Geographie und Geschichte der Colonie.
Von
Brix Förster.
Mit einer Karte von Deutsch-Ostafrika.
Leipzig:
F. A. Brockhaus.
1890.
Das Recht der Uebersetzung ist vorbehalten.
Die Erkenntniß der Productions- und Consumtionsfähigkeit eines fremden Ländergebietes liefert die Handelsstatistik und die Geographie. Die Handelsstatistik gewährt einen Ueberblick über die zur Zeit vorhandenen natürlichen und industriellen Erzeugnisse und über die von den Eingeborenen zur Zeit begehrten Tauschwaaren. Die Geographie dagegen gibt die Anhaltspunkte zur Beurtheilung der überhaupt möglichen Erzeugungskraft eines Landes und über den Werth der Bevölkerung als Arbeiter und als Abnehmer europäischer Artikel.
Ausschließliche Handelscolonien können erblühen einzig und allein auf Grund der Erfahrung über die Exportfähigkeit der Landesproducte und über die Importfähigkeit bestimmter europäischer Industrieerzeugnisse. Beabsichtigt man aber neben der Belebung des Handels die Quantität und Qualität der Bodenfrüchte einer Colonie durch intensiveren Ackerbau oder durch Einführung neuer Culturpflanzen zu steigern, so ist das Wissen über Bodenbeschaffenheit, Klima, über die Verkehrsmöglichkeiten, mit einem Worte, über die Geographie des Gebietes unumgängliches Bedürfniß.
[S. vi] In der deutschen Colonie von Ostafrika trat man von Anfang an mit der Absicht auf, den tropischen Reichthum an Grund und Boden durch Anlage von Plantagen und durch Anregung der Eingeborenen zu ausgiebigerem Ackerbau zu heben und auszunutzen. Wir bedürfen daher zur richtigen und zu einer den Erfolg annähernd sichernden Werthschätzung Deutsch-Ostafrikas eines geographischen Handbuches. Denn die vorhandene, in Sansibar aufgestellte Handelsstatistik enthält noch so außerordentlich weite Lücken und noch so sehr schwankende, auf kurze Zeiträume beschränkte Ziffern, daß sie durchaus nicht vermag, uns ein klar und scharf gezeichnetes Bild von der Bedeutung der Colonie, nicht einmal in ihrem gegenwärtigen Zustande, zu schaffen.
Wir sind auf die Erforschung der geographischen Verhältnisse angewiesen. Ich räume bereitwillig ein, daß diese, wenigstens mit Rücksicht auf colonisatorische Unternehmungen, in so geringem Grade untersucht sind, daß nur die dringende Nothwendigkeit, das vorhandene Material zu sammeln und zu sichten und einen Anfang überhaupt einmal zu machen, in mir den Entschluß hervorgerufen hat, eine Geographie Deutsch-Ostafrikas zu entwerfen. Wir besitzen, mit Ausnahme einiger kürzlich veröffentlichter sehr wichtiger Monographien, nur Reisebeschreibungen als benutzbare Quellen. Noch besteht keine einzige wissenschaftliche Station in jenen Gebieten, welche uns genaue und umfangreiche Anhaltspunkte zur Bestimmung des allgemeinen und speciellen Landescharakters geben könnte. Groß ist die Anzahl der Reisenden und werthvoll sind unzweifelhaft die meisten ihrer Berichte. Aber da sie diesen Theil Afrikas hauptsächlich als Durchzugsgebiet betrachteten und sehr häufig dieselben[S. vii] Karavanenstraßen einschlugen, so bleiben oft weite, dazwischen liegende Strecken vollkommen unberührt, deren Kenntniß erst jetzt bei der Umgestaltung des Landes in eine Colonie von unerwarteter Bedeutung geworden ist. Arbeitet man die Erzählungen verschiedener Erforscher über ein und dasselbe Gebiet mit Aufmerksamkeit durch, so gewinnt man sehr bald die Ueberzeugung, daß die Berichte nicht nur unter sich einen sehr verschiedenen Grad von Verlässigkeit besitzen, sondern daß auch die glaubwürdigsten Autoren nicht in allen Gegenden mit gleicher Schärfe beobachtet haben. Nur durch eine vorurtheilslose, förmlich auflauernde Kritik der umfangreichen und der kurzgefaßten Reiseberichte ist es möglich, den Grad der Cultur und der Culturfähigkeit mit einiger Sicherheit darzustellen. Da nach meiner Meinung die Unterschätzung eines Terrainabschnittes als Culturland weniger schadet als die Neigung zur Uebertreibung, so habe ich nur dort den Ton bis zum Lob „üppiger Fruchtbarkeit” gesteigert, wo ich außer den topographisch günstigen Verhältnissen mehrere und zwar sichere Beobachter mit gleich stark ausgesprochenen und übereinstimmenden Urtheilen vorfand. Es mögen sich daher diejenigen, welche sich ein viel glänzenderes Bild von der tropischen Ueberfülle Deutsch-Ostafrikas gemacht, mit der Versicherung trösten, daß eifrige Nachforschung und fortschreitende Cultur in künftigen Jahren noch manchen farblosen Strich Landes mit leuchtendem Grün überziehen werden. Das wichtigste und zugleich schwierigste Problem für die Ausnutzung Ostafrikas bleibt die Herstellung sicherer und billiger Verkehrsmittel. Schiffbare Flüsse und befahrbare Straßen existiren nicht; die Verwendung der Eingeborenen als Träger ist für uns sehr theuer, da wir mit eigenen Sklaven nicht arbeiten können.[S. viii] Es bleibt nur der Bau von Eisenbahnen. Ich muß die Entscheidung den Technikern überlassen, ob eine Möglichkeit besteht, die zweifellos vorhandenen klimatischen und geographischen Hindernisse hier zu überwinden.
In der kartographischen Darstellung von Ostafrika sind wir noch ziemlich weit entfernt von praktisch verwerthbarer Genauigkeit und Vollständigkeit trotz Ravenstein’s sorgfältiger, aber theilweise schon wieder veralteter Leistung. Zwar mögen die Flußläufe im großen und ganzen und die hervorragendsten Orte richtig fixirt sein; allein die Erhebungen des Geländes und die Gliederung der Gebirge dürften in vielen Fällen mehr der phantasievollen und prophetischen Gabe der Afrikareisenden Ehre machen, als den Thatsachen entsprechen. Das einzige verlässig und vollkommen durchgearbeitete Gebiet ist Usambara. Dies verdanken wir Dr. Baumann.
Was mit dem gegebenen Material zu erreichen war, steht demnach vorläufig nur als Entwurf in der beigegebenen Karte. Das Verlangen nach Uebersichtlichkeit im Ganzen und zugleich nach Deutlichkeit in vereinzelten wichtigen Landstrichen bestimmte die Wahl eines möglichst großen Maßstabes, eines größeren, als er bisher in Deutschland für eine Karte von Deutsch-Ostafrika verwendet worden. Herrn Dr. Hans Fischer, von der kartographischen Anstalt von Wagner und Debes in Leipzig, gebührt mein ganz besonderer Dank, da er mit verständnißvoller Hingebung und technischer Kunstfertigkeit die Terraindarstellung dem Texte auf Grund der einschlägigen Literatur angepaßt hat.
Ich habe nicht alle Namen von Ortschaften, welche aufzutreiben waren, in die Karte aufgenommen. Es wäre eine nutzlose Ueberfüllung gewesen. Denn die meisten, die nur den[S. ix] Namen des gerade herrschenden Häuptlings repräsentiren, verschwinden mit diesem in den nächsten Jahren. Was sich durch eine größere Anzahl von Berichten unter derselben Bezeichnung als dauernd herausgestellt hat, dem allein habe ich eine Stelle angewiesen; dennoch gebe ich auch für deren unumstößliche Daseinsberechtigung keine absolute Sicherheit. Denn man darf nie vergessen, daß in Ostafrika alles sich in Fluß und Schwanken befindet: Wohnstätten, Stammesgrenzen und Machtgebiete.
Da ich mit vorliegendem Buche neben einer kritisch-wissenschaftlichen Ordnung und Sichtung des geographischen Materials hauptsächlich eine praktischen Zwecken dienende Orientirung zu liefern trachte und denjenigen, welche aus irgend einem Grunde sich mit Ostafrika als einer deutschen Colonie eingehend beschäftigen wollen, die Mittel zu selbständigem und möglichst erschöpfendem Urtheil zu bieten beabsichtige, so mußten auch die wirthschaftlich-politischen Verhältnisse des deutschen Besitzes in den Kreis der Betrachtung gezogen werden. Nach meiner Ueberzeugung erhält man über diese Verhältnisse nur durch die Kenntniß der geschichtlichen Entwickelung eine grundlegende Einsicht. Ich sah mich deshalb veranlaßt, der geographischen Darstellung die Geschichte der Gründung der Colonie und die verschiedenen Phasen im Wachsthum und in der Thätigkeit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft bis zum directen Eingreifen der Reichsregierung voranzuschicken. Es ist nicht nur interessant, schrittweise zu verfolgen, wie aus ursprünglich fast abenteuerlichen Plänen mächtige, ganze Völker aufregende Ereignisse entsprangen; es ist auch wichtig, das historisch Gewordene unverrückbar festzustellen und die vorhandenen Mittel organisirender und finanzieller Kräfte mit[S. x] den Aufgaben einer emporstrebenden neuen Colonie zu vergleichen. Ich gedenke weder einen Panegyrikus auf die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft zu schreiben, noch mit bequemer Selbstgefälligkeit Mängel in ihrem Thun und Treiben aufzudecken: ich werde von einem ferner gelegenen Standpunkte aus einfach die Geschicke vor den Augen der Leser sich abspielen lassen, nichts verschweigend und nichts verschönend, doch mit dem Hinweis auf ähnliche Erscheinungen, wie sie bei kräftigen Völkern in dem Anfang zukunftunsicherer Unternehmungen jederzeit sichtbar geworden.
Zwei Wünsche mögen zum Schluß das Ziel meiner Arbeit kennzeichnen: erstens, daß Deutsch-Ostafrika in seiner Entwicklungsfähigkeit als Colonie den wirklichen Thatsachen entsprechend gewürdigt werde; und zweitens, daß diejenigen, welche die schwierige Aufgabe der Colonisation sich gestellt, mit englischer Nüchternheit, Gelassenheit und Klugheit ans Werk gehen.
München, im October 1889.
Brix Förster.
Seite | |
Geschichte der Gründung der deutschen Colonie von 1884 bis 1. April 1889 | 1 |
Rückblick auf die Ursachen und den Charakter des Aufstandes | 48 |
Geographie von Deutsch-Ostafrika | 55 |
Uebersicht | 55 |
Usambara und Bondei | 77 |
Allgemeine Gestaltung | 77 |
Klima | 78 |
Bodenbeschaffenheit und Vegetation | 82 |
Thierwelt | 83 |
Topographie und Flüsse | 84 |
Das Flußgebiet des Pangani | 84 |
Der Ukumbine mit dem Udofu | 89 |
Der Sigi | 90 |
Der Umba | 91 |
Bevölkerung | 92 |
Politische Verhältnisse | 95 |
Schlußbetrachtung | 96 |
Pare und Ugono | 97 |
Das Kilimandscharo-Gebiet | 101 |
Allgemeine Gestaltung und Flußsystem | 101 |
Das Vorland in der Niederung | 104 |
Die Culturzone | 104 |
Die Savannen- und Sumpfwaldzone | 106 |
Das Kilimandscharo-Gebirge mit dem Dschaggaland | 107 |
Das Gebirge oberhalb Dschagga | 109 |
Klima | 111 |
Thierwelt | 113 |
Bevölkerung | 113 |
Politische Verhältnisse | 121 |
Schlußbetrachtung | 122 |
[S. xii]Das Wami-Gebiet mit Useguha, Nguru und Usagara | 124 |
Allgemeine Gestaltung | 124 |
Flußsystem | 127 |
Klima | 131 |
Vegetation und Thierwelt | 134 |
Die einzelnen Landschaften und ihre Bevölkerung | 136 |
Useguha mit Udoë und Ukwere | 136 |
Nguru | 142 |
Usagara | 144 |
Schlußbetrachtung | 152 |
Das Kingani-Gebiet mit Usaramo, Ukami und Kutu | 153 |
Allgemeine Gestaltung | 153 |
Flußsystem | 155 |
Klima | 157 |
Vegetation und Thierwelt | 161 |
Die einzelnen Landschaften und ihre Bevölkerung | 163 |
Usaramo | 163 |
Ukami | 171 |
Kutu | 174 |
Schlußbetrachtung | 178 |
Zwischen Rufidschi und Rovuma | 180 |
Allgemeine Gestaltung | 180 |
Klima, Vegetation und Thierwelt | 182 |
Die einzelnen Landschaften und ihre Bevölkerung | 184 |
Rufidschi-Thal und Mahenge | 184 |
Der Küstenstrich | 189 |
Die Route von der Decken’s | 191 |
Makonde und Masasi | 192 |
Schlußbetrachtung | 195 |
Anhang | 197 |
Register | 201 |
Karte von Deutsch-Ostafrika. |
Colonien werden erworben entweder durch die Macht des Staates oder durch einwandernde Volksmassen oder durch den Unternehmungsgeist abenteuernder oder weitsichtiger Männer, sei es aus eigenem Antrieb oder im Auftrag einer Corporation. Ostafrika wurde für das Deutsche Reich gewonnen durch die Thatkraft eines Einzelnen im Namen einer Gesellschaft. Abenteuerlich nennt man jedes Unternehmen, das mit unzureichenden Mitteln begonnen und dessen Vollendung auf das Eintreten günstiger Zufälle berechnet ist. Die anzuwendenden Mittel sind Kapital, Waffengewalt und Kenntniß von Land und Volk. Ob die Mittel zureichend waren, darüber entscheidet der Erfolg, aber nicht der momentane, sondern der schließliche, oft nach Jahren. Die Geschichte ist also die Richterin und sie spricht erst dann, wenn die öffentliche Meinung, aufgeregt durch die widersprechendsten Ereignisse, gänzlich verstummt ist.
Die Erwerbung von Deutsch-Ostafrika war im ersten Jahr in den Augen vieler Verständiger ein Abenteuer, nach mehr als drei Jahren eine glorreiche That und erscheint jetzt nach fünf Jahren im Lichte eines ungenügend vorbereiteten Unternehmens. Die Geschichte hat noch nicht zu Wort kommen können; ihr Urtheil schlummert in der Zukunft.
[S. 2] Das Studium der Entstehung und des Verlaufs der colonialen Gründung zeigt, mit welch geringen Mitteln begonnen und doch Großes geschaffen wurde, zugleich aber auch, wo der Keim des Unhaltbaren, des Gewagten verborgen liegt. Die Besserung der Verhältnisse beruht auf der nüchternen Erkenntniß und dem rücksichtslosen Zugeständniß der gemachten Fehler, aber ebenso auch in der Würdigung energisch vollbrachter Thaten.
Das sind die Gesichtspunkte, von denen gegenwärtig die Geschichte der deutschen Colonie Ostafrika mit Billigkeit betrachtet werden muß.
Für alle Zeiten wird mit dem Namen Deutsch-Ostafrika die Person Dr. Carl Peters verbunden bleiben. Er soll hier nicht parteiisch verherrlicht werden, sondern es soll die ungeschminkte Wahrheit über sein Streben und seine Thaten zum vollen Ausdruck gelangen. Die Wahrheit macht uns gerecht. Und das Geringste ist doch Gerechtigkeit, die wir einem Manne gewähren müssen, der sein Leben und seinen Ruf zum Wohl des ganzen Volkes in die Schanze schlug.
Carl Peters (geb. 1856 als der Sohn eines Pfarrers in Neuhaus an der Unterelbe) hat in Göttingen, Tübingen und Berlin Geschichte, Nationalökonomie und Jurisprudenz studirt, 1879 den Doctortitel und 1880 die facultas docendi sich erworben. Ein darauf folgender mehrjähriger Aufenthalt in England brachte ihn mit Kreisen in Berührung, in denen er nicht nur die praktische Energie der Engländer kennen lernte, sondern auch die Bedeutung einer Colonialmacht für Nationalreichthum und Weltstellung. Als er zu Anfang des Jahres 1884 nach Deutschland zurückkehrte und eine aufflammende Begeisterung für die Erwerbung von deutschen Colonien vorfand, die sich hauptsächlich im Halten und Hören von Vorträgen und in Gründung von Vereinen Genüge that, da reifte in seiner Seele auf Grund der in England erhaltenen Schulung der Entschluß, schöpferisch die Hand ans Werk zu legen und ein wirkliches Land dem deutschen Drang nach Colonisation[S. 3] zu gewinnen, auf dem die deutsche Nationalität frei schöpferisch sich entfalten und nicht durch fremde europäische Einflüsse gestört werden könnte.
Der Ausführung dieses Planes war kein Vorbild gegeben: Angra Pequena und Kamerun verschleierte noch tiefes Geheimniß. Die Unterstützung des Reiches in Anspruch zu nehmen, erschien unmöglich seit der abfälligen Behandlung der Samoa-Vorlage im Reichstag. Ganz aus eigenen Mitteln, aus der eigenen Kraft mußte das Werk unternommen werden. Peters fand in dem Grafen Behr-Bandelin einen ernstbegeisterten Gesinnungsgenossen. Sie beriefen eine Versammlung von dreißig Herren, und mit vierundzwanzig derselben gründeten sie am 28. März 1884 die „Gesellschaft für deutsche Colonisation”. Ein Ausschuß von sechs Mitgliedern wurde eingesetzt. Am 6. April 1884 trat er zusammen und verfaßte die Satzungen, von welchen die wichtigsten waren:
Zweck der Gesellschaft: Begründung von deutschen Ackerbau- und Handelscolonien;
Beschaffung eines Colonisationscapitals;
Auffindung und Erwerbung geeigneter Colonisationsdistricte;
Hinlenkung der deutschen Auswanderung in diese Gebiete.
Die Aufnahme in die Gesellschaft erfolgt durch Einzahlung eines Jahresbeitrags von mindestens fünf Mark.
Organisation:
Der Ausschuß besteht aus höchstens zwölf Mitgliedern, von denen sechs von der Hauptversammlung mit dem Rechte der Cooptation von sechs weitern Mitgliedern gewählt werden.
Der Ausschuß hat alle äußern und innern Angelegenheiten der Gesellschaft selbständig zu erledigen. Er faßt bündige Beschlüsse über alles, was den Zweck der Gesellschaft fördern kann, und hat das Recht, rechtsgültige Verträge im Namen der Gesellschaft zu schließen.[S. 4] Er verfügt über die eingegangenen Gelder für die Zwecke der Gesellschaft.
Der Ausschuß erwählt den Vorsitzenden.
Der Vorsitzende beruft den Ausschuß. Außerdem muß auf Antrag von drei Mitgliedern des Ausschusses derselbe berufen werden. Er ist beschlußfähig bei Anwesenheit von mindestens fünf Mitgliedern.
Abänderung der Satzungen oder Auflösung der Gesellschaft kann nur auf Antrag des Ausschusses und nur durch eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder in einer Hauptversammlung beschlossen werden.
In dem ersten Ausschuß saßen Graf Behr als 1. Vorsitzender, Dr. Peters als 2. Vorsitzender, Dr. Jühlke als Schriftführer, Premierlieutenant Kurella als Schatzmeister.
Diese Satzungen tragen den Stempel des Thatendrangs. Nicht ein „Verein” mit langsam wirkendem Einfluß auf die öffentliche Meinung und auf die Gestaltung hoffnungsvoller Pläne war gegründet worden, sondern eine „Gesellschaft”, welche beschlossene Unternehmungen sofort zu verwirklichen hatte. Alles Parlamentiren und Debattiren wurde in die alljährlich nur einmal stattfindende Hauptversammlung verwiesen. Der Ausschuß war Kopf und Herz der Gesellschaft; von ihm ging das Leben und der Entschluß zur That aus. Und er selbst war nur ein leicht zu handhabendes Werkzeug für den Vorsitzenden. Dieselbe Tendenz, mit wenigen Mitgliedern nahezu unumschränkt zu arbeiten und den eigenen Willen vorherrschend zur Geltung zu bringen, offenbart sich auch später bei der Organisation der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft.
Ein zweiter und der wichtigste Punkt war die Beschaffung der nothwendigen Gelder. Der Mitgliederbeitrag von mindestens, d. h. von gewöhnlich, fünf Mark konnte nur dazu dienen, eine breite Basis für die Gesellschaft zu schaffen, die coloniale Bewegung in Fluß zu erhalten und jene Stimmung zu erzeugen, die größere Kapitalisten zur Zeichnung von namhaften Beiträgen[S. 5] drängen sollte. Allein ein finanzieller Erfolg wurde damit nicht erreicht. Die Massenbetheiligung blieb aus; das Großkapital ließ sich nicht in nebelhafte Fernen locken.
Der ursprüngliche Zweck der Gesellschaft — und das muß hier besonders betont werden — war der Ankauf von überseeischen Ländereien und der Verkauf derselben an auswandernde deutsche Ackerbauer.
Es wurde in der ersten Hauptversammlung der Gesellschaft am 29. Mai 1884 in Berlin von dem Missionar Merensky das Hochplateau von Südafrika als dasjenige Gebiet bezeichnet, das wegen kühleren Klimas und großer Fruchtbarkeit zur Bebauung durch den deutschen Landmann sich besonders eigne. Wie sich später zeigte, war das Hinterland von Mossamedes, nördlich des Kunene, ins Auge gefaßt. Mit der allgemein gehaltenen Bezeichnung „Plateau von Südafrika” zog man das Kapital nicht heran. Man konnte und wollte aber nicht deutlicher sein, um nicht die Aufmerksamkeit anderer Nationen, namentlich der Engländer, dahin zu lenken, die mit Leichtigkeit das in Aussicht genommene Land vor der Ankunft der Deutschen hätten occupiren können.
Der Ausschuß fand einen Ausweg. Er erließ am 25. Juli 1884 einen Aufruf an die großen Kapitalisten, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft waren, mit der Aufforderung, sich mit einem Beitrag von mindestens 5000 Mark an dem beabsichtigten Landankauf zu betheiligen und zu einer Versammlung am 19. August sich einzufinden, in welcher ihnen das geheimgehaltene Project im Vertrauen mitgetheilt würde. Die Kapitalistenversammlung fand statt, doch die Einzeichnungen erschienen noch ungenügend. Man bot Antheilscheine zu 500 Mark aus und gewann so im ganzen allmählich 45000 Mark. Wiederholt setzte man den Hebel an. Den wirklichen Mitgliedern des Vereins sicherte man, damit auch sie aus dem gesammten Unternehmen realen Nutzen ziehen könnten, die Aussicht auf einen Landantheil zu, wenn sie sich zur Zahlung[S. 6] von 50 Mark herbeiließen, ja man versuchte durch den Appell an den Patriotismus der geringer bemittelten Massen Beiträge zu 20 und 10 Mark herauszuschlagen. 20000 Mark waren das Resultat dieser Anstrengungen.
Es muß hier ausdrücklich erwähnt werden, daß der Ausschuß, um den Vorwurf des Heranziehens des kleinen Kapitals zu entkräften, bei seinen Aufforderungen rundweg erklärte, er könne keine weitere Verpflichtung übernehmen, als daß bei dem fraglichen Gelingen des Unternehmens das Land nach Maßgabe der Beiträge vertheilt und dann zur freien Verfügung gestellt werden würde, daß er aber keine Rechenschaft über die Verwendung der Gelder abzulegen gedenke. Den Großkapitalisten hingegen, welche 45000 Mark gezeichnet, wurde Sicherung durch Einsetzung einer eigenen Controlkommission gewährleistet.
Man hatte nun 65000 Mark beisammen, und mit dieser geringen Summe gedachte Dr. Peters eine Colonie zu gründen. Das war freilich abenteuerlich genug und war es um so mehr, als weder er noch die gleich ihm begeisterten Reisegefährten Graf Joachim Pfeil und Dr. Jühlke irgendwelche persönliche Kenntniß von den zu erwerbenden Landstrichen besaßen. Aber die Jugend liebt das Verschleierte und hält sich an den Spruch: Wer nicht wagt, gewinnt nicht. Außerdem rechneten sie gewiß mit jener Eigenthümlichkeit des deutschen Nationalcharakters, der mit Zähigkeit das Begonnene unterstützt, wenn nur irgendjemand zuvor die Arbeit des Anfangs auf sich genommen.
Im September 1884 waren alle Vorbereitungen zur Abreise nach Südafrika getroffen, nachdem der Ausschuß am 16. August 1884 beschlossen hatte, dort Ländereien anzukaufen.
Wir müssen es ein günstiges Geschick nennen, das diesen Plan über den Haufen warf; denn am Kunene hätte man später nur getäuschte Erwartungen zu begraben gehabt. Das günstige Geschick wehte die Kunde von der Besitzergreifung Angra Pequenas durch Lüderitz im richtigen Augenblick über das Meer. Zwischen dieses Gebiet und der portugiesischen[S. 7] Colonie sich einzukeilen, ohne die Aussicht auf den Besitz eines eigenen Hafens, erschien dem länderdurstigen, in ferne Zeiten schauenden Dr. Peters unmöglich. Mit Wärme wies er jetzt wiederholt auf jenes Land hin, das er während des ganzen Sommers, aber vergeblich in Vorschlag gebracht: auf Usagara an der Ostküste von Afrika. Dieses hatte sein sehnsuchtsvolles Drängen erfüllt, seit er die verführerische Beschreibung durch Stanley gelesen: „Wer will Afrika der Civilisation erschließen? Hier ist eine Gelegenheit! Hier, wo man unter den artigen Wasagara ohne Furcht und Störung leben kann, mitten in den schönsten und malerischsten Landschaften. Hier ist das üppigste Grün, das reinste Wasser; hier sind Thäler angefüllt mit Getreidehalmen, Tamarinden, Mimosen und Gummibäumen. Gesundheit und Ueberfluß an Lebensmitteln sind gesichert!” Man nahm in jenen Kreisen damals die Aussprüche Stanley’s als vollwerthige Münzen; andere aber wußten schon längst und zwar allein durch kritische Vergleichung verschiedener Reiseberichte, daß die Exactheit Stanley’scher Schilderungen nicht mit der Größe seiner geographischen Entdeckungen Schritt hält.
Dr. Peters vertraute dem, was er gelesen, und er bestimmte den Ausschuß, nachdem das Project mit Südafrika fallen gelassen worden, am 16. September 1884 Folgendes zu beschließen:
„Die Herren Dr. Peters, Dr. Jühlke und Graf J. Pfeil werden bevollmächtigt und beauftragt, an der Ostküste Afrikas, in erster Reihe in Usagara, eine Landerwerbung behufs Anlegung einer deutschen Ackerbau- und Handelscolonie zu vollziehen.
„Das zu erwerbende Gebiet muß politisch die Möglichkeit deutscher Oberhoheit bieten, wirthschaftlich für deutsche Ansiedelung behufs Ackerbau geeignet sein.
„Sollte es unmöglich sein, auf dem ins Auge gefaßten Gebiet den Ankauf vorzunehmen, so sind die Herren ermächtigt, an einem andern Punkte Land zu erwerben.
[S. 8] „Der Ausschuß spricht die feste Erwartung aus, daß die Herren keineswegs, ohne den Ankauf von geeignetem Land irgendwo vollzogen zu haben, nach Deutschland zurückkommen werden.”
Drei Aufgaben wurden demnach Dr. Peters gestellt:
1) In Afrika für den deutschen Landmann geeignetes Land aufzufinden;
2) Grund und Boden käuflich zu erwerben;
3) eine deutsche staatliche Oberhoheit zu errichten.
Diese Aufgaben wurden nicht gelöst und konnten thatsächlich nicht gelöst werden, weil sie ohne nur annähernde Kenntniß von Land und Leuten gestellt wurden.
Der Erfolg war nicht der beabsichtigte, aber von außen betrachtet größer und glänzender, als man sich zu träumen gehofft.
Am 1. October 1884 fuhr die Expedition unter Dr. C. Peters von Triest ab und traf am 4. November in Sansibar ein. Alle Vorsicht wurde aufgewendet, um die Absicht der Ländererwerbung zu verhüllen. Denn es mußte befürchtet werden, daß bei offenem Auftreten der Sultan von Sansibar, welcher zeitweise seine Autorität auf dem Festlande bis Tabora zur Geltung zu bringen suchte, alle Hebel in Bewegung setzen würde, um das deutsche Unternehmen zu vereiteln.
In der unglaublich kurzen Zeit von fünf Tagen wurde die Expedition, wenn auch nur nothdürftig, in Sansibar ausgerüstet und landete am 10. November in Saadani. Am 12. November 1884 nachmittags 5 Uhr setzte sich die Karavane in Marsch, bestehend aus Dr. Peters, Dr. Jühlke, Graf Pfeil, Otto, der schon in Berlin auf eigene Kosten sich angeschlossen hatte, aus 6 Dienern und 36 Trägern.
Man schlug die früher von Makay, Cambier u. A. benutzte Route ein und durchzog die Landschaft Useguha ohne längern Aufenthalt. Am 23. November 1884 wurde in Mkindo oder Kwindo Kaniani in Nguru der erste größere Halt gemacht[S. 9] und der erste Vertrag mit einem Negerhäuptling abgeschlossen. Dann ging es nach Südwesten hinein in die Landschaft Usagara und am 4. December 1884 erreichte man das geplante Endziel, nämlich Muinin Sagara oder Sima. Die Wegstrecke von Saadani bis Sima beträgt auf der Karte gemessen gegen 300 km; sie wurde in 22 Tagen zurückgelegt, also mit durchschnittlich 14 km pro Tag, eine tüchtige Marschleistung auf afrikanischen Wegen, insofern man berücksichtigt, daß während dieser Zeit sechs größere Verträge zum Abschluß gelangten und die betreffenden Verhandlungen sehr viel Aufenthalt verursachten.
Mit den Kräften der Expedition ging es aber auch zu Ende. Alle vier Herren litten an den heftigsten Fieberanfällen, denen Otto sogar an Ort und Stelle bald erlag. Man beschloß schleunigsten Rückzug nach Sansibar. Nur Graf Pfeil wurde zur Gründung der ersten Station (Kiora) zurückgelassen. Dr. Peters und Dr. Jühlke brachen am 7. December 1884 von Muinin Sagara wieder auf und kamen nach unsäglichen Strapazen durch Ukami und Ukwere am 17. December 1884 in Bagamoyo und am 19. December in Sansibar an.
Innerhalb sechs Wochen war afrikanischer Grund und Boden mit tropischer Ertragsfähigkeit in der ungefähren Ausdehnung des Königreichs Baiern für die „Gesellschaft für deutsche Colonisation” scheinbar erworben worden, und zwar nur durch Verträge mit Negersultanen unter Einsetzung verhältnißmäßig geringer Geldkräfte. Die Verträge selbst waren freilich von sehr geringer staatsrechtlicher Bedeutung, wenn man einerseits die sehr beschränkte Macht der Häuptlinge berücksichtigt, andererseits den Vorgang beim Contractabschluß im einzelnen verfolgt. Privatrechtlich fehlte ihnen jede Basis; denn Ackerland wird in diesen Gebieten nicht durch Kauf, sondern nur durch thatsächliche Bebauung Eigenthum von Weißen und Schwarzen. Unangebautes Land ist herrenlos. Dr. Peters’ eigene Erzählung darüber („Tägliche Rundschau” vom März und April 1885) liefert hierzu das authentische Material. Sie lautet im Auszug:[S. 10] „Nahten wir uns einem Kraal, wo ein Contract zu machen war, so pflegte ich mit denjenigen von meinen Leuten zusammen zu marschiren, welche irgendetwas von dem betreffenden Herrscher, seinem Charakter, seinen Schicksalen, seinem Besitzstand mittheilen konnten. Gerüchte von meiner Macht und meinem Einfluß waren vorher in Umlauf gesetzt. Zogen wir ins Kraal ein, so knüpften wir sofort ein recht cordiales Verhältniß an, indem wir den Sultan zwischen uns auf ein Lager nahmen, von beiden Seiten unsere Arme um ihn schlagend. Wir thaten einen Trunk guten Grogs und brachten Seine Hoheit von vornherein in die vergnüglichste Stimmung. Alsdann wurden die Ehrengeschenke ausgetauscht und nach dem Essen begannen die diplomatischen Verhandlungen und auf Grund derselben wurde der Contract abgeschlossen. War dies geschehen, so wurden die Fahnen gehißt, der Vertrag im deutschen Text verlesen; ich hielt eine kurze Ansprache, wodurch ich die Besitzergreifung als solche vornahm, die mit einem Hoch auf S. M. den Deutschen Kaiser endete. Man wird sich nicht leicht vorstellen, welchen Eindruck der ganze Vorgang auf die Neger zu machen pflegte.”
Uebrigens muß hervorgehoben werden, daß in ganz Mittelafrika die allgemeine Besitzergreifung einer Landschaft in ähnlicher Form vollzogen wird. Gestattet der Häuptling das Hissen einer Flagge, so unterwirft er sich und das ihm unterthänige Volk der neuen Herrschaft und gestattet die Ansiedelung. Dazu bestimmt ihn entweder die Furcht vor drohender Gewalt, oder die Hoffnung, für sich reichlichen Nutzen zu gewinnen, oder das Vertrauen in die Macht der Weißen, ihm Schutz gegen die Raubzüge benachbarter Stämme zu gewähren. Fällt aber eine dieser Vorbedingungen im Laufe der Zeit hinweg, so kümmert er sich nicht mehr im geringsten um den Vertrag: er kennt keine moralische, einfach gesetzliche Verpflichtung. Mithin ist die Dauer und der Werth solcher Verträge sehr problematisch.
[S. 11] Als Dr. Peters die Verträge mit den Negerhäuptlingen entwarf, dachte er weniger an ihre bindende Kraft, die sie für diese besitzen sollten, sondern an ihre Stichhaltigkeit gegenüber den Einsprüchen des Sultans von Sansibar und den etwa später möglichen Einmischungsversuchen anderer europäischer Mächte.
Ihre Abfassung bekundet diese Absicht. Ich gebe einen der Verträge als Beispiel im Wortlaut wieder.
„Muinin Sagara in Usagara, 4. December 1884.
„Muinin Sagara, alleiniger absoluter Herr von ganz Usagara, und Doctor C. Peters, als Vertreter der Gesellschaft für deutsche Colonisation schließen hierdurch einen ewigen Freundschaftsvertrag ab.
„Sultan Muinin Sagara erhält eine Reihe von Geschenken; weitere Geschenke für die Zukunft werden ihm versprochen, und er tritt hierdurch unter den Schutz der Gesellschaft.
„Dafür tritt der Sultan an Herrn Dr. C. Peters, als Vertreter der Gesellschaft für deutsche Colonisation, kraft seiner absoluten und unumschränkten Machtvollkommenheit das alleinige und ausschließliche Recht, Colonisten nach ganz Usagara zu bringen, ab; ferner das alleinige und ausschließliche Recht völliger und uneingeschränkter privatrechtlicher Ausnutzung von ganz Usagara; endlich alle diejenigen Rechte, welche nach dem Begriff des deutschen Staatsrechts den Inbegriff staatlicher Oberhoheit ausmachen, unter anderm das Recht der Ausbeutung von Bergwerken, Flüssen, Forsten; das Recht, Zölle aufzulegen, Steuern zu erheben, eigene Justiz und Verwaltung einzurichten, und das Recht, eine bewaffnete Macht zu schaffen.
„Der privatrechtliche Besitzstand des Sultans wird von der Gesellschaft anerkannt und garantirt, und die Vertreter der Gesellschaft werden angewiesen werden, diesen Besitzstand mit allen Kräften mehren zu helfen.
[S. 12] „Die Gesellschaft wird mit allen Kräften dahin wirken, daß Sklaven aus dem Gebiet des Sultans Muinin Sagara nicht mehr fortgeschleppt werden dürfen.”
Durch diese Verträge war das formelle Recht der Besitzergreifung gewonnen; auch die vom Ausschuß gestellten Aufgaben (siehe S. 7) schienen gelöst: weite Länderstrecken waren uneingeschränktes Eigenthum der Gesellschaft geworden und die deutsche Oberhoheit wurde unbedingt anerkannt. Ob die erworbenen ostafrikanischen Gebiete für den deutschen Arbeiter geeignet, wurde allein in Frage gestellt; vielleicht fand sich noch ein erträgliches Klima in höheren, nahe liegenden Gebirgsgegenden. Soweit wäre alles recht schön und gut gewesen. Allein eine thatsächliche Wirkung, die man von den Verträgen erwartete, konnte nicht durch das gesprochene und geschriebene Wort, durch Flaggenhissen und reiche Geschenke geschaffen werden; dazu bedurfte man entweder des unausgesetzt guten Willens und einer gewissen Vertrauensseligkeit der Eingeborenen oder deutscherseits der Entfaltung von Machtmitteln.
Was war bewilligt worden und was hatte man garantirt?
Die Häuptlinge unterwarfen ganz Usagara, Useguha u. s. w. der deutschen Oberhoheit auf Grund ihrer Souveränetät.
Es wurde gar nicht genauer untersucht, ob ihre Herrschaft weiter reiche als über die nächsten Dörfer, ob ihre Behauptungen nicht Prahlereien seien. Sie geben den ganzen Privatbesitz ihrer Unterthanen in die Hände der deutschen Gesellschaft zur beliebigen Ausnutzung, so steht es in allen Verträgen. Als es später darauf ankam, Stationen und Plantagen zu errichten, ließ sich kein einziger Neger herbei, sein bebautes Stück Land gutmüthig ohne Entgelt, etwa nur mit dem Hinweis auf die Verträge, abzutreten. Die Erwerbung „des ganzen Landes zu unumschränkter Ausnutzung” bestand nur in dem Erwerb der Erlaubniß, auf herrenlosem Grund und Boden sich anzusiedeln.
[S. 13] Mit dem für Oberhoheit und Grunderwerb bezahlten Kaufpreis sah es übrigens auch nicht viel besser aus. Die Baumwolltücher und Husarenjacken spielten nur die Rolle von Trinkgeldern; die Hauptsumme, welche die Negersultane gefügig machte, muß in der Zusicherung des Schutzes gesucht werden, Schutz gegen Sklavenraub und gegen die Einfälle landgieriger Nachbarn.
Konnte dieser von den paar anwesenden Weißen oder nach ihrem Abgang von der gehißten Flagge gewährt werden? Wäre Deutschland damals eine von Negern gekannte Macht gewesen, wie England, so hätte die Furcht vor drohender Bestrafung als Schutz gelten können. Das war aber nicht der Fall.
Dem Versprechen der Häuptlinge auf Unterwerfung stand das Versprechen der Gesellschaft auf Schutz ebenbürtig zur Seite. Die Verträge waren nur eine Anweisung auf die Zukunft. Blieb diese friedlich, der Neger gutmüthig und von Feinden unbelästigt, so erfüllten sie vollkommen ihren Zweck. Trat ein Umschwung in der Haltung der Eingeborenen und in den politischen Verhältnissen ein, dann verloren sie allen Werth, und neue Mittel mußten ergriffen werden, um den Willen der Colonisation durchzusetzen.
Doch einen Werth besaßen die Verträge, einen bedeutenden, der ihnen, wie die folgenden Ereignisse lehrten, unlösbar anhaftete: sie machten das ganze Gebiet unantastbar für die übrigen Nationen.
Am 2. Februar 1885 traf Dr. Peters in Berlin ein. Sein erster Schritt galt der völkerrechtlichen Sicherstellung des erworbenen Gebietes und einer dadurch zu gewinnenden festen Grundlage für die lebenskräftige Gestaltung der neuen Colonie.[S. 14] Er wandte sich an das Reichskanzleramt. Schon am 27. Februar erhielt er den Schutzbrief S. M. des Deutschen Kaisers.
„Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, thun kund und fügen hiermit zu wissen:
„Nachdem die derzeitigen Vorsitzenden der «Gesellschaft für deutsche Colonisation» Dr. Carl Peters und Unser Kammerherr, Felix, Graf Behr-Bandelin, Unseren Schutz für die Gebietserwerbungen der Gesellschaft in Ostafrika, westlich von dem Reiche des Sultans von Sansibar, außerhalb der Oberhoheit anderer Mächte, nachgesucht und Uns die von besagtem Dr. Carl Peters zunächst mit den Herrschern von Usagara, Nguru, Useguha und Ukami im November und December v. J. abgeschlossenen Verträge, durch welche ihm diese Gebiete für die deutsche Colonisationsgesellschaft mit den Rechten der Landeshoheit abgetreten worden sind, mit dem Ansuchen vorgelegt haben, diese Gebiete unter Unsere Oberhoheit zu stellen, so bestätigen Wir hiermit, daß Wir diese Oberhoheit angenommen und die betreffenden Gebiete, vorbehaltlich Unserer Entschließungen auf Grund weiterer Uns nachzuweisender vertragsmäßiger Erwerbungen der Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger in jener Gegend, unter Unseren Kaiserlichen Schutz gestellt haben. Wir verleihen der besagten Gesellschaft unter der Bedingung, daß sie eine deutsche Gesellschaft bleibt, und daß die Mitglieder des Directoriums oder die sonst mit der Leitung betrauten Personen Angehörige des Deutschen Reiches sind, sowie den Rechtsnachfolgern dieser Gesellschaft unter der gleichen Voraussetzung, die Befugniß zur Ausübung aller aus den Uns vorgelegten Verträgen fließenden Rechte, einschließlich der Gerichtsbarkeit, gegenüber den Eingeborenen und den in diesen Gebieten sich niederlassenden oder zu Handels- und andern Zwecken sich aufhaltenden Angehörigen des Reiches und anderer Nationen, unter der Aufsicht Unserer Regierung[S. 15] und vorbehaltlich weiterer von Uns zu erlassender Anordnungen und Ergänzungen dieses Unseres Schutzbriefes.
„Zu Urkund dessen haben wir diesen Schutzbrief Höchsteigenhändig vollzogen und mit Unserm Kaiserlichen Insiegel versehen lassen.
„Gegeben Berlin, den 27. Februar 1885.
(gez.) Wilhelm.
(ggz.) v. Bismarck.”
Die Besitzungen in Ostafrika, an deren möglichste Erweiterung Dr. Peters sofort bei seiner Rückkehr nach Berlin dachte, mußten eine feste, energisch arbeitende Regierung erhalten. Der Ausschuß der Gesellschaft für deutsche Colonisation war nach den Satzungen dazu nicht geeignet; seine Aufgabe war eine allgemeine, nach vielen Richtungen hin wirkende Thätigkeit; mit der Entsendung der Expedition Peters und Genossen hatte er seine erste That vollbracht und abgeschlossen. Es stellte daher Dr. Peters am 12. Februar 1885 an den Ausschuß der Gesellschaft den Antrag: „ein Directorium aus fünf Mitgliedern auf 15 Jahre zu ernennen, welchem die Ausübung der in Afrika erworbenen Rechte unter Zuziehung der verschiedenen Interessentengruppen allein und ausschließlich zusteht”. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Damit war der Keim zur Gründung der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gelegt und mit Recht datirt sie von diesem 12. Februar 1885 ihren Geburtstag. In einer Versammlung an demselben Tage traten die Besitzer von Antheilscheinen von 50 Mark und in jener vom 27. Februar diejenigen, welche 500 und 1000 Mark am 19. August 1884 als Beitrag gezeichnet hatten, der neugebildeten Gesellschaft bei. Eine große Schwierigkeit bereitete die juristische Form für dieselbe. Eine Actiengesellschaft schien nach den bestehenden Gesetzen nicht anwendbar; eine offene Handelsgesellschaft bedingte die Haftbarkeit des Gesammtvermögens aller Theilnehmer. Man suchte[S. 16] und fand einen Ausweg, indem man die juristische Organisation der Gesellschaft den Bestimmungen einer Commanditgesellschaft anpaßte. Das Directorium constituirte sich als Gesellschaft mit Haftung seiner sämmtlichen Mitglieder; die Antheilscheininhaber traten als stille Theilnehmer mit den fünf Mitgliedern des Directoriums in ein Vertragsverhältniß.
Am 2. April 1885 wurde die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft unter der Firma „Carl Peters und Genossen” in das Gesellschaftsregister eingetragen. Persönlich haftende Mitglieder waren Dr. Peters, Dr. F. Lange, Consul Roghé und Hofgarten-Director Jühlke. Graf Behr-Bandelin betheiligte sich als Commanditist nur mit einem bestimmten Betrage seines Vermögens.
Die unter demselben Datum angenommenen Satzungen bestimmten:
1) Zweck der Gesellschaft: Erwerb, Besitz, Verwaltung und Verwerthung von Ländern, sowie deutsche Colonisation im Osten Afrikas.
2) Die Besitzer von Antheilscheinen treten in ein Vertragsverhältniß zum Directorium, das sich als juristische Person constituirt.
3) Das Directorium, aus 5 Mitgliedern bestehend und auf 15 Jahre von den Mitgliedern eingesetzt, hat die vollständige und unbeschränkte Ausübung aller in Afrika erworbenen Rechte; freies Verfügungsrecht über die Gelder der Gesellschaft; das Recht der Einsetzung und Absetzung von Beamten; das Recht, neue Ländereien zu erwerben.
4) Satzungsänderungen können nur auf Antrag des Directoriums und mit Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder vorgenommen werden.
Die Executive, die eigentliche Geschäftsführung, übertrug man einem Verwaltungschef.
[S. 17] Eine straffere Organisation einer Gesellschaft ist nicht zu denken; sie schuf ein in jeder Beziehung verwendbares Werkzeug für die Hand eines Einzigen, des Verwaltungschefs; zu diesem wurde Dr. Peters ernannt. Er besaß das unbedingteste Vertrauen. Die ihm am 9. April 1885 ertheilte Generalvollmacht beweist dies. Sie lautete: „Namens der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft «Carl Peters und Genossen» ertheilen wir hierdurch dem Mitglied der Gesellschaft, Herrn Dr. Peters zu Berlin, die Vollmacht, die allgemein administrative und politische Leitung der Gesellschaft zu führen. Insbesondere ist derselbe hierdurch ermächtigt, die Beamten im Namen des Directoriums anzustellen, zu befördern, zu entlassen, die Aufsicht und Controle über dieselben zu führen, alle administrativen Anordnungen selbständig zu treffen, Befehle zu ertheilen, die Disciplin zu handhaben, Disciplinarstrafen zu verhängen. Diese Vollmacht hat Bezug auf alle Beamte der Gesellschaft in Deutschland wie in Afrika und sonst an andern Orten, Civilbeamte wie Militär und Militärbeamte. Ferner wird Herr Dr. Peters ermächtigt, als erster Executivbeamter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft alle in sein Ressort fallenden Beschlüsse des Directoriums zur Ausführung zu bringen; in dringlichen Fällen ist er ermächtigt, Maßregeln und Bestimmungen für die Interessen der Gesellschaft auch ohne vorherige Einholung eines Directorialbeschlusses zu treffen; indeß ist er für derartige Acte dem Directorium verantwortlich.”
Während die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft im Frühjahr 1885 sich auf diese Weise allmählich krystallisirte, neue Geldmittel zu beschaffen suchte und mit den Behörden in wichtigen und verwickelten Verhandlungen ihre Existenzberechtigung zu sichern trachtete, arbeitete Dr. Peters unausgesetzt an neuen Plänen, um an das „Ostafrikanische Schutzgebiet” neue weitausgedehnte Ländereien im Norden, Westen und Süden anzusetzen.
In Befolgung seiner Befehle, die mit lakonischer Kürze den Victoria-Nyanza und den Nyassa-See als Ziel- und Richtpunkte[S. 18] angaben und zu mancherlei Mißverständnissen führten, wurden vom Mai 1885 bis zum Februar 1886 folgende neue Gebiete unter die Oberhoheit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gebracht. Ich gebe sie in geographischer Ordnung von Nord nach Süd.
1) Die Nordostküste des Somali-Landes von Halule bis Warschekh. Durch Regierungsbaumeister Hörnecke und Lt. von Anderten. September 1885.
2) Die Küste des Somali-Landes an der Wubuschi-Mündung. Durch Dr. Jühlke, Lt. Günther und Janke. Herbst 1886.
3) Das Land nördlich und südlich vom Sabaki durch Lt. von Anderten. Januar 1886.
4) Usambara, Pare und Dschagga-Land am Kilimandscharo. Durch Dr. Jühlke und Prlt. Kurt Weiß. Mai 1885.
5) Usaramo. Durch Lt. Schmidt und Söhnge. Sept. 1885.
6) Kutu. Durch Graf Pfeil. Juni 1885.
7) Uhehe, Mahenge, Ubena und das Land der Wagindo zwischen Rufidschi und Rovuma. Durch Graf Pfeil. November 1885.
Die Besitzergreifung fand wie bisher durch Abschließen von Verträgen, Proclamationen und durch Hissen der Flagge statt. Stationen wurden nur in einzelnen Fällen errichtet. Eine wesentliche Veränderung fand in der Abfassung der Verträge statt, insofern sie nicht mehr den Erwerb des ganzen Landes als Privatbesitz der Gesellschaft enthielten, sondern nur das Recht der Ansiedelung auf noch nicht bebauten Ländereien.
Es ist kein Zweifel, daß mit all diesen fieberhaft rasch beschleunigten Landerwerbungen kein Rechtszustand geschaffen wurde, dessen unentrinnbarem Zwang die eingeborenen Häuptlinge in jeder Beziehung sich fügen mußten, aber die deutsche Hand war auf ein weitausgedehntes Gebiet gelegt worden, das zu berühren oder ohne weiteres zu ergreifen jeder andern Nation mit Entschiedenheit verwehrt werden konnte. Kam es zu Verwickelungen mit fremden Staaten, so hatte man eine[S. 19] feste Grundlage gewonnen, auf der man zu verhandeln und zu einem befriedigenden Abschluß zu gelangen vermochte, wie es später auch geschehen.
Der heftigste und erste Einspruch war von der zunächst etablirten und organisirten Staatsmacht zu befürchten, von dem Sultanat Sansibar. Der Küstenstrich vom Tana bis zum Rovuma war ihm unterthan: die Existenz von Walis und von stationirten regulären Truppen an verschiedenen Orten schlossen jeden Zweifel aus; aber eine irgendwie bestimmte Abgrenzung nach dem Innern des Festlandes konnte nirgends stichhaltig bezeichnet werden. Dem Sultan von Sansibar mag auch die Stipulation eines Abhängigkeitsverhältnisses unnöthig erschienen sein, da er bisher die einzige Macht gewesen, die sich gelegentlich unter den Negerstämmen wirksam geltend machen konnte. Waren doch auch die arabischen Händler, die am Tanganika und Nyassa eine unbedingt herrschende Stellung einnahmen, seine Unterthanen! Für die Behauptung seines Willens gegenüber den schwarzen Häuptlingen genügte diese regellose und ungeregelte Machtentfaltung, nützte aber nichts im Fall eines Conflicts mit einem europäischen Staatswesen. Da war ein geschriebener Vertrag, auch ein sonst werthloser, weit überwiegend im Vortheil; wer solch einen vorzeigen konnte, der mußte bei Gebietsstreitigkeiten mit dem Sultan von Sansibar factisch Recht erhalten, weil er das formelle besaß.
Dr. Peters und Genossen ließen deshalb bei dem Abschluß der Verträge die Negerhäuptlinge besonders betonen, daß sie „unumschränkte Herren” in dem abzutretenden Gebiete seien. Ja, Dr. Peters nahm am 26. November 1884 von einem Beamten des Sultans von Sansibar folgende wichtige Erklärung zu Protokoll:
„Mvomero, den 26. November 1884. Salim bin Hamid, seit vier Jahren erster Bevollmächtigter S. M. des Sultans von Sansibar in Nguru, erklärt vor einer Reihe rechtsgültiger[S. 20] Zeugen, daß der Sultan von Sansibar auf dem Continent von Ostafrika, speciell in Nguru und Usagara, Oberhoheit und Schutzrecht nicht besitzt.”
So kam es denn, daß der Sultan Said Bargasch von Sansibar mit all seinen verspäteten Versuchen, die deutschen Unternehmungen durch seine Hoheitsansprüche zu vereiteln, keine andere Wirkung als eine diplomatische erzielte, welche aber durch entschiedenes Auftreten der deutschen Reichsgewalt neutralisirt wurde.
Als er am 25. April 1885 officielle Kenntniß von dem am 27. Februar ertheilten kaiserlichen Schutzbrief erhielt, erließ er folgendes Telegramm an den Deutschen Kaiser:
„Wir haben vom Generalconsul Rohlfs Abschrift von Eurer Majestät Proclamation vom 27. Februar empfangen, wonach Gebiete in Usagara, Nguru und Ukami, von denen es heißt, daß die westlich von unsern Besitzungen liegen, Eurer Oberhoheit und deutscher Regierung unterstellt sind. Wir protestiren hiergegen, weil diese Gebiete uns gehören und wir dort Militärstationen halten und jene Häuptlinge, welche die Abtretung von Souverainetätsrechten an die Agenten der Gesellschaft anbieten, dazu nicht Befugniß haben: diese Plätze haben uns gehört seit der Zeit unsrer Väter.” Fast zu gleicher Zeit, Anfang Mai 1885, wurden Truppen des Sultans nach Witu, Dschagga und Usagara geschickt, um die deutschen Besitzergreifungen zu annulliren.
Am 19. Juni 1885 erhielt Said Bargasch vom Fürsten Bismarck eine ausführlich begründete, aber entschieden ablehnende Antwort, deren markanteste Stellen lauteten: „Ew. Hoheit richteten am 27. April ein Telegramm an S. Majestät den Kaiser, worin E. H. Protest erheben gegen die deutsche Erwerbung. Ich bin instruirt, diesen Protest und die von E. H. erhobenen Ansprüche für unbegründet zu erklären und im Namen S. M. des Kaisers Protest zu erheben gegen Ihre nachträgliche Besetzung von Gebieten, welche innerhalb des deutschen[S. 21] Schutzgebietes liegen.... Seine Majestät wünschen aufrichtig das freundliche Einvernehmen aufrecht zu erhalten, welches bisjetzt mit E. H. bestanden hat, und sind in dieser Beziehung bereit, mit E. H. in Verhandlungen zu treten, um die internationalen Beziehungen zwischen dem deutschen Schutzgebiet und E. H. zu regeln. S. M. erwarten, daß E. H. deren Wünschen in dieser Hinsicht entgegenkommen und Ihre Beamten und Truppen aus dem deutschen Gebiet zurückziehen werden.”
Der Sultan gab nach, wesentlich bestimmt durch die Rathschläge der englischen Regierung; der Vormarsch der Truppen wurde am 24. Juni 1885 eingestellt. Zur ausdrücklichen Anerkennung des deutschen Schutzgebietes bedurfte es aber des Erscheinens eines deutschen Geschwaders, das Ende Mai nach Sansibar beordert worden war und am 7. August 1885 eintraf. Am 14. August gab der Sultan folgende Erklärung ab, wodurch die deutsche Regierung vollkommen befriedigt wurde:
„Infolge der Forderung, welche von S. M. dem Kaiser gestellt ist als Ultimatum und unerläßlich für die Aufnahme freundlicher Verhandlungen, anerkennen wir die Schutzherrschaft Deutschlands über die Länder von Usagara, Nguru, Useguha, Ukami und über das Gebiet von Witu. Wir übernehmen es, unsere Soldaten zurückzurufen, und machen dies unsern Beamten bekannt, welche die sämmtlichen Küstengebiete besetzt halten.”
Auf dieser Grundlage konnte das Deutsche Reich in weitere Verhandlungen über die Ordnung der neugeschaffenen Verhältnisse treten. England, das mit wachsamen Augen den steigenden Einfluß und die Expansionsbestrebungen der Deutschen in Ostafrika beobachtete, bot aufs bereitwilligste seine Vermittelungsdienste an, um Deutschland zu bestimmen, dem französisch-englischen Abkommen vom 10. März 1862 in Bezug auf die Unabhängigkeit des Sultans von Sansibar beizutreten. Die deutsche Regierung willigte ein unter der Bedingung, daß[S. 22] die deutsche Schutzherrschaft über Useguha u. s. w. rückhaltlos vom Sultan anerkannt werde und daß er die Häfen Pangani und Dar-es-Salaam in der Form einer Zollpacht an die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft abtrete. Es war jener Moment, der später von einigen gewichtigen Stimmen als versäumte Gelegenheit bezeichnet wurde, das ganze Sultanat mit ein paar Kanonenschüssen in die Tasche des Deutschen Reiches zu spediren. Allein abgesehen von dem hohen politischen Werth ungestörter freundschaftlicher Beziehungen zwischen England und Deutschland, muß man doch zugeben, daß es klüger war, die eingewurzelte arabische Herrschaft zu eigenem Vortheil zu benutzen, als eine neue unter vollkommen fremdartigen Verhältnissen mit Gewaltmitteln einer widerspenstigen Bevölkerung aufzuzwingen.
Ferner galt es mit England ein Compromiß zu Stande zu bringen. England war seit Jahrzehnten an der ostafrikanischen Küste heimisch; es hatte da Handelsfactoreien und Missionsstationen und bisher ausschlaggebenden Einfluß auf Sansibar, und die Tausende von ansässigen Indern waren britische Unterthanen. Man mußte deutscherseits das Hinterland von Mombas und Malindi opfern, erhielt dafür das als Paradies beschriebene Gebiet in Dschagga am Fuße des Kilimandscharo, das zweifellos von dem Sultan von Sansibar früher mit Beschlag belegt worden war, als von Dr. Jühlke, wenn auch der Sultan Mandara in Dschagga letzterm erklärte, er habe die arabische Occupation als solche nicht aufgefaßt.
Alle diese Punkte bedurften weitläufiger diplomatischer Verhandlungen, die am 23. December 1885 begannen und endlich ihren Abschluß fanden in dem internationalen Abkommen zu London am 1. November 1886.
1) Deutschland und Großbritannien erkennen die Souveränetät des Sultans von Sansibar über die Inseln Sansibar und Pemba, sowie über diejenigen kleinern Inseln an, welche in der Nähe der erstern innerhalb eines[S. 23] Umkreises von 12 Seemeilen liegen; desgleichen über die Inseln Lamu und Mafia.
Dieselben erkennen in gleicher Weise als Besitz des Sultans auf dem Festlande eine Küstenlinie an, welche ununterbrochen von der Mündung des Miningani-Flusses am Ausgang der Tunghi-Bucht bis Kipini reicht. Diese Linie beginnt im Süden des Miningani-Flusses, folgt dem Laufe desselben fünf Seemeilen und wird dann auf dem Breitenparallel bis zu dem Punkte verlängert, wo sie das rechte Ufer des Rovuma-Flusses trifft, durchschneidet den Rovuma und läuft weiter an dem linken Ufer entlang.
Die Küstenlinie hat eine Tiefe landeinwärts von zehn Seemeilen, bemessen durch eine gerade Linie ins Innere von der Küste aus bei dem höchsten Wasserstande zur Flutzeit. Die nördliche Grenze schließt den Ort Kau ein. Im Norden von Kipini erkennen die genannten Regierungen als dem Sultan gehörig an die Stationen von Kismaju, Barawa, Marka, Makdischu mit einem Umkreis landeinwärts von je zehn Seemeilen und Warscheikh mit einem Umkreis von fünf Seemeilen.
2) Großbritannien macht sich verbindlich zur Unterstützung derjenigen Verhandlungen Deutschlands mit dem Sultan, welche die Verpachtung der Zölle in den Häfen von Dar-es-Salaam und Pangani an die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft gegen eine dem Sultan seitens der Gesellschaft zu gewährende jährliche Zahlung bezwecken.
3) Beide Mächte kommen überein, eine Abgrenzung ihrer gegenseitigen Interessen-Sphären in diesem Theile des ostafrikanischen Festlandes vorzunehmen, in gleicher Weise, wie dies früher bei den Gebieten am Golf von Guinea geschehen ist.
Das Gebiet, auf welches dieses Uebereinkommen Anwendung findet, soll begrenzt sein im Süden durch den[S. 24] Rovuma-Fluß und im Norden durch eine Linie, welche, von der Mündung des Tana-Flusses ausgehend, dem Laufe dieses Flusses oder seiner Nebenflüsse bis zum Schneidepunkt des Aequators mit dem 38.° östl. Länge folgt und dann in gerader Richtung fortgeführt wird bis zum Schneidepunkt des 1.° nördl. Breite mit dem 37.° östl. Länge, wo die Linie ihr Ende erreicht.
Die Demarcationslinie soll ausgehen von der Mündung des Flusses Wanga oder Umbe, in gerader Richtung nach dem Jipe-See laufen, dann entlang an dem Ostufer und, um das Nordufer des Sees führend, den Fluß Lumi überschreiten, um die Landschaften Taveta und Dschagga in der Mitte zu durchschneiden und dann entlang an dem nördlichen Abhang der Bergkette des Kilimandscharo in gerader Linie weiter geführt zu werden bis zu demjenigen Punkte am Ostufer des Victoria-Nyanza-Sees, welcher von dem 1.° südl. Breite getroffen wird.
Deutschland verpflichtet sich, im Norden dieser Linie keine Gebietserwerbungen zu machen, keine Protectorate anzunehmen und der Ausbreitung englischen Einflusses im Norden dieser Linie nicht entgegenzutreten, während Großbritannien die gleiche Verpflichtung für die südlich von dieser Linie gelegenen Gebiete übernimmt.
4) Großbritannien wird seinen Einfluß geltend machen, um den Abschluß eines freundschaftlichen Uebereinkommens hinsichtlich der concurrirenden Ansprüche des Sultans von Sansibar und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft auf das Kilimandscharo-Gebiet zu befördern.
5) Beide Mächte erkennen als zu Witu gehörig die Küste an, welche nördlich von Kipini beginnt und sich bis zum Nordende der Manda-Bucht erstreckt.
6) Deutschland und Großbritannien werden gemeinschaftlich den Sultan von Sansibar zum Beitritt an der General-Acte der Berliner Conferenz auffordern, vorbehaltlich[S. 25] der bestehenden Rechte Sr. Hoheit gemäß den Bestimmungen des Artikels I der Acte.
7) Deutschland macht sich verbindlich, der Erklärung beizutreten, welche Großbritannien und Frankreich am 10. März 1862 mit Bezug auf die Anerkennung der Unabhängigkeit von Sansibar gezeichnet haben.
Auch mit der portugiesischen Regierung wurde am 30. December 1886 ein Uebereinkommen getroffen, welches deren Bestrebungen, von Mozambique bis Angola nach und nach seine Herrschaft auszudehnen, eine in der Zukunft mögliche Stütze verlieh. Zwei der wichtigsten Bestimmungen sind:
1) Die Grenzlinie zwischen den deutschen und portugiesischen Besitzungen in Ostafrika folgt dem Laufe des Rovuma von seiner Mündung bis zu dem Punkt der Einmündung des Msinje-Flusses und läuft von dort weiter nach dem Breitenparallel bis zum Ufer des Nyassa-Sees.
2) Die Regierung S. M. des Deutschen Kaisers erkennt das Recht S. M. des Königs von Portugal an, in den zwischen Angola und Mozambique liegenden Gegenden, unbeschadet der dort von andern Mächten etwa bisher erworbenen Rechte, souveränen und civilisatorischen Einfluß geltend zu machen, und verpflichtet sich in Gemäßheit dieser Anerkennung, dort weder Gebietserwerbungen zu machen, noch Schutzherrschaften anzunehmen, noch der Ausdehnung des portugiesischen Einflusses entgegenzutreten.
Während die deutsche Reichsgewalt, zum Schutze der Rechte und der neu erworbenen ostafrikanischen Besitzungen herbeigerufen, ihre starke Hand ausstreckte und die deutsche Colonie in den Rahmen geordneter politischer Beziehungen fügte, fand in der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft selbst ein Uebergang zu einer dauerhaft gegliederten, den veränderten Verhältnissen mehr entsprechenden Organisation statt. Beim Beginn[S. 26] und bei den ersten Erfolgen des Colonialunternehmens griffen Dr. Peters und seine Gesinnungsgenossen rasch nach dem, was sofort eine ersprießliche Wirksamkeit für das nächste Ziel versprach. Man kann sie deshalb nicht tadeln. Die natürliche Entwickelung im wirthschaftlichen Leben besteht in der Ausgleichung von Irrthümern durch die Erfahrung.
Vor allem genügte bei den außerordentlich erweiterten Aufgaben und deshalb vergrößerten materiellen Bedürfnissen der Gesellschaft die Form einer Commanditgesellschaft nicht mehr, wie es durch die Satzungen vom 2. April 1885 bestimmt worden. Schon am 7. September 1885 beschloß das Directorium, „zur festern finanziellen Begründung der Gesellschaft” eine corporative Form anzunehmen, d. h. die Commanditgesellschaft in eine Actiengesellschaft umzugestalten, die ganze Verwaltung aus den Händen Einzelner zu nehmen und sie der vermehrten Einwirkung der Gesammtheit zu übergeben. Die Generalversammlung vom 14. December 1885 genehmigte die vom Directorium vorgelegten Entwürfe zu neuen Satzungen, deren Grundlage die Dreitheilung der Gesellschaftsthätigkeit bildete: eine Regierung als Executive, ein Landesrath von 15 Mitgliedern und eine Hauptversammlung. Die Betheiligung des kleinen Kapitals wurde von nun an gänzlich ausgeschlossen; nur Antheilscheine von mindestens 10000 Mark sollten ausgegeben werden.
Die endgültige Festsetzung der neuen Satzungen beanspruchte wegen der massenhaft auftauchenden juristischen Schwierigkeiten, da keine der gesetzlichen Vorschriften über Gründung von Gesellschaften der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft recht paßte, einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Erst am 26. Februar 1887 gelangten sie vor die constituirende Generalversammlung und damit zur Annahme.
Die Grundzüge der neuen Organisation sind folgende:
Zweck der Gesellschaft: in den Gebieten von Ostafrika die Rechte der Landeshoheit auszuüben und die dazu erforderlichen[S. 27] Einrichtungen zu treffen; die Civilisirung des Schutzgebietes durch Ansiedelung und Handel anzubahnen; Ländereien zu erwerben, zu bewirthschaften und zu verwerthen.
Mitglieder sind die frühern Besitzer von Antheilscheinen und die Uebernehmer eines neuen Antheilscheines von 10000 Mark.
Die Generalversammlung muß regelmäßig einmal im Jahr einberufen werden; oder in besondern Fällen auf den Antrag von 25 Mitgliedern oder des Directionsrathes oder der Revisoren. Sie genehmigt die Bilanz und beschließt über die Verwendung der Ueberschüsse, über Aufnahme von Anleihen, über Aenderungen der Statuten und über die Auflösung der Gesellschaft. Sie erwählt den Directionsrath und die Revisoren.
Der Directionsrath besteht aus 21–27 Mitgliedern, von denen drei durch den Reichskanzler, eins durch die Seehandlung in Berlin ernannt werden. Der Directionsrath überwacht die gesammte Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung, stellt das Budget fest und ernennt die höheren Beamten; er wählt die Direction.
Die Direction besteht aus zwei oder mehreren Mitgliedern. Sie vertritt die Gesellschaft in allen Rechtsgeschäften, ernennt und entläßt die Beamten.
Die Revisoren, drei Mitglieder, welche aber nicht zum Directionsrath oder zur Direction gehören dürfen, haben die Beobachtung der Satzungen zu überwachen und das Recht, jederzeit Einsicht von den Büchern, Rechnungen und Urkunden zu nehmen.
Der Reichskanzler hat durch einen Commissar die Oberaufsicht über die Gesellschaft. Der Commissar ist berechtigt, an allen Sitzungen des Directionsrathes und der Generalversammlung theilzunehmen und jederzeit von der Direction Berichterstattung zu verlangen. Seiner Genehmigung sind unterworfen: die Grundsätze über Ausübung der landeshoheitlichen[S. 28] Rechte im Schutzgebiet, die Wahl des Vorsitzenden der Direction, die Ernennung und Entlassung der höchsten Beamten, die Aufnahme von Anleihen, die Aenderung der Satzungen und die Auflösung der Gesellschaft.
Die durch die neuen Satzungen geschaffene Befestigung der Gesellschaft, die solide finanzielle Grundlage, welche durch ausschließliche Theilnahme des Großkapitals gegeben wurde, endlich und vor allem die Bekundung des Vertrauens und die Sicherung einer geordneten Geschäftsführung durch das Auftreten der Reichsgewalt als höchste Aufsichtsbehörde bewirkten einen vermehrten Zufluß von Geldmitteln. 232 neue Antheilscheine von je 10000 Mark wurden bis zum Schluß des Jahres 1887 erworben, sodaß das Activvermögen mit Hinzurechnung der früheren Beitrittserklärungen drei und eine halbe Million Mark überstieg.
Eine weitere günstige Folge war die Gründung der Ostafrikanischen Plantagengesellschaft und später diejenige der Deutschen Pflanzergesellschaft. Der ursprüngliche Plan der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, die erworbenen Ländereien zum Zwecke cultureller Ausbeutung theils an Besitzer von Antheilscheinen zu vergeben, theils an andere zu verkaufen, kam jetzt zur Ausführung. Man hatte die Unmöglichkeit eingesehen, daß einzelne Landwirthe die Bebauung tropischer Gegenden unternehmen könnten; auch die Thätigkeit des deutschen Landmannes als Arbeiter war ausgeschlossen. Nur durch den Aufwand großen Kapitals, das auf Rentabilität geduldig wartete, konnte gehofft werden, den Boden und die Handelsgelegenheiten auszunutzen. Corporationen mußten dies in die Hand nehmen.
Während die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft selbst die Organisation und Verwaltung des Schutzgebietes als Richtschnur ihrer Hauptthätigkeit ins Auge faßte, wollte die Plantagengesellschaft die Arbeit der Cultivation im großen Stil übernehmen. Sie bildete sich unter dem Eindruck der festern Consolidation[S. 29] schon während des Jahres 1886; sie trat am 24. November 1886 mit einem Grundkapital von 130000 Mark als Actiengesellschaft in Wirksamkeit. Actien wurden im Betrage von 1000 Mark ausgegeben. Das Kapital strömte zu. Schon im März 1887 konnten 1250000 Mark und im Februar 1888 1750000 Mark in das Handelsregister eingetragen werden. Die Gesellschaft kaufte 100000 Morgen im Schutzgebiete von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft und bezahlte sie mit 100 Stück ihrer eigenen Actien. So wurden die Interessen beider Gesellschaften miteinander verschmolzen. Das Gewinnreiche des Geschäfts lag für beide Theile in der Zukunft.
Die Deutsche Pflanzergesellschaft wurde am 19. September 1888 mit einem Kapital von 30000 Mark gegründet. Sie vergibt die Actien zu 1000 Mark. Ihre Thätigkeit hat wegen des Aufstandes noch nicht begonnen.
Für alle diese und künftige Colonisationsunternehmungen, sei es zum Zwecke des Ackerbaues oder des Handels, sollten die von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gegründeten Stationen die Stützpunkte geben.
Es waren gegründet worden:
1884: 1, die Hauptstation in Sansibar. | ||
1885: 3, | nämlich | 2 in Usagara, |
1 an der Somaliküste. | ||
1886: 9, | nämlich | 1 an der Somaliküste, |
1 in Giriyama (nördlich von Mombas), | ||
2 in Usambara, | ||
1 in Useguha, | ||
4 in Usaramo. | ||
1887: 5, | nämlich | 2 im Dschaggaland, |
1 in Usambara, | ||
1 in Usagara, | ||
1 in Usaramo. | ||
1888: 3 (Zollst.), nämlich in Kilwa, Lindi und Mikindani. |
[S. 30] Von diesen 21 Stationen wurden infolge des deutsch-englischen Abkommens vom 1. November 1886 die drei nördlich des Umba-Flusses gelegenen aufgegeben.
Ende August 1888 bestanden demnach 18 Stationen, welche geographisch geordnet sich auf die folgenden Landschaften vertheilten. Um ein vollkommenes Bild der europäischen Besiedelung zu geben, sind auch die Stationen der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft (mit * bezeichnet) und diejenigen der deutschen, englischen und französischen Missionsgesellschaften (mit ** bezeichnet) beigefügt.
Insel Sansibar. — | Sansibar, gegr. v. Dr. Jühlke, Dec. 1884. |
* | Kibueni, „ „ „ „ Dec. 1887. |
* | Manyama, „ „ „ „ Jan. 1888. |
** | Sansibar (engl.), gegr. 1864. |
** | Sansibar (deutsch, evang.), gegr. von M. Rentsch 1887. |
Dschagga-Land. — | Moschi, gegr. von Frhrn. v. Eberstein, Prlt. Zelewski, Wilken, Braun und Hessel, August 1887. |
Aruscha, gegr. von Frhrn. v. Eberstein und Prlt. Zelewski, August 1887. | |
** | Moschi (engl.), gegr. 1885. |
Usambara. — | Pangani, gegr. von Hörnecke, Mai 1887. |
Korogwe am Pangani, gegr. von Hörnecke und Frhrn. v. Gravenreuth, April 1886. | |
* | Lewa. |
Mafi am Pangani, gegr. von Zboril, Nov. 1886. | |
** | Magila (engl.), gegr. 1869, mit Filialen in Umba, Mkusi, Missoswe und Msaaka. |
Useguha. — | Petershöhe am Wami, gegr. von Lt. v. Anderten, Juli 1886. |
[S. 31]* | Mbusine am Wami. |
Usagara. — | Mbambwa (oder Mpwapwa), gegr. von Krieger, Giese, Rühle, 1887. |
Sima, gegr. von Graf Pfeil, Jan. 1885. | |
Kiora, gegr. von Söhnge, Juni 1885. | |
** | Mbambwa (engl.), gegr. 1878. |
** | Mamboia (engl.), gegr. 1880. |
Usaramo. — | Dar-es-Salaam, gegr. 1887. |
Bagamoyo, gegr. von Lt. v. Bülow, August 1886. | |
Dunda am Kingani, gegr. von Lt. Krenzler, März 1886. | |
Madimola, am Kingani, gegr. von Lt. Frhr. von St. Paul-Illaire, April 1886. | |
Usungula am Kingani, gegr. von Prlt. v. Zelewski, Mai 1886. | |
** | Bagamoyo (franz.). |
** | Dar-es-Salaam (deutsch, evang.), gegr. von Greiner, Juli 1887. |
** | Pugu (deutsch, kathol.), gegründet von Pater Bonifacius 1888. |
Wagindo-Land. — | Kilwa (Zollst.), gegr. von Hessel und Krieger, Aug. 1888. |
Lindi (Zollst.). | |
Mikindani (Zollst.). | |
** | Masasi (engl.), gegr. 1876. |
** | Newala (engl.), gegr. 1887. |
Das deutsche ostafrikanische Gebiet mit der gesammten sogenannten deutschen Interessensphäre, also von der Ostküste bis zum Tanganika und vom Victoria-Nyanza bis zum Nyassa-See und zum Rovuma-Fluß, umfaßt ungefähr 1100000 qkm (Deutsches Reich 540622 qkm).
Dagegen beträgt jener Ländercomplex, welcher durch Anlegen von Stationen bisjetzt in Angriff genommen oder von[S. 32] ihnen eingeschlossen ist, mit Ausschluß des Wagindo-Landes, nach ungefährer Schätzung etwa 110000 qkm (Baiern, Württemberg und Baden 110443 qkm).
Alle Erwerbungen und Einrichtungen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft hatten nur einen unvollkommenen Werth, solange der freie Zutritt zur Küste erschwert oder versperrt blieb. Europäische Colonien in allen Weltgegenden bedürfen zu ihrer vollen Entwickelung den unbehinderten Verkehr mit dem Mutterlande: der Seeweg muß offen bleiben.
Unbestreitbar besaß der Sultan von Sansibar die Herrschaft über die ostafrikanische Küste. Es mußte in sie eine Bresche gelegt werden — daran dachte Dr. Peters bei dem ersten Gelingen seines Unternehmens. Vorerst wollte man sich mit dem Benutzungsrecht eines Hafens begnügen. In den während des Sommers 1885 durch Admiral Knorr geleiteten Verhandlungen verlangte man direct den Hafen von Dar-es-Salaam für die deutschen Schiffe; am 26. September 1885 willigte Said Bargasch ein. Mit Dar-es-Salaam war einer der Endpunkte der Karavanenstraßen vom Tanganika-See gewonnen worden; nach der Erwerbung des Kilimandscharo-Gebietes und Usambaras erschien auch Pangani zur Eröffnung des eigenen und zur Beherrschung des einheimischen Verkehrs unbedingt nothwendig. In dem Vertrag vom 1. November 1886 veranlaßte die deutsche Regierung die englische mitzuwirken, daß nicht nur das Mitbenutzungsrecht der beiden genannten Häfen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft zugestanden, sondern daß ihr die Zollverwaltung daselbst ganz und gar übertragen werde, ja nur unter dieser Bedingung wollte sie die Souveränetät des Sultans über den Küstenstrich, zehn Meilen landeinwärts, anerkennen.
Auf dieser Grundlage arbeitete Dr. Peters unablässig weiter. Die Erhebung der Zölle bildete für den Sultan von[S. 33] Sansibar den Kern seiner Regierungsthätigkeit auf dem Festland. War er zu bewegen, diese den Deutschen zu überlassen, so machte es keine große Schwierigkeit, auch noch Verwaltung, Polizei und Gerichtsbarkeit, und damit die thatsächliche Beherrschung des ganzen Küstenstriches zu erlangen. Wirklich brachte Dr. Peters den Sultan zu einem Uebereinkommen, das diesem Zweck entsprach, zum sogenannten Vorvertrag vom 30. Juli 1887.
Nach den neuen Satzungen der Gesellschaft unterlag dieser Vertrag der Genehmigung des Directionsrathes in Berlin. Said Bargasch hatte nur widerstrebend Punkt für Punkt nachgegeben und Paragraphen dazwischen geworfen, welche das Risico der Gesellschaft steigerten und keine sofortige Annahme in Berlin fanden. So zogen sich die Verhandlungen hin und her während des ganzen Winters 1887/88. Da starb am 30. März Said Bargasch, und sein Bruder Said Khalifa folgte. Weniger scharfsichtig und leichter zu überreden, gab dieser dem unausgesetzten Drängen des deutschen Generalconsuls Michahelles endlich nach und genehmigte am 28. April 1888 den für die Gesellschaft so wichtigen und zugleich verhängnißvollen Küstenvertrag.
Sein Inhalt zerfällt in folgende Theile:
1. Die factische Uebernahme der Verwaltung und das Probejahr.
„Dem Sultan sollen keine Verbindlichkeiten erwachsen weder wegen der Kosten der Besitzergreifung noch auch wegen der daraus etwa entstehenden Kriegszustände. Dagegen willigt er ein, alle Acte und Handlungen, welche erforderlich sind, um die Bestimmungen des Vertrags zur Ausführung zu bringen, vorzunehmen und der Gesellschaft mit seiner ganzen Autorität und Macht zu helfen.
„Im ersten Jahr liefert die Gesellschaft den ganzen Betrag der erhobenen Ein- und Ausfuhrzölle an den[S. 34] Sultan ab, abzüglich der Geschäftsunkosten (nicht über 272000 Mark) und einer Commissionsgebühr von fünf Procent. Auf Grund der im ersten Jahre gemachten Erfahrungen soll die Durchschnittssumme der jährlich zu zahlenden Pacht festgestellt werden.”
2. Rechte und Vortheile der Gesellschaft.
„Die Gesellschaft wird ermächtigt, Beamte einzusetzen, Gesetze zu erlassen, Gerichtshöfe einzurichten, Verträge mit Häuptlingen zu schließen; alles noch nicht in Besitz genommene Land zu erwerben, Steuern, Abgaben und Zölle zu erheben, Vorschriften für den Handel und Verkehr zu erlassen, die Einfuhr von Waaren, Waffen und Munition und allen andern Gütern, welche nach ihrer Ansicht der öffentlichen Ordnung schädlich sind, zu verhindern; alle Häfen in Besitz zu nehmen und von den Schiffen Abgaben zu erheben.”
3. Rechte und Vortheile des Sultans von Sansibar.
„Die Verwaltung soll im Namen des Sultans und unter seiner Flagge, sowie unter Wahrung seiner Souveränetätsrechte geführt werden. Der Sultan erhält eine nach einem Jahr festzustellende Pachtsumme, ferner 50% des Reineinkommens, welches aus den Zollabgaben der Häfen fließen wird; endlich die Dividende von zwanzig Antheilscheinen der Gesellschaft à 10000 Mark, nachdem Zinsen in der Höhe von 8% auf das eingezahlte Kapital der Antheilscheinbesitzer bezahlt worden sind.”
Die Durchführung des Küstenvertrags mit der damit verbundenen Besitzergreifung des Küstenstriches durch die Deutschen rief den Aufstand vom August 1888 hervor. Die Reihenfolge der Ereignisse ergibt sich aus der nachstehenden chronologischen Uebersicht.
[S. 35] August, 17. und 18. Beginn der Unruhen in Pangani. Der Wali verweigert die Hissung der Gesellschaftsflagge und flüchtet sich vor den Landungstruppen der „Carola”.
August, 21. Beginn der Unruhen in Bagamoyo. Die Sultansflagge wird unter Anwesenheit von Mannschaften der „Möwe” vom Hause des Wali heruntergenommen; später, als der Wali sein Haus der Gesellschaft eingeräumt, auf derselben Stelle wieder gehißt, neben ihr die Gesellschaftsflagge. Der Wali bleibt.
September, 4. Voller Aufruhr in Pangani. Die Beamten der Gesellschaft werden gefangen gehalten.
September, 8. General Matthews trifft im Auftrag des Sultans mit regulären Sansibarsoldaten in Pangani ein und befreit die deutschen Beamten, welche nach Sansibar zurückkehren.
September, 8. Die „Möwe” holt die Beamten aus dem aufrührerischen Tanga nach Sansibar.
September, 17. Der Häuptling Buschiri tritt als Leiter des Aufstandes in Pangani auf.
September, 23. General Matthews wird von den Aufständischen gezwungen, mit den Regulären aus Pangani nach Sansibar zurückzukehren.
September, 23. Bagamoyo wird von den Arabern angegriffen; von den Beamten unter Mitwirkung der „Leipzig” siegreich gehalten.
September, 23. Lindi wird von den deutschen Beamten verlassen, nachdem sie zwei Tage mit den anstürmenden Yaos gekämpft.
September, 23. Mikindani wird bei dem Andrang von Tausenden der Yaos von den deutschen Beamten geräumt.
September, 24. Kampf in Kilwa. Nach heftiger Gegenwehr fallen die Beamten Krieger und Hessel.
September, 25. In Bagamoyo ergreift der Bezirkschef Gravenreuth die Offensive und nimmt Mtoni im Sturm.
[S. 36] October, 31. Windi, Waffen- und Pulverdepot der Aufrührer, wird von der „Sophie” beschossen und zerstört.
November, 20. Buschiri marschirt von Pangani südwärts ab.
November, 28. „Carola” wird vor Windi beschossen; sie vertreibt mit der „Sophie” die Rebellen.
December, 2. Beginn der deutsch-englischen Blokade.
December, 5.-7. Buschiri greift Bagamoyo an. Er wird unter Mitwirkung der „Leipzig” und der „Jühlke” zurückgeworfen.
December, 23. und 24. Dar-es-Salaam wird von räuberischen Banden von ca. 50 Mann unter Anführung des ausgewiesenen Akadi Salamini und der Walis von Kisiju und Kikunja angegriffen, aber ohne Erfolg.
December, 29. und 31. Wiederholte Angriffe gegen Bagamoyo. Der Ort fast ganz zerstört. Das Stationshaus allein unversehrt erhalten. Buschiri bezieht ein festes Lager am Kingani.
1889. Januar, 10. und 11. Erneuter Angriff auf Dar-es-Salaam. Ein Theil der Stadt wird niedergebrannt. Die deutsche Besatzung bleibt unerschüttert.
Januar, 13. Die Missionsstation Pugu wird von den Rebellen zerstört. Zwei Missionare und eine Oberin werden gefangen genommen, welche am 11. März die Freiheit gegen Lösegeld wieder erhielten.
Januar, 21. Erfolgloser Angriff auf das Karavanenhaus („Ratuhaus”) in Bagamoyo durch Buschiri.
Januar, 25. Landungstruppen der „Sophie” verjagen nach heftiger Gegenwehr 80 Araber aus Dar-es-Salaam.
März, 3. Kämpfe bei Bagamoyo gegen Buschiri. Lt. Meier erobert zwei Geschütze.
März, 26. Die „Schwalbe” erobert Kondutschi.
März, 31. Hauptmann Wißmann trifft in Sansibar ein.
[S. 37] Aus den Berichten des deutschen Generalconsuls Michahelles in Sansibar (Weißbuch IV. Theil, Berlin 1889) und aus den Briefen einzelner Beamten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (Deutsche Kolonialzeitung, Sept. bis Dec. 1888) erhält man ein ziemlich treues Bild von der Entstehung und Entwickelung des Aufstandes an den einzelnen Orten.
In Sansibar war man sich der entstehenden Schwierigkeiten bei der Umänderung der altgewohnten Regierungsform in die neue deutsche bis zu einem gewissen Grade vollkommen bewußt. Schon im Juli 1888 bereiste der Generalvertreter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft mit einem hierzu designirten Sultansbeamten sämmtliche Küstenplätze, instruirte die Walis über den am 16. August eintretenden Regierungswechsel, erklärte aber zugleich, daß die Sitten und Gebräuche der Eingeborenen unberührt bleiben sollten. Sämmtliche Walis erklärten ihre Bereitwilligkeit zu bleiben. Es ist aus den bisher veröffentlichten Mittheilungen nicht ersichtlich, ob in der Instruction auch betont wurde, daß neben der Sultansflagge auch die Flagge der Gesellschaft gehißt werden sollte. Im Vertrage Art. I. steht nur: „Die Verwaltung soll von der Gesellschaft unter der Flagge des Sultans geführt werden.” Man kann es ja selbstverständlich finden, daß die Gesellschaft zur Behauptung ihres Ansehens auch die eigene Flagge aufpflanzen mußte; auch scheint der Sultan selbst niemals einen Widerspruch dagegen erhoben zu haben. Allein thatsächlich gab in Pangani die Hissung der deutschen Gesellschaftsflagge den Anstoß zum Aufruhr.
Allen Küstenstationen waren Polizeisoldaten des Sultans beigegeben worden in Uebereinstimmung mit dem Artikel I des Küstenvertrags: „Seine Hoheit willigt ein, alle Acte und Handlungen, welche erforderlich sind, um die Bestimmungen des Vertrags zur Ausführung zu bringen, vorzunehmen und der Gesellschaft mit seiner ganzen Autorität und Macht zu helfen.” Die Sultanssoldaten taugten aber nirgends etwas,[S. 38] ja die deutschen Beamten verlangten später, daß zu ihrer Sicherheit dieselben wieder nach Sansibar zurückbeordert werden sollten.
In Pangani zeigte sich der Wali von Anfang an widerwillig; er protestirte gegen die Hissung der deutschen Flagge durch den Bezirkschef v. Zelewski. Das Erscheinen der „Möwe” am 17. August mit einem Specialbefehl des Sultans setzte momentan den Willen der Gesellschaft durch; allein kaum war sie abgefahren, so veranlaßte der Wali sogar die Soldaten, den Gehorsam zu verweigern. Die deutsche Marine griff am 19. August ein; der Wali entfloh. Ruhe trat ein bis zum 3. September, aber nur innerhalb der Stadt selbst; außerhalb derselben war es unmöglich, Amtshandlungen vorzunehmen. Auf Verlangen des Bezirkschefs warb der Generalvertreter der Gesellschaft 50 Irreguläre der Sultanstruppe in Sansibar und schickte sie zur Unterstützung. Die Auswahl der Irregulären muß trotz der Warnung des General Matthews (Weißbuch IV, S. 16) eine sehr unglückliche gewesen sein, denn gerade die Irregulären gaben dem Aufstand in Pangani neue Nahrung; sie bemächtigten sich am 4. September einer Dau mit Pulverladung und hielten von nun an die deutschen Beamten in ihrem Haus gefangen. Als diese Nachricht in Sansibar eintraf und der deutsche Consul um Absendung einer ergiebigen Truppenmacht bat, lehnte der Sultan dies zuerst positiv ab. Erst den eindringlichen Vorstellungen des General Matthews gelang es, den Befehl zu erwirken, daß unter seinem Commando 150 Mann reguläre Soldaten am 7. September nach Pangani geschickt wurden. Sie wurden mit Jubel von der Bevölkerung empfangen. Man legte die Waffen nieder und unterwarf sich dem Sultan, aber für die deutschen Beamten gab es kein Ansehen, keine Autorität mehr. Sie mußten froh sein, mit heiler Haut aus dem Rebellennest entlassen zu werden. General Matthews sollte es übrigens nicht viel besser ergehen als den deutschen Beamten. Es trat jetzt der Mann auf, der[S. 39] die Revolte mit fester Hand ergriff und im Interesse der Araber planmäßig leitete: es war Buschiri. Er ist kein Araber von reinem Blut, sondern ein Suaheli-Mischling. Trotzdem fand er bei Arabern und Eingeborenen mit seiner Legende, daß er aus dem Geschlechte der Iras stamme, das vornehmer und älter sei als das Sultansgeschlecht auf Sansibar, allgemeinen Glauben. Buschiri stachelte die Bevölkerung von Pangani gegen den „Europäer und Christen” Matthews auf, sodaß dieser am 23. September gezwungen war, mit seinen 150 Regulären das Feld zu räumen und nach Sansibar zurückzukehren. Der von ihm installirte Beamte des Sultans, Soliman ben Nasr, fand Duldung von seiten der Aufständischen; sie folgten in der Regel seinen Weisungen, da er eine Art von Sultanspartei geschaffen. Zeigte sich aber Buschiri in der Stadt, dann zerschmolz alle Autorität des Sultans von Sansibar in nichts.
Im benachbarten Tanga hatten von Frankenberg und Klentze ganz ohne Störung die Zollstation bezogen. Allein der Sieg des Aufruhrs in Pangani verwirrte auch hier die Köpfe. Die Eingeborenen griffen ein unbewaffnetes Boot der „Möwe”, das landen wollte, am 5. September an. Sie wurden zwar am 6. blutig landeinwärts getrieben und verhielten sich nach der Abfahrt der „Möwe” durchaus nicht aggressiv gegen die Deutschen, welche ohne Befehl der Gesellschaft ihren Posten nicht räumen wollten, doch der Aufstand in der ganzen Umgegend machte die Lage der Deutschen in Tanga unhaltbar und zwecklos; sie wurden am 8. September von der „Leipzig” nach Sansibar gebracht.
In Bagamoyo unter dem Bezirkschef Frhrn. von Gravenreuth kam es anfangs zu keinen thatsächlichen Unruhen. Auf dem Gesellschaftshause wurden am 16. August die deutsche und die Sansibarflagge ohne jede Störung gehißt; die „Carola” lag dicht vor Anker. Nur weigerte sich der Wali, die auf seinem Hause wehende Sultansflagge einzuziehen. Ein darauf[S. 40] bezüglicher stricter Befehl rief unter den Arabern und Indern eine drohende aufrührerische Stimmung hervor. Der deutsche Generalconsul in Sansibar bewirkte, daß am 21. August die „Möwe” nach Bagamoyo entsendet wurde. Jetzt gab der Wali nach und nahm selbst seine Flagge herunter. Said Khalifa hatte lange gezögert, dem widerspenstigen Wali einen bestimmten Befehl zu geben; erst als am 21. die „Möwe” und dann die „Leipzig” nach Bagamoyo abgesegelt waren, entschloß er sich auf den vermittelnden Vorschlag einzugehen, das Haus des Wali der Gesellschaft als Amtsgebäude einzuräumen, wobei die Sultansflagge auf der alten Stelle bleiben konnte. Sein Befehl traf zu spät ein; die Deutschen hatten schon in Anwesenheit von zwei Kriegsschiffen ihren Willen durchgesetzt. Aber man fügte sich sofort der neuen Anordnung: die Gesellschaft siedelte in das Haus des Wali über und die einzige Sultansflagge wehte auf ihrer gewohnten Stelle. Von nun an herrschte in der Stadt Bagamoyo selbst einen vollen Monat Ruhe; landeinwärts aber breitete sich der Aufstand aus; die Stationen Dunda und Madimola am Kingani mußten aufgegeben werden. Durch diese Erfolge ermuthigt, scharten sich am 23. September die Eingeborenen und Araber zu einem gewaltsamen Angriff gegen Bagamoyo zusammen; sie wurden durch die deutschen Beamten und eine Landungstruppe der „Leipzig” zurückgetrieben und am 25. September in freiem Felde bei Mtoni durch Frhrn. von Gravenreuth total geschlagen. Die trotzdem fortgesetzte Nährung des Aufstandes schien in der fortwährenden Zufuhr von frischer Munition ihre Hauptquelle zu haben; man vermuthete in Windi das eigentliche, immer wieder aufgefüllte Munitionsdepot. Die „Sophie” bombardirte deshalb am 31. October diesen Ort; zahlreiche Explosionen erwiesen die Richtigkeit der Annahme.
Unmittelbar darauf erfreute sich auch Bagamoyo einer zunehmenden Sicherheit; Handel und Verkehr begannen in gewohnter Weise sich zu regen. Da tauchte plötzlich die Nachricht[S. 41] auf, Buschiri sei am 20. November von Pangani gegen Süden aufgebrochen. Richtig erschien er am 5. December vor Bagamoyo. Zwei Tage wurde heftig gekämpft, die „Leipzig” griff energisch ein; am 7. December zog sich Buschiri in das Innere zurück und ließ infolge schwerer Verluste zwei mitgebrachte Geschütze stehen.
Doch er ruhte nicht; er wollte Bagamoyo vernichten oder es wenigstens von allem Verkehr mit dem Innern absperren. Ende December äscherte er alle Wohnungen ein, die nicht von den Deutschen besetzt waren; er schlug ein wohlbefestigtes Lager nahe vor der Stadt auf und versuchte von hier aus, freilich vergeblich, Ende Januar und Anfang März sich der Stationsgebäude zu bemächtigen.
Dar-es-Salaam bildete anfangs eine Oase in dem ganzen vom Aufruhr durchwühlten Küstengebiet: hier blieb alles friedlich bis in die letzten Tage des December. Der Bezirkschef Leue dankte dies seiner strengen Zucht, die er trotz aller humanitären Gefühle unerbittlich aufrecht erhielt. Auch verstand er, sich des Wali, dem er mistraute, sofort zu entledigen und dafür einen ergebenen Beamten von Sansibar zu requiriren. Sein Einfluß reichte nach Westen bis Pugu und Usungula und nach Norden bis Bueni, wo die Verbindung mit Gravenreuth in Bagamoyo aufgenommen werden konnte. Der Generalconsul berichtete unter dem 28. November: „Die Gesellschaft übt an dieser Küstenstrecke eine thatsächliche Autorität aus.” Die fortwährende Anwesenheit eines deutschen Kriegsschiffes im Hafen von Dar-es-Salaam, der besonders friedfertige Charakter der Bevölkerung und die Schreckensnachrichten über die blutigen und doch erfolglosen Kämpfe bei Bagamoyo werden außerdem beigetragen haben, jeden Gedanken an Gewaltthätigkeiten niederzuhalten. So wäre es auch geblieben, wenn nicht Buschiri, der Nimmermüde, seinen Kriegszug von Bagamoyo nach Süden fortgesetzt hätte. Die Unterbringung der durch das Blokadegeschwader befreiten Sklaven in den[S. 42] Missionen zu Dar-es-Salaam und Pugu reizte den Rachedurst und die Beutegier. Dem kurzen Kampfe vom 23. und 24. December folgte der überlegte Sturm gegen beide Orte in der Mitte des Januar. Die Wiedergewinnung der befreiten Sklaven und die Gefangennahme der Missionare als werthvolle Geiseln war der Lohn der zurückgeschlagenen Sieger.
Ganz anders als in den nördlichen Districten gestaltete sich der Aufstand in den südlichen Häfen Kilwa, Lindi und Mikindani. Das war kein Aufstand, sondern förmlicher Krieg, unternommen von den am Rovuma wohnenden Yao-Völkern. Möglich, daß sie von den Arabern des Nyassa-Sees dazu aufgestachelt waren, daß man ihnen erzählt hatte, mit der Besetzung der Küste durch die Deutschen wäre es mit dem lucrativen Sklavenhandel vorbei, von dem sie als Sklavenjäger der Araber lebten; möglich, daß sie nur Raublust gegen die schwachbesetzten deutschen Stationen trieb. Verabredet war der Kriegszug jedenfalls, denn fast am gleichen Tage erschienen sie in den drei Hafenplätzen.
In Kilwa fanden der neu eingesetzte Bezirkschef Hessel und sein Genosse Krieger bei ihrem Einzug einen etwas hartköpfigen Wali vor. Doch gelang es ihnen bald, seine Unterstützung wie auch die Geneigtheit der Eingeborenen zu gewinnen. Noch am 18. September fühlten sie sich ganz behaglich in ihrem Wirkungskreis, es war nur der Mangel einer verlässigen Truppe, was ihnen einige Sorge für die Zukunft machte. Da erschienen plötzlich am 19. oder 20. September die Yaos in hellen Haufen (der Kapitän eines englischen Kriegsschiffes schätzte sie auf 15000) und verlangten die Uebergabe des Platzes, denn „ihnen hätte vordem die Küste gehört und sie wollten ihren frühern Besitz wieder an sich nehmen”. Die den Deutschen zu freiem Abzug gewährte Frist von 48 Stunden wurde von diesen nicht benutzt; sie wurden in ihrem Haus angegriffen. So tapfer die Vertheidigung, so erfolglos war sie. Am 24. September fiel Krieger, Hessel nahm sich das[S. 43] Leben. Während des zweitägigen Kampfes lag die „Möwe” unthätig bei Kilwa vor Anker. Sie konnte das mitten im Ort gelegene Stationshaus nicht beobachten; der interimistische Befehlshaber wagte nicht, die erhaltene Ordre, „aufs gerathewohl keine Boote ans Land zu setzen”, eigenmächtig zu überschreiten, und wartete vergeblich auf irgendein Zeichen der Beamten, das ihn zu Hülfe rufen sollte.
Unblutiger verlief der Angriff und die Wegnahme von Mikindani und Lindi. Die Yaos zeigten sich am 20. September vor Mikindani. Die Araber bestürmten den Bezirkschef von Bülow, er möge fliehen; die Uebermacht sei zu groß und die Sultanssoldaten würden nicht gegen die schwarzen Brüder kämpfen. Es blieb ihm nichts übrig, als in der Nacht des 23. September ein Boot zu besteigen und sich nach Sansibar zu flüchten.
Herr von Eberstein fand die Verhältnisse in Lindi von Anfang an sehr schwierig. Lindi ist ein berüchtigter Sklavenexporthafen; um die Befehle des Sultans von Sansibar hatte man sich dort nie viel gekümmert. Die Araber sahen in dem Deutschen nur den Mann, der sie um ihren gewinnreichen, altgewohnten Handel bringen wolle. Sie verabredeten deshalb mit Kassuguro, einem Häuptling der Yaos, er solle die Station überfallen; die Sultanssoldaten seien auf ihrer Seite. Am 20. September rückten die Yaos an, ein Scheingefecht wurde von den Askaris geliefert. Die Deutschen sahen, daß sie in einem Nest von Verräthern steckten. Die Yaos wagten nicht, direct gewaltthätig vorzugehen; sie suchten durch Verhandlungen die Deutschen zu dem Gefühl der Sicherheit zu verführen, um sie dann wehrlos abzuschlachten. Drei Tage dauerte dieser schwankende Zustand zwischen Kampf und Frieden. Hülfe gegen die Tausende von Feinden war von keiner Seite zu erwarten. Da war es der Araber Isar bin Senam, der in der Nacht des 23. September den Beamten die unmittelbar drohende Lebensgefahr verkündete. So konnten sich die Deutschen noch im[S. 44] letzten Moment auf ein Boot retten und entkamen glücklich nach Sansibar.
Das Gebiet zwischen Rovuma und Rufidschi ist von nun an ganz und gar in der Herrschaft der Rebellen geblieben; der Sultan von Sansibar machte Ende September einen letzten Versuch, seiner Autorität Geltung zu verschaffen; allein man antwortete seinem Abgesandten Nasr ben Soliman: Said Khalifa habe nichts mehr zu sagen; er habe sein Land den Deutschen verkauft und werde deswegen nicht mehr als Herrscher anerkannt.
So war anfangs October ganz Deutsch-Ostafrika mit Ausnahme von Bagamoyo und Dar-es-Salaam den Händen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft entwunden worden. Denn wenn auch das Binnenland sich nicht am Aufstand betheiligte und die Stationen in Usungula, Mbambwa und Moschi unangefochten blieben, so hatte die Erhaltung einer dürftigen Autorität im Innern zur Zeit gar keinen Werth, da jede Verbindung vollkommen abgeschnitten war.
Daß aber nicht die ganze Küste den Deutschen verloren ging, namentlich daß Bagamoyo als wichtigster Platz noch erhalten blieb, das ist der Anwesenheit und dem Eingreifen der deutschen Kriegsmarine zu verdanken. Man hat ihr im Mutterlande den Vorwurf gemacht, daß sie ihre Kräfte beim Beginn des Aufstandes nicht voll eingesetzt und mit einigen wuchtigen Schlägen die doch geringe Anzahl rebellischer Araber zu Paaren getrieben hätte. Diesen Vorwurf verdient sie selbst aber nicht. Es scheint, daß der Marine durch höhere Befehle die Hände gebunden waren: sie sollte wol der persönlichen Sicherheit der Deutschen Schutz bieten, aber nicht Schutz ihrer Herrschaft durch kriegerische Actionen. Daraus ließe sich erklären, weshalb in Pangani am 19. August nur eine Wache von zwei Unteroffizieren und 16 Mann von der „Carola” zurückgelassen und weshalb diese vier Tage darauf bei etwas eingetretener Ruhe sofort wieder abgeholt wurden; ferner daß[S. 45] Bagamoyo erst nach dem Angriff vom 23. September eine ständige Garnison von 1 Offizier und 20 Mann erhielt; daß endlich der stellvertretende Commandant der „Möwe” am 23. und 24. September vor Kilwa es nicht wagte, Mannschaften ans Land zu setzen trotz des wahrnehmbaren Kampfes, mit Rücksicht auf die Rüge, welche sich die „Möwe” wegen ihres Streifzuges gegen Tanga am 5. September zugezogen.
Um übrigens die angestrengte Thätigkeit der Marine richtig zu würdigen, muß man sich Folgendes vergegenwärtigen. Das Geschwader bestand beim Ausbruch des Aufstandes aus 4 Schiffen, der „Leipzig”, „Carola”, „Olga” und „Möwe”. Am 8. September kam die „Sophie” dazu; dafür schied die „Olga” sehr bald aus; sie war nach Samoa beordert worden. Mit diesen wenigen Schiffen mußte eine Küstenstrecke von 110 deutschen Meilen, gleich der der ganzen deutschen Nord- und Ostseeküste, beobachtet werden. Man war gezwungen, um überhaupt wirksam auftreten zu können, die drei südlichen Plätze, Kilwa, Lindi und Mikindani, gerade an den schlimmsten Tagen ihrem Schicksal zu überlassen. Man hatte eben nicht Schiffe genug, um im regelmäßigen Turnus die vielen bedrohten Punkte anzulaufen und rechtzeitig Nachricht von bevorstehenden Kämpfen zu erhalten.
Das Eingreifen der einzelnen Schiffe zum Schutze der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft während des Aufstandes bis Ende November ergibt sich aus folgender nach den Consulatsberichten gemachten Zusammenstellung.
„Leipzig” am 21. | August vor Bagamoyo. Flaggenhissung. |
7. | September bei Tanga. |
20. | bis 23. September vor Bagamoyo. Abwehr des Angriffs. |
„Carola” am 16. | August vor Bagamoyo. Flaggenhissung. |
18. | und 19. August vor Pangani. Landung einer Wachtruppe. |
28. | November vor Windi. Beschießung. |
[S. 46]„Olga” am 7. | September vor Tanga. |
„Möwe” am 16. | August vor Pangani. Flaggenhissung. |
20. | und 21. August vor Bagamoyo. Flaggenhissung. |
23. | August vor Pangani. Einholen der Wachtruppe der „Carola”. |
5. | und 7. September vor Tanga. Befreiung der deutschen Beamten. |
22. | bis 24. September vor Kilwa. |
„Sophie” am 8. | September vor Tanga. |
22. | October vor Bagamoyo. Landung einer Wachtruppe. |
31. | October vor Windi. Beschießung. |
28. | November vor Windi. Beschießung. |
29. | November vor Saadani. |
Die Brandreden des Cardinal Lavigerie, Erzbischofs von Karthago, in den Monaten August und September gegen die Scheußlichkeiten des Sklavenhandels und die dadurch aufgeregte öffentliche Theilnahme in ganz Europa boten für den deutschen Reichskanzler eine günstige Handhabe, mit England und Portugal Anfang November ein Abkommen über eine Blokade der ostafrikanischen Küste zu vereinbaren, wodurch einerseits die Sklavenausfuhr gehemmt oder aufgehoben, andererseits durch die Verhinderung der Munitionseinfuhr die Mittel zur Fortsetzung des Aufstandes abgeschnitten werden sollten.
