Anmerkungen zur Transkription.
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Weitere Anmerkungen zur Transkription finden sich am Ende des Buches.
Dr. F. Hantschel's
von der
Jeschkenkoppe bei Reichenberg
bis zum Rosenberge bei Tetschen
mit
Berücksichtigung der anschliessenden Kammwege.
Mit 1 Wegekarte und 4 Ansichts-Postkarten.
Prag-Smichow, 1905.
Im Selbstverlage.
Buchhändlerischer Vertrieb durch W. Fiedler's Antiquariat (Johs. Klotz) in Zittau i. S.
Druck von Joh. Künstner, B. Leipa.
Herausgegeben über gemeinsamen Beschluß des deutschen Gebirgsvereines für das Jeschken- und Isergebirge, des Verbandes Lusatia südlausitzischer Natur- und Gebirgsvereine, des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen und des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz.
Mit Beschluß der nebenstehend verzeichneten Gebirgs- und Naturvereine in der Versammlung zu Warnsdorf am 13. März 1904 wurde dem Gefertigten die Verfassung und Herausgabe eines kleinen Führers auf dem neu markierten, etwa 60 km langen und 22 Gehstunden in Anspruch nehmenden Kammwege vom Jeschken bis zum Rosenberge übertragen.
Dieser Führer, auf den eigenen Wanderungs-Ergebnissen des Verfassers aufgebaut, liegt nunmehr vor. Er hält sich, seinem Titel und seinem Zwecke entsprechend, strenge an den »Kammweg« und verweist fortlaufend auf die zunächst gelegenen Bahnstationen, die auch auf der beigegebenen Wegekarte eingezeichnet sind. Für die vielen Aussichts-Beschreibungen wurde mit Rücksicht auf den Umfang und den Preis des Buches kleinerer Druck gewählt, ebenso für die eingeschalteten Abstecher, die zumeist wieder zum Kammwege zurückführen.
Anstatt Textbilder beizudrucken, wurde der Versuch mit Ansichts-Postkarten gemacht, die zwar das Büchlein etwas verteuern, andererseits aber geeignet sind, dem Wanderer in bequemer Weise zur Hand zu sein.
Von Druckschriften, die für die Umgebung des Kammweges in Betracht kommen, seien außer den im Anzeigeteile (S. 80) verzeichneten noch namhaft gemacht: Wegweiser und Taschenbuch des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz; Wegweiser des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen.
Herrn Josef Mohr in Rumburg, dem Sachwalter der vereinigten Gebirgs- und Naturvereine, sage ich für sein liebenswürdiges Entgegenkommen den verbindlichsten Dank mit dem Wunsche: unser Kammweg möge in der Touristenwelt zu ähnlichem Rufe gelangen wie der altberühmte Rennstieg im Thüringer Walde!
Prag-Smichow, im Lenzmond 1905.
Dr. F. Hantschel.
1. K. k. priv. österreichische Süd-Norddeutsche Verbindungsbahn. Strecke Pardubitz-Reichenberg-Seidenberg.
Einbruchstationen: Liebenau, Reichenau, Radl, Langenbruck-Hermannstal, Heinersdorf, Reichenberg.
Anschlußbahnen: a) Pardubitz-Deutschbrod-Wien der öst. Nordwestbahn; b) Pardubitz-Brünn-Wien der öst. Staatseisenbahngesellschaft, mit den Anschlüssen: B. Trübau-Olmütz derselben Bahn. Olmütz-Jägerndorf-Troppau der k. k. öst. Staatsbahnen, Olmütz-Prerau-Troppau-Oderberg der Kaiser Ferdinands-Nordbahn und Jägerndorf-Leobschütz-Ratibor-Kattowitz der kgl. preuß. Staatsbahnen; c) Königgrätz-Geiersberg-Mittelwalde der öst. Nordwestbahn mit den Anschlüssen: Wichstadtl-Lichtenau-Grulich-Hannsdorf und Hannsdorf-Ziegenhals-Jägerndorf der k. k. öst. Stadtbahnen, Ziegenhals-Neiße-Brieg und Mittelwalde-Glatz-Camenz-Breslau der kgl. preuß. Staatsbahnen; d) Altpaka-Parschnitz der öst. Nordwestbahn mit den Anschlüssen: Pelsdorf-Hohenelbe und Trautenau-Freiheit-Johannisbad derselben Bahn, Parschnitz-Liebau und Königshan-Schatzlar der südnorddeutschen Verbindungsbahn; e) Turnau-Prag der böhm. Nordbahn; f) Raspenau-Weisbach der Friedländer Bezirksbahnen; g) Friedland-Heinersdorf der Friedländer Bezirksbahnen mit den Anschlüssen Heinersdorf-Greifenberg, Greifenberg-Kohlfurth und Greifenberg-Löwenberg-Goldberg der kgl. preuß. Staatsbahnen; h) Friedland-Hermsdorf der Friedländer Bezirksbahnen; i) Seidenberg-Görlitz der kgl. preuß. Staatsbahnen mit den Anschlüssen: Görlitz-Lauban(-Marklissa), Görlitz-Kohlfurth-Liegnitz-Breslau und Görlitz-Cottbus-Berlin der kgl. preuß. Staatsbahnen.
2. Reichenberg-Gablonz-Tannwald-Grüntaler Eisenbahn. Strecke Reichenberg-Grüntal.
Einbruchstationen: Röchlitz, Rosental, Reichenberg.
Anschlußbahnen: a) Morchenstern-Josefstal-Maxdorf derselben Bahn: b) Grüntal-Schreiberhau-Hirschberg der königlich preußischen Staatsbahnen mit den Anschlüssen Hirschberg-Greifenberg, Hirschberg-Schmiedeberg, Hirschberg-Krummhübel, Hirschberg-Merzdorf-Ruhbank, Merzdorf-Jauer, Merzdorf-Goldberg, Ruhbank-Liebau, Ruhbank-Landeshut-Albendorf, Ruhbank-Landeshut-Schmiedeberg, Fellhammer-Königszelt-Breslau, Fellhammer-Mittelsteine-Glatz und Fellhammer-Halbstadt derselben Bahnen, Halbstadt-Braunau-Mittelsteine der öst.-ung. Staatseisenbahngesellschaft.
3. K. k. priv. Aussig-Teplitzer Eisenbahn. Strecke Reichenberg-Leipa-Teplitz.
Einbruchstationen: Deutschgabel, Lämberg-Markersdorf, Ringelshain, Schönbach-Seifersdorf, Kriesdorf, Neuland, Christofsgrund, Karlswald, Berzdorf, Rosental-Johannestal, Reichenberg.
Anschlußbahnen: a) Deutschgabel-Zwickau-Röhrsdorf der böhm. Nordbahn; b) Leipa-Prag der böhm. Nordbahn mit den Anschlüssen unter 7 a und b; c) Leipa-Röhrsdorf(-Zwickau)-Tannenberg und Leipa-Bensen-Tetschen der böhm. Nordbahn; d) Lokalbahn Leipa-Steinschönau; e) Auscha-Wernstadt-Großpriesen der öst. Nordwestbahn mit den Anschlüssen Leitmeritz-Wien und Leitmeritz-Außig derselben Bahn; f) Lobositz-Obernitz-Brüx der k. k. öst. Staatsbahnen; g) Teplitz-Komotau der Außig-Teplitzer Eisenbahn mit den Anschlüssen: Dux-Bilin-Pilsen-Eisenstein und Brüx-Moldau der k. k. öst. Staatsbahnen; h) Komotau-Eger-Franzensbad der Buschtiehrader Eisenbahn mit den Anschlüssen: Komotau-Saaz, Komotau-Weipert-Reitzenhain, Kaaden-Brunnersdorf-Kaschitz-Duppau, Chodau-Neudeck, Neusattel-Elbogen und Falkenau-Graslitz-Klingental derselben Bahn, Schlackenwert-Joachimstal, Karlsbad-Merkelsgrün, Karlsbad-Marienbad, Karlsbad-Johanngeorgenstadt, Tirschnitz-Schönbach, Eger-Pilsen, Plan-Tachau, Tschernoschin-Schweißing-Haid und Asch-Roßbach der k. k. öst. Staatsbahnen, Reitzenhain-Flöha-Chemnitz, Weipert-Annaberg-Zwickau, Johanngeorgenstadt-Schwarzenberg und Eger-Plauen der kgl. sächsischen Staatsbahnen, Eger-Wiesau-Regensburg-München, Eger-Markt Redwitz-Nürnberg und Eger-Oberkotzau-Hof der kgl. bairischen Staatsbahnen.
4. Kgl. sächsische Staatsbahnen. Strecke Reichenberg-Zittau-Ebersbach.
Einbruchstationen: Reichenberg, Machendorf, Kratzau, Weißkirchen, Ketten, Grottau, Oberullersdorf, Zittau, Scheibe, Hainewalde, Großschönau, Warnsdorf.
Anschlußbahnen: a) Zittau-Hermsdorf der kgl. sächs. Staatsbahnen mit Anschluß Hermsdorf-Friedland der Friedländer Bezirksbahnen; b) Zittau-Görlitz der kgl. sächs. Staatsbahnen mit den Anschlüssen: Görlitz-Lauban(-Marklissa), Görlitz-Liegnitz-Breslau und Görlitz-Cottbus-Berlin der kgl. preuß. Staatsbahnen; c) Zittau-Löbau der kgl. sächs. Staatsbahnen mit den Anschlüssen: Oderwitz-Eibau und Löbau-Bautzen derselben Bahnen; d) Ebersbach-Bischofswerda der kgl. sächs. Staatsbahnen mit den Anschlüssen: Wilthen-Bautzen, Niederneukirch-Schandau, Neustadt-Pirna und Bischofswerda-Dresden der kgl. sächs. Staatsbahnen.
5. Sekundärbahn Zittau-Oybin-Jonsdorf. Strecke Zittau-Oybin-Jonsdorf.
Einbruchstationen: Zittau, Zittau-Vorstadt, Nieder-Olbersdorf, Zeisigschenke, Bertsdorf, Bad Jonsdorf, Jonsdorf, Wittigschänke, Teufelsmühle, Oybin.
Anschlußbahnen: Siehe unter 4 a-c.
6. K. k. priv. Böhmische Nordbahn. Strecke Warnsdorf-Bodenbach.
Einbruchstationen: Bodenbach, Tetschen, Rabstein, B. Kamnitz, Falkenau-Hillemühl, Falkenau, Tannenberg, Schönfeld, Kreibitz-Teichstatt, Grund-Georgental, Niedergrund, Warnsdorf.
Anschlußbahnen: a) Bodenbach-Prag der öst.-ung. Staatsbahngesellschaft mit den Anschlüssen: Bodenbach-Komotau der k. k. Staatsbahnen,[3] Außig-Komotau der Außig-Teplitzer Eisenbahn (s. unter 3 g), Komotau-Eger der Buschtiehrader Eisenbahn (s. unter 3 h); b) Bodenbach-Dresden-Riesa-Leipzig der kgl. sächsischen Staatsbahnen (siehe unter 8); c) Bensen-Leipa der böhm. Nordbahn; d) B. Kamnitz-Steinschönau derselben Bahn; e) Warnsdorf-Zittau-Reichenberg der kgl. sächs. Staatsbahnen.
7. K. k. priv. Böhmische Nordbahn. Strecke Prag-Leipa-Georgswalde-Ebersbach.
Einbruchstationen: Neuhütte, Tannenberg, Schönfeld, Kreibitz-Teichstatt, Schönlinde.
Anschlußbahnen: a) Prag-Wien, Prag-Budweis-Linz, Prag-Pilsen-Furth und Stankau-Ronsperg der k. k. öst. Staatsbahnen, Furth-Nürnberg der kgl. preuß. Staatsbahnen; b) Wschetat-Prziwor-Lissa-Wien und Jungbunzlau-Nimburg-Wien der öst. Nordwestbahn; c) Röhrsdorf-Zwickau-Deutschgabel der böhm. Nordbahn mit Anschluß der Strecke Deutschgabel-Reichenberg der Außig-Teplitzer Eisenbahn (an Station Reichenberg siehe unter 1 und 2); d) Schönlinde-Herrnwalde-Nixdorf der k. k. öst. Staatsbahnen; e) Rumburg-Nixdorf-Niedereinsiedel der böhm. Nordbahn mit den Anschlüssen: Niedereinsiedel-Sebnitz, Sebnitz-Schandau und Sebnitz-Niederneukirch der kgl. sächs. Staatsbahnen; f) Ebersbach-Löbau-Görlitz der kgl. sächs. Staatsbahnen; g) Ebersbach-Bischofswerda (siehe unter 4 d).
8. Kgl. sächsische Staatsbahnen. Strecke Bodenbach-Dresden-Riesa-Leipzig.
Einbruchstationen: Schandau, Schöna, Niedergrund, Obergrund, Bodenbach.
Anschlußbahnen: a) Bodenbach-Prag (s. unter 6 a); b) Schandau-Sebnitz der kgl. sächs. Staatsbahnen; c) Pirna-Dürrröhrsdorf derselben Bahnen; d) Sekundärbahn Pirna-Berggießhübel; e) Sekundärbahn Mügeln-Geising-Altenberg; f) Sekundärbahn Dresden-Freiberg-Moldau; g) Sekundärbahn Dresden-Hainsberg-Kipsdorf; h) Sekundärbahn Dresden-Flöha-Olbernhau-Reitzenhain; i) Dresden-Berlin der kgl. sächs. und preuß. Staatsbahnen; k) Dresden-Chemnitz-Reichenbach i. V. der kgl. sächs. Staatsbahnen.
9. K. k. priv. österreichische Nordwestbahn. Strecke Wien-Tetschen.
Einbruchsstation: Tetschen.
Anschlußbahnen: a) Kolin-Brünn-Wien der öst.-ung. Staatseisenbahngesellschaft; b) Prag-Wschetat-Prziwor der böhm. Nordbahn; c) Lokalbahn Großpriesen-Wernstadt-Auscha; d) Tetschen-Leipa der böhm. Nordbahn.
10. K. k. priv. österreichisch-ungarische Staatseisenbahngesellschaft. Strecke Wien-Prag-Bodenbach.
Einbruchsstation: Bodenbach.
Anschlußbahnen: a) In B. Trübau (s. unter 1 b); b) Wildenschwert-Geiersberg derselben Bahn mit den Anschlüssen: Geiersberg-Mittelwalde der öst. Nordwestbahn und Mittelwalde-Glatz der kgl. preuß. Staatsbahnen; c) Chotzen-Halbstadt derselben Bahn; d) Kolin-Wien der öst. Nordwestbahn; e) in Bodenbach (s. unter 6 a).
Die Jeschkenkoppe bildet den Mittelpunkt und zugleich die höchste Erhebung (1010 m) des 24 km (Luftlinie) langen und bis 7½ km breiten Jeschkengebirges, d. i. jenes Teiles der Sudeten, der beim Dorfe Paß am Trögelsberge beginnt, vom Isergebirge durchs Neißetal geschieden wird, mit dem Kopainberge am Durchbruche der Iser bei Kleinskal endet und einen südöstlich in fast gerader Linie streichenden, sanftgewellten und steil abfallenden Wall mit einer mittleren Kammhöhe von 800 m darstellt, dessen nordwestliche Hälfte bewaldet und in zwei Rücken gespalten ist, während die südöstliche Hälfte einen einzigen, größtenteils kahlen Rücken bildet. Das Jeschkengebirge gehört (nach Hübler's Führer) zu den ältesten Gebirgen; die Gesteine, welche dasselbe zusammensetzen, gehören zum größeren Teile der Urzeit – nämlich dem Phyllit mit seinen untergeordneten Einlagerungen (Quarzitschiefer, Kalkstein und Diorit) –, zum anderen Teile (Przibramer Grauwacke und Schiefer, Gneisgranit, Rotliegendes) der paläozoischen Zeit an. Den Namen des Gebirges hat man von dem keltischen ysga (kleiner Kopf), auch vom althochdeutschen asc (Esche) abzuleiten gesucht; doch dürfte die Ableitung vom slawischen jesenik (Eschengebirge) die wahrscheinlichste, weil natürlichste sein, umsomehr, da auch das mährische »Gesenke« von demselben Worte abgeleitet wird. Das Jeschkengebirge ist reich an Sagen; wie das Riesengebirge seinen Rübezahl, so besitzt das Jeschkengebirge seinen Jeschkengeist; mehrere Sagen von diesem und vom vorwitzigen Schneiderlein knüpfen sich an das »Guckloch«, einen Quarzfelsen, der auf der rechten Seite des Jeschkens wie ein Zahn hervorragt; sehr schön sind auch die Sagen vom Zwergkönig und der Kriesdorfer Kuhhirtin, die dessen Schätze erbte, vom Nachtjäger und von den Waldweiblein. Auch an naturgeschichtlichen Seltenheiten ist das Gebirge nicht arm; wir erwähnen nur die prächtigen Kalkspatkrystalle und Tropfsteingebilde im Heinersdorfer Kalkbruche, die tiefe Kalksinter-Kluft bei Padauchen, die Achate bei Proschwitz und auf dem Jaberlich, sowie eine[5] Reihe von zumeist dem Hochgebirge angehörenden Pflanzen: Alpenlattich (Homogyne alpina Cass.), Bergnelkenwurz (Geum montanum L.), eisenhutblättriger Hahnenfuß (Ranunculus aconitifolius L.), echter Eisenhut (Aconitum Napellus L.), Haller's Gänsekresse (Arabis Halleri L.), Gmelin's Aufbart (Epipogon aphyllus Sw.), Riesengebirgs-Rispengras (Poa sudetica Haenke), Knotenfuß (Streptopus amplexifolius DC.), herzblättrige Zweiblatt-Orche (Listera cordata R. Br.), norwegisches Ruhrkraut (Gnaphalium norvegicum Gunn.), Isopyrum thalictroides L. (Muschelblümchen), nicht zu vergessen einiger Flechten (Cornicularia tristis Ach. und Parmelia centrifuga Ach. als in erster Linie erwähnenswert) und Moose (Jungermannia orcadensis Hook. und Dicranum congestum Brid. var. flexicaule Br. eur.).
Die Koppe selbst besteht aus einem mächtigen Quarzitschieferlager, dessen Trümmer die Abhänge besonders im Süden und Osten bedecken und eine wahre Fundgrube für Lichenologen (Flechtenkenner) sind; die Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum DC.), ist geradezu charakteristisch. Auf der Südseite des Koppenkegels, wo vor einigen Jahren Knieholz mit gutem Erfolge angepflanzt wurde, befindet sich in einer mäßigen Vertiefung ein 1868, an Stelle einer seit 1847 dagestandenen Holzhütte, aus Holz erbautes, seit 1883 auch im Winter bewohntes, zu Oberpassek nummeriertes Gasthaus (telephonisch mit Reichenberg verbunden, mit Nachtherberge für 20 Personen, von 1 K 60 h aufwärts und 1855 angelegtem Fremdenbuche), an welches 1885 südwestlich vom D. Geb.-V. für das Jeschken- und Isergebirge eine Glasveranda mit einem Fassungsraum für 200 Personen angebaut ist. Ein daselbst angebrachter Briefkasten wird vom 1. Mai an täglich um 4 Uhr Nachm. durch Postboten entleert. Nebst dem Gasthause befindet sich noch auf der Koppe ein mit Eisen beschlagenes Häuschen mit guten Fernröhren, ein riesiges, steinernes Kreuz, an dessen Stelle 1791 schon ein anderes errichtet war, weiters als astronomisch-geodätischer Hauptpunkt zweiter Ordnung ein Doppelwürfel mit der Aufschrift: »Operatio astr. trigon. imperante Francisco Josepho I.«, endlich ein Denkstein an einen Besuch des Fürsten Rohan, zu dessen Besitze die Südseite des Berges gehört, während die Nordseite gräflich Clam-Gallas'scher Besitz ist. Ein 1889 vom Gebirgsvereine an Stelle eines 1876 errichtet gewesen Aussichtsgerüstes aufgestellter, 8 m hoher, hölzerner Aussichtsturm mit Orientierungskarten mußte Ende November 1904 abgetragen werden. Es ist lebhaft zu bedauern, daß die Jeschkenkoppe, obwohl sie jährlich von 15000 bis 20000 Personen besucht wird, immer noch nicht[6] ein würdiges Unterkunftshaus mit Aussichtswarte erhalten hat. Die Pläne sind zwar da, doch kommt es zu keinem greifbaren Ergebnisse, da die gräfl. Clam-Gallas'sche Herrschaft sich noch immer nicht zu einem Neubaue entschließen kann. Und doch ist selbst im Winter der Besuch so stark, daß an Sonntagen die Baude öfters überfüllt ist, trotzdem nur Rodelfahrten, keine Hörnerschlittenfahrt vom Jeschken im Schwunge ist, wie z. B. im benachbarten Isergebirge; es kann eben letztere nur geübteren Touristen angeraten werden, da infolge der Steilheit die Schlitten in sausendem Tempo zu Tal fahren und bei den zahlreichen Biegungen und Furchen öfters ein Anfahren oder Umkippen kaum zu vermeiden ist. Die Stadtgemeinde Reichenberg plant eine mit elektrischer Kraft zu betreibende schmalspurige Kleinbahnlinie vom Bahnhofe Reichenberg der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn die Lastenstraße entlang nach Johannestal, Hanichen auf den Jeschken.
Die freie, isolierte Lage der Koppe macht sie zu einem Aussichtspunkte vorzüglichster, geradezu idealer Art, der, was Großartigkeit, Umfang und Mannigfaltigkeit der landschaftlichen Bilder anbelangt, mit den Rundsichten der bedeutendsten Berggipfel des gesamten deutschen Mittelgebirges, ja selbst mancher Punkte der Alpen, verglichen werden kann. Man übersieht bis zu 113 km Entfernung einen großen Teil von Böhmen einerseits bis gegen Mähren und Baiern, andrerseits bis tief in das benachbarte sächsische und preußische Gebiet hinein; durch das Fernrohr wird die Grenze der Aussicht in der Luftlinie sogar bis zum Ödschloßberge bei Bergreichenstein im Böhmerwalde (145 km), bis zum Keilberge im Erzgebirge (149 km), selbst bis zur Wallfahrtskirche am Kremeschnik zwischen Pilgram und Iglau an der böhmisch-mährischen Grenze (152 km) hinausgerückt. Der Glanzpunkt des Panoramas liegt gegen West und Südwest auf das malerische Gewirr der vulkanischen Bergkegel des Mittelgebirges.
Schon vom Vorraume der Koppenwirtschaft, wo das erst in neuerer Zeit eingewanderte strahlenblumenlose Mutterkraut (Matricaria discoidea DC.) üppig zu wuchern pflegt, bietet sich ein herrliches Bild, das man sich, einige Schritte weiter, auf der gegen Norden steil abfallenden Plattform, wo das große Kreuz steht, zum Rundbilde ergänzen kann.
Ein willkommenes Andenken und ein erwünschtes verläßliches Orientierungsmittel ist das von Leopold Ullrich aufgenommene, von Karl Bertrand in Stahl gestochene, von A. Schöpfer in Reichenberg 1884 verlegte »Panorama vom Jeschken« auf vier großen Blättern. Darauf seien alle Jene verwiesen, die sich eingehender unterrichten[7] wollen; im Nachstehenden können wir nur ein gedrängtes Bild des Sichtbaren geben.
Nordost: Zu unseren Füßen Ober- und Niederhanichen, weiter Johannestal, l. davon Franzendorf vor der malerisch ausgedehnten Stadt Reichenberg, die sich von keiner Seite so günstig zeigt; l. von Franzendorf liegt Berzdorf hinter Karolinsfeld; r. von Reichenberg das reich besiedelte, industriereiche Neißetal mit Röchlitz, Maffersdorf, Proschwitz und Gablonz; dahinter das Isergebirge, u. zw. gerade hinter Reichenberg im Hintergrunde das Taubenhaus mit Vogelkoppen (l. daneben) und Mittagsberg, im Vordergrunde der hohe Berg, tiefer der Turm der Hohenhabsburg neben dem Schmidtsteine; l. von der Hohenhabsburg der Drachenberg vor der Langen Farbe, r. von jener der Friedrichswalder Kamm mit Königshöhe (Turm) und Seibthübel (Turm), weiter Schwarzeberg, dann Sieghübel; weiter rückwärts l. hinten die Tafelfichte (an ihrem r. Abhange, über dem Wittigberge, geht am längsten Tage die Sonne auf), dann der Hinterberg und der Hochstein. Ost: R. von Hanichen liegt Eichicht; hinten schließt sich das Riesengebirge ans Isergebirge, u. zw. Reifträger, hohes Rad mit Schneegrubenbaude (gerade über Gablonz), Schneekoppe mit ihren Baulichkeiten (hinter ihr geht die Sonne genau am 22. Sept. auf) und Brunnberg, während nach vorn zu der Spitzberg bei Tannwald, die Stefanshöhe (Turm), die Schwarzbrunnkoppe, die Häuser von Marschowitz und Schumburg, noch näher der Kaiserstein l. von Langenbruck zu sehen sind. Südost: Der kahle Jeschkenrücken, der mit dem Kopainberge (Turm) endet, dann folgt der Kosakow vor dem Switschinberge, der Ruine Kumburg und dem Taborberge, r. davon die Stadt Turnau und die Großskaler Felsen, die zweizinkige Ruine Trosky, die Kegel und Kuppen der Gitschiner Gegend (Prachower Felsen) und am äußersten Horizonte Heuscheuer, hohe Mense (etwas r. über Langenbruck) und Deschnaer Koppe. Süd: Die Stadt B. Aicha, davor der Hühnerberg, dahinter der Musky und Ruine Sweretitz bei Backofen, weiter Jungbunzlau und Schloß Neubenatek, r. davon im Vordergrunde die Hlawitzer Kirche, dahinter die Stadt Weißwasser, am Horizonte der Dablitzer Berg, das Sternschloß und der Laurenzibergturm bei Prag. Südwest: Die Teufelsmauer, dann die Stadt Oschitz, dahinter l. die beiden Bösige (Ruine) und Schloß Hauska, r. der ruinengekrönte Dewin hinter dem Krassaberge und vor den beiden Hirschbergen, daneben der spiegelnde Hammerteich mit dem Dorfe Hammer und der Stadt Wartenberg vor dem Roll, l. hinter diesem Ruine Altperstein, weiter die Nedoweska und im Hintergrunde der Georgsberg bei Raudnitz (Kapelle); überm Roll der gewölbte Wilsch, dann die doppeltürmige Hasenburg bei Libochowitz, weiter der Hoblik bei Laun, noch weiter das Duppau-Karlsbader Gebirge; r. vom Roll der spitze Ron (Ruine), die Koselspitze, der breite Geltsch, der Kreuzberg bei Leitmeritz, dahinter der Milleschauer (Höhenwarte) und r. hinter diesem der Keilberg im Erzgebirge (Turm), näher das Mückentürmchen bei Graupen. West: Zu Füßen Drausendorf, dann hinter einander der Audishorner Spitzberg, der Tolzberg und das Schwoikaer Gebirge, l. davon der Leipaer Spitzberg (Turm) und der Kamnitzberg (Turm), im Hintergrunde der Zinkenstein; r. von diesem der hohe Schneeberg (Turm); im Vordergrunde folgt auf Drausendorf der Silberstein und die Rabensteine mit den lang sich hinziehenden Kirchdörfern Seifersdorf und Kriesdorf dazwischen, dahinter die Stadt Deutschgabel, dann die Stadt Zwickau und der Röhrsdorfer Bahnhof am Fuße des Kleis; r. von diesem der Kaltenberg (Turm) und zwischen beiden hinten der Rosenberg und der gr. Zschirnstein; r. vom Kaltenberge der gr. Winterberg (Turm) bei Herrnskretschen. Nordwest: Hochwald (Turm) und Lausche (Gasthaus) hinter einander, l. davon Tannenberg (Turm), hinten Tanzplan (Turm) und Valtenberg (Turm), r. Wolfsbergspitze (Turm) und Botzen, im Vordergrunde der bewaldete Jeschkenrücken mit Moiselkoppe, Kalk- und Langeberge; zwischen letzteren beiden hindurch sieht man die Stadt Zittau, den Kottmar (Turm) und den Löbauer Berg, im Hintergrunde den Czornebog bei Bautzen (Turm) nebst einer Menge kleinerer Ortschaften.[8] Nord: Machendorf am Zusammenschlusse des Christofsgrunder mit dem Neißetale, darüber Kratzau vor dem Gickelsberge und ganz draußen die Stadt Görlitz mit der Landeskrone.
Auf der Jeschkenkoppe befindet sich neben dem Koppenhause eine vom deutschen Gebirgsvereine aufgestellte große Tafel, auf welcher die Abstiegswege mit den Marken und den Zeitangaben enthalten sind. Es sind folgende: 1. Auf dem Steilwege nördlich über den letzten Pfennig und Karolinsfeld oder über die schöne Aussicht und Johannestal oder auf dem Kamme südöstlich über Hanichen in je 1½–2 Stunden nach Reichenberg (Station der Südnorddeutschen Verbindungsbahn, der Außig-Teplitzer, der Zittau-Reichenberger und der Reichenberg-Grünwalder Eisenbahn); 2. Auf dem aussichtsreichen Kamme über die Kühnei entweder zur Station Heinersdorf in 1½ Stdn. oder zur Station Langenbruck in 2–2½ Stdn.; 3. Auf dem Kalkwege über Karlswald zur Station Machendorf in 1½–2 Stdn.; 4. Über den Dänstein nach Station Neuland 1¼ Std. oder weiter über Christofsgrund nach Station Machendorf in 2½ Std.; 5. Über die Moiselkoppe und den Kriesdorfer Sattel in 1½ Std. zur Station Kriesdorf. Die vorletzte Strecke deckt sich zum Teil, die letztere ganz mit unserer Kammtour.
Unser Abstieg von der Jeschkenkoppe geschieht auf dem breiten und bequemen Wege, der längs der Fernsprechleitung in 30 Min. hinabführt auf die, seit 1866 in ihrer heutigen Gestalt bestehende, waldumschlossene Jeschkenstraße, und zwar auf deren höchsten Punkt (772 m) im Auerhahnsattel, der Sattelhöhe zwischen Jeschkenkoppe und Schwarzeberg (816 m), zugleich der Hauptwasserscheide zwischen Elbe (Jeschkenbach) und Oder (Berzdorfer Bach), von wo sie sich in vielen Windungen östlich über Hanichen nach Reichenberg, westlich über Kriesdorf nach Wartenberg und nach B. Aicha senkt. Der Auerhahnsattel ist die höchste Übergangslinie über das Jeschkengebirge und führt vornehmlich den Namen »Ausgespann«, weil vor dem Baue der jetzigen Straße die Vorspänne bis hieher verkehrten und in einer einfachen Schankhütte Unterstand fanden. Auf den fünf Seitenflächen einer granitischen Säule daselbst sind die Örtlichkeiten verzeichnet, welche man von hier auf bezeichneten Wegen erreichen kann: Jeschkenkoppe, Reichenberg, Machendorf, Christofsgrund, Kriesdorf, Hammerteich, Oschitz und B. Aicha.
Wir folgen der Jeschkenstraße wenige Schritte nach l. und lenken sofort r. auf einen breiten Fahrweg ab, der auf eine weite Waldblöße hinausführt, aber schon nach 1 Min. sich wieder gabelt.[9] Hier ist eine Markentafel aufgerichtet, welche l. (blauer Punkt in weißem Felde) in 1–1½ Std. nach Kriesdorf, r. aber auf unseren Kammweg, bzw. nach Neuland-Christofsgrund (1½ Std.) verweist.
Bevor wir auf letzterem weiter wandern, machen wir auf dem Kriesdorfer Wege einen Abstecher zu dem nur ein paar Schritte entfernten, mächtigen, dürren Baumstumpfe, der nur noch einen einzigen längeren Ast aufweist und ein kleines, blechumrahmtes Bild, die schmerzhafte Muttergottes darstellend, trägt. Die auffällige Baumruine, deren knorrige Rinde dicht mit Flechten und Moosen überwuchert ist, so daß sich nicht mit Sicherheit erkennen läßt, welcher Baum-Art sie angehört haben mag, verdient es, daß man nicht achtlos an ihr vorübergeht, zumal sie vom Stifte des Künstlers in Professor Paudler's Kammwegbuche verewigt wurde; ihren Fortbestand sichert übrigens das Heiligenbild.
Und nun weiter. In kaum 3 Min. überschreiten wir die Waldblöße. Rückwärts lassen wir dabei die in unmittelbarer Nähe mächtig aufragende Koppe, vor uns winkt die Moiselkoppe, zur L., in welcher Richtung ein hübsches Echo hervorgerufen werden kann, haben wir den Rollberg bei Niemes, den Limberg bei Wartenberg und den Tolzberg bei Gabel neben einander, davor den Spitzberg bei Audishorn. Hochstämmiger Nadelwald nimmt uns auf, in ihm 1½ Min. abwärts, dann l. ein Hau, über welchen hinaus nach rückwärts abermals die Jeschkenkoppe erscheint. Dann wieder durch 5 Min. etwas abwärts zu einer Art Schneiße, die wir queren und die wiederum rückwärts auf die Koppe und den ruinenartigen »roten Stein« (841 m) an seinem westlichen Abhange, l. auf das Gelände zwischen Oschitz und B. Aicha einen Ausblick gestattet. Nach weiteren 5 Min. auf anfangs etwas ansteigendem, dann ziemlich ebenem Waldwege, wo man sich allenfalls an Heidelbeeren laben kann, trifft man bei einem Wegweiser, der l. an einem Baume hängt und die Entfernung von da bis zur Jeschkenkoppe mit ¾ Stunden angibt, abermals auf eine lichtere Waldstelle, wo wir die Moiselkoppe vor uns, l. (durchblicksweise) Dewin mit Hammerspitz zwischen den Bösigen und dem Roll, rückwärts die Jeschkenkoppe, r. aber ganz nahe, auf der Höhe des Dänsteins eine grell vom Horizonte sich abhebende, abenteuerlich ausgezackte Quarzklippe erblicken. In 2 Min. sind wir in gerader Richtung etwas abwärts schreitend, wieder in dichterem Walde, steigen in demselben 1½ Min. lang hinab und stehen sodann – 20 Min. vom Ausgespann ab – auf dem Oberkriesdorfer Sattel, einer großen, an Arnica reichen Waldwiese, die von einem Wege gequert wird, der r. über den steilen und waldigen westlichen Abhang des Dänsteins (gelbrote Marken) aus Neuland, und zwar aus dessen oberstem, 524 m hoch gelegenen, 20 Min. entfernten Ortsteile Haudorf heraufkommt und l. nach Oberkriesdorf[10] hinüberführt, dessen oberste, 593 m hoch am Jeschkenbache waldumsäumt gelegene Häuser südöstlich zum Vorschein kommen – ein ebenso malerischer, wie unerwarteter Ausblick. Dahinter sieht man an der zum Auerhahnsattel hinaufführenden Jeschkenstraße noch zwei, zu Kriesdorf gehörige Einschichten, nämlich das bekannte Gasthaus Prokop (Kleinsemmering) an der Gabelung der nach B. Aicha und Kriesdorf führenden Straßenstrecken und noch ein zweites Gasthaus, l. davon den gr. und den kl. Jeschken, der sich mächtig gegen Südwest hinlagert; r. vom Prokop den Hühnerberg bei Zwetlai, davor einige Häuser von Hodek an der nach B. Aicha führenden Straße. Zwei Markentafeln verweisen auf Neuland-Christofsgrund (1 Std.), Jeschken (1–1¼ Std.) und Moiselkoppe-Neuland (1 Std.).
Letzterer Weg ist der unsere. Er führt auf dem Damme, der die Wiese l. begrenzt, an den Waldrand, längs welchem wir, die Wiese zur Rechten, 4 Min. lang aufwärts wandern, wobei wir nach r. rückwärts einen Blick gewinnen auf die Vogelkoppen und das Taubenhaus im Sattel zwischen der Sauplatsche (große Lichtung) und dem Dreiklafterberg. Dann sind wir wieder im beiderseitigen Walde, wo nach 3 Min. l. eine Wiese folgt, hinter welcher man stark bergab zu einer zweiten, reichlich mit Arnika, hohen Schlüsselblumen (Primula elatior Jacq.) und langsporniger Nackt-Orche (Gymnadenia conopea R. Br.) bestandenen Wiese rechterseits gelangt mit Ausblick auf den Langenberg. Nach 3 Min. versperrt uns wieder beiderseitiger Wald die Aussicht; erst eben, dann abwärts kommen wir nach einander an drei Quellen vorüber, Zuflüssen des Neuländer Grundbaches. Der Weg steigt dann wieder etwas bergan und geht später eben weiter; schöne Quarzbrocken mit eingefügtem Chloritschiefer, eine Zierde für jedes Terrarium, besäumen ihn; nach 7 Min. treten wir auf eine Waldlichtung heraus, wo wir zum ersten Male einen fesselnden Ausblick auf das Neuland-Christophsgrunder Tal gewinnen; l. ist der Langeberg, r. der Sommerhau bei Berzdorf mit der Waldstraße, im Hintergrunde in der Richtung des Tales der Gickelsberg sichtbar. Noch ein paar Schritte und wir sehen zur L. eine mächtige Schutthalde unmittelbar am Wege, den Abraum eines darüber gelegenen Steinbruches, in welchem, den Fundstücken nach zu schließen, gelegentlich des Bahnbaues Grünstein gebrochen wurde, der von bis fingerstarken Kalkspatschnüren und -platten durchzogen ist. Herr v. Zimmermann, Chemiker in Leipa, besitzt schöne Handstücke aus diesem Bruche.
Der Steinbruch befindet sich an der Moiselskoppe (750 m), um deren nördl. Lehne der Kammweg herumführt; sie hat ihren[11] Namen nach einem früheren Grundeigentümer, einem Kriesdorfer Insassen. Um auf dieselbe zu gelangen, braucht man bloß den grasigen Fußpfad einzuschlagen, der hinter der Schutthalde l. aufwärts führt. In etwa hundert Schritten ist man auf dem abgeholzten, westlichen Abfallsrücken der Koppe, von wo aus sich ein hübscher Ausblick in westlicher Richtung auftut.
Zunächst haftet er an dem lang am Jeschkenbache sich ausdehnenden Pfarrdorf Kriesdorf zu Füßen, an das sich, am Jeschkenbache abwärts, das teilweise hinter den klippigen Rabensteinen (r. von der Kriesdorfer Kirche) versteckte Kirchdorf Seifersdorf anschließt. An dieses wiederum schließt sich Kirchdorf Hennersdorf, das sich, teilweise hinter dem Silberstein versteckt, gegen die Stadt Wartenberg l. hinzieht, welch letztere vom Audishorner Spitzberg verdeckt wird, hinter welchem der Wartenberger Limberg sichtbar ist. Zwischen Silberstein und Spitzberg hindurch hat man den Kamnitzberg bei Reichstadt; hinter dem Silberstein rückwärts zieht der Koselrücken; r. vom Silberstein wölbt sich der Tolzberg, r. von diesem der Laufberg vor dem Schwoikaer Gebirge, im Hintergrunde der Zinkensteinrücken. R. vom Laufberge bemerkt man den Ortelsberg vor dem Sonnebergrücken. R. von Kriesdorf liegt einschichtig der Kriesdorfer Bahnhof, die Straße dahin, sowie Bahn und Straße nach Schönbach, dieser Marktflecken selbst, weiter der Mergtaler Limberg, hinter diesem in gleicher Entfernung l. Kleis, r. Tannenberg (Turm). R. vom Kriesdorfer Bahnhofe zieht der bewaldete Jeschkenrücken mit den hinter einander aufgesetzten Kuppen der Scheuflerkoppe – an der l. vorüber Hochwald (Turm) und Lausche hinter einander zu suchen sind – des Schönwalder Spitzberges, des Kalk- und Langeberges. Den Blick wiederum gegen die Kriesdorfer Kirche zurückwendend, sehen wir l. vom Audishorner Spitzberge den hochragenden Roll, l. davon den doppelgipfligen Dewin, zwischen beiden den Hammerteich vor dem Kummergebirge, im Hintergrunde das Daubaer Gebirge mit der Nedoweska; l. vor dem Dewin der Krassaberg hinter dem einschichtigen Drausendorfer Meierhofe, rückwärts die beiden Buchberge bei Hühnerwasser und l. hinter diesen der Burgberg Bösig. L. vom Drausendorfer Meierhofe sieht man einen Teil von Drausendorf, die Straße von da am Friedhofe vorüber nach Johannestal und dieses zum Teil selbst, dahinter den Jelinkaberg und die Teufelsmauer zwischen Oschitz und B. Aicha. – Einen Einblick östlich ins Neuländer Tal gewinnt man vom Rande des Steinbruches, weiter oben südlich.
Auf den Kammweg zurückgekehrt, biegen wir sogleich nach einem überraschenden Rückblicke auf den Gipfel der Jeschkenkoppe vor der Lichtung in hohen Wald ein, wo von l. der Fahrweg aus dem Steinbruche mündet. Nun abwärts, r. an einer Stelle Ausblick auf den Langeberg, dann l. ein Feld. Nach 10 Min. tritt man auf eine Lichtung heraus, wo sich r. über Jungwald hinweg ein überraschend schöner Blick auf den großen Neuländer Viadukt, den Jägerhaustunnel dahinter und den r. am Grundbache hinaufziehenden Ortsteil Haudorf, sowie auf den l. aus dem Tale aufsteigenden Langeberg und den Gickelsberg r. hinter diesem bietet.
Der Weg senkt sich zum Waldrande, der in 3 Min. erreicht ist; eines der schönsten Landschaftsbilder auf unserem Kammwege breitet sich wie mit einem Zauberschlage vor uns aus; der Blick schweift frei über das Tal hinweg auf die bewaldeten Berghänge ringsherum: geradeaus die Scheuflerkoppe, dahinter Spitz-[12] und Kalkberg, daneben der Langeberg, zur R. der Dreiklafterberg und die Sauplatsche, zwischen alle dem eingebettet das idyllische Neuland in tiefeingeschnittenem Tale, der schöne Viadukt, die Haltestelle Neuland, der 40 m lange Jägerhaustunnel im Gehänge des Dreiklafterberges (762 m), die Bahnstrecke mit dem 17 m hohen und 127 m langen Jägerhaus-Viadukte jenseits desselben bis zum Christofsgrunder Tunnel an der Lehne des Brandsteines (667 m), und darüber hinaus im Hintergrunde der Gickelsberg und Hohenwald mit der Windmühle.
Wir schreiten auf dem Fahrwege abwärts. Unter unseren Füßen quert der 822 m lange, fast seiner ganzen Länge nach in Urtonschiefer eingehauene, am 6. April 1900 nach zweijähriger Arbeitszeit vollendete »Jeschkentunnel« der Außig-Teplitzer Eisenbahn den Gebirgsrücken, worin die Bahntrace bei 500·17 m Seehöhe ihren höchsten Punkt erreicht. Zur Ausmauerung bezw. Einwölbung des Tunnels, sowie zur Aufführung des Neuländer Viaduktes wurde Diorit verwendet, welches Eruptivgestein stellenweise den Jeschkenschiefer gangartig durchsetzt; einige mächtige Blöcke dieses Gesteins lagen am Wege. Nach 2 Min. sind wir beim ersten Hause von Neuland; zwischen Scheuer und Wohnhaus hindurch, um die Scheuer nach l. herum, stehen wir auf der Bezirksstraße, die neuerer Zeit von Christofsgrund herauf in mehreren Kehren durch Neuland über die Kammhöhe nach Kriesdorf hinab gebaut wurde. Uns gegenüber an der Straße r. steht noch ein zweites Haus, auf dessen Dache ein Kammzeichen uns belehrt, daß wir die Straße nach l. zu zu wandern haben. Andere Häuser von Neuland berühren wir also nicht. Das Dorf zählt über 90 Häuser, die sich gabelförmig am Grundbache und am Eckersbache, dessen eine Ursprungsader bis an unseren Standpunkt auf der Kammstraße heranreicht, hinab gegen Christofsgrund ziehen, mit welchem Pfarrdorf es unmittelbar zusammenhängt; die Bewohner sind, da der Feldbau nur wenig erträglich ist, zumeist Wald- und Fabriksarbeiter. Der Ort wurde mutmaßlich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt; wenigstens erscheint er 1581 als »neu aufgebaut« in einem Kaufvertrage, mit welchem Heinrich Berka von Dauba die Herrschaft Lämberg erwarb. Vermöge seiner schönen Lage und guten Luft eignet sich Neuland ebenso vorzüglich zum Sommeraufenthalte, wie es mit Christofsgrund schon seit Jahren der Fall ist. Eine besondere Sehenswürdigkeit daselbst ist der gewaltige Viadukt über das Neuländer Grundtal, über welchem die Bahnlinie in einem flachen, südlich ausgreifenden Bogen aus dem Jeschkentunnel in den Jägerhaustunnel verläuft; der Viadukt[13] steht auf 29·5 m hohen Pfeilern, ist 202 m lang und hat 14 Öffnungen, von denen 11 eine Spannweite von 12 m, 3 eine solche von 6 m haben.
Wer mit uns die Kammtour nicht weiter fortsetzen will, erreicht die Haltestelle Neuland in 20 Min., die Station Machendorf im Neißetale über Christofsgrund (30 Min., 170 H., sehenswerte Holzkirche, Sitz einer Abteilung des deutschen Gebirgsvereines für das Jeschken- und Isergebirge, Studentenherberge) und Eckersbach längs des Eckersbaches in 1¾ Std. Wer aber bloß eine Zwischenstation machen und Einkehr halten will, der gehe die Straße 10 Min. abwärts bis zu Wollmann's Gasthaus l. an der Straße hinter der Schule.
Neuland den Rücken kehrend, erreichen wir die Straße aufwärts nach 4 Min. – im ganzen 1 Stde. vom Ausgespann – im Kriesdorfer Sattel die 500 m übersteigende Kammhöhe zwischen der Scheuflerkoppe (r.) und dem Abfallsrücken der Moiselkoppe (l.), gegenwärtig neben dem Passe von Langenbruck der wichtigste der den Jeschkenzug querenden Übergänge. Daselbst ist die Straße durch einen tiefen Einschnitt gelegt, in welchem der Urtonschiefer an beiden Böschungen hobelspanartig aufblätternd bloßliegt. Aus der Ferne grüßt im Rahmen dieses Einschnittes – wieder ein überraschend bezauberndes Bild – der Roll in südwestlicher Richtung, um den herum allmählich ein prächtiges Panorama sich heraushebt.
Gerade zu Füßen in gleicher Richtung der Bahnhof Kriesdorf und die Pietschekapelle, dann das langgestreckte Kirchdorf Kriesdorf, die Straßen von da zum Bahnhof und am Saume des Rabwaldes entlang gegen Schönbach; r. von der Kriesdorfer Kirche die gezackten Rabensteine, im Hintergrunde, zwischen Audishorner Spitzberg (l.) und Silberstein (r.) hindurch der Wartenberger Limberg; in der Richtung der Rabensteine der Tolz- und l. vor diesem der Kamnitzberg bei Reichstadt; r. vom Tolzberg zeigen sich hinter einander geschoben der Laufberg bei Brims, das Schwoikaer Gebirge und der Ortelsberg bei Zwickau genau im Westen. L. vom Roll zeigen sich die beiden Hirschberge, dann der Dewin und der Breite Stein, l. dahinter die beiden Bösige, l. vorn die Kuppe des Krassaberges, und wieder l. von diesem, in der Richtung des Drausendorfer Meierhofes, der einschichtig auf dem Höhenzuge jenseits Kriesdorf gelegen ist, der Kühtaler Berg vor dem Wolschner Rücken; l. davon sieht man über ein Wegkreuz hinweg ein Stück der Oschitzer Straße, die vom versteckten Drausendorf, am Friedhofe vorüber, gegen Johannestal hinaufführt, r. dahinter den Mataischeberg.
Auf der Kammhöhe, wo wiederholt Kriegsvolk verkehrte, im Jahre 1866 sogar Artillerie und Kavallerie, steht ein alter Bildstock, welcher oben eine schmerzhafte Mutter Gottes mit hübschem Beiwerk, am Sockel die Grablegung Christi ausgehauen und mit grellen Farben bemalt zeigt; davor eine Ruhebank.
Die im Bogen westlich vom Sattel – zugleich Hauptwasserscheide zwischen Oder und Elbe (Eckersbach und Jeschkenbach) – abwärts führende Bezirksstraße hat in 8 Min. Entfernung, nach Überquerung der Bahn, Miesler's Gasthaus an seiner r. Seite, ein einschichtig knapp unterhalb der Station Kriesdorf an der Gabelung der Bezirks- und Bahnhofstraße gelegenes, großes Gebäude, das zu dem[14] eine halbe Stunde entfernten, weit über 300 Häuser zählenden, alten Kirch- und Bauerndorfe Kriesdorf gehört, woselbst am 1. Sept. 1813 zwischen Polen und Österreichern ein Scharmützel stattfand; das Chor der Kirche und eine Glocke stammen noch aus spätgothischer Zeit. Station und Gasthaus sind sehr gelegen für Jene, welche die Tour ganz oder nur der Einkehr halber unterbrechen wollen.
Knapp hinter dem Bildstocke zweigt der Kammweg r. von der Bezirksstraße auf einen Wirtschaftsfahrweg ab, der ziemlich steil zumeist zwischen Feldern (nur eine kurze Strecke l. Wald) um die Ostlehne der Scheuflerkoppe herum – die ihren Namen nach dem Besitzer, einem Kriesdorfer Insassen, hat – aufwärts führt. Hiebei wird rückwärts der Gipfel der Jeschkenkoppe sichtbar, während r. zwischen Langeberg und Brandstein über das Christofsgrunder Tal hinaus, in das wir immer tiefere Einblicke gewinnen, die Hemmrichberge zum Vorschein kommen. In 15 Minuten ist man oben am Rande des bewaldeten nördlichen Rückens der Scheuflerkoppe, wo ein Kalksteinbruch, dem Besitzer der oben erwähntem Kriesdorfer Bahnhofrestauration gehörig, im Betriebe ist, dessen besseres Material zu Kalk gebrannt wird, während das schlechtere als Bruchstein und Schotter Verwendung findet. Neben dem Steinbruche ist eine Markentafel. Hier empfiehlt es sich Halt zu machen, um die Aussicht nach Nordosten aufs Isergebirge zu würdigen, wo man im Anschlusse an die Hemmrichberge r. die Vogelkoppen, das Taubenhaus und den Schwarzeberg vor sich hat.
Ein grün markierter Weg führt von der Markentafel am Steinbruche vorüber l. in 8 Min. auf den Gipfel der Scheuflerkoppe (679 m), die von Ost nach West verläuft und gegen Norden wegen hohem Waldbestand keine Aussicht hat. Auch die Ostseite des Gipfels ist größtenteils mit Bäumen bestanden, die übrige Gipfelfläche aber ist berast und gestattet eine herrliche Aussicht über zwei volle Quadranten von der Jeschkenkoppe im Südosten bis zum Hochwalde im Nordwesten, ähnlich jener vom Kriesdorfer Sattel, die man vergleichen möge, nur viel umfassender wegen des weit höheren Standpunktes und der dadurch ermöglichten Zwischen- und Fernsicht. So sieht man zunächst r. unter der Jeschkenkoppe, die breit und mächtig hinter der Moiselkoppe hingelagert ist, den Hühnerberg bei Zwetlai; r. davon, vor der Höhenkette der Teufelsmauer und dem Mataischeberg, die Stadt Oschitz; im Einschnitt zwischen Breiten Stein und Dewin die Ruinenspitze des Bösigberges – ein überraschendes Bild –; zwischen Dewin und Roll, wo sich der Spiegel des Hammerteiches vor den beiden Hirschbergen zeigt, hindurch das Kummergebirge mit dem Petzberge, dahinter den Tachaer Berg und noch weiter das Daubaer Gebirge mit der Nedoweska; r. hinterm Silberstein der breitgewölbte Wilsch; r. hinterm Kamnitzberg, in welcher Richtung auch der Milleschauer zu suchen ist, die Koselspitze; hinterm Tolzberg die Höhen von Munker und Reichen mit dem Zinkensteinrücken; zwischen Tolz- und Laufberg die betürmte Kuppe des Leipaer Spitzberges. R. vom Ortelsberg ist der spitzige Kleis leicht aufzufinden; zwischen beide rückwärts schiebt sich der Sonneberger und der anschließende Blottendorfer Rücken; r. vom Kleis, hinter Schönbach und dem Johnswalde im Vordergrunde, der Mergtaler Limberg, dahinter l. und r. die Buchberge bei Falkenau; weiter r. der Falkenberg hinter Ringelshain, im Hintergrunde jenseits des Höhenrückens zwischen Friedrichsberg und Finkenkoppe der betürmte Tannenberg; endlich am weitesten rechts, teilweise schon durch Bäume verdeckt, Hochwald und Lausche hinter einander.
Wir wandern nun von der Markentafel beim Steinbruch längs des Waldrandes (l.) am Rücken 1 Min. lang weiter und steigen dann auf grasigem Wege in 6 Min. – teils durch Wald, der jede Aussicht, darunter auch die nach rückwärts auf die Moisels- und Jeschkenkoppe, versperrt, teils am Rande des Waldes mit freier Aussicht nach r. über Äcker und Wiesen auf den Langeberg, auf Christofsgrund und die Hemmrichberge in der Richtung der Talspalte – auf den waldfreien Sattel (590 m) zwischen Scheuflerkoppe und kleinem Kalkberg, welch letzteren wir vor uns haben, herab, wo als ein Merkzeichen der Gegend die Christofskapelle steht, eine gewöhnliche Wegkapelle mit einer in Stein gefaßten Holztür. Hier kreuzen sich mehrere Wege: Fußwege r. von Christofsgrund (20 Min.), l. von Kriesdorf (45 Min.) und Fahrwege l. von Schönbach (40 Min.), r. von Neuland 15 Min.).
Auch freien Ausblick hat man daselbst: l. über die Bahn (zwischen Kriesdorf und Schönbach) zu Füßen auf den Audishorner Spitzberg und den Roll dahinter, l. davon die Hirschberge, dann der Dewin, dahinter die Bösige; r. ins Christofsgrunder Tal, die Bahnstrecke dahinter und weiter die Hochstraße von Kratzau nach Machendorf mit einigen Häusern.
Nun gehts wieder bergan, immer auf der Hauptwasserscheide, auf den langgestreckten Rücken des kl. Kalkberges (687 m); schöner Mischwald (Buche und Fichte) nimmt uns auf, doch hat man alsbald noch einen Ausblick l. wie von der Christofskapelle, nur daß noch die zusammenhängenden Kirchdörfer Kriesdorf und Seifersdorf im Vordergrunde dazu kommen. Wir kommen hinter einer feuchten und schluchtähnlichen Stelle mit reichlichem Pflanzenwuchs (Bingelkraut, Christofskraut u. a.) nach 8 Min. zu einem alten Kalksteinbruche, der dem Berge den Namen gegeben hat, wohl schon vor mehreren Jahrhunderten betrieben worden sein mochte und einem in das Phyllitgestein eingebetteten Querzuge angehört. Nach weiteren 4 Min. sind wir auf der Höhe des Berges; der Weg mündet auf eine begraste, waldumschlossene Fläche, von der er sich nach r. auf einen reich mit Himbeergesträuch bewachsenen Hau wendet, wo sich über Christofsgrund hinweg ein großartiger Ausblick aufs Isergebirge mit den Hemmrichbergen, der Tafelfichte, dem Taubenhaus und dem Schwarzenberge, sowie auf das r. sich anschließende Riesengebirge (Reifträger) darbietet. Der Weg über den Hau nimmt 1½ Min. in Anspruch. Doch hat man den geschilderten Ausblick, wozu sich nach rückwärts auch die Jeschkenkoppe gesellt, noch 2½ Min., während der Weg durch mäßig hohen Jungwald eben weiterführt. Dann gehts abwärts vom Bergrücken und die Aussicht verschwindet. Hoher Fichtenwald mit massenhaftem[16] Heidelbeerkraut besäumt den Weg, der nach 6 Min., zuletzt ziemlich steil, auf eine gelichtete Waldstelle ausmündet, die Einsattlung zwischen kl. Kalkberg und Spitzberg, wo man l. unten einige Häuser von Schönbach sieht, dahinter Teile von Hennersdorf und Postrum vor dem Tolz- und Ortelsberge. Auf einer anschließenden Waldwiese trifft man auf einen Fahrweg, der l. von Schönbach (30 Min.) heraufkommt und r. zum Lochförster nach Christofsgrund (30 Min.) hinabführt.
Erforderlichenfalls kann man hier zur Station Schönbach-Seifersdorf nördlich beim Marktflecken Schönbach hinabsteigen. Der prächtig zur Sommerfrische geeignete Ort hat über 180 Häuser, die sich längs des Schönbaches bis knapp an den Gebirgskamm heraufziehen, eine 1725 erbaute Kirche mit einer wundertätigen Madonnenstatue aus dem 17. Jahrh., und einen 1766 zur Erinnerung an den damaligen Aufenthalt Kaiser Josef II. im Hofe des Gasthauses Nr. 47 errichteten Gedenkstein.
Im Mischwalde weiter, anfangs ziemlich eben, zuletzt steiler bergan, an mehreren alten Reviersteinen (r.) mit der Jahreszahl 1709 vorüber, kommt man in 12 Min. auf eine ebene, waldumschlossene Rundung, 20 Schritte im Durchmesser, wo von fünf Seiten Waldwege einmünden, die Kuppe des Spitzberges (686 m). Von da tritt man in der Kammrichtung nach 1 Min. auf einen alten Holzschlag heraus, die sogenannte »Aussicht«, wie eine Tafel daselbst besagt. Obwohl nur über einen Quadranten (Südwest bis Nordwest) sich erstreckend, bietet dieselbe viel Fesselndes.
Greifbar unter sich hat man den Bahnhof und einige Häuser vom Markte Schönbach, dahinter den Johnswald und r. davon Pfarrdorf Ringelshain vor dem Mergtaler Limberge, an den sich nach r. der Falkenberg jenseits Gabel und der Hochwald (hinter dem Kirchberge bei Pankraz) anschließen; zwischen Lim- und Falkenberg ist im Hintergrunde das Falkenauer und Kreibitzer Gebirge eingeschoben. R. vom Hochwalde zieht sich das waldreiche Gabler Gebirge mit dem Schwarzen- und Welsberge bis zum ruinenartig gegipfelten Pfaffenstein und dem Görsdorfer Spitzberge, an den sich nach vorn zu, am weitesten r., der Trögelsberg, Schwammberg und der große Kalkberg vor uns anreihen. In dem Winkel zwischen Hochwald und Pfaffenstein sind rückwärts die Oybiner Berge (Jonsberg, Brand, Töpfer) eingeschoben; zwischen dem Görsdorfer Spitzberge und dem Schwammberge hindurch auf das scheinbar unbegrenzte, reich besiedelte Flachland westlich Zittau. Im Südwesten schließt der massige Tolzberg mit dem an seinen Fuß gelehnten Dorfe Postrum das abwechslungsreiche Bild ab, in das sich zwischen Tolz- und Mergtaler Limberg eine Reihe von Kuppen – Laufberg vor dem Koselrücken, Schwoikaer Gebirge, Ortelsberg vor dem Sonnebergrücken, Kleis vor dem Blottendorfer Rücken – einfügen.
Gleich hinter der »Aussicht« beginnt der Abstieg vom Spitzberge. Nach 6 Min. ist man auf einem wichtigen Kreuzungspunkte von Wegen an der Grenze der Phyllit- und Grauwackenregion; letztere umfaßt sandsteinartige Gesteine, die dem Untersilur zugehören und uns bis Paß begleiten. Eine Rasenbank unter den Bäumen [17]dient als Jägerruhe. Eine Markentafel verweist in der Kammrichtung weiter auf den gr. Kalkberg (789 m) und nach Freudenhöhe (1½–2 Std.). Diesen Weg einzuschlagen, lohnt aber gegenwärtig weniger, da der Gipfel verwachsen ist. Deshalb verweist auch unser blaues Kammzeichen nach r. um den gr. Kalkberg herum über die Eduardsbuche zur Freudenhöhe (1½ Std.). Mit den Ausblicken und Wandelbildern, wie sie die bisher zurückgelegte Kammstrecke bot, ist es auf diesem Wege so gut wie zu Ende; dafür kommen die Reize des Waldlebens ungestörter zur Geltung, insbesondere das vielstimmige Konzert der gefiederten Waldsänger: Ammern und Laubsänger spinnen ihre kunstlosen Weisen, Rotkehlchen, Grasmücken, Drosseln und auch wohl Goldamseln wetteifern in prächtigen Strofen, und Meister Kukuk oder Meister Specht schlagen den Takt dazu; dazu gesellt sich zeitweise das Rascheln eines Eichkätzchens, das mit graziöser Behendigkeit die Stockwerke majestätischer Fichten bis in die höchsten Spitzen durchklettert, oder der schrille Schrei eines Waldkauzes, oder ein Stück »Wild«, im zahmen Sinne gemeint, da von eigentlich »wilden« Tieren nichts mehr zu befürchten ist; 1679 wurde oberhalb Hanichen der letzte Bär und 1766 der letzte Wolf in der Gegend geschossen.
Wir verlassen also den Gebirgskamm und steigen auf dem Hesche-Wege (nach einem Bauer benannt) um die östliche Lehne des gr. Kalkberges allmählich abwärts, auf prächtigem Rasenwege zwischen vorherrschendem, zum Teil, besonders r., reinem Buchenbestand, wobei nach 7 Min. ein Rückblick auf den Spitz- und kl. Kalkberg vorübergehend sich öffnet. Üppige Farnkräuter (Adler-, Wurm- und Tüpfelfarne) neben nicht minder üppigen Haingreiskraut (Senecio Jacquinianus Rchb.) und vereinzelten Exemplaren von Einbeere (Paris quadrifolia L.) und süßer Wolfsmilch (Euphorbia dulcis L.) besäumen den Weg. Nach weiteren 6 Min. sieht man r. unten, vor dem Rücken des Langeberges und seines Ausläufers, des Kirchberges, den Christofsgrunder Talweg. Noch 5 Min. und der Weg wird bedenklich sumpfig, als Folge von nicht weniger als 4 Quellen, deren Abflüsse hintereinander den Weg queren und ihren Weg hinab zum Lochbache nehmen, einer Ader des Eckersbaches. Nicht bloß mannigfaches Gekräuter, wie insbesondere Pestwurz (Petasites albus Gaert.) und fleischfarbige Ragwurz (Orchis incarnata L.) gedeihen hier prächtig, sondern auch Seidelbast, Hainbuche, Traubenhollunder, Ahorn, Rüster und Esche, die sich immer mehr zu einander neigen und schließlich einen dicht schattigen Laubengang mit märchenhaft smaragdgoldener Dämmerung bilden; junger, würziger Fichtenwald schließt[18] sich an und immer rascher geht es abwärts, bis wir, 15 Min. hinter der Sumpfstelle, auf einer Holzbrücke den Lochbach, der l. im Sattel der Eduardsbuche seinen Ursprung hat, überschreitend, auf der herrschaftlich Clam-Gallas'schen Waldstraße daneben stehen, die von Christofsgrund über den Lochförster heraufkommt und die Station Christofsgrund in 40 Min., die Station Machendorf in 1 Stde. erreichen läßt. Hier gibt ein Wegweiser die Entfernung bis Freudenhöhe, unser vorläufiges Ziel, mit 1 Std. an.
Wir folgen der breiten, von roten Lichtnelken (Lychnis diurna Sibth.) und Farnen reich besäumten Straße nach l. aufwärts in prächtigem Fichtenwalde und kommen in 10 Min. zur Eduardsbuche, einem mächtigen Baumriesen von 3·75 m Umfang (in Brusthöhe gemessen) mitten im Fichtenwalde auf der 598 m hohen Einsattlung zwischen großem Kalkberge und Langeberge, an welcher Stelle der Sage nach einst ein Duell zwischen einem Grafen Gallas und einem adeligen Offizier stattgefunden haben soll. Der Stamm zeigt viele Einschnitte von Buchstaben und trägt zu Ehren des im Jahre 1891 verstorbenen Herrschaftsbesitzers Eduard Grafen Clam-Gallas ein kleines Blechbildnis des hl. Eduard. An einer Fichte unweit davon hängt ein Marienbild (»Gewidmet 1898«), davor eine Ruhebank. Mehrere Markentafeln an den Bäumen verweisen durchs Bauersloch nach Christofsgrund (1 Std.), auf den Langeberg (½ Std.) und weiter nach Frauenberg (1 Std.) oder Machendorf (1½ Std.), und nach Freudenhöhe (¾ Std.). Auch nach l. führt ein Waldfahrweg in einer Stunde nach Pankraz.
Der Langeberg (707 m) bietet vom »Brand« aus, einem schmalen Platze unter seinem Gipfel, einen lohnenden Ausblick in ö. Richtung über die Reichenberger Senke auf den Gickelsberg, Teile des Isergebirges (Tafelfichte, Vogelkoppen, Taubenhaus) und die westlichen Teile des Riesengebirges, sowie in unmittelbarer Nähe südöstlich auf die Jeschkenkoppe, welche einen ausgedehnten Waldkomplex überragt.
Auf der prächtigen, streckenweise neu geböschten und geschotterten Waldstraße wandern wir nach l. weiter am nordöstliche Gehänge des gr. Kalkberges. Abwechslung bieten die mannigfachen Blütenpflanzen beiderseits des Weges, darunter: Braunwurz (Scrofularia nodosa L.), Waldziest (Stachys silvatia L.), schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium L.). Nach 8½ Min. kommen wir an einer kleinen Quelle (l.) vorüber, einer Ursprungsader des Kaltbaches, der bei Weißkirchen in die Neiße mündet. Nach 7 Min. geht es allmählich bergab, wobei wir an einem alten Steinbruch (l.) im Grauwackenschiefer vorüberkommen und gleich darauf einen kurzen Ausblick r. ins Neißetal[19] erhaschen. Nach 7 Min. quert ein Bächlein die Straße, das unterhalb Weißkirchen in die Neiße mündet. Nach 6 Min. kommt l. der grün markierte Weg vom Gipfel des gr. Kalkberges herab. Nach 5 Min. macht die Straße eine weit ausgreifende Kehre und mündet dann nach 8 Min. unten auf die Kratzau-Deutschgabler Reichsstraße in Freudenhöhe, wo man l. den gr. Kalkberg, den Schwamm- und den Trögelsberg, sonst aber nichts sieht als Wald und wieder Wald. Freudenhöhe, ein zu dem 45 Min. entfernt im Neißetale unten gelegenen, alten Pfarrdorfe Weißkirchen (215 Häuser, mehrere Fabriken, Kaiser Josef-Denkmal, hieß ursprünglich Heinrichsdorf) gehöriger Weiler, liegt einsam und idyllisch 381 m hoch auf der breiten Einsattelung zwischen gr. Kalkberg und Trögelsberg und besteht aus gräflich Clam-Gallas'schem Forst-, Heger- und Gasthause, welch letzteres als Ausflugsort sowohl wie als Sommeraufenthalt viel aufgesucht wird. Vor dem Gasthause an der Straße, die schon in uralter Zeit den Verkehr aus dem Polzenlande ins Neißetal vermittelte, steht eine alte Esche; die Buchen hinter dem Gasthause bieten einen angenehmen Aufenthalt. Hinter dem Forsthause, das 1795 vom Grafen Christian Philipp Clam-Gallas angelegt wurde, führt in nördlicher Richtung schnurgerade ein breiter, schöner Weg durch Laubwald in wenigen Min. zu einer Linde auf freiem Platze, der sogenannten »schönen Aussicht« (417 m) mit weitem Ausblicke nach Nord und Ost.
Nord: Zu Füßen das Neißetal in weiter Ebene mit Kronau, Ketten, Grottau, Rosental und Rohnau; l. von Zittau Bertsdorf und Olbersdorf; l. hinter Zittau der Breiteberg, Oderwitz mit dem Spitzberge und der Kottmar (Turm) hintereinander; weiter draußen r. Rotstein und Landeskrone bei Görlitz; hinter Kronau Schloß Grafenstein, Ullersdorf, Friedersdorf (Kirche) und Dittelsdorf; r. von Grafenstein Kohlige, Wetzwalde, Reibersdorf und Königshain hinter einander. Ost: Die Kämme des Isergebirges mit der Tafelfichte (Turm) im Hintergrunde.
Entfernter (30 Min.) von Freudenhöhe liegt 576 m hoch mitten im Walde die Burgruine Roynungen oder Roymund, vom Volke »Rumschloß« geheißen. Im Frühjahr und Herbst, wenn die Bäume ohne Laub sind, ist sie auch vom Forsthause aus sichtbar. Im Gasthause erhält man einen Führer. Der Weg dahin führt über die Hirschwiese gegenüber dem Forsthause – Fundort von hollunderduftendem Knabenkraut (Orchis sambucina L.) – in den Wald und in diesem ziemlich steil aufwärts. Es ist bloß noch ein 2·5 m dicker, 15–20 m langer und 8–10 m hoher Mauerteil des ehemaligen Burggebäudes vorhanden, ferner der Rest eines runden Turmes und einer Brustwehr, und ein ursprünglich ovaler, gegen 3 m hoher Wallgraben. Auf und zwischen den den Burghof bedeckenden Gesteinstrümmern wuchern Farne, Moose, insbesondere auch Tollkirsche (Atropa belladonna L.). Von wenig mittelalterlichen Burgen kennt man so genau, wie von dieser, nicht nur den Namen des Erbauers – Johann v. Dohna –, sondern auch das Jahr, selbst den Tag der Gründung – 17. Okt. 1347 –; sie blieb auch Zeit ihres Bestandes im Besitze des Dohna'schen Geschlechtes, war bis 1429 bewohnt und erscheint 1584 urkundlich als »ödes« Schloß. Es wird angenommen, daß sein Besitzer Nikolaus von Dohna, als er im Jahre 1512 das[20] Gebirge von Straßenräubern reinigte, auch die Gebäude der jedenfalls schon lange nicht mehr bewohnten Burg schleifen ließ.
Wer in Freudenhöhe die Kammtour abbrechen will, erreicht nordöstlich die nächste Bahnstation Weißkirchen in ¾ Std.
Von Freudenhöhe weg wandert man auf der prächtigen Kaiserstraße wsw.; sie zieht sich zwischen hochstämmigem Wald, der jede Aussicht absperrt, an der nach N. abfallenden Lehne des Schwammberges fast eben dahin und ist überdies rechterseits mit einer Allee alter Eschen besäumt. Erst nach 14 Min. wird die Straße waldfrei; r. vorn erscheint der Trögelsberg, l. rückwärts an der Lehne des Schwammberges begrüßt uns als erster Vorposten des Sandsteingebirges das schroffe, von Kletterfexen hie und da aufgesuchte Gebilde des »Rabensteins«. In 1 Min. ist die einschichtig an der Straße r. gelegene als No. 168 zu dem wenige Min. entfernten Pfarrdorfe Pankraz gehörige Windschänke auf der 391 m hohen Satteleinsenkung zwischen Schwammberg (659 m) und Trögelsberg (537 m) erreicht, wo von r. her aus dem Neißetale eine Bezirksstraße über die weit zerstreute Ortschaft Niederberzdorf (117 H.) in 45 Min. einmündet. Das Gasthaus führt seine Bezeichnung »zur freien Aussicht« nicht mit Unrecht: ein fesselndes Panorama spannt sich zwischen den Gehängen des Schwammberges im SW. und des Trögelsberges im NO.
So ziemlich den Mittelpunkt bildet über Ringelshain (Kirche und Fabriksschlote) der Ortelsberg bei Zwickau, dem in gleicher Entfernung der Limberg bei Mergtal r. und der Tolzberg bei Brims l. zur Seite steht. Zwischen Ortelsberg und Limberg sind rückwärts die Rücken von Sonneberg und Blottendorf eingeschoben; knapp r. am Limberg zeigt sich die Spitze des Kleis über den Häusern von Schwarzpfütze im Vordergrunde, dann folgt vorn der Falkenberg bei Petersdorf vor den Bergen bei Falkenau, und den Abschluß auf dieser Seite bildet der Hochwald (Turm), hinter dem r. der Gipfel der Lausche hervorschaut. Andererseits, zwischen Ortelsberg und Tolzberg, erhebt sich der Laufberg bei Brims l. hinter Ringelshain. 2. an den Laufberg schließt sich jenseits der hochgelegenen Häuser von Kunewalde das Schwoikaer Gebirge vor dem Koselrücken. 2. vom Tolzberge hat man das Pfarrdorf Pankraz zu Füßen vor dem Kirchberge, der den Roll deckt, l. neben sich aber die Spitzen der beiden Bösige dem überraschten Beschauer frei läßt.
Das Gasthaus gehört zu dem vor uns am Fuße des Kammes liegenden, nur wenige Min. entfernten, alten Pfarrdorfe Pankraz, das im 14. Jahrh. »Dietrichsdorf« hieß, in der 1710 erbauten Kirche zwei wertvolle Bilder besitzt und 176 Häuser zählt, deren Bewohner vorwiegend Landwirtschaft betreiben. Pankraz ist Geburtsort des 1662 im Alter von 55 Jahren verst. gekrönten Dichters Christian Keimann. Von hier sind die Bahnstationen Ringelshain und Schönbach-Seifersdorf auf guten Straßen in je 40 Min. zu erreichen, wobei man die ganz nahe r. am Saume des Trögelsbergwaldes gelegenen »Elefantensteine« nicht übersehen möge, Sandsteingebilde von Elefanten ähnlicher Gestaltung, die nach ihrer Färbung auch die »weißen Steine« genannt werden.
Knapp hinter dem Gasthause zweigt der Kammweg r. von der Kaiserstraße ab und führt ziemlich steil in einer Art Hohlweg lehnan durch Nadelwald auf die Höhe des Trögelsberges (537 m). Dieser bildet den höchsten Punkt des westlichen Abfallrückens des Jeschkengebirges und ist sowohl wegen des in scharfem Kamm anstehenden und den darunter lagernden Grauwackenschiefer in steil aufgerichteten mächtigen Bänken überragenden Koryzaner Quadersandsteins, wie auch wegen der in den Sandsteinbrüchen daselbst vorfindlichen Versteinerungen (insbes. Pecten aequicostatus) eine für Geologen höchst interessante Örtlichkeit, so daß selbst Alexander v. Humboldt, wie es heißt, noch als Greis im J. 1851 hieher reiste. Auch Kaiser Josef II. berührte am 17. Sept. 1779 gelegentlich seiner strategischen Bereisung Nordböhmens diesen Berg. Er gewährt von den felsigen Punkten seines Kammes – der Gipfel selbst ist bewaldet – eine weite Rundsicht, die nur gegen den sö. vorgelagerten Jeschkengebirgszug unterbrochen, äußerst lohnend aber gegen W. ist.
Im N. erblickt man zu Füßen die Häuser von Niederberzdorf, dahinter Grottau und Zittau mit den umliegenden Ortschaften, rückwärts – besonders schön – die Landeskrone bei Görlitz; nö. den Gickelsberg, weiter r. das Isergebirge mit den Vogelkoppen und der Tafelfichte; ö. unten im Neißetale Weißkirchen und einen Teil von Kratzau; sö. jenseits des Pankrazer Sattels den massigen Kalkberg und den Langeberg; s. Ruine Dewin, r. davon die Hirschberge, Roll, Wartenberger Limberg, Kamnitzberg (Turm); Tolzberg im Südwesten, r. dahinter Leipaer Spitzberg (Turm) und Schwoikaer Gebirge; w. Ortelsberg und Mergtaler Limberg; nw. Hochwald und Lausche hinter dem Pfaffenstein.
Wohl Niemand versäumt es, ein oder das andere Gesteinsstück mit besonders schönen Muschelabdrücken aus dem zum Teil mauerartig aufstrebenden Gestein als Andenken abzulösen, bevor er über das bröcklige Gestein der Kuppe hinabsteigt auf den bequemen Weg, der in prächtigem Jungwald längs des Kammes weiterzieht. Nach wenigen Min. kreuzt ihn ein Fußsteig, der von Pankraz herauf nach Niederberzdorf führt, ungefähr an der Stelle, wo der Blick an einer mächtigen Felsenwand vorbei auf den Hochwald fällt, der mit seinem Turme die vorliegenden Baumwipfel überragt. Ein prächtiges Bild! – Hochstämmiger Nadelwald nimmt uns auf, die so eben erwähnte, vielfach zerklüftete Felsenwand, die sogenannten »Trögelsteine«, die im Spitzstein (507 m) gipfeln, lassen wir zu unserer Linken und wandern etwas abwärts, hie und da an einen Grünsteinbrocken stoßend, bis wir – 30 Min. nach Verlassen der Trögelsbergkuppe – am Waldsaume bei einem hohen Kreuze angelangt sind, im Angesichte der Häuser von Paß.
Auf dieses Kreuz mag sich die folgende Legende beziehen, die sich im Munde des Volkes erhalten hat und in Prof. Paudler's Kammwegbuche wiedererzählt wird. Als einst ein Grenzjäger dieses Christusbild erblickte, soll er ausgerufen[22] haben: »Was kann so ein blecherner Christus nützen!« Und bei diesen Worten schoß er nach dem Christusbilde und traf den Heiland in die Seite. Allein in demselben Augenblicke stürzte der Grenzjäger tot zur Erde, um nie wieder ein Frevelwort auszustoßen.
Wir überschreiten die von Wiesen und Feldern überdeckte, 450 m hohe Lichtung des Passerkammes, welcher als Scheidegrenze des Jeschkengebirges vom Sandsteingebirge gilt, dessen östlicher, 13 km langer Flügel vom Lauschepaß bis hieher reicht. Das vorherrschende Gestein dieses Gebirges, das wir nunmehr bis zum Endpunkte der Kammwanderung, zum Rosenberge, nicht mehr verlassen, ist der Sandstein, der in Tälern und Schluchten in weißgrauen Felsmassen überall anzutreffen ist, im übrigen aber überlagert wird von mächtigen Decken des Basalts und Klingsteins, die der Landschaft eine weitgehende Gliederung verleihen.
Bevor wir weiterschreiten, beachten wir nach l., bezw. s. den Ausblick auf den Limberg bei Wartenberg und dahinter auf den Roll und die Buchberge bei Hühnerwasser, etwas weiter l. auf Silberstein und Spitzberg bei Audishorn. Nach 3 Min. sind wir bei den ersten Häusern des Dorfes Paß, das in diese Lichtung eingebettet ist. Bei der Ortskapelle treffen wir auf die Dorfstraße, wenden uns nach r. und haben das ansehnliche, massiv gebaute Slany'sche Gasthaus vor uns, neben einer stattlichen, im J. 1832 gepflanzten Linde, die einigen zur Rast einladenden Tischen und Bänken Schatten spendet. Paß ist ein kleines Gebirgsdorf mit 24 Häusern, die sich in zwei Reihen hinziehen, und mag ziemlich alt sein. Wenigstens war der »Paß« als Saumweg und Straßenübergang einst so berühmt, daß der Ortschaft diese Bezeichnung bis heute als Auszeichnung verblieben ist. Wegen seiner hohen und schönen Lage wurde der Ort in alter und neuer Zeit von Fremden viel aufgesucht und auch von Feinden heimgesucht, namentlich im Franzosenkriege 1813 und im Preußenkriege 1866; auch 1778 hatten hier und bei Spittelgrund die Preußen Verschanzungen und Verhaue angelegt. Auch ist am 30. Juni 1766 der nachmalige Kaiser Josef II. auf seiner Reise von Zittau nach Reichenberg von Grottau aus herauf geritten. Über Paß führt heute eine Bezirksstraße einerseits nach Pankraz (45 Min.), andererseits über Spittelgrund (30 Min.), wohin Paß eingeschult ist, in 40 Min. nach Grottau (Bahnstation); auch von der Station Ketten (40 Min.) über Niederberzdorf (20 Min.) mündet eine Straße ein, während ein Fußweg über Schwarzpfütze zur Station Ringelshain führt (1 Std.). Reich ist die Chronik von Paß und Umgebung an Pascher- und Räubergeschichten, die zu der Zeit sich abspielten, bevor im vorigen Jahrh. (um 1830) die Grenzwache,[23] die jetzige Finanzwache, errichtet wurde. Heutzutage ist man im Paßer Gasthause gut und sicher aufgehoben.
Zwischen Gasthaus und Linde hindurch führt der Kammweg weiter. Die an einander gereihten Häuser von Paß bleiben r., und über sie hinaus schweift der Blick auf das granitische Neißetal bei Zittau und Grottau, auf den Gickelsberg dahinter und weiter aufs Iser- und Riesengebirge. Während wir uns um den 532 m hohen bewaldeten Hügel westlich des Dorfes herum nach l. wenden, kommen r. an der Tallehne des Spittelbaches einige Häuser des nahen Dorfes Spittelgrund (74 H.) zu Gesicht, woselbst der Dresdner Bildhauer Franz Schwarz, ein Neffe des aus Grafenstein stammenden Bischofs Franz Bernert, geboren ist. Bald darauf nimmt uns hochstämmiger Nadelwald auf; ein breiter Pürschweg führt darin mit wenig Windungen und fast eben in westlicher Richtung weiter zur Seite des Kaisergrundes, der sich zur Rechten, aber für uns unsichtbar, am Spittelbach gegen die Tobiaskiefer hinaufzieht und seinen Namen deshalb bekommen hat, weil ihn Kaiser Josef II. am 17. Sept. 1779 in der Richtung auf Lückendorf durchritt; über ihn hinweg ist an vereinzelten Stellen blitzartig ein Durchblick gegen den Hochwald hin zu erhaschen.
Dichter Wald umgibt auch die 15 Min. vom letzten Hause in Paß unmittelbar r. am Wege sich erhebenden Rabensteine, gewaltige, durch tiefe, enge Schluchten zerrissene, in parallelen Mauern aufgebaute, 472 m hohe Sandsteinfelsen, die man leicht verpassen kann, weil sie ebenso, wie die linker Hand, aber weiter abseits und versteckt gelegenen »Puppensteine« nur wenige Meter über die Baumwipfel hinausragen, immerhin aber wegen der Schönheit und Seltenheit der gigantischen Formen und wegen der Steilheit ihrer Abstürze sehenswert sind. Die höchsten dieser Felsen messen ungefähr 18–20 m und sind, eine gewisse Fertigkeit im Klettern vorausgesetzt, durch zwei Kamine besteiglich; die eine dieser Spitzen, die sogenannte »Fellerwand«, wurde zum erstenmale am 19. Juni 1894 von mehreren Reichenberger Touristen unter Führung eines bekannten Zittauer Bergsteigers erklettert. Einige der Felssäulen sind jedoch unschwer besteiglich und lassen ein malerisches Berg- und Waldland vom Hochwald bis zur Tafelfichte überblicken.
Nach 45 Min. angenehmer Waldwanderung von Paß aus trifft man auf eine Waldlichtung, die zur Linken einen Ausblick auf die Jeschkenkoppe und r. unter ihr auf den Silberstein und den Audishorner Spitzberg gestattet, und woselbst an einer Fichte zur Rechten ein Kruzifix angebracht ist, der sogenannte Bäckenherrgott, zur Erinnerung an einen Grottauer Bäckermeister,[24] welcher hier ermordet wurde, als er, mit Geld wohl versehen, nach Gabel zum Einkauf von Getreide ging.
Hier kreuzt nämlich den Kammweg ein Fußsteig, der l. von den Bahnstationen Lämberg-Markersdorf (über Jüdendorf) und Ringelshain (über Finkendorf) in je 1¼ Std. heraufkommt und r. in wenigen Min. in den schon erwähnten Kaisergrund hinabführt, um in diesem bachabwärts unter herrlichen Aufblicken zum Pfaffenstein mit seinen ruinenartigen Gipfelfelsen (l.) und zu den Rabensteinen (r.) Spittelgrund in 15 Min. zu erreichen.
Unser Kammweg führt einen berasten Steig aufwärts in 20 Min. auf einer kahlen, von plattenförmig abgesondertem Basalt gebildeten Hügel, den Gipfelpunkt des im Mittel 513 m hohen Schwarzenberges, wo sich mitten im Waldmeere ein ebenso unerwartetes wie fesselndes Landschaftsbild aufrollt, das man bequem auf natürlichem Steinsitze genießen kann. Die Aussicht beginnt am Gickelsberge im NO., erstreckt sich über drei Quadranten des Horizonts bis zur Lausche im NW. und ist nur gegen N. in die Zittauer Gegend durch zu hohen Waldbestand unterbrochen.
R. an den Gickelsberg schließen sich die Höhen des Isergebirges mit den Hemmerichbergen (in der Richtung der Tafelfichte), den Mittagsteinen, dem Taubenhaus, Sieghübel und Schwarzenberge im O., wo sich der breite Kamm des Trögelsberges und anschließend der Jeschkenrücken vom gr. Kalkberge bis zur Koppe in sö. Richtung vorschiebt. An dem diesseitigen Fuße lagern, durch den Kirchberg von einander geschieden, die Kirchdörfer Pankraz und Ringelshain, vor letzterem Finkendorf, und über beide hinaus, hinter einander, Silberstein, Audishorner Spitzberg und Dewin mit dem Hammerspitz. So ziemlich genau im S. liegt Schloß Lämberg, so greifbar und stattlich, wie gewiß von keiner andern Seite; l. und r. vor ihm füllen den Hintergrund der Roll (l.) und der gr. Petzberg im Kummergebirge (r.). Unmittelbar r. unter dem Schlosse glitzert der Spiegel des Markersdorfer Teiches, hinter welchem die Stadt Deutschgabel vor der dunklen Kuppe des Tolzberges sich breit macht. Die sw. Richtung ist durch den Kamnitzberg bei Reichstadt gekennzeichnet, hinter welchem l. der Maschwitzer Berg und noch weiter die Nedoweska in der Daubaer Schweiz sichtbar sind. R. auf den Kamnitzberg folgt der Laufberg bei Wellnitz, noch weiter der Ortelsberg bei Zwickau, und zwischen beiden hindurch decken sich die Schwoikaer Berge, der Leipaer Spitzberg (Turm) und der Koselrücken. Gegen W., gerade in der Richtung der Tobiaskiefer, der wir zusteuern, hat man ziemlich nahe den betürmten Hochwald vor sich, neben ihm r. die Lausche, l. den Mergtaler Limberg, vor ihm den Raubschloßberg. Zwischen Hochwald und Limberg schieben sich der Kaltenberg (Turm) und der Kleis, zwischen Limberg und Ortelsberg der Kottowitzer und der Langenauer Berg hinter dem Rodowitzer Hutberge ins Gesichtsfeld, während die betürmte Kuppe des Tannenberges zwischen Hochwald und Lausche zu suchen ist.
Auch pflanzlich ist der Hügel beachtenswert; kräftige Exemplare gelbblühender Arnika (Arnica montana L.) schmücken nebst den purpurroten Blüten der knolligen Platterbse (Lathyrus tuberosus L.) den Grasteppich, während die weißlila Trauben der Waldwicke (Vicia silvatica L.) das Gebüsch umspinnen.
Vom Schwarzenberge absteigend, an einem Grenzstein mit der Jahreszahl 1723 vorüber, trifft man nach 15 Min. auf eine Schneiße, die sich nach r. öffnet und den Pfaffenstein in herrlichem[25] Durchblicke zeigt, während man l. unmittelbar die Tobiaskiefer vor sich hat. So heißt eine uralte Kiefer mit einem Bilde des biblischen Tobias, das der Holzhändler Tobias Kunze, der Großvater der Wirtin in der Paßer Schänke, anbringen ließ, als er ums Jahr 1800 die dortige Waldstrecke zum Abtriebe erstanden hatte. Die Kiefer, bei welcher die Pascher viel verkehrten, ließ er zum Andenken stehen, worauf sie nach seinem Vornamen benannt wurde. Es ist dies aber auch ansonsten eine wichtige Stelle in dem weiten Waldgebiete. Hier verläuft bei 498 m Seehöhe die Wasserscheide zwischen Neiße und Polzen, bzw. zwischen Ost- und Nordsee, und die Zuflüsse – Weißwasserbach und Spittelbach neißewärts, Petersdorfer Bach polzenwärts – haben ihre Ursprungsadern nahe bei einander. Hier überschneiden sich auch mehrere Wege. Von N. her führt die alte Zittauer Straße, auf der uns später das Kammzeichen weiter geleiten wird, bei der Tobiaskiefer vorüber (gelbe Marken) in 45 Min. s. waldabwärts nach Finkendorf – ein von Touristen gern besuchtes, nach dem ehemaligen Ringelshainer Schulmeister Sebastian Finke, der sich 1683 daselbst zuerst ansiedelte, benanntes Wald- und Weberdorf mit 64 Häusern – und in 30 Min. weiter zur Bahnstation Ringelshain.
An dieser alten Straße, nahe sw. der Tobiaskiefer, erhebt sich der Raubschloßberg (535 m), dessen beholzter Gipfel ehedem die Burg Winterstein trug, deren Erbauung in jene Zeit fällt, als die Straße von Zittau nach Gabel noch nicht über den Lückendorfer Paß führte. Sie war schon 1369 eine »alte« Burg und wurde am 25. Juli 1441 von Johann von Wartenberg auf Blankenstein zugleich mit der benachbarten Burg Karlsfried an die Stadt Zittau verkauft, welche beide Burgen am 10. Aug. 1442 abtragen ließ, um an der Grenze alle in Fehdezeiten lästig werden könnenden Schlupfwinkel los zu sein; 1582 war die Burgstätte noch in ihrem Besitz. Ein Abstecher dahin lohnt sich jedoch nicht, da die Überreste (Spuren einer Burgwarte, eines Wallgrabens und Grundmauerwerk) zu unbedeutend und so gut wie unauffindbar sind.
W. von der Tobiaskiefer führt ein Waldweg in 30 Min. nach Petersdorf an der Zittau-Gabler Straße, der sich ö. durch den Kaisergrund fortsetzt und in ebenfalls 30 Min. nach Spittelgrund führt. Auf einem Umwege kommt man dahin auch über die Mordkiefer und den Pfaffenstein.
Letzterer Weg, nur in umgekehrter Richtung, empfiehlt sich auch als Variante für diejenigen, welche den Kammweg über den Schwarzenberg schon begangen haben. Man geht hinter Paß r. durch den Wald in den Kaisergrund hinab, dann l. in demselben aufw., dem kleinen, oft versiegenden Spittelbach, der bei Dönis in die Neiße mündet, entlang bis zu den Felsengruppen; bei einem Grenzsteine, 30 Min. von Paß, r. auf einem Fahrwege empor. R. wird bald darauf der Felsenkopf des Pfaffensteins sichtbar. Am Eingange zu den Pferdelöchern, auch Felsenstadt genannt, vorüber, zwischen großen Sandsteinblöcken hindurch im Bogen r. empor zum Hufeisenberge (510 m). Ein Sandsteinblock daselbst, der einem Kopfe mit Helm ähnelt, ist ein Hufeisen eingehauen, daher der Name des Berges; von hier aus empor erreicht man in 15 Min. den Kamm, wo man[26] auf den vom Spitzberge (l., 541 m, Basalt) herkommenden Weg stößt und auf demselben r. in 5 Min. den Pfaffenstein (569 m) erreicht. Dieser gipfelt in einer mächtigen, auffällig burgruinenartig gestalteten, vielfach zerklüfteten und ausgehöhlten Sandsteinfelsgruppe, die schon von weitem Aufmerksamkeit erregt. Ingenieur Lubisch in Lückendorf wollte im Herbst 1904 auf eigene Kosten mit Bewilligung der gräflich Clam-Gallas'schen Herrschaftsverwaltung eine Blockhütte im Ausmaße von 4 × 5 m errichten und eine eiserne Stiege auf der w., Lückendorfer Seite anbringen und den Gipfelfelsen selbst mit einem eisernen Schutzgeländer umgeben lassen. Der Ausblick von da ist besonders lieblich gegen N. und NO. ins reich besiedelte Neißetal. N.: Ganz nahe der Spitzberg, dahinter Zittau und weiter das Königsholz und Hirschfelde, r. davon hinter einander Grottau und Ullersdorf. Nö. ganz nahe Spittelgrund, dann hinter einander Ketten, Grafenstein (Schloß), Wetzwalde, der Gickelsberg und Hohenwald; l. hinter dem Gickelsberge die Kirche von Reichenau, r. von ihm Pfarrdorf Oberwittig. Im O. hinter einander Niederberzdorf, Weißkirchen, Kratzau und Voigtsbach, dann neben einander die Hemmerichberge, die Vogelkoppen, Taubenhaus, Schwarzeberg und Siechhübel im Isergebirge, überragt von der Tafelfichte im Hintergrunde. Sö.: Die abenteuerlichen Rabensteine ganz nahe, dann Dorf Paß vor dem Trögelsberg, weiter der Zug des Jeschkenrückens mit der Koppe; r. von Paß der Welsberg, zwischen beiden hindurch Pfarrdorf Pankraz am Fuße des Kirchberges. S. blickt man über walddüstere Gründe (Kaisergrund) und wildes Felsengewirr (Felsentheater) auf den Schwarzeberg im Vordergrunde, hinter welchem l. der Silberstein, Audishorner Spitzberg und Roll, r. der Tolzberg sich zeigen. Sw. vorn die Kuppen des Hufeisensteines, des Raubschloß- und Fuchsberges, im Hintergrunde der Ortelsberg. W.: Das hintere Weißbachtal mit seinen Felsgebilden und dem Straßberge, dahinter Hochwald (r.) und Falkenberg (l.), zwischendurch der spitze Kleis; l. vom Falkenberge der Mergtaler Limberg, zwischendurch der Grünberg bei Zwickau; r. hinter dem Hochwalde die Lausche, näher Brandhöhe und Töpfer bei Oybin mit dem Scharfenstein, dahinter der Jonsberg. Nw. hinter dem Töpfer sieht man nach einander den Breiteberg, den Oderwitzer Spitzberg und den Kottmar (Turm), im Vordergrunde (nahe dem Spitzberge) den Heide- und spitzen Mühlsteinberg.
Nun auf demselben Wege zurück zum Hufeisenberge. Einige Min. auf dem Fahrwege weiter aufwärts, hat man l. vom Wege einen eigenartigen und prächtig Einblick in das Felsentheater, ein eigenartig aufgebautes Gewirr von Berglehnen und Felsenmassen zu Füßen, die wie Versatzstücke und Kulissen eines Theaters neben und hinter einander gestellt erscheinen und eine herrliche Augenweide, wie von dem Schnürboden eines Theaters aus, bilden. Den Hintergrund bilden südöstlich der Langeberg und der Jeschken.
Der weitere Weg führt in 15 Min. zur Tobiaskiefer. Dabei kommen wir an der Mordkiefer im Katelloch (l.) vorüber. Letztere Benennung rührt daher, weil hier ein Mädchen aus Görsdorf bei Grottau von ihrem Geliebten, einem Spittelgrunder Grenzjäger, der sich dann selbst auch den Tod gab, ums Jahr 1830 erschossen aufgefunden wurde. Zur Erinnerung daran hatte ein k. k. Finanzwachaufseher in die Rinde der sogenannten Mordkiefer einen Todtenkopf mit der Mahnung »Memento mori« eingeschnitten.
Wir folgen nördlich dem Waldfahrwege, dem alten Verkehrswege zwischen Zittau und Gabel, und erreichen durch einen Hohlweg abwärts, bei der Höhenkote 476, nach 6 Min. die Landesgrenze, gerade an der Spitze des Dreiecks, das sie hier bildet. Hier ist ein Wegweiser an einem Baume.
R. kommt man in den herrlichen, von seltsam gestalteten Sandsteinfelsen (Uhusteine, Mönch, nackte Männer, Schiller und Goethe) besäumte Weißbachtal und entlang der Landesgrenze in 1 Std. nach Hartau, wo der Weißbach in die Neiße mündet; von da weiter in 45 Min. nach Zittau. In diesem Tale führte ursprünglich der uralte Saumweg von der Burg Lämberg her nach Zittau noch eine Strecke weit, bis zum »böhmischen Tor«, d. i. zwei zusammen geneigten Felsblöcken mit alten Wappen und Jahreszahlen.
Auch unser Kammweg, ein angenehmer Waldweg, folgt der Landesgrenze, aber l., bis diese nach 5 Min. l. abbiegt, wir aber – auf sächsischem Boden – geradeaus weiter in 10 Min. zum Lückendorfer Forsthause (einfache Gastwirtschaft mit Garten) gelangen. Knapp vor dem Forsthause, wo l. der Wald aufhört, haben wir einen plötzlichen Anblick des Hochwaldes, hinter dem l. die Spitze des Kleis herausschaut; l. vom Hochwalde kommt dann auch noch der Falkenberg zum Vorschein und hinter diesem r. der Mergtaler Limberg. Das Forsthaus gehört zu Lückendorf und liegt einschichtig, 482 m hoch auf der Hauptwasserscheide, an der geschichtlich bedeutsamen Verkehrsstraße, welche in je 1½ Std. nördlich über Eichgraben nach Zittau, südlich über die Landesgrenze durch Petersdorf nach Deutschgabel, bzw. zu den Bahnstationen in beiden Städten führt. Sie wurde im 14. Jahrh. auf König Johann's Befehl aus dem Weißbachtale herauf übers Gebirge, den damals noch völlig unwirtlichen »Gäbler«, verlegt und erhielt ihre heutige Gestalt 1848. Gerade gegenüber vom Forsthause an der Straße im Walde stand ehedem eine elende Hütte, das schon 1450 bestandene »Ausgespann« für die Fuhrleute, welche vom Eichgraben bis hieher Vorspann genommen hatten. Als im Jahre 1838 das Forsthaus gebaut wurde, mußte die »schwarze Bürste« weichen, worin ein früherer Kretschambesitzer aus Lückendorf seine Schankwirtschaft betrieben hatte. Dicht am Garten des Forsthauses stehen noch acht wallartige Verschanzungen, welche 1813 vom Landvolke erbaut werden mußten. Hier ist am 19. August 1813 Napoleon durchgezogen, hat im Petersdorfer Zollhause, wo Fürst Poniatowsky, der Kommandant der französischen Vortruppen, wohnte, auf einem Holzschemel, der heute noch dort gezeigt wird, gerastet und dann im damaligen Postgebäude zu Deutschgabel – der einzigen Stadt in Böhmen, die Napoleon betreten hat – sich aufgehalten. Am 23. Juni 1866 fand hier ein Vorpostengefecht zwischen österreichischen Hußaren und preußischen Uhlanen statt.
In nächster Nähe des Forsthauses, 25 Min. nordöstlich, ist der Straßberg (544 m) mit dem vom Zittauer Verein »Globus« errichteten Aussichtsbalkon »Fuchskanzel« mit prächtiger Um- und Fernsicht über den Zittauer Kessel bis zum Kottmar, dem Löbauer Berge und der Landeskrone. Etwa 15 Min. vom Forsthause entfernt liegt nördlich an der Straße nach Zittau auf felsiger Kante die Ruine Karlsfried, wenige Mauerreste, darunter die des Bergfrieds und[28] eines Torturmes einer im Jahre 1337 auf Befehl Karl IV. zum Schutze der Straße erbauten Zoll- und Geleitsburg, die in den Hussitenwirren eine Rolle spielte – in ihrer Nähe fand am 25. Januar 1424 ein für die Zittauer unglücklicher Kampf statt – und 1442 von den Städten Zittau und Görlitz, die sie das Jahr zuvor von Johann v. Wartenberg auf Blankenstein gekauft hatten, zum Abbruch bestimmt wurde, der jedoch nur ganz allmählich erfolgt sein kann, da die Ruine 1720 noch drei Stock hoch war. Aus der Turmruine hat man einen romantischen Blick östlich hinab in das Weisbachtal mit seinen seltsamen Felsgruppen.
Die Gabler Straße beim Forsthause kreuzend, setzen wir unsern Weg in gerader Richtung auf schöner Waldstraße fort, an der überdies Eschen, weiterhin Ahorn als Alleebäume gepflanzt sind. Nach 10 Min., währenddem wir eine Drehung nach l. machen, ist der Wald zu Ende; Lückendorf mit der Brandhöhe liegt vor uns, dahinter der Hochwald, neben dem dann l. der Mergtaler Limberg und der Kegel des Falkenberges zum Vorschein kommen. Nach 9 Min. mündet r. von Eichgraben her zwischen dem Heideberge (544 m) und Zigeunerberge (507 m) hindurch, die uns r. bleiben, ein Touristen-Weg, kurz bevor unsere Straße eine scharfe Knickung nach l. macht, wobei wir geradeaus die Spitze des Rollberges, und links den Jeschkenrücken mit der Koppe zu Gesicht bekommen. Nach 5 Min weist r. eine Wegtafel nach Oybin.
Diesen Abweg können diejenigen einschlagen, welche den Kammweg über die »Fürstenhöhe« schon kennen. Man trifft nach 15 Min. auf den Kreuzweg, welcher r. vom Töpfer durch die kleine Felsengasse herabkommt und den man jetzt l. verfolgt. Gleich hinter der Kreuzung kann man (8 Min. hin und zurück) den Scharfenstein, das sogenannte »Lausitzer Matterhorn« besteigen, eine frei und steil aufragende Sandsteingruppe, die mittelst Treppen und Stufen vom Zittauer Verein »Globus« zugänglich gemacht worden ist. Oben ist eine Schutzhütte. Der Ausblick ist vielseitig: westlich das bergumschlossene Oybintal zu Füßen, dahinter die Lausche; südwestlich Hochwald, r. hinter ihm der Kleis; südöstlich das Jeschkengebirge. Der Touristenweg führt von der Kreuzung ansteigend zur Edmundshütte (idyllisches Blockhaus, 1897 vom Oybiner Verschönerungsverein errichtet) und zur Aussichtsbank am Margaretensteig, fällt dann und tritt in die große Felsengasse mit wild zerklüfteten Felswänden. R. Abstecher (einige Stufen hinauf) zur Mönchskanzel auf jäh abstürzender Felswand (Ruhebank) mit malerischem Ausblicke ins Oybintal. Nach 4 Min. ist man über Stufen hinab am Ende der Felsengasse; r. ist der Muschelsaal, ein grottenartiger Felsüberhang mit Ruhebank und muschelartigen Auswaschungen in dem eisenhältigen Sandstein. Nach 3 Min. trifft man auf den »Fürstensteig«, der l. von Lückendorf heraufkommt, und ist wieder auf dem Kammwege.
Gleich darauf haben wir die ersten Häuser von Lückendorf knapp unter der Brandhöhe (504 m) erreicht; als Zierden tragen dieselben bemalte Scheiben aus Holz, auf die wohl von den Besitzern der Königschuß getan worden sein mag. Die Straße steigt hier etwas an, l. vom Roll treten die Hirschberge heraus, zu unserer L. der Pfaffenstein mit dem Spitzberge. Nach 3 Min. kommen wir an einer Markentafel (r.) vorüber, auf welcher die Entfernungen auf die Fürstenhöhe, Hochwald, Forsthaus Nr. VI[29] und Hain mit 13, bzw. 65, 50 und 30 Min. angegeben sind. Nach weiteren 3 Min. sind wir beim Kurhaus Lückendorf angelangt, das an der schönsten und aussichtsreichsten Stelle des Dorfes, am Fuße des mit Nadelwald bedeckten Brandberges gelegen ist. Dasselbe enthält nebst Gastwirtschaft 20 Fremdenzimmer zum wöchentlichen Preise von 5 bis 7 Mark für ein Bett. Wundervoll ist der Blick von seiner Terrasse auf den Pfaffenstein, auf Jeschken, Roll, Tolz- und Falkenberg, während von den Turmzimmern aus sogar die Kuppen des Iser- und Riesengebirges herüber grüßen.
Pfarrdorf Lückendorf, das mit dem größten Teile seiner zwischen Wiesen und Obstgärten verstreuten Häuser seitab l. bleibt, ist das südlichste Dorf der Lausitz und liegt an einem Zuflusse des in die Polzen mündenden Jungfernbaches auf der Hauptwasserscheide zwischen Ost- und Nordsee von 373 bis gegen 500 m Seehöhe; seine 500 Bewohner betreiben Landwirtschaft, Handweberei und Holzdrechslerei. Vermöge seiner staub- und rauchfreien, geschützten, waldreichen Lage ist es seit einigen Jahrzehnten als Sommerfrische in Aufnahme gekommen, insbesondere aber seit der Eröffnung des stattlichen Kurhauses im Jahre 1898.
Gute Verpflegung und Aufenthalt findet man u. a. auch im Bergrestaurant und im Kretscham; außerdem steht eine große Zahl von Logierhäusern zur Verfügung. Der Ort ist uralt und mag in der Zeit der deutschen Kolonisation von einem Lucko gegründet und benannt worden sein. Im Jahre 1404 wird er zum erstenmale urkundlich genannt, als er in Besitz der Stadt Zittau kam, in welchem er bis heute, mit einer nur ganz kurzen Unterbrechung, geblieben ist. Im Jahre 1690 wurde die Kirche gebaut, wozu das Steinwerk von der Ruine Karlsfried benützt wurde. Hier wirkt Pastor Sauppe, der unermüdliche Aufheller der Geschichte von Oybin und Lückendorf.
Unmittelbar vor dem Kurhause weist uns das Kammzeichen r., teilweise über Stufen, in den Nadelwald auf die Südlehne des Brandberges hinauf, wo der Sandstein, aus dem der Berg besteht, in charakteristischen Wollsackformen zu Tage liegt. Schon nach 2 Min. wird der Weg eben und wendet sich nach l.; starre Binsen (Juncus squarrosus L.) und Adlerfarn (Pteris aquilina L.) besäumen ihn; nur eine kurze Strecke ist l. ein Ausblick frei, sonst führt er im Walde, den Hochwaldturm im Durchblicke, weiter, bis er nach 5 Min., wo l. unten die letzte Villa von Lückendorf steht, an der Fürstenhöhe endet. Kaiser Josef II. besuchte am 17. September 1779 gelegentlich seiner Bereisung Nordböhmens[30] diesen Punkt, wo die Kaiserlichen in den schlesischen Kriegen Verhaue angelegt hatten, und ergötzte sich an dem wundervollen Blicke in das mit landschaftlichen Reizen so reich gesegnete Böhmen; er kam damals von Spittelgrund her übers Ausgespann und nahm vorher vor dem Pfarrhause eine kleine Erfrischung ein; das »Kaiserbörnel« hält das Andenken an diesen Besuch fest. Auch andere fürstliche Personen haben diesen Platz besucht und so den Anlaß zu seiner Benennung gegeben; u. a. war Friedrich August II., König von Sachsen, am 13. August 1850 hier, 1888 der jetzige König Friedrich August III. und 1890 König Georg von Sachsen. Dieser Punkt bietet in der Tat ein Aussichtsbild von seltener Schönheit, was Reichhaltigkeit und Feinheit der Gruppierung anbelangt, wie kein anderer unter allen den zahlreichen Spaziergängen am Brandberge.
Der ganze Höhenkranz vom Mergtaler Limberge im Südwesten bis zu den Felsenzinnen des Pfaffensteins im Osten breitet sich vor dem bewundernden Auge aus, und wird durch den Falkenberg, die Stadt Deutschgabel, den Tolzberg und Roll, die hinter einander in einer Linie gerade nach Süden liegen, wirkungsvoll in zwei Gruppen gegliedert. In dem Bilde r. vom Roll zeigt sich der doppelgipflige Bösig, das Kummergebirge mit dem Petzberge und dem an seinem Schopfe kenntlichen Eichberge, zwischen beiden hinten der weiß leuchtende Würfel des Schlosses Hauska auf waldiger Höhe, weiter r. näher der Kamnitzberg bei Reichstadt und der Laufberg nahe am Limberge; zwischen Kamnitz- und Laufberg schieben sich die Mikenhaner Steine, dahinter die Ruine Altperstein und der Maschwitzer Berg vor der Nedoweska im Daubaer Gebirge. In dem Bilde l. vom Roll erscheint fast in der Mitte die Spitze des gr. Hirschberges bei Wartenberg, in der Richtung der Ortschaften Petersdorf, Hirndorf und Markersdorf zu Füßen, l. davon der Dewin mit dem Hammerspitz, vor diesem der Audishorner Spitzberg, der Silberstein und, am nächsten, Schloß Lämberg. L. davon blickt man über Lückendorf und den Schwarzenberg längs des Jeschkenzuges vom Trögelsberge bis zur Koppe südöstlich auf den Musky bei Münchengrätz und die zweizinkige Ruine Trosky bei Turnau. Im Osten heben sich über dem Görsdorfer Spitzberge und dem Pfaffensteine die Höhen des Isergebirges (Vogelkoppen, Taubenhaus, Siechhübel, Schwarzeberg) heraus, hinter welchem nach r. hin bis zum Langeberge im Jeschkengebirge die Häupter des Riesengebirges (hohes Rad) in die neblige Ferne tauchen.
Nun r. ab den grasigen, vom Erbauer des Kurhauses als nächste Verbindung mit Bahnhof Oybin (30 Min.) angelegten Fürstensteig, an »Adolfs Ruheplatz« (r.) vorüber, in 4 Min. empor auf den bewaldeten Grat, wo von rechts her der vielbegangene Touristenweg (blauer Balken auf weißem Grunde) durch die romantische Felsengasse vom Töpfer, bzw. von Oybin, einmündet (Ruhebank). Nun l. durch den Wald auf die von Lückendorf nach Oybin führende Kammstraße hinab (4 Min.), die wir beim Kurhaus verlassen. Auf dieser r. (2 Min.) zu einer wichtigen Wegkreuzung auf weiter Blöße beim sog. Kammloche unmittelbar an der Landesgrenze und auf der Hauptwasserscheide (564 m)[31] mit prächtigem Rückblicke auf das Jeschkengebirge zwischen Pfaffenstein (l.) und Falkenberg. Wegtafeln belehren über die einzuschlagenden Richtungen. Auch ein Werkelmann hat daselbst seinen Stand.
Nördlich führt die Straße in 25 Min., am Kelchstein – 13–15 m hoher, verkehrt kegelförmiger Sandsteinblock aus rötlichem Sandstein – vorüber (l.) zur Station Oybin; südlich schließt sich an den Kammweg der sog. »Ringweg« (blauer Ring auf weißem Grunde) an, der zunächst in 22 Min. über die Landesgrenze zum Forsthaus Nr. VI (einem einfachen als Nr. 260 zu Hermsdorf gehörigen, einschichtigen Gasthause in idyllischer Waldlage auf dem 455 m hohen Sattel zwischen Hochwald und Falkenberg mit hübscher Aussicht auf Tolz, Roll und die Bösige, 1½ Std. von der Station Deutschgabel) und von da um den Südfuß des Hochwaldes unter prächtigen Ausblicken in 40 Min. nach Hain führt; westlich setzt sich der mit blauem Balken markierte Weg, welcher von der Fürstenhöhe bis hieher mit unserem vereinigt war, in 20 Min. bis zum Forsthaus Hain fort, unter geradezu entzückenden Ausblicken aufs Oybintal und Zittau.
Wir wandern geradeaus weiter auf der Straße aufwärts, wobei wir dieselben Rückblicke haben wie vorhin, und treffen nach 4 Min. wieder auf eine Wegteilung: geradeaus nach Hain und auf den Johannisstein, r. nach Oybin, l. auf den Hochwald. Letzterer ist der unsere. Am Waldsaume (r.) empor, durch den anfangs Durchblicke ins Oybintal möglich sind, dann l. anfangs mäßig ansteigend, dann ziemlich steil durch schönen Buchenwald, wo Zahnwurz (Dentaria enneaphylla L.), Sanikel (Sanicula europaea L.), Rapunzel (Phyteuma spicatum L.) und rundblättriges Labkraut (Galium rotundifolium L.) besonders üppig gedeihen, kommen wir der Landesgrenze entlang bald r. bald l. biegend, in 40 Min. auf den südlichen Gipfel des Hochwaldes, den man beim Gasthause über Stufen betritt. Auf halbem Wege dahin kommen wir an einer Ruhebank beim hydraulischen Widder vorüber, der das Wasser aus dem Johannesborne daselbst auf den Hochwald treibt, und etwas höher bei einem Wirtschaftsstreifen mit hübschem Durchblicke auf Schloß Lämberg.
Der Hochwald, im Volksmunde seiner Gestalt nach »Heufuder« genannt, ist ein langgestreckter Klingsteinrücken, der von West nach Ost auf der Grenzscheide zwischen Böhmen und Sachsen als höchster Punkt im östlichen Flügel des Sandsteingebirges hinzieht, südlich steil abfällt und mehrere Kuppen bildet, von denen die höchste (748 m) vom Jahre 1879 bis zum Jahre 1892 einen, vom Zittauer Vereine »Globus« beschafften, 10 m hohen hölzernen Aussichtsturm, den Karolathurm – der sächsischen Königin zu Ehren benannt – trug, dessen Strebepfeiler auf böhmischem Grunde standen. Statt seiner wurde auf der sächsischerseits gelegenen Nord- oder Oybinkuppe (744 m) von demselben Vereine mit dem[32] Kostenaufwande von 13000 Mk. ein 25 m hoher Steinturm errichtet, der am 14. September 1892 die Weihe erhielt. Die 1853 vom »Vater Marx« erbaute, in ihrem heutigen Zustande seit dem Brande im Jahre 1877 bestehende »alte« Gastwirtschaft auf böhmischem und die 1889 eröffnete »neue« Gastwirtschaft auf sächsischem Grunde – beide unter einem Betrieb, mit Nachtherberge zu Mk. 1–1·50 und kais. deutscher und kais. österr. Postablage – stehen neben einander, nur durch die Landesgrenze geschieden, auf der südlichen Kuppe neben der aussichtsreichen Gipfelterrasse und sind mit dem Turme durch einen breiten Weg in Verbindung. In der böhmischen Wirtschaft, die als Nr. 251 zu dem 45 Min. südlich entfernten, 266 Häuser zählenden Bauerndorfe Hermsdorf gehört, erhält man nur Wein und Kaffee, in der sächsischen Bier und warme Speisen. Die Besitze der Herrschaften Deutschgabel, Reichstadt und Zittau stoßen hier, beim sog. »Clam'schen Stein« zusammen. Der Berg muß schon im vorvorigen Jahrhundert seiner Aussicht halber besucht worden sein, da ein Zittauer Ratsherr 1787 eine Treppe von 84 Stufen, die zum Teil heute noch in Benützung stehen, zur leichteren Besteigung des Gipfels anlegen ließ, der damals und noch 1830 ein Kreuz trug und »Kreuzstein«, angeblich auch »Ilmenstein« hieß. Seither haben Sachsens Könige und manch andere fürstliche Persönlichkeiten den Berg besucht; als erster im Jahre 1821 der nachmalige Kaiser Ferdinand I. von Österreich. In der Verkaufsbude neben den Gastwirtschaften bilden die auf dem Berge vorkommenden »Veilchensteine«, d. i. Klingstein, der mit einer nach Veilchen duftenden Alge (Chroolepus Jolithus Ag.) überzogen ist, eine Spezialität. Von sonstigen naturgeschichtlichen Seltenheiten wären außer nordischen, eiszeitlichen Geschieben auf den Hängen des Berges noch zu erwähnen: Mittleres und Alpen-Hexenkraut (Circaea intermedia Ehrh. und alpina L.), herzblättrige Zweiblattorche (Listera cordata R. Br.), Basalt-Nordfarn (Woodsia ilvensis R. Br.), sprossender und Tannenbärlapp (Lycopodium selago L. und annotinum L.), eine Schließmundschnecke (Clausilia filograna), die seltene grüne Eidechse (Lacerta viridis Dand.); früher soll auch die grüne Nießwurz oder Schneerose (Helleborus viridis L.) daselbst gefunden worden sein. Nach den Sagen der Walen sollen sich im Boden des Hochwaldes kostbare Edelsteine befinden, und noch jetzt soll ein Bergmännlein hier hausen, das dem, welchem es wohl will, Gold und Silber und Edelgestein, insbesondere aber wohltätige Heilkräuter zeigt.
Die Aussicht von der felsigen Plattform zwischen den beiden Gasthäusern, sowie aus den Gasthausfenstern selbst – hier auch[33] durch färbige Scheiben – gegen Süden ist ungemein anziehend und hat den touristischen Ruf des Hochwalds begründet. Um einen Ausblick gegen Norden ins Oybintal und gegen Zittau zu gewinnen, muß man den Turm (128 Stufen) besteigen; die Eintrittskarten hiezu (zu 10 Pfg.) löst man im Turmwächterhause daneben, wo man auch das Aussichtspanorama (10 Pf.) und Erfrischungen erhält, und wo überdieß ein Relief des Zittauer Gebirges, sowie die seit 20. April 1893 eröffnete kais. deutsche Fernsprechstelle sich befindet. Neben Haus und Turm ist auch noch ein Gärtchen mit Alpenflora. Die hervorragendsten Punkte des Panorama's sind auf der Zinnengallerie des Turmes anzeichnet.
Ost: Der Pfaffenstein jenseits Lückendorf, Kratzau und Weißkirchen dahinter, weiter die Hemmerichberge und darüber das Isergebirge mit der Tafelfichte, den Vogelkoppen, Taubenhaus und Siechhübel, im Hintergrunde das Riesengebirge mit Reifträger, hohem Rad mit der auffälligen Schneegrubenbaude, Kesselkoppe, Brunn- und Schwarzeberg; l. hinter dem Pfaffenstein Schloß Grafenstein vor dem Gickelsberge. Südost: Der Jeschkenrücken mit der Koppe im Mittelpunkte, davor die Kirchdörfer Pankraz und Ringelshain, noch näher Petersdorf; r. hinter der Jeschkenkoppe der Kosakow, daneben die zweizinkige Ruine Trosky und der Musky bei Münchengrätz, vor diesem der Silberstein, Audishorner Spitzberg und Dewin neben einander, im Vordergrunde der Falkenberg, dazwischen Schloß Lämberg. R. hinter dem Falkenberge Stadt Deutschgabel, weiter Schloß Wartenberg vor den beiden Hirschbergen. Süd: Der Tolzberg zwischen Roll (l.) und den beiden Bösigen; r. davon der Wratner Berg (Turm) und die Hauskaer Berge hinter dem Kummergebirge, zu Füßen die beiden Gastwirtschaften des Berges; r. hinter ihnen der Mergtaler Limberg, l. dahinter der Kamnitzberg vor den Mikenhaner Steinen, im Hintergrunde Ruine Altperstein neben dem Maschwitzer Berge; r. hinter dem Limberge Pfarrdorf Lindenau und im Hintergrunde der Georgsberg bei Raudnitz. Südwest: Grünerberg, l. dahinter Ortelsberg vor dem Wilschberge, zwischen beiden das Schwoikaer Gebirge, r. von diesem der Leipaer Spitzberg (Turm) und hinter diesem der spitze Ron. R. hinter dem Grünerberge der Rodowitzer Hutberg, darüber der Koselrücken, im Hintergrunde der Geltsch bei Auscha. R. vom Rodowitzer Hutberge im Vordergrunde Pfarrdorf Großmergtal, dann die Stadt Haida vor dem Kottowitzer Berge, dahinter die Rabensteiner Höhe mit dem Hutberge (Turm), noch weiter der Zinkensteinrücken und darüber der Milleschauer; r. vor diesem folgt der Kleis hinter dem Glasertberge. West: Zu Füßen Kirchdorf Krombach, dahinter die Berge bei Falkenau, l. hinter diesen der Kamnitzer Schloßberg, r. das Kreibitzer Gebirge mit dem Kaltenberg (Turm), im Hintergrunde der hohe Schneeberg (Turm) mit Teilen des Erzgebirges und Höhen der sächsischen Schweiz; r. von Krombach Schanzendorf, dahinter der Plissenberg vor Oberlichtenwalde, neben welchem die Lausche mächtig aufsteigt; l. dahinter die Finkenkoppe, r. der Ziegenrücken und an diesem r. vorüber die Wolfsbergspitze (Turm). Nordwest: Dorf Hain zu Füßen mit dem Johannisstein, dahinter die Rabensteine, die Nonnenklunzen und die Jonsdorfer Mühlsteinbrüche, weiter Warnsdorf mit der Burgsbergwarte, Seifhennersdorf und Rumburg, noch weiter der Botzen und hinter diesem der Valtenberg (Turm), r. von Hain der Jonsberg neben Jonsdorf, dahinter Großschönau, dann der Warnsdorfer Spitzberg, im Hintergrunde Bilebog und Czornebog, beide mit Türmen; r. hinter dem Jonsberge der Breiteberg vor Spitzkunnersdorf, dann der Oderwitzer Spitzberg zwischen dem Kottmar (Turm) hinter Eibau und dem Löbauer Berge (Turm). Nord: Der Oybiner Talkessel mit dem Ameisenberge,[34] l. dahinter das Königsholz und Rotstein, r. die Jauerniker Berge und die Landeskrone hinter Zittau. Nordost: Töpfer und Scharfenstein, dahinter die Kirchdörfer Friedersdorf und Reichenau.
Wer die Kammtour hier abbrechen will und einer Bahnstation zustrebt, hat unter folgenden Abstiegen die Wahl: Zur Station Oybin, der nächsten Bahnstation, in 50 Min. den direkten steinigen Serpentinenweg hinab oder über Hain in 1¼ Std.; zur Station Deutschgabel, über Forsthaus Nr. VI, in 2¼ Std.; zur Station Zwickau über Krombach und Mergtal in 2½ Std.
Unser Abstieg geschieht auf dem ersten Wege r. bei den Bergwirtschaften; nach 20 Min. sind wir am Rande des Bergwaldes unten angelangt. Vor uns haben wir jenseits einer Wiese die obersten abseitigen Häuser von Krombach, dahinter den Plissenberg, über welchen die Lausche herüberblickt; l. davon den Kleis, dazwischen den Dürre- und Mühlsteinberg bei Hoffnung. Bei Grenzstein 152 (vom Jahre 1649) treffen wir nach 1 Min. auf die Straße, welche die beiden Grenzdörfer Krombach und Hain mit einander verbindet, und in die l. Hand der oben (S. 31) erwähnte Ringweg vom Forsthaus Nr. VI her über den aussichtsreichen Rücken des Schafberges (562 m) einmündet.
Pfarrdorf Krombach, das, hinter einem Wäldchen versteckt, 4 Min. l. liegen bleibt, ist eine uralte deutsche Besiedlung; schon 1391 wird es urkundlich genannt. Es zieht sich mit seinen 180 Häusern längs eines unterm Sattel entspringenden Bächleins – eines Zuflusses des in die Polzen mündenden Zwittebaches – zwischen Plissenberg und Gulichberg abwärts, hat eine 1874 erbaute Kirche, eine schöne Volksschule und ein zur kaiserlichen Herrschaft Reichstadt gehöriges Herrenhaus mit Bräuhaus, wo ehedem ein weit berühmtes Bier gebraut wurde. Hier bestand im 17. Jahrh. eine Glashütte der Schürer v. Waldheim, von der heute noch Reste vorhanden sind. Eine Berühmtheit Krombach's ist die im Garten des Knobloch'schen Hauses Nr. 19 im Oberdorfe stehende, vollkommen gesunde, etwa 10 m hohe Riesen-Eibe mit einem Umfange von 3·60 m in Manneshöhe; ihr Alter wird von Einigen auf 940, von Andern sogar auf 1800 Jahre geschätzt, weil die Eibe überaus langsam wächst. Jedesfalls ist sie älter als das Dorf. Übrigens gibt es im Ortsgebiete noch zwei jüngere Eiben von 7–8 m Höhe, und es ist möglich, daß es sich hiebei um den Rest eines älteren Eibenbestandes zwischen Krombach und Spittelgrund handelt. Im bairischen Erbfolgekriege, insbesondere aber am 22. Sept. 1778, beim Einmarsche der feindlichen Truppen, litt der Ort sehr.
Uns r. wendend, haben wir nach 150 Schritten den Hain-Sattel, die Sattelhöhe zwischen Hochwald und Johannisstein auf der Hauptwasserscheide (578 m) zwischen Ost- und Nordsee erreicht, über die auch die Landesgrenze zwischen Böhmen und Sachsen streicht und Krombach von Hain scheidet; die beiden obersten Häuser beider Orte stehen zu beiden Seiten der Straße; r. das zu Hain gehörige Gasthaus »Kaiser Wilhelmshöhe« und l. das zu Krombach[35] (als Nr. 182) gehörige im Jahre 1903 erst erbaute Gasthaus »zur Kaiser Franz Josefs-Höhe«. Gerade auf letzteres zu führt der Kammweg; hier haben wir vor uns den Töpfer, rückwärts den Kleis, r. den Hochwald, l. den Johannisstein.
Zu Krombach, als Nr. 175, gehört auch die ebenfalls einschichtige Gastwirtschaft am Johannisstein l. Hand; sie enthält Tanzsaal und Fremdenzimmer (Nachtlager für 10 Personen zu K 1.80) und wurde 1880 auf einem Grundstücke des ehemaligen »Dreilinden-Gutes« errichtet. Ein Abstecher dahin von unserm Standpunkte beim Gasthause »zur Kaiser Franz Josefs-Höhe« erfordert nur 5 Min. auf einem langsam ansteigenden Bauernwege. Der Johannisstein ist ein kahler, freistehender Klingsteinfelsen von 596 m Seehöhe, dessen Gestein in fast wagrecht liegende Säulen abgesondert ist, die sich nach oben zu verkürzen und eine natürliche Treppe darstellen. Der Berg wird von der Landesgrenze geschnitten und soll den Namen von einem Stollen haben, der bei Gelegenheit von Bergbauversuchen 1538 und 1559 hier angelegt wurde, nach Anderen von einer Statue Johannis des Täufers, um die man beim Abbrennen der Johannisfeuer tanzte. An seinen Lehnen wächst Feld-Enzian (Gentiana campestris L.). Beim Baue der Gastwirtschaft fand man Pfeilspitzen, verschiedene Münzen, eine Hellebarde aus dem 14. Jahrh., eine Reiterpistole, eine französische Medaille u. dgl. als Erinnerungszeichen an die mannigfachen Kriegsereignisse, die sich in dieser Gegend abspielten. Der Erbauer der Gastwirtschaft hat 1881 den Felsen durch eine bequeme, mehr als 40 Stufen zählende Treppe zugänglich gemacht und oben eine steinerne, turmartige Aussichtswarte angelegt. Die Aussicht von da, zu deren Genusse man sich eines Automat-Fernrohres gegen eine Gebühr von 10 Pf. bedienen kann, ist entzückend und besonders weitreichend gegen Böhmen, wo Berg an Berg sich reiht; im Herbste 1853 erfreute sich Kaiser Ferdinand I. von Österreich daran, als er von Reichstadt aus sein Herrschaftshaus in Krombach besuchte. Im Nordosten blickt man über Hain auf Berg und Tal Oybin, dahinter ein Teil von Zittau mit dem Viadukt der Reichenberger Bahn, r. vom Oybin den Töpfer, l. den Pferdeberg, l. von diesem (im Norden) den Jonsberg, dahinter das Jonsdorfer Tal, Großschönau, den Gebirgszug zwischen Bautzen und Löbau, am Horizonte die Landeskrone; im Westen den Plissenberg mit dem Rabensteine, dahinter die Lausche und den gr. Winterberg; südwestlich übers Krombacher Tal aufs Schwoikaer Gebirge und den Kleis, südlich Hochwald und Jeschkenkoppe, östlich das Iser-, dahinter das Riesengebirge.
Das in alten Zeiten noch nicht bestandene, nördlich von Krombach jenseits Landesgrenze, am Ursprunge eines in die Mandau sich ergießenden Baches zu beiden Seiten der nach Oybin hinabführenden Steilstraße, die dem Winter-Sporte der Hörnerschlittenfahrten (die Person 30 Pf.) dient, gelegene Dörfchen Hain zählt einige 30 Häuser mit zum Teil wunderlich-altertümlichen Holz-Essen und hat sich dank seiner Gebirgs- und Höhenlage – es ist die höchst gelegene (550–578 m) Ortschaft der Oberlausitz – zu einer beliebten Sommerfrische entwickelt. Außer der erwähnten Gastwirtschaft »Kaiser Wilhelmshöhe« bietet das »Forsthaus Hain« im Mitteldorfe vorzügliche Verpflegung. Westlich bei Hain liegt auf einer freihinaushängenden, mit einem Geländer umgebenen Felsplatte der herrliche Aussichtspunkt »Ludwigshöhe«, wo man das ganze liebliche Oybintal vor sich hat mit dem Jeschken rückwärts.
Durch schönen Wald gelangt man auf der Steilstraße über Hain in 20 Min. zu den ersten Häusern des Kirchdorfes Oybin, in 40 Min. zur Bahnstation. Der Ort zählt 800 Einwohner, eine bedeutende Anzahl schöner Villen, eine Studentenherberge, und zieht sich nahezu eine Stunde lang in einem Tale hin, das von einem Kranze felsiger Waldberge (Töpfer, Scharfenstein, Ameisenberg, Pferdeberg, Berg Oybin) umschlossen und seit 1873 ein stark besuchter Bade- und klimatischer Kurort für Nervenleidende und Blutarme[36] geworden ist. Der weitgespannte Waldsaum und die niedrigeren Berghänge bieten eine Fülle der angenehmsten Spaziergänge, die umliegenden, vortrefflich zugänglich gemachten Fels- und Berggipfel die herrlichsten Aussichten, deren Erschließung ein Verdienst des dortigen Gebirgsvereines ist. Die Perle des Oybintales aber ist der vielbesuchte Berg Oybin, ein mitten aus dem Tale 116 m hoch in Gestalt einer riesigen Felsglocke, in mehreren Terrassen aufsteigender, von Runsen durchfurchter Sandsteinberg. Seine Oberfläche trägt die ansehnlichen Reste einer durch Heinrich von Leipa um 1312 erbaut gewesenen, 1343 auf Geheiß des Kaisers Karl IV. zerstörten Ritterburg und eines von demselben Kaiser 1366–1384 an ihrer Stelle nach Plänen Peter Parler's von Gmünd erbauten, seit 1577 in Ruinen liegenden Cölestiner-Mönchsklosters mit einem, von dem um die Hebung Oybins vielverdienten Dr. Alfred Moschkau 1879 begründeten und seit 1883 dort befindlichen, historischen Museum (Eintritt 50 Pf.), ferner den 1515 angelegten Ortsfriedhof und den Gesellschaftsplatz mit Gastwirtschaft und reizender Aussicht gegen Zittau. Man besteigt ihn vom Bahnhofe an der 1734 erbauten, teilweise in den natürlichen Felsen gearbeiteten Kirche vorüber in 20 Min.
Unseren Kammweg fortsetzend, wenden wir uns von der Straße, auf der wir gekommen, bei dem Gasthause »zur Kaiser Franz Josefs-Höhe« in spitzem Winkel l. von der Landesgrenze ab und verfolgen den Fahrweg, der auf das einzelne Krombacher Gehöft vor uns führt; dasselbe bleibt knapp r. Wir wandern nunmehr durch längere Zeit wieder auf böhmischem Boden.
Vor uns, in südwestlicher Richtung, haben wir jenseits des kahlen Gulichberges den Kleis, l. davon in südlicher Richtung den Mergtaler Limberg, dahinter den Lauf- und Kamnitzberg; r. vom Limberge der Ortelsberg vor dem Wilsch, r. davon der spitze Ronberg neben der Koselspitze, vor dieser der Grünerberg (l.) mit Großmergtal (Kirche) und der Glasertberg (r.); nahe am Kleis der Hutberg bei Mertendorf; r. vom Kleis bis zur Lausche im Westen sind die Berge bei Falkenau eingeschoben.
Nach 2 Min. senkt sich der bis dahin ebene Weg; der Mühlsteinberg mit seinen Brüchen wird r. sichtbar; wir kommen an einer Einschicht (l.) – auf der sogenannten »Katzenstirn«, wenn wir recht berichtet sind – und einem Wäldchen (r.) vorüber, worauf r. neben dem Mühlsteinberge auch der Jonsberg (642 m, Klingstein, hieß 1450 Jonasberg) sichtbar wird, an dem l. vorüber der Blick über weites Gelände hin auf den Kottmar und den Löbauer Berg schweift. Nach 8 Min. treffen wir auf die Straße, welche von Krombach nach Jonsdorf durch Schanzendorf zieht u. zw. gerade in der Mitte des Dorfes, bei einer Markentafel und einem Verzeichnisse der Gasthäuser des Ortes. Letzteres Dorf, das jetzt 136 Häuser zählt, soll auf den Gründen des Krombacher Meierhofes erbaut sein, weshalb es auch im Gemeindeverbande von Krombach ist; seinen Namen führt es seit 1778, seitdem die österr. Kroaten hier gegen die Preußen und die mit ihnen verbündeten Sachsen Schanzen errichtet hatten, die Kaiser Josef II. am 19. September 1779 in Augenschein nahm und die 1813 von den Franzosen wieder in Stand gesetzt wurden und teilweise am[37] »Heidelstein«, wo vor etwa 25 Jahren Sandstein gebrochen wurde, noch zu sehen sind. Wo Schanzendorf heute steht, führte zu einer Zeit, als die Gegend noch unwirtlich war, die alte Leipaer Straße von Zittau her über Nieder-Oybin zwischen Jonsberg einerseits und dem Ameisenberge mit dem Pferdeberge andererseits hindurch über den sog. »Stern«, wo die Wege von Schanzendorf, Jonsdorf, dem Jonsberge, der Ludwigshöhe, dem oberen Hain und dem Johannisstein zusammentreffen; sie ist von der Landesgrenze ab schon längst nur mehr ein Waldfahrweg, seitdem die Zollstraße über Jonsdorf und über die zugleich die Landesgrenze und Hauptwasserscheide bildende bewaldete Sattelhöhe (487 m) zwischen Plissenberg und Jonsberg verlegt ist; die alte Straße mündet in die jetzige dort, wo wir auf diese treffen.
Auf letzterer Straße erreicht man vom letzten Hause in Schanzendorf, dem Zollamte, in 20 Min. das Nebenzollamt und das Gasthaus »Schweizertal« in Neujonsdorf, 10 Min. weiter die Station Jonsdorf, Endstation der Bahnlinie Zittau-Jonsdorf, nächst der Kirche von Altjonsdorf. Kirchdorf Jonsdorf, Geburtsort des Lausitzer Historikers Pescheck, Sitz eines rege wirkenden Gebirgsvereines, zerfällt in Alt- und Neujonsdorf und hat sich neben Oybin wegen seiner klimatisch milden Lage in breitem, sonnigem Tale, wegen seiner herrlichen Waldanlagen und Felsszenerien und wegen seiner reichen Auswahl guter Privat- und Gastwohnungen zu einer beliebten Sommerfrische emporgeschwungen; besonders Neujonsdorf ist ein Gebirgs-Idyll schönster und eigenster Art und besitzt in seiner »Felsenstadt« am phonolithischen Mühlsteinberge (562 m, seit Jahrhunderten bestehende Mühlsteinbrüche daselbst östlich der Felsenstadt) mit ihren wunderbaren Felsgestaltungen, ihren Aussichtspunkten (Karola- und Albertfelsen, Friedrichshöhe) und dem in Basaltsäulenform abgesonderten Sandstein (am Humboldtfelsen zur Erinnerung an den Besuch des berühmten Gelehrten im Jahre 1851 so benannt, und an der Orgel) ein landschaftliches Juwel eigenster Art. Wer dieselbe besuchen will, zweigt vom Zollhause an der Schanzendorfer Straße ab und trifft bei den Rabensteinen wieder auf den Kammweg.
Unser Weg geht weder r. noch l. in Schanzendorf, sondern quer über die Jonsdorfer Straße hinweg, sodann auf einem guten Gemeindefahrwege zwischen den Häusern geradeaus weiter, immer den Jonsberg zur Rechten, bis wir nach 5 Min. am letzten Hause, dem Gasthause »zum Roß« vorbeikommen. Gleich dahinter lesen wir auf einem Wegweiser: »Nach den Mühlsteinbrüchen, nach Niederkrombach-Lichtenwalde, Grenzweg über die Kühhutje«. Hier haben wir nach l. auch wieder einen weiten Ausblick zwischen Kleis und Mergtaler Limberg hindurch auf den Grünerberg, Ortelsberg, das Schwoikaer Gebirge und den Koselrücken hinter einander. Wir wenden uns nach r. und erreichen nach 3½ Min. den Waldrand am Plissenberge, und zwar an seiner nordöstlichen, 644 m hohen Kuppe (auch »Schanzberg« geheißen), während seine höchste Erhebung in der Mitte 659 m und seine südwestliche Kuppe 605 m mißt; er bildet nämlich einen fast 3 km langen Rücken aus[38] Klingstein auf einer, dem östlichen Flügel des Elbesandsteingebirges vorgelagerten Stufe zwischen Schanzendorf und Niederlichtenwalde. Hier machen wir kurzen Halt und erfreuen uns an dem herrlichen Ausblicke rückwärts gegen Ost und Süd, der besonders eindrucksvoll auf diejenigen sein muß, die die Tour umgekehrt machen.
Ost: Vor uns die letzten Häuser von Schanzendorf, dahinter der Johannisstein zwischen Jonsberg (l.) und Hochwald (r.). Südost: Tolz und Roll hinter einander. Süd: Limberg, r. hinter einander Lauf-, Kamnitz- und Tachaberg, r. davon der schopfige Eichberg im Kummergebirge, r. dahinter der gr. Peschkaben bei Dauba, dann der Maschwitzer Berg und der Wilsch, mit welchem die Aussicht südwestlich abschließt.
Fichtenwald nimmt uns auf; am Waldsaume beachten wir noch die dort blühende Arnika, dann steigen wir durch 13 Min. fast immer aufwärts auf breitem Fahrwege, den hie und da der sattgrün glänzende Rippenfarn (Blechnum spicant Roth) besäumt. Ein Grenzstein mit der Jahreszahl 1694 steht daselbst: wir sind wieder an der Landesgrenze! Der Weg, ein prächtiger Sandweg, führt 4 Min. weiter zu einer wichtigen Wegteilung: während der Fahrweg geradeaus weiter nach Niederlichtenwalde hinab führt, biegen wir nach r. auf einen holprigen Fußweg ab, der entlang der Landesgrenze zumeist ziemlich steil abwärts führt. Gleich anfangs haben wir wieder einen lang entbehrten Ausblick, nämlich nach r., wo der Rehstein, ein merkwürdig geformter Sandsteinfels, steil aus dem Waldesdunkel emporsteigt. Man sieht über die Jonsdorfer Felsen hinweg auf die ausgedehnten Häuserreihen von Herwigsdorf und Seifersdorf mit der Landeskrone im Hintergrunde. Nach 12 Min. ist man unten bei einem Wirtschaftsstreifen (l.) angelangt, über den hinweg man die steilen Gebilde der Rabensteine unmittelbar vor sich sieht, darüber die Lausche, von der sich, den Kleis im Hintergrunde, die Ortschaften Jägerdörfel, Ober- und Niederlichtenwalde nach l. herab ziehen. Hier steht ein Grenzstein mit der Jahreszahl 1783. Noch 2 Min. und wir sind beim Hauptgrenzstein V auf dem höchsten Punkte der Straße, die von Niederlichtenwalde herauf über Neujonsdorf (Gasthaus »zur Gondelfahrt« 20 Min.) zur Station Jonsdorf (45 Min.) führt. Dieselbe kreuzend, sind wir nach 3 Min. oben bei den waldumschlossenen Rabensteinen (543 m). So heißt eine schon seit dem 14. Jahrh. bekannte abenteuerliche Felsengruppe auf der Landesgrenze, deren abgesondert aufragende, bienenwabenartig ausgewitterte und über und über mit gelbem Schwefelmoos (Lepraria ochroleuca Ach.) bedeckte Sandsteinkegel die wunderlichsten Naturspiele (Profile von Menschenköpfen, solche eines Löwen- und Pferdekopfes) zeigen, je nach dem Standpunkte, den man einnimmt. Auf der Plattform[39] am Fuße des östlichen Kegels auf böhmischer Seite erbaute 1877 ein Lichtenwalder Insasse eine Gastwirtschaft, die im Laufe der Jahre mehrfachen Änderungen (1885 infolge Brandes) unterzogen wurde. Aus den Fenstern der Gastwirtschaft blickt man südlich l. auf den Plissenberg bei Niederlichtenwalde, r. auf den Steinberg bei Oberlichtenwalde und zwischen durch auf Grünerberg und Ortelsberg hinter einander. Von dem über eine Holztreppe besteiglichen Kegel hat man eine zwar nicht großartige, aber immerhin schöne und seltene Aussicht, die sich mit der vom »Falkensteine« deckt, einem gegenüber auf sächsischer Seite aufragenden, ähnlich geformten und etwas höheren Felsen, welcher 1879 ebenfalls durch Stufen zugänglich gemacht wurde.
West: Die Lausche, l. unter ihr Jägerdörfel. Südwest: Der Steinberg, davor Ober- und Niederlichtenwalde, dahinter der Kleis, mehr nach l. der Glasertberg vor dem Schwoikaer Gebirge. Süd: Grüner- und Ortelsberg hinter einander. Südost: Plissenberg. Ost: Johannisstein, l. davon die Jonsdorfer Mühlsteinbrüche, dahinter der Jonsberg, an seinem Fuße l. Kirchdorf Jonsdorf, weiter draußen Zittau und Reibersdorf. Nordost: In geringer Entfernung die Nonnenklunzen, l. dahinter Herwigsdorf und Seifersdorf, am Horizonte die Landeskrone. Nord: Buch- und Sonneberg ganz nahe.
Die Einschicht »Rabenstein« gehört zu dem nur einige Minuten südlich entfernten, langhin zur Seite der Sandsteinbasis des Plissenberges am Zwittebache, der hier am Lauschepaß seinen Ursprung hat, sich erstreckenden, schon im Jahre 1391 mitten im »gelichteten« Markwalde bestandenen, heutigen Weberdorfe Niederlichtenwalde (164 Häuser mit Zollamts-Expositur), aus welchem Orte die Waldhornbläser Hammer stammen, die Ende des 18. Jahrh. viel Aufsehen mit ihrer Kunst machten. Im siebenjährigen und im Kartoffelkriege hatten die Österreicher bei Niederlichtenwalde, u. a. auch auf dem Rabenstein, Beobachtungsposten aufgestellt.
Denjenigen, die den Kammweg von den Rabensteinen zur Lausche schon kennen, sowie für diejenigen, die die Kammtour hier unterbrechen und etwa der Station Zwickau (1¾ Std.) oder der Station Großschönau (1½ Std.) oder der Station Jonsdorf zustreben, empfehlen wir folgenden Abstecher. Denselben Weg, wie man heraufgekommen, wieder auf die Straße und auf dieser l. im Walde abwärts; nach 15 Min. den Fußweg l., und von diesem nach 2 Min. r. aufwärts durch eine 2 m breite und 15 m hohe natürliche Felsengasse hinan zu den Nonnenklunzen, einer Gruppenreihe mächtiger, wild zerklüfteter Sandsteinfelsen (536 m), von denen einige Form und Gestalt von Nonnen haben. Auf der Höhe derselben, die seit 1846 zugänglich gemacht ist, befindet sich seit 1860 eine, zuletzt 1903 erneuerte Gastwirtschaft (Nachtlager für 7 Personen) mit Gesellschafts- und Echoplatz (siebenfach, ein Böllerschuß 50 Pf.) und einer Aussichtsanlage auf dem über eine Brücke besteiglichen Basteifelsen, der »Nonnenhöhe«, an der mehrere Gedenktafeln angebracht sind, darunter auch eine an den König Friedrich August II. von Sachsen. Man hat im Osten zu Füßen Neujonsdorf vor dem Jonsberge, im fernen Hintergrunde r. die Ausläufer des Isergebirges mit der Tafelfichte; weiter r. vorn die Mühlsteinfelsen, darüber den Hochwaldturm, l. vom Jonsberg das Zittauer Talbecken vor der Landeskrone im Hintergrunde; im Süden die über den Wald schauenden Rabensteine, l. der Plissenbergrücken, r. weiter rückwärts der spitze Kleis, westlich die Lausche. Vom Gesellschaftsplatze steigt man sodann durch die Gastwirtschaft und über die Stufen hinab, geht am Ende derselben l. fort in 3 Min. auf die angenehme Waldstraße, die Jonsdorf mit Oberwaltersdorf verbindet; auf dieser[40] l. trifft man nach 11 Min. jenseits des »hohlen Steines« wieder auf den Kammweg, der von den Rabensteinen herkommt.
Den Rabenstein verlassend, steigen wir auf sandigem Waldwege, den Falkenstein r., steil über Stufen 3 Min. lang abwärts zu den Grenzsteinen 75–73, um gleich wieder durch 2½ Min. anzusteigen. Oben ein hübscher Rückblick auf den Rabenstein. Nun wiederum 1 Min. steil im Zickzack über Stufen hinab auf eine Wiese, wo wir eine Ursprungsader des Zwittebaches queren und auf den Grenzhauptstein IV stoßen; l. ist der Steinberg bei Oberlichtenwalde sichtbar. Wir biegen aber gleich wieder in Wald, von der Landesgrenze nach r. ab, und erreichen langsam ansteigend in 12 Min. auf einer Waldblöße die von Jonsdorf (r.) herkommende Straße (Wegweiser): umblickend gewahren wir jenseits des Rabensteins den Hochwald. Wir wenden uns l. auf die Straße, kommen gleich wieder in Wald und haben erst nach 7 Min. wieder einen freien Ausblick: geradeaus die Lausche, nach Süden aber einen überraschenden Durchblick zwischen Plissen- und Steinberg über Niederlichtenwalde hinweg auf Lauf- und Wellnitzberg mit dem Kamnitzberge bei Reichstadt inmitten, mit den Bösigen neben den Buchbergen l., und dem Ortelsberge r. Eine Bank daselbst ladet im Genusse dieses Ausblickes zu einigem Verweilen ein. Gleich dahinter schließt sich wieder der Wald, nur die Lausche bleibt in der Richtung der Straße sichtbar. Ziemlich eben weiter sind wir nach 7 Min. am Lauschepaß angelangt, der 564 m hohen Sattelhöhe zwischen der Lausche und dem Sonneberge (630 m), über den die Landesgrenze schneidet und wo auf österreichischer Seite das zu Oberlichtenwalde gehörige Gasthaus »zur Wache«, sächsischerseits das zu Neuwaltersdorf gehörige Gasthaus »Rübezahl« steht; hier auf der Hauptwasserscheide zwischen Oder und Elbe, wo auch die Knieholzkiefer in einer vereinzelten Gruppe anzutreffen sein soll, hat einerseits der Waltersdorfer Bach, ein Zufluß des Lausebaches bzw. der Mandau, andererseits der Zwittebach, ein Zufluß der Polzen, seinen Ursprung; nördlich führt die Zollstraße über Waltersdorf nach Großschönau, südlich über Niederlichtenwalde nach Zwickau. Ein Wegweiser daselbst belehrt über Richtungen und Entfernungen.
Waltersdorf, zerfallend in Alt- und Neuwaltersdorf, ist ein freundliches Kirchdorf mit 2400 Einwohnern, bedeutender Zwillich-, Wollwaren- und Papiererzeugung und zieht sich vom Lauschepaß längs der Straße fast bis Großschönau; ein Denkmal erinnert an den daselbst 1786 geborenen Hofkapellmeister Friedrich Schneider (gest. 1853); auf dem 646 m hohen Buchberge östlich des Dorfes steht ein Denkmal Kaiser Friedrich III. und eine 1880 vom Waltersdorfer Gebirgsvereine errichtete Schutzhütte.
Auf österreichischer Seite grenzen außer der »Wache« keine Häuser an die Paßhöhe; Niederlichtenwalde, wohin die Straße führt, ist 2 km entfernt und Jägerdörfel, ein aus 18 Häusern und einem kaiserlichen Forsthause[41] bestehendes, unmittelbar am Süd-Fuße der Lausche gelegenes Weberdorf, das einen Ortsteil von Oberlichtenwalde bildet, ist auf ansteigender Waldstraße 20 Min. entfernt, das schon 1391 bestandene Bauerndorf Oberlichtenwalde selbst (128 Häuser), in der Richtung dieser Straße nach 15 Min. weiter. Im Jahre 1778 wurde hier der kaiserliche General De Vins durch die einmarschierenden Preußen überrumpelt, so daß er sich bei Nacht auf einem Fußsteige auf den Limberg zurückziehen mußte; am 19. September 1779 besuchte deshalb Kaiser Josef II. die Örtlichkeiten dieses kriegerischen Ereignisses. Von Jägerdörfel führt in 30 Min. ein im Jahre 1851, aus Anlaß eines in Aussicht gestellten Besuches des Kaisers Ferdinand I. angelegter, sehr bequemer Zickzackweg, der sogenannte »böhmische Weg«, auf die Lausche, in den auch von Neuhütte her ein Touristenweg einmündet und den man bis zum »Rondeau« am Beginne des Zickzackweges befahren kann. Wir schlagen diesen Weg jedoch nicht ein.
Wir folgen dem Kammzeichen, das uns bei der »Wache« quer über die Straße auf einen Fahrweg weist, der 1892 vom Zittauer Rat an Stelle eines seit 1823 bestandenen Steilweges angelegt wurde und an der nördlichen Lehne des Berges, an Ruhbänken vorüber, in 35 Min. auf den Gipfel führt, anfangs am Waldrande und allmählich ansteigend, wobei man einen prächtigen Ausblick nach Großschönau hat, zum Schluß auf ziemlich steilem Zickzackwege mit zwei scharfen Kehren durch prächtigen Buchenwald; in ihn mündet unterwegs r. ein geraderer Weg von Waltersdorf-Großschönau und ein anderer von Tollenstein.
Die Lausche ist die höchste Erhebung (791 m) im Bereiche des Sandsteingebirges. Sie besteht aus Klingstein und überragt etwa 140 m ihre Basis im zentralen Teile des Gebirges; bis zum Jahre 1631 hieß der Berg allgemein Mittags- oder Spitzberg, und die nördliche niedrigere Kuppe Hickelstein. In heidnischer Zeit soll daselbst eine Sonnengottheit (Bilwise) verehrt worden sein. Der Sage nach zeigt sich auf der Lausche, aber äußerst selten, ein wunderbarer Vogel, fast wie ein Adler gestaltet, aber bunter und mit wunderlichem, glänzendem Gefieder; dieser Vogel ist ein verzauberter Prinz aus dem Böhmerlande, der noch immer seiner Erlösung harrt durch einen Jäger, der niemals auch nur das Geringste entfremdet habe. Im dreißigjährigen Kriege und in den Napoleon'schen Kriegen diente das Waldesdunkel der Lausche, in welchem noch 1608 Wölfe hausten, den Bewohnern der Umgebung als Zufluchtsstätte. Manche pflanzliche Seltenheit stößt dem Kenner auf: Alpen-Weidenröschen (Epilobium alpinum L.), langblättrige Sternmiere (Stellaria longifolia Fries), zweiblütiges Veilchen (Viola biflora L.), Knotenfuß (Streptopus amplexifolius DC.), Alpenlattich (Mulgedium alpinum Less.), lockerblütige Ragwurz (Orchis laxiflora Lam.), herzblättrige Zweiblatt-Orche (Listera cordata R. Br.), Braun's Schildfarn (Aspidium Braunii Spenn.), Lanzenschildfarn (Aspidium lonchitis Sw.), russige[42] Grübchenflechte (Sticta fuliginosa Ach.), und noch manche andere. Der geräumige Gipfel trägt außer einer kleinen steinernen Kapelle und außer einer Triangulierungssäule der mitteleuropäischen Gradmessung eine Gastwirtschaft (Nachtlager mit Frühstück Mk. 1·50), deren erste Anlage bis zum Jahre 1822 zurückreicht; im Jahre 1882 wurden die Baulichkeiten bequemer und zeitgemäßer hergerichtet und gleichzeitig ein 10 m hohes hölzernes Umschaugerüst (Benützung 10 Pf.) errichtet, auf welchem 1892 der Gebirgsverein in Waltersdorf eine Orientierungstafel anbrachte; derselbe Verein hat 1895 an einem Pavillon neben dem Gasthause zwei Tafeln befestigt, auf denen die Entfernungen näherer und fernerer bekannter Punkte angegeben sind. Ein kais. deutscher und ein kaiserlich österreichischer Postkasten befindet sich am Gasthause; auch ist seit 1893 eine kaiserlich deutsche Fernsprechstelle daselbst. Mitten durch das Gasthaus schneidet die Landesgrenze, so daß man entweder in der böhmischen, als Nr. 143 zu Oberlichtenwalde, oder in der sächsischen, als Nr. 334 zu Waltersdorf gehörigen Gaststube einkehren kann. Seit 1826 steht neben dem Gasthause eine Glasbude, worin im Jahre 1881 Ignaz Kriesche aus Steinschönau sein fünfzigjähriges Geschäftsjubiläum feierte.
Die Lausche ist seit jeher ein Aussichtspunkt ersten Ranges; viele Tausende, darunter die Könige Friedrich August II. (1823 und 1850) und König Johann von Sachsen, auch der Astronom David (1825), besuchten und besuchen jahraus jahrein von nah und fern dieselbe, um sich an der entzückenden und umfassenden Aussicht zu erfreuen und auch wohl das Schauspiel eines Sonnenaufganges zu genießen. Die Aussicht ist ganz eigenartig deshalb, weil sich gegen Norden die langen Ortschaften der volk- und industriereichsten Gegend Deutschlands und Österreichs fast ohne Unterbrechung hinziehen. Rundsicht-Aufnahmen bekommt man auf dem Berge zu kaufen.
Von der Tafelfichte und den Bergen bei Haindorf im Osten beginnend, schließen sich nach r. die anderen Kuppen des Isergebirges (Vogelkoppen, Taubenhaus, Siechhübel) an, vor ihnen Stadt und Schloß Friedland, die Hemmerichberge, Reichenau mit Umgebung, Gickelsberg und Hohenwald bei Grottau. Im Südosten liegen nahe die vielgestaltigen Felsen und Berge bei Jonsdorf und Oybin, dahinter Hochwald (Turm) und Falkenberg, weiter das Jeschkengebirge mit der Koppe und am Horizont das Riesengebirge mit dem Reifträger, hohen Rad, Kesselkoppe und Schneekoppe, dem Keil-, Fuchs- und Schwarzenberge; weiter r. im Mittelgrunde Schloß Lämberg und die Stadt Deutschgabel, dahinter die Berge bei Wartenberg mit dem Dewin, weiter draußen die Lomnitzer Berge bei Gitschin, der Welisch, Kosakow, Ruine Trosky bei Turnau, Musky bei Münchengrätz. Im Süden der Mergtaler Limberg, Tolz und Roll hinter einander, r. davon die Bösige und der Höhenzug von Kleinbösig (Kirche) bis zu den Hauskaer Bergen, davor Altperstein (Ruine) und Maschwitzer Berg, noch näher das Schwoikaer Gebirge – in welcher Richtung seinerzeit der Dresdner Topograph Albert Schiffner die Türme von Melnik und den Dom von Prag gesehen haben will – und der[43] Ortelsberg. Im Südwesten erhebt sich über dem Grüner, Glaserter und Dürrberge der betürmte Spitzberg bei Leipa, dahinter der breitkuppige Wilsch, näher der Kottowitzer und Langenauer Berg jenseits der Stadt Haida, davor der Kleis, noch näher der gr. Friedrichsberg, der gr. Buchberg bei Falkenau, der Blottendorfer und Sonneberger Rücken; r. hinter diesem der Hutberg (Turm) auf der Rabensteiner Höhe, die Munkerer Höhe, der Geltsch, anschließend die Elbeberge (Aarhorst) vor dem Milleschauer. Im Westen die Kuppen des Kreibitzer Gebirges mit dem Kaltenberge (Turm), der Rosenberg und hohe Schneeberg (Türme), das Erzgebirge mit dem Geising; weiter r. erblickt man über der nahen Finkenkoppe die Ruine Tollenstein und den Tannenberg (Turm), die Dittersbacher Felsen, die Zschirnsteine, den Lilienstein, gr. Winterberg (Turm), den Borsberg bei Pillnitz, den Gickelsberg bei Hohnstein, den Unger und den Tanzplan (beide betürmt). Diesen folgen nordwestlich über dem Lichtenberger Teiche und Schönborn (Kirche) die betürmte Wolfsbergspitze, der Valtenberg (Turm), Zeidler Plissenberg, Pirsken, Botzen und Jüttelsberg, im Hintergrunde das Kamenzer Gebirge. Nordöstlich zieht sich das Lausitzer Mittelgebirge mit dem Czornebog und Bilebog (Türme); daran schließen sich Kottmar (Turm), der ebenfalls betürmte Löbauer Berg mit der Stadt Löbau, der Rotstein, Oderwitzer und Warnsdorfer Spitzberg mit der Burgsbergwarte, in größerer Entfernung die Königshainer Berge, die Landeskrone und der Jauerniker Berg an. Nordöstlich tritt das Königsholz und der Breiteberg hervor; weit schweift der Blick nach Schlesien hinein bis Greifenberg, zu den Höhen bei Lauban und Marklissa, zum Probsthainer Berg, um endlich bei Neustadtel wieder auf die Tafelfichte zu treffen; im Vordergrunde schließen sich die häuserreichen Städte und Kirchdörfer Rumburg, Seifhennersdorf, Warnsdorf, Großschönau, dann Waltersdorf, Hainewalde und Zittau an einander, dahinter die Häuserreihen von Gersdorf, Ebersbach, Walddorf, Eibau, Leutersdorf, Oderwitz u. a. m.
Wer die Kammtour gegen den Tannenberg nicht fortsetzt, sondern den Abstieg auf eine Bahnstation beabsichtigt, kann folgende Wege einschlagen: auf sächsischer Seite über Waltersdorf zur Station Jonsdorf (1¼ Std.), zur Station Großschönau (1½ Std.) und zur Station Warnsdorf (1¾ Std.), auf böhmischer Seite an Jägerdörfel vorüber immer durch Wald zur Haltestelle Neuhütte (1½ Std.).
Beim Abstiege von der Lausche folgen wir der Waldstraße, die uns hinaufgebracht, dem »sächsischen« Wege, ein Stück zurück bis zur unteren Kehre (10 Min.) und biegen dann links ab. Auf durchaus ebenem Waldfahrwege treffen wir nach 12 Min. auf die Landesgrenze und nehmen Abschied vom sächsischen Boden, auf dem wir von der Tobiaskiefer her mit wenigen Unterbrechungen gewandelt. Wir treffen hier auf einen l. von Oberlichtenwalde über Jägerdörfel einmündenden Fahrweg und wandeln entlang den Grenzsteinen 23 bis 14 auf dem sogenannten Lauschekamm, einer Art Hochebene weiter, bis wir nach 15 Min. beim Vogelherd, auch »Dreiecker« genannt, angelangt sind, dem 660 m hohen Sattel zwischen Finkenkoppe (789 m) l. und dem Buchberge (712 m) r.,[44] von wo wir südlich einen Ausblick auf den großen Friedrichsberg haben.
Über die Finkenkoppe, die 30 Min. entfernt ist und eine weite Aussicht gegen Böhmen von ihrer westlichen Lehne gewährt, zieht der Gebirgsrücken in einem nach Süden ausgreifenden Bogen weiter; wir verlassen ihn beim Vogelherd, um ihn erst beim Tannenberge wieder zu treffen. Unser Weg führt in der bisherigen Richtung weiter, während die Landesgrenze im rechten Winkel nach Norden abbiegt, und führt uns jetzt auf breiter Waldstraße mit bedeutendem Gefälle abwärts, zwischen den phonolitischen Berghängen des Dachsensteins (l., 600 m) und des Hörnels (r., 643 m), immer längs des Kohlhauwassers, das rechter Hand neben der Straße dem Lausebache, einem Aste der Mandau, nach Niedergrund plätschernd zufließt, während wir l. die Ursprungsadern des zum Polzengebiete gehörigen Etschbaches zu suchen haben. Funde von sprossendem und zypressenblättrigem Bärlapp (Lycopodium annotinum L. und complanatum L.), sowie von scheidigem Wollgras (Eriophorum vaginatum L.) im Walde zur Seite sind da nichts Seltenes; vereinzelt dagegen ist die Blaudistel (Mulgedium alpinum Less.).
Nach 30 Min. – ein paar hundert Schritte hinter dem Fürstenbrunnen, der 6 Schritte l. von der Straße ein kleines, mit Basaltsäulen eingefaßtes Bassin bildet – biegen wir bei einer Waldwiese (r.) von der Straße, die uns in 30 Min. zur Station Grund-Georgental weiter leiten würde, l. in den Wald ab und steigen über den schmalen, aus gneisführendem Granit bestehenden und die Grenze gegen das Sandsteingebirge bildenden Ziegenrücken hinweg in 15 Min. in das liebliche Wiesental von Innozenzendorf hinab. Wir überschreiten auf einem Stege das Goldflössel, welches das Tal bewässert, queren eine Wiese und stehen beim Gasthause »zum Ritterhof« auf der verkehrsreichen Kaiserstraße, die r. in 30 Min. nach Sankt Georgental, bzw. zur Station Grund-Georgental, l. in 1 Std. über den Schöbersattel (607 m) zur Haltestelle Neuhütte führt. Innozenzendorf, auch »Buschdörfel« geheißen, hat 34 Häuser, liegt 450 m hoch zwischen waldigen Höhen und ist Sommerfrische für bescheidenere Ansprüche; Unterkunft und Verpflegung bieten die Gasthöfe »Ritterhof«, »Germania« und »Wendler«; die Bedürfnisse werden nach Bedarf aus Georgental beschafft. Der Ort scheint an Stelle des 1469 zerstörten, noch 1699 erwähnten Glasendorf zu stehen, das zum Teil, verschiedenen Funden nach zu schließen, am benachbarten Nesselberge (östlich) gestanden haben soll, um die heute[45] noch bestehende, jedenfalls alte Buschmühle angelegt worden zu sein. Der jetzige Name kommt zuerst 1711 vor; wird beachtet, daß Papst Innozenz XII. von 1691–1700 die Tiara trug, und daß Anton Florian von Liechtenstein als Botschafter 1691 bei der Papstwahl in Rom anwesend war, so ergibt sich sowohl die Erklärung des Namens wie die Person des Gründers. In Innozenzendorf wurde am 26. Juni 1819 der Dichter Cölestin Johann Johne geboren, der 1858 am 2. Dezember als Augustinerordenspriester und Gymnasialprofessor in Leipa starb. In den Sandsteinbrüchen des Dachsloches unweit des Jägerhauses (östlich der Straße) gibt es interessante Versteinerungen von Meeresbewohnern, am häufigsten darunter ist ein herzförmiger See-Igel und ein viel- und dickstängliger Seeschwamm.
Das Goldflössel besteht aus dem Meisengrund- und Schöberwasser, die sich oberhalb des Dorfes vereinigen. Ersteres kommt aus dem Meisengrunde – richtig »Meißnergrund« nach den Meißnischen Bergleuten –, einem stillen Felsentale, in welchem, wie ein in der Freiberger Ratsbibliothek verwahrtes »Wahlenbüchlein« des Johannes Wahle, vermutlich aus dem Ende des 17. Jahrh., berichtet, goldene Schätze zu finden sind. Aber die Wirklichkeit will diesen Angaben keineswegs entsprechen. Tatsache ist nur, daß hie und da Leute aus Italien – sogenannte Venediger mit Zipfelmützen und spitzschnäbligen Schuhen – bunte Steine aus Böhmen zur Herstellung von Mosaiken geholt haben, und da dürften ihnen auch die Iserine (früher Goldgraupen genannt), die sich in dem Meisengrundwasser finden, willkommen gewesen sein. Im Meisengrunde gibt es noch ein 23 m langes, schwer zugängliches Stollen-Überbleibsel, welches ebenso wie ein zweites, bis zum Jahre 1845 bestandenes Stollenmundloch (das eigentliche »Meisegründel«) zu der Sage von Schätzen beigetragen und auch den Anlaß zu der Sage von einem unterirdischen Gange zwischen der Burg Tollenstein und diesem Talgrunde gegeben haben mag.
Vom »Ritterhof« die Kaiserstraße nach l., nach 2 Min. einige Schritte oberhalb der Kapelle r. ab lehnan, am Saume von Feld, Wiesen und Wald, wobei wir r. Hand des Georgentaler Kreuzberges ansichtig werden, in 15 Min. hinauf zu dem abseitigen kleineren, »Scheundörfel« genannten Ortsteile des Dorfes Tollenstein auf den Fahrweg, der von Georgental kommt. Der größere Dorfteil – das Dorf hat 80 Häuser – bleibt westlich im Tale des Weißbaches, der unterm Tannenberg entspringt und bei Niedergrund mit dem Goldflößel sich vereinigt. Der Ort hieß im 15. Jahrh. Tollendorf und wurde unter dem Herrschaftsbesitzer Christoph v. Schleinitz nach dem Jahre 1571 dadurch vergrößert, daß er das bis dahin bestandene Burgvorwerk in einzelne Gärten zerlegte und eingewanderten Bergleuten billig überließ. Seit 1651 heißt der Ort Tollenstein. Ein nennenswerter Bewohner des Dorfes war der Gründ'sche Bittner, welcher später nach Grund zog und für zahllose Sagen und Anekdoten den Mittelpunkt abgab.
Nun l. auf dem hübsch bepflanzten Burgwege in 7 Min. aufwärts in die Ruine Tollenstein, eine der schönsten Burgruinen Böhmens. Die Ruinen der ehemaligen Burg Tollenstein sind rings um einen, aus Sandstein sich erhebenden, kahlen, schroffen, in zwei mächtige Zacken gegipfelten, in fünfseitiger Säulenform abgesonderten Klingsteinfelsen von 671 m Seehöhe gelagert, welcher nach Nord abgeflacht ist, nach Ost und Süd steil abfällt und nach West durch einen breiten Kamm mit dem Tannenberge zusammenhängt. Der pyramidal aufsteigende Gipfel gewährt, schon von fern gesehen, einen überraschend imposanten Anblick. An den Lehnen des Berges findet sich manch seltenere Pflanze, wie: Basalt-Nordfarn (Woodsia ilvensis R. Br.), Berg-Frauenmantel (Alchemilla montana Willd.), Hügel-Königskerze (Verbascum collinum Schrad.), Scharfkraut (Asperugo procumbens L.), Alpentäschelkraut (Thlaspi alpestre L.), Feld-Enzian (Gentiana campestris L.), weißblühende Akelei (Aquilegia vulgaris L.), hechtblau bereifte Ackerquecke (Triticum repens L. var. caesium), weißer Mauerpfeffer (Sedum album L.), akeleiblättrige Wiesenraute (Thalictrum aquilegiaefolium L.), Wohlverleih (Arnica montana L.).
Man kommt zunächst an den massigen Resten eines, an den Gipfelfelsen südlich sich anschließenden, halbrunden Streitturmes vorüber und längs einer, gewiß noch teilweise 15 m hoch erhaltenen Ringmauer. Auf demselben Wege zogen einst auch die Herren von Tollenstein in die Burg ein; nur bildete damals eine gewölbte, mit zwei Toren versehene Durchfahrt, über welcher ein viereckiger Turm mit mehreren Gemächern sich erhob, den Eingang, während heute, nach dem Einsturze dieses Turmes (1861), dem Besucher eine nichtssagende Kluft im Gemäuer Einlaß gewährt. Vom Torturm an, wo sich l. einst eine Zisterne befand, zieht sich r. etwa 70 Schritte weit eine arg verfallene Brustwehr bis zu einer sechseckigen Bastei, wo sich dereinst die Burgkapelle befunden haben mag; ein Doppelfenster in hochrechteckiger Form ist noch gut erhalten. An der dem Tale zugewendeten Seite dieser Bastei befindet sich das Wappen der Herren von Schleinitz (3 sechsblättrige Rosen). In dieser Bastei war 1865 die erste »fliegende« Restauration untergebracht. Etwa 60 Schritte weiter an der Brustwehr gelangt man zu einem der interessantesten Teile der Ruine, zu einem etwa 10 m hohen, fast kreisrunden, bedenklich zerborstenen Streitturme auf der nördl. Seite, in dessen Unterraume sich das Burgverließ befand. Westlich von diesem Turme reicht abermals eine Brustwehr bis zu dem natürlichen Felsen. Im südl. Teile des ehemaligen Burghofes sieht man noch die zur Felskuppe emporführende Ritterstiege, ferner[47] die wunderbar schön erhaltenen Reste einer Wendelstiege des ehemaligen Burggebäudes und daneben den geräumigen Pferdestall.
In der Mitte des Burghofes hat der Kaufmann Joh. Josef Münzberg aus Georgental im Jahre 1866 mit Bewilligung des Herrschaftsbesitzers eine Gastwirtschaft (mit Nachtherberge für 6–8 Personen) im Schweizerstile erbaut und damit nicht nur einer weiteren absichtlichen Zerstörung der Burgreste entgegengewirkt, sondern auch dazu beigetragen, daß der durch Entstehung, Lage, Geschichte, Sage und Aussicht ausgezeichnete Tollenstein-Felsen ein so beliebter touristischer Zielpunkt geworden ist. Er hat auch eine reiche Sammlung altertümlicher Gegenstände darin zur Schau gestellt, teils solcher, die der Burg selbst entstammen (Gitter, Armbrust, Zangen, Schlösser, Sporen, Hufeisen, Kacheln), teils anderweitiger, z. B. ein aus der niederländischen Schule stammendes Gemälde von 1563, einem Teller aus getriebenem Eisen mit 12 Reiterfiguren aus der Zeit Ferdinand II. Auch ein Bildnis der »weißen Frau«, der schönen Burgherrin Swenhild, der Ahnfrau des Tollensteiner Schlosses, fehlt nicht; der Sage nach hat sie ihren Mann, der sie schlecht behandelte, vergiftet, um ihrem Jugendgeliebten anzugehören, wurde aber von dem sterbenden Manne verwünscht und konnte keine Ruhe mehr im Grabe finden. In einem Kellergewölbe westlich der Gastwirtschaft, das durch Lampenlicht erhellt wird, ist durch ein Gitter ein gefesselter Ritter – darstellend den Stadthauptmann von Zittau Nikolaus von Ponikau, den 1425 die Berka auf Tollenstein gefangen gehalten hatten – als ein Phantasiestück des Vaters Münzberg, zu sehen. Von der Veranda der Gastwirtschaft genießt man nördlich den Anblick eines weiten herrlichen Landschaftsbildes; bei reiner Luft erkennt man mit bloßem Auge die Landeskrone bei Görlitz. Über hölzerne Treppen kann man von der Gastwirtschaft gegen Erlag einer unbedeutenden Gebühr den etwa 20 m höher liegenden Gipfelfelsen, den einst ein schlanker Burgturm krönte, besteigen. Die beiden Zacken sind durch eine Brücke verbunden und mit Aussichtsbalkonen versehen. Von hier aus hat man nicht bloß den besten Überblick über Umfang und Form der einstigen stattlichen Burg, sondern auch einen prächtigen Rundblick in die Ferne.
Nord: Dorf Tollenstein, der Kreuzberg mit Kapelle, r. dahinter die Stadt Georgental, weiter die Kirche von Grund und darüber die nach Rumburg führende Kaiserstraße mit Lichtenhain und Schönborn (Kirche); weiter zurück Aloisburg (Stadtteil von Rumburg), Schlechteberg, Czornebog (Turm); l. hinter dem Kreuzberge blicken die Häuser von Obergrund, Sofienhain und Lichtenstein, darüber ungemein malerisch der Lichtenberger Teich inmitten des gleichnamigen Dorfes, dahinter der Rauchberg (Turm); an Obergrund anschließend der Altbernsdorfer Teich, die Bahnstrecke zwischen Kreibitz-Teichstatt und Schönlinde, von letzterem der Kirchturm[48] gerade vor der Wolfsbergspitze (Turm), welche l. den Zeidler Plissenberg vor Unger (Turm), Tanzplan (Turm) und Valtenberg (Turm), r. den Pirsken vor dem Botzen hat. Nordost: Innozenzendorf, Niedergrund, die ausdehnte Fabriksstadt Warnsdorf, letztere durch den Burgsberg (Turm) von Seifhennersdorf (Kirche) geschieden, hinter welchem Eibau und der Kottmar (Turm) zwischen Kottmarsdorf (l.) und Strawalde sichtbar sind; hinter Warnsdorf der Spitzberg; r. hinter ihm Oderwitz mit seinem Spitzberge, Spitzkunnersdorf und Leutersdorf (Kirche), dahinter der Bahnhof von Herrnhut mit dem Hutberge und Großhennersdorf, weiter hinaus der Löbauer Berg, der Rotstein, die Königshainer Berge, der Spitzberg bei Deutsch-Paulsdorf, Jauernick mit seinem Berge und am weitesten hinten die Landeskrone bei Görlitz. Östlich überragt nur der Gipfel der Lausche (Gasthaus) die vorliegenden Höhen des Vogelherdes und der Finkenkoppe. Südlich im Schöbersattel der Friedrichsberg, r. davon gr. Buchberg und Kleis, im Hintergrunde der Roll. Zwischen Kleis und Tannenberg, welch letzterer im Westen vorgelagert ist, liegt vorn der Meisengrund, darüber der waldumschlossene Bahnhof Tannenberg vor dem Mittelberge, r. der gr. Eibenberg und der kl. Schöber; zwischen den beiden ersteren hindurch sieht man den Hackelsberg, die Häuser von Falkenau, den Preschkauer Mittenberg und den Steinschönauer Berg, dahinter den Rücken von Sonneberg und Ullrichstal, ganz hinten den Geltsch; zwischen dem gr. Eibenberge und kl. Schöber zeigen sich die beiden Ahren- und Himpelsberge, der Schindelhengst und der Kaltenberg (Turm), im Hintergrunde der hohe Schneeberg (Turm); r. hinter dem Tannenberge endlich noch der Lilienstein und die Winterberge.
Die eigentümliche Gestaltung des Berges, seine einen großen Strich Landes beherrschende Höhe, seine nach drei Weltrichtungen erschwerte Zugänglichkeit, lassen es vollkommen begreiflich erscheinen, daß der vielfach poetisch verherrlichte Tollenstein von den ältesten Zeiten her, seit überhaupt Menschen in den Markwald eingedrungen, eine hervorragende Rolle in der Geschichte dieser Gegend gespielt haben mag. Es scheint, daß auf seinem Gipfel eine vorchristliche Kultusstätte bestand, wenigstens deuten Urnenfunde in der Nähe und unbestreitbar aus heidnischer Zeit stammende Sagen darauf hin. Als dann im Mittelalter eine verkehrsreiche Handelsstraße aus Sachsen und Meißen am Fuße des Felsens vorbei in das Herz Böhmens führte, legten die Besitzer des Berges (um 1250) ein festes Haus auf ihm an, welches zum erstenmale 1337, als es von den Zittauern zerstört wurde, als »Tollenstein« (Dohlenstein: arx monedularum) von einem zeitgenössischen Chronisten erwähnt wird. Nach dieser Zeit erst wurde die jetzt in Ruinen liegende Burg erbaut.
Urkundlich lernen wir überhaupt erst 1353 einen Besitzer von Tollenstein kennen, nämlich Hinko Berka von Dauba auf Hohnstein, der die Burg wahrscheinlich als Lehen besaß und auf seine Söhne vererbte; es ist also nicht unmöglich, daß die Burg von der königlichen Kammer erbaut worden ist. Unter Albrecht Berka wurde auf Befehl des Königs Georg von Podiebrad, gegen den sich jener aufgelehnt hatte, die Burg anfangs Juli 1463 durch die Sechsstädte erstürmt und sodann dem hussitisch gesinnten Heinrich Berka auf Leipa und Johann von Wartenberg auf Tetschen in Besitz gegeben; doch trat ersterer schon am 12. Juni 1464 seinen Besitz an Johann v. Wartenberg ab, so daß dieser der alleinige Herr dieser bedeutenden Veste wurde. Ihm folgte noch im selben Jahre sein Sohn Christoph nach, der aber aus den Kämpfen mit den Lausitzern nicht herauskam, die 1469[49] durch 5 Tage (bis zum 1. Sept.) den Tollenstein belagerten und das Jahr darauf bei einem zweiten Zuge auch eroberten. Er erhielt zwar die Burg zurück, verkaufte sie aber bald (3. Dez. 1471) an die Herzöge Albrecht und Ernst v. Sachsen, von denen sie aber schon 1481 auf unbekannte Art an Christoph v. Wartenberg zurückfiel. Von ihm kaufte sie, die damals noch Lehen war und erst 1558 freivererblich wurde, am 10. Juni 1485 Hugold v. Schleinitz, von dessen Nachkommen wiederum 1587 Georg Mehl v. Strelitz, unter welchem bereits Schloß und Stadt Rumburg den Mittelpunkt der Herrschaft bildete und dauernd von der Herrschaft Schluckenau, mit der sie seit 1451 vereinigt gewesen, getrennt blieb. In Folge Verschuldung ging die Herrschaft in die Hände von Gläubigern, endlich 1602 (von Lorenz Stark v. Starkenfels) an den Grafen Radislaus Kinsky, den späteren Besitzer der Herrschaft Kamnitz über. Nach der Ermordung Wilhelm Kinsky's in Eger erhielt der Oberst der Wiener Stadtgarden, Hans Leonhard Löbel Freih. v. Greinburg 1637 die konfiszierte Herrschaft. Unter ihm ward die alte schöne Veste zur Ruine. Im Jahre 1642 nämlich hielten kaiserliche Truppen unter Oberst Matlohe die Burg besetzt und beunruhigten von da aus die fouragierenden Schweden unter Wrangel, so daß letzterer das Schloß »mit glühenden Kugeln« in Brand schießen ließ. Das öde Schloß ging 1656 an den Schwiegersohn Löbel's, den Grafen Franz Eusebius v. Pötting, und 1681 von dessen Sohne käuflich an den Fürsten Florian v. Liechtenstein über, bei dessen Nachkommen es bis heute als Bestandteil der Fideikommißherrschaft Rumburg blieb, deren Besitzer seit 1858 Johann II. v. Liechtenstein, Souverän von Vaduz, ist.
Die historische Stätte, welche seit ihrer Verödung vielfach von verdächtigem Gesindel und von Schatzgräbern aufgesucht und geschädigt wurde, deren Überbleibsel zum Teil auch mit Vorliebe als Baumateriale von neuen Ansiedlern im Dorfe benützt wurden, erhielt am 19. und 21. Sept. 1779 den Besuch des unvergeßlichen Kaisers Josef II., als dieser einmal von Neuhütte her über Georgental nach Rumburg, das anderemal vom Tannenberge herab über den Kreuzberg und Obergrund nach Schönlinde ritt.
Diesen geschichtlichen Erinnerungen nachhängend, verlassen wir das alte Gemäuer und folgen dem blauen Kamme weiter. Unser Weg führt – falls wir nicht auf direktem Wege, der alten Rumburger Straße, durch das Dorf nach Georgental (30 Min.) wollen – am Fuße des Berges zum Kretscham, dem alten Tollensteiner Erbgericht, einem durch seinen Umfang auffallenden Hause, wo Ende des 17. Jahrh. Glieder der Familie Süßmilch, aus welcher der berühmte Statistiker Probst Joh. Peter Süßmilch (1707–1767) stammt, das Erbrichteramt ausübten. Auf der dem Wege zugekehrten Wandfläche des Stalles ist eine regelmäßig viereckige, wohl meterhohe und 0·5 m breite Sandsteinplatte eingemauert, die sich ehedem über dem Torwege des Schlosses befand, und auf der das (durch Farben aufgeputzte) Wappen der Berka von Dauba erhaben ausgehauen ist. Die Zahl 1116 darunter hat keine historische Berechtigung und wurde später von dem Erbauer des »alten Gerichts« hinzugefügt, welcher sich die Platte gleichzeitig mit anderen Burgtrümmern zum Baue ausgesucht hatte.
Wir verfolgen nun, unser nächstes Ziel, den mächtigen Tannenberg, vor Augen, auf der alten Rumburger Straße denselben Weg, der in 40 Min. zur Bahnstation Tannenberg führt. Nach 5 Min. biegen wir r. davon ab und erreichen geradeaus nach wenigen Min. den Waldrand. Durch einen schönen Buchenlaubengang gelangen wir in 8 Min. aufwärts auf eine Waldblöße, der Hauptwasserscheide zwischen Elbe und Oder, wo ein Fahrweg r. zum Tannenberger Jägerhause, das schon 1740 bestand, l. zur Station Tannenberg führt. Wir kreuzen diesen, biegen in stämmigen Hochwald ein und sind nach 5 Min. am östl. Fuße des Tannenberges, wo r. ein Touristenweg von Georgental einmündet. Hier beginnt der 1887 angelegte eigentliche Aufstieg zwischen Gerölle und schütterem Gesträuch, darunter die seltenere schwarzbeerige Heckenkirsche (Lonicera nigra L.). Nach 20 Min. mündet l. der Touristenweg von Kleinsemmering-Tannendorf, und nach weiteren 6 Min. ist der Gipfel erreicht.
Der Tannenberg ist einer der höchsten Punkte (770 m) in der Zentralgruppe des Elbesandsteingebirges und wird wohl auch der »Rigi« Nordböhmens genannt. Er wird nur von der Lausche und der Finkenkoppe an Höhe übertroffen und sitzt dem nördlichen, von Neuhütte bis zum Steinhübel bei Schönlinde reichenden Rücken auf. Die oberen zwei Drittel des Berges bestehen aus Klingstein, der Krystalle von glasigem Feldspat und gelbem Titanit einschließt und in oft mehrere Quadratmeter großen Platten mauerartig ansteht, sonst aber als Gerölle die Lehnen bedeckt und den Berg von weitem kahl erscheinen läßt. Auf diesem Gestein findet sich an schattigen Stellen, besonders am Westabhange, die schon beim Hochwald erwähnte wohlriechende Veilchenflechte (Byssus Jolithus L.). Das untere Drittel des Berges wird von mächtigen, durch besondere Festigkeit sich auszeichnenden Sandsteinbänken gebildet, die an der Südseite in einem weithin sichtbaren, großartigen Steinbruche, worin an hundert Arbeiter beschäftigt zu werden pflegen, zu Stiegenstufen, Tür- und Fenstergewänden ausgenützt werden. Die Zufahrt zu diesem Bruche kreuzten wir beim Aufstiege in der Nähe des Jägerhauses. Die zum Spreegebiete gehörigen Quellen am »schwarzen Born« auf der Westseite des Berges wurden 1903 für eine Leitung nach Georgental gefaßt.
Die Gipfelfläche des Berges ist fast durchwegs mit Nadelwald – hauptsächlich Tannen, von denen der Berg den Namen erhalten haben mag – bestanden, weshalb eine vollkommene Rundsicht von einem Punkte aus nicht ermöglicht ist; man kann sich jedoch dieselbe von drei verschiedenen Stellen aus so ziemlich[51] ergänzen, nämlich auf der Westseite, wo die Touristenwege von Nord und Süd heraufkommen, auf einer Lichtung im Nordosten, wo früher eine Steinpyramide errichtet war, endlich östlich bei der 1888 errichteten Schutzhütte auf dem ungemein lauschigen »Fürstenplatze«. Durch den am 14. Sept. 1891 eröffneten, mit einem Kostenaufwande von 10400 K vom Gebirgsvereine für das nördlichste Böhmen erbauten steinernen Aussichtsturm (Eintritt 20 h) ist für den vollkommensten Genuß der Rundsicht, und durch die neben dem Turme vom früheren Herrschaftsbesitzer Fürsten Ferdinand Kinsky erbaute Gastwirtschaft (mit Nachtherberge bis zu 30 Personen) nebst Veranden (mit freier Aussicht) nicht bloß für die Bedürfnisse der Touristen auch Winters, sondern auch für längeren Aufenthalt zum Genusse einer Luftkur vorgesorgt. Der ebenso solide wie zierliche Turm ist rund, vier Stockwerke hoch und endet, 23 m hoch, in eine Plattform, die mit einer hohen Brustwehr umgeben ist und ein 4 m hohes Lichttürmchen in der Mitte trägt. Der Aufstieg über 125 Stufen ist sehr bequem und sicher. Die Besucherzahl beträgt jährlich im Durchschnitte 5000. Die Rund- und Fernsicht ist umfassend und durch überaus malerische Durchblicke ausgezeichnet, so daß schon Kaiser Josef II., welcher am 21. Sept. 1779 bei seiner Bereisung des nördlichen Böhmens auf dem Tannenberge weilte, des Lobes darüber voll war. Der Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen hat eine vom Georgentaler Lehrer Heinrich Müller sorgfältig gezeichnete Rundschau, auf lithographischem Wege vervielfältigt, herausgegeben, die beim Turmwart um 20 h zu haben ist.
Süd: Mittelberg und gr. Eibenberg vor dem Hackelsberge, dazwischen ein Teil des Kirchdorfes Falkenau mit dem Buchberge; zwischen diesem und dem Breitfelde (r.) die Spitze des Langenauer Berges; über dem Breitfelde der Wilsch; hinter dem Blottendorfer und dem mit ihm zusammenhängenden Sonneberger Rücken liegt quer der Koselrücken, dem die Ruine des dahinterliegenden Ronberges in der Mitte aufzusitzen scheint, überwölbt von der kapellengekrönten Glocke des Georgsberges im Hintergrunde; weiter r. Steinschönau hinter dem gleichnamigen Berge; dahinter der Hofberg bei Sandau, r. davon hinten der Geltsch jenseits der Rabensteiner und Hundorfer Höhe, und hinter ihm die doppeltürmige Hasenburg bei Lobositz. Südwest: Vorn der kl. Schöber, dahinter der schwarze Himpelberg, links davon der Schindlhengst zwischen kl. (r.) und gr. Ahrenberg; r. über letzteren hinaus der Donnersberg weit draußen; r. hinter dem kl. Schöber der betürmte Kaltenberg, l. davon der Borschen bei Bilin als Abschluß einer Talsenkung, die von kulissenförmig hinter einander geschobenen Höhenzügen gebildet wird (l. Bockner Höhe, Kronhübel, Reichner Höhe, Zinkensteinrücken, Nemschner Hochebene und hohe Wostrai, r. Parlosa, Tannbusch bei Wöhlen, Hortau, Siebenberge, Padloschin); r. vom Kaltenberge der Rosenberg (Turm), zwischen beiden der betürmte Schneeberg vor der Erzgebirgswand. West: Das Kreibitztal mit Oberkreibitz, Schönfeld (l. davon), Stadt Kreibitz (teilweise vom Plissenberge verdeckt), Niederkreibitz, Rennersdorf mit dem Kreuzberge, hinten der gr. Zschirnstein; r. von Rennersdorf die Dittersbacher Felsen, die Prebischwände, die beiden Winterberge[52] mit dem Lilienstein und Höhen von Dresden (Windberg), dazwischen und mit dem Königstein hinter Pabst- und Pfaffenstein zur Linken. Nordwest: Kleinsemmering mit dem Bahnhofe Schönfeld zwischen Plissen- und Fladenberg; dahinter l. der Irig und die Hochbuschkuppe (Turm) hinter einander, r. Unger (Turm), Schweizerkrone und Tanzplan (Turm); vor diesem im Mittelgrunde das Steingeschütte hinter Teichstatt; r. davon in nördl. Richtung die Stadt Schönlinde hinter dem Spiegel des Bernsdorfer Teiches, l. anschließend Falkenhain und Neuforstwalde, dahinter der betürmte Valtenberg jenseits Schnauhübel (Kirche) und des Zeidler Plissenberges, r. die Wolfsbergspitze (Turm), der Pirsken und Botzen hinter einander. Nordost: Vorn Tannendorf, darüber der Kreuzberg, l. von ihm die Kirche von Grund, r. die von Sankt Georgental; dann folgen hinter einander die Kirchdörfer Seifhennersdorf und Eibau, der Kottmar (Turm) mit dem Löbauer Berge l. und dem Rotsteine r., endlich die Jauernicker Berge. Links vom Kreuzberge die zusammenhängenden Ortschaften Sofienhain, Obergrund, Lichtenstein und Lichtenberg mit dem Lichtenberger Teiche, darüber Schönborn (Kirche), weiter Rumburg, dann Georgswalde, Philippsdorf und Gersdorf, l. von Rumburg der Rauchberg (Turm), l. von diesem die Spitze der Altehrenberger Kirche, dahinter der Jüttelsberg und weiter der Mönchswald bei Bautzen; zwischen diesem und dem Löbauer Berge (Turm) spannt sich eine Bergkette mit dem betürmten Czornebog (hinter dem Lichtenberger Teiche) und Bilebog. R. von Georgental im Lausebachtale Niedergrund, dann Warnsdorf, Großschönau, Hainewalde; l. über Warnsdorf der Burgsberg (Warte), dann hinter einander der Warnsdorfer Spitzberg, der Oderwitzer Spitzberg, der Hutberg bei Herrnhut, die Königshainer Berge und die Landeskrone; knapp am Lauschekamme l. der Breiteberg bei Großschönau, dann Hörnitz bei Zittau. Ost: Vorn Dorf und Ruine Tollenstein, l. dahinter Innozenzendorf vor dem Ziegenrücken; r. von diesem die Finkenkoppe, zwischendurch die Lausche, weiter der Sonnen- und Jonsberg, endlich im Hintergrunde l. das Isergebirge mit der Tafelfichte, r. das Riesengebirge mit der Schneekoppe; von der Finkenkoppe r. die Jeschkenkoppe. Südost: Im Schöbersattel Dürreberg und Mergtaler Limberg hinter einander, weiter der Silberstein, hinten die zweispitzige Ruine Trosky vor dem Kosakow und den Lomnitzer Bergen. Rechts vom Schöber der Friedrichsberg, dann der Tolzberg, dazwischen der Dewin mit dem Hammerspitz, draußen der Wiskersch mit Kapelle und der Musky bei Münchengrätz; r. vom Tolzberge hinter einander der Glaserter, der Grüner Berg und der Roll; r. von diesem die beiden Buchberge bei Hühnerwasser, davor der Laufberg. Hinter der Station Tannenberg zu Füßen, neben der die Tannteiche heraufglitzern, ist der gr. Buchberg, an ihm r. der ruinengekrönte Bösig; r. davon bis zum Kleis der Wratner Berg (Turm) und die Hauskaer Berge, davor der Tachner Berg hinter dem Kummergebirge, näher das Schwoikaer Gebirge, ganz vorn der Hamrichberg; r. vom Kleis das Daubaer Gebirge, davor der Maschwitzer Berg und vor diesem Ruine Habichtstein.
Wer hier die Kammtour abbrechen will, hat die Wahl zwischen den Bahnstationen Tannenberg und Grund-Georgental, zu ersterer 40, zu letzterer 50 Min.
Zum Abstiege vom Tannenberge benützen wir einen Teil des Aufstiegweges, bis zur Wegteilung nämlich (4 Min.), wo man einen herrlichen Blick auf die zu Füßen liegende, waldumschlossene Station Tannenberg hat. Hier biegen wir r. ab und wandern einen anfangs fast ebenen und erst später mehr sich senkenden Weg abwärts, an dessen bebuschten Gehängen zahlreiche, weit umher[53] kriechende Stengel von doppelährigem Bärlapp (Lycopodium clavatum L.) auffallen und auch Exemplare des selteneren Haller'schen Reitgrases (Calamagrostis Halleriana DC.) zu finden sind. Nach 10 Min. mündet von rechts der steilere Abstieg vom Berge ein; nach weiteren 5 Min. kommen wir zu einer Wegkreuzung vor einem Kruzifix; wir wandern geradeaus weiter und nach 2 Min. links ab. Gleich darauf treten wir aus dem Walde und haben einen prachtvollen Blick auf die betürmte Wolfsbergspitze, die sich in einer Ausbuchtung des Georgentaler Galgenberges (593 m) scharf abzeichnet, symmetrisch flankiert vom Zeidler Plissenberge l. und dem Pirsken r., während der Valtenberg (Turm) den Hintergrund bildet.
Gleich hinter dem erwähnten Kruzifix, wo auch von dem r. liegenden Dorfe Tollenstein ein Weg einmündet, kann man, den Kleinsemmeringer Weg l. lassend, geradeaus einen Abstecher auf den 12 Min. entfernten Georgentaler Kreuzberg (Granit, 563 m), machen. Der Name hängt mit einer Kapelle »zum hl. Kreuz« zusammen, welche 1764 erbaut, 1817 eingeweiht und 1882 durch einen Turm an der Hauptfront erweitert wurde. Sie ist das Wanderziel zahlreicher frommer Waller. Aber auch die Aussicht ist eine bemerkenswerte; an ihr erfreute sich auch am 21. Sept. 1779 Kaiser Josef II. Besonders schön ist der Überblick nördlich über die 138 m niedriger liegende, freundliche Stadt Georgental; dahinter tief im Tale Ober- und Niedergrund, darüber Schönborn r. vom Lichtenberger Teich; westlich liegt der Galgenberg, r. daneben Teichstatt, der Bernsdorfer Teich, dahinter die Wolfsbergspitze; östlich jenseits des Häusermeeres von Warnsdorf und Großschönau die Stadt Zittau. Zur Bequemlichkeit der Besucher hat die Abteilung Georgental des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen 1895 an den schönsten Aussichtspunkten nach allen 4 Weltgegenden Ruhebänke aufgestellt, – Auf dem Kreuzberge stehen wir auf einem geologisch höchst interessanten Boden. In dem Granite, der sich hier – wie schon früher auf unserem Wege am Ziegenrücken bei Innozenzendorf (S. 44) – gegen den Sandstein abgrenzt, findet sich nämlich eine ziemlich ausgedehnte Partie von Gneis und eingezwängt zwischen ihr und dem Granit eine Grauwackenscholle, welche sw. von St. Georgental den Wein- und Galgenberg bis zu Hampel's Bleiche einnimmt. Diese Grauwacke nun ist von Erzgängen durchzogen, welche Kupferkies, silberhältigen Bleiglanz und Zinkblende enthalten und wiederholt seit der Mitte des 15. Jahrh. bergmännisch abgebaut wurden, in ausgedehntestem Maße aber unter dem Grundherrn Georg v. Schleinitz, dem St. Georgental als Bergstadt ihre Gründung (1548–1553) verdankt. Der letzte Abbauversuch geschah Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrh.
Wer den Umweg über Georgental machen will, steigt über Stufen, an den Kreuzwegstationen vorüber durch eine schöne Allee hinab. Die auch von Sommerfrischlern aufgesuchte Stadt hat 250 Häuser, namhafte Sammtfabrikation, ein Kriegerdenkmal (seit 2. Okt. 1904), eine Studentenherberge und ist Sitz einer Abteilung des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen. Aus Georgental stammt außer anderen der berühmte Gesangsmeister Joh. Alois Miksch, geb. 1765, gest. 1845 in Dresden. Beachtenswert sind die an der Außenseite der 1612 erbauten Kirche eingemauerten Sandsteinkugeln mit Löwen- und Menschengesichtern, die vielleicht einst Säulenknäufe oder Wandzierraten im Rittersale der Burg Tollenstein gewesen sein mögen. Der Weg zur Station Grund-Georgental (15 Min.) führt nördlich weiter. Um aber den Kammweg wieder zu erreichen, wendet man sich westlich auf die Kreibitzer Straße und schlägt sodann die südlich von dieser abzweigende, am Schmelzewasser aufwärts führende Straße nach Tannendorf (30 Min.) ein.
Der Kamm-Weg führt vom Waldrande ab, während dem man r. über die Wiesenflächen hinweg einen hübschen Blick auf Obergrund mit Sofienhain, auf die Lichtenberger Windmühle und die Schönborner Kirche darüber und auf den betürmten Kottmar im Hintergrunde hat, in 10 Min. hinunter auf die Straße in Tannendorf (22 H.), auch Telle genannt, eine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. entstandene Ansiedlung, die sich seit einer Reihe von Jahren, Dank der herrlichen Waldlage und des vorzüglichen Wassers, der vollkommensten Ruhe und Abgeschiedenheit zur Sommerfrische aufgeschwungen hat. In 4 Gast- und 2 Privathäusern findet man gute Unterkunft, in den Gasthäusern »Wildner« und »zum Tannenwald« auch volle Verpflegung zu mäßigen Preisen. Die Nahrungsmittel werden aus Sankt Georgental (30 Min.) beschafft, von wo am West-Ende des Dorfes die Straße einmündet.
Beim Gasthause »zum Tannenwald« verlassen wir das Dorf, lassen nach 2 Min. die Straße nach St. Georgental r. und schneiden, nun wieder im Walde, nach 8 Min. einen Fahrweg, der in 5 Min. zu der r. Hand auf einer Waldlichtung gelegenen, zu Tannendorf und Obergrund gehörigen, aber erst später zur Ansicht kommenden Einschicht »Hampels Bleiche«, auch »Neue Welt« genannt, hinaufführt, senken uns dann allmählich nach l. zu über zwei Ursprungsäderchen des Fischbaches, eines Zuflusses des Grund- bzw. Lausebaches, hinweg – Fundort von üppigem Waldhabichtskraut (Hieracium vulgatum Fries) – und umgehen sodann, allmählich wieder ansteigend, den r. gelegenen Fladenberg (543 m), der seinen Namen von einem Ritter von Flade haben soll, der hier einst eine Glashütte leitete, wobei wir l. des kl. Schöbers (676 m) mit seinen wild sich häufenden Klingsteinblöcken ansichtig werden, die auf dem Gipfel unregelmäßig anstehen und ein liegendes Gesicht vortäuschen, weshalb der Berg auch Gesichtsberg oder Riesenkopf genannt wird. In 20 Min. stehen wir am Bahndamme der Böhm. Nordbahn, dem entlang wir uns nach rechts wenden, zunächst in 4 Min. zum Bahnviadukt und dann in weiteren 4 Min. auf der Oberkreibitzer Straße zu der einschichtig ziemlich hoch (489 m), mitten im Walde zwischen Plissen- (599 m) und Fladenberg auf der Hauptwasserscheide zwischen Elbe und Oder, an der von Oberkreibitz-Schönfeld nach Teichstatt führenden Straße gelegenen Station Schönfeld gelangen, dem Knotenpunkte der Linien Prag-Leipa-Georgswalde-Ebersbach und Warnsdorf-Bodenbach der Böhm. Nordbahn.
Unmittelbar neben derselben befindet sich die Kuranstalt Kleinsemmering, die samt den Stationsgebäuden zur Gemeinde Teichstatt gehören. Den Grund zu dieser Kuranstalt, deren[55] Benennung durch die Steigungsverhältnisse der Bahn und den kleinalpinen Charakter der umgebenden Gebirgslandschaft gerechtfertigt erscheint, legte der Schönfelder Industrielle Emanuel Tschinkel, indem er gleich nach Eröffnung der Böhm. Nordbahn 1869 vom Grundherrn Fürsten Ferd. Kinsky eine größere Waldparzelle erwarb und daselbst eine große Restauration mit zwei Glasveranden nebst Stallungen, Speisegarten, Musikpavillon, Zierpark, Wasserleitung, (Raimundsbrunnen) und einen nahezu 11 ha großen Tiergarten anlegte, wozu dann 1873 und 1874 der Bau der Villa Raimund mit 12 Fremdenzimmern und 1882 ein von eisenhältigen Quellen des Plissenberges gespeistes Badehaus mit 4 bequemen Zellen kam. Seit 1885 gehörte die Anstalt den Brüdern C. G. und F. Hermann, Fabriksbesitzern in Warnsdorf und Isertal. Unter ihnen schwang sich Kleinsemmering infolge mannigfacher Verbesserungen und Erweiterungen zu einem trefflich geleiteten Luft- und Terrainkurorte empor. Seit 1904 ist Ernst Seibt, Kaufmann in Reichenberg, Besitzer, der den Kurort den Fortschritten der Neuzeit entsprechend umgestaltet hat. Es stehen 30 heizbare Zimmer in 5 Logierhäusern zum Wochenpreise von 6–30 K zur Verfügung; Leihbibliothek, Konzertsaal, Briefablage u. a. sind vorhanden; der auf einer nach SO. abfallenden Lehne sich hinziehende Wildpark bietet mit seinem dichten Wald, seinen Wiesenplätzen, Felspartien und seinem Teiche mannigfache Abwechslung und Zerstreuung. Die Kursaison dauert von Mai bis September.
Wir verlassen, dem Kammzeichen weiter folgend, die gastliche Stätte auf einem Fußwege, der hinter den Stallungen der Kuranstalt am Wildparkzaune entlang, anfangs durch einen schattigen Hohlweg am Gehänge des Plissenberges hin, dann über die liebliche Pilzwiese in 20 Min. abwärts ins Kreibitzbachtal nach Oberkreibitz führt. Oberhalb der ersten Häuser des 170 Nummern zählenden Industrialortes, noch besser von dem in der Nähe sich erhebenden Tomelsberge (463 m, Basalt, Totenstein), hat man einen prächtigen Überblick über die zusammenhängenden Orte Oberkreibitz und Schönfeld auf die im Halbkreis angeordneten Bergkuppen des Kreibitzer Gebirges: den kl. Schöber l., dann den gr. Eibenberg, den kl. Eibenberg, den Schindelhengst (dahinter die Spitze des gr. Ahrenberges) und die beiden Himpelsberge (dahinter den Buchhübel); neben Schönfeld l. die Juliushöhe im Vordergrunde.
Im Weiterschreiten durch den schon 1457 urkundlich genannten Ort bemerkt man als vorherrschende Erwerbszweige Zwirnerei und Glasverfeinerung. Letztere Industrie ist sehr alt, da schon im 15. Jahrh., vermutlich schon vor den Hussitenkriegen, daselbst eine[56] Glashütte im Betriebe stand, welche mit dem anschließenden Gute bis 1612 der Familie Friedrich gehörte und im Jahre 1847 dem Neubaue der jetzigen Glasfabrik Platz machte, die 1867 an die Kittel'schen Erben (Franz Zahn) gelangte, seit 1882 Eigentum der Firma Michel und Mayer war, derselben, die auch die Glasfabriken in Teichstatt und Haida besaß, und seit 1904 »A. Mayer & Sohn« firmiert. Sie steht rechts an der Straße, die von der Station Schönfeld herab nach Kreibitz führt und gerade bei ihr kommt der Fußweg von Kleinsemmering herab. Der »Hof«, gegenüber dem Gasthause »zum Herrenhause« – von dessen Terrasse man einen hübschen Blick über den Mühlteich (bei der Rittermühle, jetzigen Glasschleiferei) auf den Tannenberg und den kl. Schöber hat – ist so ziemlich das älteste Gebäude im ganzen Kreibitzer Kessel.
Ein Umweg über Kreibitz, die Perle des Kreibitztales, beansprucht keinen besonderen Zeitverlust. Man erreicht die Stadt auf der Straße weiter längs des Kreibitzbaches in 20 Min.; sie liegt am Kreuzungspunkte der Warnsdorf-Kamnitzer Reichsstraße mit der Oberkreibitz-Niederkreibitzer, zu beiden Seiten des Kreibitzbaches, über den hier eine altertümliche, hochgewölbte Steinbrücke mit zwei Barock-Heiligenstatuen aus dem Jahre 1751 führt, hat 250 Häuser, eine reiche Industrie (vorherrschend Zwirnerei und Baumwollwaren-Erzeugung, auch ein schon 1500 bestandenes Bräuhaus), eine Gedenktafel am Hause Nr. 135 zur Erinnerung an Kaiser Josef II., der hier als Gast des Viehhändlers Kasimir Eschler am 21. Sept. 1779 übernachtete, eine andere am Hause neben dem schönen, gothischen Rathause zur Erinnerung an den berühmten Naturforscher Thaddäus Haenke, der daselbst 1761 geboren wurde, eine zum Teil noch aus dem 16. Jahrhunderte stammende Kirche mit uralten Glocken, und ist Sitz der Abteilung Kreibitztal des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen. Ihr ältestes Privilegium stammt aus dem Jahre 1383. Man folgt sodann von Kreibitz der südlich nach B. Kamnitz führenden Ärarialstraße, in die nach 45 Min. l. die Schönfelder Straße, und mit ihr der Kamm-Weg einmündet. Auf dem Wege dahin kommt man nach wenigen Min. am Lindenhübel (398 m) l. der Straße vorüber, von dem man sich des Anblickes des Gebirges östlich gegen den Talschluß hin erfreuen und zugleich ein interessantes Naturspiel wahrnehmen kann, nämlich »die schlafende Jungfrau«, gebildet von dem gesichtsähnlichen Umrisse des kl. Schöbers mit dem anschließenden Tannenberge und dessen Ausläufern.
Bei der Glasfabrik grenzt Oberkreibitz an Schönfeld. Nun auf der Kreibitzer Straße einige hundert Schritte nach rechts, bis uns das Kammzeichen auf die Straße verweist, die links durch Schönfeld abbiegt. Währenddem kommt rechts die Stadt Kreibitz zu Gesicht und über sie hinaus zwischen den Himpelbergen (l.) und dem Irig bei Daubitz (r.) die Dittersbacher Felsenwelt, während l. Tannenberg und kl. Schöber mit der Juliushöhe im Vordergrunde im Gesichtsfelde bleiben. Die Bewohner von Schönfeld, das 1709 auf Gründen, die ehemals zur Oberkreibitzer Glashütte gehörten, angelegt wurde, über 100 Häuser zählt, Post- und Telegraphenamt, eine schöne Turnhalle (seit 1903), auch eine Studentenherberge (in der einladenden Schröter'schen Restauration l. an der Straße, die[57] zugleich Auskunftsstelle der Gebirgsvereins-Abteilung Kreibitztal ist) aufweist, haben im Allgemeinen dieselben Erwerbszweige wie die von Oberkreibitz. Vor der Restauration befindet sich die Schröter'sche Zwirnfabrik (mit 6000 Spindeln), weiter die 1840 gegründete Strick- und Häkelgarnfabrik der Firma Ig. Schröter's Sohn, deren Erzeugnisse als Schönfelder Strickwolle eine Spezialität bilden. Unweit der Restauration befindet sich auch die Stammfabrik der bis 1903 bestandenen Firma Aug. Tschinkel Söhne und zugleich der Ausgangspunkt der österreichischen Zichorienfabrikation, die hier von Aug. Tschinkel 1806 zur Zeit der Kontinentalsperre eingeführt wurde. Die seit dem Jahre 1862 daneben bestandene Chokoladenfabrik wurde 1889 nach Lobositz verlegt und mit der dortigen Zuckerwaren- und Kaffeesurrogatfabrik verbunden, wo sie heute noch als Eigentum einer Aktiengesellschaft im Betriebe steht. Auch eine Leimfabrik wurde vor einigen Jahren in Schönfeld errichtet.
Ganz nahe ö. beim Orte (15 Min.) erhebt sich die Juliushöhe, ein zierlicher Basalthügel (514 m), von welchem sich das ganze Kreibitztal mit seinen Waldbergen überblicken läßt; besonders w. und nw., wo sich das Tal zwischen den Himpelbergen (l.) und dem Plissenberge (r.) öffnet, ist der Ausblick fesselnd. Die Stadt Kreibitz jenseits Schönfeld hält die Mitte; l. derselben hat man die Dittersbacher Felsen, dahinter die Zschirnsteine, den Zirkelstein (gerade hinter dem spitzen Marienfelsen), den Pfaffen- und Pabststein und den gr. Winterberg (hinter dem Rudolfstein); r. von Kreibitz trifft der Blick auf den Irig, hinter ihm auf den betürmten Tanzplan b. Nixdorf, weiter r. über Oberkreibitz im Vordergrunde auf den Pickelstein vor dem Rücken des Steingeschüttes, im Hintergrunde auf den betürmten Valtenberg.
In der Nähe der Schröter'schen Strickwollefabrik, dort wo sich der Eisenhübel mit hübschem Blick auf das bachdurchflossene und teichglitzernde Tal zwischen ihm und den. kl. Himpelberge erhebt, teilt sich die den Ort durchziehende Straße. Links führt sie zwischen dem kl. Eibenberge (598 m) und dem, eine liebliche Aussicht bietenden Aschenstein (605 m, r.) über den 527 m hohen Sattel im westlichen Flügel des zentralen Teiles des nordböhmischen Sandsteingebirges in 1 Std. zur Bahnstation Falkenau im Kamnitzbachtale; unsere Straße aber führt r. weiter. Am Ende der letzten Häuser von Schönfeld haben wir vor uns r. die beiden Himpelberge, geradeaus den Schindelhengst, rückwärts den Tannenberg und daneben den gr. und kl. Eibenberg. Hier steht an der Straße der Hochbehälter der am 19. Juli 1904 eröffneten Wasserleitung für die Gemeinden des Kreibitztales aus vier am nö. Abhange des Schindelhengstberges entspringenden Quellen. Die Straße quert dann den 486 m h. Sattel zwischen Schindelhengst (650 m, l.), und dem höheren der beiden Himpelberge, dem sog. »kleinen« oder schwarzen Himpelberge (633 m, r.), und trifft in 30 Min. auf die Kaiserstraße, die von Kreibitz her nach B. Kamnitz[58] führt, wo wir nahe vor uns den kl. Ahrenberg oder Breitenberg (613 m) – interessant wegen der knolligen Form des Basalts inmitten frischgrüner Waldpartien und als Kampfstätte im Gefechte am 19. Juli 1757 – und rechter Hand etwas entfernter den als Aussichtspunkt bekannten Buchhübel (554 m) haben.
Wem harmlose Kletterei und ein kurzer Kampf mit sparrigem Strauchwerk die Wanderfreuden erhöhen, dem ist der Aufstieg auf den schwarzen Himpelberg anzuraten, einen wilden Gesellen mit steilen Abstürzen und ungeheuren Blockhalden basaltischen Gesteins, vor deren mächtigem Druck die Vegetation bescheiden zurückgewichen ist. Die freien Gipfelfelsen lohnen die Mühe durch eine Fülle mannigfaltiger malerischer Ausblicke. W.: An dem greifbar vorliegenden Kaltenberge r. vorüber der betürmte Rosenberg, l. hinter ihm der gleichfalls betürmte hohe Schneeberg und r. hinter diesem der Schönwalder Spitzberg; r. vom Rosenberge die Kirchdörfer Rosendorf und Arnsdorf hintereinander. NW.: Über dem vorgelagerten niedrigeren Himpelberg hinweg der Buchhübel, zwischen beiden hindurch der gr. Winterberg (Turm), l. von diesem Königstein, Pabst- und Pfaffenstein, über den Buchhübel hinaus der gr. Zschirnstein, dahinter der Geisingberg im Erzgebirge; r. vom Buchhübel im Hintergrunde hinter einander Saupsdorf (Kirche), Tanzplan und Valtenberg (Türme). N.: Kreibitz, dahinter die betürmte Wolfsbergspitze zwischen Irig (l.) und Steingeschütte. NO.: Oberkreibitz vor dem Plissenberge, l. dahinter der Czornebog (Turm), r. der ebenfalls betürmte Kottmar und r. vor diesem die Kirche von Schönborn bei Rumburg. O.: Die Juliushöhe hinter Schönfeld, dann der betürmte Tannenberg mit seinem wilden Trabanten, dem kl. Schöber; weiter r. der gr. und der kl. Eibenberg, zwischendurch der Mittelberg. SO.: Der Schindelhengst in nächster Nähe, l. an ihm vorüber rückwärts der gr. Buchberg bei Falkenau und l. hinter ihm die Jeschkenkoppe. S.: Der gr. Ahrenberg r. hinter dem Schindelhengst.
Wir folgen der Kaiserstraße nach l. und haben nach 5 Min. auf einer Waldlichtung l. der Straße das Forsthaus Kreuzbuche, zugleich »Gasthaus zur Kreuzbuche«, vor uns auf der Sattelhöhe (535 m) zwischen dem kl. und gr. Ahrenberge. Der Name der Örtlichkeit hängt mit dem Gefechte zusammen, welches am 19. Juli 1757 die Preußen auf ihrem Rückzuge gegen österreichische Truppen daselbst zu bestehen hatten. Die damals Gefallenen wurden an der alten Straße in der Nähe des jetzigen Forsthauses, das aber erst später gelegentlich der Anlage der heutigen Straße erbaut wurde, beerdigt; man brachte daselbst an einer Buche ein Bildnis des Gekreuzigten an und nannte die Lichtung im Walde mit den Soldatengräbern »bei der Kreuzbuche«; so heißt sie noch heute, wenn auch das Kreuz nicht mehr an einer Buche, sondern gegenüber dem Forsthause an der r. Seite der Straße, wo beschattete Bänke und Tische zum Ausruhen einladen, an einem Lärchenbaume hängt. Die Örtlichkeit ist aber nicht bloß kriegsgeschichtlich, sondern auch volksgeschichtlich von Interesse; hier zog sich gegen den Schöber und weiterhin in der Richtung des Kammweges zum Jeschken der uralte Markwald, die Grenzscheide zwischen den Wenden oder Sorben und den Tschechen, und heute noch gilt[59] diese Richtungslinie als Grenze des sogenannten Niederlandes, des nördlichsten Böhmens. Die Einschicht »Kreuzbuche« gehört zu dem 30 Min. s. entfernten Dorfe Hillemühl (Bahnstation) im Kamnitzbachtale, wohin eine Waldstraße längs des Wiesenwassers von der Kaiserstraße kurz vor dem Forsthause l. abzweigt.
Auf halbem Wege dahin führt l. 50 Schritte seitab ein Weg zu dem vom Lokalklub Hillemühl des Nordb. Exkursions-Klubs erschlossenen Wasserfall mitten in prächtiger Waldung. Er wird vom Wiesenwasser gebildet, das unter der Kreuzbuche entspringt und auch Fallwasser heißt, weil es wenigstens zehnmal gezwungen ist, ganz beträchtliche Sprünge über hohe Felsen zu machen. Der Hauptfall ist ungefähr 10 m hoch und setzt sich unterhalb noch ebenso weit in Abstufungen fort; er verdient deshalb hohe Beachtung, weil er nicht bloß so ziemlich der einzige in dieser Gegend ist, sondern auch mit manchem vielgenannten in den deutschen Mittelgebirgen den Vergleich aushalten kann. – Der gr. Ahrenberg (Ahornberg), an dessen Westabhange der Wasserfall sich befindet, ist eine 705 m hohe, bewaldete Basaltkuppe, die man von der Kreuzbuche aus in 35 Min. besteigen kann. Wenn auch an absoluter Höhe dem Kaltenberge um 26 m nachstehend, ist der gr. Ahrenberg nach räumlicher Ausdehnung und nach seiner zentralen Lage als der König des Kreibitzer Berglandes anzusehen. Die Aussicht beschränkt sich nur auf N. und O., vom Rande des Steilabfalles aus, der den Berg in die Ferne hin wie abgehackt erscheinen läßt, ist aber immerhin lohnenswert. W.: Kaltenberg. NW.: Buchhübel; zwischen beiden die Kuppen der sächsischen Schweiz, ganz hinten der Borsberg bei Pillnitz (in der Einsenkung zwischen gr. und kl. Winterberg); l. vom Buchhübel der Tanzplanberg (Turm), r. der Irig. N.: Kreibitz hinter den beiden Himpelbergen, r. davon Kleinsemmering, weiter die Kirche von Schönborn und dahinter der betürmte Kottmar. NO.: Der gr. Eibenberg, dah. Schöber, Tannenberg, Ruine Tollenstein, Warnsdorfer Spitzberg; r. vom Tannenberge die Lausche hinter dem Friedrichsberge. O.: Hochwald (Turm) hinter dem Hackelsberge, r. davon die Jeschkenkoppe. SO.: Über Falkenau der Kleis, r. davon die beiden Bösige. Am n. Fuße des gr. Ahrenberges, in dem dort anstehenden Sandsteine, findet sich ein verbrochener Stollen, die sog. »Silbergrube«, in der man wahrscheinlich nach Eisenerzen gesucht hat.
Der Kammweg folgt, am Fuße des kl. Ahrenberges hin, während die dunklen Kuppen des Schindelhengst- und gr. Ahrenberges l. verschwinden, der nach B. Kamnitz weiter führenden Waldstraße noch 6 Min. und biegt dann r. ab auf einen steinigen Fahrweg, der zwischen hohem Mischwald zumeist eben verläuft. Durch das goldgrüne Laubdach der Buchen irren einzelne Sonnenstrahlen nieder auf den feuchten Boden und werden vom lichthungrigen Völkchen der mannigfaltigsten Kräuter begierig aufgesogen, die hier auf der Verwitterungserde des Basaltes mit besonderer Vorliebe gedeihen und die Gastfreundschaft mit einer Fülle kleiner Reize entgelten: Christophskraut (Actaea spicata L.), Bingelkraut (Mercurialis perennis L.), Zahnwurz (Dentaria bulbifera L. und Dentaria enneaphylla L.), weiße Pestwurz (Petasites albus Gärtn.), Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis L.), Quirlblättrige Weißwurz (Polygonatum verticillatum All.), Einblütiges Perlgras (Melica uniflora Retz.), Sauerklee (Oxalis[60] acetosella L.) u. s. w., vor allem aber Freund Waldmeister (Asperula odorata L.).
Mittlerweile haben wir den südl. Fuß des Auberges (688 m) umgangen und werden seiner nach 13 Min., nach Überschreiten zweier Wasseradern, die dem Wiesenbache zufließen, r. ganz nahe über einer Wiese ansichtig. Noch 1 Min. und auch l. wird der Ausblick frei auf den schroff aufsteigenden Goldberg, l. an ihm vorüber auf die vor dem Forstberge sich weit hindehnende Stadt Steinschönau. Am Südabhange des Auberges zwischen Wiesen weiterschreitend, treten nach und nach l. von Steinschönau andere Kuppen ins Gesichtsfeld: vorn der schroffe Mittenberg bei Preschkau, dahinter der Steinschönauer Berg, noch weiter der Sonnebergrücken; dann l. vom Mittenberg vorn der Schäferberg, dahinter der Bildstein, an den sich nach l. der Blottendorfer Kamm, das Breitfeld und der gr. Buchberg anschließen; zwischen den letzteren beiden zeigt sich hinter den Häusern von Falkenau-Kittlitz die Spitze des Kleis; der gr. Ahrenberg schließt am weitesten l. das Bild ab.
Nach 5 Min. kommt r. am Auberge vorüber der Kaltenberg zum Vorschein, vor uns der Himmertschberg, zwischen beiden hinten der prächtige Rosenberg.
Hier zweigt l. ein Fahrweg in 10 Min. zum Goldberge (654 m) ab, dessen Besuch jedem klettergeübten Wanderer anzuraten ist. Der Gipfel wird von einem durch zwei Scharten unterbrochenen, ziemlich scharfen Grat gebildet; nach Süd fällt der durch eine starke Polarität sich auszeichnende Fels senkrecht zu mächtigen Schutthalden ab; die Westseite zeigt schöne Absonderungsrisse des basaltischen Gesteins; ein Bruch auf der uns zugekehrten Nordostseite zeigt vorzüglich abgesonderte, gleich stark in einer Länge von mindestens 20 m verlaufende Basaltsäulen. Der höchste Punkt ist besetzt mit einem Strauch der Alpen-Johannisbeere (Ribes alpinum L.); nach Südost verdecken Buchen die Aussicht; die anderen Richtungen gewähren höchst malerische Ausblicke.
Zwischen Wiesen, auf denen Wohlverleih (Arnica montana L.) in kräftigen Exemplaren wächst, eben weiter wandernd, sind wir nach 3 Min. beim ersten Hause von Hasel; unter uns zieht sich l. das Dorf, darüber zeigt sich l. vom Himmertschberge der Huttenberg, noch weiter l. der Lotterberg und hinter ihm die Doberner Höhe mit Parlosa. Am Auberg-Walde (r.) entlang, an den die Häuser grenzen, wenden wir uns l. auf die Dorfstraße, die wir in 3 Min. erreichen, unmittelbar bei Franz Büchse's Gasthause »zum Kaltenberg«, wo man ganz gut aufgehoben ist. Dorf Hasel, das sich eines sehr hohen Alters rühmen kann, zieht sich mit seinen 150 Häusern zu beiden Seiten des Haselbaches, der oberhalb des Dorfes am Kaltenberge entspringt, lang hingestreckt in steiler Talschlucht sö. abwärts von 550 m bis 400 m Seehöhe gegen das Kamnitztal und eignet sich vermöge seiner echt alpinen,[61] zwischen Waldbergen geschützten Lage vorzüglich zum Sommeraufenthalte, wozu in 3 Gast- und 6 Privathäusern Wohnungen verfügbar sind zum Wochenpreise von 4 K aufwärts für eine Person. Es besteht hier eine Abteilung des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz nebst Studentenherberge, eine Zwirnfabrik, mehrere Bleichen, ferner ein schönes Schulhaus, zu dessen Bau der als eines Bauern Sohn in Hasel 1810 geborene und in B. Kamnitz am 28. Aug. 1889 verstorbene Fabriks- und Herrschaftsbesitzer Franz Preidl Edler v. Hassenbrunn 20000 K beitrug.
Bei Hasel wurde am 19. Juli 1757, nach der Schlacht bei Kolin, ein Teil der auf dem Rückzug von Leipa über B. Kamnitz und Kreibitz nach Zittau befindlichen preußischen Armee, gegen 45000 Mann unter den Generälen v. Schmettau, Winterfeld, v. Seydlitz und dem Prinzen von Bayern, von österreichischen Kroaten und Hußaren unter General Beck, welche die Waldungen am Kaltenberg zur Sicherung der Paßstraße B. Kamnitz-Hasel-Kreibitz, sowie der Straße nach Niederkreibitz, welche über Kunersdorf den Westfuß des Berges umzieht, besetzt hielten, überfallen, und mußte nach langem, den ganzen Tag währendem, blutigem Gefechte einen großen Teil seiner Bagage- und Munitionswägen, sowie die mitgeführten Pontons im Stiche lassen. Der heftigste Kampf fand in der sog. »Dreh« zwischen Hasel und Kunersdorf, dann beim »grünen Kreuz« nächst Unterhasel, auf den Hasler »Felgen«, am Breitenberge, im blauen Meere, auf dem Klötzerplane, bei der Judenbrücke, in den Tschakert'schen Gräbern bei Kaltenbach und an noch andern Stellen, die von daher ihren Namen führen (Kriegerwiese, Preußenhau), statt. Beim Streurechen und Holzmachen fand man bis in die neueste Zeit Kugeln, Rüstzeug und Waffen, die zum Teil noch von Hasler Insassen verwahrt werden.
Noch eine kurze Wegstrecke und wir betreten den freien, mit Äckern und Wiesen bedeckten Sattel oberhalb des Dorfes; r. schaut der Auberg auf uns herab, l. erhebt sich noch beiläufig 150 m hoch der Kaltenberg; vom S. her grüßt aus dem Kamnitztale der steile, ruinengekrönte Schloßberg, dahinter erblicken wir die Steinschönauer Hochfläche, weiterhin den Geltsch und Berge des Mittelgebirges. Zur Spitze des Kaltenberges leitet eine originelle, von der Gebirgsvereinssektion Hasel 1887 bis 1890 geschaffene Weganlage, S-förmig, gepflastert, 2 m breit, deren Unbequemlichkeit, die besonders beim Abwärtsgehen trotz des an der steilsten Stelle angebrachten Geländers große Vorsicht erheischt, durch den prächtigen Laubwald ausgeglichen wird. Jedem Naturfreund, zumal dem Botaniker, muß das Herz aufgehen angesichts der Üppigkeit und Mannigfaltigkeit des Pflanzengewühls, womit der Boden des herrlichen Bergwaldes geziert ist. Abgesehen von verschiedenen seltenen Pflanzen, wie Cineraria sudetica Koch (Sudeten-Aschenkraut), Poa sudetica Haenke (Riesengebirgs-Rispengras), Veronica montana L. (Berg-Ehrenpreis), Arum maculatum L. (Geflecktblättrige Zehrwurz), Lunaria rediviva L. (Mondviole), Circaea alpina L. (Alpen-Hexenkraut), Ribes alpinum L. (Alpen-Johannisbeere), Lilium martagon L. (Türkenbund), Lycopodium[62] annotinum L. (Sprossender Bärlapp) u. a., erscheinen viele bekannte Pflanzen, Vergißmeinnicht, Anemonen, Lungenkraut, Primel und Sauerklee in ganz auffälliger Größe und Farbenpracht. Unter dem Gestein finden sich zierliche Schnecken (Helix personata Lk., Clausilia laciniata). Ohne große Anstrengung ist die Spitze des Berges in 25 Min. von der Hochmatte ab erreicht. Seine aus olivinreichem Basalt bestehende Kuppe bildet den Endpunkt und zugleich die höchste Erhebung (731 m) im Kreibitzer Gebirge, wie der westliche Flügel der zentralen Gruppe des Nordböhmischen Sandsteingebirges gewöhnlich genannt wird. Seiner hervorragenden Lage wegen diente der Berg, im Volksmunde »Kalenberg« geheißen, bei der einstigen Triangulierung Böhmens als Dreieckspunkt, wie ein noch vorhandener Stein mit der Inschrift: »Monumentum astronomico-geometricum« beweist. Auch zum Nummerngucken diente er. Im J. 1854 ließ der Grundherr Fürst Ferd. Kinsky auf dem Gipfel, damals nach ihm »Fürst Ferdinand-Stein« benannt, einen hölzernen Aussichtsturm und eine fliegende Schankwirtschaft daneben errichten und einen Weg von Kaltenbach, bzw. von Dittersbach her, der nahe dem Gipfel in den Kammweg einmündet und um 1890 von der Gebirgsvereinssektion Kaltenbach um- und ausgebaut wurde, anlegen. Im J. 1865 mußte der baufällige Turm wieder abgetragen werden; es war dies, abgesehen von dem 1825 errichteten Josefsturm auf dem Schöninger im Böhmerwalde, der erste Aussichtsturm in Böhmen. Am 15. Juli 1888 wurde dann neuerdings ein Aussichtsturm (Eintritt 20 h) der öffentlichen Benützung übergeben, den der Gebirgsverein für die böhmische Schweiz um den Kostenbetrag von mehr als 6000 K aufstellen ließ. Er stellt ein pyramidenförmiges Eisengerüst dar, ruht auf 80 cm hohem Steinsockel, hat eine Höhe von 16·3 m und ist über eine Wendeltreppe in 7 Windungen mit 92 Stufen ersteiglich; die Plattform faßt 25 Personen. Neben dem Turme wurde durch den Fürsten Ferdinand Kinsky ein schönes Blockhaus für Gastwirtschaft und Fremdenbeherbergung mit einem Kostenaufwande von mehr als 4000 K errichtet und am 14. Mai 1893 eröffnet. Einer der im Freien stehenden, aus einem einzigen Baumdurchschnitte bestehenden Tische läßt auf die Mächtigkeit der hier gedeihenden Riesenbäume, von denen schon mancher berühmt geworden ist, schließen. Prächtig schmeckt ein Trunk kühlen Kamnitzer Bieres im Schatten des rauschenden Bergwaldes, an den sich so manche Sage knüpft: vom Bier aus einer angebohrten Buche, mit dem ein reisender Handwerksbursche die Holzarbeiter labte; von dem Holzhauer, der im Walde immer trockenes Brod aß und sich dann aus[63] seiner Axt, die er in einen Stock schlug, Milch in einen darunter stehenden Topf laufen ließ; von dem Nachtjäger, der einem gewissen Prauschke erschien und ins Gesicht pfauchte, als sich dieser ein »Stiefkind« – den schwächeren von zwei Stämmen, die auf einem Stocke gewachsen sind – holen wollte; vom Salzborn, wo sich die Hasler ihren Salzbedarf geholt haben sollen, bis sich die Obrigkeit ins Mittel legte, u. a. m.
Die Aussicht vom Turme, auf welchem 1895 von der Sektion Hasel ein Panorama angebracht wurde, ist eine vielgerühmte; sie wetteifert mit der vom Hochwald, Lausche und Tannenberg. Während gegen O. und NW. große Waldgebiete sich ausbreiten, blickt man gegen N. und S. über zahlreiche zusammenhängende Ortschaften in schier unbegrenzte Weiten. Aus dem prächtigen Waldmeere der näheren und weiteren Umgebung erheben sich Dutzende von Bergen, in mehrfachen Reihen hinter einander malerisch gruppiert, jeder in seiner Form eigenartig, die meisten bewaldet, viele als kahle dunkle Felsen und Zacken hineingereckt in den blauen Himmel.
N.: Über Niederkreibitz zeigt sich l. vom Irig hinter der Daubitzer Kirche die betürmte Wolfsbergspitze und l. hinter ihr der Zeidler Plissenberg, Pirsken und Botzen hinter einander; über den Irig hinaus der Czornebog. An Niederkreibitz r. anschließend Stadt Kreibitz, dahinter Teichstatt mit dem Bernsdorfer Teiche und darüber hinaus der betürmte Kottmar, hinter welchem r. die Landeskrone den Horizont besäumt. NO.: Vorn die beiden Himpelberge, dahinter Oberkreibitz vor dem Plissenberge, r. hinter diesem die Schönborner Höhe mit der Lichtenberger Windmühle, noch weiter zurück die Burgsbergwarte bei Warnsdorf, der Warnsdorfer und Oderwitzer Spitzberg; r. hinter dem schwarzen Himpelberge der betürmte Tannenberg über dem kl. Schöber. O.: Vorn der kl. Ahrenberg, l. dahinter der Schindelhengst, l. hinter diesem der kl. und gr. Eibenberg, über letzterem die Finkenkoppe und ober dieser der Gipfel der Lausche mit der Bergwirtschaft; r. am kl. Ahrenberge der Auberg, zwischen beiden hindurch der gr. Ahrenberg, l. hinter diesem der Hackelsberg und hinter diesem, über dem Sattel von Antonienhöhe der betürmte Hochwald; draußen im Hintergrunde l. das Isergebirge mit der Tafelfichte, r. Höhen des Riesengebirges (Kesselkoppe, hohes Rad), davor die Jeschkenkoppe. SO.: Vorn der Goldberg, zwischen ihm und dem Auberge das Hillemühltal, darüber die Falkenauer Berge mit dem spitzen Kleis vor dem Roll, und den Bösigen, zwischen welchen beiden im Hintergrunde die zweizackige Trosky-Ruine erscheint; gerade über dem Goldberge, im Sattel von Parchen, der betürmte Spitzberg bei Leipa; r. vom Goldberge der Mittenberg bei Preschkau und der Steinschönauer Berg, r. hinter diesem Steinschönau und in derselben Richtung Ruine Altperstein hinter dem Maschwitzer Berge. S.: Der Koselrücken, dahinter der Wilsch und r. an ihm in weiter Ferne der Prager Laurenzibergturm; r. vom Wilsch der ruinengekrönte Ronberg hinter dem Kamnitzer Schloßberge. SW.: der Geltsch (Richtung Nolde-B. Kamnitz-Sattelberg), Hasenburg bei Lobositz, Zinkenstein, Lobosch (hinter dem Ziegenrücken bei Bensen), hohe Wostrai und die Höhen bei Nemschen (jenseits der Hortauer Höhen), im Hintergrunde der Donnersberg, näher die Doberner Höhe mit Parlosa (über dem Rabsteiner Stationsgebäude jenseits des Himmertschberges) und die betürmte Kolmer Scheibe, im Vordergrunde der Ottenberg, hinter ihm draußen die Wand des Erzgebirges bis zum Schönwalder Spitzberg, der hinter dem vorliegenden Schneeberge (Turm) noch sichtbar[64] ist. Diesem ist im W. vorgeschoben der betürmte Rosenberg; hinter diesem zeigen sich die Höhen von Gottleuba, näher und hinter einander gestellt Zirkelstein, Kuppelberge, Pabststein und Königstein, sodann Kaiserkrone und Lilienstein, anschließend der gr. Winterberg (Turm). NW.: Zu Füßen Dorf Kaltenbach, darüber Rennersdorf mit dem Kreuzberge, dahinter der Dittersbacher Felsenkessel; hinter der Kirche von Dittersbach der Rauschenberg, das Prebischtor und noch weiter das alte Schloß Stolpen r. vom Waizdorfer und Gickelsberge jenseits Schandau, weiter r. der betürmte Unger, Tanzplan (Turm), Valtenberg (Turm), Botzen, Zeidler Plissenberg und Pirsken.
Höchst lehrreich ist die Rundsicht für den Gesteinskundigen. Nach N., O. und S. überlagern den Sandstein mächtige Decken aus Basalt und Klingstein mit zahlreich aufsitzenden Domen, Kuppen und Hörnern. Sie schützen den leicht zerstörbaren Sandstein vor dem Einflusse der Erosionskräfte und bewahren ihn vor der Abtragung, so daß er nur an den Talseiten angeschnitten werden konnte und diese mit den charakteristischen Wollsackformen ziert. Im W. fehlte das vulkanische Riesenkonservierungsmittel, und der Quader mußte bis auf den Rest, der gegenwärtig die böhmisch-sächsische Schweiz bildet, der Erosion und Denutation anheimfallen.
So lehrreich aber in der Regel Rundsichten für die topographischen Verhältnisse sind, so selten geben sie eine derartige ästhetische Befriedigung, wie vereinzelte malerische Ausblicke. Wer letztere am Kaltenberge sucht, muß sich beim Abstiege nach einigen Schritten r. dem oberen Rande der vom Wege aus sichtbaren Brockhalde zuwenden. Von hier aus, wie von verschiedenen anderen Punkten der riesigen Schutthalden am Südhang des Berges findet der Wanderer herrliche Ausblicke, zu denen das wirre Steinmeer mit uralten, zerzausten Wettertannen einen recht wirksamen Vordergrund bildet.
Wer hier die Kammtour unterbrechen will, hat die Wahl zwischen den Bahnstationen Hillemühl (1¼ Std.) und B. Kamnitz (1¾ Std.). In letzterer Stadt, die des Sehenswerten viel bietet, befindet sich eine Sektion des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz nebst Studentenherberge.
Der Abstieg vom Kaltenberge geschieht auf demselben Wege wie der Aufstieg, bis zum Gasthause »zum Kaltenberg« in Oberhasel (20 Min.).
Wer hier die Kammwanderung unterbrechen und zur Bahnstation B. Kamnitz (1¼ Std.) will, der geht auf der Straße durchs Dorf hinab. In 20 Min. ist er wieder auf der Kaiserstraße, die l. von der Kreuzbuche herkommt und über Oberkreibitz nach B. Kamnitz abwärts führt.
Wir aber wandern vom genannten Gasthause ab, wo neben einer kleineren Linde, die das Kammzeichen trägt, eine prächtige[65] Doppellinde steht, auf einem ziemlich steinigen Wege längs eines lebenden Zaunes niederwärts. Vor uns genau im Süden haben wir den Goldberg, knapp r. neben ihm den kahlen Kegel des Silberberges, r. von diesem den Kamnitzer Schloßberg, hinter welchem l. die Scheibenwarte bei Meistersdorf zuhöchst aufragt; r. vor dem Schloßberge ist der Noldenfelsen, dahinter der Sattelberg bei Henne und noch weiter der Freudenberg mit der Bockner Höhe.
Nach 4 Min. kommen wir am »Gasthaus zu Oberhasel« (r.) vorüber und nach weiteren 2 Min. beim letzten Hause von Oberhasel. Hier haben wir einen schönen Blick l. über das lang sich hinziehende Unterdorf am Silberberge vorüber auf den Kamnitzer Schloßberg, der sich hinten gegen den Forst und den Sonnebergrücken abhebt.
Wir wandern nun r. zwischen Feldern eben fort; der Waldrand des Kaltenberges bleibt zurück. Vor uns haben wir den wie abgehackt aussehenden Himmertschberg und links von ihm den Lotterberg, hinter uns den Mittenberg und Steinschönauer Berg vor dem Bildstein. Nach 4 Min. kommen wir zu einem Holzkreuz zwischen zwei Linden; gleich hinter demselben steht ein Pfahl mit dem Kammzeichen. Der Weg geht aber nicht geradeaus weiter, wie man vermuten könnte, sondern wendet sich l. auf zwei kleine, in dem freien Gelände gut sichtbare Lindenbäumchen zu, zwischen denen ein Pfahl mit einem Marienbilde und dem Kammzeichen steht. Gleich nachher folgt ein gepflasterter, aber beraster Weg und es öffnet sich ein Gründel, in das ein fast unbetretener Pfad hinabführt. Das Gründel ist von kräftigen Buchen gesäumt; schon am ersten Baume hängt das Kammzeichen. Wir halten uns zur Seite der Buchen. Hinter dem Gründel kreuzen sich mehrere Fahrwege. Wir halten uns rechts und geradeaus weiter aufwärts auf den Pfahl zu, der oben auf der Sattelhöhe zwischen Himmertschberg (l.) und Kaltenberg (r.) steht und das Kammzeichen trägt (10 Min.). Hier ist die Wasserscheide zwischen dem Kamnitz- und Kreibitzbache, bezw. zwischen einem Zuflusse des Hasler Baches und einem Bächlein, das n. durch das Limpacher Loch, an das sich, nebenbei bemerkt, viele Sagen vom Limbauer knüpfen, in den Kaltenbach fließt.
Wir wandern an der nördl. Lehne des 539 m hohen, basaltischen Himmertschberges weiter, unter Rückblicken auf den Fischberg, unter welchem Namen die beiden Kuppen des Gold- und Silberberges bei Hasel zusammengefaßt zu werden pflegen. Wo sich der Weg etwas mehr hebt, gewinnt man auch einen Ausblick l. am Kaltenberge vorüber auf die Dittersbacher Felsen. Uns zur[66] Seite r. zieht sich ein tiefer und breiter, mit Laubhölzern bewachsener Grund, der alsbald hinter dem Zeichenpfahl beginnt, anfänglich durch Äcker von unserem Wege geschieden ist, später aber denselben innerhalb seines bebuschten Saumes aufnimmt. Nach 12 Min. wendet sich der Weg vom Grunde l. ab und etwas lehnan auf freies Ackerland.
Vor uns haben wir den doppelkuppigen Rolleberg, dessen linke, niedrigere Kuppe »Schenkenberg« heißt, während die höhere Kuppe (459 m), der sogenannte »Bilfertstein«, kahl und felsig ist und nur auf der Spitze ein einsames Bäumchen trägt; l. hinter ihm ist der kahle Ottenberg, zwischen beiden rückwärts der Tonelsberg bei Schemmel vor dem Rosenberge; l. vom Ottenberge der Huttenberg vor der Doberner Höhe. R. vom Bilfertstein Dorf Limpach, dahinter der schopfartig bebuschte Limpacher Berg, weiter die steilen Felsen von Hohenleipa und Herrnskretschen mit dem gr. Winterberge. R. von Limpach Dorf Kaltenbach, zwischen beiden rückwärts Rennersdorf vor den Dittersbacher Felsen, im Hintergrunde der Tanzplan bei Nixdorf. Beim Weiterschreiten zwischen Wiesen und Aeckern, an zwei allein stehenden Erlen vorbei, erscheint bei einer Wegbiegung gegen Limpach zu r. von den Dittersbacher Felsen der Böhmberg bei Niederkreibitz vor dem Zeidler Plissenberge, dann der Irig bei Daubitz vor der Wolfsbergspitze, endlich das Steingeschütt bei Teichstatt knapp jenseits der ausgedehnten Steinhalden des Kaltenberges, in der Richtung einer hoch oben gelegenen Einschicht von Limpach. Rückwärts kommt wiederum der Goldberg zum Vorschein neben der senkrecht abfallenden Basaltwand des Himmertschberges.
Nach 10 Min. ist man beim ersten, etwas abseits stehenden Gehöfte (r.) von Limpach, nach weiteren 2 Min., das Feuerwehrgerüst zur Rechten, auf der Kreibitz-Kamnitzer Bezirksstraße bei einem Wegkreuz neben dem Gasthause des Johann Scheiner. Hier biegen wir scharf l. auf die Straße ab, das Gasthaus mit noch zwei weiteren Häusern r. lassend. Der übrige Teil des nicht viel mehr als 30 Häuser zählenden, alten Bauerndorfes bleibt westlich der Straße zurück. Diese wurde vor etwa 40 Jahren gebaut; doch führte schon in alter Zeit eine wichtige Verkehrs- und Handelsstraße hier durch, die auch von Wallenstein im Herbste 1633, von General Browne nach der Schlacht bei Lobositz (1756) und wenigstens teilweise auch vom Prinzen v. Preußen nach der Schlacht bei Kolin (1757) benützt wurde.
Die mit Ebereschen – den steten Begleitern unserer Gebirgsstraßen – besäumte Straße steigt etwas an; l. haben wir noch eine Einschicht von Limpach, darüber hinaus einen herrlichen Anblick der beiden Hasler Fischberge zwischen Kalten- und Himmertschberg; r. sperrt der Bilfertstein den Fernblick. Nach 5 Min. tritt r. hoher Wald an die Straße heran, der nach 2 Min. bei einem hohen Holzkreuze oben auf dem Sattel (408 m) zwischen Ottenberg und Himmertschberg endet. L. an der Straße blüht reichlich wohlriechende Stendelwurz (Platanthera bifolia Reichb.) und langspornige Christushand (Gymnadenia conopea R. Br.). Hier ist[67] die Wasserscheide zwischen dem Limpacher Bache und dem Kunnersdorfer Weißbache, bzw. dem Kreibitz- und Kamnitzbache.
Nun fällt die Straße. Nach 4 Min., wo sie wieder in Wald tritt, verlassen wir dieselbe und biegen r. im scharfen Winkel den Waldrand entlang ab. Es ist nicht unmöglich, daß Kaiser Josef II. am 22. September 1779 auf seinem Ritte von Hasel nach Kunnersdorf durch diesen Wald kam. Denn, wie die Sage berichtet, traf der Kaiser unterwegs im Walde ein Weib, welches Heide hackte. Er fragte, ob das Hacken schwer gehe, ließ sich die Hacke geben und hackte selbst einigemal. Darauf beschenkte er die Frau mit einem Dukaten. Diese Frau hieß Palme und war aus Limpach.
Die Straße weiter durch den Wald würde uns in wenigen Minuten nach Kunnersdorf und eine halbe Stunde weiter in die Stadt B. Kamnitz zur Bahnstation bringen – sehr gelegen für Jene, welche die Kammtour unterbrechen wollen.
Wir haben jetzt auf unserem Wege den Rolleberg, den wir südlich umgangen haben, zur Rechten, hinter ihm r. schauen Kaltenberg und Himmertschberg heraus, während l., bei einer Knickung des Weges nach abwärts, die Doberner Höhen zum Vorscheine kommen. Nach 4 Min. stehen wir auf einem breiten, sandigen Wirtschaftsfahrwege, der l. von Kunnersdorf, das man hier liegen sieht, heraufkommt. Hinter Kunnersdorf macht sich die Kuppe des Sattelsberges bei B. Kamnitz bemerkbar, r. dahinter der Freudenberg und die Doberner Höhe, weiter r. und näher der Huttenberg und ganz nahe nw. der Ottenberg. Auf letzteren zu wandern wir die sandige Straße zwischen Feldern aufwärts, den Lotterberg hinter Kunnersdorf im Rücken. Nach 6 Min. sind wir wieder auf der Sattelhöhe zwischen Himmertsch- und Ottenberg, wo l. ein Wegweiser auf einen abkürzenden Steig nach B. Kamnitz verweist.
Wer mit der Zeit nicht zu kargen braucht, kann von hier einen Abstecher auf den Ottenberg machen, was etwa 30 Min. in Anspruch nehmen dürfte. Der Ottenberg ist eine kahle, aussichtsreiche, bequem ersteigliche Basaltkuppe von 479 m Seehöhe, woselbst die Gebirgsvereinssektion B. Kamnitz am 25. Mai 1892 eine Schutzhütte eröffnet hat. Östlich lenken die beiden treuen Begleiter auf unserem bisherigen Wege, der Kaltenberg und der Himmertschberg, den Blick auf sich; zwischendurch sieht man den Fischberg, l. am Kaltenberge den betürmten Tannenberg und r. am Himmertschberg die Spitze des Kleis. Weiter r. vor dem Blottendorfer Kamme bemerkt man den Mittenberg bei Preschkau, daneben den Steinschönauer Berg mit Steinschönau und hinter diesem die hochgelegene Kirche von Parchen. Gegen Süden liegen in einer Linie Kunnersdorf, die Nolde, B. Kamnitz, der ruinengekrönte Schloßberg, die Scheibenwarte und im Hintergrunde Ruine Altperstein; r. vom Schloßberge der Geltsch bei Auscha hinter der Bockner Höhe, dann der Donnersberg hinter der Hochfläche von Parlosa. Von Südwest her zieht sich die Wand des Erzgebirges bis zum hohen Schneeberg, an den sich nordwestlich über den Rosenberg hinaus die Zschirnsteine, der Zirkelstein, die Kaiserkrone, der Pabst-, König- und Lilienstein und der große Winterberg anschließen. Nördlich liegt Dittersbach mit seinem Felsenkessel, im Hintergrunde[68] die betürmten Kuppen des Tanzplan und Valtenberges, dann näher Rennersdorf mit dem Kreuzberge vor der Wolfsbergspitze, nordöstlich jenseits des Dorfes Kaltenbach Niederkreibitz vor dem Irig und dem Steingeschütt und Stadt Kreibitz vor dem Plissenberge; l. hinter dem Irig die Kirche von Daubitz.
In 3 Min. ist der Höhenrücken im Anblicke der Dittersbacher Felsgebilde gequert; bei einem weithin sichtbaren Wegkreuze r. an unserer Straße verlassen wir dieselbe und zweigen nach r. von der Hochfläche ab, wobei l. Hand am Ottenberge vorüber die mächtige Kuppel des Rosenbergs prächtig auftaucht, r. aber immer noch der Kaltenberg hinter dem nahen Bilfertstein, der in einem prächtigen Durchblicke erscheint, sichtbar bleibt. Zwischen Äckern und Wiesen, auf denen massenhaft Wollgras und Sumpfdisteln wachsen, geht es rasch abwärts, anfänglich durch den sogenannten »Birkenbusch«, dann über die Steinwiesen, wo ehedem fast Stein an Stein von einer seltenen Härte, sogenannter »Flintsstein«, lag; schütteres Gesträuch besäumt wohl auch den Weg, die Fernsicht verschwindet und nach 5 Min. sind wir in hohem Fichtenwalde; hier geht es womöglich noch steiler abwärts, bis wir nach 3 Min. auf einer Brücke ein Wässerchen kreuzen, einen Zufluß des Kreibitzbaches. Dann geht es eine Minute lang aufwärts auf einen flachen Querrücken mit freiem Ausblicke nach r. auf den Limpacher Berg, während l. Wald den Weg besäumt. Dieser Sandsteinrücken kommt vom Limpacher Berge her, zieht sich l. noch 1½ km weiter gegen das Kreibitztal und endet südwestlich von der Grieselmühle etwa 80 m über der Talsohle mit einem schroffen Felsstocke, auf dessen Plattfläche der Besitzer der Grieselmühle 1887 ein eisernes Schutzgeländer und eine Wetterstange anbringen ließ, letztere aus dem Grunde, weil die Bestimmung der Windrichtung in der Grieselmühle unten ziemlich schwierig ist.
Ein Abstecher dahin verlohnt sich. Die Fernsicht gleicht jener von der Dittersbacher Seite des Ottenberges. Besonders schön ist der Blick auf die unmittelbar darunter liegenden Wiesen-, Wald-, Bach- und Teichflächen, ähnlich jenem vom Brand bei Schandau ins Polenztal. Bis jetzt hatte der Punkt keinen Namen; wir wollen ihn aber nunmehr nach dem Vorschlage des Besitzers »Grieselhorn« taufen.
In 4 Min. ist der Rücken überschritten. Wir sind im oberen Rollbusche und nun gehts im dichten Nadelwalde wieder abwärts. Wir kommen nach 2 Min. an einem Wegweiser Kamnitz-Dittersbach vorüber, nach weiteren 3 Min. zu einem Mariahilfbilde an einem Baume mit Bank davor. Hier wird der Abstieg besonders steil und führt durch die Waldstrecke »Lindicht«, das sogenannte »Liencht«, weiter. Der erste Teil des Lienchtweges ist 1886 von der Gebirgsvereins-Sektion Dittersbach umgelegt worden, was als ein großes Verdienst des Gebirgsvereines für die böhm.[69] Schweiz zu betrachten ist. In einer Windung mit gemäßigtem Gefälle zieht sich jetzt der sandige Weg vom Mariahilfbilde in den Grund hinab, wo man nach 6 Min. an einer schmucken, buchenbesäumten Felsennische (r.) mit einer Ecce homo-Statue vorüberkommt und nach weiteren 3 Min. am südlichen Ufer des halbmondförmigen Grieselteiches, auch »Helenen-See« genannt, anlangt, der in einer Ausbuchtung des Kreibitzbachtales inmitten einer herrlichen Wald- und Felsszenerie wahrhaft idyllisch gelegen ist; Teichrosen decken seine spiegelnde Fläche, und gegenüber schaukelt verlockend ein Kahn zur Seite eines Lusthäuschens, das zugleich als Kahnhäusel dient: wahrlich ein entzückendes Bild, würdig, vom Pinsel des Malers verewigt zu werden! Um den Teich l. herum führt der Weg zur Grieselmühle (r.), einer zu Dittersbach gehörigen Einschicht älterer Bauart, die ihren Namen von einem ehemaligen Besitzer Griesel hat und gegenwärtig im Besitze des Schönlinder Fabrikanten Josef Ohme zur Zwirnerzeugung dient, zugleich aber Gasthaus und Touristenstation ist; Tische und Bänke im Waldesschatten l. am Wege laden nach zweistündigem Marsche zur Ruhe und Atzung ein.
Hinter der Grieselmühle führt nach r. an der im Sandstein ausgewaschenen »Najadenhöhle« vorüber ein vom Gebirgsvereine für die böhm. Schweiz 1884 angelegter, mit Ruhebänken besäumter und den Bach mehrfach auf Stegen übersetzender Touristenweg in den nunmehr gänzlich erschlossenen hochromantischen, engen Paulinengrund; unser Weg aber führt l. weiter, auf einer Brücke über den Kreibitzbach und dann r. die Lehne hinauf auf die Dittersbach-Schemmler Bezirksstraße, die man in 10 Min. beim Grieselkreuz (258 m) erreicht. Auf dem Wege dahin hat man rückwärts das Grieselhorn, vor sich den Donsberg diesseits Dittersbach, r. aber an dem den Weg besäumenden Waldsaume zwei riesige, backofenförmige Sandsteinblöcke mit mannshohen, eigenartig ausgewitterten Höhlungen.
Oben beim Dittersbacher Grieselkreuz gibt es Wegweiser in den Gerstgrund, über die Hinschke zu den Eisengruben und ins Scholzental, sowie nach Dittersbach. Letzteres Pfarrdorf, das auf ein hohes Alter zurückblickt, gegenwärtig 110 Häuser zählt, vom Bielebache und der Herrnskretschen-Kreibitzer Straße durchzogen wird, ist Sitz einer Gebirgsvereinssektion mit Studentenherberge und seit vielen Jahrzehnten eine besuchte Sommerfrische, sowie ein Hauptknotenpunkt der böhmischen Schweiz. Es liegt 15 Min., das aussichtsreiche Hotel Bellevue nur 10 Min. entfernt, so daß ein Abstecher dahin nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Dasselbe gilt vom Donsberge, einer 323 m hohen Basaltkuppe, nahe vor uns geradeaus an der Straße; er ist seit 1883 vom Gebirgsverein auf Spazierwegen zugänglich gemacht und gewährt von der 1885 errichteten Aussichtsgallerie einen hübschen Blick auf Dittersbach und seine vielbesuchten, merkwürdigen Felsgebilde (Falkenstein, Marienfelsen, Wilhelminenwand, Rudolfstein, Katzenkirche), die es umkränzen.
Wir wenden uns vom Kreuze ab auf der Straße im scharfen Winkel nach l. Vor uns haben wir den Rosenberg, zur Linken den Otten- und Kaltenberg, r. den Donsberg und rückwärts die Dittersbacher Felsen. Nach 5 Min. geht es in hochstämmigem Walde abwärts, aber schon nach 2 Min. verlassen wir die nach l. ausbiegende und über Ober-Schemmel nach Windischkamnitz führende Straße, dort wo r. an einer Kiefer ein Marienbild hängt und l. wiederum zwei solche wunderliche Sandsteinblöcke, wie bei der Grieselmühle, liegen. Über eine Wiese mit einer Ursprungsader des Bielebaches, dann am Walde (l.) entlang, der nach 1 Min. bei einem neuen Marienbilde an einer Kiefer endet; r. vom Rosenberge kam Hohenleipa mit dem Schloßberge in Sicht. Nun zwischen Feldern 3 Min. aufwärts auf die Schemmler Folgen, eine bebaute Hochfläche von 270–280 m Seehöhe mit herrlichen Ausblicken auf die Berge und Felsen der böhmischen Schweiz zwischen dem Rosenberge im Westen und dem Kaltenberge im Osten. Nach 2 Min. trifft man l. am Wege das Schemmler Grieselkreuz, das 1795 errichtet wurde und auf einem Sandsteinsockel eine Kreuzesgruppe (Maria und Magdalena unter dem Kreuze) trägt. L. unten sieht man die von einer malerisch-zerklüfteten Sandsteinfelsenkette besäumte Bezirksstraße, darüber den Kaltenberg; r. bleibt der Bielborn, wo die kleine Biele entspringt, die in die große Biele zwischen Dittersbach und Grundmühle mündet. Nach 4 Min. kommt man zu der 1788 errichteten Folgenkapelle neben 4 Häusern, die nach Schemmel, d. i. zu den Schemmler »Folgen« gehören – eine Benennung, die schon im 16. Jahrhunderte gebräuchlich war und mit Hutweide gleichbedeutend gewesen sein dürfte.
Zwischen dem zweiten Hause und der dazu gehörigen Scheuer geht unser Weg, unmittelbar vor einem Teichel, hindurch; zur Linken haben wir den Huttenberg jenseits Schemmel, dessen Häuser nun unten an Bach und Straße höchst malerisch sichtbar werden. Durch einen Hohlweg geht es abwärts gegen das Dorf zu; wir kreuzen oberhalb desselben bei einer Scheuer (l.) einen aus dem Dorfe heraufkommenden Fahrweg und folgen einem Wegweiser »Zur Kahnfahrt« einen steilen Fußpfad hinab in ein Gründel, nach dessen Durchquerung wir nach 5 Min. einen Fahrweg durch ein Wäldchen hinaufsteigen, um gleich darauf unter zeitweisen Ausblicken l. auf die Dorfhäuser, durch einen Hohlweg wieder abwärts zu wandern und nach 3 Min. beim Gasthause »zur Eiche« gegenüber der Grieselbrettmühle in Niederschemmel die Dorfstraße zu erreichen. Das alte Bauerndorf Schemmel zieht sich mit seinen 100 Häusern von 213 m Seehöhe zu beiden Seiten des Kreibitzbaches gegen[71] Windischkamnitz herab und wird nur zum Teil von der dahin führenden Bezirksstraße berührt.
Schemmel besitzt eine besondere Merkwürdigkeit in seiner mitten zwischen den Häusern gelegenen Felsenkapelle, die äußerlich einem natürlichen, von Regen und Wetter zernagten Sandsteinblocke so täuschend ähnlich sieht, daß nur an Tür und Fensterchen die Spuren der Menschenhand wahrzunehmen sind, welche die sehenswerte Betstätte in den lebendigen Felsen gehauen hat. Der Innenraum ist 12 bis 16 Schritte lang und so breit, daß zwei Bankreihen, jede mit fünf Bänken, darin Platz haben und noch reichlich Raum für den ansehnlichen Hochaltar verbleibt.
Unser weiterer Weg wendet sich bei dem genannten Gasthause r. zwischen den Häusern am Mühlbache, der zur Linken bleibt, entlang, den Rosenberg vorn, den Ottenberg im Rücken. Nach 8 Min. sind wir beim letzten Hause von Schemmel, in weiteren 7 Min. – eine Stunde von der Grieselmühle – zwischen Mühlbach und felsenbesäumter Waldlehne, beim ersten Hause von Nieder-Windischkamnitz, einer Brettmühle; das alte und große Pfarrdorf Windischkamnitz (200 Häuser) zieht sich zur Linken, in gleicher Seehöhe wie Schemmel, am Kamnitzbache und an der Bezirksstraße in einem felsenbesäumten Wiesentale 45 Min. lang hin, von wo dann durch das angrenzende Jonsbach einerseits B. Kamnitz in 1 Stunde, andererseits die Bahnstation Rabstein in 30 Min. zu erreichen ist; eine Abteilung des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz nebst Studentenherberge befindet sich daselbst.
Von der Brettmühle führt r. der Weg zwischen Gärten zum Gasthause der Frau Fiedler nächst der Einmündung des Kreibitzbaches in den Kamnitzbach, wo die 1881 eingerichtete Kahnfahrt durch die Ferdinandsklamm auf dem ungestauten Gewässer des Kamnitzbaches, eine der hervorragendsten Partien des Kammweges, beginnt. Es sind Boote verschiedener Größe zur Verfügung; das Fahrgeld für eine Person beträgt eine Krone. Gleich unterhalb der Boothaltestelle verengt sich das Tal und hohe Felswände besäumen die Ufer, so daß oft auf große Strecken jeder Weg längs derselben versperrt ist. Die Boote gleiten bald pfeilschnell durch Strudel, bald langsam schaukelnd über flache Stellen talwärts, hier an Klippen vorüber, dort schneeweiß blühende Massen von flutendem Hahnenfuß (Ranunculus fluitans Lamk.) durchschneidend, mitten durch die seltsam geformten, moos- und baumbewachsenen Felswände hindurch, die bald hart an das Wasser herantreten, wie der tief unterwaschene Teufenstein, der Kreuzstein und der Hiekschenstein l. und die senkrecht abfallende Dostwand r., bald zu Talkesseln sich erweitern, wie die schwarze Teufe, wo aus dem vollständig ruhigen, dunklen Gewässer kulissenartig aufragende Felseninseln sich spiegeln. Weiterhin schließt sich l. eine Art Felsenfestung[72] an, der kleine Oybin, mit hoch und gewaltig gegen Himmel starrendem Gesteine. Eine Felsenpyramide r., deren Spitze eine Kiefer trägt, steht an der Eingangspforte in den Talkessel der Grundmühle. Unter der Grundmühlbrücke hindurch, über der im Felsen die Inschrift »Z. G. 1734« zu lesen ist, an der Mündung des Bielebaches (r.) vorüber, landen wir nach 30 Min. gegenüber der Mühle oberhalb eines Wehres, schreiten am r. Bach-Ufer unter Benützung von in den Felsen gehauenen Stufen auf einem schmalen Pfade bis zu einem hohen Holzstege unterhalb des Wehres und auf jenem hinüber zur Grundmühle, einer zu Kamnitzleiten gehörigen, schon im 16. Jahrh. urkundlich erwähnten, einschichtig gelegenen Mahlmühle, einem wahren touristischen Kleinode. Das jetzige Mühlgebäude ist 1727, die alte nun aufgelassene Branntweinbrennerei 1814 erbaut. In Beziehung auf die Holzflößerei, woran noch alte Balkenlöcher und auch zwei wirkliche, von einer alten Holzschleuse herrührende Balken erinnern, spielte die Grundmühle Jahrhunderte lang eine bedeutende Rolle. Seit 1888 ist mit der Mühle das Schankrecht verbunden; gegenwärtiger Besitzer seit 1891 ist Franz Pohl.
Der kleine Oybin, unterhalb welchem die Grundmühle liegt, ist ein bewaldeter, etwa 80 m hoher, isolierter Felsblock von glockenförmiger Gestalt, der nach Bau und landschaftlicher Bedeutung an den Oybin bei Zittau erinnert, daher sein Name. Er läßt sich in halber Höhe umwandern und bietet teils auf das untenliegende Kamnitztal, teils auf die umliegenden Höhen, vor allem auf die gewaltige Kuppe des benachbarten Rosenberges, hübsche Ausblicke.
Bei der Grundmühle zweigt um den kl. Oybin herum nach Osten ein entzückend schöner, waldbesäumter Touristenweg längs des Bielebaches in 1 Stunde nach Dittersbach, ein steil aufsteigender Fahrweg westlich neben dem Mühlgrunde, wo 1896 die Sektion Windischkamnitz das »Kriegshäuschen« zugänglich machte und auf dessen Kuppe eine Schutzhütte errichtete, in 20 Min. hinauf nach Kamnitzleiten. Unser Kammweg aber geht über den hohen Steg wieder zurück aufs rechte Bach-Ufer und bachabwärts l. in 10 Min. auf einem lauschigen, 1879 vom Fürsten Clary angelegten Steige zwischen Wald und Fels bis zur Kirchgrundbrücke, wo r. der von der Sektion Hohenleipa bequem erhaltene Kirchgrundsteig in 15 Min. steil nach Hohenleipa hinaufführt.
Hohenleipa ist ein altes Bauerndorf, das mit seinen 112 Häusern zerstreut um die nach Herrnskretschen (2 Std.) und Dittersbach (30 Min.) führende Bezirksstraße und um den 387 m hohen Schloßberg aussichtsreich im Bereiche der böhmischen Schweiz gelegen ist und sich seit einer Reihe von Jahren zu einer beliebten Sommerfrische aufgeschwungen hat; eine Abteilung des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz und eine Studentenherberge befinden sich daselbst.
Die mehr als stundenlange Strecke des Kamnitzbachtales von der Kirchgrundbrücke abwärts bis zum Anfange der erschlossenen »Wilden Klamm« im Soorgrunde ist nur in ihrem Anfangsteile, im »breiten Grunde«, auf einem,[73] von der Sektion Hohenleipa in Stand gehaltenen schmalen Pfade bis zur »hohen Wand« begehbar, einer glatten Felswand mit überhängendem Gestein jenseits der hohlen Teufe – auch »Hölle« oder »Höllenteufe« genannt, – einem natürlichen, etwa 50 Schritte langen, durch Loslösung eines Felsüberhanges gebildeten und künstlich erweiterten Tunnel, durch welchen sich Bach und Weg hindurchzwängen. Hinter der »hohen Wand« ist bald jedes Vordringen unmöglich. Im Jahre 1888 war auch die Kahnfahrt von der Grundmühle abwärts bis zum »breiten Grunde« in Betrieb gesetzt worden; doch entstanden infolge der Hochwässer im Jahre 1897 derart unüberwindliche Hindernisse, daß dieselbe wieder eingestellt werden mußte.
Wir überschreiten die Kirchgrundbrücke, die tiefste Stelle des ganzen Kammweges, und steigen durch den von himmelhohen Felsen besäumten schluchtartigen Kirchgrund auf einem, 1901 von der Sektion Rosendorf neu angelegten Wege in 15 Min. hinauf nach Kamnitzleiten. Das alte, stille Bauerndorf liegt mit seinen 46 Häusern am Rande der wilden Kamnitzbach-Talschlucht, in welche man vom »Spitzen Stein« (338 m) beim letzten Hause westlich, dem Niederbauer, großartige Einblicke hat; die Sektion Rosendorf hat 1891 auf demselben ein eisernes Geländer angebracht. Von Kamnitzleiten führt der Kammweg südwestlich auf der 1886 neugebauten Rosendorfer Straße in 15 Min. zum Walde, wo wir l. von der Straße abbiegen und in 5 Min. auf die 1893 ausgebaute Straße, die von r. aus dem 15 Min. entfernten, alten Pfarrdorfe Rosendorf (300 Häuser, Sitz einer Abteilung des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz mit Studentenherberge) heraufkommt, einmünden. Hier ist ein Schutzdach für Wagen und Pferde und hier trifft auch der Touristenweg von Tetschen her über Binsdorf ein. Wir überschreiten ein freies Plätzchen, ein Wieslein, welches zu Ehren des langjährigen Obmannes des Gebirgsvereines für die böhmische Schweiz, des Bürgerschuldirektors Robert Manzer »Manzer-Platz« benannt ist und von wo der 1882 angelegte angenehme und schattige »Manzer-Weg« nach Nieder-Windischkamnitz zur Kahnfahrt in 40 Min. l. hinabführt – beachtenswert für Jene, welche den Kammweg in umgekehrter Richtung begehen, da das Befahren des Kamnitzbaches nur abwärts gegen die Grundmühle, nicht aber aufwärts von der Grundmühle möglich ist.
An den Eislöchern – Klüften zwischen Basaltstein, wo auch im Sommer Eisbildung stattfindet – vorüber führt der 1883 angelegte, breite und sehr schattige Weg in 45 Min., anfänglich durch Fichten-, dann durch prächtigen Buchenwald, auf der Nordseite des Berges in vielfachen Windungen empor. Die gleich mächtigen Säulen emporstrebenden Buchenstämme tragen ihr grünes Dach in schöner Wölbung gleich einem gotischen Bauwerk, durch dessen, von einer befiederten Sängerschar belebtes Laubwerk die Strahlen der Sonne wie durch bunte Kirchenfenster auf das üppig sprossende[74] Unterholz hindurch zittern. L. unterhalb des Gipfels nimmt der Weg einen von Windischkamnitz heraufkommenden, 1889 von der Sektion Windischkamnitz angelegten und 1898 teilweise umgelegten Touristenweg auf. Ganz nahe dem Gipfel hat man auf einem Austritte einen prächtigen Blick auf Dittersbach, dahinter auf Rennersdorf und Kreibitz.
Der Rosenberg, eine malerische Zierde und ein vielbesuchter Zentralpunkt der böhmischen Schweiz, erhebt sich 616 m hoch mitten aus der ausgedehnten Sandstein-Hochfläche von Binsdorf, dieselbe beiläufig 280 m überragend. Er besteht aus Basalt, der teils in zahlreichen Trümmern die steilen Hänge bedeckt, teils hie und da – wie nordöstlich am Gipfel und beim Eisborne am Südost-Abhange – in fünf- und sechsseitigen Säulen ansteht; der Basaltstock am Gipfel fällt dadurch auf, daß er zu einem prächtigen Ruheplätzchen hergerichtet ist. Der vom Basalt durchbrochene Sandstein bildet an der Nordseite eine steile Terrasse. Von weit und breit sieht man die formenschöne, stumpf-kegelförmige Kuppe des Berges, der die ganze Gegend beherrscht, und der auch im Volksglauben und in der Volkssage von altersher eine große Rolle spielt: man erzählt von einer Kapelle auf dem Gipfel, die 1326 durch ein Erdbeben vernichtet worden sein soll; mehrere Sagen knüpfen sich an eine andere Kapelle, die beim »guten Born« gestanden sein soll und von welcher man noch jetzt die Stufen sieht; im Altargründel auf der Südseite hielten die Christen zur Zeit einer Verfolgung ihren Gottesdienst unter einer Buche ab. Man nennt den Berg geradezu den nordböhmischen Olymp, wo Teut, der Stammvater der Deutschen Böhmens, von seinem jüngsten Sohne und dessen Familie Abschied nahm, und will seinen Namen von »Asenberg« (Götterberg) herleiten; nach einer anderen Vermutung stammt der Name von dem keltischen Worte »ros«, das etwas Hervorragendes bedeutet. Welchen Eindruck der mächtige Waldberg auf den Beschauer hervorzubringen vermag, hat seinerzeit Theodor Körner mit den Worten geschildert: »Es ist in seiner Form und seinem Kolorit so was Herzliches, Treues, Blühendes, daß ich mich ungern von ihm trennte.« Sein basaltischer, buchenbeschatteter Boden beherbergt eine üppige Pflanzenfülle, die nicht nur dem Kräutersammler reichliche Ausbeute bietet, sondern auch den Botaniker von Fach nicht unbefriedigt läßt. Derselbe findet hier als besondere Seltenheiten einen Schildfarn (Aspidium Braunii Spenn.) und ein Rispengras (Poa pratensis L. var. anceps). Von sonstigen Gewächsen seien erwähnt: Berg-Ehrenpreis (Veronica montana L.), Wald- und Springschaumkraut (Cardamine silvatica Link und impatiens L.), zwiebeltragende und neunblättrige Zahnwurz (Dentaria bulbifera[75] L. und enneaphylla L.), Dreifaltigkeitsblümchen (Trientalis europaea L.), Waldwicke und Wald-Platterbse (Vicia silvatica L. und Lathyrus silvestris L.), knollige Walderbse (Orobus tuberosus L.), Heckenknöterich (Polygonum dumetorum L.), großes, mittleres und Alpen-Hexenkraut (Circaea lutetiana L., intermedia Ehrh. und alpina L.), süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis L.), bunte Hanfnessel (Galeopsis versicolor Curt), Sanikel (Sanicula europaea L.), Christofskraut (Actaea spicata L.), Haargras (Elymus europaeus L.), Waldhirse (Milium effusum L.), einblütiges Perlgras (Melica uniflora Retz.), traubiger Hollunder (Sambucus racemosus L.) und Alpen-Johannesbeere (Ribes alpinum L.).
Auf der von hundertjährigem Laubwalde hoch überragten Gipfelwiese, wo 1808 die Regierung eine Beobachtungsstation, eine sogenannte »Larumstange«, errichtet hatte, hatte der Besitzer der Herrschaft Binsdorf, wozu der Rosenberg gehört, Fürst Edmund Clary-Aldringen, in seiner bekannten Touristenfreundlichkeit einen, mit seinem Wappen gezierten, 14 m hohen und in sechs Stockwerke abgeteilten hölzernen Aussichtsturm auf einem 2 m hohen steinernen, unterkellerten Unterbau errichten lassen, dessen Eröffnung am 29. Mai 1881 stattfand. Er wurde 1891 vom Blitze beschädigt und, da er ohnedies keine volle Rundsicht bot, durch einen um 10 m höheren ersetzt, der am 4. Juli 1893 eröffnet wurde. Dieser wiederum wurde am 3. Mai 1903 vom Sturme umgeworfen, und an seiner Stelle vom gegenwärtigen Herrschaftsbesitzer Fürsten Carlos Clary ein dritter, 18 m hoch und abermals aus Holz, errichtet, der am 22. Mai 1904 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde (Eintritt 30 h). Neben demselben steht eine am 4. Mai 1890 eröffnete, ebenfalls vom Herrschaftsbesitzer erbaute, überaus freundliche Gastwirtschaft (Blockhaus) mit Fremdenzimmern und nach Süd – der einzigen Richtung, wohin vom Gipfel des Berges selbst ein Ausblick ermöglicht ist – gelegener Veranda; die Räumlichkeiten für Küche u. dgl. befinden sich daneben in dem 1882 erbauten, ursprünglich als Gastwirtschaft dienenden Holzgebäude.
Die Rundsicht vom Turme ist nur gegen Dittersbach zu durch die alten Buchen etwas eingeschränkt, ansonsten umfassend, der Eindruck ein großartiger; der Genuß ist erleichtert durch Richtungslinien, die vom Gebirgsvereine für die böhmische Schweiz auf der Brüstung angebracht sind.
Die nächste Umgebung in westlicher Richtung bildet die Hochebene von Binsdorf, Arnsdorf, Rosendorf und Johnsdorf, einer kolorierten Mappe gleichend, eingefaßt von den Waldungen bei Ohlisch, Heidenstein (Koppenberg), Binsdorf (Hainhübel m. Turm) und Elbleiten; dah. erheben sich die zahlreichen Höhen der böhmisch-sächsischen Schweiz: Schneeberg mit Turm (hinter Arnsdorf), gr. u. kl.[76] Zschirnstein (hinter Rosendorf), Königstein hinter den Koppelbergen, Pabststein und Lilienstein vor den Bärensteinen, Zirkelstein und Kaiserkrone mit den Orten Schöna und Reinhartsdorf zwischen ihnen und der Bastei im Hintergrunde (hinter dem Rosendorfer Hutberge und Johnsdorf), die Postelwitzer Elbesteinbrüche und die Schrammsteine vor dem Brand, durchblicksweise die Höhen bei Pillnitz und die Türme von Dresden (zwischen König- und Lilienstein). Daran schließt sich nördlich der gr. Winterberg hinter den Silberwänden bei Herrnskretschen, das Prebischtor hinter Stimmersdorf, die Flügelwände mit Hochbuschkuppe (Turm) und Unger (Turm) im Hintergrunde, die Thorwalder Wände mit Valtenberg (Turm), Tanzplan (Turm) und Schweizerkrone im Hintergrunde. Nordöstlich sieht man Hohenleipa und Dittersbach, dahinter l. Botzen, Pirsken und Zeidler Plissenberg, r. Wolfsbergspitze (Turm) und Rauchberg (Turm), und zwischen beiden über den Häusern von Gärten den Jüttelberg bei Königswalde und den Czornebog (Turm) und im äußersten Hintergrunde die Landeskrone. Östlich hat man im Vordergrunde die hochgelegene Kirche von Windischkamnitz, dahinter den Huttenberg mit Schemmel, den kahlen Ottenberg, die Dörfer Limpach und Kaltenbach und den betürmten Kaltenberg mit anderen Kuppen des Kreibitzer Gebirges; l. davon Kreibitz, den Kreibitzer Plissenberg, Tannenberg (Turm) und Finkenkoppe. Ans Kreibitzer Gebirge schließt sich das Falkenauer, über welches der Kleis hereinblickt, dem wiederum r. der Jeschkenrücken mit der Koppe und l. Teile des Riesengebirges zum Hintergrunde dienen. Über Steinschönau und den kahlen Sattel von Parchen blicken hinter einander Kamnitzberg (Turm) und Roll, näher liegen Mittenberg, Steinschönauer Berg und Kamnitzer Schloßberg, vor letzterem die Stadt Kamnitz r. vom Schloßberge; r. von diesem dehnt sich der Forstberg, darüber liegt Ulrichstal und Meistersdorf mit dem Sustrich und der Scheibenkoppe (Turm) und weiter der Sonnebergrücken, hinter welchem die beiden Bösige (Burgturm) und die Berge bei Hirschberg und Hauska sichtbar sind. Südlich sieht man hinter einander die Fabriksschlote von Rabstein, Markersdorf (Kirche), den Freuden-, Schossen- und Hofberg, den Koselrücken und den breitkuppigen Wilschberg; weiter r. den Ronberg (Burgruine) hinter dem Hammerberg, den Mertendorfer Hutberg (Turm) mit dem Georgsberge (Kapelle) im Hintergrunde, die Hundorfer Beule, den Geltsch hinter den Häusern von Parlosa vorn und dem Kronhübel im Mittelgrunde, den Matrelig hinter der Kirche von Reichen, daneben den Zinkensteinrücken hinter Güntersdorf (Kirche) im Vordergrunde, endlich Poppenberg und Falkenberg hinter einander, dahinter l. Tannbusch und Kolmer Scheibe (Turm), und ganz hinten die hohe Wostrai, Tannbusch bei Nemschen, Kletschen und Milleschauer (Höhenwarte). Hier fällt der Blick über Losdorf im Vordergrunde südwestlich auf den Elbspiegel, den man vom Rosawitzer Hafen angefangen (Kirche) bis weit gegen Tichlowitz verfolgen kann; ihn besäumt r. das Siebengebirge, der Blankensteinrücken, die Höhe von Ohren zwischen Hopfenberg (Turm) l. und Pfaffenberg r.; im Hintergrunde streicht der Kamm des Erzgebirges, der sich von der Nollendorfer Höhe (Kapelle) über das Mückentürmchen bis in die Ossegger Gegend verfolgen läßt, mit Durchblicken gegen Altenberg und Geising i. S.
Den Abstieg vom Rosenberge kann man über Rosendorf und Johnsdorf direkt (1¾ Std.) oder auf dem Umwege durch die Edmundsklamm (2½ Std.) nach Herrnskretschen, bzw. zur Bahnstation Schöna nehmen, oder über die neue Welt und den Rosenkamm in 3 Stdn. nach Tetschen, oder endlich über Windischkamnitz zur Bahnstation Rabstein in 1½ Stunden; in den ersten beiden Fällen benutzt man denselben Weg zur Rückkehr bis zur Wegkreuzung bei den Eislöchern am nördlichen Fuße des Berges, im letzteren Falle zweigt man 4 Min. unter dem Gipfel nach r. ab.
Jeschkenkoppe*-Schneekoppe. Dieser gegen 60 km lange Kamm-Weg hat folgende Richtung:
Jeschkenkoppe (1010 m)–Stadt Reichenberg–Hohenhabsburg (Heinrichswarte, Gastwirtschaft)–Dorf Rudolfstal–Dorf Friedrichswald–Königshöhe (858 m, Aussichtsturm, Gastwirtschaft)–Seibthübel (819 m, Aussichtsturm)–Bramberg (791 m, Aussichtsturm)–Maxdorf–Pfarrdorf Josefstal–Albrechtsdorf–Spitzberg (809 m, Gloriett)–Stefanshöhe (958 m, Aussichtsturm)–Wurzelsdorf–Neuwelt-Harrachsdorf–Mummelgrund–Kesselkoppe (1434 m)–Pantschefall (1300 m)–Elbfallbaude (1284 m)–Schneegrubenbaude (1491 m)–hohes Rad (1506 m)–große Sturmhaube (1424 m)–Mannsteine (1326 m)–Mädelsteine (1411 m)–Peterbaude (1288 m)–Spindlerbaude (1215 m)–kleine Sturmhaube (1446 m)–Silberkamm (1489 m)–Mittagstein (1423 m)–Prinz Heinrich-Baude–Wiesenbaude (1388 m)–Riesenbaude (1383 m)–Schneekoppe (1603 m).
Die Markierung dieser Anschlußstrecke wurde im Sommer 1904 durchführt, und zwar besorgte dies von der Jeschkenkoppe bis zur Iserbrücke bei Wurzelsdorf der deutsche Gebirgsverein für das Jeschken- und Isergebirge, von da bis zur Schneegrubenbaude der österreichische Riesengebirgsverein, und weiter bis zur Schneekoppe – als »Hauptweg« – der preußische Riesengebirgs-Verein.
Von der Schneekoppe ist seitens des österr. Riesengebirgs-Vereines die Weiterführung der Markierung bis Freiheit geplant.
Ein ebenfalls mit dem blauen Kammzeichen vom deutschen Gebirgsvereine in Gablonz markierter Kamm-Weg, der »Gablonzer Steig« führt von der Jeschkenkoppe über den Lubokaier Kamm zum Jaberlicher Riesenfaß (683 m), von dort über den Kaiserstein (634 m), die Dörfer Radl und Gutbrunn auf die Schwarzbrunnkoppe (873 m, Aussichtsturm), dann weiter bis zum Pensdorfer Försterhaus (671 m) und über den Industrialort Tannwald auf die Stefanshöhe, wo er sich an den oben skizzierten Reichenberger Weg anschließt.
* Ein »Touristen-Weg« vom Jeschken bis zum Donnersberge soll demnächst durch Markierung geschaffen werden. Hiebei sollen die mit stattlichen Ruinen oder Aussichtstürmen gekrönten Basaltberge, weiter die vielen durch reizvolle Eigenart bedeutsamen Sehenswürdigkeiten der Polzenlandschaft dem Touristenverkehr erschlossen werden. Als Knotenpunkte sind in Aussicht genommen: Jeschken, Polzenquelle, Oschitz, Teufelsmauer, Dewin (Ruine), Hammerteich, Wartenberg, Roll, Niemes, Kamnitzberg, Reichstadt, Leipaer Spitzberg, Kahlenberg, Koselspitze, Zößnitzer Gottesgarten, Ronberg, Neuland, Helfenburg, Auscha, Lewin, Geltsch, Donnersberg.
Rosenberg-Hainberg. Zufolge Beschlusses der am 29. Feber 1904 zu Komotau stattgehabten Sendboten-Versammlung des Nordwestböhmischen Gebirgsvereins-Verbandes soll längs des Erzgebirgskammes vom hohen Schneeberge bei Bodenbach (721 m) bis zum Hainberge bei Asch ein mit dem blauen Kammzeichen markierter Weg in der Gesammtlänge von 216 km markiert werden. Der Teplitzer Gebirgsverein hat die 40 km lange Strecke Tyssa-Dreiherrnstein im Sommer 1904 bereits vollendet; dieselbe führt vom oberen Ortsteile des Pfarrdorfes Tyssa über den Tyssaberg (594 m), Ziegelteich, die sog. »Schöne« (607 m), Dorf Oberwald, den Sandkopf, Jungferndorf (686 m), Nollendorf, die Nollendorfer Kirche, über den Schießhausweg nach Streckenwald (753 m) und Adolfsgrün (747 m), dann über die Ritschelkreuze (760 m), Pfarrdorf Ebersdorf, das Schenker- und Goldammerkreuz (724 m) auf den Mückenberg (806 m, Aussichtsturm), weiter über Forsthaus Mückenberg (781 m), den Bierweg und Vorderzinnwald nach Hinterzinnwald (874 m), von da über das rote Kreuz bei Niklasberg, den Keilberg (829 m) und Harzwald nach Neustadt, endlich auf dem Willersdorfer Wege bis zur Wegabzweigung auf den Dreiherrnstein. Die Fortsetzung der Markierung über den Dreiherrnstein (865 m), hohen Hau (888 m), Dorf Langewiese, den Wieselstein (956 m), Forsthaus Georgshöhe und den schwarzen Teich (829 m) nach Göhren erfolgt 1905 auf Kosten der gräflich Waldstein'schen Domänedirektion in Oberleutensdorf im Einverständnis mit dem Teplitzer Gebirgsverein.
Die weitere Markierung soll folgende Punkte berühren: Käsherdberg (797 m), Haselstein (774 m), Wachhübel bei Gebirgsneudorf (756 m), Adelsberg (901 m), Bernstein (921 m), Beerhübel (914 m), Annen-Säule auf dem Steinhübel (858 m), Bärenallee-Berg (861 m), Kammhöhe bei Sebastiansberg (846 m), Haßberg (990 m), Reischberg (873 m), Kupferhübel (908 m), Hoher Hau (1003 m), Wirbelstein (1094 m), Keilberg (1244 m), Spitzberg (1111 m), Plattenberg (1040 m), Rammelsberg (996 m),[79] Scheffelsberg (976 m), Buchsschachtelberg (968 m), Reichsapfel (911 m), Kranichsee (940 m), der Keil i. S. (941 m), Schneckenstein i. S. (866 m), Kottenheide i. S. (780 m), hohe Brand i. S. (804 m), Ursprungberg (805 m), Hohenstein (771 m), Hummelsberg (661 m), Rohrbach i. S. (672 m), Brambach i. S. (683 m), Wachtberg bei Oberreuth (709 m), Egerer Stadtwald (754 m), Himmelreich (730 m) und Hainberg bei Asch (756 m, Bismarckturm). Die Markierung der Strecke Kranichsee-Brambach hat der Verband der Vogtländischen Gebirgsvereine in Plauen, die Markierung der Schlußstrecke die Sektion Asch des deutschen und österr. Alpenvereines übernommen.
Auch die Schaffung des Bindegliedes Rosenberg-Tyssa steht in Aussicht, dessen Markierung dem Gebirgsvereine für die böhm. Schweiz zufällt. Derselbe hat bereits die Strecke Rosenberg–Neue Welt–Binsdorfer Höhe (430 m, Aussichtsturm)–Rosenkamm–Elbwarte–Quaderberg bei Tetschen (282 m, Bergwirtschaft) markiert. Der weitere Weg dürfte über Dorf Kalmswiese, den Pferdekopf (650 m), den hohen Schneeberg (721 m) und die Tyssaer Wände (610 m) nach Tyssa gelegt werden.
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Weitere Anmerkungen zur Transkription
Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert.
Die Karte wurde in drei Teile zerlegt.
Korrekturen:
S. 53: achtiger → achtziger
geschah Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrh.