8. — 21–26 vergl. mit LS III 17–22.

[S. 722]

86. AṈGULIMĀLO

p. 473 vorletzte Zeile: und hing sich die Fingerlein um den Hals, aṉgulīnaṃ mālaṃ dhāreti = H.

89. WAHRE DENKMALE

p. 503 3–6 prächtige Wagen bespannen.... in die schöne Umgebung = H.

90. AM ZWIESELSTEIN

p. 522 8–9 Und König Pasenadi von Kosalo, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf = H.

91. BRAHMĀYU

p. 529 6 ohne Stahl gerecht obsiegend, beherrschen, vergl. LS II 18 10.

p. 530 17–18 Die Bindehaut zwischen Fingern und Zehen ist breit geschweift wie ein Netz, vergl. LS II 18 26–27. — 22–23, cf. LS II 18 31.

p. 535 10 gesehn nach dem Mahle freundlich sein, addasāma bhuttāviṃ anumodantam = H.

p. 538 18 der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist = H.

92. SELO

p. 543554 ist im Pāli-Text vollkommen identisch mit BR 181–194 und nun damit in Uebereinstimmung gebracht worden.

95. CAṈKĪ

p. 589 3–4 es möchten die Herren etwas warten, vergl. LS II 458 3–4.

p. 592 11 schützt den heilsuchenden Menschen kein Böses vor, cf. LS I 142 20. p. 596 19–24 = LS I 301 22–25.

[S. 723]

98. VĀSEṬṬHO

Die Rede findet sich in BR wieder, ebenso wie die 92., und ist nun auch mit dem Wortlaut der späteren Uebertragung in BR in Einklang gebracht.

99. SUBHO

p. 651 14 Reden hab’ ich hören, o Gotamo, sutaṃ m’etaṃ bho Gotama, vergl. LS I 310 10. — Alle anderen in dieser und in den übrigen Reden durchgeführten Aenderungen, bzw. aus später übersetzten Bänden übernommenen Verbesserungen, sind bereits im ersten Band, anlässlich ihres ersten Vorkommens nachgewiesen.


ANMERKUNGEN DES HANDEXEMPLARS

Anm. 34 3–4.

Anm. 51 2.

Anm. 57 1.

Anm. 70 10–11, 16–17.

Anm. 79 p. 678 1–2.

Anm. 112 2–3.

Anm. 117 5.

Anm. 126 4–6.

Anm. 152 5–6.

Anm. 179 ist den noch ungedruckten Nachweisen zum 3. Bd. der Längeren Sammlung entnommen.

Anm. 180 = H.

Anm. 254; zum Wegfall der fünf letzten Zeilen in MS II 604 vergl. LS II 225–228, wo die richtige Erklärung der Zahl 256 auf dem Siddāpurer Edikt festgestellt ist.

Anm. 272 = H.


[S. 725]


REGISTER

I. STELLENLESE — II. GLEICHNISSE — III. ORDENSZUCHT — IV. ANHÄNGER — V. GOTAMO — VI. BÜSSERWESEN — VII. BRĀHMANENTHUM — VIII. VOLK UND SITTE — IX. EIGENNAMEN UND ÖRTER — X. SUTTAMĀTIKĀ — XI. VARIA


[S. 727]


I – STELLENLESE

Von Abend bis Morgen 471

Anhaften 190 f.

Anhänglich angehangen 387

Allheit 333

Allmälig 235; 507

Allmälige Einführung 67, 541

Arbeiten 601

Asketenschaft 188; 435

Auferstehn 249253

Aufgerieben 408

Auflösung 117; 162

Ausgezeichnete Eigenschaft 308312

Bedachtsam 141, 146

Bedürftig 412

Begehren 191
Entstehn und Vergehn 277282

Begehrendes Fieber 277 f.

Begierdenhochgenuss 372

Beide Fesseln 635

Beide Seiten 105 f.

Besitzthum des Menschen 610

Besser, nicht schlechter 607

Besser und erlesener 98 f., 365 f.; 619 f.

Betrachtend und betrachtend 139

Billig 171 ff.

Böses und Gutes 254

Bürgen 51 f.

Dasein 17; 413

Dulden 482

Durchbohrend 236, 600

Die vier Durchstrahlungen 23, passim

Eigenart der Dinge 93

Eigene That und eigenes Handeln 592, 245

Eigenthümliche Lehre 67, 541

Einheit 44

Die vier Pfeiler der Einsicht 4 f., 327

Emporsteigen 21, 163

Die bedingte Entstehung 387 f., 357
bedingt entstanden 270 f.

Erben der Werke 84 f.

Erforschung 598600

Erlösung 19; 518

Ernst nehmen 497

Erwachte 4, 12; 547

Die sieben Erweckungen 329 f.

Ewige Artung 164

[S. 728]

Farben 331333

Die fünf Fähigkeiten 328 f.

Fein oder gemein 195

Die drei Fesseln 211

Die fünf Fesseln 159 f., 211

Form 116

Fortschritt 170

Fraglose Lehre 103

Die acht Freiungen 330 f.

Hohe Freude 217

Freudvoll und leidvoll gemischt 85

Der Fünferstrunk
Form, Gefühl, Wahrnehmung, Unterscheidung, Bewusstsein 136, 158 f., 241, 243 f., 279

Geburten 629 f.

Gefahren 201

Gefühle 94101, 227230, 270 f.

Gehabung 349 f.

Geistig erfassend 179, 266, 397, 294

Gelehrig 542

Gemütherlösung 265, 165

Gewiss bestanden 178, 211

Gewissheit bei Lebzeiten 237

Gold und Geschmeide 400

Götter 659

Gut begabt 353

Den Guten gesellt 288

Haftlos 249, 271

Hausleute und Pilger 650; 572 f.

Hauslos 399

Häusliche Bande 244

Die Häuslichkeit 12, 121, 304, 578

Heilige Geburt 481

Heilsames Recht 611614; 312

Heilsam und unheilsam 103 f.

Heitere Säligkeit 208; 648

Die fünf Hemmungen 16, 125, 581, 646

Der höchste Herr 33

Das Herz 348350

Vom Herzen betrogen 387

Des Herzens Geräthe 650 f.

Herzenskunde 262 f., 339

Die Herzenswendung 208

Himmlische Welt 245

Höllische Welt 81, 617 f.

Hörensagen 597, 658

Hörerschaft 212

Hülflos 409

Immerhin Wohl 101

Je nach der Auferstehung 210

Je nach dem Standpunkte 96, 430, 489

Je nach den Thaten 18, passim; 410

Je nach der Wirkensart 262265

Jenseit menschlichen Ermessens 223

Jugend 207, 441

Die fünf Kampfeseigenschaften 470, 516 f.

Die vier gewaltigen Kämpfe 327 f., 349352

Kein Zusprechen, kein Absprechen 271; 584

Kleinigkeit 184 f.

Der Körper 270, 337; 285

Kraft 519

Legenden 377390; 415426, 565568

[S. 729]

Leiden 326

Leidensversiegung 30, 470, 517

Liebhaben 491

Lüge 132

Die vier Machtgebiete 328

Magie 64, 262, 337 f., 475, 481, 648

Mancherlei 639 f.

Der verständige Mann 104, 269, 293312, 373, 597, 659

Mannesgewalt 237

Mehren und mindern 227 ff.

Der gewöhnliche Mensch 88, 159

Vier Arten von Menschen 6, 117, 570

An Milde gewöhnen 560, 611

Mitleid 649

Mönch 4, passim

Nächstenquäler 10, 119, 575

Nicht auf einmal 515

Nicht beschränkt 652 f.

Nicht genug 152

Nicht mehr ist diese Welt 19, passim

Nicht mitgetheilt 156

Nicht verständigt 606610

Nichtwiederkehr 211

Nur einmal noch 211

Nur Name 637

Nur zwei Kasten 557

Offenbar 551

Offenes Ohr 235, 600

Ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal 12, 120, 577

Ohne Unrecht 619 f.

Opfer 552

Regung 193

Richtig gewiesen 3

Ruhe und Klarsicht 262

Sattheit 141 ff.

Die vier Schauungen 16, passim

Gar schmerzlich 281

Schwer 250, 372

Selbst erkannt 658

Der Selbstquäler 9, 117 f., 574

Die unvergleichliche Sicherheit 22

Die sechs Sinne 15

Sinneskräfte 234

Die heiligste Stätte der Welt 181

Sterben 489

Die That 637 f.

Drei Arten von Thaten 56

Vier Arten von Thaten 83

Thatenversiegung 85

Tugend 350

Ueberdrüssig 271

Acht Grade der Ueberwindung 331

Uebungen 144 ff.

Uneigen 410

Unermüdlich 230235

Unzulänglich 194

Urasketenthum 658

Urasketenthümlich 157, 512

Verkehrabschneiden 36 ff.

Die fünf Vermögen 329

Bis oben an die Verschaalung 31

Verschiedenheit der Anlagen 165, 658

[S. 730]

Versunken 202205, 208

Viel gewichtig, wenig gewichtig 640 f.

Vielheit 43

Letzte Vollendung 343, 658

Vollkommen eben insofern 260

Der Wahn 209

Die vier heiligen Wahrheiten 19, passim

Wahrnehmung 350 f.

Wandel 497500

Wandelbar 270 f.; 21 ff.

Wandel und Wissen 33

Der heilige achtfältige Weg 330

Durchdringende Weisheit 30, 470, 517

Kämpfende Weisheit 261

Wichtige Folge 601604

Wirklich verstehn 391 f.

Drei Wissen 242244, 266

Wohl der Einsamkeit 193

Kothiges Wohl 192

Vollkommenes Wohlsein 363365

Zeit ermessen 92

Zerstörung 154 f., 551

Ziel 231, passim

Zusammengesetzt 21 ff.

Zutrauen 29, 470, 517

Zuversicht 237

Zweierlei Ausgang 597


II – GLEICHNISSE

Die Abrichtung 517 f.

Achse und Rad 638

Ackerbau und Handel 640 f.

Affe und Tuch 74 f.

Der Alpensee 343

Amme und Säugling 91

Der Arm 199, 460

Der Arme und der Reiche 186189

Der Aussätzige 278282

Baumfrüchte 46 f.; 414

Der Bissen 606

Der Blasebalg 450

Die Blindenreihe 596, 644

Der Blindgeborene 284287; 645

Die Brüder 564

Darlehen 45

Der Dolch 450

Der Drechsler 338

Die Durchkreuzung 162

Die Ebene 5

Der Edelstein 336 f.

Der Einäugige 177

Der Elephantenlenker 468 f.

Der Entfesselte 373

Die Erde 144

Der Fadenknäul 298

Die Falle 414

Vollkommene Färbung 67, 541

Das Feuer 144 f.; 250 f.; 610; 647

Flammendes Stroh 43 f.

Fleischfetzen 43

Die Gangesmündung 260

Gold 549

[S. 731]

Der Goldschmidt 339

Der Göttersohn 277 f.

Der Hai 205

Hand und Fuß 313

Die Hanfblüthe 331

Die Häuser 342

Die Höhle 5

Verschiedenes Holz 518; 561, 613

Die drei Holzscheite 446448

Honig 319

Der Hort 609

Das junge Huhn 31

Das zarte Kalb 200

Das Kernholz 162

Der zarte Knabe 158, 346; 373

Kahle Knochen 42

Glühende Kohlen 44, 452

Der Königselephant 132 f., 185

Der Korb 301, 595; 338

Der Krämer und Trödler 236

Das Krokodil 204

Der große Kronbaum 253

Lehrer und Schüler 487

Das Licht 49, passim

Die Lotusrosen 461

Löwen 547; 553

Die Luft 145

Die Malvenrose 332

Der weiße Mantel 336

Das Maulthier 563 f.

Der Mond 635

Der Morgenstern 332

Die Nabelschnur 302

Das kühle Nass 325

Die Obermacht 520

Die Orte 341

Der Ozean 251 f.

Der Palmstumpf 51 f., 209, 251 f., 255

Die Peitsche 451

Die elf Pforten 24

Der Raum 145

Das Rohr 337

Das schöne edle Ross 179 f.

Die elf Schatzmulden 24

Der Schaumball 334

Das Schlachtmesser 451

Die Schlinge 402

Die Schönste des Landes 358, 368

Zarte Schößlinge 199

Das Schwerdt 337

Die Seequelle 334 f.

Der Seidenstoff 331 f.

Das Senfkorn 633

Der Sohn 536

Die Sonne 549

Der Spiegel 133; 340

Der Stärkere und der Schwächere 449

Der bunte Strauß 79

Der Strudel 205

Der Sumpf 635

Der Töpfer 338

Traumbilde 45

Der Trompeter 339, 652

Der Tropfen 633

Das Ueberfließen 501

Der Verwundete 152 f.

Der beschwingte Vogel 15, passim

Die Wachtel 184

Der Wagen 93

Bemalte Wände 402

Das Wasser 144

Das Wasserbecken 132

Die Wassertropfen 191

Der Wegeskundige 651 f.

Die Woge 202

Die Zimmtblüthe 332


[S. 732]

III – ORDENSZUCHT

Kleidung 25
Das Dreiwams 479, 501
Die Fetzenkutte 322

Nahrung 28, 321, 398
Einmal des Tages 166, 224, 399, 579, 604
Bettelgang 219, 323
Fleisch 50

Arzenei 435, 478

Aufenthalt 171, 323
Wohnhaus 25, 505
Empfangsaal 586
Geeignete Orte 231
Die drei Monate der Regenzeit 167, 615
Landpilger 224
Waldeinsiedler 224
Mächtige Bäume 503
Höhlenasket 218

Schlaf 29

Umgang
Frommende Freunde 231
Bekenntniss 135 f., 170
Vermerk 175 ff.
Neigung, Vertrauen 177
Schwer zugänglich 547
Kein Geräusch 319, 508
Die lautlose, stille Schaar 3
Lärm 196
Ruhe ist ihnen recht 291
Kein Anpreisen, kein Schmähen 314
Wissen 210
Einig 506
Heiter 507
Wohlgefügig 508
Gedenkensruhe 141
Geistiges Werk 344
Abgeschiedenheit 324
Halbmonatliche Verkündung 324
Neue Mönche von erfahrenen zu behüten 201
Fußwaschung 131, 465

Der Tugendpfad 1316
Ordensregeln 202 f., 218223
Vor geringstem Fehl auf der Hut 28
Stark und standhaft 30, 470, 517
Ein- und Ausathmung 146
Letzte Athemzüge 148; 506

Die Jüngerschaft
Aufnahme 86, 261, 288, 392, 396, 476, 510
Probezeit 86, 261, 289
Edle Söhne 185, 206208, 210
Glückliche Jugend 207, 404
Der erfahrene heilige Jünger 160
[S. 733] Auch einer der Heiligen geworden 87, 265, 289, 397, 481, 553
Vollender 313
Gruß 266
Manche Veränderlichkeit 86, 261, 289
Austritt 202, 319
Späte Jahre 178
Schismatische Symptome 166, 185, 224

Nonnen 212 f.


IV – ANHÄNGER

Besuch 3, passim

Gruß 241, 315, 354; 493, 535, 655, 656

Huldigung 505, 540

Beitritt 49, passim; 437 f., 585 f.; 473

Aufnahme 67

Einladung 89, 438, 494, 544

Schenkung 25, 586

Lehrreiches Gespräch 27, 511, 514; 593

Auf keinen anderen gestützt 68, 541

Erfreut und befriedigt 68, 490

Gehörige Ueberlegung 66

Asketenehrfurcht 48, 604

Schwere Schuld 53

Fünf Grundsätze 319

Ruhe preisen sie 345

Ganz begeistert 273

Von Zeit zu Zeit 5


V – GOTAMO

Leben im Palaste 277

Späteres Verständniss 278

Bedenken 441

Gewaltsame Losreißung 441; 591

Pilgerschaft 441454

Wendepunkt 454 f.

Erwachen 455

Verkündung 465

Darlegung der Lehre
Zum Erkennen, begründet, erfassbar 325
Tief, innig, Weisen erfindlich 598 f.

Erbarmen 92

Tugend 325; 592

Weisthum 326; 493

Aussöhnung 479, 550

Lob des Meisters 320 f., 548 f., 591593
[S. 734] Der Willkommene 159, 271, 356
Der Asket Gotamo, der so mächtige, so gewaltige 88
Von Gepriesenen gepriesen 654
Beim Asketen Gotamo ist ächte Asketenschaft 314
Der beste Arzt 550
Ruhe preist er 315, 354
So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu 285, 288
O herrlich Erwachter 472
Die Vollendeten reden nicht unvollkommen 488
Daran hat Er gedacht 408412; 491493
Der Erhabene ist liebevoll 51
Der Erhabene ist unbewegt 53
Zurückgezogen 344
Der frohe Ruhmesruf 90 f., 273, 527, 543, 546, 588, 592, 628
Erloschen ist Er nun 437, 585
Adel, Land, Alter 511, 591

Gegnerische Stimmen
Allzu peinlich genau ist doch dieser Asket 184, 188
Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo 274
Der Asket Gotamo ist listig, versteht verlockende List 60
Ob wohl der Asket Gotamo vollbracht hat 372, 644
Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch 361, 363
Solche kahlgeschorene Pfaffen 398, 604; 656
Um des Asketen Gotamo willen 49
Der Asket Gotamo behauptet 514

HERVORRAGENDE JÜNGER

Die Anuruddher 207

Angulimālo 476

Ānando 20, 27; 502, 521

Udāyī 181

Udeno 569

Kaccāno 428

Moggallāno 201; 224

Raṭṭhapālo 406

Vacchagotto 253, 260

Sāriputto 218; 271; 550; 614 f.

Selo 553


VI – BÜSSERWESEN

Selbstquäler im Allgemeinen 910, 117119, 574 f.

Nackte Büßer 245
Drei Meister 314
Upako 463 f.
[S. 735] Der Hundelehrling 79

Freie Brüder 71
Nāthaputto 54, 88, 356
Die gesammte Wissensklarheit 242, 300, 356
Vierfach gezügelt in fester Zucht 62
Drei Arten von Streichen 55
Keinerlei Born 63
Wohl um Wehe 441
Fesseln fehlen uns 507
Nichts gefällt mir 267
Die Pañcadhāraṇā, Anmerk. 38
Nonnen 6870, Anmerk. 117

Pilgerthum
Meister und Altmeister 283
Bekannte, gefeierte Bahnbrecher 316
Unächte Asketenschaft, unerquickliche Askese 292303
Der Kuhlehrling 79
Unterhaltung 290, 315, 344, 354
Abrede 367
Schwerer Entschluss 314
Darüber hinaus nichts Höheres mehr 364
Fünf verbündete Mönche 455, 463
Halbasketen, Anmerk. 12, 219


VII – BRĀHMANENTHUM

Die Ziffern dieses Abschnittes beziehen sich, wo nicht anders angegeben, auf die Anmerkungen

Die Veden p. 527, p. 545, p. 554, p. 590, p. 594, p. 628, p. 656, p. 658
Mantras 8, 57, 158, 160, 170, 183, 247, 255, 278
Brāhmaṇam 26, 71, 77, 146, 198, 219
Upaniṣat 4, 10, 16, 27, 39, 42, 57, 58, 60, 61, 63, 68, 69, 71, 74, 86, 93, 94, 104, 109, 111, 113, 115, 116, 119, 126, 129, 161, 169, 170, 173, 175, 182, 198, 208, 211, 217, 227, 234, 245, 248, 255, 266

Śruti
Die Sieben priesterlichen Seher p. 565568
Asito Devalo ib.
Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi, Angiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu p. 595 f., p. 643

Smṛti
gārhyā 2, 186, 198
Āpastambas 14, 181
Vāsiṣṭhas 156
Manus 6, 14, 30, 71, 74, 90, 93, 157, 183, 194, 260, 267
[S. 736] Rāmāyaṇam 57, 115, 117, 203
Bhāratam 10, 27, 156, 202
Bhagavadgītā 87, 273
Harivaṃśam 70, 112, 161, 229, 263, 267
Viṣṇupurāṇam 30, 72

Śrautasmārtās 90, p. 658
Dreihundert Schüler p. 545551, p. 553, p. 590
Das Lehrgeld einsammeln p. 25
Fünf Bedingungen p. 642
Opferfeier p. 649

Vedāntinas 63, 95, 113

Sāṃkhyās 87; 248
Das ist der höchste Glanz p. 358 f., p. 368 f.

Yoginas 70
Āḷāro Kālāmo p. 441 f.
Uddako Rāmaputto p. 443 f.

Naiyāyikavaiśeṣikās 92, p. 658

Daivaparās 85; p. 111

Syādvādinas 92

Cārvākās 83; p. 103

Bārhaspatyās 84; p. 107

Eristik
Von einem auf ein anderes übergehn p. 356
Haarspalter und Wortverdreher p. 508 f.
Beim Worte nehmen p. 59, p. 88
Doppeldeutige Fragen 89
Der eiserne Halsring 89
Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes p. 116, p. 246248, p. 268 f., p. 595598
Widersteh’ wenn du kannst p. 318
Erzürnt vom Zorn der Lehre p. 318
Schwer standhalten p. 556

Antinomien
Zwei p. 115117
Drei p. 267
Sechs p. 148, p. 248


Aśvaghoṣas 232, 266

Kālidāsas 224

Bhartṛharis 102, 156

Prabodhacandrodayam 82

Prasannarāghavam 91

Daśakumāracaritam 176, 202, 217

Pāṇinis 252


Brāhmanische Nonnen 117


VIII – VOLK UND SITTE

Die vier Kasten 428436; 517, 556566, 605614
Krieger, Priester, Fürsten 561, 608, 491
[S. 737] Der Oberpriester, Opferpriester 11, 119, 576, 632, 637
Der Priester 627, 633
Der Kanzler 503
Der Marschall 494
Der Feldherr 491, 515
Königliche Kammerherren 510
Der Hofarzt 49
Förster, Stallmeister, Elephantenlenker 402, 179, 3
Soldat, Dienstmann 632, 637
Baumeister 94, 344
Musikant 339, 652
Handwerker 11, 59, 75, 338 f., 450, 451, 631 f., 637
Kaufmann 632, 637
Krämer 236
Treiber, Jäger, Korbflechter, Radmacher, Gärtner 561
Ackerbauer, Viehzüchter 609, 631, 637
Hirten und Landleute 474
Thorwart 588
Pförtner 68
Die Schaffnerin, Magd 183, 644; 398

Der König 632, 637 Rechtspflege 434, 477 f., 507
Schutz 435 f., 479
Stiftung 586, 587
Ausfahrt 402, 428, 503
Erobern und Beherrschen 411 f.
Der Kronprinz 416

Selbstherrliche Fürsten 25, 197, 477
Das städtische Herrenhaus 197, 11, 119, 576

Die Volkshalle 316

Das Landhaus Lotusrose 438440

Hausweihe 26, 438

Der Gast 593; 617

Manendienst 617

Opferkult 11

Der Mondesfeiertag 370, 415, 422

Sprichwort 285

Reichthum genießen, Gutes thun 205, 400

Bewirthung 387 f.; 545

Empfang 73, 569

Landesthümlicher Gruß Anmerk. 220

Im Tode vereint 490

Drohung 394

Aerztliche Kunst 279, 287

Gesundheit 405

Baden 560, 612

Weiß gekleidet 256

Schmuck 401

Seide und Sandel 295, 493

Reis 384

Abendmahl 183

Die Leibesfrucht 566

Bestattung 293, 413

Fluch 566

Würfelspiel 486

Der Kahāpaṇo-Gulden Anmerk. 236

Kaiser oder Heiliger 528 f., 547

Die Merkmale eines großen Mannes 530 f.

Der ideale Asket 531535

[S. 738]

SAGE

Hinfällige Welt 626
Formhafte Götter
Formhaft sinnlich 115
Zugewandt 519522
Die Dreiunddreißig 277, 421, 521
Der Wonnige Wald 277
Der Saal der Säligen 421
Die beiden Bahnen 423
Das tausendjochige Rossegespann 422
Sakko 422; 638
Mātali 422 f.
Die Brahmās Anmerk. 70, p. 521, 625, 638; 651653
Sanankumāro 33
Sahampati 199, 460462
Reine Götter
Lichter als Mond und Sonne 360 f., 370 f.
Strahlend, einzig freudvoll 84

Höhere Welt
Formlose Götter
Formlos wahrnehmbar 115
Gedankenhaft 62
Abgewandt 519522

Heroen
Makhadevo 415
Nimi 421
Kikī 383
Vierundachtzigtausend Geschlechter 421

Götterboten 416

Irrlicht 357


IX – EIGENNAMEN

I – PERSONEN

Aggivessano 267

Angiraso 595

Angulimālo 473

Ajātasattu 501

Ajito Kesakambalo 316

Aṭṭhako 595

Anubhāro 314

Anuruddho 206

Abhayo 88

Asito Devalo 565

Assaji 225

Assalāyano 554

Ānando 20, 27, 95, 159, 196, 206, 290, 377, 415, 494, 502, 519

Āḷāro Kālāmo 441, 462

[S. 739]

Isidatto 510

Uggāhamāno 344

Uttaro 528

Udāyī 94, 181

Udeno 569

Uddako Rāmaputto 443, 462

Upako 463

Upāli 57

Esukārī 605

Opamañño 644

Kaccāno 368; 428

Kandarako 3

Kaḷārajanako 426

Kassapo Isi 595

Kassapo Buddho 377

Kāpaṭhiko 594

Kikī 383

Kimbilo 206

Kiso Saṉkicco 314

Kuṇḍadhāno 206

Keṇiyo 543

Koravyo 402

Gaggo 479

Gulissāni 218

Gotamo, passim

Ghaṭīkāro 378

Ghoṭamukho 569

Caṉkī 587, 627, 646

Jāṇussoṇi 627, 646, 654

Jīvako 49

Jotipālo 378

Tārukkho 627, 646

Todeyyo 627, 638, 646

Dasamo 20

Dīghatapassī 54

Dīghanakho 267

Dīgho 503

Devadatto 88

Dhanañjani 615

Dhanañjānī 655

Nandiyo 206

Nando Vaccho 314

Nāthaputto 54, 88, 316, 356

Nāḷijaṉgho 488

Nimi 421

Pakudho Kaccāyano 316

Pañcakaṉgo 94, 344

Pasenadi Anmerk. 117, p. 473, 487, 494, 502, 512, 587, 590, 592, 655

Puṇṇikā 644

Puṇṇo 79

Punabbasu 225

Purāṇo 510

Puraṇo Kassapo 316

Pesso 3

Pokkharasāti 593, 627, 644 f.

Potaliyo 34

Bimbisāro, Seniyo 477, Anmerk. 197, p. 546, 592

Bodhi 438

Brahmāyu 527, 543

Bhagu 206

Bhagu Isi 595

[S. 740]

Bhaddāli 166

Bhāradvājo 273; 594; 627; 658

Bhāradvājo Isi 595

Makkhali Gosālo 314, 316

Makhadevo 415

Madhuro 428

Mantāṇī 479

Mallikā 344, 487

Mahānāmo 27

Māgandiyo 273

Mātali 422

Māluṉkyāputto 148, 157

Moggallāno 196, 224

Yamataggi 595

Raṭṭhapālo 391

Rattapāṇi 75

Rāhulo 131, 140

Revato 206

Licchavī 477

Vacchagotto 241266

Vajīrī 490

Varataro 314

Vāmako 595

Vāmadevo 595

Vāsabhā 491

Vāseṭṭho 627

Vāseṭṭho Isi 595

Viḍūḍabho 491, 515, 520

Vekhanaso 367

Vedehī 501

Vessāmitto 595

Sakulā 513

Sakuludāyī 314, 353

Sakko, Sakyer, Sakker 25, 101, 197, 273, 390, 455, 502, 543, 546, 628

Sakko Indo 422

Sangāravo 656

Sañjayo Ākāsagotto 515, 522

Sañjayo Belaṭṭhaputto 316

Sañjikāputto 438

Sanaṉkumāro 33

Sandako 290

Samaṇamuṇḍikāputto 344

Sahampati 199, 460

Sāriputto 141, 196, 218, 271, 550, 615

Sirivaḍḍho 494

Subho 638

Seniyo 79

Selo 545

Somā 513

II – OERTER

Die Aṉguttarāper 34, 181, 543

Aciravatī 501

Aṭṭhakam 20, Anmerk. 7

Ambalaṭṭhikā, der Mangohag 131

Avanti 428

Āpaṇam 34, 181, 543, 546

Icchānaṉgalam 627

Uruññā 512

Uruvelā 445, 463

Opāsādam 587

Kapilavatthu 25

Kammāsadammam 272

Kīṭāgiri 225

[S. 741]

Kurū 272, 390

Die Koḷiyer 79

Kosambī 290, 472

Kosalo 101, 206, 377, 473, 487, 492, 494, 502, 587, 590, 592, 655

Gayā 463

Campā 3

Cātumā 196

Taṇḍulapāladvārā 615

Thūlakoṭṭhitam 390

Dakkhiṇāgiri 615

Nagarakam 502

Naḷakapānam 206

Naḷakāram 651

Nāḷandā 54

Paccalakappam 655

Pāṭaliputtam 20, 586

Bengālen 316

Benāres 225, 463 f., 492, 569

Die Bhagger 438

Magadhā 316, 445, 477, 501, 546, 592

Madhurā 428

Mithilā 415, 527

Metāḷumpam 502

Rājagaham 49, passim

Die Videher 421, 527

Vebhaliṉgam 377

Vesālī 20, 241, 477

Sālā 101

Sāvatthī 94, passim

Subhagavanam 644

Suṃsumāragiram 438

Sukarakhatā, Eberswühl, 266

Haliddavasanam 79

Ionier und Kābuler 557

Das Gestade der Aciravatī 495

Der Garten Anāthapiṇḍikos 94

Der Bambuspark 87

Der Bilva-Weiler 20

Der Hügel der Eichhörnchen 87

Die Halle der Einsiedelei 241

Die Große Feigenbaumgrotte 290

Der Park der Feigenbäume 25

Der Gaggarā-See 3

Der Geierkulm 266

Der Götterhain am Kronwalde 587

Die Götterkluft 290

Der Hahnenhain 20

König Koravyos Jagdgelände 398, 402

Das Landhaus »Lotusrose« 438

Der Pilgergarten der Weißen Lotusrose 241

Mallikās Garten 344

Der Mangohag 131

Der Mangohain Jīvakos 49

Der Mangohain Khemiyos 569

Der Mangohain Makhadevos 415, 536

Der Mangohain Pāvārikos 54

Der Mangohain der Todeyyer Priester 657

[S. 742]

Der Osthain 494

Der Pfauenhügel 314, 353

Der Seherstein 463

Der Stiftungsgarten 290, 472

Die Terrasse der Mutter Migāros 494

Der Āmalakīwald 196

Der Bhesakaḷerwald 438

Der Daṇḍakerwald 65

Der Große Wald 241

Der Kāliṉgerwald 65

Der Mātaṉgerwald 65

Der Mejjherwald 65

Der Siegerwald 94

Der Zwieselstein 512


X – SUTTAMĀTIKĀ
MAJJHIMAPAṆṆĀSAM

VAGGO CHAṬṬHO
GAHAPATIVAGGO

51.  Kandarakasuttam 3

52.  Aṭṭhakanāgarasuttam 20

53.  Sekhapaṭipadāsuttam 25

54.  Potaliyasuttam 34

55.  Jīvakasuttam 49

56.  Upālisuttam 54

57.  Kukkuravatikasuttam 79

58.  Abhayarājakumārasuttam 87

59.  Bahuvedaṉiyasuttam 94

60.  Apaṇṇakasuttam 101

VAGGO SATTAMO
BHIKKHUVAGGO

61.  Rāhulovādasuttam 131

62.  Mahārāhulovādasuttam 140

63.  Cuḷamāluṉkyasuttam 148

64.  Mahāmāluṉkyasuttam 157

65.  Bhaddālisuttam 166

66.  Laṭukikopamasuttam 181

67.  Cātuṃāsuttam 196

68.  Naḷakapānasuttam 206

69.  Gulissānisuttam 218

70.  Kīṭāgirisuttam 224

VAGGO AṬṬHAMO
PARIBBĀJAKAVAGGO

71.  Cuḷavacchagottasuttam 241

72.  Aggivacchagottasuttam 246

73.  Mahāvacchagottasuttam 254

74.  Dīghanakhasuttam 266

75.  Māgandiyasuttam 272

76.  Sandakasuttam 290

77.  Mahāsakuludāyisuttam 314

78.  Sāmaṇamuṇḍikasuttam 344

79.  Cuḷasakuludāyisuttam 353

80.  Vekhanasasuttam 367

VAGGO NAVAMO
RĀJAVAGGO

81.  Ghaṭīkārasuttam 377

82.  Raṭṭhapālasuttam 390

83.  Makhadevasuttam 415

84.  Madhurasuttam 428

[S. 743]

85.  Bodhirājakumārasuttam 438

86.  Aṉgulimālasuttam 473

87.  Pivajātikasuttam 485

88.  Bāhitikāsuttam 494

89.  Dhammacetiyasuttam 502

90.  Kaṇṇakatthalasuttam 512

VAGGO DASAMO
BRĀHMAṆAVAGGO

91.  Brahmāyusuttam 527

92.  Selasuttam 543

93.  Assalāyanasuttam 554

94.  Ghoṭamukhasuttam 569

95.  Caṉkisuttam 587

96.  Esukārisuttam 605

97.  Dhanañjanisuttam 614

98.  Vāseṭṭhasuttam 627

99.  Subhasuttam 638

100.  Saṉgāravasuttam 655

MAJJHIMAPAṆṆĀSAṂ SAMATTAM


XI – VARIA

Ziffer = Anmerkung

Etyma 1, 3, 20, 23, 29, 33, 41, 43, 45, 47, 49, 51, 53, 67, 78, 81, 99, 105, 107, 109, 121, 124, 127, 129, 135, 144, 174, 176, 195, 205206, 210, 228, 264, 274

Asoko 5, 19, 34, 36, 57, 95, 132, 154, 181, 188, 199, 226, 237, 254, 257, 266

Andere Inschriften 24, 80, 100, 121, 126, 160, 163, 166, 226

Nepālischer Buddhismus 75, 144, 174

Griechische Zeugen 38, 80, 89, 91, 101, 164, 190, 198, 237, 246

[S. 744]


CORRIGENDA

Seite 33 Zeile 25 richtig Der ewige Jüngling
34 2 Der ewige Jüngling
81 20 Hundegelübde
114 29 giebt,
122 8 hin,
128 8 vom Nichtwissenswahn
128 11 Welt‹
157 14 0thapiṇḍikos
200 16 dem Brahmā
244 1 in höllische Welt
244 6 in himmlische Welt
249 12 auf; so
313 27 es, Sandako
328 8 darum,
344 22 Samaṇamuṇḍikā
362 21 Udāyī:
400 13 u. 18 Raṭṭhapālo
410 5 Raṭṭhapālo
484 26 (ohne Anmerkungsziffer)
487 2 bist du
605 16 Esukārī

Weitere Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1921 erschienenen Buchausgabe erstellt; Interpunktionsfehler wurden dabei stillschweigend korrigiert. Die Rechtschreibung des Originals wurde beibehalten, sofern es sich nicht um offensichtliche Fehler handelt. Der Fußnotenanker [264] fehlt in dieser Ausgabe und wurde an der in den Fassungen von 1919 und 1922 vorgesehenen Position eingefügt.

Die folgenden Stellen wurden korrigiert:

*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 48901 ***