Das Blokadegeschwader, bestehend aus sechs deutschen Schiffen mit 54 Geschützen und 1337 Mann und aus sieben englischen Schiffen mit 52 Geschützen und 1510 Mann, erreichte den einen Zweck, Unterdrückung des Sklavenexports, ziemlich vollständig, soweit sich dies aus der Entfernung beurtheilen läßt. Der Aufstand selbst aber erlitt dadurch keine wesentliche Schwächung. Die angesammelten Massen von Gewehren und[S. 47] Munition, sicherlich heimlich verstärkt durch fortwährende geringere Zufuhr, genügten immer noch zur Ausführung der wenigen Unternehmungen im Charakter des kleinen Krieges.
Um den Aufstand niederzuwerfen, das Ansehen der Deutschen wiederherzustellen und den Handelsverkehr nach dem Innern wieder zu eröffnen, mußte unbedingt die Küste erobert werden. Das vermochte die Marine nicht, man bedurfte einer eigens hierzu bestimmten und geeigneten Landtruppe. Wer sollte sie aufbringen und bezahlen? Der Sultan von Sansibar, der als Souverän der Küste in erster Linie hierzu berufen gewesen wäre, hatte mit seinen Truppen bisher vollständig Fiasco gemacht. Diese fraternisirten lieber mit den Rebellen, als daß sie zu Gunsten der Deutschen den Befehlen ihres Kriegsherrn gehorchten. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, auf sich selbst angewiesen, verfügte über zu geringe finanzielle Mittel, um die Ausgaben zur Lösung einer so unerwartet ihr gestellten Aufgabe zu bestreiten. Sie mußte entweder liquidiren oder die Hülfe des Deutschen Reiches anrufen. Sie wählte das Letztere und mit vollem Recht. Haben doch auch andere europäische Colonien und Colonialgesellschaften, vor allem die englischen, an das Mutterland appellirt, wenn sie in der Bedrängniß durch uncivilisirte Völkermassen die Rettung des eigenen Besitzes und das Ansehen der eigenen Nation in höchster Gefahr und sich dieser gegenüber machtlos sahen. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft wandte sich Anfang Januar 1889 an den Deutschen Reichstag. Der Deutsche Reichstag beschloß durch Gesetz vom 2. Februar 1889 die deutschen Interessen in Ostafrika zu schützen. Hauptmann Wißmann, der berühmte Erforscher des südlichen Kongobeckens, der gründliche Kenner des Araber- und Negercharakters, wurde von S. M. dem Deutschen Kaiser mit der Ausführung des Unternehmens betraut. Eine militärische Expedition wurde ausgerüstet: 14 Offiziere, 4 Aerzte, 4 Verwaltungsbeamte und 100 Unteroffiziere der deutschen Armee traten freiwillig bei ihr ein;[S. 48] 600 Sudanesen und Zulus wurden angeworben und 6 Dampfer in deutschen Häfen gechartert.
Mit dem Eintreffen Wißmann’s in Sansibar am 31. März 1889 beginnt ein neuer Abschnitt in der Gründung und Wiedereroberung Deutsch-Ostafrikas.
Im allgemeinen gilt es als ein müßiges Beginnen, über das, was geschehen ist, kluge Betrachtungen anzustellen. Mit dem Unabänderlichen soll man rechnen, nichts weiter. Zugegeben; aber richtig zu rechnen vermag nur derjenige, welcher den Werth der Factoren kennt; und die in Ostafrika wirkenden Factoren, die bisher durch den alltäglichen Verlauf der Dinge verdeckt waren, sind während des Aufstandes und durch ihn in ein grelles Licht getreten. Nicht eine Rechtfertigung der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft soll geschrieben, sondern die naturnothwendige, gesetzmäßige Wirkung von Neuerungen auf starre Verhältnisse dargestellt werden.
Jede Veränderung in den Einrichtungen eines Staates schafft Befriedigte und Unzufriedene; greift ein fremdes Volk ein, so wird die öffentliche Stimmung energischer erregt. Tritt die Veränderung mit absolut zwingender Gewalt ein, sei es als Befreiung von Ungerechtigkeiten und Lasten, sei es unter der Entfaltung imponirender militärischer Kraft, so werden Zufriedene wie Unzufriedene sich fügen; das Fremdartige des Neuen wird allmählich zur unbewußten Gewohnheit im täglichen Leben werden.
Der Abschluß des deutschen Küstenvertrags war an und für sich kein Eingriff in den Staatsorganismus von Sansibar. Die Zollerhebung sollte verpachtet werden, wie dies seit mehrern Jahrzehnten geschehen zwischen dem Sultan und indischen[S. 49] Kaufleuten; ebenso wenig beabsichtigte die deutsche Gesellschaft gesetzgeberische Veränderungen bei der Uebernahme der Justiz und Verwaltung. Aber daß Europäern das Recht übertragen wurde, nicht nur Zölle in anderer Weise zu erheben, sondern auch Richter zu bestellen und Verwaltungsbeamte zu ernennen, das war eine noch nie erlebte Neuerung und mußte voraussichtlich bei den grundverschiedenen Anschauungen zwischen Europäern und Orientalen eine tiefgehende Umwälzung zur Folge haben.
Gegen den Verkauf der Zölle an die deutsche Gesellschaft hatten die Araber nichts einzuwenden, wie sie dem Generalconsul Michahelles im November 1888 auseinandersetzten; das wäre eine private Geschäftssache des Sultans, von der sie nicht den geringsten Nachtheil zu befürchten hätten. Nur die Manipulation der Zollerhebung sollte nicht dem Gutdünken der Deutschen überlassen werden, welche die herkömmlichen, den Händlern vortheilhaften Misbräuche und Durchstechereien wahrscheinlich abschaffen würden. Was sie am meisten aufbrachte, war die Befürchtung, daß mit dem Eintritt der deutschen Verwaltung ihr uncontrolirtes, freies Schalten und Walten an der Küste, die durch Bestechlichkeit handsam gewordene Rechtspflege und die Präponderanz ihres Ansehens unter den Negern aufhören werde. Mit der Verminderung ihrer socialen Stellung käme auch das Vertrauen in die Prosperität ihrer Geschäftsverbindungen ins Schwanken und die indischen Kaufleute entzögen ihnen dann jede Art von Vorschüssen, ohne welche sie ihren Handel nicht wie bisher betreiben könnten. So und ähnlich äußerte sich wenigstens das Haupt der Empörung, Buschiri, gegen Dr. Hans Meyer.
Ohne Frage hatte die Negerbevölkerung in ihrer Gesammtheit einen positiven Nutzen von der Einführung der deutschen Verwaltung in der Zukunft zu erwarten. Denn Unsicherheit des Eigenthums, Sklavenraub in vereinzelten Fällen und auch in größerm Maßstab, Parteilichkeit vor dem Richter — das[S. 50] war das Kennzeichen der Sultanswirthschaft. Allein Erwartung ist noch nicht Thatsache, und was der Neger nicht mit Händen greifen kann, das ist für ihn nicht vorhanden und denkbar. Zudem gibt es an der Sansibarküste keinen Volkswillen in unserm Sinne; entscheidend allein ist die Meinung der vielen Häuptlinge, der Jumbes, in den zerstreuten Ortschaften. Für diese war die Erhaltung des halbanarchischen Zustandes eine Sicherung ihrer Willkür. Ihnen konnten die Araber leicht begreiflich machen, daß ihre Gewohnheiten und Rechte von den Deutschen nicht berücksichtigt werden würden. Sie bildeten auch mit ihren Sklaven das kriegerische Gros der Empörung.
Ein Einwurf scheint hier gerechtfertigt: mit dem Vertrag ging doch nicht die Herrschaft an sich auf die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft über; sie blieb bei dem Sultan von Sansibar; in seinem Namen, unter seiner Flagge, mit seinem Einverständniß sollte sie ausgeübt werden. Er ist Despot und seine Unterthanen sind gewöhnt, sich ohne Zaudern seinem Willen zu unterwerfen. Aber Despoten, auch orientalische, sind nicht verkörperte Ideen, die von dem Volke kritiklos und gehorsam von einer Person auf die andere übertragen und dadurch gleichmäßig wirkend gemacht werden; nein, auch sie besitzen nur eine individuelle Wirkungskraft. Said Bargasch waren die Araber unbedingt ergeben, da sie seinen starren Willen fürchteten. Said Khalifa dagegen erschien ihnen als ein Spielball in den Händen der Europäer, ein Spielball ihrer eigenen Ränke und Widersetzlichkeiten. Sein Sultanswort bezauberte nicht mehr ihre Ohren, noch erschreckte es sie.
Konnten also die Deutschen hoffen, daß die Ausführung des Küstenvertrags die Belebung des Handels, die Sicherheit der Person und des Besitzes in der Zukunft bewirken und dadurch eine beruhigte Stimmung in der Masse der Bevölkerung eintreten würde, so mußten sie für den Moment darauf gefaßt sein, daß die ersten Schritte ihrer Thätigkeit auf Widerstand stoßen und daß nur militärische Zwangsmittel die[S. 51] sofortige Fügsamkeit unter die neue Ordnung ermöglichen würden. Die Gesellschaft hat manches unterlassen, was die Schärfe des Conflicts gemildert hätte: Rücksicht auf die Reizbarkeit des arabischen und indischen Elements, und namentlich die Anwerbung und Ausrüstung einer größern Anzahl von Polizeisoldaten. Sie setzte zu großes Vertrauen in die Bereitwilligkeit und Fähigkeit des Sultans, der in dem Vertrage vom 28. April 1888 versprochen hatte, „mit seiner ganzen Autorität und Macht” in der Ausführung der Stipulationen zur Seite zu stehen.
Als diese Macht zur Herstellung der Ordnung, zur Bezähmung der rebellischen Bevölkerung eingesetzt werden sollte, erwies sie sich als morsch und wirkungslos.
Der Aufstand trug nicht den Charakter einer immer gewaltiger werdenden Empörung großer Volksmassen; er blieb von Anfang an bis zum Frühjahr 1889 in dem Rahmen kleiner, gelegentlicher Scharmützel. So wurde Bagamoyo am 23. September und dann erst wieder am 5. December angegriffen. Vor und nachher gingen und kamen Karavanen; ja die Deutschen wurden in den ersten Monaten in ihrem amtlichen Dienste von Arabern und Indern unterstützt. Dar-es-Salaam blieb vier Monate unberührt, bis Buschiri Ende December erschien. Kilwa, Lindi und Mikindani fielen nicht durch die Empörung der Ansässigen, sondern durch die herbeigerufenen Yaos den Arabern in die Hände.
Wenn die Veranlassung des Aufstandes nicht in dem Auftreten und in den Maßregeln der deutschen Beamten gefunden werden darf, sondern nur in der Einsetzung einer neuen Regierungsthätigkeit an Stelle der altgewohnten, so könnte die Unrichtigkeit einer solchen Behauptung durch die ungestörte Ruhe innerhalb der Englisch-Ostafrikanischen Compagnie, die denselben Vertrag wie die deutsche mit Sansibar abgeschlossen hatte, als erwiesen erachtet werden.
Allein bei dieser waren vor allem die Verhältnisse anders[S. 52] gelagert. In Sansibar und auch an der Sansibarküste sind die Engländer seit langer Zeit heimisch, sei es durch Consulate, Handelsfactoreien oder Missionsstationen. Die zahlreichen dort ansässigen indischen Kaufleute hielten von jeher darauf, als englische Unterthanen zu gelten; sie mußten also englische Unternehmungen zu unterstützen, nicht zu untergraben trachten. Die englische Interessensphäre liegt nicht in dem Bereich der massenhaften Sklavenjagden und des im großen Stil betriebenen Sklavenexports, wie die deutsche. Deshalb wurden auch hier die Araber nicht so sehr durch das Erscheinen der Engländer von sofortigen Verlusten bedroht und geängstigt. Das nächste Hinterland von Mombas bis nach dem Kilimandscharo ist nur Durchzugsland für die Karavanen; dort können keine Plantagen angelegt werden und deshalb keine Conflicte mit ansässigen oder habgierigen Häuptlingen entstehen.
Trotz dieser ungemein günstigen Verhältnisse wagten die Engländer es nicht, das ihnen vertragsmäßig vom 1. October 1888 zustehende Recht der Zollerhebung sofort auszuüben. Sie waren durch den von den Deutschen erlittenen Schaden klug genug geworden, um nicht durch vorzeitiges Auftreten als Gebieter den sonst unvermeidlichen Ausbruch einer Revolte im eigenen Lager heraufzubeschwören. Am 6. Juni 1889 erklärte Mackenzie in der Vorstandssitzung der Gesellschaft in London, sie würden erst vom 1. August 1889 an die Zollverwaltung in die eigenen Hände nehmen. Wenn Hauptmann Wißmann die Araber niedergezwungen, dann ist es auch für sie Zeit zur Ernte — so rechnen sie, gewiß überlegt und berechtigt.
Misgunst ist sehr häufig die Quelle der Ueberhebung; das andern Nationen eingeräumte Zugeständniß des Besserverstehens dagegen die Quelle der eigenen Verbesserung. Wir Deutsche können nicht alles für uns brauchen, was die Engländer mit Erfolg für sich anwenden — wir besitzen nicht die geschulten Kräfte für Gründung und Einrichtung von Colonien,[S. 53] und noch viel weniger die Bereitwilligkeit eines massenhaften Kapitals. Aber in einzelnen und sehr wichtigen Fällen sollten wir vernünftigerweise in ihre Fußstapfen treten.
Die Englisch-Ostafrikanische Compagnie hatte im Sommer 1888 fünf Millionen Mark für das kleine Gebiet zwischen Tana und Umba beim Beginn ihrer Operationen zur Verfügung. Sie quartierte sich in Mombas ein, unternahm wegen des Aufstandes in den Nachbarterritorien nichts als Recognoscirungen von Land und Leuten, Besprechungen mit den vornehmsten Arabern und kurze Ausflüge nach dem Westen, um die Handels- und Productionsverhältnisse zu studiren. Als einmal die Gelegenheit kam, den Arabern sich als großmächtige Gentlemen zu zeigen, bezahlten sie ihnen die in eine englische Missionsstation entflohenen und mit Ungestüm zurückverlangten Sklaven mit baarem Gelde: dafür ernteten sie Jubel von den Heiden und Mohammedanern. Nachdem die Sicherheit im englischen Gebiete von Monat zu Monat sich mehr und mehr befestigt hatte, dachten die Engländer endlich daran, dem Handel einen Anstoß und neues Leben zu geben. Die Araber sind und bleiben die geschicktesten Händler im Innern von Afrika; sie sollten auch unter englischer Obhut ihr Handwerk fortsetzen und zwar mit der wesentlichen Verbesserung, daß nicht, wie bisher die wucherischen Inder ihnen den nöthigen Vorschuß gaben, sondern die englische Gesellschaft und nur unter Verpfändung ihrer Kokosplantagen.
Um jedoch diesen Vortheil billigen Zinses und außerdem den Schutz englischer Stationen im Binnenland genießen zu können, müssen sie sich verpflichten, weder Sklavenhandel zu treiben noch auf Sklaven Jagd zu machen.
Die Engländer sahen nach den von den Deutschen erlebten Erfahrungen sehr wohl ein, daß sie eines Tages eine stärkere Polizeitruppe nothwendig haben dürften. Zu diesem Zweck wählten sie das einfachste und billigste Mittel, dessen Wirksamkeit freilich noch in Frage steht: sie kauften sich einen angesehenen[S. 54] Häuptling in der Nachbarschaft von Mombas durch Auszahlung eines jährlichen Einkommens und dieser hat sich verpflichtet, waffenfähige Mannschaft den Engländern zu stellen.
Der geistige Anschluß der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft an die englische, nicht die Bekämpfung und die Herabsetzung des englischen Einflusses wird die Früchte europäischer Culturarbeit in diesen Gebieten des dunkeln Welttheils zur Reife bringen.
Die deutsche Interessensphäre in Ostafrika, durch das deutsch-englische Abkommen vom 1. November 1886 begrenzt im Norden durch den Umba, im Süden durch den Rovuma, im Osten durch den 10 englische Meilen breiten, dem Sultan von Sansibar unterworfenen Küstenstrich und im Westen ganz allgemein durch den im Seengebiet anstoßenden Kongo-Staat, wird Deutsch-Ostafrika im weitern Sinne genannt. Im engern Sinne aber können gegenwärtig nur diejenigen Länder innerhalb der Interessensphäre als Deutsch-Ostafrika bezeichnet werden, in welchen entweder Verträge mit den eingeborenen Häuptlingen deutscherseits abgeschlossen worden sind oder deutscher politischer und wirthschaftlicher Einfluß sich geltend gemacht hat. Darnach muß die Westgrenze und zwar diese allein anders gezogen werden. Sie verläuft von Norden nach Süden: vom Kilimandscharo-Gebiet den Pangani entlang an der westlichen Seite von Nguru und Usagara vorbei nach Mahenge und von da in unbestimmbarer Linie nach dem Rovuma.
Vom geographischen und colonisatorischen Standpunkt aus umschließt Deutsch-Ostafrika zur Zeit die Flußgebiete des Pangani und Umba, des Wami und Kingani, des Rufidschi und Rovuma im mittlern und untern Theil.
[S. 56] Auf diesen Umfang beschränkt sich im allgemeinen die vorliegende Darstellung der Geographie von Deutsch-Ostafrika.
Die Gestaltung und mit ihr die klimatischen und Vegetationsverhältnisse Deutsch-Ostafrikas erhalten ihre charakteristische Eigenthümlichkeit als Küstengebiet durch eine mächtige, zusammenhängende Gebirgskette, welche zwischen dem Hochplateau Innerafrikas und dem Indischen Ocean in breiter Masse eingelagert ist. Das Gebirge, mäßig von Westen ansteigend, fällt steil nach Osten in bis zum Seestrand reichenden Terrassenstufen ab. Die Ausdehnung und die Höhe der Erhebung der Terrassen verursacht im speciellen einen wesentlichen Unterschied zwischen dem nördlichen und dem südlichen Theil. Während zwischen Umba und Kingani das Terrain sich rasch erhebt und als Ebene von geringerer Breite an den Fuß der nahe gelegenen Berge herantritt, erstreckt sich das Land zwischen Kingani und Rovuma als eine mächtige, gleichmäßige Hochfläche mit minderer Erhebung tief in das Innere zu dem fernliegenden Gebirge hinan.
Ueber das Klima auf dem Festlande besitzen wir keine genügenden meteorologischen Aufzeichnungen; länger andauernde, an einem bestimmten Ort gemachte Beobachtungen existiren gar nicht, sondern nur gelegentliche, in Zahlen gefaßte Reisenotizen und allgemeine Bemerkungen über das Wetter. Um uns aber doch ein annähernd richtiges Bild zu verschaffen, um Anhaltspunkte zur Verwerthung der in den Reisewerken zerstreuten Wetternotirungen zu gewinnen, müssen wir uns eine Grundlage bilden durch die Betrachtung der klimatischen Verhältnisse auf der Insel Sansibar. Sie sind durch die Arbeiten Dr. Seward’s, die Otto Kersten[1] benutzte, und Dr. John Robb’s[2] ziemlich genau und übereinstimmend sichergestellt. Da die Lage Sansibars[S. 57] unter denselben Himmelsstrich fällt, wie der in Betracht zu ziehende Theil des Küsten- und Binnenlandes, so liefern uns die in Sansibar gewonnenen Resultate in großen, allgemeinen Zügen den klimatischen Charakter Deutsch-Ostafrikas; Sansibar gibt uns die Regel, auf dem Festland finden wir die Steigerungen und Minderungen.
Ostafrika hat keinen Winter und keinen Sommer, sondern zweimal eine Regenzeit und zweimal eine Trockenzeit. Die bestimmenden Factoren sind Monate andauernde Passatwinde (Monsuns), welche aus entgegengesetzter Himmelsrichtung wehend halbjährig sich ablösen, und die mit dem zweimaligen Zenithstand der Sonne zusammenfallenden Windstillen oder Calmen, welche nach dem Aufhören des einen Passatwindes und vor Beginn des andern eintreten.
Anfang März erlischt der Nordost; Calmen folgen; am 4. März erreicht die Sonne den Zenithstand. Mitte März beginnt die erste, sogenannte große Regenzeit (Masika) und dauert bis Ende Mai; darauf folgt die erste Trockenzeit, welche bis Mitte October anhält. Von Ende März bis Ende September weht der Südwest.
Anfang October erlischt der Südwest; Calmen folgen; am 9. October steht die Sonne im Zenith. Mitte October beginnt die zweite, sogenannte kleine Regenzeit (Vuli) und dauert bis Mitte December; darauf folgt die zweite Trockenzeit, welche bis Mitte März anhält. Von Ende November bis Ende Februar weht der Nordost.
Um die Uebersicht und späteres Vergleichen zu erleichtern, ist das Gesagte in der umstehenden Tabelle geordnet.
Die Witterungsregelmäßigkeit der Tabelle hält natürlich die Wirklichkeit mit solcher Exactheit nicht ein. Die Windströmungen setzen nicht ein oder hören nicht auf genau an dem fixirten Tag, ebenso wenig die Regenzeiten; aber die Differenzen bewegen sich in den Grenzen von ein bis zwei, in seltenen Fällen von drei Wochen.
[S. 58] Uebersicht des Witterungswechsels in Sansibar.
Januar | Trockenzeit | NO. | — | } | Die heißesten Monate. | ||
Februar | „ | „ | — | ||||
März 1. Hälfte | „ | Calmen | Sonne im Zenith | ||||
2. Hälfte | Regenzeit | „ | — | ||||
April | „ | SW. | — | Feuchtester Monat. | |||
Mai | „ | SW. | — | ||||
Juni | Trockenzeit | SW. | — | } | Die kühlsten Monate. | ||
Juli | „ | „ | — | ||||
August | „ | „ | — | Trockenster Monat. | |||
September | „ | „ | — | ||||
Oct. 1. Hälfte | „ | Calmen | Sonne im Zenith | ||||
2. Hälfte | Regenzeit | „ | — | ||||
Nov. 1. Hälfte | „ | „ | — | ||||
2. Hälfte | „ | NO. | — | ||||
Dec. 1. Hälfte | „ | „ | — | ||||
2. Hälfte | Trockenzeit | „ | — |
Sowenig es in der Regenzeit unausgesetzt regnet, sondern überhaupt nur alle Tage und heftig, sowenig ist es in der Trockenzeit absolut trocken; es gibt auch hier einzelne Regenschauer.
Auch bei den Luftströmungen und Calmen treten gelegentlich Modificationen ein; der Nordost schlägt in Nord oder Ost, der Südwest in Süd, West oder Südost um. In der Calmenzeit tauchen oft leichte und variable Winde auf.
Ueber die Temperaturen gibt die nächste Tabelle Aufschluß. Da die von Kersten mitgetheilten meteorologischen Beobachtungen Dr. Seward’s wegen ihrer weitgehenden Ausführlichkeit später zum Vergleich citirt werden, so sind sie neben jene, einen größern Zeitraum umfassenden, von Dr. J. Robb gesetzt. Die Resultate beider sind von unbedeutender Verschiedenheit; man kann aus beiden folgende Schlüsse ziehen:
Die Wärmedifferenz innerhalb des ganzen Jahres ist sehr gering; sie beträgt, Februar und März mit Juli und August verglichen, 2,5° R. Januar, Februar, März sind die heißesten,[S. 59] Juni, Juli, August die kühlsten Monate. Der Unterschied zwischen dem Jahresmittel der Maxima und dem der Minima macht bei Seward 4,9° R. und bei Robb sogar nur 3,2° R. aus.
Den fast gleich sich bleibenden Monatstemperaturen entspricht die kaum sich steigernde und kaum sich abmindernde Temperatur des Tages. Die höchste Steigerung der Wärme vom Morgen zum Mittag kommt im October vor, ebenso die stärkste Abkühlung während der Nacht; sie beträgt im ersten Fall 3° R. und im zweiten 2,6° R.
Monatsmittel der Tagestemperatur von Sansibar in Réaumur-Graden.
Während 1886, nach Dr. Seward. | Nach Dr. Robb, 1874–78. | ||||||||
Monat | 6 Uhr V. | 12 Uhr M. | 6 Uhr N. | Im Durchschnitt des Tags | Maximum | Minimum | Im Durchschnitt des Tags | Maximum | Minimum |
Jan. | 21 | 21,9 | 21,8 | 21,6 | 23,7 | 20,3 | 22,4 | 23,9 | 20,6 |
Febr. | 21 | 22,1 | 22,2 | 21,8 | 24,4 | 20,4 | 22,6 | 24 | 20,8 |
März | 19,9 | 22 | 21,7 | 21,2 | 24 | 18,6 | 22,7 | 24 | 20,6 |
April | 19,9 | 21,6 | 20,8 | 20,8 | 23,6 | 18,6 | 22 | 23,1 | 20,2 |
Mai | 19,5 | 21,2 | 20,7 | 20,5 | 23,4 | 18,6 | 21,3 | 22,8 | 19,5 |
Juni | 18,9 | 20,8 | 20 | 19,9 | 22,4 | 17,7 | 20,6 | 22,1 | 19,1 |
Juli | 18 | 20,3 | 19,7 | 19,2 | 21,5 | 16,8 | 20 | 21,7 | 18,5 |
Aug. | 17,8 | 20,6 | 19,5 | 19,2 | 21,8 | 16,6 | 20,1 | 21,9 | 18,5 |
Sept. | 18,3 | 21,2 | 20,3 | 19,9 | 22,8 | 17,5 | 20,4 | 22,4 | 18,7 |
Oct. | 18,3 | 21,3 | 20,9 | 20,2 | 23,2 | 16,7 | 21 | 22,8 | 19,1 |
Nov. | 19,7 | 22 | 21,6 | 21,1 | 24,4 | 19 | 21,7 | 23,2 | 20 |
Dec. | 20,3 | 21,9 | 21,7 | 21,3 | 24,1 | 19,7 | 22,3 | 23,4 | 20,4 |
Im Jahr | 20,6 | 23,3 | 18,4 | 21,4 | 22,9 | 19,7 |
Betrachtet man die Temperaturentabelle Sansibars genau, so gewahrt man in den Monatsmitteln eine sehr minimale, fast nur in den Decimalstellen sichtbare, allmähliche Abnahme und eine ebenso geartete Zunahme. Auf dem Festland vergrößern sich diese Differenzen und man kann in einzelnen[S. 60] Gegenden das Jahr in eine kühle und in eine heiße Zeit eintheilen. Eine nach europäischen Begriffen gebräuchliche Annahme, in den Gebirgen eine frischere Luft anzutreffen, erweist sich für Ostafrika als Regel unhaltbar. So ist das Gebirgsland Usagara heißer als Sansibar. Auch der Vorstellung muß entsagt werden, daß mit der Zunahme der Bodenerhebung die Salubrität einer Gegend verbunden sei. Kutu ist das ungesundeste Land, ebenso ein großer Theil Usagaras. Die feuchte Wärme aus üppig wuchernder Vegetation ist die Quelle des Fiebers. Wo also hoch entwickelte Fruchtbarkeit existirt, herrscht in minderm oder höherm Grad das Fieber. Absolut gefährlich ist die Nähe von Sümpfen und morastigen Niederungen. Fieberfreie und zugleich fruchtbare Oertlichkeiten findet man in einigen vereinzelten Fällen und zwar da, wo entweder durch besonders günstige Lage oder durch die Cultur der nothwendige Grad von Trockenheit erreicht worden ist.
Die Monotonie des ziemlich hohen Temperaturzustandes ist es nicht allein, welche die Energie des Europäers in Sansibar abschwächt, sondern der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft: am Morgen 89%, von Mittag bis Sonnenuntergang 73%, das Jahresmittel 81,8%. Der April ist der feuchteste mit 88,7% und der August der trockenste Monat mit 76,2%.
Sansibar, namentlich die Stadt, gilt als gesund für jeden, der sich in Diät und Kleidung tropischen Anforderungen zu fügen weiß. Die Gefährlichkeit des Klimas beginnt auf dem Festland, in der Region der Spaltpilze, welche die Sonnenglut aus den vegetationsreichen, durchnäßten Erdschichten, aus Lagunen und Sümpfen zu fiebererzeugenden Miasmen auskocht.
Die mit Dampf übersättigte Seeluft strömt nach dem Continent, streicht über Küsten und Terrassen nach dem Gebirgswall, verdichtet sich hier zu Wolken und Regen und kommt trocken und klar in die Hochflächen Innerafrikas. Deutsch-Ostafrika liegt also ganz in dem Bereich des dunstigen Himmelsstrichs.[S. 61] Modificationen treten gemäß der Bodengestaltung ein. An der Küste fließen die kühleren Luftschichten dem erhitzten Binnenland zu und verursachen auch während der Trockenzeit unregelmäßige, häufige Niederschläge. Sind die anstoßenden Plateaus von höherer Erhebung und erreichen sie bald den Fuß der Gebirge, so nähert sich ihr Wettercharakter dem des Strandes und der Berge, so in Bondei und Useguha. Steigen sie aber nur langsam empor und treffen sie erst in weiter Entfernung von der See auf die Masse eines Gebirges, so kommt die austrocknende Hitze der Sonne zur entscheidenden Herrschaft und die Regenzeiten beginnen später und sind von geringerer Dauer: so im mittlern Usaramo und wahrscheinlich in dem Land zwischen Rufidschi und Rovuma. In allen Gebirgsgegenden, von Usambara bis Kutu, werden die Luftströmungen der See von kühleren Schichten aufgenommen, und Regen fällt hier fast in allen Monaten des Jahres, verstärkt und gedrängt zu früherm Ausbruch durch die eigentlichen Regenzeiten und gemindert durch die Trockenzeiten.
Ein Theil Deutsch-Ostafrikas fällt jenseit des dunstigen Küstenklimas in den Wetterbereich Centralafrikas: das sind die ebenen Strecken, welche zwischen den Usambara-Bergen und dem Kilimandscharo-Gebirge gelagert sind.
Die geologische Beschaffenheit von Deutsch-Ostafrika ist einfach: das Gebirge und die anstoßenden Plateaus bestehen aus Gneis, die zum Meer sich absenkende schmale Flächenzone aus Sand- und Kalkstein, die Küste aus Korallenkalk. Eruptive Gesteinsmassen findet man am Kilimandscharo und an einigen Stellen im oberen Kutu.
Der Gneis bestimmt in dem Zustand der Verwitterung den Vegetationscharakter des ganzen Landes. In vier verschiedenen Stadien wird er zu rother, graurother, schwarzer Erde und zu Humus.
Die rothe Erde ist das Verwitterungsproduct des Gneises auf horizontaler Fläche, der bekannte poröse, eisenhaltige[S. 62] Lateritboden. Regengüsse zerklüften ihn und die Sonnenglut backt ihn zusammen zu steinharten Klumpen. Hartes Büschelgras, Dorngebüsch, Mimosen, Akazien und Baobabs wachsen auf ihm. Liegt er unter einem Himmel mit Regenfällen, auch während der Trockenzeit, so ändert sich seine Beschaffenheit zu Gunsten gesteigerter Fruchtbarkeit, sodaß er Getreide, Taback und Gemüse erzeugen kann.
Wird die rothe Erde, auf geneigter Ebene liegend, vom Regenwasser nach Abhängen und Bodensenkungen geschwemmt, so wird sie zerrieben, mit verwesenden Pflanzenresten untermischt und zur graurothen Erde. Die Productionskraft ist gesteigert: alle Cerealien gedeihen, ebenso Bananen, Bataten, Taback, Wälder voll schattiger Bäume mit dichtem Unterholz, Wiesen mit Futtergras.
Die graurothe Erde, zu dauerndem Ruhelager in die Tiefe gelangt, verwandelt sich in feinzertheilten, durch organische Substanzen massenhaft bereicherten üppig fruchtbarsten Humus unter den Bedingungen anhaltender Feuchtigkeit, starker Erwärmung und mäßiger Wasserversickerung. Diese Bedingungen werden in seltenen Fällen in gleichmäßigem Grade erfüllt, am meisten in den geschlossenen sogenannten Regenwäldern, in den Thälern von Alluvium absetzenden Flüssen und auf den sanft verlaufenden Abdachungen der Gebirge.
Findet das vom Humus eingesogene Wasser keinen Abfluß, so formt sich der Boden zu schwarzer Erde um, die entweder mit Savannen oder mit zähem Schlamm und mit Sümpfen bedeckt wird.
Diese vier verschiedenen Qualitäten der Erdkruste kommen selten rein, meistens in mannichfach abgestuften Uebergängen vor. Welche Ausdehnung die eine oder andere Gattung besitzt, läßt sich bei der Lückenhaftigkeit unserer gegenwärtigen topographischen Kenntnisse nicht annähernd genau weder behaupten, noch viel weniger mit Zahlen angeben, aber ein allgemeiner Ueberblick führt zu dem Schluß, daß der größere Theil des[S. 63] zwischen Umba und Rovuma liegenden Landes mit der rothen Lateriterde bedeckt ist.
Vier Hauptströme fließen von den Bergen dem Meere in westöstlicher Richtung zu: der Pangani, Wami, Kingani und Rufidschi. Trotz starken Gefälles und unausgesetzter Nährung durch zahlreiche Zuflüsse, hat keiner sein Bett so tief gegraben, daß er auf größere Strecken von der Küste aus für Lastschiffe oder Dampfbarkassen schiffbar wäre. Der Wasserüberschuß wird in periodischen Ueberschwemmungen vergeudet.
Die Verzweigung des Flußsystems in eine Menge von Thälern und Schluchten hat zwei Vortheile:
erstens tragen die Bäche und Ströme im Gebirge reichlich vorhandene Feuchtigkeitsmengen den sonst in der Sonnenhitze vertrocknenden ebenen Niederungen zu; zweitens schlemmen sie die Verwitterungsproducte der höheren Regionen nach den Tiefländern ab und häufen hier ein fruchtbares Alluvium an.
Das allgemeine Vegetationsbild Deutsch-Ostafrikas ist demnach folgendes:
In und auf den Bergen geschlossene Waldungen, an den Abhängen und in den Thalsohlen Bananenhaine und vereinzelte Wiesenflächen.
Auf den ebenen Niederplateaus und in den breiteren Thalbetten:
Moräste mit Complexen von Buschwald.
Offene Savannen, entweder cultivirbare oder steinige, ausgedörrte.
Savannen mit üppigem oder dornigem Dschungel oder mit leichtem Gehölz (Savannenwald) und mit Buschwald an den Rinnsalen der Gewässer (Galeriewälder).
Unmittelbar an der Küste:
Kokospalmenhaine und Baumwollstauden auf fruchtbarem Sandboden; Mangrove-Waldungen, überall mit sumpfigen Lagunen. Kopalwälder im südlichen Theil.
[S. 64] Ausgedehnte Culturflächen im europäischen Sinn existiren nirgends, nur Culturflecke inmitten der Wälder, an Gebirgsabhängen, im bewässerten Savannenland und in der Nähe des Meeres.
Die Wälder bestehen hauptsächlich aus Wollbäumen, Sykomoren, Tamarinden, Banianen, Akazien, Dum- und Delebpalmen, Miombo- und Kopalbäumen. Die häufigsten Schlinggewächse, die sie durchziehen, sind die Gummiliane und die Sassaparilla. Baumartige Farrn, Bambusen und Kriechpflanzen bilden das Unterholz, das fast überall die Räume zwischen den Stämmen ausfüllt. Verfaulende Vegetation erfüllt die Waldluft mit schwülen Miasmen; düsteres Dämmerlicht herrscht auch beim hellsten Sonnenschein. Die Wälder stehen auf dem fruchtbarsten, weil wasserhaltigsten Boden.
Die offene Savanne ist blumenloses Grasland mit vereinzelt stehenden Affenbrotbäumen (Baobab). Das Gras schießt mit 2–4 m hohen, harten, kantigen Halmen, in getrennten, oben sich ausbreitenden Büscheln auf; am Boden ist freier Zwischenraum für niedriges und kleines Gethier. Das Wandern in demselben ist für den erwachsenen Menschen ermüdend und nach Thaufall sehr unbehaglich, da er mit dem Haupte das über ihm zusammenschlagende Gräsermeer immer von neuem zertheilen muß; bei der Nähe von Büffeln, Löwen, Leoparden oder feindlich gesinnten Eingeborenen wird das Durchschreiten solcher Strecken ziemlich gefährlich, da man weder über die Halme hinweg, noch zwischen diese auf nur geringe Entfernung sehen kann. Wird die Savanne niedergebrannt oder verdorrt sie unter der Glut der Sonne, so verwandelt sie sich in fußtiefe, lästig staubige Asche. In der wasserarmen, steinigen, auf nacktem Lateritboden stehenden Savanne härten und schärfen sich die Halme; die Grasbüschel stehen weit auseinander. Erhält sie aber Befeuchtung, sei es von häufigen Regenschauern oder von durchfließendem Gewässer, so kann aus ihr ertragfähiges Ackerland geschaffen werden.
[S. 65] Die Monotonie der Savanne wird unterbrochen entweder durch lichtes Gehölz (Savannenwald) oder durch Buschwald (Dschungel).
Der Savannenwald setzt sich wesentlich aus Akazien, Eriken und Mimosen zusammen. Je trockener der Boden, desto zahlreicher tritt die stachelige Gummi-Akazie auf.
Das Dschungel ist der gefürchtete Gestrüppwall. Es bildet eine compacte Masse strauchartiger, eng in sich und von Grund aus verzweigter, mit zähem Schlinggewächs netzartig verbundener Bäume und dornenbewehrter Blattpflanzen. Haben nicht Elefanten oder Nashörner einen Pfad durchgebrochen, so muß der Durchgang mit Beilen und Messern erkämpft werden. Die Luft darin ist düster und schwül, der Boden oftmals versumpft; es ist die Heimstätte der Tsetsefliege. Bei der Zunahme nackten, trockenen Lateritbodens überwiegen stachelige Gewächse die immergrünen, dornenlosen. Zu jenen gehören die Gummi-Akazie, Euphorbien, Opuntien und Aloën.
Die in Cultur genommenen Landstriche bedecken Pflanzungen von Fruchtbäumen und Felder.
Von Fruchtbäumen gedeihen, sei es in Hainen oder in Gruppen zwischen den Hütten der Dörfer:
Kokos- und Delebpalmen, Orangen-, Melonen- und Mangobäume, die Banane.
Auf den Feldern wird angebaut:
Kaffernkorn, Negerhirse, Maniok, Sesam, Bataten, Erdnüsse, Reis, Zuckerrohr, Taback.
Um von den Bäumen und Pflanzen, die später vielfach mit Namen angeführt werden, eine annähernd deutliche Vorstellung zu geben und um zugleich über den allgemeinen Culturwerth derselben zu orientiren, lasse ich hier eine möglichst kurze und bündige Beschreibung derselben in einem Verzeichniß folgen. Bei einzelnen Arten ist neben der lateinischen Benennung auch die landesübliche Bezeichnung beigefügt.
Affenbrotbaum (Adansonia digitata, „Baobab” [westafr.], „Mbuju” [ostafr.]). Höhe 12–22 m, Umfang bis zu 47 m. Stamm von weichem, schwammigem Holz. Wipfel, von 38–48 m im Durchmesser, von der Form einer Halbkugel. Gefingerte Blätter. Weiße Blüten an meterlangen Stielen. Gurkenähnliche, 30 cm lange Früchte mit weißem, trockenem Mark. Aus diesem wird ein kühlendes, säuerliches Getränk bereitet. Rinde als Mittel gegen Fieber, die Fasern zu Stricken. Wächst einzelstehend auf der Savanne in der Ebene und auf Höhen; am Fuße des Kilimandscharo bildet er einen Theil des Waldes.
Akazien (Acacia). Schirmförmige Krone. Dornig. Kleine gelbe Blüten.
Catechu-Akazie (Acacia catechu). Großer unregelmäßiger Baum. Braune, rissige Rinde. Kurz bedornte Aeste. Schmale, 30 cm lange Blätter. Aus dem gekochten Holz gewinnt man einen wässerigen Extract als Gerbstoff: das Katechu.
Gummi-Akazie (Acacia gummifera). Abstehende Aeste mit scharfen Dornen. Kurze gefiederte Blätter. Liefert schlechtes Gummi.
Banianen (Ficus indica; Banian-tree [englisch]). Sehr dicker Stamm. Große flache Krone. Von den horizontal verlaufenden Aesten senken sich Luftwurzeln in den Boden und bilden neue Stämme. Tiefgrüne, glänzende Blätter.
Kopalbäume (Hymenaea Courbaril; „Msandarusi”). Umfang 26 m. Hartes Holz, als Nutzholz verwendbar. Der angeschnittene Stamm liefert ein Harz, das zur Fälschung des halbfossilen Kopals benutzt wird. 1–1½ m unter dem Standort der Kopalbäume wird der halbfossile Kopal ausgegraben.
Mangrove (Rhizophora Mangle). 20–25 m hoch. Der hellgraue[S. 67] oder röthlich braune Stamm ruht entweder auf einem viertheiligen, freistehenden Wurzelgerüst, 3–5 m über dem Boden, oder er liegt bockartig horizontal auf einer Masse von Wurzeln und aus ihm sprießen senkrecht zahlreiche Stämme empor. Alle Zweige und Wurzeln greifen dicht ineinander hinein und bilden ein undurchdringliches Wirrsal. Die Blätter sind dunkelglänzend und lederartig. Die Mangrove wächst nur an der Küste, in dem vom Salzwasser durchtränkten Boden. Das sehr schwere und sehr dauerhafte Holz findet als hochgeschätztes Schiffsbauholz Verwendung.
Mimosen (Mimosa). Dorniger Baum oder Strauch. Abwechselnde, doppeltgefiederte Blätter mit Nebenblättern.
Miombo. Die afrikanische Esche. Höhe 15 m; Umfang des Stammes 2½ m. Dunkelgrünes Laub. Grünliche Blüte, wie Jasmin riechend. Frucht eine große Schote mit zwölf harten, braunschwarzen, inwendig rothen Kernen. Die Rinde vielfach verwendet zum Bau von Hütten und Canoes. Das Holz ein vorzügliches, andauerndes Feuermaterial.
Sykomore, Maulbeerfeigenbaum (Ficus Sycomorus; „Mkuju”). Sehr dicker, säulenartiger Stamm, 12–15 m hoch. Breit sich ausdehnende Aeste mit dichtem Laub überschatten einen Raum von 150 m im Durchmesser. Blätter lorbeerähnlich von festem und starrem Gewebe. Nutzholz.
Tamarinde. Die afrikanische Eiche. (Tamarindus indica; „Subar”). Höhe 9–12 m. Weit ausgebreitete, schattenreiche Krone. Paarig gefiederte Blätter. Früchte: fingerdicke, bis zu 20 cm lange Schoten mit süßsäuerlichem Mark. Aus diesen wird ein berauschendes Getränk bereitet, das gut gegen Gallenfieber ist, oder sie werden (namentlich von den Arabern) verkocht, getrocknet, mit Oel und Salz versetzt, in Kugeln geformt und als Würze zu den Speisen benutzt; jahrelang haltbar. Das Holz des Stammes ist Nutzholz.
Teakbaum. Die indische Eiche (Tectona). 40 m hoch. Schlanker[S. 68] Stamm. Eiförmige Blätter. Das Holz von angenehmem Geruch, braunschwarz, gut spaltbar, dreimal so dauerhaft als Eichenholz. Besonders zum Schiffsbau verwendet.
Wollbaum (Bombax Ceiba; „Mparamusi”). Der Riese des Waldes; 40–50 m hoch. Gelblich-grüner, buchenähnlicher Stamm, 4½ m im Durchmesser, mit tafelähnlichen Strebepfeilern umwachsen, 30–40 m astlos. Die Krone breitet sich oben mächtig aus. Immergrüne Blätter. Die im Samen enthaltene seidenartige kurze Wolle wird zum Füllen von Kissen benutzt. Das leichte, sehr weiche Holz dient zu Schnitzereien und auch zu Canoes.
Arecapalme, Betelnußpalme (Areca catechu). Schlanker Stamm, 12–19 m hoch, bis 60 cm im Umfang. Gefiederte, 4 m lange Blätter. Die ovalen Früchte, von der Größe und Form eines Hühnereies, wachsen büschelartig, enthalten der Muscatnuß ähnliche Kerne; werden getrocknet, zerschnitten, mit Gewürz bestreut und kommen so in den Handel. Man kaut die Stücke zur Reinigung des Mundes und als Reizmittel. Eine Palme liefert 200–800 Nüsse jährlich.
Bambusa („Viansi”). Der Stamm besteht aus einem mächtigen Bündel schaftartiger, hohler, 15–18 m langer Zweige, die dicht aus dem Boden herauswachsen. Die Bambusa gedeiht an feuchten Stellen in Wäldern und außerhalb derselben. Die Schäfte werden zu Bauzwecken und zu leichtem Zimmergeräth verwendet.
Delebpalme (Borassus aethiopum; „Mvumu”). 18–22 m hoch. Stamm 60 cm im Durchmesser; oberhalb der Mitte angeschwollen; rauh mit abgewelkten Zweigen; fächerartige Krone. Jeder Baum hat 10–15 Fruchtbüschel mit 8–10, 3–5 kg schweren Früchten. Gelblich-rothe, kinderkopfgroße Früchte, wie Ingwer schmeckend. Das[S. 69] saftige, ananasartige Fleisch umschließt länglich runde, eßbare Kerne. Die Früchte werden auf Kohlen geröstet. Aus den Blütenkolben wird Wein gewonnen. Die Blätter dienen zu Umzäunungen und Dachdeckungen; das Holz zu Bau- und Schreinerholz. Die Delebpalme bildet Wälder.
Dumpalme (Hyphaene thebaica; „Mohama”). 9 m hoch. Der Stamm gabelt sich oben in einige Aeste mit fächerartiger Krone. Die Früchte mit dicker, mehliger Rinde sind von angenehmem Geschmack.
Kokospalme (Cocos nucifera; „Mnasi”). 30 m hoch. Sehr schlanker, elastischer Stamm von 30–60 cm Durchmesser. 10–12 gefiederte Blätter von 4–6 m Länge bilden die nach allen Seiten ausgebreitete Krone. Die Früchte sind die Kokosnüsse (bis zu 120 an einem Exemplar) von melonenartiger, dreikantiger Form. Die unreife Kokosnuß enthält einen milchig flüssigen Saft, die Kokosmilch. Mit zunehmender Reife wird das Innere eine fleischige Masse, die getrocknet als Kopra zur Bereitung von Kunstbutter in den Handel kommt. Die Kerne der vollausgereiften Kokosnuß schmecken wie Haselnüsse und sind sehr nahrhaft; aus ihnen wird das Kokosöl gepreßt. Aus der faserigen Hülle der Kokosnuß werden Schnüre und Seile gedreht.
Palmyrapalme, Weinpalme (Borassus flabelliformis). 19–22 m hoch. Der Stamm läuft kegelförmig zu. Große Fächerblätter aus der breiten Krone. Die Frucht ähnlich wie die Kokosnuß, mit schwammigem, saftigem Fleisch, werden roh oder geröstet gegessen, bilden ein wichtiges Nahrungsmittel. Die Blütenkolben liefern Wein. Das schöne schwarze und steinharte Holz zu Tischlerarbeiten verwendbar.
Phönixpalme, die wilde Dattelpalme (Phönix sylvestris; „Mkindu”). 12 m hoch. Graziöse, gebogene Stämme[S. 70] mit luftiger, gefiederter Krone, bestehend aus blaugrünen 3 m langen Blättern. Die Früchte ungenießbar. Aus dem zuckerreichen Saft des Stammes wird wohlschmeckender Wein bereitet.
Raphiapalme (Raphia vinifera). Es ist eine Fiederpalme mit niedrigem, dickem Stamm, der am Ende eine Rosette von mächtigen Wedeln trägt. Die gänseeigroßen Früchte sind hochroth und goldbraun, mit Ananasgeschmack, aber hart und fest geschlossen. Sie liefert Palmwein.
Banane.
1. Paradiesfeige (Musa paradisiaca; Plantains [engl.]; „Ndisi”). 4–10 m hoch. Wächst in Gruppen von 10–12 Stämmen. Ein staudenartiger Baum. Den Stamm krönen 3–4 m lange und 60 cm breite Blätter. Eine Fruchttraube, bis zu 75 kg schwer, besteht aus 20–120 gurkenähnlichen 20–30 cm langen Früchten, die unreif von dunkelgrasgrüner, auch von goldgelber Farbe sind. Sie enthalten vierzigmal mehr Nahrungsstoff als die Kartoffel. Reif können sie roh als feines Birnenobst (aber wahrscheinlich fieberanregend) genossen werden; gesünder ist es, sie reif oder unreif entweder zu kochen oder zu braten. Man röstet sie in glühender Asche; man bratet sie in Butter oder kocht sie wie Kartoffel zu Mus; man dämpft sie mit Mehl und Eiern dick ein und erhält dann ein haltbares, exportfähiges Nahrungsmittel.
2. Pisang (Musa sapientium). Gestreifter oder gefleckter Schaft, mit kürzeren, aber süßeren Früchten.
3. Die wilde Banane (Musa Ensete); mit goldgelben und rothen, aber ungenießbaren Früchten.
Kalebassenbaum, Kürbisbaum (Crescentia; „Bugu”). 6–9 m hoch. Lanzettartige Blätter. Die flaschenförmige Frucht von 30 cm Durchmesser wächst in Büscheln, hat[S. 71] eine grüne, holzige Rinde und schwammiges, süßsäuerliches Fleisch. Die Fruchtschale verwenden die Eingeborenen zu Trinkgeschirren.
Mangobaum (Mangifera indica). 12 m hoch. Der Stamm 4½ m im Umfang. Längliche, lederartige, immergrüne Blätter. Die orangegelben, gänseeigroßen Früchte (Pflaumen) sind vortreffliches Obst; die darin enthaltenen haselnußgroßen Samenkerne schmecken wie bittere Mandeln. Die Rinde des Baumes dient zum Gerben.
Melonenbaum (Carica Papaya). Der Stamm sendet wenige Zweige in der Höhe aus; astlos bis zu 6 m. Handförmige Blätter. Die Früchte besitzen ein wohlschmeckendes, zuckerreiches Fleisch mit milchigem Saft. Sie werden entweder roh mit Zucker oder Salz gegessen, oder unreif zu Gemüse verkocht.
Agaven (Agave). Stammlos, bis zu 12½ m hoher Blütenschaft; fleischige, dornige Blätter, rosettenförmig gestellt. Glockenförmige, duftende Blüten.
Aloën (Aloë spicata). Bis zu 9 m hoch. Entweder stammlose oder palmenähnliche verholzte Gewächse. Dicke, fleischige Blätter, am Rande mit scharfen Dornen besetzt. Traubenförmige, schön gefärbte Blüten.
Baumwollstaude (Gossypium punctatum und arboreum; „Msufi” oder „Mesofi”). 2–3 m hoch. Besteht aus 4–5 grünrindigen Stämmen, mit je 1 m im Umfang, die aus einer Wurzel entspringen. Die spitzig zulaufenden dornigen Zweige stehen steif vom Stamme ab. Dürftige Blätter. Die Frucht ist eine 3–5fächerige Kapsel, welche bei der Reife in 3–5 Klappen aufspringt, wobei die langen weißen Haare — die Baumwolle — elastisch hervorquellen. Sie bedarf kalkreichen Bodens.
[S. 72] Erica. Kommt als niedriges Gebüsch vor, erreicht als Gesträuch eine Höhe bis zu 6 m. Die Blätter sind schmal und geschuppt.
Euphorbie, Wolfsmilchbaum (Eupborbia). Kandelaber-Euphorbie (E. canariensis). 5 m hoch. Säulenförmige, fleischige, blattlose, mit Dornen besetzte Stämme. Der Saft dient als Brech- und Purgirmittel.
Farrn (Filices, Alsophila armata); als Farrnkraut und Farrnbaum bis zu 6 und 9 m Höhe. Säulenförmige astlose Stämme mit Rosetten von Wedeln als Wipfel.
Hanf (Cannabis indica; „Bang” [arabisch]). 3 m hoch. Die Blätter werden wie Taback zubereitet und geraucht.
Opuntien. Sträucher von blattlosen, dicken, fleischigen Stämmen von runder oder eckiger Gestalt, mit Astbildung und geringer Holzentwickelung. Der Blätteransatz ist nur angedeutet durch warzenförmige, mit kleinen Dornen bespickte Höcker.
Ricinusölpflanze (Ricinus communis; „Mbono”). Erreicht die Höhe von 12 m. Große handförmige Blätter. Das im Innern enthaltene Oel wird von den Eingeborenen als Salbe benutzt.
Stechapfel (Datura stramonium; „Muranha”). Narkotischer Strauch mit großen weißlichen Blüten und einer stacheligen, eiförmigen Kapsel (Stechapfel), welche scharfbitter schmeckenden, giftigen, atropinhaltigen Samen umschließt. Blätter, Blüten und Wurzelfasern werden in getrocknetem Zustand geraucht als Mittel gegen Asthma und Husten. Gedeiht nur auf nassen Wiesen.
„Kamboa”-Liane. Enthält süßes, wohlschmeckendes und reichliches Wasser. Kommt in Udoë vor.
Kautschuk-Liane (Landolphia florida). Immergrünes Laub. Weiße Blüten mit betäubendem Duft. Orangenähnliche[S. 73] Früchte. Die Liane wird in manchen Gegenden schenkeldick; angeschnitten fließt ein milchiger Saft heraus: er trocknet in freier Luft sofort und kommt als Kautschuk in den Handel.
Sassaparilla, Stechwinde (Smilax). Immergrüne kletternde Halbsträucher mit stark verzweigten, kantigen, stacheligen Stengeln und Luftwurzeln. Die Blätter dornig, zackig, lederartige Trauben, ständige wohlriechende Blüten. Rothe kugelförmige Früchte. Die Wurzeln Arzneimittel gegen syphilitische Krankheiten.
Bataten, süße Kartoffeln (Convolvulus Batatas). Sträucher von 1½-2 m Höhe. Langgestielte Blätter. Die walzenförmigen Wurzelknollen enthalten den Nährstoff; sie sind 1–6 kg schwer, mehlig; außen purpurroth, innen weiß. Vortreffliches, leicht verdauliches Nahrungsmittel. Man genießt sie entweder gekocht oder in Butter geröstet oder gebacken als Brot.
Durra, Negerhirse, Kaffernkorn (Holcus sorghicus; „Mtama”). 2–3 m hoch. Hauptnahrungsmittel. Aus dem schmackhaften Mehl wird hauptsächlich eine breiartige Suppe hergestellt. Außerdem dient Durra zur Herstellung eines bierähnlichen berauschenden Getränkes (Pombe).
Erdnüsse (Arachis hypogaea). Bis zu 60 cm hohes Kraut. Fiederblätter, mit gelben Schmetterlingsblüten. Samenkerne befinden sich in einer eiförmigen Hülse unter der Erde; über Feuer geröstet dienen sie als Nahrungsmittel, mit mandelartigem Geschmack. Zerstoßen und aufgekocht gewinnt man das auf dem Wasser schwimmende farblose Oel. Die Kerne enthalten an 50% Oel.
Sesam (Sesamum orientale). Ein krautartiges Gewächs. Ovale, drüsig behaarte Blätter. Weiße und rosarothe glockenförmige Blüten. Der Samen enthält an 70%[S. 74] eines goldgelben, angenehm schmeckenden Oels, das nicht leicht ranzig wird. Man verwendet es vielfach zur Zubereitung der Speisen.
Maniok, Kassave (Manihot utilissima). Knollenstaude von außerordentlich raschem Wachsthum. Vorzügliche Nährpflanze. Die Wurzelknollen sind der genießbare Theil; sie werden geschält, in Stücke geschnitten und in Wasser ausgelaugt; dann in der Sonne getrocknet bekommen sie eine schneeweiße Farbe. Man kocht oder röstet sie; oder man zerstößt sie in Mörsern zu Mehl und bereitet aus diesem Brei oder Brot.
Yams (Dioscorea). Kräuter oder Sträucher mit sich windenden Stengeln. Trauben- und ährenförmige, unansehnliche Blüten. Die dicken, fleischigen Wurzelknollen sind genießbar.
Der Reichthum an jagdbaren wilden Thieren ist in den nördlichen Gebieten, wie besonders in der Nähe des Kilimandscharo sehr bedeutend, dagegen südlich vom Kingani äußerst dürftig.
Der Elefant ist nahezu ganz verschwunden, er hat sich nach den Hochebenen im Osten und Nordosten zurückgezogen; auch das Nashorn trifft man in größerer Zahl nur am obern Pangani an. Der Löwe scheint seine Heimatstätte am Jipe-See und nördlich von Usagara zu haben; doch nicht selten dehnt er seine Streifzüge nach den Küsten von Bondei und Useguha aus. Leoparden und Hyänen finden sich überall. Ungemein zahlreich sind in den nördlichen und mittlern Savannengegenden die Heerden von Büffeln, Antilopen und Zebras; auch die Giraffe zeigt sich gelegentlich in Rudeln in den den Masai benachbarten Gegenden.
Die Wälder sind stumm; man hört keinen Vogelgesang, kein Vogelgezwitscher, selbst das Volk der Affen belebt sie nicht überall. Dagegen wimmeln Sümpfe und Flüsse von[S. 75] Flußpferden und Krokodilen und die Ufergelände von Wasservögeln.
Von kleinerm Gethier, das den Reisenden und Colonisten in peinlichster Weise belästigt, seien die Ameise und die Tsetsefliege erwähnt. Millionen von Ameisen verschiedener Gattung zerstören auf ihren Wanderzügen nicht nur die Erntevorräthe, sondern sie vertreiben auch den gegen sie wehrlosen Menschen aus seiner Behausung. Wo die Tsetsefliege heimisch ist, da kann keine Rindviehzucht aufkommen; ihr Stich verwundet tödlich. Sie macht auch die Verwendung von Zugvieh zur Unmöglichkeit.
An Hausthieren werden überall gehalten: Hühner, Ziegen und Schafe. Von der Gewinnung von Schafwolle hört man nirgends. In einzelnen Gegenden, wie in Usambara, im Kilimandscharo-Gebiet, im nördlichen Usagara, wird Rindviehzucht in größerm Maßstab betrieben. Futtergras ist im Verhältniß zu den ausgedehnten Flächen wenig vorhanden, und oftmals tritt da, wo es reichlich existirt, die verderbenbringende Tsetsefliege auf.
Die Colonisationsfähigkeit Deutsch-Ostafrikas kann nicht in Frage gestellt werden: Bodenverhältnisse, Klima, die Culturen der Eingeborenen, die Pflanzungen der Araber, die bereits angestellten deutschen Plantagenversuche enthalten die Bedingungen und die Möglichkeit gesteigerter Fruchtbarkeit. Aber zwei Factoren von schwerem Gewicht beeinträchtigen eine zu günstige Beurtheilung und zu vertrauensvolle Zuversicht: die Beschränkung colonialwirthschaftlicher Unternehmungen in Bezug auf den Raum und die Unsicherheit in Bezug auf rentable Erzeugung werthvoller tropischer Producte.
Sehen wir ab von dem gewiß nicht unbedeutenden Nutzen, den der deutsche Handel aus dem Export und Import später unter geordneten Verhältnissen gewinnen wird, und betrachten wir das ganze Gebiet als Arbeitsfeld des Ackerbauers, so[S. 76] müssen wir uns nach Ländereien umsehen, die mit Rücksicht auf reiche Ertragsfähigkeit zur Anlegung von Plantagen sich eignen. Solche Ländereien sind in der beigegebenen Karte mit grüner Farbe bezeichnet. Im Vergleich zur Ausdehnung der ganzen Colonie über 5 Breite- und 2 Längegrade nehmen sie sich sehr vereinzelt und dürftig aus. Es wurde eben nur solches Land als besonders zur Cultur geeignet bezeichnet, dessen Fruchtbarkeit sich durch wirklich bestehenden Anbau bereits vollgültig erprobt hat. Um gerecht und günstiger zu urtheilen, muß man hierbei berücksichtigen, daß erstens aus Savannen- und Waldstrecken in künftigen Zeiten neues und reichliches Culturland gewonnen werden kann, und daß zweitens große Flächen noch unerforscht und unversucht vor uns liegen.
Die eingetragenen, also wirklich vorhandenen Culturflecke reduciren sich übrigens auf eine noch geringere Anzahl, wenn man ihre sofortige Verwerthung, also auch ihre Lage und ihre bequeme Verbindung mit dem Seeverkehr in Betracht zieht. Bei der Unschiffbarkeit der Flüsse, bei dem Mangel von Straßen und billigen Transportmitteln wird man nur in der Nähe der Küste mit der Anlage von Plantagen beginnen können.
Um Rentabilität dem Plantagenbau zu sichern, darf die Production nicht nur von den Transportkosten nicht aufgezehrt werden, sondern sie muß auch das in Tropengegenden nothwendig große Anlagekapital lohnenswerth verzinsen, und das vermag sie nur bei werthvoller Qualität. Gewiß kann man schon mit Zuckerrohr-, Kokospalmen- und Reispflanzungen bei geringem Aufwand erhebliche Gewinne erzielen; ausschlaggebend aber ist die Beantwortung der Frage: vermag der Boden Deutsch-Ostafrikas Kaffee, Cacao, Baumwolle und Taback von solcher Güte und in solchen Massen hervorzubringen, um concurrenzfähig auf dem Weltmarkt zu erscheinen?
Eine stichhaltige Antwort darauf in bejahender Form möge die Zukunft geben; die bisherigen Versuche haben noch nicht genügt.
Usambara besteht, geographisch genommen, aus dem Bergland, dem eigentlichen Uschamba der Eingeborenen, aus der Nyika- und Bondei-Ebene und der Küstenniederung zwischen den Flüssen Umba und Pangani.
Das Gebirge, mit einer durchschnittlichen Erhebung von 1400 m, ist von Granit und Gneis gebildet. Es dacht sich von Norden nach Osten und Süden ab, von den Höhen von Mlalo (1560 m) in breiter Linie nach den Kombola- und Handei-Bergen (1200 und 1350 m), und entsendet als Ausläufer die Höhenkette von Magila (1050–624 m), den Pambili und Tongwe (600 und 715 m) in die sanft nach Osten geneigte, gewellte Ebene von Bondei, welche mit vom Wanga bis Pangani ansteigender Uferhöhe den Indischen Ocean begrenzt.
Die Gestalt der Berge ist größtentheils steile Kuppelform, eng aneinander gedrängt und zahlreiche tiefe Schluchten umschließend; im Westen, von Wuga bis Mbaramu, lagern sich kesselförmige Mulden zwischen die einzelnen Höhen; breite Thäler findet man allein an den Ufern des Luengera und des Sigi. In jähem Absturz fällt das Gebirge in das Thal des Mkomasi und in die Ebenen im Norden und Osten hinab, während es zum Pangani in sanfteren Böschungen sich senkt.
Die Hauptwasserscheide liegt an dem Nordostrand; hier fließt der Umba mit seinen Nebenflüssen und in entgegengesetzter Richtung der Luengera mit dem Kumba.
Eine zweite Wasserscheide befindet sich in der südöstlichen Ecke, in den Bergen von Handei; es ist das Quellgebiet des Sigi.
[S. 78] Von den Vorbergen im Osten bei Magila entspringen der Udofu und Ukumbine.
In nahezu parallelem Laufe scheiden der Umba im Norden und der Pangani im Süden das Gebirge von den anstoßenden Ebenen. Im Westen bewirkt die weitausgedehnte Thalsenkung des Mkomasi die Trennung von der Berglandschaft Pare.
Unsere Kenntniß von den Witterungs- und Temperaturverhältnissen Usambaras beschränkt sich auf die lückenhaften Berichte einzelner Reisenden. Unser Wissen ist daher vorläufig noch Stückwerk.
Die große Regenzeit beginnt im Gebirge schon Mitte Februar und endet mit geringen Regenfällen im Laufe des Monats Mai. Die Trockenzeit wird durch vereinzelte Niederschläge im Juli und August unterbrochen. Die kleine Regenzeit setzt im November für kurze Zeit ein; der December ist trocken, im Januar gibt es häufig Gewitter. Der trockenste Monat dürfte der September sein.
In Bondei scheinen sich Regen- und Trockenzeit auf die gleichen Monate wie in Sansibar zu vertheilen.
Ueber die Temperaturverhältnisse besitzen wir durch die sorgfältigen Aufschreibungen Burton’s und des Lieutenant Kurt Weiß einige werthvolle und positive Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Wärmeschwankungen im Pangani- und Mkomasi-Thal und auf den Höhen von Wuga während der Monate Februar und Mai und Anfang Juli.
In der nebenstehenden Tabelle sind sie nach der Einheit des Orts und der Tageszeit zusammengestellt und ist das Monatsmittel der Temperatur von Sansibar um dieselbe Stunde zur Vergleichung vorangesetzt.
[S. 79] Temperaturen in Usambara
nach den Beobachtungen von Burton im Februar 1857 und von Lt. Kurt Weiß im Mai und Juli 1885.
Ort | Höhe über dem Meer in m | Tageszeit | R.° | ||
vom 4.-17. Febr. | vom 11.-31. Mai | Anfang Juli | |||
Sansibar | — | 6h Nm. | 22,2 | 20,7 | 19,7 |
Pangani-Thal. | |||||
Stadt Pangani | — | „ | 24,4 | — | — |
Tschogwe | 88 | „ | 28 | 20 | 16[3] |
Tongwe (Station) | 263 | „ | 20,8 | 18,8 | 15,2[4] |
Westl. Tongwe[5] | 368 | „ | 29,7 | 18,4 | 16,8 |
Kohode | ca. 400 | „ | 28,4 | 19,2 | — |
Maurui | 436 | „ | 26,5 | 18,4 | 16,8 |
Mkomasi-Thal | |||||
Tarawande | ? | „ | 21 | 19,2 | — |
Wuga | ca. 1350 | 6h N. u. 11h V. | 18 | 13,6 | — |
bei Mombo | ? | 6h N. u. 3h N. | 25,7 | 16,8 | 16,8 |
Masindi | 512 | 6h N. | — | 18,4 | 16,4 |
Mkumbara | 493 | „ | — | 18,4 | — |
Die Mitteltemperatur in Usambara (unter Ausschluß von Wuga). | — | 6h N. | 25,5 | 18,7 | — |
Aus diesen wenigen Zahlen lassen sich ein paar sichere Schlüsse ziehen:
Die Abnahme der Temperatur von Februar bis Juli, also der Wechsel zwischen einer heißen und kühlern Zeit, macht sich in Usambara um vieles bemerkbarer als in Sansibar.
Die Erhebung über dem Meere bis zu 500 m bringt im Juli einige, im Mai sehr geringe Minderung der Temperatur, im Februar sogar eine Steigerung. Auf den Höhen von 1300 und mehr Metern aber weht eine frischere Luft als in den Thälern und in Sansibar.
[S. 80] Ergänzende Auskunft gewährt die nächste Tabelle. Wenn sie auch nur einmaligen und auf kurzen Zeitraum beschränkten Beobachtungen entnommen ist, so bietet sie doch manche interessante Andeutungen über den wahrscheinlich herrschenden Temperaturcharakter.
Temperatur- und Wetterbeobachtungen in Usambara
von Lt. Weiß im Mai und Juli 1885.
Bemerkung: Morgens zwischen 6 und 8 Uhr, mittags zwischen 12 und 4 Uhr, abends zwischen 6 und 8 Uhr.
Ort | Monat | R.° | Wetter | ||
morgens | mittags | abends | |||
Tschogwe | 11. Mai | 19,2 | 21,6 | 20 | Regen. |
„ | 12. „ | 19,4 | 21 | 20 | Trüb. |
„ | 13. „ | 17,2 | — | — | Regen. |
Kitiwu | 13. „ | — | 23,4 | 21,6 | Schön, dann trüb. |
„ | 14. „ | 18,4 | — | — | Schön. |
Lewa | 14. „ | — | 22,4 | 19,2 | Schön, dann trüb. |
„ | 15. „ | 19,2 | 25,6 | 18,8 | Trüb, dann schön. |
„ | 16. „ | 18,4 | — | — | Schön. |
Fungo | 16. „ | — | 24,4 | 18,4 | Schön. |
„ | 17. „ | 16,8 | — | — | Schön. |
Sangarawe | 17. „ | — | 24 | 18,4 | Schön, dann trüb. |
„ | 18. „ | 16,4 | — | — | Trüb. |
Mgumi | 18. „ | — | 22 | 19,2 | Trüb. |
„ | 19. „ | 17 | — | — | Trüb. |
Maurui | 19. „ | — | 20 | 18,4 | Trüb. |
„ | 20. „ | 16,8 | — | — | Schön. |
Tarawande | 20. „ | — | 21,6 | 16,8 | Schön. |
„ | 21. „ | 13,6 | 24,8 | 19,2 | Schön. |
„ | 22. „ | 18 | — | — | Schön. |
Wuga | 23. „ | — | 13,6 | — | Schön. |
Tarawande | 25. „ | — | 16,8 | — | Regen. |
Masindi | 29. „ | — | — | 17 | Regen. |
„ | 30. „ | 16,2 | 22 | 18,4 | Regen. |
„ | 31. „ | 17 | — | — | Trüb. |
[S. 81]Mkumbara | 31. „ | — | 21,6 | 18,4 | Trüb, dann schön. |
Masindi | 2. Juli | — | — | 16,4 | Trüb. |
„ | 3. „ | 15,6 | — | — | Trüb. |
Mombo | 3. „ | — | — | 16,8 | Trüb. |
„ | 4. „ | 15,2 | — | — | Regen. |
Maurui | 4. „ | — | — | 16,8 | Trüb. |
„ | 5. „ | 16 | — | — | Regen. |
Mgumi | 6. „ | 16,4 | — | — | Trüb. |
Sangarawe | 6. „ | — | — | 16,8 | Trüb. |
„ | 7. „ | 16 | — | — | Trüb. |
Fungo | 7. „ | — | — | 15,2 | Trüb. |
„ | 8. „ | 14,8 | — | — | Trüb. |
Kitiwu | 8. „ | — | — | 16 | Schön. |
„ | 9. „ | 15,6 | — | — | Schön. |
Folgende Behauptungen lassen sich darauf gründen:
Die Minderung der Hitze vom Februar bis Juli offenbart sich vornehmlich in den Morgenstunden:
Morgens | Mitteltemperatur | im | Februar | (nach Burton): 24° R. |
„ | „ | „ | Mai | (nach Weiß): 17,8° |
„ | „ | „ | Juli | (nach Weiß): 15,6° |
Im Vergleich mit Sansibar steigert sich die Wärme in Usambara von Morgen bis Mittag im Mai fühlbarer; am Abend ist es in beiden Gegenden im Mai und Juli um nicht ganz 1° R. gleichmäßig wärmer.
Mai | Juli | ||||||
morgens | mittags | abends | morgens | mittags | abends | ||
Sansibar | 19,5 | 21,2 | 20,7 | 18 | 20,3 | 19,7 | |
Usambara | 17,8 | 22 | 18,7 | 15,6 | — | 16,2 |
Das Wetter verändert die Temperaturen kaum merklich.
morgens | mittags | abends | |||||||
In | Usambara | bei | schönem | Wetter | im | Mittel | 17,4 | 23,3 | 18,3 |
„ | „ | „ | trübem | „ | „ | „ | 17,7 | 21,1 | 19,4 |
Der bedeckte Himmel schwächt etwas die Mittagshitze; die sporadischen Regen kühlen die Luft nicht ab.
Die Beschaffenheit des Bodens entspricht zum Theil den Bedingungen der Fruchtbarkeit. Der mit Feldspath durchsetzte Gneis verwittert auf den Gipfeln und Kämmen sehr leicht und überzieht sie in diesem ersten Stadium als poröse rothe Erde mit einer wenig fruchtbaren Decke. Abschwemmende Regen und zahlreiche Bäche zerreiben an den schroffen Abstürzen das grobkörnige Material und setzen es bei stufenweis zunehmender Fruchtbarkeit um in graurothe Erde an den Hängen, in Humus in den dichtgeschlossenen Wäldern und in schwarze Erde in den breitern Thalgründen. Wo die aufgelösten Thontheile zum Stillstand und zum Niederschlag als compacte, abflußlose Masse gezwungen werden, da bildet sich dunkelschlammiger Sumpf.
In großen Zügen betrachtet, zeichnen sich demnach durch Fruchtbarkeit aus die breiten Thäler und die sanfter geneigten Böschungen der Berge, in hohem Grade das unmittelbar dem Gebirge vorgelagerte Hügelland von Bondei und das hochgelegene, muldenförmige Plateau von Wuga. Unfruchtbar erscheinen alle Strecken, auf denen die verwitterte rothe Erde ungestört liegen bleibt, so auf den höchsten Kuppen und auf den weitausgedehnten Flächen der Umba-Ufer; endlich jene vereinzelten Streifen von Fluß- und Bachrändern, an denen die schwarze Erde zu moorigem Grunde sich verdichtet.
Die Vegetation ist eine tropisch gewaltige. Zu mächtiger Höhe empor schießen in den geschlossenen Regenwäldern die Areca-, Fächer-, Dum- und Raphia-Palmen, die Kopal- und Teakbäume, Gummi-Akazien, Tamarinden, Bambusen und baumartige Farrn. Ein eigenthümliches Gepräge verleiht der in massenhaften Beständen auftretende Wollbaum. Gummilianen und andere Schlinggewächse von mehr als doppelter Armesstärke schwingen sich von Stamm zu Stamm, von Ast zu Ast. Der Waldgrund bleibt oftmals ganz frei von Gestrüpp. Leichte Savannenwälder von Palmen und Akazien stehen auf[S. 83] dem graurothen Boden der Thäler und auf dem langgestreckten Bergrücken des Nordrandes, westlich vom Luengera.
Die Kokospalme gedeiht in reichlicher Menge in dem ganzen Küstengebiet, den Pangani aufwärts bis Maurui und im Thal des Mkomasi bis Masindi. Die bis in das höchste Gebirge verbreitetste Pflanze ist die Banane; sie liefert Erträgniß in ganz besonderer Fülle. An vereinzelten Stellen, aber in Massen, blühen der Mango- und der Melonenbaum und in Bondei wildwachsend die Baumwollstaude.
Wo Feuchtigkeit der lockern porösen Erde fehlt, da spreizen einsam in der Steppe oder auf den Bergrücken stehende Baobabs ihre gigantischen Aeste zu einem Schutzdach aus, da drängen sich baumgroße Euphorbien und Aloën zu dornigem Dschungel zusammen oder es unterbrechen die fahlfarbigen Mimosen und Eriken gebüschweise das brennende Roth des Bodens.
Futtergras im Innern des Gebirges und am mittlern Lauf des Pangani ermöglicht die Zucht großer Rinderheerden. Außer Korn, Hirse, Mais, Reis und Maniok, welche in der Tiefebene auch zum Exportproduct werden, baut der Msambara einen scharfen, doch angenehm riechenden Taback, der selbst auf dem Markte von Sansibar als verkaufsfähig gilt, und er pflanzt, selbst in den hochgelegenen Gebirgsmulden, das Zuckerrohr. Dies liefert auch den großen arabischen Plantagen am untern Pangani ergiebige Ernten.
Kaum dürfte unter den Tropen ein Land sich finden, das in zoologischer Beziehung so armselig an Menge und Gattungen wäre als Usambara und Bondei. Lautlos sind die ewig schattigen Bergwälder am Handei, lautlos die Nyika-Ebene; nur hie und da durchstreifen Hyäne, Schakal und Leopard die ersteren und Löwen und Antilopen die letzteren. Schlangen und selbst die Mosquitos fehlen. Ein reicheres[S. 84] Leben entfaltet sich am Pangani und in den üppigen Fluren im Vorland der Magila-Kette: da gibt es Webervögel, Lerchen, Drosseln, Habichte und Elstern, Kukuke und Papagaien. Alle Flüsse wimmeln von Krokodilen; weniger häufig trifft man das Flußpferd. Zum Glück für die Rindviehzucht hat die Tsetsefliege, hier Donderobe genannt, noch nicht den Weg aus der Umba-Ebene in das Gebirge gefunden. Eine Lebensplage dagegen sind die verheerenden Ameisenzüge.
Von der Küste leiten vier Flußläufe nach dem Innern des Landes: der Pangani, der Ukumbine mit dem Udofu, der Sigi und der Umba.
Der Pangani (auch Ruvu oder Rufu) entsteht aus der Vereinigung des Jipe-Flusses und des Weriweri, welche mit zahlreichen Bächen in dem Kilimandscharo-Gebirge entspringen. Südlich von Klein-Aruscha (730 m ü. d. M.) durchströmt er eine Strecke von mehr als 300 km in felsigem Bett, meist mit schlammigen Uferrändern, im Oberlauf durch das breite steinige Thal zwischen den Pare- und Sogonoi-Bergen, im mittlern und untern Theil durch eine wechselnd fruchtbare Ebene, welche am linken Ufer rasch zum Usambara-Gebirge sich erhebt und am rechten in die Hochfläche von Useguha übergeht. Bei Kisunga (ca. 60 km von der Küste) bildet er einen weithin dröhnenden Wasserfall. Seine Breite wird angegeben bei der Furt südlich Aruscha mit 96 m, bei Kohode mit 72 m, bei Tschogwe mit 150–200 m, an der Mündung mit 1500 m. In der Regenzeit überschwemmt er die ganze Thalsohle. Er ist im allgemeinen seicht und reißend und deshalb nur bei steigender Flut bis Tschogwe (ca. 40 km) für flachgehende Boote schiffbar.
[S. 85] An seiner Mündung liegt die Stadt Pangani. Sie liegt auf dem flachen, sumpfigen Strande an dem frühern Delta des Flusses und besteht aus etwa dreißig steinernen Häusern, darunter die Wohnung des Wali, das Zollgebäude, eine Moschee, und aus einigen hundert einfacher Strohhütten. Die winkeligen, unregelmäßigen und kothigen Straßen sind unter einem Hain von Kokospalmen versteckt. Das Trinkwasser ist schlecht, der Aufenthalt überhaupt sehr ungesund. Gegen 5000 Einwohner (Araber, Inder und Suaheli mit ihren Sklaven) bewohnen den Ort, da er ein bedeutender Ausgangspunkt für die Karavanen nach Usambara und dem Masai-Land auf dem nördlichen und nach Useguha und Nguru auf dem südlichen Flußufer ist. Zu Burton’s Zeit betrug die Ausfuhr an Elfenbein 1750 kg und an Rhinoceroshörnern 875 kg; auch Korn, Mais und Zuckerrohr wurde exportirt.
Pangani hat keinen Hafen und ist schwer zugänglich. Die Rhede liegt 1½ Stunde seewärts. Die Mündung des Flusses wird durch eine Barrière von Korallen und Sandbänken gesperrt; durch diese führt ein enger, 2½ m tiefer Kanal, nur für geringere Fahrzeuge benutzbar.
Die Stadt wird unmittelbar im Westen von dem bewaldeten Terrassenrand überragt; am nördlichen Flußufer erhebt er sich zu 50 m mit Kokos- und Areca-Palmen; am südlichen, über steile, gelbe Sandsteinwände empor, bis zu 120 m. Hier oben steht die arabische Niederlassung Bueni zwischen Plantagen von Palmen, Melonenbäumen, Bananen und Zuckerrohr.
Bis Tschogwe reichen auf der rechten Höhe und in der Thalsohle die schön gehaltenen Pflanzungen der Araber.
Auf der entgegengesetzten Seite breitet sich ein schmales Band von Reis- und Bananenfeldern aus und daran grenzt ein weitausgedehntes trockenes Savannenland, das hier und da von Baobabs und Dumpalmen und in größerm Umfang von dichtem Akazien- und Euphorbiengestrüpp unterbrochen wird. Es ist dies die Landschaft Madanga; sie erstreckt sich[S. 86] etwa 20 km weit bis Makumba und geht weiter nördlich in die Nyika-Steppe über.
Bei Tschogwe (88 m) trifft man auf den ersten Ansatz des Hauptgebirges, auf den Berg von Tongwe (715 m). Die Umgegend soll noch am Ende der vierziger Jahre gut angebaut gewesen sein, bis sie durch die vom südlichen Ufer heranstürmenden Waseguha verödet wurde. Hang und Gipfel bedeckt ein fast undurchdringliches Dschungel, vermischt mit wilden Orangen und Kokospalmen, während saftiges Gras, genährt durch eine frisch sprudelnde Quelle, den welligen Fuß bekleidet.
Südöstlich vom Tongwe-Berg befindet sich Lewa (263 m) mit der ehemaligen Station der Ostafrikanischen Plantagengesellschaft. Es war eine vielversprechende Anlage. Zwischen drei flachen Hügelketten von braunrothem Boden waren 400 Morgen urbar gemacht worden, welche im September 1888 eine reiche Ernte von 700000 Stück Tabackpflanzen erwarten ließen. Fließendes Grundwasser sicherte für das ganze Jahr die nöthige Feuchtigkeit.
Zwischen Lewa und Sangarawe führt der obere Weg durch eine ungefähr 25 km lange, theilweise dornige, theilweise von hohem, hartem Gras überwucherte Strecke. Nach dieser beginnt eine anbaufähige und stellenweis gut cultivirte Gegend, welche bis westlich von Korogwe reicht.
Die Kämme der flachen Hügel der Thalsohle sind mit unfruchtbarer röthlicher Erde bedeckt; an den Abdachungen und in den Senkungen gedeihen auf graurothem Boden Maispflanzungen und vortreffliches Wiesengras. Man begegnet stattlichen Rinderheerden.
Bei Mgumi (365 m), kurz vor Korogwe, mündet der im Norden auf dem Lutindi entspringende Luengera. Mit diesem vereinigt sich im obern Lauf der Kumba, welcher durch mehrfach sumpfige Gründe den Tropenwald der Kombola-Berge von dem steppenartigen Nordostrand des Hochlandes scharf abtrennt. Der Luengera fließt als ein ruhiges Wasser durch[S. 87] ein breites, früher cultivirtes, jetzt durch Kriegszüge entvölkertes Thal, dessen Sohle Savannenwald und hohes Gras bedeckt. Von Mgumi zweigt ein steiler Pfad durch die Berge nach Wuga ab.
Korogwe (früher Station) liegt auf einem Laterithügel, der sich bis zum Fluß in einer 700 m breiten, gewellten Ebene von braunrother Erde abflacht. Das Dorf gleichen Namens befindet sich auf einer Insel. Am Südufer steigt aus der schlammigen Ebene allmählich das vegetationsreiche Plateau von Useguha empor. Bei Lutyomo (Luchomo), 25 km aufwärts, befindet sich ein beide Ufer verbindender Uebergang. Am nördlichen Ufer (15 km von Korogwe) verwandelt sich nach und nach der Wiesen- und Ackerboden in unfruchtbare Steppe. Ein schmächtiger Savannenwald mit niedrigem Mimosengebüsch fristet ein kümmerliches Dasein dem Fuß der Mafi-Hügel entlang. Der letzte Rest grüner Vegetation hat sich an die Ränder des Flußbettes zurückgezogen.
Bei dem auf einer Insel gelegenen Maurui (436 m) vereinigt der im Pare-Gebirge entspringende Mkomasi sein träges, grün-gelbliches Sumpfwasser mit dem des Pangani. Sein linkes Ufer begleitet zuerst die isolirte Masse des Dassa-Berges und dann die jähen Felsenabstürze des Hauptgebirgsstockes, während sein rechtes Ufer die niedrigen, wahrscheinlich vulkanischen Höhenreihen von Mafi (Yermandia) begrenzen. Er steht mit dem Manga-See, vermuthlich nur während der Regenzeit, in Verbindung. Dieser, 7 km lang, 6 km breit und 3–5 m tief, hat untrinkbares, brakisches Wasser; dürftiges Grün umgibt ihn. Heerden von Antilopen beleben die von den dolomitartigen Zacken der Usambara-Berge und von dem langgestreckten Pare-Gebirge umrahmte Gegend. Culturfähig ist das Thal des Mkomasi am Fuß der Berge; bei Tarawande aber versumpft es auf eine stundenlange Strecke.
Schmale Streifen reicherer Vegetation erwecken die rauschenden Gebirgsbäche bei Masindi und Mombo.
[S. 88] Masindi (512 m), mit der etwas höher gelegenen Residenz des Häuptlings Sembodja, war früher ein bedeutender Handelsplatz, in dem die Wakuafi des Nordens sich mit den Leuten von Pangani begegneten. An der nordöstlichen Ecke des Gebirges, auf den Vorstufen der höchsten Erhebung, haben sich viele Dörfer eingenistet, darunter das größte Mbaramu (488 m) mit 56 Hütten, eine grünende, von Wald und von den Zuflüssen des Umba, dem Mbaramu-Bach und Tëue, umgebene Raststätte der Reisenden.
Von Tarawande, Mombo oder Masindi gelangt man auf ungemein beschwerlichem, doch von erfrischenden Quellen begleiteten Bergpfad zu dem Hauptort des westlichen Usambara, Wuga (1350 m nach Burton, 1410 m nach New, 1209 m nach Lt. Weiß), in frühern Zeiten (unter Kimweri I.) der Hauptort von ganz Usambara.
Die Landschaft ist durchaus verändert. Eine kühlere Luft weht selbst im heißen Februar über die gewellte Fläche; frei ist der Umblick, den Pangani hinab, nach den Ebenen von Useguha und hinüber zu den fernen Bergen von Pare; im Norden schließen die nahen felsgekrönten Häupter von Mlalo, der Watëue und Schegeserai (2000 m), den Horizont ab. Röthlicher Boden mit sammtartigem Gras, mit Farrn und Eriken überdeckt die kesselartigen Mulden; dazwischen lagern sich, von rieselnden Bächen befeuchtet, Felder von Taback, Bananen und Zuckerrohr. Der Boden enthält nach Dr. K. W. Schmidt 48,3% Sand und 50,7% thonhaltigen Staub, Phosphorsäure 0,35% und Humus 6,33%; er wäre demnach auch zur Kaffee- und Cacaokultur geeignet. Waldlos erstreckt sich die hauptsächlich als Weideland benutzte Gegend: nach Osten gegen den Luengera, im Norden nach Kwambugu und Mlalo. Den Nordostrand des Gebirges begleitet ein weniger fruchtbares, gering bevölkertes Steppenland bis zu den kahlen Gomeni-Bergen und den Quellen des Kumba. Unmittelbar südlich, in der Richtung des untern Laufes des Luengera,[S. 89] öffnen sich in kurzer Entfernung schluchtartige Thäler mit hohen Felswänden.
Der Fluß Ukumbine, welcher in die Tangata-Bai bei Tongoni mündet, und der Udofu (Mkulumusi), welcher sich in die Bucht von Tanga ergießt, entspringen in den zwei Tagemärsche von der Küste entfernten Vorbergen. Beide Flüsse sind nicht schiffbar. Der Ukumbine trocknet in den heißen Monaten ein, der stürmische Udofu überschwemmt in der Regenzeit ringsum das Land. Der Boden, unmittelbar an der Küste schlammig, erhebt sich langsam zu einigen gutbebauten Gefilden; er wird, in die Nyika-Ebene eintretend (60 m ü. d. M.), zu einem unregelmäßig breiten Streifen von Savannenwald und dornigem Dschungel, der in gleicher Beschaffenheit sich südlich bis nach Madanga fortsetzt. In der Höhe von Umba (150 m) verwandelt er sich in ein kalkhaltiges, mit marinen Fossilien vermengtes, welliges und äußerst fruchtbares Terrain. Kokoswälder, Korn-, Reis-, Bananen- und Zuckerrohrpflanzungen überdecken das Land. Versteckt in vereinzelten Waldungen liegen die Dörfer. Das Gebirge steigt jählings empor: der isolirte Pambili (600 m) und die zusammenhängende, mit Gehöften übersäete Kette der bewaldeten Höhen von Magila, mit dem Felsendom Mlinga (1050 m), mit dem Kituli (930 m) und mit den südlichsten Spitzen, dem Manga (590 m) und Mgambo (660 m).
Am Fuße der letztern steht die englische Missionsstation Magila (180 m ü. d. M.) in quellenreicher Gegend mit ausgedehnten Reisfeldern in den tiefern Mulden. Hier ist auch der Herrschersitz Kibanga’s, des Häuptlings von Süd-Usambara.
Das Gebiet, welches der Ukumbine und der Udofu durchströmen, ist die durch keine Grenzen bestimmte Landschaft Bondei. Nicht nur durch Wasserreichthum, sondern auch durch vortreffliche Bodenbeschaffenheit wird sie zu den üblichen Culturen[S. 90] und zum Plantagenbau begünstigt. Der Boden besteht nach Dr. K. W. Schmidt aus sehr feinkörnigem lehmigen Sand und reichlichem Humus (63,9% Sand, 35,6% thonhaltiger Staub, 0,17% Phosphorsäure und 2,61% Humus).
Der Ausfuhrhafen dieses gesegneten Landstrichs ist die Tangata-Bai. Sie wird durch die Insel Karangi, durch Riffe und Sandbänke vor Seestürmen geschützt. Der mündende Ukumbine hat einen tiefen, 90 m breiten Kanal in das seichte und sandige Bett ausgegraben und dieser ermöglicht eine gesicherte Einfahrt im Norden. Im Süden der 2900 m breiten Bucht liegt das durch eine Mauer von Korallenfels befestigte Dorf Morongo; im Norden Tongoni, das trotz seiner Dämme bei Hochwasser von den Fluten des Meeres im Rücken gefaßt wird.
Der Sigi und der Udofu münden in die Bai von Tanga. Diese besitzt keinen Hafen für größere Schiffe; die offene Rhede liegt 800 m seewärts. Korallenbänke erschweren und gefährden die Einfahrt in den 8 km langen und 6½ km breiten Meerbusen. Der Strand ist von dem herrlichsten Pflanzenwuchs überzogen. Der Ort Tanga zählt an 5000 Einwohner, besteht aber nur aus Strohhütten; er ist Handelsplatz für die nach dem Kilimandscharo und dem Masai-Land ziehenden Karavanen.
Der Sigi, ein frisches, reißendes, unschiffbares Gebirgswasser, hat nahe der Küste 12–15 m hohe, mit Maniok, Bananen und Palmen geschmückte Ufer. Verfolgt man ihn aufwärts, so kommt man zuerst nach dem vielbesuchten Marktplatz Amboni, dann nach Muschesa, wichtig als Uebergangspunkt für die von Magila nördlich nach Wanga Reisenden. Zwischen den zerstreuten Dschungelcomplexen wird hier besonders viel Taback gebaut.
Dreißig bis vierzig Kilometer von der Küste entfernt umschließt das Gebirge den Fluß in einem breiten, von wild- und üppig wuchernder Vegetation erfüllten Thal. Eine mehrfache[S. 91] Kette steiler, mit Granitzacken gekrönter Bergrücken trennt ihn von dem Hügelland im Osten und vom Laufe des Pangani im Süden; die ebenso zerklüfteten Handei-Berge (1350 m) und der Kombola (1200 m) bilden die Wasserscheide zwischen ihm und dem Luengera. Geschlossener, ewig düsterer Urwald von riesigen Wollbäumen, Banianen und Tamarinden steigert den großartigen Charakter der Gebirgsgegend. Sie ist während der Regenzeit wegen der steilen, schlüpfrigen Pfade schwierig zu durchwandern, denn in erschöpfender Wiederholung muß man von Kamm zu Kamm über tiefeingesenkte Gründe hinauf- und hinabklettern. Bebaute Felder hat weder die Sohle des Sigi-Thales noch der andern Thäler; an den Abhängen allein haben die Eingeborenen sich in zerstreuten Gruppen angesiedelt.
Der kürzeste Weg von der Küste Usambaras nach dem fernen Innern führt längs des Umba. Wanga, der Ausgangspunkt, hat sehr ungünstige Landungs- und Terrainverhältnisse; durch den 20 m breiten Zugang können nur bei Hochwasser kleine Boote sich nähern. Zwischen Mangrove-Wäldern setzt sich das Watt als Sumpfland 6–7 km landeinwärts fort. Auf einem Stückchen trockenen Bodens ist der Ort Wanga erbaut: etwa 2–300 Lehmhütten mit übrigens breiten und reinlichen Straßen und Plätzen verbergen sich unter einem Palmenhain und werden von einer Mauer umschlossen. Die Luft ist fieberhaft, das Trinkwasser schlecht.
Vor Gonja kommt man, bei einer Reise flußaufwärts, zuerst auf festen, gesunden Boden; da gibt es schöne Felder von Reis, Bohnen und Maniok. Aus der weiten Ebene im Süden erhebt sich der stark bewaldete Kilulu (255 m), am Fuß von Melonenbäumen und Baobabs dicht umgeben. Hier beginnt eine schmale Culturzone, die von Dorf zu Dorf bis an den Sigi sich fortsetzt.
Von Gonja westlich erhält sich die Fruchtbarkeit noch bis[S. 92] Yesa Mkubwa; von da an nimmt eine bis Mbaramu reichende, 80 km lange, trostlose, ausgedörrte Steppe ihren Anfang. Hartes Savannengras wechselt mit fast undurchdringlichem, dornigem Gebüsch und mit nackter, steiniger Wüste ab.
Diese, Nyika genannte Steppenwildniß wird im Norden von dem Umba-Fluß durchschnitten. Er entspringt auf den Höhen von Mlalo und Mbaramu und nimmt eine Anzahl größerer und kleinerer Gebirgswässer auf, welche von Galeriewäldern umsäumt werden. Der Umba mündet in einem morastigen Delta bei Wanga.
Das Thal des untern Pangani, bei Tongwe und Korogwe, und der fruchtbare Landstrich von Bondei sind stark bevölkert, weniger das Innere des Gebirges und das Mkomasi-Thal, am geringsten der Nordostrand. Die Raubzüge der Masai den Pangani und die Nyika-Ebene herab in das Thal des Luengera und in die Küstengegenden, auch gegenseitige Befehdungen der Häuptlinge im Hochlande, trieben die Bewohner entweder auf die Kuppen der Berge oder in das Dickicht der Wälder oder auf die Inseln des Flusses Pangani. Allen gemeinsam ist Sinn und Geschick zum Ackerbau, zur Viehzucht und zum Handel. Erhebliche Quantitäten von Getreide, Bohnen, Taback, Melasse, Butter und Honig, auch etwas Kautschuk werden zum Export nach den Küstenplätzen gebracht. Zur Bekleidung dient leichter Manchester-Baumwollstoff als Ueberwurf und Lendenschurz. Speere, Pfeil und Bogen sind noch in Gebrauch neben den Feuergewehren.
Nach Sprache, Abstammung und Lebensweise zerfallen sie in drei Hauptgruppen: in die Bewohner von Bondei, des Pangani-Thales und von Usambara.
Die Bevölkerung von Bondei, von der Küste bis zu den Vorbergen, besteht, außer den Arabern, Indern und Suaheli in der Stadt Pangani, aus den Waschinsi, Wasegeju und[S. 93] Wadigo. Die Waschinsi bilden mehr einen social-religiösen als einen ethnographischen Gegensatz zu den Suaheli. Während diese als Mohammedaner das höchste Ansehen neben den Arabern sich zu verschaffen suchen und an Küsten- und Handelsplätzen mit Vorliebe sich niederlassen, sind jene die verachteten Heiden, die Bauern-Neger. Sie sind in Madanga und am Ukumbine seßhaft. Ihre Dörfer stecken tief in den Waldungen, mit Euphorbien und Cacteen sorgfältig verschanzt. Die Wasegeju, ein kriegslustiges Volk, wahrscheinlich aus den Galla-Ländern eingewandert und am Udofu angesiedelt, verlegen sich mit Vorliebe auf Menschenraub und Sklavenhandel und ziehen deshalb gern als Träger mit den Karavanen. Die Wadigo in Tanga und Wanga leben in größern, ebenfalls befestigten Ortschaften. Sie gebrauchen als Waffen fast nur Pfeil und Bogen. Mit Leidenschaft sind sie dem Handel ergeben, sei es auf den Märkten von Amboni und Gondja, sei es als Theilnehmer von Karavanen.
In das Thal des Pangani von Tongwe bis Maurui zogen vor einigen Jahrzehnten plündernd und mordend die Waseguha, vertrieben die schwächeren Wasambara und wurden seitdem die herrschende Rasse an beiden Ufern. Sie sind übrigens tüchtige Ackerbauer und Viehzüchter geworden.
Das Gebirgsland Usambara bewohnen die Wakilindi, Wasambara und Wambugu.
Zu den Wakilindi rechnen sich, wie es scheint, allein die Angehörigen der Herrscherfamilie, die von Wuga bis Magila den Dorfschaften die Häuptlinge liefert. Kimweri I. soll 100 Söhne hinterlassen haben. Wenn diese Anzahl auch nur von ferne der Wahrheit entspricht, so ist es erklärlich, daß aus der fürstlichen Sippschaft allmählich ein Volksstamm geworden.
Die Heimat derselben wird von einigen nach Nguru, von den meisten nach dem Dschaggaland verlegt. Sie unterscheiden sich auffallend von den Negern: lichtgelbe Hautfarbe,[S. 94] semitischer Typus im Gesichtsschnitt und Körperbau. Sie beugen sich willig dem Gebot und der Willkür der Araber und suchen durch die Nachahmung arabischer Sitten die eigene Autorität zu steigern. Zur Zeit tragen sie die feindseligste Abneigung gegen alle Europäer mit Vorliebe zur Schau.
Die Masse des Gebirgsvolkes, die Wasambara, zeichnen sich vor den Küstennegern durch hohe Stirn, durch ebenmäßig angesetzte Unterkiefer, durch untersetzte und kräftige Statur aus. Die Männer rasiren sich das Haupt bis auf einen kurzen Schopf; die Weiber ganz. Als Stammesmarke gilt das markstückgroße Brandmal auf der Stirn; die vordersten Schneidezähne werden spitz zugefeilt. Die Farbe der Haut wechselt von lichtbraun zu dunkelschwarz. Sie schmücken sich mit Glasperlen und Eisenkettchen. Sie besitzen wenige Feuergewehre und noch weniger Pulver; ihre Hauptwaffen sind Pfeile, Speere und Schwerter. In den kreisrund aus Lehm gebauten und in drei bis vier Räume eingetheilten Hütten befindet sich der dürftigste Hausrath, ein paar dreibeinige Holzstühle und Töpfe. Die Dörfer werden entweder im Wald durch ein doppeltes, mit Dornhecken ausgefülltes Pfostengitter abgeschlossen und geschützt, oder auf steilabfallenden Bergkuppen angelegt und für die Feinde unzugänglich gemacht.
Sowol Männer wie Frauen bebauen das Feld und hüten Rinder, Schafe und Ziegen. Auch Bienenzucht treiben sie und gewinnen dunkelbraunen, sehr süßen Honig in Menge. Die Wasambara sind klug und verständig, gastfreundlich und gewürfelt. Ja, sie besitzen die unter Negern seltene Tugend der Dankbarkeit. Sie kennen den Werth der Silbermünze und sind bereit, für Geld alle möglichen Arbeiten zu übernehmen.
Ein eigenthümlicher Stamm lebt auf dem Hochplateau zwischen Wuga und Mlalo: die Wambugu. Das sind hohe, schlankgewachsene Leute mit scharfgeschnittenen Gesichtern, ähnlich den Wakuafi und Masai, dabei ruhig, freundlich und tapfer[S. 95] von Charakter. Sie tragen kein Baumwollzeug, sondern Ueberwürfe von feingegerbtem Leder. Erkenntlich macht sie ein Ohrschmuck von 1–7 cm breiten Holzscheiben; die Weiber behängen sich mit schweren Schnüren von blauen Glasperlen. Es ist ein Hirtenvolk, das sich den Wakilindi als Viehknechte verdingt.
Mkande, ein Häuptling der Wakilindi, soll vor vielen Jahrzehnten von Dschagga gekommen und sich Usambara und Bondei unterworfen haben. Ihm folgte später als fünfter Herrscher Kimweri I., der 1868 im angeblichen Alter von hundert Jahren gestorben ist. Von seinen hundert Söhnen herrschte der älteste, Kimweri II., nur ein Jahr mit Hinterlassung eines Minderjährigen, Kingassi. Sembodja, Kibanga und Mkande, die Brüder Kimweri’s II. geriethen in blutigen Streit und gewannen schließlich nur in einzelnen Theilen des Landes die Oberherrschaft.
Demnach zerfällt jetzt Usambara in folgende Gebiete:
Das Mkomasi-Thal mit dem den Ort Wuga umgebenden Gebirge unter Sembodja. Er selbst residirt in Masindi; seinem ältesten Sohn, Kimweri II., der nach Unabhängigkeit trachtet, hat er Wuga überlassen.
Der nördliche Theil, von Kwambugu über Mbaramu bis zum Ursprung des Luengera, nominell unter Kingassi, factisch unter Mkande, mit der Residenz in Hundu.
Der südliche Theil, vom Kombola bis Handei und zum Quellgebiet des Ukumbine und Udofu, unter Kibanga; mit Magila als Wohnsitz.
Bondei und das Thal des Pangani gehören politisch nicht zu Usambara.
Die Bevölkerung steht, außerhalb der schmalen, am Meere gelegenen Gebietssphäre des Sultans von Sansibar, nirgends unter einem gemeinschaftlichen Oberhaupt, sondern überall[S. 96] unter unabhängigen Dorfhäuptlingen, welche in einzelnen Fällen benachbarte Ortschaften unter ihrer Herrschaft vereinigt haben.
An Naturproducten erzeugen Usambara und Bondei:
auf den Feldern: alle Getreidearten; Maniok und Bataten; Bohnen und Reis, Taback und Zuckerrohr; Bananen und Kokosnüsse; die Baumwollstaude (wild);
auf den Weidegründen: schönes starkes Rindvieh und Schafe;
in den Wäldern: Honig, Kautschuk und Kopal; Nutzholz von den Tamarinden und Teakbäumen.
Die Production kann bei der Ergiebigkeit des Bodens durch Vermehrung der Bevölkerung und durch geregelte intensive Arbeit gesteigert werden, und zwar namentlich in Bezug auf Reis, Taback, Zucker, Baumwolle und Kautschuk.
Zur Zeit werden von den Eingebornen exportirt: Bohnen, Taback, Zucker, Butter, Honig und Kautschuk.
Die wichtigsten Importartikel sind Manchester-Baumwollstoff, blaue und milchweiße Perlen; außerdem geringere europäische Krämerwaare.
Zur Anlegung von Plantagen eignet sich in erster Linie die der Küste nahegelegene, ungemein fruchtbare Landschaft Bondei; selbst Kaffee- und Cacaopflanzungen würden hier Erfolg versprechen.
Auch das südliche Pangani-Ufer, nahe der Mündung des Flusses, bietet Aussicht auf lohnenden Ertrag.
Die Umgebung von Wuga, trotz vorzüglicher Verhältnisse in Bezug auf Klima und Bodenbeschaffenheit, kann erst in zweiter Linie in Betracht kommen; denn die Entfernung von der Küste ist sehr groß und die Verkehrswege dahin sind sehr ungünstig.
Die Urbarmachung des Sigi- und Luengera-Thales muß einer spätern Zeit vorbehalten bleiben.
[S. 97] Da der Eingeborene über den häuslichen Bedarf zu säen und zu ernten gewohnt, auf Gewinn und Verdienst erpicht ist, so stehen auch die nöthigen Arbeitskräfte bei mäßigem Lohn zur Verfügung.
Das Pare- und Ugono-Gebirge zieht sich in einer Länge von etwas mehr als 100 km oder von 8–10 Tagemärschen mit geringer Breitenausdehnung an der östlichen Seite des Pangani vom Norden Usambaras bis in die Ebene von Aruscha und des Jipe-Sees hin. Das Innere der waldigen Berge ist noch nicht erforscht; Dr. Fischer schätzt die Höhen auf 600–900 m. Die Ostseite fällt ziemlich steil ab; die Westseite ebnet sich sanft gegen den Pangani hinunter. Das Gestein ist Gneis, in Ugono reich an Eisenglimmer. Aus der Mitte der Bergkette schiebt sich von West nach Ost eine niedrige Hügelreihe, die Kisungu, in die Nyika-Ebene vor. Wenn auch die Naturproducte, welche die Bewohner auf die Marktplätze am Rande des Gebirges bringen, auf Fruchtbarkeit und deshalb auf Feuchtigkeit im Innern schließen lassen, so treten doch nur ein paar Flußläufe in Pare nach außen: der Mkomasi bei Gondja, der bei Maurui in den Pangani mündet, der Kiswani, der östlich in der Steppe verrinnt, und auf der Westseite allein die Bäche Wudere und Makujuni, letzterer mit tiefem Thaleinschnitt, dem Uebergang vom Pangani-Thal nach Gondja.
Angebaut werden: Bohnen, Erbsen, Mais, Bananen, Zuckerrohr, auch Taback, und in West-Ugono Ricinusstauden von erstaunlicher Höhe. Rindviehzucht wird überall betrieben und man erhält im Gegensatz zu Usambara eine ganz vortreffliche Butter.
Ugono ist berühmt durch das Vorkommen von Eisen. Man gewinnt es aus dem Sand der Bäche; leicht abgeschwemmt[S. 98] enthält er kleine glänzendschwarze Krystalle. Man schüttet sie in tiefe Gruben, schichtet Holz dazwischen und zündet es an. Nachdem das Feuer fünf Tage unterhalten worden, läßt man die Masse erkalten und verarbeitet die Schlacken in der Schmiede zu kleinen Haken; als solches kommt das Ugono-Eisen in den Handel.
Eine trostlose, dürre Steppe umgibt den Süden, Osten und Westen des Gebirges.
Die begangenste Karavanenstraße führt von Masindi oder von Mbaramu in Usambara längs des Ostrandes der Berge gegen den Jipe-See in langsamer Steigung von 493–727 m. Der Charakter der Ebene bleibt sich fast völlig gleich: eine bräunlich-violettschimmernde Erde, bedeckt von dorniger Savanne oder überzogen von kleinen blauen Disteln und von unzerreißbaren, kriechenden Schlinggewächsen. Ist das Gras von der Sonne verdorrt oder vom Feuer verbrannt, so marschirt man — wie in der Gegend von Ugono — stunden-, ja tagelang in einem fußtiefen, erstickenden Staub. Die wenigen Ortschaften, die man berührt, sind Oasen in der Wildniß. In ihnen versorgt man sich mit Lebensmitteln und namentlich mit Wasser. Denn wasserlos ist die Wüste von Mbaramu bis zum Jipe-See.
Gondja (563 m), die Residenz eines Sohnes des Usambara-Fürsten Sembodja, liegt dreiviertel Stunde von den mit felsigen Zacken gekrönten Bergen entfernt, getrennt durch einen Schilfsumpf. Der Mkomasi stürzt in einer Reihe von Wasserfällen vom Rande des Gebirges herab.
In Kiswani (722 m, 674 m nach von der Decken), an dem Fluß gleichen Namens, der aus enger Thalschlucht hervorbricht, doch in der heißen Zeit gänzlich vertrocknet, erquickt den Reisenden eine schöne Landschaft mit Felspartien, rauschenden Bächen und grünenden Bäumen und der Genuß von Ochsenfleisch, Milch, Butter und Honig.
Von Kiswani bis zum Jipe-See (727 m) herrscht völlige[S. 99] Unwirthlichkeit. Wasser erhält man ein einziges mal aus den tiefen, oft mit verwestem Gethier angefüllten Erdlöchern von Ngurungani (810 m). Erst nach Ueberschreitung der Kisungu-Hügel belebt sich die Gegend wieder mit welligen Erhebungen und mit dem Grün von frischem Gras und belaubten Bäumen.
Seitwärts, in den Ugono-Bergen eingebettet, liegt zwischen Reis-, Bananen- und Zuckerrohrfeldern der Hauptort der Eisengewinnung, Usanga. Steigt man die nächsten Höhen hinan, so erblickt man die rauchenden Eisengruben und zahlreiche Hütten in fruchtbarer Umgebung.
Die Westseite des Gebirges, den hier seichten und felsigen Pangani aufwärts von Mkoramo (520 m) bis in die Gegend von Klein-Aruscha (730 m), gewährt den Eindruck der Sterilität in noch höherm Grade wie die Ostseite. Die anfängliche Fülle von Mimosen und Akazien weicht in rascher Abnahme dem Dorngestrüpp von Euphorbien und Aloën und geht schließlich in wildzerklüftetes Terrain und steinige Wildniß über. Selbst die Abhänge der Berge sind unbewohnt, nur im südlichen Theil trifft man auf eine Ortschaft, wie das von hohen Gipfeln umschlossene Membe, das einen besonders starken Viehstand unterhält.
Die einzige erfreuliche Abwechselung in diesen Steppenregionen verschafft der Anblick großer Heerden von Antilopen, Zebras und Giraffen. Die Reisenden berichten von Elefanten- und Rhinoceros-Fährten, doch haben sie weder selbst ein Stück erlegt noch gesehen.
Das Klima von Pare und Ugono scheint etwas kühler zu sein, als jenes von Usambara. Von der Decken erzählt, wie im Juli und October morgens seine schwarzen Begleiter vor Frost gezittert hätten. Die meteorologischen Tabellen von K. Weiß liefern hierfür eine annähernd sichere Bestätigung.
Er notierte:
in | Usambara | während | 6 | Tagen | Ende Mai | 17,8° R. | Mitteltemp. | Vm. |
„ | Pare u. Ugono | „ | 19 | „ | Anf. u. Ende Juni | 13,2° R. | „ | „ |
„ | Usambara | „ | 7 | „ | Anfang Juli | 15,6° R. | „ | „ |
[S. 100] Die höchste und die niedrigste Temperatur betrug morgens:
in | Usambara | im | Mai | 18,4° R. | und | 16,2° R. |
„ | Pare und Ugono | „ | Juni | 17,6° R. | „ | 10,4° R. |
Wie in Usambara, so nimmt auf dem höher gelegenen Plateauland östlich und westlich des Gebirges die Wärme während des Monat Juni ganz allmählich um 2–3° R. ab.
Die Luft zeichnet sich durch ungemeine Trockenheit aus. Keiner der Reisenden erwähnt während der Monate Juni bis December jemals einen Regenfall.
Die Bevölkerung von Pare, die wohlgebauten Wapare, gilt im allgemeinen als freundlich und umgänglich, wenn sie auch die seltene Gelegenheit nicht unbenutzt läßt, Reisende zu überlisten; so wird z. B. Blutsbrüderschaft angeboten, nur um das bei der Ceremonie zum Sitzen nöthige Stück Merikani zu erbeuten. Die Hautfarbe ist ziemlich hell; die Schneidezähne werden spitz zugefeilt, die Haare mit Fettsalbe von röthlicher Erde eingeschmiert. Die Männer tragen als Schmuck Drahtarmbänder, Messingringe und Perlenkettchen; als Ohrgehänge Holzstücke oder kleine Kürbisfläschchen. Als leidenschaftliche Raucher führen sie immer kleine Thonpfeifchen bei sich. Als Waffen besaßen sie zu den Zeiten von der Decken’s nur Bogen, Pfeile mit Widerhaken und Schwerter. Im Tauschverkehr ziehen sie weiße Baumwollenstoffe den Perlen, und rothe und blaue Perlen den weißen vor, die als die geringste Münzsorte cursiren. Die Weiber scheren das Haupthaar zu Verzierungen aus, tätowiren die Brust, umhüllen die Lenden mit großen Fellen und halten diese mit perlengeschmückten Leibgürteln zusammen.
Die spärlichen Gebirgsbewohner von West- und Süd-Ugono (der nördliche Theil ist gänzlich unbewohnt) sind ein sehr großer, schöngeformter und robuster Menschenschlag, ähnlich den Wapare; bei den Weibern fällt die üppige Bildung der Büste auf. Das einzige Kleidungsstück der Männer ist[S. 101] ein kurzes Fell auf dem Rücken, das des weiblichen Geschlechts ein Lendenschurz, der hinten länger herabhängt als vorn. Durch röthliches Fett wird eine künstliche Haarfrisur geschaffen; dicke Elfenbeinspangen schmücken die Arme, Messingringe die Beine und ein Drahtkragen den Hals.
Die Dörfer sind fortwährend den Raubzügen der Masai ausgesetzt, sodaß das Vieh nicht auf die Weide getrieben, sondern in den Ställen gefüttert wird.
Es gibt keine Häuptlinge über weitere Gebiete als die einer Gemeinde; nur Gondja und Kihungui stehen unter dem Einfluß Sembodja’s, des Herrschers von Masindi.
Pare und Ugono können vom Gesichtspunkte des Colonisten nur als Durchzugsgebiete in Betracht gezogen werden. Stationen, wenn sie jemals angelegt werden sollten, würden als Verpflegungsstationen einige Bedeutung gewinnen. Ob man mit dem so hoch als schwedisches geschätzten Eisen von Ugono etwas Erhebliches anfangen wird, ist bei dem Nichtvorhandensein compacten Eisenerzes und bei der Schwierigkeit und Länge des Transports eine leicht zu verneinende Frage. Der Einfall von Krapf, hier läge das Material zum Bau von Eisenbahnen dicht am Wege, gehört für eine Reihe von Jahren, wenn nicht für immer, in das Bereich einer kindlich naiven Phantasie.
Das Kilimandscharo-Gebirge bildet mit den unmittelbar vorliegenden Landschaften ein abgeschlossenes geographisches Gebiet, im Süden begrenzt von den Sogonoi- und Ugono-Bergen und der Steinebene des Pangani-Thales (südlich von[S. 102] Klein-Aruscha), im Westen und Norden von dem allmählich in Steppe übergehenden Weideland der Masai und im Osten von der wasserlosen Wüste jenseit des Lumi.
Das ganze Gebiet ist demnach eine Oase, 250 km vom Meere entfernt, ungefähr 100 km lang in nord-südlicher, 80 km breit in west-östlicher Richtung.
Die Fläche, aus der das Gebirge sich erhebt, ist eine von Norden nach Süden, von 1180 m auf 730 m sich senkende und von West nach Ost, von 1000 m auf 716 m geneigte Hochebene.
Das Massiv des Gebirgsstockes ist noch ungenügend erforscht, an der Süd- und Ostseite einigermaßen, im Westen und Norden gar nicht. Wir besitzen deshalb nur eine lückenhafte Kenntniß von der Orographie desselben. Für die charakteristische Allgemeingestaltung stehen aber folgende Thatsachen fest. Ein über 5 km breites Plateau (4800 m über dem Meere), auf welchem die zwei höchsten, schneebedeckten Gipfel ruhen, theilt gleich einer gigantischen Mauer mit zwei Eckthürmen das Gebirge in eine größere südliche Hälfte, die in Terrassen von zunehmender Breite langsam sich abstuft, und in eine kürzere nördliche, welche, nicht durch Vorberge gegliedert, in einem Zuge nach abwärts strebt. Einschneidende Thäler, ausgenommen an der Südseite und an deren nach Norden gerichteten Ecken, führen nicht in das Innere.
Die Feuchtigkeitsmengen, welche die tropische Sonne den östlichen und nordöstlichen Luftströmungen entzieht und als Schleier von Wolken, Schnee und Regen auf die höchsten Erhebungen herabfallen läßt, fließen zum weitaus größten Theil an der Südseite herab; im Nordosten liefern sie die Quellbäche für den Tsavo, der mit dem Adi vereint als Sabaki bei Malindi in den Indischen Ocean sich ergießt; im Westen nähren sie allein den kleinen und eiskalten Bach Ngare N’Erobi.
Der Kilimandscharo schließt die beiden Reihen vulkanischer Erhebungen ab, welche vom Baringo-See nach Süden sich erstrecken und die große Masai-Ebene umgeben. Er ist[S. 103] selbst ein ausgestorbener Vulkan. Als er noch thätig war, wurden seine Lavaströme vermuthlich von dem obersten Plateau aufgenommen und von dem Erguß nach Norden zurückgehalten, am Südabhang aber durch breite Terrassenstufen in der Vorwärtsbewegung derart geschwächt, daß sie nur an wenigen Stellen den Fuß des Gebirges erreichten.
Aus diesem Grunde ist die Fruchtbarkeit des südlichen und namentlich des ebenen Kilimandscharo-Gebiets nicht sowol durch verwitterte vulkanische Erde, sondern vielmehr durch unausgesetzte und reichliche Bewässerung verursacht.
Alle nach Süden abfließenden Gewässer sammeln sich im Flußbett des Pangani bei Klein-Aruscha. Ihr Lauf und ihre Benennungen wechseln nach den jeweiligen Aufzeichnungen der Reisenden. Das Uebereinstimmende dürfte die folgende Zusammenstellung sein.
Der Pangani oder vielmehr Ruvu, wie er hier genannt wird, entsteht aus zwei Hauptzuflüssen, aus dem von Osten kommenden Jipe und dem von Nordwest herabfließenden Weriweri.
Der Jipe fließt aus dem Jipe-See, dessen Einfluß der am Kimawensi entspringende Lumi ist.
In den Jipe-Fluß münden, von Ost nach West gezählt:
1) Der Nabali mit dem Mamba.
2) Der Kilema. Der Kilema wird gebildet aus dem Goni, Kirua, Dschora, Mnanga und Rau.
In den Weriweri (Kikavo) münden:
1) Der Naruma.
2) Der Sonja-Ndalata.
Alle Flüsse haben eine starke Strömung und noch im mittlern Laufe eine erfrischende niedrige Temperatur. Ihre Thäler im Gebirge und am Fuße desselben sind bis zu 75 m tief und steil eingeschnitten und 9–21 m breit. Das Bett der Flüsse ist meist felsig, doch sind die Uferränder schlammig und mit dichtem Schilf oder Busch bewachsen.
Das Vorland an der Ost- und Nordseite (1180 m über dem Meere) ist unbewohnte Steppenwildniß. Jenes im Westen, von 1000–1200 m südnördlich ansteigend, zieht sich hinüber zum Berg Meru als gutes Weideland, Sigirari genannt, wird aber gegen den Longido allmählich unfruchtbare Savanne.
Die südliche Niederung im Netz der Gebirgswässer bis zum Zusammenfluß im Bett des Pangani bei Klein-Aruscha besteht zonenweise aus Culturland, Savanne und Sumpfwald.
Sie beginnt im Westen in der Umgebung von Klein-Aruscha und reicht zusammenhängend bis in die Landschaft Kahe, jenseit der Mündung des Kilema in den Jipe-Fluß. Nach einer Unterbrechung durch eine etwa 30 km lange Strecke einförmiger Steppe tritt sie mit üppigster Entfaltung wieder in der Bodensenkung von Taveta am untern Lumi auf.
Klein-Aruscha (730 m über dem Meere) am Weriweri (hier Ronga genannt) im Westen von den 1500 m hohen Litaema-Bergen begrenzt, die gegen das rechte Ufer des Pangani als Sogonoi-Gebirge sich abflachen, liegt mit seinen Hüttengruppen versteckt in den über die äußerst fruchtbare Ebene zerstreuten Waldgebüschen. Die hier angesiedelten Wakuafi bauen Bananen, Mais, Bohnen, Erbsen, auch Zuckerrohr; Rinder halten sie wenige, aus Furcht vor den Masai. Die vom Pangani kommenden Karavanen lagern in Klein-Aruscha wochen-, ja monatelang, um entweder Handel mit den Masai zu treiben oder Streifzüge nach Norden zu unternehmen. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte hier eine Station eingerichtet, mit Rücksicht auf den lebhaften Handelsverkehr und auf den ungeheuern Wildreichthum der nächsten Umgebung.
Die Landschaft Kahe, von größerm Umfang als Taveta, schmücken hochstämmige Waldungen, Palmengruppen, Anpflanzungen[S. 105] von Bananen und Wiesengründe von weichem Gras. Eine Besonderheit ist der Salzgehalt des Bodens. Die Einheimischen füllen die Erde in große, unten mit Löchern versehene Gefäße; die nach einem Wasseraufguß abrinnende Flüssigkeit wird über Feuer abgedampft und das so gewonnene Salz in den Handel gebracht.
Taveta (730 m über dem Meere), ist keine Ortschaft, sondern eine Landschaft von 11 km Länge und 1½ km Breite, welche der Lumi in einem Netz von Kanälen und stellenweise unterirdisch mit auffallend kühlem Wasser durchströmt. Sie wird von einem dichten Dschungelzaun umgeben, durch welchen nur wenige Thorgänge wie Tunnels führen, und welcher Waldparcellen von Banianen, Bambusa und Phönixpalmen, dann Bananenhaine und Getreidefelder und die gruppenweise zerstreuten Hütten der Eingeborenen schützend umschließt. Taveta ist das Paradies der Karavanen; hier können sie sich verpflegen mit Bananen, Zuckerrohr, Maniok, Bataten, Erbsen und Bohnen, mit Milch und Honig, mit Schafen, Hühnern und Fischen.
Südlich von Taveta breitet sich in geringer Entfernung in einem mächtigen Schilfkranz der seichte Jipe-See aus (716 m über dem Meere; 16 km lang und 5 km breit). Sein Wasser ist wohlschmeckend und von ockergelber Färbung. Am Ostufer erheben sich einige Hügelreihen; die daranstoßende weite Grasebene geht in der Richtung auf Teita in eine wasserlose Wüste über. Die Westseite bedeckt kahler, rother Lehmboden, auf welchen der See eine Unzahl von weißen Muscheln gespült hat. Das Nordende biegt gegen Westen in einen breiten Sumpf von außergewöhnlich, bis zu 4½ m hohen Papyrusstauden um.
Nördlich von Taveta liegt in einem isolirten Bergring eingebettet der Dschalla-See, 10 km im Umfang; Steilwände umschließen ihn. Er wird als das jüngste Product der frühern vulkanischen Thätigkeit des Kilimandscharo betrachtet. Die Eingeborenen haben eine heilige Scheu vor ihm und begleiten[S. 106] den Europäer ungern, der zu ihm hinabklettert. Eine blühende Landschaft soll da begraben sein mit Menschen und Vieh, deren Stimmen man nachts zu vernehmen glaubt. Sein Wasser ist süß und wohlschmeckend, ähnlich wie Regenwasser.
Die Savannenzone dehnt sich als 10–30 km breiter Gürtel von Komboko im Westen, oberhalb des fruchtbaren Landstriches von Klein-Aruscha und Kahe, dann den Kilema, Jipe und Nabali aufwärts, bis dicht nach Taveta und dem Flusse Lumi aus. Sie ist eine Steppe hohen, harten Grases, deren Monotonie von Baobabs, durch Gebüsche von Fettpflanzen, Armleuchter-Euphorbien und Wolfsmilchbäumen, und durch die Galeriewälder an den Ufern der zahlreichen Flüsse unterbrochen wird. Sie ist der Tummelplatz für Antilopen, Gazellen, Giraffen, Strauße, Büffel und Nashörner.
Die Sumpfwaldzone drängt sich nördlich der Steppe theilweise bis hart an den Aufstieg des Gebirges heran. Es ist ein düsterer, hochstämmiger Wald, stellenweise ganz aus Baobabs bestehend, die 25–30 m voneinander entfernt emporstreben, voll von Schilfmorästen, deren größter südlich von Moschi bis an die Savanne reicht. Das Unterholz wird von so dichtem und zähem Gestrüpp gebildet, daß man nur mit der Axt sich Bahn brechen kann. Als Wege dienen die von Rhinocerossen, Elefanten oder Büffeln getretenen Pfade, ein Wirrsal, aus dem allein Eingeborene sich herausfinden können. Eine Menge von 4 m tiefen, wohlverdeckten Wildgruben steigert die Unwegsamkeit. Die Gebirgsbäche und Flüsse stürzen in bis 4 m tiefen schilfbewachsenen oder felsigen Schluchten dahin, einige mit einer Breite von 6–8 m.
Da der Wald die Ufer des Sonja und des obern Nabali nicht überschreitet, so kann man, ohne ihn durchkreuzen zu müssen, das Dschaggaland erreichen, entweder von Aruscha über Komboko nach Madschama oder von Taveta nach Marangu.
Das über 6000 m hohe Gebirge steigt an der Südseite aus der Hochebene, die im Westen 1230 m und im Osten 780 m über dem Meere liegt, ganz allmählich in drei großen Terrassen empor; die unterste, breiteste Terrasse ist zwischen 1000 und 1800 m Höhe, die zweite in der Höhe von 4300 m und die letzte in der Höhe von 4800 m gelagert.
Zwischen der Sumpfwaldzone der Niederung und der untersten Erhebung zieht sich stückweise ein Savannenstreifen hin, bedeckt theils mit scharfkantigem Gras, Dornengebüsch und leichtem Gehölz, theils mit Lavaasche und trachitischem Gestein, durchfurcht von den steilen, schwierig überschreitbaren Rinnsalen der Bäche und Flüsse, unterbrochen von vulkanischen Kegeln und Höhenzügen. Dadurch ist die Gangbarkeit längs des Fußes des Gebirges ungemein erschwert; die Eingeborenen benutzen deshalb die hoch am Berg gelegenen Verbindungswege, die von Ost nach West in die einzelnen Gebiete führen.
Die erste, unterste Terrasse (1000–1800 m über dem Meere), welche sich durch mächtige Laubbäume, zierliche Palmen und blumengeschmückte Wiesen ankündigt, bildet den bewohnten Theil des Gebirges und ist das vielgepriesene Dschaggaland. Als ein bis zu 16 km breiter Gürtel umfaßt es die Bezirke von Madschama, Uru, Moschi und Marangu; es setzt sich im Osten oberhalb Rombo zu einem nicht cultivirten, aber culturfähigen, 2500 m hochgelegenen Plateau fort.
Die von Norden nach Süden herabfließenden Gewässer zertheilen die Terrasse in tiefe, enge Thäler. Die Wohnstätten und Felder der Bewohner liegen auf scharfgetrennten Bergrippen. Die Unzugänglichkeit des Geländes haben die Eingeborenen[S. 108] zum Schutz gegen feindliche Ueberfälle ausgenutzt und künstlich verstärkt, indem sie die Schluchten, welche ihre Staaten begrenzen, mit dreifachen Palissadenreihen krönten und die Breitseiten mit Schanzgräben überquerten.
Der Zugang wird im friedlichen Verkehr durch breterschmale Brücken ermöglicht; Lastthiere müssen an einzelnen weniger abschüssigen Stellen hinabgeschleift und hinaufgezogen werden. Innerhalb der Befestigungen wohnt die Bevölkerung in Hüttengruppen. Die Fruchtbarkeit ist allenthalben die üppigste; zwischen Wiesen von zartem Gras und buntfarbigem Blumenflor und zwischen Hainen der vorzüglichsten Bananen erstrecken sich die Felder mit Bohnen, Hirse, Mais, Bataten und Yams. Rinder, langhaarige Schafe und Ziegen werden in Menge gehalten. Kleine Kanäle, welche aus den höhergelegenen niedrigen Bachbetten den Bergrücken hinabgeleitet oder durch Röhren von Abschnitt zu Abschnitt geführt werden, bewässern die Culturen.
Vom Dschaggaland steigt in der weiten Entfernung eines Tagemarsches die mit Urwald bekleidete zweite Terrasse empor.
Das ist das Landschaftsbild der, sozusagen, inneren Dschaggastaaten, von Uru, Moschi[7] und Marangu. Einen veränderten Anblick bieten Madschama im Westen, sowie Rombo und Kimangelia im Osten.
Der Bezirk Madschama mit dem Lagerplatz Komboko (1230 m über dem Meere) liegt dicht am Fuße des hier jäh emporsteigenden Gebirges. Kibo und Kimawensi, wie der die Westflanke bildende Schira[8], sind in ihrer ganzen Gestaltung sichtbar. Der Urwald tritt im Süden unmittelbar heran; das 45 m tiefe Thal des Weriweri bildet die östliche, das seichte Bett des Sonja die westliche Grenze. Die Fruchtbarkeit der[S. 109] leicht gewellten Ebene ist dieselbe wie im übrigen Dschaggaland; zu allen Jahreszeiten können die Karavanen sich reichlich mit Vegetabilien verproviantiren. In Komboko werden aus Furcht vor den Masai nur wenige Rinder und gar keine Hühner gehalten.
Rombo, an der Südostecke, zieht sich von der Ebene an den Ufern des krystallklaren und fischreichen Lumi als freundliches Wiesenthal in die Berge hinein und mit seinen Feldern die Hänge hinauf. Lebensmittel aller Art sind im Ueberfluß und billig zu haben: Bananen, Getreide, Yams, Schafe, Milch und Butter. Oberhalb Rombo, 2500 m über dem Meere, befindet sich ein von den Eingeborenen unangetastetes, drei Stunden langes Plateau (die östliche Erhebung und Fortsetzung der Dschaggalandterrasse), ein mit Hügelreihen durchzogenes, von frischem Wasser durchfeuchtetes, mit Blumen übersäetes Wiesenland, geschaffen zu paradiesischer Wohnstätte, wie der Engländer Johnston behauptet.
Bei Kimangelia (1200 m über dem Meere), nordwestlich von Rombo, kommt man in die letzte von Menschen bewohnte Gegend der östlichen Abdachung des Kilimandscharo. Hier ist die Bebauung gering, da Wasser spärlich fließt; nur zur Weide dienen die mageren Triften.
Da der Kilimandscharo nur an der Südseite, von der verhältnißmäßig kurzen Basis Moschi-Rombo aus, von Forschern durchwandert worden ist, so kann unser Wissen von seiner Bewachsung und Bodengestaltung im ganzen nur ein bedingt richtiges und wenig vollständiges sein.
Den klimatischen Gesetzen folgend müssen sich die einzelnen Vegetationszonen bis zur Stein- und Schneegrenze hinauf gürtelartig um den ganzen Gebirgsstock legen. Die mehr der Sonne und den feuchten Luftströmungen ausgesetzten Ost- und Nordseiten sind die wärmern, die Süd- und Westseiten die[S. 110] kühlern. Es läßt sich daher annehmen, daß die Vegetationszone, wo es die Gebirgsformation erlaubt, im Osten und Norden weiter hinaufrückt als im Süden und Westen. Für die Höhen oberhalb Rombo ist dies wenigstens festgestellt.
Aus den Bananenhainen und Wiesengründen des Dschaggalandes tritt man in einer Höhe von 1800 m in eine parkartige, langsam ansteigende Landschaft, deren oberer Rand von dichtem, niedrigem Buschwald und Brombeergestrüpp begrenzt wird.
Von 2000 m an beginnt im allgemeinen (von 1500 m oberhalb Moschi und von 2500 m oberhalb Rombo) die Urwaldregion und endet bei 3000 und 3500 m. Der Böschungswinkel wird steiler (25–30°). Auf dem weichen, theilweis morastigen und schlüpfrigen Boden ragen ungeheuere Wollbäume und Banianen empor; Massen von Moos und Flechten überziehen die Aeste und Stämme und machen sie morsch durch ihre erstickende Last; Schmarotzer- und Schlingpflanzen bilden mit riesigen Farrnkräutern ein fast undurchdringliches Unterholz. Die hier hausenden Elefanten haben die Bahn für den Menschen gebrochen; doch gerade auf ihr liegen gutverdeckt die dem Fremden gefährlichen Wildgruben.
Nördlich des Urwaldes breitet sich in gelinder Steigung eine Wiesenzone mit Busch von 3000–4000 m aus. Die Pflanzendecke ist auf das mannichfaltigste zusammengesetzt: aus Papyrus ähnlichen Riedgräsern, Ginstergebüsch, krautartigen Stauden, violetten Glockenblumen und Orchideen, aus rosarothem Gladiolus und stiellosen, 1½ m im Umfang betragenden Disteln, sowie aus einem 6–9 m hohen Staudengewächs (Senecio Johnstonii), mit einem schwärzlichen, sehr weichen Stamm und einer mächtigen Krone von breiten Blättern und gelben Blütenbündeln.
Mit 4000 m ist der letzte Vegetationsstreifen, ein buschloses Mattenland, erreicht; es geht bei 4500 m in ein quellenloses, graufarbiges Lava- und Steintrümmerfeld über.[S. 111] Die beiden letztgenannten Zonen bedecken die zweite, 4300 m, und die dritte, 4800 m hochgelegene Terrassenstufe. Auf der letztern, einem 5 km nach Norden und 7 km von West nach Ost ausgedehnten Plateau ruhen der Eisdom des Kibo und die niedrigere, zerklüftete Felsenspitze des Kimawensi, beide Gipfel getrennt durch einen Sattel von sechs vulkanischen Kegeln.
Die untere Schneegrenze ist verschieden bestimmt worden, zwischen 4600 und 4900 m. An der Ostseite liegt sie höher als im Westen und im Norden schneidet sie nach Dr. Hans Meyer schon bei 5500 m ab.
Die höchste Kuppe des Kibo ist vergletschert und von einer 50 m hohen überhängenden Eiswand gekrönt, welche eine leicht gewellte Schneefläche ringförmig umschließt. Von der Decken berechnete ihre Höhe auf 5694 m, Dr. Hans Meyer auf ca. 5700 m und Otto Ehlers, der letzte Besteiger auf mehr als 6000 m.
Alle Reiseberichte sprechen von den günstigen Gesundheitsverhältnissen nicht nur auf der Culturzone des Kilimandscharo, sondern auch in den Wohnbezirken der Ebene. Selbst Taveta wird trotz der Nähe des großen Sumpfes am Nordende des Jipe-Sees als fieberfrei gerühmt. Es gibt keine andauernden Perioden von Trocken- und Regenzeit; die Höhe des Gebirges bewirkt Regen in allen Monaten. Nach allgemeiner Schätzung regnet es im April und Mai am stärksten, im Januar fast nie. Nach v. d. Decken, welcher Aufzeichnungen vom Juli bis September 1861 und vom October bis December 1862 niedergeschrieben hat, erscheint der December als der trockenste und der August als der feuchteste Monat.
Temperaturbeobachtungen von längerer Dauer und gleichzeitig an verschiedenen Orten wurden noch nicht gemacht. Die umstehende Tabelle gibt nur eine allgemeine Vorstellung von den Wärmeverhältnissen.
[S. 112] Temperaturen im Kilimandscharo-Gebiet verglichen mit den Temperaturen von Sansibar.
Ort. | Dauer der Beobachtung. | Höhe in Metern. | Monat. | Mittel-Temp. in R.° | R.° | |||
morgens | mittags | nachts | Max. | Min. | ||||
Taveta | — | 730 | Juni | 16 | — | — | 25 | 12 |
Moschi (durch Johnston) | Längere | 1300 | „ | 11,5 | 17 | 12 | 21 | 10 |
Moschi (durch Lt. Weiß) | Mehrmalige | „ | „ | 12,8 | 18 | 14,7 | 18,4 | 13 |
Aruscha | Einmalige | 730 | Juli | — | — | — | 23 | 15,2 |
Useri | „ | ? | „ | — | — | — | 16,8 | 12,8 |
Marangu | „ | 1300 | „ | — | — | — | — | 10 |
Kimangelia | „ | ? | August | — | — | — | 14,4 | 8 |
Moschi | Mehrmal. | 1300 | „ | — | — | — | 23 | 12 |
Jipe-See | „ | 737 | Oct. | 16,5 | 24,2 | 16,4 | 24,2 | 14 |
Kl.-Aruscha | „ | 730 | Nov. | 16,3 | 24 | 17 | 24,1 | 14,6 |
Moschi | „ | 1300 | „ | 13 | 22 | 16,9 | 22,5 | 13,2 |
Im hohen Gebirge | Einmalige | 2100 | Oct. | — | — | — | 16,5 | 5 |
„ | 3300 | Sept. | — | — | — | 14,6 | -1,3 | |
„ | 4900 | „ | — | — | — | 1,2 | -8 | |
Sansibar | Während eines Jahres | — | Juni | 18,9 | 20,8 | 19,4 | 22,4 | 17,7 |
Juli | 18,0 | 20,3 | 18,6 | 21,5 | 16,8 | |||
August | 17,8 | 20,6 | 18,4 | 21,8 | 16,8 | |||
Sept. | 18,3 | 21,2 | 19,1 | 22,8 | 17,5 | |||
Oct. | 18,3 | 21,3 | 18,9 | 23,2 | 16,7 | |||
Nov. | 19,7 | 22 | 20,5 | 24,4 | 19 |
Unverkennbar weht am Kilimandscharo und auf der daran anstoßenden Ebene selbst in den heißern Monaten eine frischere Luft als in Sansibar. Aber das Gefühl der Erfrischung wird wesentlich durch die stärkere Abkühlung während der Nacht hervorgerufen; denn die Mittagstemperaturen bleiben sich nicht nur fast gleich, sondern sind sogar im October und November um einige Grade gesteigert. An deutsches Klima ist nicht zu denken; das verbietet schon an und für sich die Existenz einer[S. 113] tropischen Pflanzenwelt und die doch sonst unmögliche Gewohnheit der Eingeborenen, beinahe nackt zu gehen.
Die südlich und westlich vor dem Kilimandscharo liegende Ebene bis an den Jipe und den Pangani unterhalb von Aruscha ist das herrlichste jungfräuliche Jagdgebiet. Nicht einzeln oder in kleinen Trupps, nein, in Scharen von Hunderten galopirt das Hochwild über die weiten Flächen.
Hier begegnet man Antilopen, Gazellen, Zebras, Giraffen, Büffeln und in geringerer Menge auch Straußen; dann paarweise überall dem Nashorn und dem Panther und am Ostufer des Jipe-Sees dem Löwen. Das Warzenschwein ist in größerer Menge am obern Sonja zu Hause; Flußpferde und einige Krokodile steht man im Jipe-See.
Der Elefant treibt sich im Sumpfwald und besonders in der Urwaldzone in 2–3000 m Höhe herum. Er klettert weit aufwärts; Johnston sah ihn bei 4000 m und Ehlers entdeckte seine Spuren sogar noch bei 5000 m.
Die Wälder in der Niederung werden von Affen, im Norden und Nordosten von dem weißschwänzigen Stummelaffen (Colobus), von Hornvögeln, Trappen und Kiebitzen belebt.
Die gefürchtete Tsetsefliege zeigt sich nirgends.
Eine besondere Erwähnung und Beachtung verdienen die zahllosen Bienenschwärme, denn sie überfallen unversehens die Karavanen zum größten Schrecken der Neger. Wehrt man sich mit Hand und Stock gegen sie, so wird man auf das entsetzlichste zerstochen. Gegen sie gibt es nur zwei Mittel: entweder ruhiges Verhalten oder Anzünden von Feuern, um durch Rauch sie zu vertreiben.
Zu den Bewohnern des Kilimandscharo-Gebietes gehören: die Wadschagga, Wataveta, Wakuafi und Wandorobbo. Auch[S. 114] von den Masai muß eingehend gesprochen werden, da sie als nächster und wichtigster Nachbarstamm bestimmend in das Leben und den Verkehr der übrigen Bevölkerung eingreifen.
Die Wadschagga haben ihre Wohnsitze auf der ersten Terrasse des Südabfalls des Gebirges; am Fuße, im Westen und Osten, treten sie in Komboko und Rombo mit wenigen Ansiedelungen in die Ebene hinaus.
Die politisch abgeschlossenen größern Bezirke, welche die im Verhältniß zu der außerordentlichen Fruchtbarkeit geringe Bevölkerung umfassen, heißen von West nach Ost gezählt: Madschama, Uru, Moschi, Marangu, Rombo. Früher wurden noch Kindi, Lambungu, Kirua, Mamba genannt und mit Kilema als Sammelname der südöstliche Theil von Moschi bis Rombo bezeichnet. Wir haben keine Kenntniß, ob diese kleinern Landschaften noch selbständig existiren; wir wissen nur, daß Lambungu durch Raubzüge der Nachbarn ganz entvölkert worden ist und entvölkert blieb.
Die Wadschagga treiben Ackerbau und Viehzucht; sie gewinnen Honig in großen Quantitäten, indem sie Bienenkörbe aus ausgehöhlten Holzstücken herstellen und deren funfzehn bis zwanzig an den Waldbäumen aufhängen. Die Männer überlassen den Weibern hauptsächlich die schweren Arbeiten und verlegen sich selbst mit Vorliebe auf Jagd, Krieg und Raub, wozu sie schon als Knaben, abgesondert von der Familie, erzogen werden. Sie werden sich in keiner europäischen Ansiedelung als Feldarbeiter verdingen; nur um hohen Lohn schlossen sie sich bisjetzt den Gebirgsexcursionen der Weißen als Führer an.
Eine besondere Stellung nehmen die Wadschame ein; sie sind Schmiede und verfertigen mit ungewöhnlicher Geschicklichkeit feine Eisenkettchen (Mikusu von den Händlern genannt und Elbissia von den Masai); dieselben dienen als Schmuck und hauptsächlich als Tauschwaare in den westlichen und nördlichen Ländern.
[S. 115] Die Wadschagga sind ein kräftiger, hochgewachsener Menschenschlag, von etwas hellerer Hautfarbe als die Küstenneger, vom schönsten bis zum häßlichsten Typus. Häufig gewahrt man scharfmarkirte Gesichtszüge, schmale Lippen und stark hervortretende Backenknochen. Von der Anmuth des Wuchses und den vollen Formen der bronzefarbenen jungen Mädchen entwerfen alle Reisenden begeisterte Schilderungen. Die Sprache ist dem Kisuaheli verwandt; einzelne Herrscher, wie Mandara, der Häuptling von Moschi, sprechen es geläufig.
Die Tracht der in zerstreuten Hütten wohnenden Bevölkerung ist sehr dürftig; die jungen Männer gehen ganz nackt, die Mädchen begnügen sich mit einem Bananenblatt um die Lenden oder mit einer handgroßen Schürze von Drahtkettchen. Die ältern Männer tragen ein Fell, das mit der größern Hälfte auf den Rücken herabfällt, oder Stücke von Baumwollzeug, das mit fußlangen Fransen verziert und mit röthlicher Erde beschmiert ist. Ihre Waffen sind fast ausschließlich Schild und Speer; Feuergewehre besitzen sie in sehr geringer Anzahl. Die Frauen schmücken sich einfach mit Gehängen von kleinen rothen Perlen und bedecken ihre untern Blößen mit einem Lederschurz; vornehmere verschleiern mit grünen und rothen Perlenschnüren das Gesicht.
Die beliebtesten Tauschwaaren sind: Baumwollstoffe, Glasperlen und Metallwaaren. Von Kahe wird in großer Menge eine als Salz verwendbare Erde, Emballa, eingeführt.
Bei der Begrüßung von Fremden wird zum Zeichen des Friedens ein Büschel Gras in die Hand genommen und unter dem Ruf „Jambo” emporgehoben. Thut der Fremdling dasselbe, so beginnt die Berathung, das Schauri. Dazu dient ein bestimmter geheiligter Platz, Maschingo genannt, mit Steinen im Kreisrund abgegrenzt, in dessen Mitte eine Hütte und zwischen drei Bäumchen ein Felsblock steht.
Ein Volk, das sich fast ausschließlich dem Krieg und der Jagd ergeben, müßte auch wild und rauh in seinem Benehmen[S. 116] sein. Allein die Kriegs- und Jagdzüge der Wadschagga bestehen häufiger in schlau vorbereiteten Ueberfällen der Wehrlosen und im Fangen des Wildes in Fallgruben, als im offenen Angriff; und so hat sich in ihrem Charakter mehr List und Feigheit ausgebildet, als wirklich mannhafter Sinn. Sich selbst gegen plötzlichen Einbruch von Feinden zu schützen, verstehen sie vortrefflich. Vorposten sind an den die Wohnbezirke umlaufenden Schanzgräben aufgestellt; bei ausgezeichneter Wachsamkeit entgeht ihnen nicht das leiseste Geräusch. Schleicht sich ein Feind heran, so rufen sie sofort die gesammte kriegsfähige Mannschaft zu den Waffen.
Die Wataveta, die nur den Bezirk Taveta bewohnen, scheinen von demselben Stamm zu sein, wie die Wadschagga. Ihr äußerer Typus ist nahezu derselbe, auch ihre Wohnweise. Dagegen haben das üppige Leben in der paradiesischen Ebene und der unausgesetzte Verkehr mit den Karavanen, die hier monatelang lagern, ihren Sitten und Gemüthern den Ausdruck der Friedfertigkeit verliehen, der Bekleidung und dem Schmuck den Stempel der Wohlhabenheit aufgedrückt.
Sie sind Ackerbauer, Fischer, Hirten von Rindern und Schafen und eifrige Bienenzüchter. Trotz des Wildreichthums in der Gegend des nahegelegenen Jipe-Sees ziehen sie selten zur Jagd aus. Zur Vertheidigung ihres von Dschungeln eingefesteten Gebietes gegen die stets verheerenden Masai-Horden sind sie auf sich selbst angewiesen und nur mit Rücksicht auf diese üben sie sich im Handwerke des Kriegers. Niemals treten sie aus ihrem Heim heraus, um Beute aus andern Ansiedelungen zu holen.
Männer und Weiber schmieren den Körper mit gefetteter rother Erde ein. Die Kleidung der Männer besteht entweder aus einem Stück röthlich gefärbten Baumwollzeugs, das um den Hals gebunden wird, oder aus einem über die rechte Schulter hängenden Fell. Zum Schmuck werden verwendet: ein Halsband von Eisen- und Messingdrahtkettchen, darüber eines von[S. 117] Perlen; Holzstäbchen und Scheibchen oder kleine Flaschenkürbisse in den durchlöcherten und unförmlich erweiterten Ohrläppchen; Spangen von Holz, von Eisen- und Messingdraht um Arme und Beine; metallene Schellen um die Knöchel. Meterhohe Schilde von Büffelhaut, Keulen, Schwerter und Speere, auch Messer sind ihre Waffen; selten Bogen und Pfeil.
Der Schmuck der jungen Mädchen zeigt sich in etwas Perlengehäng an den Ohren; sie begnügen sich, allein durch den Reiz ihrer ebenmäßigen Gestalt und vollendet schöner Büsten zu wirken. Die verheiratheten Frauen belasten das Ende ihrer Ohrmuscheln wie die Männer; zur Abwechselung stecken sie eine Schnecke von Eisendraht durch die Läppchen. Mit schweren Messingringen umschließen sie Hals und Beine.
Die Wataveta gelten als friedlich, gastfrei und ehrlich.
Die Art, wie sie Blutsbrüderschaft schließen, schreckt die Europäer vor der persönlichen Ausführung zurück: man spuckt auf ein Stück gebratenen Fleisches und steckt es sich gegenseitig in den Mund.
Die Masai gehören zum Stamme der Galla; ihr Verbreitungsbezirk läßt sich bei ihrem fortwährenden Wanderleben von Land zu Land nur annähernd bestimmt angeben; doch kann man als Grenzen, die sie bisjetzt dauernd nicht überschritten, bezeichnen: den Naiwascha-See, Ukamba, den Lauf des Sabaki, die Gebirge von Pare, Nguru, Usagara, Uhehe, das Hochplateau von Unjamwesi und der östlichen Ufer des Victoria-Nyanza.
Sie sind ein Krieger- und Hirtenvolk, ohne feste Wohnsitze immer bereit zum Kampf. Die jungen Leute (Elmuran) bilden die Kriegerkaste; sie nähren sich ausschließlich von Fleisch und Milch. Die verheiratheten ältern und wohlhabendern Männer (Elmorua) und die Weiber nehmen nicht theil an den Kriegszügen, sondern bleiben im Kreise ihrer ungeheuern, oft bis zu 10000 Stück zählenden Heerden, von einem Lagerplatz zum andern ziehend; ihr Wandertrieb drängt und treibt[S. 118] nach Veränderung, wenn auch Futter und Wasser reichlich vorhanden sind. Da nur der Besitzende heirathen kann und nur Rinder als werthvoller Besitz gelten, so ist die Veranlassung zu Raubzügen immer gegeben; im großen Stile werden diese meistens im August, September und October unternommen; sie führen die kriegslustigen Horden bis an die Küste zwischen Mombas und Tanga. Stets wird die Jugend von einigen Männern, reich an Erfahrung und älter an Jahren, begleitet.
Die Männer sind groß, kräftig und schlank, die Gesichtszüge sehr verschieden, vom Angenehmen bis herab zum Thierischen; die jungen tragen wie Stutzer alle möglichen Haarfrisuren, die verheiratheten rasiren den Schädel. Für gewöhnlich werden als Bekleidung benutzt größere oder kleinere Felle, die über die Schulter geworfen werden, oder förmliche Ledermäntel. Zum Kriegsanzug gehört vor allem ein lang herabwallender Mantel (Neiwera) von 2 m Baumwollenstoff, mit einem 2 cm breiten bunten Streifen besetzt (er wird um den Hals gebunden) und ein Ziegenfell um die Hüften; als Schmuck Ohrringe von Perlenschnüren, Eisenkettchen und Messingdraht, Armbänder von Elfenbein, langhaarige Affenfelle um die Knie und Schellen um die Knöchel. Das Gesicht wird durch einen mächtigen Kranz von schwarzen und weißen Straußenfedern eingerahmt. Als Waffen verachten sie Bogen und Pfeile wie auch Feuergewehre; sie tragen nur enorm lange Speere mit breitem Blatt, ein kurzes Schwert, Keule und Schild.
Das weibliche Geschlecht ist nichts weniger als anmuthig; hagere Körper, etwas schwulstige Lippen mit vorstehenden oberen Schneidezähnen, glattrasirte Köpfe. Diese Gestalten hüllen sich in einen weiten, rothbeschmierten Ledermantel und beschweren panzerartig den Hals mit Ringen von dickem Eisendraht und Arme und Beine mit dichten Metallspiralen, die Ohren mit Gehängen von Perlen und Messingschnecken.
Die Masai scheinen einen wirklichen Nationalstolz zu besitzen; sie verachten die sie umgebenden ackerbautreibenden[S. 119] Völker. Sie haben weder Sklaven noch Sklavinnen. Das Rind ist ihnen alles; sie hegen und pflegen dasselbe fast mit Zärtlichkeit, dafür kämpfen und sterben sie.
Das ganze Masai-Volk besitzt eine Art von gemeinschaftlichem Oberhaupt, einen Hohenpriester, Mbatian genannt, der sich meistens im Gebiet Kisongo bei dem Berge Meru aufhält. Er bezeichnet Richtung und Zeitpunkt der großen kriegerischen Unternehmungen und verleiht durch besondere Zaubermittel die sichere Aussicht auf Erfolg; sein Rath wird von allen gesucht und ist entscheidend.
Sonst leben die Masai in patriarchalischer Verfassung sippenweise beisammen. Jede Sippe hat ihren eigenen Zauberer oder Priester, Leibon, der die bösen Geister beschwört und Regen erwirkt. Hat er Miserfolg, so wird er abgesetzt oder in schwerern Fällen sogar ermordet.
Von Bedeutung für den auswärtigen Verkehr ist, daß jede der drei Klassen der Elmorua einen Sprecher, Leigwenan, besitzt.
Er leitet mit großer Beredsamkeit die Unterhandlungen und hält auf parlamentarische Ordnung. Nur wer es versteht, ihm richtig zu antworten und kluge Gegenvorstellungen zu machen, ist ein brauchbarer Dolmetscher im Masai-Lande. Man begrüßt sich durch Händeschütteln. Der ausgespuckte Speichel gilt als Zeichen der Weihe. Der Leibon spuckt dem ihn Besuchenden auf die Hand; ebenso verlangen die Masai, daß der Europäer, wenn er als Zauberer geachtet wird, allen, soviel sie auch sein mögen, in die Hand spucke. Ein verkaufter oder verschenkter Gegenstand muß angespuckt werden, zum Zeichen, daß man endgültig auf seinen Besitz verzichtet.
Die Sprache ist ganz verschieden von dem Bantu-Dialekt; gezählt wird nur bis funfzig entweder mit Worten oder mit einer eigenthümlichen Fingersprache.
Da das unausgesetzte Wanderleben das Anlegen von Dorfschaften unmöglich macht, so erbauen die Masai ihre[S. 120] Hütten auf die einfachste und flüchtigste Weise: über einige in den Boden gesteckte und zusammengebogene Stangen werden Häute gelegt und diese mit Kuhmist eingedeckt. In dem durch Dornhecken geschützten Kreis von Hütten lagert nachts die Heerde. Das Weib verrichtet alle häuslichen Arbeiten, erhält zur Nahrung Eingeweide und Gehirn der geschlachteten Rinder, Ziegenfleisch und Ziegenmilch und darf sich Pflanzenkost bei benachbarten Ackerbauern erhandeln. Es genießt im Verkehr außerhalb des Stammes große Freiheiten. Die Frauen können unbelästigt selbst diejenigen besuchen, die mit ihren Männern und Brüdern in Fehde stehen; sie bringen den Karavanen Nahrungsmittel und oftmals heimliche Botschaft von drohenden Ueberfällen. Bei den Wanderungen haben sie einen Theil der Lasten zu tragen; das schwere Gepäck wird auf Ochsen und Eseln verladen. Letztere sind wahrscheinlich von Norden eingeführt und gelten als das charakteristische Lastthier der Masai.
Die Wakuafi gehören auch zum Stamm der Galla; ob zu dem der Masai, erscheint sehr fraglich. Denn sie werden von den letztern verachtet oder auf das feindseligste verfolgt. Der Hang zur Seßhaftigkeit ist ihnen, im directen Gegensatz zu den Masai, eigenthümlich und damit die Neigung zu mildern Sitten. Es dürfte demnach die Annahme richtig sein, daß sie, ein gesonderter Stamm, aus den frühern Wohnsitzen zwischen Kilimandscharo und Naiwascha-See von den Masai theilweise versprengt wurden und ihre Niederlassungen da gegründet haben, wo ihre Feinde sie duldeten oder wo sie vor denselben Schutz fanden. Derartige selbständige Wakuafi-Ansiedelungen befinden sich im Kilimandscharo-Gebiet in Klein-Aruscha und Kahe, wahrscheinlich auch in Komboko. In Taveta leben sie vermischt unter den Einheimischen.
Im äußern Habitus und in vielerlei Sitten gleichen sie den Masai. Statt der Viehzucht, welche die räuberischen Horden anlocken würde, treiben sie Ackerbau. Ihr Benehmen ist friedliebend, treu und zuverlässig. Die Pangani-Karavanen lassen[S. 121] sich bei ihnen in Aruscha nieder, deponiren hier vertrauensvoll einen Theil ihrer Waaren, während sie ihre Streifhandelszüge in das eigentliche Masai-Land unternehmen.
Die Wandorobbo zählen zur Gruppe der Völkersplitter. Niemand weiß, woher sie kamen und zu welchem Stamm sie gehören. Sie sind ausschließlich nomadisirende Jäger; in dringender Noth vermiethen sie sich als Rinderknechte an die Masai, die sie verächtlich behandeln. Man trifft ihre im Dickicht versteckten Hütten in größerer Anzahl bei Useri an der Ostseite des Gebirges. Ihre Sprache wird nur von den Stammesangehörigen verstanden. So furchtsam und mistrauisch ihr Benehmen gegen die Nachbarstämme ist, so tapfer und schlau zeigen sie sich bei der Jagd auf Elefanten. An sie wenden sich gelegentlich die Karavanen beim Einkauf von Elfenbein.
Muini Mkoma soll vor 150 Jahren aus dem Pangani-Thal gekommen sein und am Fuß des Kilimandscharo das Fürstenthum Kilema gegründet haben. Sein Urenkel Masaki war noch 1848 der mächtigste Herrscher in Dschagga; nach dieser Zeit galt als solcher Mamkinga von Madschama und blieb es mindestens bis zu Anfang der sechziger Jahre.
Gegenwärtig genießt Makindara oder (auf Kisuaheli) Mandara in Moschi den Ruf, die umfangreichste Gewalt zu besitzen, aber doch nur insofern mit Recht, als er die größten Raubzüge im Verein mit den Masai gegen Useri oder Ugono unternimmt; denn unterthan sind ihm keine andern Häuptlinge.
Mandara war zu den Zeiten Rebmann’s ein Knabe, zur Zeit von der Decken’s ein Jüngling, bei Thomson, Johnston und Dr. Hans Meyer ein Mann. Er hat immer Nutzen aus dem Besuch von europäischen Gästen gezogen und ist so klug, ihren dauernden Aufenthalt zu wünschen, denn sie müssen sich seinen[S. 122] freundschaftlichen Erpressungen fügen und vermehren auf diese Weise ständig seine Einkünfte. Von ähnlich zuvorkommender Gesinnung ist Mareale, der Beherrscher von Marangu.
Wieviele selbständige Fürstenthümer am Kilimandscharo andauernd existirt haben oder noch existiren, läßt sich aus den verschiedenen Reiseberichten nicht sicher entnehmen. Mit einiger Bestimmtheit kann man gegenwärtig vier unabhängige Staaten nennen: Madschama, Moschi, Marangu und Rombo. Jeder Staat hat seinen König, Mangi; er ist unumschränkter Herr des Landes und des Volkes; selbst über die Ehen verfügt er. Er ruft alle Jünglinge und Männer, die waffenfähig sind, zusammen und überfällt bei günstiger Gelegenheit die Nachbarn. Doch ist er durch die Sitte gezwungen, bei kriegerischen Unternehmungen den Rath der Aeltesten anzuhören, die Siegesbeute und auch den Tribut der Karavanen mit seinem Volke zu theilen.
Die Gemeinden von Taveta, Kahe und Klein-Aruscha besitzen eigene Häuptlinge und sind voneinander und von den Nachbarstämmen politisch unabhängig.
Das Kilimandscharo-Gebiet liefert alle Nahrungsbedürfnisse in reichlichster Fülle: Getreide, Gemüse und Bananen von ganz besonderer Güte; Milch, Honig; Rinder, Schafe, Fische; in geringerer Menge Zuckerrohr und Taback.
Da das Land schwach bevölkert ist, so kann durch vermehrten Ackerbau die Production gesteigert werden.
Exportirt werden hauptsächlich Elfenbein, auch Straußenfedern. Der Wildreichthum bietet in Bezug auf Erwerb werthvoller Häute die lohnendsten Aussichten.
Als Importwaaren werden gesucht: Baumwollzeuge, Messing- und Eisendraht; weiße, rothe und blaue Perlen.
[S. 123] Zu europäischen Niederlassungen mit Negerarbeit eignen sich Klein-Aruscha, Kahe, Taveta, Rombo und die von der offenen Ebene direct erreichbaren Dschagga-Landschaften Marangu, Moschi und Madschama. Der Verkehr längs oder am Fuße der Gebirgsterrasse ist wegen der tiefeingerissenen Flußthäler und des Sumpfwaldes sehr erschwert.
Die Production über den Localbedarf und zum Zwecke des Exports findet zur Zeit zwei wesentliche Hindernisse: die Entfernung von der Küste und den Mangel an Arbeitern. Der Weg von Taveta nach Mombas, durch eine wasserlose Steppe führend, beträgt 250 km oder 14–18 Tagemärsche der Karavanen; die mit Wasser und Lebensmitteln besser versorgte Route von Taveta längs der Berge von Pare und Usambara nach Pangani beträgt über 300 km oder 21–24 Tagemärsche; zur Regenzeit ist sie streckenweise wegen der Ueberschwemmungen ungangbar. Den Fluß Pangani als Wasserstraße zu benutzen, ist wegen der Stromschnellen unmöglich.
Der Mangel an Arbeitern beruht auf der Unlust der Wadschagga, auch nur kurze Zeit ihrem kriegerischen Faulenzerleben zu entsagen. Daß die zum Ackerbau geneigteren Wakuafi bei der Aussicht auf Erwerb und bei zunehmender Sicherheit von Person und Eigenthum zur Einwanderung in größerer Menge sich bewegen ließen, ist nicht unwahrscheinlich, doch eine bisjetzt noch nicht praktisch erprobte Lösung der Arbeiterfrage.
Jedenfalls, das dürfte unbedingt feststehen, erheischt die Colonisirung des Kilimandscharo-Gebietes im großen Stil in erster Linie den Bau einer Eisenbahn zur Verbindung mit dem Meere. Die kürzeste und billigste Verbindung wäre die von Taveta nach Mombas in der englischen Interessensphäre. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Eisenbahnbaues hängt ab von kaufmännischen und colonisatorischen Unternehmungen der Engländer in der Richtung gegen den Victoria-Nyanza und in dem Aufblühen deutscher Niederlassungen am Kilimandscharo. Beides dürfte noch in ferner Zukunft liegen.
[S. 124] Zur Zeit können in dem fraglichen Gebiete mit der Aussicht auf baldigen Ertrag nur Stationen errichtet werden, welche bezwecken, das Wild zu erlegen und die gewonnenen Häute als Handelsartikel zu verwerthen. Der Transport nach der Küste ließe sich durch Verwendung der Masai-Esel und Ochsen erleichtern. Den Elfenbeinhandel hier an der Quelle auf eigene Kosten zu betreiben, erscheint verlockend; die Erfahrung in andern ebenso günstig gelegenen Plätzen hat aber gelehrt, daß kein Europäer im Stande ist, so billig und geschickt Elefantenzähne zu kaufen, wie der mit den Verhältnissen auf das genaueste vertraute Araber und Suaheli.
Das Land vom Pangani bis zum Kingani hebt sich von dem durchschnittlich 10 km breiten, niedrigen Küstenstreifen von Ost nach West mit einer Zunge zwischen Wami und Gerengere in zwei Terrassen zu einer durchschnittlichen Höhe von 500 m empor. Auf der zweiten Terrasse fußt die Gebirgsmasse von Nguru und Usagara.
Die erste Terrasse ist im Norden vom Thale des Pangani und im Süden von jenem des Gerengere und des Kingani begrenzt. Ihre westliche Grenze zieht sich von dem Pangani-Ufer, gegenüber der Mündung des Luengera, in fast direct südlicher Richtung über Konde nach Mbusine und wendet sich von hier, dem Wami-Makata stromaufwärts bis zur Mündung des Miombo folgend, mit einer Schleife nach Süden, rückwärts über Kisukara nach dem Oberlauf des Gerengere. Sie steigt von der Küstenniederung rasch zu 250 m, dann ganz allmählich[S. 125] bis zu 333 m bei Kidudwe und bis zu 360 m in der Makata-Ebene empor. Ihre Breite beträgt zwischen Ndumi und Mbusine 75 km.
Die zweite Terrasse liegt als ein 15–20 km schmaler Streifen vor dem Ostabhang der Nguru- und Kidete-Berge in einer zwischen 330 und 700 m wechselnden Höhe. Ihre westliche Grenzlinie beginnt nach den bisjetzt angestellten Höhenberechnungen im Norden bei Lutyomo (508 m) am Pangani, geht nach Süden bei Muango (734 m) über ihre höchste Erhebung nach Kurimba (638 m), dann westsüdwestlich nach Kidudwe in Nguru und bildet in Usagara die obere Thalstufe des Wami, von 397 m bei Mvomero bis zu 481 m bei Farhani ansteigend, und schließt den südlichen Theil der Makata-Ebene von Muhanda (492 m) bis Kikoboga (513 m) ab.
Die auf der zweiten Terrasse sich erhebende Bergmasse ist eine zusammenhängende Gebirgskette, die mauerartig von Nord nach Süd und Südwest, von der Masai-Ebene bis zum Quellgebiet des Ulanga und zum Nordende des Nyassa-Sees sich ausdehnt. Das nördliche Massiv, im Süden vom Wami begrenzt, wird als Nguru-Gebirge bezeichnet. Wir besitzen noch keine sichere kartographische Aufnahme von demselben; wir sind auf die wenig exacten Aufzeichnungen des englischen Missionars Last beschränkt. Wir kennen weder die Ausdehnung nach Westen, noch die nach Norden oder Osten; wir kennen nur die Begrenzung im Süden. Für die Größe und für den Verlauf der Erhebung dienen allein zwei sichergestellte Punkte: im Norden das Hochthal von Mgära 1170 m und im Süden (nahe der Mündung des Luseru) Mkunga 365 m. Ferner mag die Annahme richtig sein, daß das Nguru-Gebirge aus einer (noch nicht bestimmten) Anzahl von Hügelreihen besteht, die parallel nach Süden verlaufen und in welche kleinere Querthäler eingebuchtet sind.
Das Nguru-Gebirge setzt sich in einem südwestlichen Bogen unter dem Namen der Kidete-Berge in die Landschaft Usagara fort. Diese nehmen die linke Thalseite des Wami-Makata[S. 126] bis Kondoa ein. Von hier steigen sie (unter keinem bekannten besondern Namen) zur höchsten Erhebung (1800 und 2100 m) in Usagara empor, über deren Paß (1876 m) der Weg vom Mukondogwa- nach dem Ruaha-Thal führt. Nach Nordwesten zweigt sich das Rubeho-Gebirge ab, welches zwischen der Kleinen und Großen Marenga-Mkali eine vielbegangene Einsattelung, den Windi-Paß (1737 m), besitzt und nach Norden in die Ebene von Mbambwa (986 m) abfällt. Im Halbkreis umschließt es zwischen dem Rumuma und Matamombo die Hochfläche der Kleinen Marenga-Mkali (852 m über dem Meere), welche der Oberlauf des Wami als Ugombe durchströmt.
Der dreieckförmige Theil des nördlichen Usagara zwischen Makubika, Mbambwa und Kondoa ist in seinem Innern noch so wenig erforscht, daß ein sicheres orographisches Bild von ihm nicht gegeben werden kann. Doch haben die bisherigen Reiseberichte folgende Anhaltspunkte geliefert. Die Basis des Dreiecks Makubika-Mbambwa steigt in sich von 815 m zu 986 m an und liegt um 334 m, bezw. 505 m höher als das Flußthal des Mukondogwa bei Farhani, der Spitze des Dreiecks. Fünf Wasserläufe, der Loonga, Sima, Mtate, Mlali (?) und Matamombo durchkreuzen die Basis oder beginnen nahe südlich derselben; ihre Richtung muß im allgemeinen eine südliche sein. Nördlich geht die Basis theils in die ansteigende Ebene zum Fuße des Nguru-Gebirges, theils in die große Masai-Ebene über. Zwischen den parallelen Wasserläufen ziehen in verschiedener Erhebung gegen das Mukondogwa-Thal herab:
Die Niangara-Berge,
die Ruembe-Berge,
die Kleinen Rubeho-Berge mit einem Paß von 1368 m,
die Höhen von Mlali, 1127 m,
die Kiboriani-Berge, 1800 m.
Mit Ausnahme der letztern verflachen die Höhenzüge rasch an ihren nördlichen Ausläufern.
[S. 127] Das Gestein der Gebirge in Nguru und Usagara ist durchgehends Gneis und Hornblende mit Einlagerungen von Grünstein, Schiefer und Sandstein; die Färbung der Erde vorherrschend roth und grauroth. Die Umrisse der Berge wechseln auf das mannichfaltigste; oftmals erscheinen sie in wildgezackten Felsengraten, oftmals thürmen sich waldbedeckte Gipfel dicht hintereinander auf oder sie liegen, wenn von Süden betrachtet, als breite Kuppelmassen da: immer aber gewähren sie einen malerischen Anblick.
Der Wami fließt von der Hochfläche bei Ndiabi in allgemein westlicher Richtung nach der Küste und mündet in zwei Armen südlich von Saadani in den Indischen Ocean. In Useguha nur als Wami bekannt, führt er in Usagara von West nach Ost folgende Namen: Ugombe, Mukondogwa und Makata.
Nimmt man den längsten und stärksten Flußlauf als den Hauptstrom an, so muß der Beginn des Wami in dem Ugombe gesucht und deshalb sein Ursprung in das Rubeho-Gebirge, in die Umgebung des Großen Rubeho-Passes (1737 m) verlegt werden. Als ein reißendes Gebirgswasser tritt er in die Wüste der Kleinen Marenga-Mkali (852 m) und erscheint in einem breiten Bett mit niedrigen Ufern vor dem Bergthor von Ndiabi (738 m). Sein Lauf durch diesen Theil des Usagara-Gebirges ist als das Mukondogwa-Thal bekannt. Bei Sima (Muinin-Sagara) hat der Fluß in der Trockenzeit eine Breite von 45 m und nach dem Ausgang bei Kiora eine solche von 90 m. Die Uferränder sind, wo sie nicht dicht an die Abhänge sich anschließen, schilfig und morastig. Die ihn umgebenden Höhen sind theils dicht bewaldet, theils auf felsigem Grund mit Dorngebüsch besetzt; an vereinzelten Stellen bieten sie Raum für den Anbau von Feldern und zum Einnisten von Dorfschaften.[S. 128] Das Entzücken über die Schönheiten des Mukondogwa-Thales, das namentlich Stanley ausgesprochen, hat seinen Grund mehr in der Wirkung der malerischen Reize, als in der Existenz ausgiebiger Culturfähigkeit.
Bei Mbumi tritt der Wami in die 110 km lange, 30 km breite Makata-Ebene ein. Sie ist unfruchtbare Savannenwildniß, bei Regenzeit vollständig überschwemmt. Oestlich von den Bergen von Ukami und westlich von den Kidete-Bergen eingerahmt fließt der Wami in nördlicher Richtung bis Kwadibago, wo er an den Fuß der Nguru-Berge anstoßend nach Osten sich wendet. Hart am Ufer mit Dschungel, Wald und Schilf umgeben, ist die weitere Umgebung von Mbumi in Usagara bis westlich Mandera in Useguha uncultivirbare Savannenfläche, am rechten Ufer nur durch die nahegelegenen, ungefähr 5–600 m hohen Pongwe-Berge unterbrochen. Von Mandera bis Mlonga durchbricht er in einem engen, steilen Thal und mit vielfach gewundenem Lauf die Hügel von Udoë, um in zwei schmale Arme getheilt und durch Sumpfwaldungen hindurch bei Saadani kaum bemerkbar in das Meer sich mehr zu verlaufen als zu ergießen. Seine Tiefe beträgt bei Kakongo in der Makata-Ebene 2 m, bei Udoë nur noch 1 m, in der Trockenheit 0,3 m, an der Mündung selbst 2,4 m. Der Wami ist demnach kein schiffbarer Fluß, auch nicht für geringere Strecken.
Der Wami nimmt von Norden 13 und von Süden 4 größere Nebenflüsse auf.
Vor dem Eintritt in das Mukondogwa-Thal bei Ndiabi vereinigen sich mit ihm, von Nordwesten und Norden strömend:
Der Matamombo. Er entspringt auf den Kiboriani-Hügeln nordöstlich von Mbambwa, zwischen Tubugwe und Sagala und erhält von dem Salzlager bei Mlali einen bittern, unerträglichen Geschmack. Nach einem Lauf durch die vertrocknete Ebene von Kodikodi und über kahlen Granitboden bildet[S. 129] er den Ugombe-See, 5 km lang und 3 km breit, welchen dunkelbraune Bergwände umgeben.
Der Mtate. Er entquillt den Kleinen Rubeho-Bergen, fließt bei Kitangi durch ein 16 km breites, volk- und heerdenreiches Thal, das den Charakter der Fruchtbarkeit im weitern Verlauf nach Süden beibehält.
Von Süden mündet bei Ndiabi:
Der Rumuma. Er ist ein frisches, reißendes Gewässer, das aus der höchsten Erhebung des Rubeho-Gebirges herabströmt in einem felsigen und von Busch und Wald dicht umschlossenen Bett.
In das Mukondogwa-Thal im engern Sinn, von Ndiabi bis Mbumi, münden von Süden:
Der Tschogwe mit dem Mdunwi, in einem tief eingeschnittenen Thal.
Von Norden:
Der Sima. Er hat seinen Ursprung südlich von Mamboia und fließt durch eine fruchtbare, mit Miombo-Bäumen und Bambusen erfüllte Landschaft.
Beim Eintritt in die Makata-Ebene nimmt der Wami von Süden auf:
Den Miombo. Er ist in seinem Oberlauf 15 m breit, brusttief, an seinen Ufern mit den laubreichen Miombo-Bäumen geschmückt und von bebauten Feldern begrenzt.
Den Makata. Er hat seine Quellen im Rufutu-Gebirge und entsteht aus der Vereinigung des Zonwe mit dem Kikoboga, welche am Goma-Paß (670 m) und Mabruki-Paß (513 m) entspringen. Er ist in der moorartigen Ebene ein raschfließendes, schlammiges, wenn auch trinkbares Wasser. Bei Kakongo, dem Uebergang der Karavanen von Ukami nach Usagara, hat er eine Breite von 36 m und eine Tiefe von 2 m.
Von Norden und Nordwesten fließen von den Kidete-Bergen, von Mbumi bis Kwadibago, eine große Anzahl von Bächen und Flüssen in den Wami; sie durchschneiden den nördlichen[S. 130] Theil der Makata-Ebene, ohne die Unfruchtbarkeit derselben wesentlich zu mindern. Die größern Zuflüsse, deren Breite und Tiefe nur während der Regenzeit angegeben werden können, sind:
der Loonga, 12 m breit, ½ m tief; der obere Lauf in fruchtbarer Gegend;
der Komberina (auch Wami oder Rudewa genannt), 28 m breit und 1,50 m tief, mit gutcultivirten Feldern bei Rudewa;
der Tami, 30 m breit und 0,80 m tief;
der Munikunde, 60 m breit und 0,30 m tief;
der Mvomero, 6 m breit und 0,60 m tief; er wird als der Grenzfluß zwischen Usagara und Nguru bezeichnet.
Mit der Wendung nach Osten bei Kwadibago tritt der Wami an die Ausläufer des Nguru-Gebirges heran und nimmt auf dieser Strecke, von Kwadibago bis Mfute, den Luseru und Rukigura auf, welche dem Nguru-Gebirge die Gliederung der von Nord nach Süd verlaufenden Thäler geben.
Der Luseru (Mvue), im Oberlauf der Richtung der Bergzüge folgend, durchbricht im Mittellauf dieselben nach Südosten und mündet aus dem engen Thal von Mkunga in die Niederung des Wami. Er hat sein westliches Quellgebiet in der Masai-Ebene, nimmt von der linken Seite den Luvumo und bei Sagasa den Luidschi auf, der (nach Last) ein über 60 km langes Thal durchströmen soll. Bei Kisera (südöstlich von Sagasa) ist der Luseru in der trockenen Zeit 9 m breit und 0,3 m tief; hier mündet von Osten der die Gegend von Kibanti bewässernde Boromo.
Der Buvuma soll nahe östlich von Kisera, von Süd nach Nord strömend, in den Luseru sich ergießen. Rev. Last’s kartographische Darstellung hat die Unwahrscheinlichkeit dieses Flußlaufes zu verantworten. Im Thal von Mondo (Kinjumbi) entfaltet sich die schönste Vegetation des Luseru; seine Wasserfülle[S. 131] steigt bei Mkunga (nach dem Austritt aus dem Gebirge) zu einer Breite von 23 m und einer Tiefe von 2 m (zur Regenzeit). Er nimmt kurz vor seiner Mündung in den Wami noch den krystallklaren Singwe (20 m breit und 1 m tief) und den Lukindo (20 m breit und 1,20 m tief) auf.
Der Rukigura (Mbusine oder Kikula) mündet bei Mfute in den Wami. Er ist ein reißendes, klares und fischreiches Wasser. Bei Mbusine beträgt seine Breite 20 m, seine Tiefe 1,80 m. Der Mittel- und Oberlauf wurde noch nicht erforscht. Last’s Angaben darüber können nicht auf zweifellose Geltung Anspruch machen.
Die Karavanenstraße, welche über die erste Terrasse von Mrere nach Ndumi führt, wird von einer Anzahl nordsüdlich fließender Bäche durchschnitten, deren stärkster der Pakurehe bei Msisi zu sein scheint. Wo diese Gewässer entspringen, durch was für ein Land sie fließen und wo sie münden, ist gänzlich unbekannt.
Die Küste hat ähnlichen Wechsel zwischen Trockenzeit und Regenzeit wie Sansibar. Je weiter man nach dem Innern vordringt, desto höher steigert sich die Menge der Feuchtigkeit; denn der vom Meere her wehende Ostwind wird am Ostrand der Gebirge abgekühlt und verdichtet sich zu Thau- und Regenfall. Was in der Mitte zwischen Gebirge und Küste liegt, also die erste Terrasse, erhält weniger, aber wegen der geringen Breite nicht viel weniger Feuchtigkeit.
Im westlichen Theil von Useguha dauert die große Regenzeit von Januar bis Ende März oder Anfang April; die kleine Regenzeit nur ein paar Wochen, von Mitte September bis Anfang October. Dagegen fällt in Usagara und Nguru der Regen in allen Monaten. Die trockensten Monate sind August und September.
[S. 132] Mehr und mit Bestimmtheit läßt sich bei dem Mangel andauernder Beobachtungen über diesen Theil der Witterung im Wami-Gebiet nicht sagen.
Gesund ist das Klima nur in den höchstgelegenen Gegenden, wie in der Kleinen Marenga-Mkali und in den Landstrichen von Mamboia und Mbambwa. In den Thalgründen verpesten die in Massen verfaulende Vegetation und die Ausdünstungen sumpfiger Tümpel die Luft.
Ueber die Temperaturverhältnisse einiger Monate geben uns die täglichen Aufzeichnungen Burton’s[9] und Marno’s[10] ziemlich sichern Aufschluß, wenn sie auch auf der Wanderung von Ort zu Ort niedergeschrieben worden sind.
Aus der nebenstehenden Tabelle können folgende Schlußfolgerungen gezogen werden:
Die Tagestemperaturen von Sansibar sind gleichmäßiger und nicht so hoch wie diejenigen des Festlandes.
Die größere Differenz zwischen Maximum und Minimum in Useguha und Usagara im Vergleich mit Sansibar ist durch die höhere Temperatur zu Mittag, nicht durch eine kühlere am Abend veranlaßt.
Mit der Erhebung des Landes von der ersten zur zweiten Terrasse, von der Fläche zum Gebirge, nimmt die Wärme in fühlbarer Weise nicht ab, nur etwas in der freien Hochebene der Kleinen Marenga-Mkali.
Ein wesentlicher Unterschied tritt am Südfuße des Rubeho-Gebirges auf: die erhöhte Hitze des Tages kühlt sich rasch von 4 Uhr Nachmittag bis zum Sonnenuntergang um 4–8° R. ab und die Temperatur sinkt während der Nacht noch um 3–5° R.
In einigen Fällen wird auch aus andern Gegenden Usagaras von rapidem Witterungsumschlag berichtet, so bei [S. 134]Rumuma (738 m, am Ostrande der Kleinen Marenga-Mkali): 25° R. mittags und 7° R. nachts im August, oder bei Kitangi (1050 m, am obern Mtate): 5,7° R. morgens im Juni.
Mitteltemperaturen für Useguha und Usagara
im Vergleich mit Sansibar.
Gegend. | Meereshöhe in Metern. | Anzahl der Beobachtungstage. | Monat. | R.° | R.° | ||||
V. 6 U. | M. 12 U. | N. 6 U. | Maximum | Minimum | Differenz | ||||
Sansibar | — | 29 | Jan. | 21 | 21,9 | 21,8 | 23,7 | 20,3 | 3,4 |
Useguha, erste Terrasse, ö. von Nguru | 253–333 | 12 | 21 | 25,2 | 24,2 | 27 | 19,8 | 7,2 | |
Sansibar | — | 26 | Febr. | 21 | 22,1 | 22,2 | 24,4 | 20,4 | 4 |
Usagara, zweite Terrasse | 416–576 | 22 | 21,1 | 24,6 | 23,8 | 27,4 | 19,2 | 8,2 | |
V. 10 U. | N. 4 U. | ||||||||
Sansibar | — | 28 | Sept. | 20,4 | 21,4 | — | 22,8 | 17,5 | 5,3 |
Kl. Marenga-Mkali und Ugogi | 852 830 | 8 | 21,2 | 20,5 | — | 24 | 19 | 5 | |
V. 6 U. | N. 4 U. | N. 6 U. | |||||||
Sansibar | — | 27 | Dec. | 20,3 | 22,7 | 21,7 | 24,1 | 19,7 | 4,4 |
Am Südfuße des Rubeho-Gebirges von Ugogi bis Kikoboga | 830 513 | 20 | 17,1 | 26,7 | 21 | 30 | 15,5 | 14,5 |
Anmerkung. Wenn auch kein nennenswerther Temperaturunterschied sich zeigen dürfte, ob nun die Beobachtung eine halbe oder eine ganze Stunde früher oder später angestellt wird, so muß doch der Wahrheit gemäß angeführt werden, daß Marno seine meteorologischen Instrumente in Useguha und Usagara zwischen 5½ und 6½ Uhr vormittags und zwischen 6 und 7 Uhr nachmittags ablas und daß Burton während des Marsches am Fuße des Rubeho-Gebirges „bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang” notirte.
Im Sima-Thal (Usagara) betrug im November 1885 die Durchschnittstemperatur mittags 28° R.; es war dies der heißeste Monat im Jahr.
In Kondoa wurden von Bloyet folgende Thermometerbeobachtungen im Jahre 1880 gemacht:
Juli, August und September: | Maxim. | 20,6° | R., | Minim. | 12° | R. |
October und November: | „ | 24° | „ | „ | 16,6° | „ |
Das Vegetationskleid, das die Natur über das Wami-Gebiet geworfen, ist im allgemeinen ein monotones: Savannen mit Dorngebüsch und lichtem Gehölz über die Ebenen, geschlossene Wälder über die Berge, streifenweise dazwischen Wiesenflächen und fruchttragende Felder. Die Aecker liefern Mais, Hirse, Maniok, ein weniges an Bananen und Taback. Von Bäumen sind zu nennen: die Deleb- und Dumpalme, die Bambusen in Fülle, die Sykomore, der Wollbaum und als besondere Eigenthümlichkeit der Miombo. Ferner gibt es in großer Menge Kalebassen (Bugu) und einen Baum, genannt Mkoma, der einen Stammumfang von 3½ m, angenehm schmeckende Steinfrüchte, und ein Holz, ähnlich dem Rosenholz besitzt, aus welchem Bogen und Pfeile geschnitzt werden. Die Kokospalme kommt nur in der Küstenniederung vor.
Trotz des vorhandenen großen Wasserreichthums ist die Culturfähigkeit eine beschränkte; sie zeigt sich nur an jenen Stellen an und in dem Gebirge, wo dichter Waldbestand die Feuchtigkeit langsam absickern läßt und mäßig geneigte Hänge den verwitterten Gneis als feinkörnigen Schwemmboden am Thalrand absetzen, wie dies am günstigsten in Nguru der Fall zu sein scheint. An den beiden Ufern des Wami auf der ersten[S. 135] Terrasse wird der Laterit von einer sehr dürftigen Humusschicht bedeckt. Die große Makata-Ebene ist ein zäher, uncultivirbarer Thonboden. Das Hochland der Kleinen Marenga-Mkali und das breite Matamombo-Thal tragen den ausgesprochenen Charakter dorniger, steiniger Steppe.
Ueberall, wo es hier Savannenland gibt, gibt es auch Heerden von Antilopen, Zebra und Giraffen; dazu gesellen sich in der Makata-Ebene Büffel und Wildschweine; in der Umgegend von Mbambwa das Nashorn und südwestlich des Nguru-Gebirges noch der Elefant, Löwe und Leopard. Hervorragend wildreich ist die Ebene am Westrande der Kleinen Rubeho-Berge bei Tubugwe gefunden worden. Der untere Wami wimmelt derart von Flußpferden, daß die Fahrt in den allein verwendbaren flachen Booten sehr gefährlich ist.
Als Hausthiere werden überall Ziegen, Hühner, auch Schafe gehalten; in seltenern Fällen Rindvieh. Man trifft nur in einigen Thälern Ngurus, in Usagara nur bei Kitangi, Mbambwa, Manjovi und Murundusi (bei Ugogi) auf größere Rinderheerden.
Von kleinem Gethier, das dem Menschen das Dasein erschwert und den Aufenthalt verleidet, sind hervorzuheben:
Die Tsetsefliege; sie zeigt sich auf der ganzen Karavanenstraße von Saadani bis tief nach Usagara hinein; ihrem Stich erliegen Ochsen, Maulthiere und Esel; sie soll übrigens nur in den Wäldern und Dschungeln hausen und das offene Feld vermeiden.
Die weiße Ameise; sie bevorzugt den rothen Thonboden und wandert in breiten Massen meilenweit; alles was nicht von Stein oder Eisen ist, zernagt und zerstört sie; sie läßt sich nur durch Feuer oder kochendes Wasser vertreiben; um doch etwas zu nützen, dient sie den Eingeborenen als Gewürz in den sonst geschmacklosen Mehlsuppen.
Endlich die Ohrwürmer von Mbambwa; an und für sich unschädlich wie bei uns, treten sie aber dort in solchen Massen[S. 136] auf und überkriechen derart die verborgensten Kleidungsstücke des Reisenden, daß Nacktheit und Flucht als die einzige Rettung erscheinen.
Die Grenzen der auf der Karte eingetragenen Landschaften können absolut keinen Anspruch auf Exactheit machen, denn sie sind nicht durch politische Verhältnisse geschaffen, sondern von den jeweiligen Reisenden als der Umfang einer annähernd einheitlichen Bevölkerung bezeichnet worden, und zwar entweder nach eigener Erfahrung oder auf Grund von Erkundigungen. Die Bevölkerung selbst aber ist, namentlich an den Grenzgebieten, stark fluctuirend, und was vor zehn Jahren vollkommen correct angegeben wurde, kann heutzutage in demselben Maße ungültig sein.
Useguha, also das Land, in welchem die Waseguha wohnen, greift mit seiner Nordgrenze über den Pangani hinüber bis zum Fuß des Usambara-Gebirges; die Westgrenze liegt vor dem Ostrand der Nguru-Berge, dessen ungefähre Lage wol in der Nähe des 38. Längengrades gesucht werden muß, aber keineswegs sichergestellt ist.
Von Kidudwe, dem südöstlichen Eckpunkt von Nguru, verläuft vermuthlich die Grenze in einem kurzen westlichen Bogen zum Fluß Gerengere, auf dessen südlicher Seite die Berglandschaft Ukami sich erhebt. Die Gegend von Msuwa und die Bezirke von Ukwere und Udoë, an das Thal des Kingani herantretend, trennen im Süden und Südosten Useguha von Usaramo.
Die Küste Useguhas vom Pangani bis zum Kingani bildet ein Stück jener flachen Niederung, welche von Mombas bis zum Rufidschi gleichmäßig mit dem Namen Mrima bezeichnet[S. 137] wird. Dicht an der See besteht sie aus Sand, weiter landeinwärts aus braunrothem Lehmboden, welchen Savanne oder strichweise Mais-, Hirse- und Maniokculturen bedecken und besonders Baumwollstauden mit für den Hausbedarf reichlichem Erträgniß, und schließt mit einem Buschwald von Akazien-, Kandelaber-Euphorbien, Dumpalmen und Kopalbäumen ab.
Der Hauptort an der Küste ist Saadani, ein Dorf auf einem grünen, schlammigen, mit Mangrovegebüsch bewachsenen Grund, unter Palmen versteckt, von einem aus Baumstämmen und Aesten hergestellten Palissadenzaun und von hohen Sandbänken und Dämmen umgeben. Saadani scheint ehemals von größerer Bedeutung gewesen zu sein; Burton sah 1858 noch die Ruinen von zwei Moscheen. Es ist jetzt der Ausgangspunkt der Karavanen nach Useguha und Nguru. Der Hafen ist ganz offen, durch keine Bänke geschützt. Die Seeschiffe müssen 5 km entfernt auf offener Rhede verankern; nur bei Flut können Barken bis zu einer nördlich gelegenen Sandbank gelangen; die letzte Strecke (1–1½ km) muß durchwatet werden. Am Nachmittag wird das Landen durch die herrschende Brandung erschwert, in den frühen Morgenstunden aber bei ruhigem Wasser leichter bewerkstelligt.
Die Karavanenstraße führt von Saadani nach Kidudwe in Nguru (140 km) in westlicher Richtung. Nach 8 km wird bei Ndumi (94 m ü. d. M.) die erste Terrasse erstiegen, deren höchster Punkt bei Magubika 339 m über dem Meere liegt. In Ndumi (25–30 Hütten) trifft man die letzten Kokospalmen an. Man hat früher geglaubt, auf dieser Strecke, von Saadani über Kidudwe nach Farhani, einen besser gangbaren Weg nach Usagara gefunden zu haben, als ihn die Ukami-Route Bagamoyo—Simbamweni—Farhani bietet, weil auf jenem die sehr schwierige und lästige Durchquerung der Makata-Ebene vermieden werden konnte. Ja, die Engländer unter Rev. Price machten sich im Jahre 1876 sogar ans Werk, die Straße für Ochsenfuhrwerk benutzbar herzurichten. Allein[S. 138] dies Unternehmen scheiterte vollständig, nicht nur wegen der hier vorkommenden Tsetsefliege, sondern auch wegen der vielen schwer passirbaren Dschungeln und der tief eingerissenen Bach- und Flußrinnsale, die bei Regenwetter mit tosenden Gewässern sich anfüllen.
Von Ndumi bis Kidudwe wechselt die Gegend zwischen Savanne und dichtem Wald; westlich von Magubika erschwert stundenlang ein stacheliges Gestrüpp auf morastigem Boden das Vorwärtskommen, und zwischen Matungu und Kidudwe liegt eine unbewohnte, dornige Savannenwildniß von 30 km Ausdehnung. Hier und da zeigt sich bebautes Land, so bei Mkange und Msisi; am günstigsten erschien die Lage von Mbusine am Rukigura, weshalb denn auch hier eine deutsche Station, Petershof, gegründet wurde. Allein trotz der Schilderung üppigster Vegetation an den mit Dörfern reichbesetzten Gehängen des Rukigura-Thales muß die Rentabilität der Plantage stark bezweifelt werden, weil der Lateritboden von einer viel zu dünnen Humusschicht bedeckt wird.
Schlägt man von Mbusine eine direct nördliche Richtung ein, so gelangt man nach Durchschreitung einer Waldzone in die offene und fruchtbarere Gegend von Konde und an den von West nach Ost fließenden Mligasi, der nördlich von Saadani das Meer erreichen soll. Bei Kurimba (638 m) gewinnt man die zweite Terrasse von Useguha, die bei Muango (734 m) mit dem Berg Kiwa ihre höchste Erhebung erreicht und dann langsam zum Thal des Pangani bei Lutyomo (508 m) abfällt. Graf Pfeil, der als erster Reisender dieses Stück Land 1887 durchwanderte, schildert die Umgebung des Kiwa bis Kiambo als besonders fruchtbar, den graurothen Boden lehmhaltig. Quellen und Bäche sind nicht zu sehen; die Eingeborenen holen das Wasser aus nur ihnen bekannten Vertiefungen. Wasserlose Steppe und lichtes Gehölz bedecken den nördlichsten Theil von Kiambo bis zum Pangani, dessen rechtes Ufer bis zur Küste den gleichen Landschaftscharakter trägt und[S. 139] auf dem nur zuweilen ein dichter Niederwald, ausgezeichnet durch die mächtigen Ranken der Landolphia, erscheint.
Südlich von Mbusine bis zum Gerengere erstreckt sich mit einer Erhebung bis zu 432 m eine wasserlose, mit Dorngebüsch und stacheligem Gras bedeckte und durch nackte Kiesflächen unterbrochene, unbewohnte Gegend.
Udoë und Ukwere liegen am rechten Ufer des Wami. Udoë bietet, sowie man den südöstlichen, ausgetrockneten Grenzstrich überschritten, ein ziemlich erfreuliches Bild dar: Hügelreihen, waldbedeckte Abhänge, in den thonhaltigen Thalgründen gutbebaute Felder und auf den kurzgrasigen Wiesen ein Blumenmeer von Lilien und Narcissen. Aber das Wasser ist brakisch und kaum trinkbar. Von Simbambili führt der Weg über Mlonga zu dem durch Berge eingeengten Wami und am nördlichen Ufer auf steilem Fußpfad zu der französischen Missionsstation Mandera, die in einem durch viele Arbeit gewonnenen Gartenland ein ziemlich angenehmes Dasein fristet.
Ukwere ist armseliges Savannenland mit Buschwald. Der Weg von Rosako nach Mfute am Wami (bei der Mündung des Rukigura), von den von Bagamoyo nach Nguru und Usagara ziehenden Karavanen benutzt, bietet keine wesentlichen Hindernisse, er trifft sogar bei den Pongwe-Hügeln, die, 5–600 m hoch, die Ausläufer des Bergzuges bei Mandera sein dürften, trotz des rothen, zähen Lehmbodens auf eine mit zahlreichen Fächerpalmen und Ricinusbäumen geschmückte Gegend; aber der südliche Theil, den die Straße von Rosako zum Gerengere und nach Ukami durchzieht, birgt westlich von Mbiki ein 16 km breites, mühselig zu durchschreitendes Dschungeldickicht. Bei Msuwa und Kisimo beginnt der Boden an Fruchtbarkeit zuzunehmen. In dem welligen, zum Gerengere führenden Gelände liegen zahlreiche Ortschaften, und Musondi zeichnet sich durch schöne Wiesengründe, ja durch Bananenpflanzungen aus. Die Tsetsefliege soll nach Cameron’s Bericht hier nicht existiren.
Die Waseguha sind von mittlerer, etwas schmächtiger Statur, braun oder schwarzbraun, mit krausem Kopf und Barthaar; die mittlern Schneidezähne werden ausgefeilt. Sie tragen einen Lendenschurz von Zeug oder Leder, begnügen sich aber gelegentlich mit Palmblättern. Wenn auch noch Schwerter, Pfeil und Bogen bei ihnen gesehen werden, so haben sie doch längst das Feuergewehr als Hauptwaffe sich erkoren. Dieses verschaffte ihnen auch einst die Möglichkeit, die schlechter bewaffneten Wasambara von dem nördlichen Ufer des Pangani in die Berge zu vertreiben und in dem Thale selbst sich dauernd niederzulassen. Sie erscheinen überall im Norden und Süden, wie auch die Wakwere, ihre Stammesgenossen, als fleißige Ackerbauer.
Derjenige Theil der Bevölkerung, welcher die Mrima oder die Küstenniederung bewohnt, hat sich ganz und gar dem Einfluß und der Nachäffung arabischer Sitten ergeben: es sind das die Wamrima. Sie tragen Fes, Hüften- und Schultertuch; die Weiber ein Sackkleid, das unter den Armen über die Brust gebunden bis zum Fußgelenk hinabreicht. Sie gelten als ein faules, heruntergekommenes, unzuverlässiges Volk, dessen Intelligenz in der Erfindung der glaubwürdigsten Lügen gipfelt.
Zu den übrigen Bewohnern der Mrima gehören die Suaheli, das sind Eingewanderte aus der Umgegend von Mombas und von der Insel Sansibar. Suaheli heißt allgemein und eigentlich jeder Neger, der entweder auf der Insel Sansibar oder auf dem Küstengebiet zwischen Lamu und Mombas geboren, also in den ersten Niederlassungen der Vollblutaraber seßhaft geworden ist. Der Suaheli ist Mulatte, das Product der Verbindung eines Arabers mit einer Negerin. Doch auch die Kinder von Mulattenältern rühmen sich Suaheli zu sein. Vom Araberthum haben sie die gekrümmte Nase, vom Negerstamm[S. 141] die wulstigen Lippen und den Prognathismus erhalten. Sie sind kurzköpfig. Ihre sie auszeichnende Tracht ist der Turban und ein langes, gelbes Oberkleid. Sie betrachten sich allein als die berechtigten Herren des Festlandes, den Araber von Oman aber als Eindringling. Mit dem größten Mistrauen begegnen sie den Beamten des Sultans von Sansibar.
Die Wadoë bilden durch ihre Sitten und ihr abgeschlossenes Stammesleben eine merkwürdige Enclave unter den Waseguha. Von jeher dem Glauben ergeben, daß die Einsetzung oder die Bestattung eines Häuptlings nur durch ein Festmahl von Menschenfleisch richtig und würdig gefeiert werden könne, waren sie, da das Verzehren der Stammesgenossen gegen die Sitte ging, auf Menschenraub in den benachbarten Bezirken angewiesen. Da sie auch an Karavanen sich vergriffen und die Sicherheit des Handelsverkehrs bedrohten, unternahmen die Araber einen Vernichtungskrieg gegen sie, aber nur mit halbem Erfolg. Sie wurden nur in engeren Raum zusammengedrängt. Man behauptet, sie seien stamm- und sprachverwandt mit der Bevölkerung von Manyema, westlich vom Tanganika-See. Sie besitzen ein einheitliches souveränes Oberhaupt; 1884 war es der steinalte Simbambili, dessen vierzig Kinder seine Herrschaft im ganzen Lande befestigten. Eine Art staatlicher Organisation besteht, indem Udoë in vier Districte eingetheilt ist. Die Wadoë sind fleißige Ackerbauer, schön und kräftig gebaut. Den französischen Missionaren, die von der Küste nach Mandera reisen, kommen sie stets mit Freundlichkeit entgegen.
Mit Ausnahme von Udoë und der Mrima, in welch letzterer der Sultan von Sansibar seinem einheitlichen Wirken durch die Walis wenigstens dem Namen nach Geltung verschafft, existirt in ganz Useguha keine größere politische Gemeinschaft als die der einzelnen Dorfschaften unter ihren voneinander unabhängigen Häuptlingen.
Das Gebirgsland, in dem der Luseru und der Rukigura entspringen und das diese mit vielen Nebenflüssen durchströmen, heißt Nguru. Eine schärfere Begrenzung läßt sich nur für die südliche Abdachung angeben. Das Stück des Wami, südlich von Kidudwe bis zur Mündung des Mvomero, ist die Südgrenze von Nguru.
Diese Abdachung bildet die zweite Terrasse des Wami-Gebietes; sie erhebt sich von 333 m bei Kidudwe bis zu 397 m bei Mvomero und setzt sich nach Usagara fort. Sie ist unwirthbares Savannenland mit Busch, mit morastigen Strecken östlich und mit dichtem Waldgestrüpp westlich von Mkindo. Nur in dem 10 km breiten Thal von Kidudwe und an den Ufern des Luseru bei Mkunga genießt man den Anblick einer fruchtbaren Landschaft.
Da das Gebirge zum größten Theil mit geschlossenen Wäldern bedeckt ist, bietet das Innere günstigern Boden zum Anbau. Eine ausführliche Schilderung des ganzen Umfanges verdanken wir einem einzigen Reisenden, dem englischen Missionar Last. Wenn sie auch möglicherweise etwas zu optimistisch gefärbt ist, so erhält sie doch im Gegensatz zu der erwiesenen Unfruchtbarkeit der andern bereisten Strecken einen gewissen Grad von Glaubwürdigkeit.
An dem Nordwestrande des Gebirges aus der Masai-Ebene fließt der Luseru herab; hier mündet das Thal des Luvumo, in welchem große Rinderheerden weiden und das Zuckerrohr gedeiht. Bei Sagasa fließt der Luidschi in den Luseru; an seinen Ufern wohnt bis Mgära eine dichte Bevölkerung; Zuckerrohr und selbst Bananen wachsen hier in üppigster Fülle. Bei Kisera, durch welches die Handelsstraße vom untern Wami nach dem elfenbeinreichen Masai-Land führt und das selbst in weniger fruchtbarer Gegend liegt, nimmt der Luseru von Südwesten den Boroma auf. Er entspringt auf rauhen Höhen[S. 143] und durchströmt bis Kibanti ein dürres, von Büffeln, Nashörnern und Elefanten durchstreiftes Savannenland; bei Kibanti entfaltet der von klarem Wasser getränkte Boden eine derartige Fruchtbarkeit, daß trotz starker localer Bevölkerung die weitere Umgebung mit Nahrungsmitteln versorgt werden kann. Ein zweites Kibanti befindet sich weiter südlich auf den Bergen, welche das rechte Ufer des Luseru begleiten, in einem Wald von gigantischen Wollbäumen, Farrnbäumen und Himbeersträuchern. Die französische Missionsstation Mondo (Kinjumbi), 450 m über dem Meere, liegt auf dem ansteigenden Gelände des westlichen Luseru-Ufers in einer reich bewohnten Gegend von so vortrefflicher Güte, daß nach Kapitän Foot’s Meinung Kaffee-, Cacao- und Zuckerplantagen lohnenden Ertrag liefern würden. Bis nach Mkunga hinab setzt sich die Fruchtbarkeit des Luseru-Thales fort.
Von den Wanguru wissen wir nicht vielmehr, als daß sie Ackerbauer sind, im Wami-Thal nicht in bienenkorbartigen Hütten, sondern in viereckigen, einen Hofraum umschließenden Tembes wohnen. Während sie durch Vertreibung der Waschamba sich zu Herren des Luidschi-Thales gemacht, benehmen sie sich am Luvumo gegen die eindringenden Masai so furchtsam, daß sie alles ihnen geben und leisten, was verlangt wird. Im obern Luseru-Thal legen sie die Felder inmitten der Waldungen an, umzäunen diese mit Euphorbia-Hecken und lassen nur einen schmalen, über 200 m langen Pfad, der noch durch mehrere verbarrikadirte Thore überquert wird, bis zur Eingangspforte des Dorfes frei. So suchen sie sich gegen die Wahumba zu schützen, ein tapferes, kriegslustiges Räuber- und Jägervolk.
Die Wahumba wohnen diesseit und jenseit der Höhen von Sabundila und an den südwestlichen Grenzen gegen Usagara; sie werden ihrerseits wieder von den Masai verfolgt.
[S. 144] Außerdem lebt noch ein anderer abgesplitterter Völkerstamm innerhalb der Berge: die Wakamba. Sie sind hauptsächlich Jäger mit Pfeil und Bogen und streifen bis zum Tanganika-See; sie verkaufen entweder die erbeuteten Elefantenzähne für Rinder an die Masai oder sie bringen sie selbst auf den Markt nach Mombas.
Die Bewohner von Nguru räumen keinem andern als dem eigenen Dorfhäuptling irgendwelche Hoheitsrechte ein, und kein Häuptling hat sich, soviel wir bisjetzt wissen, jemals zu einer hervorragenden Stellung über die andern emporgeschwungen.
Die Grenzlinie im Osten läuft von der Mündung des Mvomero den Wami aufwärts bis zu dem Mindu- und Rufutu-Gebirge; im Süden durchschneidet es in dem Bezirk Kirigawana’s das Quellgebiet des Ruhembe-Iowa, im Westen zieht sie sich dem Fuße des Rubeho-Gebirges entlang von Maroro über Ugogi bis Tschunjo (westlich von Mbambwa). Im Norden kann man im allgemeinen die Masai-Ebene als Grenze bezeichnen; Nsogi scheint die erste größere Masai-Niederlassung zu sein. Läßt man, vielleicht mit Recht, Gedscha (das Land der Wakaguru) als wesentlich gesonderte Landschaft nicht gelten, so trennen die Berge von Sabundila und Kisiwa im Anschluß an das Kidete-Gebirge Usagara von Nguru.
Vier Karavanenwege führen von Osten in das Herz von Usagara, nach dem Mukondogwa-Thal im engern Sinn: der erste von Nguru, der zweite von Ukami über die Makata-Ebene, der dritte von Kutu über den Goma-Paß und ebenfalls über den Makata, der vierte von Kutu über den Mabruki-Paß durch das Hochthal des Makata und am Ostrand des Rubeho-Gebirges entlang.
Der erste Karavanenweg tritt aus Nguru bei Mvomero in das Land von Usagara; er steigt auf der zweiten Terrasse[S. 145] bis Farhani von 397 m bis zu 481 m über dem Meere an. Dieses zur Trockenzeit ausgedörrte Savannenland mit Dschungelcomplexen und lichtem Gehölz von Akazien und Delebpalmen von ungefähr 80 km Ausdehnung wird in der Regenzeit auf weite Strecken hin zum Morast, namentlich südlich von Msuero und Rudewa. Als eine kleine fruchtbare erquickende Oase erscheint Msuero. Bei Farhani, Rehenneko und Kondoa (der französischen Missionsstation) ändert sich das Landschaftsbild noch mehr: schönbewaldete Berge treten nahe heran, eine zahlreiche Bevölkerung bestellt die von klarem Wasser durchrieselten Felder von Negerkorn, Mais und Bananen.[11] Die Ausdehnung des culturfähigen Bodens beträgt nicht viel mehr als 12 km; bei dem Eintritt in die Enge des Mukondogwa-Thales beginnt wieder die Wildniß.
Der zweite Karavanenweg überschreitet, von Simbamweni in Ukami ausgehend, eine niedrige Einsattelung der Mindu-Berge auf felsigem Grund und gelangt in die Makata-Ebene, welche aus zähem grauem Lehm besteht, in der Trockenzeit hart wie Stein wird und in tiefe Risse zerspringt, in der Regenzeit in schlüpfrigen Schlamm mit brusttiefen Rinnsalen sich verwandelt: eine breitwellige Fläche voll Riedgras mit vereinzeltem Bambusengebüsch und mit dichtem Baumwuchs an den Ufern des Makata-Flusses. Stanley brauchte zur Ueberschreitung der 30 km breiten Ebene, freilich in der Regenzeit, fünf Tagemärsche.
Der dritte Karavanenweg nimmt seinen Ausgang von Sungomero (150 m) in Kutu. Zwischen Blöcken von Schiefer, über Glimmer, Kies und Sandstein geht es im Rufutu-Gebirge steil aufwärts bis zum plateauartigen Goma-Paß (670 m). Man steht in einem Meer von Berggipfeln. Auf erst[S. 146] abschüssigem, dann auf sanftem Abstieg durch hohes Gras, Cacteen und Aloën kommt man nach Muhama, in eine freundliche Gegend mit Fächerpalmen, Melonenbäumen und reichen Mais- und Durra-Feldern, dann in den von niedrigen Hügeln eingeschlossenen und stellenweise von tiefen Schluchten durchschnittenen Thalgrund des Makata. Am jenseitigen Ufer dehnt sich bis zum Miombo eine Savannenfläche aus, die mit Gehölz von Delebpalmen und immergrünen Laubbäumen geschmückt ist. Am mittlern Miombo wird viel Taback gebaut. Von hier bis hinab zum Eingang in das Mukondogwa-Thal tritt ein mächtiger Urwald voll erstickender Miasmen auf, den im Nordwesten eine unfruchtbare Steppe begrenzt. Durch diese geht es zu den morastigen Ufern des Mukondogwa bei Mbumi hinab.
Der vierte Karavanenweg hat seinen Ausgangspunkt ebenfalls in Sungomero in Kutu und übersteigt das Rufutu-Gebirge in direct westlicher Richtung über den Mabruki-Paß und gelangt steil hinab in die Mulde von Kikoboga (513 m). Der südliche Abschluß der Makata-Ebene behält den Charakter der ganzen bei; nur herrscht nicht mehr grauer Lehmboden vor, sondern schwarze torfartige Erde mit zahlreichen Wassertümpeln. An den Ostabhängen des Rubeho-Gebirges, denen entlang am linken Makata-Ufer der Pfad von Muhanda (492 m) nach abwärts führt, wechseln Hügel und Schluchten ab. Zwischen Bananen und Delebpalmen und gutbebauten Feldern liegt das obere Mbumi (444 m).
Das Mukondogwa-Thal von Kondoa bis Ndiabi ist in der Sohle derart mit Schilf und Buschwald überwachsen und so leicht Ueberschwemmungen ausgesetzt, daß auf beiden Seiten nur über die Berge die Wege führen und mit Ausnahme von Kilosa, Sima und Kiora alle Hütten der Eingeborenen hoch auf den Abhängen liegen. Geht man von Kondoa am nördlichen Ufer thalaufwärts, so muß man auf steilem, felsigem Grund durch hohes Riedgras mühsam hinaufklettern;[S. 147] durch Dorngebüsch, Mimosen und Akazien gelangt man wieder hinab zu der Niederlassung von Kilosa (Misongi, Kadetamare), zuerst zu Reis- und Maisfeldern auf versumpftem Boden, dann zu günstiger gelegenem Land, auf welchem sogar Taback cultivirt wird. Zwischen Kilosa und Sima drängt sich das Gebirge mit vielen Dorfschaften dicht an das Flußufer heran. Sima (Muinin-Sagara), ehemals deutsche Station, der Endpunkt des sehr fruchtbaren Thales gleichen Namens, macht einen erfreulichen Eindruck durch seine Wälder von Palmen und hohen Laubbäumen und gutgepflegten Culturen. Von Sima bis zum Ende der Thalenge beim Absturz der Ruembe-Berge zieht ein breiter Streifen kräftigen Pflanzenwuchses, aber unbesiedelt in den untern Lagen hin, in den obern behält die Landschaft den dürren Savannencharakter bei.
Am rechten, südlichen Ufer, etwas oberhalb der Furt von Mbumi mündet das pittoreske enge Thal des Tschogwe. Kiora (ehemals deutsche Station), im Osten und Westen von dornigem Gestrüpp umgeben, ist zwar ein malerischer Platz, besitzt auch einige Felder, ernährt aber nur eine dürftige Bevölkerung und gilt als ungesund. Viel besser ist die Manjovi genannte Gegend auf den Höhen oberhalb von Kiora: zahlreiche Rinderheerden weiden auf prächtigen Wiesenfluren. Flußaufwärts von Kiora bis Ndiabi durchwandert man ein wüstes, welliges Tafelland mit dichtem Gebüsch von Aloën und Cacteen zwischen Sandhügeln und Steingeröll. Bei Ndiabi (738 m) am klaren und frischen Rumuma erreicht man eine anmuthige, fruchtbare und bewohnte Gegend; Tamarinden und Kalebassen stehen zwischen Feldern von Korn, Mais, Bohnen, Erdnüssen und Taback.
Nach der schwülen, durch verfaulende Vegetation mit Miasmen erfüllten Atmosphäre des Mukondogwa-Thales erfrischt in den ersten Stunden des Marsches die reine trockene Luft der Kleinen Marenga-Mkali (852 m über dem Meere) zwischen Ndiabi und dem Großen Rubeho-Paß. Bald aber[S. 148] lähmt die Monotonie der Landschaft die Freude des Wanderns: trostlose, wasserlose Savanne, unterbrochen nur von rauhen Hügeln mit Dschungeldickicht. Inenge (1089 m) am Fuß des Rubeho-Gebirges, in rothbrauner Ebene gelegen, bietet endlich Erholung und als Ueberraschung die lang entbehrten Nahrungsmittel: Butter, Milch und Honig. Steil und steinig aufwärts geht es durch das Gebirge voll aromatischer Kräuter in zwei Anstiegen zum Großen (1542 m) und dann zum Kleinen Rubeho- oder Windi-Paß (1710 m), an tiefen Abgründen und hohen Felskegeln vorbei. Auf ähnlich rauhem Wege, der zuletzt in eine Via mala sich umgestaltet, kommt man hinab nach Ugogi (830 m), dem letzten Ruheplatz vor der Großen Marenga-Mkali.
Die breite Hochebene, welche von Ndiabi am Ugombe-See vorbei und längs des Matamombo bis Mbambwa sich erstreckt, erscheint als ein von steilen, dunkelbraunen Berghängen umfaßtes früheres Seebecken. Das Wasser ist brakisch. Auf dem von der Sonne gebleichten staubigen Granitboden wächst dünnes, hartes Gras und stehen in weiter Zerstreuung einzelne Baobabs.
In Mbambwa (Mpwapwa) (986 m) betritt man wieder lachende Gefilde, mit frischem Grün bekleidete Hügel. Riesige Sykomoren, Tamarinden und Wollbäume gewähren den ersehnten Schatten und die dichte Bevölkerung versorgt aus ihren großen Rinderheerden die Karavanen mit Fleisch.
Mbambwa ist der Vereinigungspunkt der südlichen Karavanenstraßen, von Mvomero über Farhani durch das Mukondogwa-Thal, und der nördlichen, kürzeren von Mvomero über Mkundi und Mamboia. Letztere geht in einer Meereshöhe von 800–1000 m durch einen der besten Landstriche Usagaras. Westlich der felsigen Kidete-Berge breitet sich eine wildreiche unbewohnte Ebene aus. Bei Makubika wird sie zu einer gesegneten, reichlich bewässerten und gut bevölkerten Gegend, in welcher Rindviehzucht getrieben wird. Mamboia (1216 m),[S. 149] eine englische Missionsstation, liegt auf einem Hügel am Nordende des schönen Sima-Thales; die gute Qualität des Bodens erhält sich bis Nguru und Berega in der Richtung von Sabundila und Kisiwa am Westrand des Mguru-Gebirges, verwandelt sich aber von dort nordöstlich in steinige, dornige Steppen.
Das herrlichste Land findet man im 16 km breiten Becken von Kitangi (1050 m) an den Quellen des Mtate.
Die starke Bevölkerung treibt neben Ackerbau ergiebige Viehzucht; das Land ist offen, mit kurzem Gras und nur an den Wasserrinnen mit Busch bedeckt.
Den Mtate abwärts bleibt die Fruchtbarkeit auf gleicher Höhe; das Thal ist aber wegen räuberischer Einfälle zum größten Theil verlassen. Dieses Eden schließen im Westen die Kleinen Rubeho-Berge ab, deren höchster steilansteigender Uebergang 1368 m über dem Meere liegt. Nach Südwesten und Westen flachen sie sich ganz allmählich ab und bilden wahrscheinlich die nördliche Begrenzung des Matamombo-Thales; im Norden enden sie rasch in einer ungemein wildreichen, von Dschungeldickicht durchsetzten Ebene, die nach Westen über die Karavanenstraße herabbiegt und von einer Thalschlucht mit Steinsalzlager begrenzt wird. Hier und in dem unmittelbar westlich aufsteigenden Hügelzug von Mlali (1127 m über dem Meere) sind wahrscheinlich die Quellzuflüsse des salzig-bittern Matamombo zu suchen. Zwischen dem fruchtbaren und stark bewohnten Bezirk von Tubugwe und Mbambwa erheben sich die Kiboriani-Berge bis zu 1800 m. Nördlich von ihnen beginnt, bei Sagala, mit anbaufähigem Boden das mächtige Hochplateau Innerafrikas; bei der vorwiegenden Trockenheit, die nur während fünf Monaten von einzelnen Regenschauern unterbrochen wird, ist die Luft rein und frei von Malariakeimen.
Nicht zum Flußgebiet des Wami, aber ethnographisch zu Usagara gehört die sogenannte Kirigawana-Route; sie geht von Ugogi der Südseite des Rubeho-Gebirges entlang, übersteigt[S. 150] dieses bei Kiperepeta und endet bei Kikoboga am Südende der Makata-Ebene. Sie wird mit Vorliebe bei dem Marsch aus dem Innern gewählt, da hier weniger oder seltener an die Häuptlinge Tribut zu zahlen, überall der Nahrungsbedarf zu bekommen und die meist offene Steppe leicht zu passiren ist.
Unbequemlichkeiten verursachen nur die vielen Flußübergänge und das schlüpfrige Auf- und Absteigen an den Bergrippen, welche entweder mit schwarzschlammiger Erde bedeckt sind oder aus nacktem Felsgestein bestehen. Südöstlich von Ugogi, nach einem kurzen Marsch durch welliges, dorniges Land, eröffnet sich dem Blick bei Murundusi, dem Grenzort zwischen Uhehe und Usagara, eine herrliche, fruchtbare Gegend: feines Gras, Tamarinden, Sykomoren und Miombos von außergewöhnlicher Stärke, in denen Papagaien, Tauben und Dohlen nisten; zwischen den Behausungen der Eingeborenen Rinder in Menge; in Gruben von 5–6 m Tiefe vorzügliches Trinkwasser. Von hier bis Maroro (653 m) trifft man nur dürres, rauhes Land von rother Erde; vereinzelte Schluchten mit weißsandigen Ufern, von smaragdgrünen Bäumen umsäumt. Bei Rudi, das von Wahehe bewohnt wird, gibt es viel Tabackbau. Westlich von Kikako durchschreitet man auf steinigem Bergpfad den einzigen zusammenhängenden größern Wald. Maroro besitzt frisches Gewässer, das rasch in der schwarzen Erde der tiefern ebenen Lagen versumpft und hohes, binsenartiges Gras hervorschießen läßt. Auf den Feldern dazwischen gedeihen in der feuchtheißen Luft Mais, Durra, Bataten und Taback. Der Ort ist ungesund und die Plage der Mosquitos peinlicher als sonst auf diesem Wege. Von Maroro gelangt man durch Stein und Gestrüpp über den Paß von Kiperepeta nach dem von grünen Hügeln umgebenen, ziemlich fruchtbaren Bezirk von Kisanga, in welchem das Dorf Kirigawana liegt. Verleihen auch Sykomoren und Wollbäume dem Landschaftsbild einen etwas mehr erfreulichen[S. 151] Anblick, so ist doch das Erträgniß der Felder sowol hier wie am Ruhembe-Bach von geringer Beschaffenheit.
Die Wasagara sind im Wami-Thal meist Ackerbauer und in den Hochebenen der Nordgrenze meist Viehzüchter. Ziegenfelle, Grasröcke, zuweilen auch Tuchfetzen bilden die spärliche Bekleidung; Ringe von Messingdraht um die Arme, die Fußgelenke, um den Hals (hier zuweilen weit abstehend) und schwer herabziehende Ohrgehänge bilden den Schmuck; Pfeile, Assegais und Steinschloßgewehre in geringer Zahl die Waffen. Stirn, Brust und Arme werden tätowirt. Wegen der häufigen Ueberschwemmungen und aus Furcht vor den thalwärts ziehenden Räuberhorden bauen sie sich fast ausnahmslos an den Abhängen des Gebirges an. Im mittlern Wami-Thal, zwischen Msuero und Kondoa, und theilweise in den nördlichen Districten bis Mbambwa wohnen sie in den schmutzigen, von Ungeziefer wimmelnden viereckigen Lehmgehöften, in den Tembes, sonst in den üblichen bienenkorbartigen Hütten. Von ihrem Nationalcharakter können wir nur die eine negative Thatsache anführen, daß sie kein besonders tapferes Volk sind und sich den Sklavenjagden der Waseguha, Wahumba, Wagogo und Wahehe wenn möglich durch das Verlassen von Haus und Hof entziehen. Elend und scheu ist ihr Aussehen und Benehmen im Mukondogwa-Thal, entschieden stämmiger und kampflustiger am Rumuma und an der Nordgrenze. Unter ihnen wohnt ein gesonderter Jägerstamm, wie die Wandorobbo unter den Wakuafi und die Wakamba unter den Wanguru, nämlich die Wakwa im Wami-Thal bei Mungubugubu und Msuero; sie erlegen Elefanten und Büffel mit vergifteten Pfeilen oder auch mit Steinschloßgewehren.
Eine politische Organisation für ganz Usagara oder nur für einen größern Theil existirt nicht. Was als Ortschaft in den Karten bezeichnet ist, bedeutet meistens einen Bezirk oder[S. 152] eine Gemeinde; die zugehörigen Hüttencomplexe haben ein gemeinschaftliches Oberhaupt, einen Dorfhäuptling. Diese „Herrscher und Fürsten” sind voneinander unabhängig und von keinem wird berichtet, daß er hervorragenden Einfluß in einem größern Umkreis gewonnen. Nur eine Ausnahme könnte bestehen, wenn sich die Verhältnisse seit der Reise des französischen Missionars Etienne Bauer im Jahr 1885 nicht geändert haben: das Land am Westufer des Wami zwischen Loonga und Komberina mit Farhani und Rudewa und am Ostufer mit Kakonga und Kisukara stehen unter der Oberhoheit der Fürstin Simbamweni in Ukami.
Was an Naturproducten das Wami-Gebiet gegenwärtig hervorbringt, kommt für den Export kaum in Betracht: es sind nur Feldfrüchte, die den Localbedarf decken. Demnach kann auch der Import, Baumwollzeuge, Eisen- und Messingdraht, bei der Bedürfnißlosigkeit der wenig energischen Bevölkerung von keiner besondern Bedeutung sein.
Allein die Fruchtbarkeit des Bodens ist in einzelnen Gegenden so gewaltig und so wenig ausgebeutet, daß eine erhöhte Culturthätigkeit Aussicht auf lohnenden Ertrag verspricht. Die geringen Resultate der bisherigen Versuche in Mbusine, Kiora und zum Theil auch in Sima dürfen nicht abschrecken; es waren nicht die besten, sondern nur die zunächst liegenden Plätze ausgewählt worden.
Soweit die bisher erworbene Kenntniß des Landes es erlaubt, kann behauptet werden, daß zum Plantagenbau in erster Linie sich eignen: Mondo im Thal des Luseru für Kaffee, Cacao, Zuckerrohr, Taback; Farhani in der Makata-Ebene für Zuckerrohr und Taback; das mittlere Sima-Thal, ebenfalls für Taback.
In zweiter Linie: das obere Thal des Luseru bei Sagasa, Kibanti und am Luvumo.
[S. 153] Endlich, besonders als Jagd- und Viehzuchtstationen: Kitangi und Mbambwa.
Für alle, auch für die erstgenannten Ansiedelungen gilt als sehr bedeutendes Erschwerniß der Mangel guter Verkehrswege und die allzu große Entfernung von der See.
Die Arbeiterfrage wird wahrscheinlich keine ungünstig entscheidende Rolle spielen, denn die Bevölkerung ist in jenen Bezirken eine zahlreiche und an Ackerbau gewöhnte.
Zwischen den Mündungen des Kingani und des Rufidschi liegt die Küste als ein 5–20 km breiter, niedriger, knapp über die Meereshöhe sich erhebender Streifen Landes da. Von diesem steigt ein Plateau empor, das zwischen den beiden genannten Flüssen sich bis nach Sungomero in Kutu ausdehnt. Es ist eine von Süd nach Nordwest geneigte Fläche; es fällt von der höchsten Erhebung am Konoge-Hügel (210 m) der Küste entlang bis gegen Bweni (90 m) und längs des Rufidschi bis Sungomero (153 m) langsam ab; rascher und tiefer senkt es sich gegen das Thal des Kingani (Dundunguru 58 m und Kiranga Nanga 22 m). Der östliche Plateaurand tritt als ein Hügelgelände zwischen Kondutschi und Dar-es-Salaam dicht an die See heran, buchtet sich weiter südlich aus und gibt Raum für die Verbreiterung der Thalebene des Mbesi; von den Marui- bis zu den Konoge-Hügeln verläuft er nahezu parallel mit der Seeküste.
[S. 154] Im Vergleich mit der ersten Terrasse Useguhas liegt die Hochfläche Usaramos um durchschnittlich 150 m niedriger und reicht ununterbrochen um etwa 100 km weiter landeinwärts. Deshalb machen sich auch die Seewinde und das Seeklima bis tief nach Kutu hinein bemerklich. Der östliche Thalgrund des Kingani von Bomani bis Usungula wird von dem westlichen durchschnittlich um 70 m überragt, sodaß dieser wie eine Hügelkette erscheint.
Im Westen von Usaramo steigt, vom Gerengere und Mgeta wie von zwei Armen umfaßt, eine vielfach gegliederte Gebirgsmasse empor. Den Centralstock bildet das Uruguru-Gebirge in Ukami mit einer Erhebung von 1800–2000 m. Es dehnt sich nach Nordosten bis zum Kungwe oder Kira-Berg (1768 m) aus, der als Höhenzug südöstlich sich fortsetzt und mit dem Kidunda-Berg am Mgeta endet. Nach Süden dacht sich das Uruguru-Gebirge zu den Dutumi- oder Mkambaka-Bergen (900–1200 m) und nach Westen zu den Kigambwe-Bergen ab. An diese schließen sich nördlich die 570 m hohen Kihindo- (oder Mindu-) und die Mguruwandege-Berge an, welche Ukami und Kutu von der Makata-Ebene in Usagara scheiden; im Süden stößt das Rufutu-Gebirge (ungefähr 800 m) an.
Die schroffen Abhänge der Dutumi-Berge umschließen im Norden die Thalebene von Sungomero und Kiriru; dagegen bildet eine östliche Abzweigung der Rufutu-Berge von Mbwigwa gegen Behobeho die Wasserscheide zwischen dem Mgeta und dem Msendasi-Ruaha.
Das ganze Gebirge in Ukami und Kutu besteht aus Granit, der als nackter Felsen auf den Kämmen und höchsten Gipfeln zu Tage tritt oder in mächtigen, zerstreut liegenden Blöcken gefunden wird. Manchmal ist er von Thon- und Sandsteinschichten überlagert. Die Bergcontouren sind kuppelförmig oder wildgezackt. Eine eigenthümlich symmetrische Form besitzt der Kilima Hatambula bei Behobeho; von einer flachen Terrasse erhebt er sich viereckig, gleich einem Denkmal, nahezu[S. 155] senkrecht. Die Masse besteht aus Sandstein; dazwischen liegen eingesprengte Lavalager, welche die totale Verwitterung gehemmt und die Gleichförmigkeit bewirkt haben.
Das Plateau von Usaramo wird an seiner Westgrenze von dem Kingani und an seinem Südrande von dem Rufidschi bespült, aber in keiner Richtung von irgend nennenswerthen Rinnsalen durchfurcht. So erhält der Kingani von der gegen sein Bett stark geneigten 60–100 km breiten Hochfläche keinen einzigen nennenswerthen Zufluß; alles Wasser, das ihm zuströmt, kommt von der linken Seite, von den Bergen von Ukami und Kutu. Nur dem steilen Ostrand der Hochfläche entquellen eine größere Zahl von Bächen, die sich nach kurzem Lauf in das Meer ergießen, so der Msinga in die Bucht von Dar-es-Salaam, der Mbesi in die Schungu-Bai und der Mgasi in die Bai von Kisiju.
Der Kingani entsteht aus dem Zusammenfluß des Gerengere und Mgeta bei Usungula. Beide entspringen im Ukami-Gebirge.
Das Quellgebiet des Gerengere liegt in dem Zusammenstoß des Uruguru-Gebirges mit den Kigambwe-Bergen. Nach kurzem nördlichen Lauf schlägt er in mehrfachen Windungen eine östliche und von Konge eine nahezu südliche Richtung ein. Im Oberlauf nimmt er von rechts den Mrogoro mit dem Tongeni, dann bei Vingongo den Makobola und endlich nördlich von Quaba den Longwe auf. Von der Useguha-Terrasse strömt ihm bei Konge der Tange zu. Er ist ein klares Wasser mit starkem Gefäll, in theils sandigem, theils felsigem Bett. In der Regenzeit wird er von den Sturzbächen des Gebirges überfüllt und tritt verwüstend über seine Ufer. Die Ueberschwemmungen steigern sich in manchen Jahren bis zur Zerstörung weiter, angebauter Strecken, besonders bei Simbamweni und Musondi. Seine Breite beträgt in der Regenzeit[S. 156] bei Simbamweni 2 m, seine Tiefe 1½ m und die Uferhöhe 4 m; bei Musondi ist er 27 m (nach Stanley 18 m) breit, knietief und seine Ufer haben die Höhe von 7–8 m, wie Cameron angibt. Die Breite des Flußbettes selbst erweitert sich aber hier bis zu 225 m.
Der Mgeta entspringt auf der Südseite des Kigambwe-Gebirges, durchströmt die Ebene von Sungomero und behält noch bis Kidunda den Charakter eines in sandigem und steinigem Bett fließenden gelblichen Bergwassers bei; kurz nach der Regenzeit hat er hier eine Breite von 45 m und eine Tiefe von 3½ m. Er nimmt von den Dutumi-Bergen den Mgasi und Dutumi auf und vom Uruguru-Gebirge den noch nicht erforschten Mswasi. Dicht unterhalb des Mabruki-Passes befindet sich die Wasserscheide des Mgeta vom Ruaha; nach Süden fließt der Msendasi ab, nach Osten der Msegwe und Vilansi. Bei Kidunda erhält er den einzigen stärkern Zufluß vom Plateau, den in tiefeingeschnittenem Bett über Blöcke von Quarz, Syenit, Hornblende und rothem Sandstein dahinfließenden Manjora.
Der Kingani (auch Rufu und zwischen Kidunda und Usungula Mpezi genannt) wälzt sein rothbraunes, süßlich schmeckendes Wasser von Usungula in vielfach geschlungenem Lauf mit nordöstlicher Richtung dem Meere zu. Seine Breite schwankt im untern Lauf je nach der Jahreszeit zwischen 15 und 45 m. Die Thalebene, die bei Kiranga Ranga eine Breite von 11 km besitzt und bei Dunda auf 4 km sich verengt, erweitert sich bei der Fähre von Bagamoyo und Bikiro bis zu 13 km. Seine Ufer sind schlammig. Er wird eingeschlossen von den Plateaurändern von Ukwere auf der linken Seite (105 m) und von Usaramo auf der rechten Seite (allmählich ansteigend von 22 und 38 m bis zu 58 m bei Dundunguru). An seiner Mündung schließen sich mit Mangrovewaldungen dicht umsäumte Lagunen an. Er ist bis Dunda zu jeder Jahreszeit schiffbar, zur Regenzeit noch 20 km weiter stromaufwärts.
Das niedrige, weitausgedehnte Plateau von Usaramo gestattet dem feuchten Küstenklima den Zutritt bis tief in die Thäler von Kutu, die Hochfläche von Ukwere hingegen hält die vom Meer aufsteigende Feuchtigkeit von dem Tiefland von Ukami ab. An der Küste weht von 9 oder 10 Uhr vormittags angefangen tagsüber der Seewind, nach Sonnenuntergang bringt der Landwind entsetzliche Schwüle. Man bemerkt noch in Sungomero am Vormittag und am Abend die Seebrise. Der über die erhitzte Ebene streichende Wind begegnet im Innern den vom Gebirge herabfließenden kühlern Luftströmungen, weshalb in Kutu mit Ausnahme einiger Wochen im Januar fortwährende Feuchtigkeit herrscht und häufige Niederschläge sich einstellen. An der Küste und nahe landeinwärts tritt zwischen der großen Regenzeit (März bis Mai) und der kleinen (October und November) eine ausgesprochene andauernde Trockenzeit ein. Wird einerseits Kutu durch den Wechsel von Seewind und Bergwind fast unaufhörlich in Dunst gehüllt, dem sehr empfindlichen plötzlichen Austausch zwischen Schwüle und Kälte ausgesetzt und durch die aus faulender Vegetation aufsteigenden Giftgase in eine nie versiegende Brutstätte des Fiebers verwandelt, so genießt Ukami, dank Ukwere und den eigenen Bergen, nicht nur den befruchtenden Segen intermittirenden Regens fast in allen Monaten, sondern auch eine gleichmäßigere, angenehmere Temperatur und besitzt deshalb weit günstigere Gesundheitsverhältnisse als Kutu und der größere Theil von Usaramo.
Um einen ziffermäßigen Vergleich der Temperaturen anzustellen, kann man nur die Aufzeichnungen Burton’s[12] und die Tabellen von O. Kersten in Bezug auf Kutu, Usaramo und Sansibar benutzen; und auch bei Burton genügen allein die Angaben über Sungomero den Anforderungen annähernd erschöpfender Genauigkeit; denn für Usaramo sind es zu wenig [S. 159]Beobachtungstage und die hier gebrauchte Ortsangabe „auf dem Rückmarsch” ist zu allgemein. Thomson[13] hat wol auch eine Reihe von Thermometerablesungen angegeben, aber sie dürften bei dem Mangel der Stunde, ja in den meisten Fällen der Tageszeit überhaupt, nur in ganz beschränkter Weise einige Verwerthung finden.
Mitteltemperaturen für Usaramo und Kutu im Vergleich
mit Sansibar.
Monat. | Gegend. | Meereshöhe in Metern. | Anzahl der Beobachtungstage. | R.° | R.° | ||||
V. 6 U. | N. 4 U. | N. 6 U. | Maximum | Minimum | Differenz | ||||
Januar | Sansibar | — | 29 | 21 | 22,8 | 21,4 | 23,5 | 20,4 | 3,1 |
(Februar) | Kondutschi, an der Küste | — | 1 | 20 | 29,7 | 21 | — | — | — |
Januar | Plateau von Usaramo | ca. 30–60 | 10 | 19 | 31,6 | 22,6 | 34,6 | 18,6 | 16 |
Januar | Sungomero in Kutu | 153 | 23 | 17,9 | 29,4 | 21,7 | 34,6 | 18,6 | 16 |
V. 10 U. | N. 4 U. | N. 6 U. | |||||||
August | Sansibar | — | 28 | 19,4 | 20,6 | — | 21,8 | 16,6 | 5,2 |
(Juli) | Kaole, an der Küste | — | 3 | 21,4 | 21,7 | — | — | — | — |
August | Sungomero | 153 | 7 | 18,9 | 20,8 | — | 23,6 | 18 | 5,6 |
Temperaturen in der Thalebene und im Gebirge vom Kutu.
Monat. | Gegend. | Meereshöhe in Metern. | Anzahl der Beobachtungstage. | R.° | R.° | ||||
V. 6 U. | N. 4 U. | N. 6 U. | Maximum | Minimum | Differenz | ||||
December (Ende) | Mabruki-Paß u. Kirengwe | 600 u. 204 | 4 | 18,7 | 27,5 | 22,4 | — | — | — |
Jan.(Anf.) | Sungomero | 153 | 4 | 18 | 32,7 | 22,1 | — | — | — |
Juli(Anf.) | Mabruki-Paß u. Kirengwe | 600 u. 204 | 7 | 15,3 | 18,5 | 22 | — | — | — |
Aug.(Anf.) | Sungomero | 153 | 7 | — | 20,8 | — | — | — | — |
Anmerkung. Die Aufzeichnungen Burton’s für das Festland sind nicht genau um 6 Uhr vormittags und 6 Uhr nachmittags gemacht, sondern bei „Sonnenaufgang” und „Sonnenuntergang”. Die Temperaturen auf dem Mabruki-Paß Anfang Juli stammen von J. Thomson, der sie „am Morgen, Mittag und Abend” notirte.
Betrachtet man die Durchschnittstemperatur im Monat Januar für Sansibar und Sungomero, so springt der bedeutende Unterschied in die Augen; in Sansibar steigt und sinkt während des Tages und der Nacht das Thermometer kaum um 2° R., in Sungomero dagegen kühlt sich die starke Mittagshitze rasch in zwei bis drei Stunden um 7,1° R. und während der Nacht noch um 4,2° R. ab. Noch deutlicher zeigen sich die starken Differenzen, wenn man die Schwankungen der Temperatur nicht im Monatsmittel, sondern an einzelnen Tagen, wie bei Burton zu finden ist, beachtet.
Abkühlung. | ||||||
Von 4 Uhr nachm. bis Sonnenuntergang | Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang | |||||
Vom 3. bis 8. Januar: | um | 11° | R. | um | 2,4° | R. |
11,2 | 4 | |||||
8 | 5,2 | |||||
12 | 4,6 | |||||
9,1 | 3,4 | |||||
Vom 16. bis 21. Januar: | um | 10,6 | um | 5,4 | ||
8,5 | 8,2 | |||||
5 | 5,4 | |||||
9,7 | 6,3 | |||||
10,7 | 6. |
Der Abkühlung bis zum Abend folgt eine ungleichartige während der Nacht; niemals ist aber die Abkühlung im Verlauf[S. 160] der ganzen Nacht gleich intensiv wie jene während der kurzen Zeit von 4 Uhr nachmittags bis zu Sonnenuntergang.
Mit einigem Vorbehalt müssen die Temperaturangaben über das Plateau von Usaramo der Betrachtung unterzogen werden. Denn sie erstrecken sich auf einen verhältnißmäßig ungenügenden Zeitraum und wurden in stetem Wandern von dem Innern nach der Küste gemacht. Aber die Temperaturabnahme ist auch hier eine rapide und an einzelnen Tagen eine sehr intensive.
Abkühlung. | ||||||
Von 4 Uhr nachm. bis Sonnenuntergang | Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang | |||||
Vom 21. bis 31. Januar | um | 3,9° | R. | um | 3,3° | R. |
5,7 | 2,3 | |||||
4,7 | 2,4 | |||||
8 | 2,6 | |||||
7 | 4,4 | |||||
11,8 | 1,6 | |||||
10,6 | 5 | |||||
11,6 | 4,4 | |||||
8,8 | 4,6 |
Die Hitze um Mittag steigert sich in Usaramo um ein Merkliches im Verhältniß zur Kutu-Ebene und mildert sich (wenn man drei von den angeführten Tagen nicht in Rechnung zieht) in geringerm Grade, da ja die kalten Luftströmungen vom Gebirge auf weitere Entfernungen nicht so wirksam sein können, als in der nächsten Umgebung. Daß die Differenz zwischen Maximum und Minimum in Kutu und Usaramo gleich hoch ist, dürfte vielleicht dem Einfluß jener drei absonderlich gearteten Tage zugeschrieben werden.
Die Temperaturvergleichung von Sansibar und Sungomero im Monat August erlaubt (bei allem Vorbehalt wegen der geringen Zahl von Beobachtungstagen) den einen Schluß, daß Kutu an der allgemeinen Abnahme der Hitze theilnimmt[S. 161] und daß es nur in Erinnerung an die höhere Januartemperatur bedeutend kühler erscheint als Sansibar.
Nach allen Reiseberichten ist die Luft, sobald man das Gebirge selbst betritt, ungemein erfrischend. Wenn auch die Mittagshitze um 2°–5° sich mindert und in vereinzelten Fällen das Thermometer nachts sogar auf 16° und 15° herabsinkt, so scheint doch die ausschlaggebende Ursache des erhöhten Wohlbefindens die Dunstlosigkeit und Reinheit der Atmosphäre zu sein.
Von Ukami wissen wir nach Stanley nur, daß die Tagestemperatur sich gewöhnlich zwischen 23° und 24° R. hält und daß die Nächte kühl sind.
Wirft man zum Vergleich einen Rückblick auf die klimatischen Verhältnisse des Wami-Gebietes, so ergibt sich, wenigstens für Januar und Februar, ein wesentlicher Unterschied zwischen Useguha und Usagara einerseits und Usaramo und Kutu andererseits. Jene um 2–400 m höher gelegenen Binnenländer besitzen eine viel gleichmäßigere warme Tagestemperatur und infolge dessen eine um die Hälfte verminderte Abkühlung; dagegen übersteigt das Maximum der Mittagshitze am Kingani, am Mgeta und auf dem südlich anstoßenden niedrigen Plateau das Maximum der andern Landschaften um 7° R. Auch die Heftigkeit der Abkühlung von Nachmittag bis Sonnenuntergang in der Thalebene von Sungomero wird nur annähernd von jener am Südfuße des Rubeho-Gebirges erreicht: dort 8°–12°, hier 4°–8° R.
Nach der allgemeinen Gestaltung und nach den klimatischen Verhältnissen hat das Gebiet des Kingani drei voneinander getrennte Eigenthümlichkeiten in Bezug auf die Pflanzenbedeckung: der schmale Küstensaum producirt außer Getreide eine große Anzahl tropischer Früchte, er zeichnet sich durch Kokospalmen und Kopalwaldungen aus, in denen das halbfossile Harz in ungeheuerer Menge und von besonderer Güte[S. 162] ausgegraben wird; das Plateauland ist wegen der ausdörrenden Hitze und der Lateriteigenschaft des Bodens mit wenigen Ausnahmen gänzlich unfruchtbar und die Thalsohle des Kingani wegen seiner morastigen Beschaffenheit höchstens für vereinzelte Reisculturen verwerthbar; die Gebirgsgegenden von Ukami und Kutu strotzen von der Fähigkeit, die reichsten Früchte dem Anbau zu gewähren, liefern aber theils wegen der mächtigen Urwälder, theils wegen geringer Bevölkerung und herrschender Fieberluft kaum viel mehr als den Bedarf der täglichen Nahrungsmittel.
Nur in Bezug auf Kutu muß hervorgehoben werden, daß der in Sungomero gebaute Taback sehr gesucht ist und bis an die Küste verschickt wird und daß in seinen Waldungen Schätze von Kautschuk verborgen liegen.
Charakteristisch für das ganze Gebiet ist das Nichtvorhandensein von Rinderheerden; entweder gedeiht kein Futtergras, sondern nur das harte, hohe schilfartige, mit Giftpflanzen in ungeheuerer Menge untermischte, oder die Tsetsefliege vernichtet mit ihrem tödlichen Stich jede aufwachsende Zucht.
Man findet, je nach der Beschaffenheit der Bezirke, Felder von Reis, Zuckerrohr, Taback (besonders in Kutu), den Stechapfel (Datura stramonium), Reis, Hirse, Sesam, Erdnüsse, Bohnen, süße Kartoffeln, selbst Ananas und Orangen (doch nur an der Küste); wild wächst der Bang (Hanf), die Baumwoll- und die Ricinusstaude. An Bäumen wird sorgsam gepflegt die Kokospalme, der Mango- und der Melonenbaum. Mit der Einführung der Oelpalme wurde bei Dar-es-Salaam ein halbgelungener Versuch gemacht. Die Wälder bestehen in der Küstenniederung besonders aus Mangrove- und Kopalbäumen, im Gebirge aus Fächerpalmen, Wollbäumen, Mimosen, Tamarinden und gummireichem Schlinggewächs.
Erprobte Culturfähigkeit des Bodens zeigt sich an der Küste, an ein paar Stellen des Plateaurandes längs des Kingani und in den Thälern des Gebirges.
[S. 163] Wild ist selbst in den weiten Savannen Usaramos wenig vorhanden. Wer vom Jagdglück begünstigt ist, kann bei Kidunda am Kingani und am obern Gerengere hie und da Heerden von Antilopen, Zebra und Büffeln antreffen. Auch dem Leoparden kann man begegnen, höchst selten dem Löwen. Desto massenhafter erscheint im Kingani das Flußpferd und das Krokodil, und im Ufergestrüpp eine Menge von Schlangen, doch von ungefährlicher Natur.
Außer den gefürchteten riesigen Ameisenzügen ist die Hauptplage des Landes die Tsetsefliege; sie herrscht verderbenbringend namentlich in Ukami (aber nicht in Mrogoro); sie verschont nur die Menschen, Ziegen und säugenden Kälber.
Als Hausthier trifft man überall Ziegen und Hühner; Schafe jedoch in geringerer Anzahl.
Usaramo grenzt im Osten an das Meer, im Süden an die Thalebene des Rufidschi, im Nordwesten an den Kingani. Die Westgrenze gegen Kutu läßt sich im allgemeinen durch eine Linie bezeichnen, welche von Kidunda aus in südsüdöstlicher Richtung gegen den Rufidschi gezogen wird.
Die Küste, auch hier Mrima genannt, besteht aus dem weißesten und feinsten Sand, den Trümmern von Korallenbänken, zusammengehalten durch eine Art von kriechenden Winden mit fleischigen Blättern und lilafarbigen Blüten. Zahlreiche Buchten schneiden in das Festland ein; hinter den mit wilder Vegetation üppig bewachsenen Sandbänken ziehen sich Lagunen hin, deren Ufer mit dichtem Mangrovegebüsch umsäumt sind. Wo der Boden aus dem Flutgebiet der See emporsteigt, ragt ein Wall von Kokos- und Delebpalmen, Melonen- und Wollbäumen auf.
[S. 164] Bagamoyo liegt 8 km südlich der Kingani-Mündung. Es besitzt keinen Hafen, sondern nur eine Rhede, 3–4 km seewärts. Bei ruhigem Wetter erfolgt die Landung mit Schiffsbooten ohne Schwierigkeit, bei Seewind ist sie unmöglich, und bei Ebbe müssen die letzten 100 m durchwatet werden. Bei Sturm bieten die nördlichen und südlichen Sandbänke einigen Schutz.
Bagamoyo ist der wichtigste Handelsplatz an der deutsch-ostafrikanischen Küste; hier münden die begangensten Karavanenstraßen aus dem Innern; vor dem Aufstand 1888 kamen in der günstigen Jahreszeit oft 8–10000 Träger wöchentlich an. Für sie ist die Stadt das ersehnte Eldorado, in dem es Nahrungsmittel, Pombe und Weiber in Hülle und Fülle gibt und wo wochen-, ja monatelang Rast gehalten wird. Häuser von Korallengestein und Fachwerk, die Wohnsitze der Araber und der indischen Krämer, bilden einige enge, übelriechende, unregelmäßige Straßen, die dem Strande parallel laufen; diese umschließt im Südwesten das Negerviertel mit seinen Hunderten von Strohhütten. Zu den größten Gebäuden zählen: eine Moschee, ein Hindutempel, das Stations- oder Usagarahaus der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (früher für den Wali bestimmt), 150 m vom Strande entfernt, und das Ratu-Haus (Lagerhaus für die Karavanen). Während der Belagerung Bagamoyos durch Buschiri wurden sämmtliche Negerhütten und ein großer Theil der Gebäude aus Fachwerk zerstört oder verbrannt. Der ganze Ort liegt wie in einem Hain von Kokospalmen und Mangobäumen. Die ständige Einwohnerzahl wurde auf 15000 geschätzt.
In der nächsten Umgebung befinden sich die Schambas der reichen Araber mit den Pflanzungen von Kokospalmen, Bananen, Mangobäumen, Baumwollstauden, Zuckerrohr, Getreide, Hülsenfrüchten und Ananas. Nordwestlich, nicht ganz 1 km entfernt, liegt die wegen ihrer wirkungsvollen Thätigkeit und außerordentlichen Gastlichkeit berühmte französische[S. 165] Missionsstation „de la congrégation du Saint-Esprit et du Saint-Cœur de Marie”. Sie besitzt außer einer hübschen steinernen Kirche ein schloßähnliches Gebäude, massivgebaute Wohnhäuser für die Ordensschwestern und für die Zöglinge, eine Schreiner- und Schlosserwerkstätte sowie Viehstallungen. Was der Boden von Bagamoyo, wenn emsig gepflegt, an Naturproducten in reichster Fülle hervorzubringen vermag, das beweisen die Gärten, Felder und Haine der Mission. Auch wird behauptet, daß durch die Anpflanzung Tausender von Kokospalmen die Missionare die Gesundheitsverhältnisse ihrer Station bedeutend verbessert hätten.
Zwei bis zwei und eine halbe Stunde von der Stadt landeinwärts betritt der Fuß des Reisenden unberührte Wildniß; in der Richtung der Kingani-Fähre: zuerst sumpfige Stellen, lichtes Gehölz in der Savanne; dann in der Thalebene dichtes Dschungel und Wald, zuletzt tiefen Morast. Oder das rechte Ufer aufwärts: Savanne mit Busch und zwischen flachen Bodenanschwellungen sumpfige Mulden.
Der Küste entlang südlich von Bagamoyo bis Dar-es-Salaam setzt sich die Fülle tropischer Vegetation fort.
In dem nahen Kaule (Kaole) nahmen bis zu Anfang der sechziger Jahre die Karavanen ihren Ausgang; das Landen bei Ebbe ist hier noch schwieriger als bei Bagamoyo, man muß 800 m entfernt aus den Booten steigen, um durch Waten trockenen Grund zu gewinnen.
Kondutschi, ein reizend gelegener Ort, in dem auch Viehzucht getrieben wird, ist Ausfuhrplatz für Getreide und Kopal und ein berüchtigter Schlupfwinkel der Sklavenhändler.
Dar-es-Salaam. Die Rhede bietet bei Südwestmonsun gute und geschützte Ankerplätze, nicht aber bei Nordostmonsun; in letzterm Falle ankern die Schiffe in der nahen, nördlich und günstig gelegenen Bai von Msasani. Dar-es-Salaam besitzt einen geräumigen und vollkommen sichern Hafen; die Einfahrt durch die gewundene und enge Gasse von Korallenriffen[S. 166] ist schwierig, namentlich für Segelschiffe. Dampfer mit 6 m Tiefgang können nur bei Hochwasser durchkommen, diejenigen von geringerm Tiefgang bei jedem Wasserstand. Die Stadt liegt an der Mündung des Msinga; er bleibt bis über 6 km landeinwärts schiffbar für Boote von 3–3½ m Tiefgang.
Said Madschid, ein Vorgänger von Said Bargasch, Sultan von Sansibar, hatte beabsichtigt, durch Hafenanlagen und durch den Bau von geraden und breiten Straßen die Stadt mit ihrer entzückenden, fruchtbaren, schönbewaldeten Umgebung zu einem behaglichen Wohnsitz und zu einem Haupthandelsplatz zu erheben. Sein Werk wurde nicht fortgesetzt. Was an steinernen Häusern nicht vollendet wurde, verfiel in Trümmer. Doch machen noch jetzt die Reihen massiver Gebäude längs des Hafens, die breiten, steinernen Treppen, die zum sandigen Quai hinabführen, und die sorglich eingefaßten Quellen mit frischem Trinkwasser den Eindruck civilisatorischer Thätigkeit. Gegenwärtig ist die deutsche evangelische Mission am Werk, ein stattliches Gebäude aufzuführen.
Da Dar-es-Salaam als Hinterland das unfruchtbare Usaramo und die noch nicht exportfähigen Gebirgsländer Kutu und Ukami besitzt und von der bedeutendsten Karavanenstraße nach dem Innern, nämlich der durch Ukwere und Useguha führenden, zu entfernt liegt, so wird für die nächste Zukunft seine Anziehungskraft nur eine local beschränkte, hauptsächlich für den Kopalhandel an der Mrima wirksame sein.
Die Ebene steigt von der Stadt mäßig in zwei, von Korallenfelsen gebildeten und mit rothem Sandstein und Thon überdeckten Stufen an. Die Höhe der ersten beträgt 6 m, die der zweiten 15–18 m.
Südlich von Dar-es-Salaam bis zum Mkunde erstreckt sich eine 50 km lange wellige, stellenweise morastige Savanne mit Waldgebüsch, die am Strand von Mboamadschi bis Kimbidschi in Mangrovesümpfe übergeht und in dem ausgedehnten[S. 167] Schlammgebiet von Iegea endet. Am Mbesi tritt eine Unterbrechung ein durch gut cultivirten Alluvialboden; der Fluß kommt aus der sehr fruchtbaren, besonders mit Reis bebauten Ebene von Liwali. Zwischen dem Mkunde und Mgasi liefert „der Garten von Kwale”, durch regelmäßige leichte Regenschauer befruchtet, die ausgiebigsten Ernten von Mais, Hirse, Reis, von Kokosnüssen und Mangofrüchten. Die übrigen Küsten- und Handelsplätze liegen in sumpfigen Mangrovegebüschen, in Brutstätten des Fiebers. Die Bewohner der Mrima gewinnen aus den großen Waldungen von Kopalbäumen, die den Ostrand des Plateaus von Mangatani bis zu den jenseit des Rufidschi gelegenen Matumbi-Bergen umsäumen, sehr bedeutende Quantitäten von halbfossilem Kopal, dem wesentlichsten Handelsartikel an den Küstenplätzen Kisiju, Kitmangao und Kivinja. Die Bevölkerung zieht dorfweise und wohlbewaffnet in die Wälder und gräbt aus Löchern von 1½ m Tiefe das werthvolle Product aus. Das Harz der Kopalbäume wird nur zur Gewichtsvermehrung des reinen Fossils benutzt. Der Export von Kopal aus Kwale und Delgado betrug 1867/68 an 40000 Dollar Werth. Der feinste wird im District Kirgesi (nördlich vom Mkunde) gefunden.
Von Kisiju bis Sandasi, welch letzteres von einem Hain riesiger Kopalbäume überschattet wird, nimmt die Gegend den steppenartigen Charakter des nördlichen Landstrichs an.
Das Plateau von Usaramo ist ein einförmig gewelltes Land; der quarzhaltige, rothbraune Sandboden, mit dünner schwarzer Humusschicht überzogen, ist im Wechsel bedeckt mit 2–3 m hohem, hartem Gras, mit lichtem Gehölz und stacheligen Dschungeln; aus morastigen Einsenkungen strömt die verfaulende Vegetation verpestende Dünste aus. Während der Regenzeit fast vollständig überschwemmt, versengt die glühende Sonne in der Trockenheit alles blühende Leben. Das ist der Typus der Landschaft sowol an der Karavanenstraße von Bagamoyo bis Makutaniro am Kingani als auch auf dem Wege[S. 168] durch die Mitte von Dar-es-Salaam bis westlich von Msangapwani. Das „Thal des Todes und des Hungers” wird der hohe Uferrand des Kingani von Muhonjera bis gegen Usungula und „Malaria-Ebene” die ihn begleitende Flußniederung genannt. Das zum Trinken gebotene Wasser ist entweder schmutzig und gesundheitsschädlich, oder es fehlt ganz, wie westlich von Mkamba in dem höhern Theil des Plateaus.
Wo sich aber der Mensch an die Ausrodung der Wälder gemacht oder wo engbeschränkte günstige Bodenverhältnisse es gestatten, da hat die Productionskraft der geringen Humusschicht genügt, um mit guten Ernten von Getreide, Taback und besonders von Reis den angewendeten Fleiß zu belohnen. So am Kingani. Man könnte in Dunda (der ehemaligen deutschen Station), wenn es auch wegen der umliegenden fiebererzeugenden Sümpfe und der schweren, ungünstig zusammengesetzten Erde nicht sehr empfehlenswerth ist, doch mit einigem Erfolg Reis im Thale und vielleicht Baumwolle und Taback auf der Höhe bauen; ebenso in Madimola (deutsche Station), obwol dessen Boden bei der Analyse ein noch weniger befriedigendes Resultat als jener von Dunda ergeben hat.
Kiranga-Ranga ernährt eine große Anzahl von Eingeborenen durch den reichlichen Ertrag seiner Felder.
Usungula (deutsche Station) besitzt nach K. W. Schmidt Boden von erster Qualität (49,1% Sand, 50% thonhaltigen Staub, reich an Phosphorsäure, geringer an Humus); aber es bedarf einer ergiebigen künstlichen Bewässerung.
Bis Usungula reicht die Existenzfähigkeit der Dumpalme; weiter nach dem Innern wird die Mimose der charakteristische Baum. Von Degela-Mora behauptet Speke, es wäre der reichste Bezirk in Usaramo und an Ergiebigkeit der Ernten mit Indien zu vergleichen.
Westlich von Dar-es-Salaam, 20 km entfernt, befindet sich das hübsch auf einer sanften Erhebung gelegene Pugu, wo eine Station der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft und ihr[S. 169] gegenüber auf steil abfallender Höhe eine Niederlassung der bairischen katholischen Benedictiner-Mission errichtet worden waren. Man hat den Versuch gemacht, in dieser freundlichen Gegend Taback zu pflanzen.
Auch inmitten der öden monotonen Hochfläche (südwestlich von Liwali) wird der Reisende von einer üppigen Landschaft überrascht: es ist Mkamba mit gutbewaldeten Höhen, mit Mango-, Melonen- und Orangenbäumen, mit Korn, Gemüse- und Reisfeldern.
Kopal wird, wenn auch nicht in der Masse wie an der Mrima, doch immerhin die Arbeit lohnend bei Tumba, Makutaniro und westlich von Mkamba ausgegraben.
Die Bewohner der Mrima vom Kingani bis zum Rufidschi sind aus denselben Elementen zusammengesetzt, wie diejenigen an der Küste von Useguha (siehe S. 140): aus den Wamrima und Suaheli. Die Dorfhäuptlinge der Wamrima heißen „Jumbe”; sie sind es, welche die aus dem Innern kommenden Karavanen mittels Tributforderungen und Ueberfahrtszöllen, so namentlich an der großen Fähre über den Kingani bei Bagamoyo, auf das Unverschämteste ausgebeutet haben und eine Veränderung der politischen Verhältnisse als ihren persönlichen Nachtheil betrachteten. Die Wamrima im Bezirk Kwale (südlich von Dar-es-Salaam) vom Mbesi bis Mangatani standen, als sie Elton 1874 besuchte, unter einem einheitlichen Herrscher, Kimwere; die Jumbe hatten als Rathgeber einen „Jemader” zur Seite. Bedurfte der Jumbe erhöhtes Einkommen oder verlockten ihn die von den Indern in Aussicht gestellten Verkaufspreise, so befahl er seinen Unterthanen in die Wälder zu ziehen und Kopal zu graben. Niemals duldete er, daß die Inder selbst oder die Dorfbewohner aus eigenem Antrieb die Kopalreichthümer sich verschafften. Er besaß das ausschließliche Monopol der Kopalgräberei und[S. 170] strich für seine Person einen beträchtlichen Antheil am Gewinn ein. Beim Export mußte noch ein 20% betragender Zoll an den Sultan entrichtet werden. So blieb den Arbeitern, d. h. den gewöhnlichen Dorfbewohnern, selbst nur ein mäßiger Lohn.
In Bagamoyo und Dar-es-Salaam sind als gebietender Theil die Araber von Sansibar ansässig; zu ihnen gesellen sich als Händler, Unterhändler und Zollbedienstete die Inder; an den Küstenplätzen südlich von Dar-es-Salaam liegt in den Händen der letztern fast ausschließlich der ganze Handel mit dem Binnenland und Sansibar.
Die Wasaramo am Kingani waren zu Burton’s Zeiten der Schrecken der Karavanen; wurden ihre Forderungen nicht vollauf befriedigt, so erklärten sie sofort den Krieg; zuweilen überfielen sie auch die Reisenden plötzlich und hinterlistig. Das dürfte sich nach den Berichten aus neuerer Zeit wesentlich verändert haben; der friedfertige Charakter der Eingeborenen in der Mitte des Plateaus, in Mkamba und Kikonga, wie Thomson ihn schildert, scheint auch bei dieser Bevölkerung, mindestens bei jener am untern Kingani, die Oberhand gewonnen zu haben. Uebrigens ist ihnen stolzes Selbstvertrauen auf eigene körperliche Kraft und geistige Findigkeit in höherm Grade verblieben als den benachbarten Wakutu.
Die Wasaramo sind gut gebaut, dunkelbraun bis tiefschwarz, von ausgeprägtem Negertypus. Sie tragen Baumwollzeuge um die Lenden, die Reichern weiße Hemden und Fes, die Frauen ein Busentuch, Perlhalsbänder und um die Handgelenke Messingspangen. Man sieht bei ihnen häufig einen eigenthümlichen Halsschmuck (Mgoweko), eine Art von Cravatte von rothen, gelben, weißen und schwarzen Perlen, mit Holzstücken dazwischen. Das Haar wird mit rother Erde steif pomadisirt. Sie kennen weder Beschneidung noch Tätowirung. Ihre Hauptbewaffnung bestand früher aus Speeren und vergifteten Pfeilen; jetzt trifft man auch bei ihnen Feuergewehre, wenn auch in geringer Menge an. Daß sie von jeher einen[S. 171] höhern Grad von Cultur erreichten, beweisen die Wohnungen der Häuptlinge und Wohlhabenden: sie sind aus Lehm, viereckig, mit zweiseitigem Strohdach und einer Veranda, im Innern in Zimmer abgetheilt.
Die Wasaramo betreiben Ackerbau und Kopalgräberei; ja sie verdingen sich nicht nur als Träger, sondern auch zur Arbeit an die Küste. Eine Anzahl von mehrern, aus 5–6 Hütten bestehenden Ansiedelungen steht unter einem Häuptling, dem „Fasi”, dem ein erster Rathgeber, Mwene Goha, beigegeben ist. Eine weiter ausgebildete politische Organisation existirt nicht.
1857 haben sich flüchtende Wadoë bei Makutaniro und Degela-Mora am obern Kingani niedergelassen; ob sie sich erhalten oder ganz verschmolzen, ist nirgend erwähnt. Ebenso wenig wissen wir von den Makamba und Wafangara, die Burton als Unterabtheilungen der Wasaramo bezeichnet, die aber in keinem andern Reisebericht wieder auftauchen.
Die Heimat der Wakami grenzt im Norden und Nordwesten längs des Gerengere an Useguha und Ukwere, im Südosten, dem Mgeta entlang, an Usaramo; der unbewohnte höchstgelegene Theil des Uruguru-Gebirges trennt im Süden von Kutu ab, wie im Westen die Kigambwe-, Kihindo- und Mguruwandege-Gebirge von Usagara.
Schönheit der Gegend, Reichthum der Vegetation und Cultivation des Bodens culminiren in den zwei Parallelthälern des obern Gerengere bei Simbamweni und Mohale. Von Süden und Westen überragen die malerischen Häupter des Uruguru- und Kigambwe-Gebirges die sanft nach Norden verlaufenden Höhenzüge; die schönbewaldeten Abhänge sind bis in die Höhe von 1000 m mit kleinen Dorfschaften übersäet und senden frisch und klar rieselnde Bäche in die Tiefe hinab; die Thalsohle schmücken blumenreiche, Honig liefernde[S. 172] Wiesen, ein seltener Anblick in Ostafrika, und auf den Feldern gedeihen außer Korn, Mais und Bohnen das Zuckerrohr und die Banane. Das Klima gilt im allgemeinen als gesund. Zwei Feinde bedrohen dies Eden: Ueberschwemmungen, die nicht regelmäßig, aber doch häufig mit verheerender Gewalt eintreten, und die Tsetsefliege, welche das Aufblühen einer ersprießlichen Rindviehzucht verhindert. Doch der Ruf des Wohlstandes dieser Gegend war von jeher ein so mächtiger Reiz gewesen, daß ungefähr vor vierzig oder funfzig Jahren ein Stamm der Waseguha von Magubika (westlich von Saadani) unter Führung des Häuptlings Kisabengo aufbrach und nach hartem Kampfe und mit Unterstützung des Sultans Said Soliman von Sansibar sich zum Herrn des Landes machte. Kisabengo legte seine Residenz am Ufer des Mrogoro an, umgab die Wohnhäuser seiner Familie, seiner Rathgeber und vornehmsten Unterthanen mit einer 4 m hohen steinernen Mauer, die mit Thürmen an den Ecken und mit Thoren an den Seiten, durch kunstvoll geschnitzte Thüren verschlossen, sichern Schutz gewährte. Um diese burgartige Wohnstätte des Fürsten siedelten sich an tausend Hütten der Eingeborenen an; eine niedrige Lehmmauer begrenzte und schützte auch sie. Als Kisabengo starb (wahrscheinlich 1867), hinterließ er drei Kinder. Das älteste von ihnen, seine Tochter Simbamweni (d. i. die Löwen-Fürstin), übernahm die Herrschaft und nach ihr ist der Hauptort von Ukami benannt. Ihr ältester Bruder, Kingo Mkuba, ließ sich in Usagara nieder; der jüngere, Kingo Mdogo, verblieb am Mrogoro. Simbamweni, verheirathet mit Mwane Gomera, trennte sich von ihrem Mann und verlegte ihren Wohnsitz nach dem benachbarten, am Tongeni gelegenen Mohale (zuweilen Kunguhera oder Kingruira genannt), sodaß gegenwärtig der Ort Simbamweni oder Mrogoro die Residenz von Kingo Mdogo geworden ist. Nahe auf einem Hügel wurde die französische Missionsstation Mrogoro gegründet.
Von Mrogoro geht die Karavanenstraße durch lichtes[S. 173] Gehölz über den Gerengere und über die hügelige Einsattelung der Kihindo-Berge nach der Makata-Ebene in Usagara.
Um in östlicher Richtung von Mohale nach Musondi am mittlern Gerengere zu gelangen, hat man vor Kiroka einen dichtbewaldeten, steilzerklüfteten Engpaß zu überschreiten, dessen Untergrund aus Quarz und glattem Sandstein besteht. Bei Kongasa befindet man sich mitten in der Gebirgswelt des hohen Uruguru; auf dem schwarzschlammigen Thalboden wird Reis in großer Menge, an den Abhängen Hirse und Korn gebaut. Von dem mächtigen Kungwe- (oder Kira-)Berge senkt sich das Gelände allmählich zum Gerengere hinab als stark gewelltes, schwierig gangbares Hügelland, das zuerst als dürrer Granitboden von Akaziengehölz bekleidet wird und von 12–15 m tiefen Schluchten durchzogen ist, später von einem 12 km breiten Wald von Wollbäumen, Tamarinden und Mimosen überdeckt ist und zuletzt in einer sumpfigen Strecke endet.
Das Gebirge tritt längs des Gerengere bis zur Mündung des Longwe hart an dessen Ufer heran; zwischen diesem und dem Mgeta liegt eine gegen 20 km breite unbewohnte Savannen-Ebene.
Um die Wakami als einen ursprünglichen Stamm aufzufassen oder sie den Waseguha oder Wasagara als Unterabtheilung einzuverleiben, geben die bisherigen ethnographischen Berichte keine genügenden Anhaltspunkte. Man kann nur annehmen, daß sie, verborgen in einem ziemlich hohen Gebirgsland, vom Völkerverkehr getrennt im Norden durch steinige Steppenwildniß, im Süden durch ungangbare Bergeshöhen, sich jedenfalls einen concentrirten Stammescharakter allmählich hätten erwerben müssen, wenn sie nicht durch den massenhaften Andrang von Karavanen und durch fortwährende Sklavenjagden in ihrer eigenartigen Entwickelung gestört worden[S. 174] wären. Was man von ihnen weiß, beschränkt sich darauf, daß sie scheu, gutartig und sehr fleißige Ackerbauer sind, daß ihre meist aus 15–20 Hütten bestehenden Dörfer im Waldgestrüpp versteckt und außerdem durch befestigte Thore geschützt liegen; daß ihre ärmlichen, von Ungeziefer wimmelnden runden Hütten aus Flechtwerk und Erde gemacht sind und sich einer Veranda als einziger Annehmlichkeit erfreuen. Einen Vortheil würden sie, wenigstens den umwohnenden Stämmen gegenüber, dadurch besitzen, daß sie ein einheitliches Stammesoberhaupt in der Person der Fürstin Simbamweni haben. Allein diese Landesmutter scheint sich weniger um die Wohlfahrt ihrer Unterthanen zu bekümmern, als um die Vermehrung ihres eigenen Reichthums, ihres arabischen Prunkes und um die Erhaltung der ihr so nothwendigen Gunst des Sultans von Sansibar. Sie hat ihre Macht jenseit der Kihindo-Berge und über die Makata-Ebene hinaus bis nach Rudewa und Farhani in Usagara ausgedehnt.
Die Grenzen von Kutu ergeben sich im Norden und Westen durch das Uruguru- und Rufutu-Gebirge, im Süden größtentheils durch die Wasserscheide des Mgeta und Ruaha-Rufidschi; im Osten aber kann sie nur willkürlich durch eine Linie angenommen werden, die von Kidunda südlich nach dem Plateaurücken gezogen wird. Mgunda sowol, wie Behobeho, müssen trotz ihrer Lage am Südabhang der Wasserscheide wegen der ansässigen Wakutu zur Landschaft Kutu gerechnet werden.
Der bewohnte und bisjetzt allein bekannte Theil von Kutu erscheint als ein nach Osten geöffneter Bergkessel. In ihn führen hinein die Karavanenstraßen vom Kingani-Mgeta über Dutumi, vom Rufidschi über Behobeho, vom Makata-Hochthal über die Pässe Mabruki und Goma und vom Ruaha durch das Thal des Msendasi über Mgunda.
[S. 175] Dutumi ist einer der fruchtbarsten Bezirke Kutus. In der Ebene von schwarzer, mit Sand gemischter Erde, welche die wildgezackten Kämme des Uruguru- (hier Mkambaka genannten) Gebirges nördlich umkränzen, werden auf den Feldern der ausgerodeten Waldungen Maniok, Bataten, Gurken, Sesam, Zuckerrohr und Bananen gebaut und Schafe, Ziegen und Hühner in großer Menge gezüchtet.
Im weitern Umkreis ist Dutumi von uncultivirbaren Strecken eingeschlossen. Folgt man dem nach dem Ort benannten Bach bis zur Mündung in den Mgeta bei Kiriru, so trifft man zuerst auf den Jegea-Sumpf, der in der Höhe der Regenzeit nicht zu durchwaten ist, sondern südlich umgangen werden muß; dann auf dornige Savannen und vereinzelte Waldpartien von Wollbäumen und Akazien und zuletzt auf einen schwarzschlammigen Boden mit Büscheln von hohem und hartem Gras. Zwischen dem durch Reisbau ausgezeichneten Kiriru und Kidunda wechselt ein durch Mimosen und Gummibäume geschmücktes parkähnliches, ziemlich wildreiches Land mit dichtem Dschungelgebüsch ab. Einen ähnlich niederschlagenden Eindruck macht die Landschaft westlich von Dutumi bis nach Sungomero. Hier erreicht das ohnehin lästige Savannengras die enorme Höhe von 4 m, die endlosen Wälder sind netzartig von Lianen durchzogen und fiebererzeugende Miasmen steigen auf aus den düstern, engen und schlüpfrigen Pfaden.
Freundlicher erscheint der Zugang ins Innere von Kutu von Behobeho aus. Der Ort selbst liegt mitten in einem ausgerodeten Urwald von Fächerpalmen, Wollbäumen, Akazien, riesigen Epheuranken und Farrnbäumen, in dem eine ungeheuere Menge von Pavianen haust; ein krystallhelles Wasser in sandigem Bett durchschneidet die kornreichen Gefilde. Westlich von Behobeho und jenseit eines niedrigen Höhenzuges eröffnet sich ein liebliches Thal mit Hainen oder breitern Lichtungen in den geschlossenen Waldungen und mündet in den Mgeta.
[S. 176] Die heißen Quellen von Madschijaweta entspringen auf der nördlichen Abdachung der Mgeta-Ruaha-Wasserscheide, am Fuße eines aus Granit gebildeten Höhenrückens; sie besitzen eine Temperatur von 52°–58° R. Das aufquellende, stark strömende Wasser formt durch Sinterabsonderung hohe Kegel. Reicht der unterirdische Druck nicht mehr hin, um die höher und höher werdenden Kegel zu überströmen, so bricht die Quelle an anderer Stelle durch die schuppigen Schichten von Kalktuff hervor. Thätige Kegel sind weich, außen grau, inwendig weiß. Die Sinterbildungen haben hellgelbe, rosarothe und rothbraune Färbungen. Das über Terrassen abfließende Wasser sammelt sich in einem Weiher von 60 m im Umfang, dessen Ränder brüchig sind und dessen aufsteigende Dämpfe eine unerträgliche Hitze verbreiten. Das Wasser der Quelle selbst ist klar, wohlschmeckend, wohlriechend und enthält sehr viel Kohlensäure. Es wirkt heilsam auf den menschlichen Organismus, namentlich soll es die hochgradigsten Verdauungsstörungen heben.
Steigt man über den Mabruki-Paß durch dorniges Gebüsch und auf abschüssigem, rothem Pfade abwärts, so erquickt das Auge der kornreiche Bezirk von Usiraha oder Mbwigwa und das von wilder Vegetation erfüllte, 48 km lange und 10–12 km breite Thal des Msendasi. Hier, in nächster Nähe der Quellen des Msegwe liegt Mgunda, so benannt nach einem Häuptling der Waniamwesi, der auf dem Marsch aus dem Innern dauernd sich hier niedergelassen und die ehemalige Bedeutung Sungomeros als Rastplatz der Karavanen auf diesen Ort übertragen hat.
Ueber einen Paß von niedrigen Hügeln kommt man von Mgunda den Msegwe entlang durch ein malerisch prächtiges Thal, in welches der Vilansi zwischen hohen, sumpfigen und wildbewachsenen Ufern mündet. Von hier aus schlingt sich der Pfad seitab von dem rechten Ufer des Msegwe durch ein zerschnittenes, mit Farrnkräutern und Sträuchern anmuthig[S. 177] bewachsenes Terrain, in dem verwitternder Basalt zu Tage tritt, nach den freundlichen Gefilden von Kiregwe.
Anders der Abstieg vom Rufutu-Gebirge über den Goma-Paß nach Sungomero. Kiahenge, ein Conglomerat elender Hütten, der erste bewohnte Ort, liegt am Fuße der Berge an der Vereinigung des Rufutu-Baches mit dem Mgeta. Einzelne Tamarinden stehen auf dem spärlichen, von Wasserrinnen zerrissenen Boden; erfrischend wirkt die klare, fieberfreie Luft und der weite Umblick auf die umliegenden Berge. Einen ähnlichen Anblick gewährt Msisi Mdogo (240 m), dessen Boden mit rothen, gelben und weißen Quarztrümmern übersäet ist. Der Weg zwischen beiden Plätzen führt über steile, rothbraune Hügel zwischen Gebüsch von Aloën und Euphorbien und Waldpartien von Kalebassen und Mimosen hindurch.
In der Ebene von Sungomero sammeln sich die Gewässer der nah umschließenden Hügel und Berge; sie finden bei der geringen Höhenlage von 153 m über dem Meere nur einen träg schleichenden Abfluß. Die fortwährenden, kaum während ein paar Wochen im Jahre aussetzenden Regenschauer, im Verein mit einer drückenden Mittagshitze und mit starken Thaufällen am Morgen vermehren die Feuchtigkeit der verdunstenden Bäche und Flüsse. Was gebaut wird an Korn, Taback und Kokospalmen, was wild wächst an Bang (rauchbarer Hanf) und an massenhaft vorkommenden Stechäpfeln, gedeiht in der üppigsten Fülle. Die Gegend lieferte früher den zahlreichen Karavanen eine unerschöpfliche Menge von Lebensmitteln, Fleisch ausgenommen; denn für Rindvieh ist kein geeignetes Gras und Weideland vorhanden. Die allmähliche Verringerung der Bevölkerung und der Feldarbeiter, vor allem die stets herrschende Fieberluft hat in dem letzten Jahrzehnt die Karavanen aus Sungomero nach dem ebenso fruchtbaren und dabei gesündern Mgunda gedrängt. Nach Thomson ist sogar der Name Sungomero verschollen und man kennt die Gegend nur noch unter der Bezeichnung Kisaki.
Die Wakutu sind eine durch Klima und besonders durch Sklavenjagden gänzlich degenerirte Rasse. Schwächlich von Körperbau, elend genährt durch Mehlbrei unter Zusatz von Sesam- und Ricinusöl und durch moderige Fische aus stagnirenden Gewässern, dürftig mit einem Schurz aus Kalebassenfasern, in seltenen Fällen mit einem Stück Baumwollzeug oder Ziegenfell bekleidet, bewohnen sie niedrige, schmutzige Hütten. Entlaufene Sklaven und Sträflinge und heruntergekommene Freie aus der Küstengegend trieben zu Burton’s Zeiten ihr räuberisches Unwesen unter ihnen; der Sultan von Sansibar, zur Hülfe gegen diese angerufen, vermochte die fast vollständige Ausrottung nicht zu verhindern. Die Zuvorkommenheit der Wakutu gegen Fremde, ihre Bereitwilligkeit, Karavanen abgabenfrei durch das Land ziehen zu lassen, beruht auf ihrer Hauptcharaktereigenschaft, der Verzagtheit. Selbst als Träger sind sie kaum zu verwenden, denn die Furcht vor der Fremde macht sie, wo sich Gelegenheit findet, sofort zu Ausreißern.
Vom Gesichtspunkt der Besiedelung durch europäische Unternehmungen sind die Verhältnisse an der Mrima, am Kingani und im Gebirgsland wesentlich voneinander verschieden.
Die Mrima eignet sich in Bezug auf Klima und Boden unfraglich zur Anlage von Plantagen an folgenden Plätzen: bei Bagamoyo und Dar-es-Salaam; in der Thalebene des Mbesi bis Liwali und in dem „Garten von Kwale”. Die französische Mission bei Bagamoyo hat den Beweis geliefert, daß mit Sorgfalt und Ausdauer befriedigende Ernten werthvoller tropischer Producte erzielt werden können. Auch die blühenden Schambas der Araber überzeugen von dem gewinnreichen Erfolg cultureller Arbeit. Den Hauptertrag liefern die Kokospalmenpflanzungen. Die Mrima fällt freilich in die[S. 179] Zone der Souveränetät des Sultans von Sansibar; die daraus entspringenden Schwierigkeiten werden aber ein wirkliches Hinderniß dann nicht mehr bilden, sobald einmal die zugestandene deutsche Verwaltung hier effectiv geworden. Die größte Schwierigkeit dürfte darin zu suchen sein, daß herrenloses oder unberührtes Land hier selten oder in zu geringem Umfang existirt und daß der Kaufpreis rentabeln Bodens ein zu hoher ist, um die kostspielige Cultur durch deutsche Pflanzer zinstragend zu machen. Quantität und Qualität der Arbeiter wäre in genügendem Grad vorhanden, die Nähe des Meeres von besonderm Vortheil. An einzelnen Stellen würde man gewiß mit der feindseligen oder misgünstigen Haltung der Eingeborenen zu kämpfen haben; denn sie würden durch die Einwanderung vielmehr eine Störung ihres altherkömmlichen Thun und Treibens befürchten und sich dagegen wehren, als daß sie bei den ohnehin ziemlich geordneten Verhältnissen die Weißen als die sonst wirksamsten Beschützer von Person und Eigenthum begrüßten. Man müßte mit Vorsicht ans Werk gehen, jedenfalls anfangs der Versuchung widerstehen, den ergiebigen Kopalhandel den Händen der habgierigen Häuptlinge und Inder zu entziehen. Bei dem Mangel umfassender, diesen Punkt besonders berührender Berichte kann nicht mehr zu Gunsten oder Ungunsten der Colonisirung der Mrima gesagt werden.
Das rechte Kingani-Ufer verspricht nach den gemachten Erfahrungen und nach den Bodenuntersuchungen von Dr. K. W. Schmidt für die nächsten Jahre keine nennenswerthe Ausbeute, wobei jedoch nicht ausgeschlossen sein soll, daß umfangreiche Reisculturen in der Thalebene möglich sind und daß durch Ausrodung von Waldungen auf dem Plateaurand ziemlich ertragsfähige Felder in späterer Zeit gewonnen werden können. Dagegen berechtigt die außerordentliche Fruchtbarkeit der Umgebung von Usungula zu der Annahme, daß hier die Plantagenarbeit unter Zuhülfenahme künstlicher Bewässerung einer günstigen Zukunft entgegensieht.
[S. 180] Von den Gebirgsländern ist Kutu wegen dünner Bevölkerung und verderblichen Klimas nicht in Betracht zu ziehen, sondern nur Ukami. Es mag noch andere, dem Meere nähergerückte fruchtbare Landschaften in Ukami geben, zur Zeit kennen wir nur allein die Thäler von Mohale und Simbamweni als ungemein productiv. Die Existenz einer angesehenen fürstlichen Macht und das Vorhandensein einer an Ackerbau gewöhnten thätigen Bevölkerung sind wichtige und günstige Factoren. Ungünstig ist natürlich die von der See entfernte Lage (180 km oder 14 Marschtage) und die zur Zeit bestehende Bedrohung durch große Ueberschwemmungen.
Mit Ausnahme des sehr beliebten Tabacks von Sungomero exportirt die Küste allein, und zwar in erster Linie: Kokosnüsse und Kopal, dann Korn, Reis und Zucker. Der Import an Baumwollzeugen, Gewehren, Pulver, Eisen und Metallwaaren wird fast ausschließlich von der Bevölkerung der Mrima consumirt; die Kauffähigkeit und die Nachfrage nach Waaren im ziemlich menschenarmen Binnenland ist sehr gering.
Das Landgebiet zwischen Rufidschi und Rovuma ist der am wenigsten erforschte Theil von Deutsch-Ostafrika; keine bedeutende, vielbegangene Karavanenstraße geht von irgendeinem Punkte der dazwischenliegenden Küstenstrecke aus, und bekanntlich haben von jeher die Karavanenstraßen den Forschungsreisenden die Richtung nach den unbekannten Fernen gegeben. Nur im südlichsten Theil, von Lindi und Mikindani aus, führt ein wichtiger Handelsweg am Nordufer des Rovuma nach dem Nyassa-See, und von dieser Gegend besitzen wir auch einigermaßen befriedigende topographische Nachrichten. Dagegen ist die Küste in allen Buchten und Flußdeltas und einige Meilen[S. 181] landeinwärts so vollkommen untersucht, daß wir über ihren Culturwerth und über die besten und schlechtesten Landungsplätze genügend orientirt sind. Auch die Richtung, Verzweigung und Benutzbarkeit der zwei Hauptströme unterliegen im allgemeinen keinen geographischen Zweifeln mehr.
Aber trotz dieses gegebenen Materials würde eine erschöpfende Darstellung des Landes in Bezug auf Gestaltung, Bodenbeschaffenheit, Vegetation, Bevölkerung und Culturfähigkeit mehr ein Product der Phantasie als des Wissens sein.
Der schmale niedrige Küstensaum, die Mrima von Usaramo, erweitert sich von Kikunja im Norden bis Furu im Süden zu einer Ebene von 50 km Ausdehnung; sie erstreckt sich zungenartig, vornehmlich am rechten Ufer des Rufidschi, an den Matumbi-Hügeln vorbei bis nach Korogera in einer unbestimmten Breite. Südlich von Furu verengert sie sich mehr und mehr und wird von Kilwa Kivindje bis Mikindani von dem dicht an das Meer herantretenden Hochplateau überdeckt.
Das linke Ufer des Rufidschi (das Plateau von Usaramo, 110–120 m hoch) erhebt sich bis Korogera ziemlich steil, dagegen scheint das rechte Ufer ganz allmählich als Hochfläche von Nord nach Süd emporzusteigen.
Diese Hochfläche erreicht ihre höchste Erhebung in der Landschaft Makonde mit 770 m. Vereinzelte (noch nicht durch die Forschung in Zusammenhang gebrachte) Bergkuppen und Höhenzüge sehen wie aufgesetzt aus: die Matumbi- und die Mandandu-Berge ca. 570 m (?), der Nangwale 426 m und Lukunde 610 m, endlich der Mtandi bei Masasi 640 m.
Eine Besonderheit dieser Hochfläche ist ihre gleichmäßig niedrig bleibende Ausdehnung bis weit nach Westen, nach dem Innern des Festlandes. Während die erste Terrasse Useguhas schon bei Magubika in einer Entfernung von 50 km von der Küste ihre höchste Höhe von 339 m und diejenige von Usaramo mit 240 m bei Msisi Mdogo in Kutu nach 200 km ihr Ende[S. 182] erreicht, schließt die Hochebene des rechten Rufidschi-Ufers erst bei Mkomokere in Mahenge mit 240 m Höhe nach einer Strecke von 330 km ab.
Die westliche Begrenzung ist nur im nördlichen Winkel durch die 2100 m hohen Uhehe-Berge festgestellt; die östliche bildet die Mrima von Kikunja bis Kilwa Kivindje und von da an das Meer bis zur Mündung des Rovuma.
Bei der ungeheuern Ausdehnung des gleichmäßig langsam ansteigenden Landes muß man auf ein gleichmäßiges, sonnendurchglühtes Klima im östlichen Theil des Innern schließen. Dagegen verdichtet sich die Feuchtigkeit der Küstenluft, unterbrochen durch diese breite Zone der Trockenheit, ähnlich wie im südlichen Usaramo, an den Bergen von Uhehe und an den Höhen von Lukunde, von Masasi und Makonde zu häufigen Niederschlägen, sodaß die Regenzeit am obern Rufidschi Anfang Januar beginnt, während sie bei Kilwa erst Ende März einsetzt.
Wegen der Lagunen und Sümpfe gilt das Klima an der Mrima und in der Thalebene des Rufidschi als sehr ungesund; etwas günstiger ist es an der Küstenstrecke von Kiswere bis Mikindani; als sehr gesund wird es in der hochgelegenen und waldreichen Masasi-Gegend gerühmt.
Ueber die Temperaturen läßt sich gar nichts Positives sagen; Thomson hat wol in seinem Werke „Expedition nach den Seen” eine erkleckliche Reihe von Thermometerablesungen mitgetheilt; da sie aber nur zur Bestimmung des Barometerstandes vorgenommen wurden und keine Tageszeit, die jedenfalls verschieden war, angegeben ist, so sind sie in Bezug auf Temperaturverhältnisse unbenutzbar.
Bei Maples (Proc. of the R. G. S. 1880, S. 353) befindet sich allein eine bemerkenswerthe Notiz; während des[S. 183] November 1879 war in Masasi die Mitteltemperatur 22° R. von 9 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags blieb sie constant auf 29,2° R.
Den klimatischen Verhältnissen entsprechend gliedert sich die Vegetation in drei Zonen: in die der Küste, des mittlern Plateau und des Gebirgslandes.
Der niedrige Küstensaum ist zum größten Theil mit Sümpfen und Savannen, der hochgelegene mit dichtem Gehölz und Gestrüpp bedeckt im Zusammenhang mit anstoßenden Kopal- und Gummiwaldungen. An den wenigen Stellen, wo das Land urbar gemacht worden und bebaut wurde, zeigen sich Kokospflanzungen und Kornfelder in bestem Wachsthum.
Weiter landeinwärts läßt die ausdörrende Hitze nichts anderes aufkommen als kärgliche Savanne und dornige Akazienwaldungen. Eine Ausnahme schafft das vom Rufidschi im Mittellauf am rechten Ufer in weiter Ebene abgelagerte Schwemmland; dieses liefert dem Ackerbauer mehr als den eigenen Bedarf. Auch die massigen, in dem durchschnittenen wasserreichen Hügelland gelegenen Waldungen nördlich vom Rovuma, in denen die Kautschuk-Liane überaus kräftig wuchert, bergen in sich die Keime erfreulichster Culturfähigkeit, wie vereinzelte Niederlassungen, so Mesule und Masasi, beweisen.
Im Gebirgsland Mahenge offenbart sich auf den herabgeschwemmten, nahrungsreichen Bodenschichten die Ueberfülle der Pflanzenwelt sowol in der Mächtigkeit der Dschungeln und Gräser, als auch in dem reichen Erträgniß der bebauten Gefilde. Gänzlich unfruchtbar ist die Bergwildniß am obern Rufidschi zwischen Kingani und Schuguli; der steinige Grund bringt hauptsächlich nur dornige Mimosen hervor.
Auffallend ist in diesem ganzen Gebiet die Armuth an jagdbaren Thieren. Weder die Wälder noch die Steppen sind belebt; nur in den Fluten des Rufidschi und Rovuma treiben scharenweise das Flußpferd und das Krokodil ihr Unwesen.
Da weder geographisch noch ethnographisch abgegrenzte Bezirke nach unserer gegenwärtigen Kenntniß in dem Land zwischen Rufidschi und Rovuma (mit Ausnahme von Mahenge) existiren, muß die Topographie mit folgenden ungleichartigen Landcomplexen versucht werden: das Flußthal des Rufidschi und des Ulanga mit Mahenge, die Küste, die Route von der Decken’s und das Land Makonde mit Masasi.
Der Rufidschi erhält seinen Namen nach der Vereinigung des Ulanga mit dem 90 m breiten unerforschten Luwego. Beide Flüsse umströmen bei Schuguli eine dichtbewaldete Halbinsel, die aus Granit besteht und sich als Mbrerara-Berg 600 m über die Thalsohle erhebt. Durch eine Felsenenge von 6 m Breite stürzen die vereinigten Wasser zwischen 15 m hohen Ufern jählings hinab und durchfließen bis zum zweiten Katarakt bei Maruka eine mehr als 120 km lange fast unbewohnte, spärlich mit Wald bedeckte Bergwildniß. Nahe oberhalb Maruka mündet der Ruaha. Unterhalb dieses Ortes durchbricht der Rufidschi in 4½ m Breite eine von Nord nach Süd laufende Felsenbergkette (wahrscheinlich die Fortsetzung des Kilima-Hatambula bei Behobeho), erweitert darauf bei Korogera sein Rinnsal in zahlreichen Verzweigungen und verringert seine Tiefe bis auf einen Fuß. Die Umgebung ist gewelltes Land mit Quarzblöcken und zahlreichen Mimosen und scheint sehr wenig bevölkert zu sein. Die Breite des Flußbettes zwischen Korogera und Ndungunu wechselt von 90 zu 800 m je nach der Menge der Inseln, die das Wasser in viele Arme vertheilen, sodaß der Strom in der Trockenzeit wie ein schlammiges Sumpfgewirr sich ausnimmt. Die Umgegend verflacht sich; nur bei Kikumbi steigt das Nordufer wieder empor und begleitet als rotherdige vertrocknete Steppe in einer Höhe von 6–15 m den Fluß bis[S. 185] Malingwa; auf der rechten Seite setzt sich die Ebene, durch die Matumbi-Hügel unterbrochen, sowol stromabwärts als auch nach Süden fort, die, wenn unberührt von Menschenhand, nur Savannengras und lichtes Buschwerk hervorbringt, bei fleißiger Bebauung aber Reis, Mais, Taback, Zuckerrohr und auch Baumwolle zu liefern im Stande ist. Zur Regenzeit ist diese Ebene eine einzige Wasserfläche.
Ist es auch einmal dem Engländer Beardall gelungen, ein Boot von der Mündung bei Kikunja bis nach Korogera zu bringen, so ist doch wegen der zahllosen Untiefen an eine Schiffbarkeit des obern und mittlern Rufidschi nicht zu denken, kaum für flache Canoes von 2 Fuß Tiefgang und zwar nur bei Hochwasser. Beardall war oftmals gezwungen, sein ebenfalls flaches Boot auf die Schultern nehmen und streckenweise tragen zu lassen. Von Ndungunu abwärts wächst die Stärke der Bevölkerung. Malingwa ist sogar ein Ort von 200 Hütten. Die Breite des Flusses nimmt mehr und mehr ab, seine Tiefe dafür zu. Bei Ndungunu beträgt jene 270 m, bei Nananda 70 m, bei Kadi 135 m und endlich bei der großen Ueberfahrtsstelle Njantumbo (Kisomo) 72 m. Njantumbo, ein Ort von 70 Hütten, liegt in der Mitte der großen, fast baumlosen und sehr fruchtbaren Savanne zwischen Kikunja und Mohoro: es gedeihen Mais, Hirse, Bananen, Erdnüsse und Kokospalmen; Rinder, fette Schafe, Ziegen und Hühner werden in Menge gehalten, namentlich südlich des Flusses. Die Masse der Producte ist so groß, daß sehr viel nach Kikunja oder Samanga zum Export gebracht wird. Mpembeno war früher die Uebergangsstelle, wurde aber ganz verlassen. Von hier bis zur Mündung ist der Rufidschi für Dampfbarkassen mit 1 m Tiefgang schiffbar, auch rückwärts zu jeder Jahreszeit, wenngleich wegen der vielen Untiefen ziemlich schwierig. Die Eingeborenen benutzen die Wasserstraße nicht einmal stromabwärts, weil die Rückkehr entgegen der starken Strömung zu viel Arbeit macht; sie ziehen den Landweg nach Kikunja vor.
[S. 186] Das Delta des Rufidschi ist mit Mangrovewaldungen dicht besetzt, die zum Schiffsbau vorzüglich geeignetes und in weite Ferne verschicktes Holz liefern; bei Kisimiti erheben sich landeinwärts die Ufer, der Boden wird sandig und trägt Mangobäume, Kokospalmen und Bananen in reichlicher Fülle.
Der Rufidschi hat drei Hauptmündungen:
Der Kikunja, 3½ km breit mit 3½ m Tiefe am Ende. Der Ort Kikunja selbst ist sehr ungesund, das Trinkwasser schlecht, die Felder aber sind gut bebaut, auch auf den nahegelegenen, nach Südwest verlaufenden Sandsteinhügeln. Kikunja ist Exporthafen besonders für Kopal aus der Landschaft Kwale.
Der Simboranga; ein ziemlich tiefer Kanal, für Kutter benutzbar.
Der Msala; die directeste Verbindung mit dem Meer, aber so eng und mit Sandbänken durchsetzt, daß nur Canoes ihn befahren können; am Ausfluß erweitert er sich von 17 zu 135 m mit einer Tiefe von 3½ m.
Die übrigen, aber wenig benutzten Arme sind: Suninga, Kiomboni und Jaja.
Von den Uferbewohnern des Rufidschi wird wenig berichtet; sie bilden keine ethnographische Einheit; gemeinsam ist ihnen nur die Hinneigung zum Araberthum und Mohammedanismus und die Kenntniß des Kisuaheli. Jedes Dorf hat seinen eigenen Häuptling, und kein Häuptling ist von dem andern abhängig. Den Ackerbau betreiben sie mit großem Fleiß. In der Ebene von Njantumbo ist die Bevölkerung intensiv schwarz, untersetzt, sehr häßlich und besonders schmutzig. Ihnen eigenthümlich ist die Anlage der Dörfer mit durchgehender breiter Hauptstraße und das Unterlassen jeder Art von Umzäunung, was auf sehr friedliche Verhältnisse schließen läßt.
Die Namen der verschiedenen Stämme flußaufwärts sind: Wamamboka (wahrscheinlich eine Unterart der Wagindo), Wasoma, Wamlanji, Wamhoka und Wahimba.
[S. 187] Die Landschaft Mahenge liegt zwischen dem Ruaha und Ulanga und wird im Westen von dem 2100 m hohen Uhehe-Gebirge abgeschlossen.
Der Ruaha hat seine Quellen in den Konde-Bergen (am Nordende des Nyassa-Sees) und durchbricht nach langem, noch nicht erforschtem Laufe die Gebirgsmasse zwischen Uhehe, Usagara und Kutu. Trotzdem führt er weniger Wasser mit sich als der Ulanga; er ist unschiffbar wegen der zahlreichen Sandsteinbarrièren; er ist in der Trockenzeit im Land Mahenge sehr seicht. Bei der Mündung des Msendasi besitzt er eine Breite von 70–90 m. Der Msendasi fließt von den Höhen von Mgunda durch ein pfadloses, wildarmes Dickicht von Dschungeln und Wäldern.
Der Ulanga ist der Abfluß des 40–50 km sich ausdehnenden Sumpfes von Tschikoja; an seiner engsten Stelle hat er eine Breite von 68 m, bei Ngohoma wurde sie auf 200 m geschätzt. Im Oberlauf von hohen Bergen umgeben, flacht sich bei Ngohoma sein linkes Ufer zu einer bis an den Fuß der Uhehe-Berge reichenden Ebene ab, die zur Regenzeit weithin überschwemmt wird. Seine Schiffbarkeit scheint auf kurze Strecken beschränkt zu sein; jedenfalls findet sie an den Schuguli-Fällen und an der Unbefahrbarkeit des Rufidschi ein unüberwindbares Hinderniß der Fortsetzung.
Das Uhehe- oder Udschungwe-Gebirge (2100 m) wird nach vier- bis fünftägigem Marsch von Matanga aus auf einem Paß (2030 m) überschritten. Es stellt eine Reihe von Bergketten dar, eine fast vollkommen unbewohnte Wald- und Felsenwildniß, aber voll herrlicher, erfrischender Luft und von malerischem, großartigem Landschaftscharakter. Nach Westen fällt es allmählich und in geringer Tiefe ab zu dem monoton gewellten Hügelland von Uhehe.
Die Niederung von Mahenge besteht aus sehr fruchtbarem Schwemmland, das bei stets herrschender Feuchtigkeit allen Pflanzen zum üppigsten Wachsthum verhilft. Wo es[S. 188] bebaut wird, da gedeihen Reis, Mais, Bataten, Erdnüsse, Melonen, Taback, Zuckerrohr, Baumwolle, nur nicht die Banane. Da die Bevölkerung gering und die vorhandene mehr zu Raubzügen als zum Ackerbau geneigt ist, so erscheint Mahenge zum größten Theil als das Land der dichtesten Dschungel mit versumpften Strecken. Die einzige größere Culturstätte ist Mkomokere.
Die Mahenge sind heller von Farbe, feiner von Gesichtszügen und klüger von Verstand als die benachbarten Wakutu. Im Frieden reducirt sich ihre Bekleidung auf ein schmales Tuch, vorn und hinten am Gürtel herabhängend oder nur über die Schulter geworfen, auf ein Stückchen Thierfell oder Rindenzeug; für die Frauen auf eine Schürze von Affenhäuten und auf Armbänder von Messingdraht. Für einen Kriegszug jedoch schmücken sie den Kopf übermäßig mit Federn und behängen Rücken und Seiten mit Katzen- und Leopardenfellen. Besondere Sorgfalt verwenden sie auf den Bau und die Verwendung ihrer Hütten. Auf Mauern von geschickt bearbeitetem Flechtwerk ruht das runde oder viereckige Strohdach; oder es wird der Unterbau auf eine 1 m hohe Plattform gestellt und das Dach wie eine Kapuze zum Boden reichend darüber gestülpt. Sie erbauen für die Feldfrüchte eigene Speicher und für die Schafe, Ziegen und Hühner von den Wohnungen abgesonderte Ställe.
Die Mahenge wurden früher einmal von den Maviti, einem Zweigstamm der Zulus, der von dem Nyassa-See herabkam, in Furcht und Schrecken versetzt. Da dieser Kriegszug weiter nach Osten sich wälzte und überall die Bevölkerung bis zur Wehrlosigkeit einschüchterte, so nahmen die Mahenge, nachdem das Gewitter über sie weggezogen, Kleidung und Waffen der Maviti an und versuchten auf diese Weise und zwar mit Glück bei den Nachbarn Unterwürfigkeit mit leichter Mühe zu erlangen. So brachten sie selbst die Bewohner des ferngelegenen Korogera und Behobeho unter ihre unbeschränkte Botmäßigkeit.
Von Mohoro bis Matompiani (nördlich von Kilwa Kivindje) zieht sich eine mit Wald und Gebüsch bestandene Savanne hin und endet in schwarzem, schlammigem Boden zwischen braunen, tiefeingeschnittenen Bächen; der niedrige und für Boote schwer zugängliche Strand verläuft in Mangrovesümpfe. Die spärliche Bevölkerung concentrirt sich in Furu und namentlich in Samanga; sie verstand es durch angestrengte Thätigkeit vereinzelte wüste Strecken in Reis- und Zuckerrohrfelder umzuwandeln und Futter für beträchtliche Viehheerden zu gewinnen.
Der Korallenarchipel von Kilwa Kivindje bis nördlich Kimbidschi (bei Dar-es-Salaam) und zwischen der Rufidschi-Mündung und der Insel Mafi bietet der Schiffahrt zu keiner Jahreszeit Schwierigkeiten oder Gefahren.
Kilwa Kivindje. Die Rhede befindet sich 3 km seewärts; das Watt ist so sanft ablaufend, daß bei Niedrigwasser die Boote auf 1 km Entfernung vom Strand festsitzen und man gezwungen ist, diese Strecke zu durchwaten. Der Strand selbst besteht aus tiefem Sand- und Schlammboden, gegen Norden aus Mangrovesümpfen. Es ist eine bösartige Fiebergegend mit schlechtem Trinkwasser. Der Mdschindjera fließt als ein dürftiges Gewässer in die Bai. Nur im Westen erhebt sich ein grünes, fruchtbares und viehreiches Hügelland mit den Schambas der Araber zwischen Kokospalmen und Orangenbäumen. Trotz der ungünstigen Verhältnisse der Landung und des Klimas ist der Ort wegen der Zufuhr von Producten von der Nord- und der Südküste und aus dem Innern einer der größten Städte nach Dar-es-Salaam. Von der Decken schätzte schon vor dreißig Jahren die Einwohnerzahl auf 15000. Freilich wohnt die Masse in elenden Hütten; es existiren nur einzelne steinerne Häuser, darunter das Zollhaus, ein Bazar und ein verfallendes Fort.
[S. 190] Kilwa Kivindje errang seine Bedeutung erst, als die Nachbarstadt Kilwa Kisiwani in Verfall gerieth. Hier hatten sich um 1500 die Portugiesen angesiedelt und ein großartiges Fort mit Bastionen errichtet. Als sie es wegen des verderblichen Klimas verließen, kamen die Araber und schufen es zu einem politisch wichtigen und reichen Handelsplatz um; an 300 Moscheen sollen dort einmal gestanden haben. Von all dieser Herrlichkeit besteht jetzt nur noch ein antiquarisch interessanter Trümmerhaufen, außerdem ein zweistöckiges, sehr schadhaftes Zollgebäude, ehemals die Residenz des Gouverneurs, etwa zehn brauchbare steinerne Häuser und das Fort, das zwar 1857 neu aufgebaut wurde, zur Zeit aber den anschlagenden Meereswellen überlassen wird. Kisiwani liegt auf einer Insel voll wildwuchernder Vegetation in reizloser, unfruchtbarer Umgebung. Zwei Meerbusen umschließen die Insel: Kuawi im Norden und Mavudji im Süden mit dem Pactolushafen. In 1½ km Entfernung von ihr ist guter Ankergrund.
Von Kilwa Kisiwani bis zur Rovuma-Mündung fällt das Hochplateau fast direct zur See hinab; breite Korallenriffe umsäumen den (ausgenommen bei Lindi und Mikindani) ganz allmählich unter das Wasser verlaufenden Strand.
Dem gering bevölkerten, doch wildreichen Kiswere kann man nur bei Hochwasser sich nähern. Ebenso ungünstig ist der eine enge Einfahrt besitzende Landungsplatz bei Mdschinga.
Lindi dagegen hat in der äußern Bucht eine vorzügliche Rhede. Es ist neben Kilwa Kivindje der bedeutendste Ort, der Ausgangspunkt der Karavanen nach dem Nyassa-See. Es zählt 500 Häuser, in einem Hain von Kokospalmen, Bananen und Bambusen auf niedrigem sumpfigen Terrain zerstreut gelegen. Auf dem trockenen Land im Norden steht ein Fort halb in Ruinen. Der Lindi- oder Ukeredi-Fluß, der bis Liawa schiffbar ist und wahrscheinlich östlich von Masasi entspringt, mündet bei einem südlich sich erhebenden, mit Waldgestrüpp bedeckten Hügel von 50 m Höhe. Lindi ist ein[S. 191] Fiebernest. Die im Westen dicht herantretende Hochfläche hat gesündere Luft, wäre auch sehr geeignet zu Culturen und zur Viehzucht, ist aber nur spärlich bebaut.
Die Außenbai von Mikindani liegt offen, allen Stürmen ausgesetzt und hat keine Ankerplätze. Doch im Innern besitzt sie drei vollkommen geschützte Häfen, zu denen man zwischen Korallenriffen in tiefem Wasser bei Flut gelangt. Der beste Hafen wäre der von Pemba, allein hier fehlt jede Landverbindung. Gewöhnlich wird Kimberi angelaufen, das am Ausgang eines tief eingeschnittenen Thales und am Fuße eines 100 m hohen Berges liegt. Auch das niedrig gelegene Mirumba ist günstig; es besitzt eine Kaserne zur Vertheidigung, die aber beim Mangel von Geschützständen nichts gegen Kriegsschiffe zu leisten vermag.
Araber, Inder und Eingeborene bilden in großer Menge die Bevölkerung der drei Hafenplätze; lebhafter Handel wird mit Kopal, Kautschuk, Reis und Vieh betrieben.
Um einen, wenn auch nur flüchtigen Blick in die Natur des Binnenlandes zu erhalten, muß man bis auf die Berichte von der Decken’s von 1860 zurückgreifen; kein zweiter Reisender hat uns sichere Kunde über diese Gegenden gegeben.
Von der Decken kam, von Kilwa Kisiwani bis Mesule, ungefähr 250 km landeinwärts. Das langsam bis 400 m ansteigende Plateau endet mit dem 610 m hohen Lukunde-Gebirge, einem Trümmerhaufen riesiger Felsblöcke, wie die vorher durchschrittene Landschaft zahlreiche Bäche nach Süden entsendet. Da das Land von Masasi und Makonde höher liegt als jenes von Mesule, und bei Kiswere ein Fluß, Umbekuru genannt, aus Westen strömend, mündet, so hat die Vermuthung, daß letzterer alle Bäche aufnimmt, welche die Route von der Decken’s von Norden nach Süden durchkreuzen, Anspruch auf Wahrscheinlichkeit.
[S. 192] Akazienwälder bedecken bis Namisu die rothbraune Erde, schroffe Basaltkegel erheben sich aus der Umgebung von Nahigongo; Sümpfe, Savannen, Dickicht wechseln mit einigen starkbevölkerten Orten, wie Kiangara und Nasoro. Ein über 30 km ausgedehntes Gebiet wirklicher und üppiger Fruchtbarkeit taucht in dem wasserreichen Hügelland östlich und westlich vom Lukunde auf, bei Luere, Nangungulu und Mesule. Nicht nur alle Feld- und Gartenfrüchte trifft man hier an, sondern auch Zuckerrohr, Bananen, Mangobäume, Baumwollstauden, ja sogar noch die Kokospalme. Hier wird, wie bei Masasi, wiederholt der Beweis geliefert, daß der Lateritboden Innerafrikas von ausgezeichneter Ertragsfähigkeit ist, wenn er von abgeschwemmtem, verwittertem Granit nahegelegener Berge gedüngt und durch quellendes Wasser befeuchtet wird.
Unmittelbar südwestlich von Lindi und Mikindani steigt zwischen dem Ukeredi und Rovuma das Plateau von Makonde an; es erhebt sich in einer Länge von 112 km und in einer Breite von 48 km, von 60 m bis zu 770 m an seinem Westende bei Newala. Sein Boden von rothem und grauem Sandstein mit metamorphischem Untergrund ist mit so dichtem Gebüsch, Schling- und Kriechpflanzen bedeckt, daß die Pfade mühselig tunnelartig hindurchgearbeitet sind. Bäumen begegnet man allein an den Ufern der wenigen Rinnsale. Das Land birgt in sich eine Quelle des Reichthums, nämlich die Landolphia-Ranke. Das aus ihr gewonnene Kautschuk macht den Hauptbestandtheil des nach Lindi geschafften Handelsartikels aus: 1881 wurden davon für vier Millionen Mark exportirt. An einzelnen Stellen wurde mit gutem Erfolg das Gestrüpp ausgerodet; der urbar gemachte Boden erwies sich fruchtbar, so in Madschemba, das sich außerdem eines vortrefflichen Trinkwassers erfreut.
Das nördliche Ufer des Ukeredi begleitet von Liawa aus,[S. 193] einer wohlgepflegten arabischen Station, ein geschlossener Wald von Kautschuklianen von 25–30 km Breite bis nach dem starkbevölkerten Abdalla Pesa (Mtua). Von hier bis Lidjimbe betritt man einförmige, wenig bewohnte Savannen, an die sich ein 55 km langer schattenloser Wald von Akazien, Tamarinden und Bambusen anschließt. Dann ragen auf der 480 m hochgelegenen Fläche eine Reihe von Hügeln mit vier Bergkegeln auf, deren höchster Mtandi (640 m) genannt wird, und bilden eine 15 km lange und gegen 7 km breite, äußerst fruchtbare Oase in der auch nach Westen sich fortsetzenden Waldwildniß. Der größte Ort ist Masasi, eine englische Missionsstation. Sümpfe gibt es hier nicht; die Luft ist gesund und fieberfrei. Was man auch baut, Maniok, Korn, Sesam oder Reis, Bananen, Orangen, Citronen, Granatäpfel, Mango und europäische Gemüse: alles trägt die lohnendsten Ernten ein. Den Fuß der bewaldeten Berge umschließen mächtige Granitfelsen; von ihren Höhen rieseln frische Gewässer herab.
Von Masasi senkt sich südöstlich das Land mit einem wasserarmen, aber wildreichen Gehölz gegen 30 km weit hinab und geht im Thal des Rovuma in kümmerliche Steppe über.
Nahe demselben liegt die englische Missionsstation Newala (Dschilonda), früher der Sitz des Häuptlings Matolo, in dürftiger Umgebung.
Die Bevölkerung des südlichen Binnenlandes zerfällt in vier Hauptstämme: in die Wagindo, Makonde, Makua und Yao. Sie haben mit Ausnahme der Makonde keine abgeschlossenen Wohnbezirke, sondern sind aus ihren entfernten Stammländern sippenweise untermischt in verschiedene Oertlichkeiten eingewandert.
Die Wagindo, hauptsächlich in Mesule und am untern Ukeredi seßhaft, außerdem im Thal des Rovuma, tätowiren sich die Arme und den Oberleib mit Thier- und Menschenfiguren (dies scheint ihr Stammesabzeichen zu sein); die vordern Schneidezähne feilen sie spitzig zu. Am Berg Lukunde[S. 194] treiben sie mit Hülfe ihrer Sklaven sorgfältigen Ackerbau; dem Sklavenhandel als solchem sind sie durchaus abgeneigt, weil sie die ihnen bequem und geschickt gewordenen Arbeiter nicht entbehren wollen. Am Rovuma haben sie andere Sitten angenommen; dort hat sie, ähnlich wie die Mahenge, das Beispiel und der Erfolg der benachbarten kriegerischen Maviti verlockt, in deren Tracht und mit deren Waffenausrüstung Schrecken unter den Nachbarn zu verbreiten und reiche Beute durch Raubzüge mit leichter Mühe zu gewinnen.
Die Makonde, einer der häßlichsten Negerstämme, verunstalten das Gesicht und andere Körpertheile mit den unsinnigsten Ornamenten, ihre Weiber außerdem noch durch das Pelele, ein Stück Holz, das in die Oberlippe gesteckt und allmählich durch immer größere Stücke ersetzt wird, sodaß es bei den alten Weibern zuletzt selbst das Kinn bedeckt. Ein Hüftentuch macht die mangelhafte Bekleidung aus, Perl- und Messingbänder bilden den ärmlichen Schmuck. Sehr beschränkt von Verstand, lieben sie den Frieden in der Familie und im Erwerb und ertragen geduldig die Verachtung, mit welcher sie von den Yaos behandelt werden. Wenn Thomson gewissenhaft berichtet worden, so sind sie in sexueller Beziehung musterhaft: Sünden vor oder in der Ehe werden auf das strengste bestraft. Gerühmt wird auch die Reinlichkeit ihrer kreisrunden Hütten, die aus 3 m hohem Pfahlwerk erbaut werden.
Die Massenwohnsitze der Makua liegen weit südlich vom Rovuma, westlich von Mosambique; ein Theil von ihnen ist nach dem Thale dieses Stromes ausgewandert und hat sich auch in der Umgegend von Newala und Masasi niedergelassen. Ihre Sprache hat derartige Eigenthümlichkeiten, daß sie von andern Stämmen nicht nachgesprochen werden kann, obwol die Makua selbst fremde Idiome mit Leichtigkeit gebrauchen. Sie sind ein intelligentes Volk. Sehr fleißig im Ackerbau, geschickt im Handel, ausgezeichnet durch Gerechtigkeitsgefühl, erwecken und verdienen sie volles Vertrauen. Den Frauen, die ebenfalls[S. 195] das Pelele tragen, wird das besondere Vorrecht eingeräumt, in eigenen Hütten zu wohnen und eigene Felder zu besitzen.
Ganz anders geartet sind die Yaos. Vom Gebirgsland östlich des Nyassa-Sees wandern sie den Ludjenda herab nach dem untern Rovuma und siedeln sich zeitweilig an zwischen den Makua und Makonde in Newala, Masasi und Madschemba in geräumigen und reinlichen Wohnstätten. Listig und thatkräftig, athletisch von Gestalt, werden sie als Krieger selbst von den Arabern gefürchtet. Ihr Handwerk, Sklavenjagd und Sklavenhandel, hat sie in regen Verkehr mit den letztern gebracht und deren Tracht und Sitten theilweise bei ihnen eingeführt. 1880 war Madschemba in Makonde ein bis Mikindani und Lindi berüchtigter Räuber und Häuptling von ihnen.
Der Reichthum an Naturproducten aus dem Lande zwischen Rufidschi und Rovuma lagert sich in den Handelsplätzen der Küste ab und findet seinen Export fast ausschließlich durch die Hände der Inder. Er besteht vornehmlich in Kopal und Kautschuk, zu geringerm Theil in Korn, Reis und Rindern. Bei der Bedürfnißlosigkeit der Eingeborenen beschränkt sich der Import auf Baumwollzeug, Eisen- und Messingdraht.
Zur Steigerung der Ausbeute eignen sich nur die wenigen Küstenstriche, in denen Kokospflanzungen einen günstigen Boden finden. Weiter landeinwärts dehnt sich eine, wenn auch nicht genügend erforschte, doch wahrscheinlich mit einzelnen bereisten Stellen gleichartige breite unfruchtbare Zone aus; sie vereitelt oder erschwert mindestens die Niederlassungen in den gesegnetern Gefilden am Fuße der entlegenen Berge. So mag Mahenge wol die Beschaffenheit eines wirklichen Culturlandes besitzen, aber, abgesehen von seiner spärlichen und der Feldarbeit abgeneigten Bevölkerung, wird es noch Jahrzehnte[S. 196] lang jedem colonisatorischen Unternehmen wegen seiner Isolirung durch Berg- und Savannenwildniß verschlossen bleiben, denn seine einzige denkbare Abfuhrstraße, der Rufidschi, ist auf diese Entfernungen gänzlich unbrauchbar.
Doch drei Regionen gibt es, die allem Anschein und allen Berichten nach zur Anlegung von Plantagen geeignet wären. In erster Linie die große Ebene von Njantumbo am untern Rufidschi. Die Fruchtbarkeit des bearbeiteten Bodens ist hier außer aller Frage, ebenso die Verwendung des Flusses als billige Wasserstraße bis zu dem wichtigen Küstenplatz Kikunja. Mit der Zunahme von Culturen dürfte auch die hier herrschende etwas bedenkliche Fieberluft abnehmen.
Dann muß die Gegend um den Lukunde-Berg in Betracht gezogen werden. Freilich nur ein einziger Reisender hat über die äußerst günstigen Culturverhältnisse zwischen Luere und Mesule bisher Kunde gebracht. Aber von der Decken hat sich immer als ein gewissenhafter Berichterstatter erwiesen, sodaß eine auf Plantagenanlage gerichtete Forschungsexpedition vollkommen berechtigt erscheinen dürfte. Die etwas misliche Gangbarkeit des Weges von Kilwa Kivindje bis Mesule könnte nicht abschrecken, vielleicht aber die ziemlich große Entfernung von etwa sechzehn Tagemärschen.
Ein dritter Platz ist das äußerst gesunde Masasi. Wol ist zur Zeit die anbaubereite Fläche nicht groß und die Entfernung von der Küste ziemlich beträchtlich; allein es kann noch mehr Wald ausgerodet werden und gerade derart gewonnener Ackergrund liefert andauernd die reichsten Früchte; die Länge des Weges bis Lindi verliert durch seine Gangbarkeit die Bedeutung eines wesentlichen Hindernisses für die Rentabilität einer Niederlassung.
Werke und Reiseberichte.
Geschichte. | |
J. Wagner, Deutsch-Ostafrika. 2. Auflage. (Berlin 1888.) | |
Weißbuch. IV. Theil. (Berlin 1889.) | |
Usambara und Bondei. Pare und Ugono. | |
Reisejahr. | |
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Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
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[1] C. C. von der Decken’s Reisen in Ostafrika (Leipzig 1879), III, 3. Abtheilung.
[2] Proceedings of the R. G. S. (London) 1880, S. 183.
[3] Bei Kitiwu.
[4] Bei Fungo.
[5] Südöstlich von Korogwe.
[6] Die Suaheli nennen es: Kilima (Berg)-ndjaro (des bösen Geistes); die Wadschagga: Kibo und Kimawensi, zuweilen auch: Mangi = Herr; die Masai: Oldoinjo ebor = den sehr hohen weißen Berg (dönjo = Berg, ebor = weiß).
[7] In Moschi hat die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft eine Station gegründet.
[8] Nach Dr. G. A. Fischer bezeichnen die Bewohner von Komboko das ganze Kilimandscharo-Gebirge als Schira.
[9] Rich. F. Burton, Zanzibar (London 1872), II, 438 fg.
[10] Ernst Marno, Bericht über eine Excursion von Zanzibar nach Koa-Kiora. Mittheil. der K. K. Geogr. Gesellschaft in Wien, 1878, S. 353.
[11] Nach Dr. K. W. Schmidt ergab die mechanische Analyse des Schwemmbodens von Farhani 43% feinkörnigen Sand und 57% thonhaltigen Staub, also eine für Culturen günstige physikalische Zusammensetzung.
[12] R. F. Burton, Zanzibar (London, 1872), II, 434 fg.
[13] Jos. Thomson, Expedition nach den Seen von Central-Afrika (Jena 1882), II, 233.
Idiomatische Schreibweisen des Autors wurden beibehalten, wie: bisjetzt, funfzehn, funfzig, Miserfolg, obwol, sowol, Souveränetät.
Die folgenden Inkonsistenzen wurden beibehalten, da beide Schreibweisen gebräuchlich waren:
Folgende Änderungen wurden vorgenommen: