The Project Gutenberg eBook of Die Kringhäusler, by Alma Maximiliane Karlin
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Title: Die Kringhäusler
Drama in drei Akten
Author: Alma Maximiliane Karlin
Release Date: January 01, 2021 [eBook #64193]
Language: German
Character set encoding: UTF-8
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*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE KRINGHÄUSLER ***

Die Kringhäusler

Drama in drei Akten
von
A. M. Karlin


Leipzig 1918
Bruno Volger Verlagsbuchhandlung

Personen:

Frau Oberst Hasselstein, Witwe
Hans Georg Hasselstein, Professor der Naturwissenschaften, ihr Sohn
Herr Regierungsrat Pottenmiller, ihr Schwager
Frau Petronella Pottenmiller, ihre Schwester
Herr Direktor Knute, auch ein Schwager
Frau Johanna Knute, ihre zweite Schwester
Herr Dr. Brunnick, Pottenmillers Schwiegersohn
Frau Ada Brunnick, seine Frau
Hermine Schrift, unverheiratet, Hans Georgs Tante
Ladislaja Schrift, ihre Schwester
Frau Kommerzienrat Peloponesia Krickenfeld
Frau Inspektor Margarete Holzheim
Frau Professor Emilie Zungrapp
Herr Norry }
Herr Scharfen }
Herr Roden }
Herr Kapper } die Teilnehmer der Südpolexpedition
Herr Johanssen }
Herr Granelli }
Herr Meroff }
Herr Vickers }
Berta Heller, Hans Georgs Braut.

Der erste Akt spielt in der Antarktis, der zweite und der
dritte Akt in der Wohnung Frau Hasselsteins.

Zeit: Gegenwart.


1. Akt.

[Im Hintergrund der weiten Bühne sieht man mächtige Eisgebilde mit leuchtend weißen Oberflächen, während alle Unebenheiten, Spalten und Risse je nach ihrer Tiefe vom zartesten bis zum tiefsten Blau erscheinen. Etwas mehr gegen den Vordergrund ist ein kleiner Streifen des Polarmeeres sichtbar, in dem sich die tafelförmigen Eismassen und die zerklüfteten Eisberge spiegeln. Zur Rechten im Hintergrund steht ein vereistes und tiefverschneites, von den mächtigen Eisstücken teilweise über die Meeresfläche gehobenes Schiff, von dessen Masten die Eiszapfen herniederhängen. Zur Linken hängt ein riesiger, in der Mitte gespaltener Eisberg über die Bühne, aus dessen Innern ein herrliches bläuliches Licht fließt. Links und rechts im Vordergrund befinden sich kleinere Eisstücke, auf denen eine große Anzahl Pinguine in verschiedenen Stellungen sitzen. Mehr im Hintergrund liegen einige Seehunde am Rande des Meeres. Ganz im Vordergrund zur Linken steht ein tiefverschneites Zelt, in dessen Mitte ein kleiner Kochherd steht und sein rötliches Licht über die Zeltwände ergießt. Zur Rechten steht Hasselstein und blättert in seinem Notizbuch. Ein wunderbar schönes, bläuliches Licht erfüllt die ganze Szene, während da und dort der Schnee in allen Farben des Regenbogens glitzert. Vom leuchtendsten Tageslicht geht jedoch die Beleuchtung langsam während des ganzen Aktes immer mehr in ein mattes Dunkel über und als es vollkommen finster geworden, zeigt sich im Hintergrund die Aurora Borealis in flackernden Bändern und ewig wechselnden Lichteffekten. Die ganze Zeit hört man auch das Pfeifen des Windes – im Anfang ganz schwach, dann mit zunehmender Stärke.]

1. Auftritt.

Hasselstein [macht eben die letzten Aufzeichnungen in sein Notizbuch als der Vorhang aufgeht. Nach einigen Sekunden schließt er es und macht einige Schritte auf die Mitte der Bühne zu]. Das wäre getan! [Er zieht seine Uhr aus der Tasche.] Wie, schon so spät? Da heißt es frisch zulangen soll unser Depôt und Winterobservatorium fix und fertig sein, wenn die Kollegen von ihren Streifzügen heimkehren. [Er macht sich rechts an die Arbeit, schleppt von hinter den Kulissen große Eisblöcke herbei und beginnt sie aufeinander zu bauen und mit Schnee, den er zusammenfegt, zu befestigen. Während er eifrig arbeitet und das Schneehaus immer größer wird, spricht er, sich manchmal auf Augenblicke unterbrechend um auf die wechselnden Lichteffekte zu schauen.] Wie die Stunden fliehen und doch – wie weit von mir scheint die Vergangenheit! [er schüttelt wehmutsvoll das Haupt]. Zwei Jahre sind es nun, daß ich der Heimat den Rücken gekehrt [er baut schweigend einige Sekunden]. Wirklich nur zwei Jahre? Ist mir's doch, als seien Jahrzehnte seit dem Augenblick verflossen, wo – [er schleppt einige Eisstücke herbei]. Genug! Siebenhundertunddreißig Tage trennen mich von jener Stunde, in welcher mein Blick zum letztenmal in den ihren getaucht. Was wunder übrigens, daß die Zeit so lang mich deucht, denn die Zahl der Eindrücke und nicht der monotone Schlag der Stunden machen ja ein Menschenleben aus. Und ich – ich hatte Eindrücke – [er hält einen Augenblick inne und blickt, die Augen mit der Hand beschattend, forschend auf das Meer] – und was für Eindrücke, barmherziger Himmel! Erst die ungestümen Reisevorbereitungen, die ununterbrochenen Kämpfe, die feindselige Haltung der guten alten Seelen daheim – oh, die armen, entsetzten, aus dem Gleichgewicht gebrachten Kringhäusler! – [er lacht plötzlich laut auf] – wenig fehlte, daß man mich nicht mit Gewalt in eine Irrenanstalt sperren ließ, denn ein klardenkender Mensch – ein Individuum, mit vollem Gebrauch der fünf von Mutter Natur so gnädig verliehenen Sinne – kann sich nicht willig einer Südpolexpedition anschließen, das ist Wahnsinn, himmelschreiender erbarmenerweckender Wahnsinn! [er lacht wieder]. Arme Kringhäusler, sie müssen immer auf dem breiten, wohl ausgetretenen Pfad dahinhumpeln, – daß man sich eigene Pfade brechen kann, das verstehen sie nicht und billigen noch weniger. Wenn die ganze Gemeinde an Hinzens Kuhstall vorbei zur Kirche geht, warum sollte da ein Pfarrkind einen anderen Weg einschlagen? Das ist Ketzerei! [er baut eine Weile schweigend weiter]. Ach, dann kamen die Aufregungen des Abschieds, – von Berta – von Mama – von der lieben Heimat – ein Abschied, der möglicherweise Trennung auf immer bedeuten konnte, hierauf die lange eintönige Fahrt, ein schläfriges Rollen und behagliches Dahinträumen, geschaukelt von leise plätschernden, tiefblauen Wassermassen, unter einem heißen, wolkenlosen Himmel – [er schaufelt eifrig den Schnee zusammen]. Ja, wer noch einmal, ein einziges Mal solche Wärme empfinden dürfte. Und eines schönen Tages waren wir in Neuseeland mit seinen Geysirn, Wasserfällen, tropischen Wäldern, riesigen Eukalyptus, seinen flügellosen Vögeln, und den schneegekrönten und gleichzeitig feuerspeienden Bergen. Welche Pracht! [er bildet das Dach seiner Hütte]. Allzu kurze Rast gefolgt vom gefahrvollen Tummeln auf kalter, sturmgepeitschter See, das langsame Sichnähern der endlos scheinenden Eisbarrieren, schließlich ein kurzer Ausflug auf die verödeten Kerguelen und zuletzt [er blickt wieder sinnend auf das Meer] die eigentliche Antarktis, das Ueberwintern in eisstarren Zelten, während sich draußen die endlose, düstere Polarnacht, mit all' ihren Schrecken und Leiden auf uns herabsenkte und wir bei kümmerlichem Thranlicht ein mattes Scheinleben führten, hie und da unterbrochen von den Beobachtungen im Freien bei einer Temperatur von durchschnittlich 52 Grad Celsius unter Null! [er arbeitet einige Sekunden wieder schweigend, während das Licht langsam abnimmt, hierauf wieder frischerer, munterer]. Nichtsdestoweniger hat selbst das Leben hier seinen Zauber, so mitten in einem noch unerforschten Teile unserer Erdkugel, wo Tiere und Vögel im Menschen noch nicht ihren Feind zu sehen gelernt haben, wo er in ihr Tun und Lassen freien Einblick gewinnen kann, hier – wo seltene Lichteffekte das Auge stündlich entzücken, wo eine Entdeckung der anderen auf dem Fuße folgt, wo ungeahnte Horizonte sich dem begierigem Geiste offenbaren! [er verbessert sein Werk da und dort] Neue Horizonte! Ach, wenn diese mich nur auch großmütiger im Beurteilen anderer machen würden! Mutterl, du liebes, gewiß tat ich dir oft Unrecht, wenn unsere Anschauungen nicht harmonierten. In Zukunft, da muß unser Zusammenleben ein besseres sein, denn ich habe alles aufgeboten um alle kleinlichen einseitigen Begriffe, alles falsche Beurteilen loszuwerden. Das liebe Mütterchen wird wohl auch einsehen gelernt haben, daß man nicht nur als Gymnasialprofessor in Kringen sein Glück machen kann und die lange Trennung, die ja so leicht eine ewige werden kann, hat gewiß auch ihre Skrupel, meine Heirat mit Berta betreffend, gemildert. Sie hat Zeit gehabt Berta zu prüfen – meine Worte in Erwägung zu ziehen – ja, ja, die Mutterliebe wird, sie muß siegen [er verbessert das Innere der Schneehütte]. Alle lächerlichen Vorurteile, alles Hängen am Zopf wird mutig über Bord geworfen und da wollen wir drei – Mama, Berta und ich – ein Heim gründen, dessen Grundpfeiler gegenseitige Nachsicht und unbegrenzte Liebe sind. Alle meine Tage will ich der Verbreitung freisinnigerer Anschauungen, milderem Denkens widmen. Nieder mit allem kleinlichen Huldigen äußeren Scheins! Der Kern allein soll gelten, nicht die Schale. [Das Schneehaus ist nun ganz fertig, er betrachtet sein Werk und ruft jubelnd aus:] Hurra! Vollendet ist das große Meisterwerk! [ernster.] Möge es mir einst gelingen den Kampf gegen alle kleinlichen Vorurteile, gegen alle beschränkten, feindseligen Anschauungen daheim zu ebenso befriedigendem Abschluß zu bringen – da Berta, mein Liebling, soll dein Unglück dich nicht länger niederbeugen – nein, treues, edles Herz, kein Mensch soll länger scheu vor dir zurückweichen. An meiner Seite sollst du stolz erhobenen Hauptes dahinschreiten und zuversichtlich in eine sonnige Zukunft blicken. Und du, mein liebes Mutterl, du sollst in mir den zärtlichsten Sohn, in Berta die liebendste Tochter finden und dazu bedarf es nur eins: Die lieben Kringhäusler ein wenig – abzuschütteln!

2. Auftritt.

[Roden, Norry und Scharfen kommen von rechts.]

Roden [zu Scharfen]. Wir müssen die Messungen vor Einbruch der Nacht beendigen [er wirft eine Leine in das Meer und Scharfen hilft ihm dabei].

Scharfen [munter]. Holla, Hasselstein! Sie sind der reinste Baukünstler. Unser Depôt ist ja ein ganzes Wunderwerk.

Norry [indem er eifrig einige Apparate in dasselbe schleppt]. Vortrefflich! Man kann unmöglich alle Geräte auf dem Schiffe oder im Zelte bequem unterbringen. Hier wollen wir unsere Winterbeobachtungen machen – etwas wärmer als die windige Eisfläche wird diese Sternwarte sicher sein.

Roden [indem er langsam die Leine aufwickelt]. Es fehlt eine Oeffnung im Dach –

Hasselstein [eifrig arbeitend]. Dem ist schnell abgeholfen.

Norry [zu H.]. Sind viele neue Exemplare in die Falle gegangen?

Hasselstein [auf den Meeresstrand zugehend]. Ich habe noch nicht nachgesehen [er zieht eifrig eine Fischfalle aus dem Wasser]. Ein reichhaltiger Fang, wie fast immer – leider nur die gewöhnlichen Fischarten der Antarktis [er beugt sich noch einmal nieder und zieht ein kleines Netz aus dem Wasser]. Vielleicht enthält das kleine Netz wertvollere Exemplare. Hm, wie immer eine ganze Menge Isopoden, einige Fünffüßler, mehrere Korallen, – was sehe ich? Ganz richtig! Eine Gattung auffallend kleiner Seegarnelen – eine Anzahl Wasserbären und –

Norry [legt den Apparat heftig auf den Boden, springt auf das Meer zu, woher eben ein starkes Plätschern erklingt und ruft]. Schnell, schnell, Hasselstein! Haben Sie Ihre Flinte zur Hand?

Hasselstein [rafft im Vorbeispringen seine Flinte vor dem Zelte auf und beide springen auf einige Eisstücke um freien Ausblick auf das Meer zu haben]. Ein Blauwal! Ein wahres Prachtexemplar! Aber leider außer Schußweite.

Norry [eifrig spähend]. Verschwunden! Schade, – eine Abwechselung im Speisezettel wäre nicht unwillkommen gewesen!

Roden [singt tröstend]. Es wär' zu schön gewesen, es hat nicht sollen sein!

Scharfen. Leider – leider; ein erhöhter Thranvorrat vermindert immer die Schrecken der Polarnacht, doch – fort ist fort und hin ist hin – [er lacht auch heiter].

Hasselstein [zu Norry]. A propos! Funktioniert der Elektrometer jetzt wieder? Sind die Messungen vollkommen verläßlich?

Norry. Vollkommen! Alles ist wieder in Ordnung. Ich will nur noch in aller Eile den Thermographen aufstellen, hierauf verwandle ich mich in einen Koch erster Qualität. Das ist ja meine Kochwoche [er stellt den Apparat auf und lacht].

Hasselstein [sammelt seinen Fang zusammen und wendet sich zu Roden und Scharfen, die eben die lange Schnur vollends aufgewunden haben]. Welche Tiefe?

Roden. 1844 Klafter. Das bestätigt meine früheren Annahmen, daß die Tiefen hier in der Regel bedeutend größer als am Nordpol sind.

Hasselstein. Wieviel Grade unter Null haben wir heute?

Scharfen [liest vom Thermometer, das an einer Zeltstange hängt, ab]. 29 Grad Celsius.

Roden. Besser Fisch als Mensch zu sein in diesen Gegenden – das Wasser ist wärmer.

Hasselstein [lachend]. Unzufriedener! Denken Sie an die Zeit, wo wir 52° gehabt haben!

Norry. Und die bald wiederkehrt!

Hasselstein [zu Norry, der eifrig seine Apparate in der neuen Schneehütte studiert]. Hören Sie einmal, verehrter Herr Wetterprophet – welcher angenehmen Ueberraschungen dürfen wir gewärtig sein?

Norry [seine Apparate untersuchend]. Machen Sie sich nur auf einen extrafeinen Schneesturm gefaßt.

Alle. Danke sehr!

Hasselstein. Davon hätten wir nachgerade genug. In diesem Monat allein mußten wir zehn Tage in den Zelten zubringen und selbst da wurde man nie warm oder trocken. Die Schneenadeln krochen bis in die Tiefen der Schlafsäcke und das Ausgehen bei solchem Unwetter wagt keiner von uns seit der arme Scharfen ganz wirr im Kopfe wurde, als er in solchem Wetter zufällig draußen war und beinahe umgekommen wäre. Nein, nein, so ein Schneesturm ist schlimmer als die ärgste Kälte!

Norry [mißt eifrig]. Der südliche Wind nimmt bedeutend zu und bei den überaus häufigen und starken Niederschlägen muß man auf alles gefaßt sein. Da, Hasselstein, sehen Sie einmal selbst um wieviel die Nadel seit den letzten drei Stunden abgewichen ist. [Beide hantieren die verschiedenen Instrumente.]

Roden [schreibt eifrig in sein Notizbuch während Scharfen die Schnur und die Fischfallen in das Zelt trägt und mehrere Pfannen auf den kleinen Herd stellt]. 1844 Klafter Meerestiefe, südwestliche Tiefströmung, südlicher Wind, 29° Celsius Lufttemperatur, zunehmendes Treibeis, abnehmendes Tageslicht – nur mehr zwei Stunden Tag – 734 mm Luftdruck –

Während er schreibt und vor sich hin murmelt ist es ganz dunkel geworden; die Eisstücke sehen nun beinahe schwarz aus und nur der Schnee im Vordergrund leuchtet weiß. Ganz im Hintergrund zeigt sich ein schwacher gelblichroter Lichtschein, hierauf entsteht ein knisterndes Geräusch und in flackernden Bändern taucht die Aurora borealis auf – nie stille, immer wechselnd, sich jeden Augenblick verändernd. Das Heulen des Windes nimmt langsam zu, die Wogen machen auch ein stärkeres, plätscherndes Geräusch.

Hasselstein [geht auf das Zelt zu, die anderen folgen ihm. Norry legt allerlei in die Pfanne und kocht eifrig, die anderen setzen sich auf die Schlafsäcke und zünden ihre Pfeifen an. Das rote Licht des Herdes bildet einen eigentümlichen Kontrast mit der wechselnden Beleuchtung draußen.] Meine Angst um unsere tapferen Gefährten nimmt täglich zu. Wenn sie nicht innerhalb der nächsten Tage einlangen, muß ein Unglück die Expedition getroffen haben, denn fünf Monate waren als Maximumtermin zur Erforschung des Beardmoregletschers festgesetzt. Seit ihrem Aufbruch sind 192 Tage vergangen.

Norry [düster]. In kaum vierzehn Tagen bricht die lange Polarnacht herein – Gnade ihnen, wenn sie uns bis dorthin nicht erreicht haben.

Scharfen [nachdenklich rauchend]. Seit fünfzehnten November kämpfen sie verzweifelter selbst als wir gegen die Gefahren und Drangsale dieses unwirtlichen Klimas. Wer wird den Sieg erringen? Die starre Eisnatur oder unsere beharrlichen Gefährten? Und das Schlimmste an der Sache ist, daß wir hier stille sitzen müssen und nichts – gar nichts – zu ihrer Rettung beitragen können.

Norry. Es ist ja eine Frage ob wir selbst die endlose Polarnacht überdauern werden. Werden unsere Nahrungsmittel bis zur Ankunft des Schiffes im November ausreichen und vorallem, wird es uns gelingen den Ausbruch des Skorbut zu verhindern? [Eine Pause entsteht, alle rauchen in düsterem Schweigen.]

Hasselstein [träumend]. Es dünkt einen unglaublich, daß daheim gerade jetzt der Flieder blüht, das Mailüfterl über das sanftig grüne Land hinbraust, die Nachtigall –

Roden [heftig unterbrechend]. Nur um Himmels willen nicht sentimental werden: Das gibt uns, in der Verfassung, in der wir sind, den Gnadenstoß. Nichts ist gefährlicher und zweckloser als das Träumen vom Unerreichbaren. Es heißt einfach die Zähne zusammenbeißen und – schweigen!

Hasselstein [müde lächelnd]. Oder zu unserem alten Mittel zu greifen und Sorge mit Scherz verscheuchen? Leider gewinnen manchmal die Sorgen die Oberhand. Der Zunge kann man allerdings Schweigen gebieten, doch ach, dem Herzen nicht. Es gibt Augenblicke, in welchen einem alles zwecklos scheint, in welchen man seinen Gefühlen unterliegt, das Heimweh erwacht und man sich staunend fragt, ob man nicht am Ende alles einem Wahn geopfert –

Scharfen [eine dicke Rauchwolke ausblasend]. Und ob es wirklich nur ein Trugbild gewesen, was man so lebhaft angestrebt.

Norry [nachdenklich]. Wir sind entmutigt und fragen daher nach dem Warum unserer Handlungsweise und wissen im Innersten doch, daß wir unter gleichen Umständen wieder so und nicht anders handeln würden. So nehme ich zum Beispiel an, daß wir uns alle der Expedition angeschlossen – erstens, weil dies eine Lösung manch' verwickelten Problems bedeutete –

Hasselstein [ernst]. Sie haben vollkommen recht, Norry. Jeder von uns hatte seine Gründe –

Norry [bitter]. Und triftige. Eine Luftveränderung tut zuzeiten sehr gut. Das Leben ist wahrlich kein Honigschlecken – es sticht einem verteufelt oft eine Biene in die Zunge.

Hasselstein [finster]. Und mehr als eine!

Norry [nach kurzer Pause]. Was mich betrifft, so befinde ich mich nur dort ganz wohl, wo die Natur in ihrer Urkraft auf mich einwirkt und die Civilisation – die sogenannte – sie noch nicht mit ihrem giftigen Speichel beleckt – und verödet hat! Kampf und Abenteuer gegen die mächtigen Naturgewalten meinetwegen, aber gegen die Heuchelei, Beschränktheit und krasse Selbstsucht der sogenannten civilisierten Menschheit – nein, danke – lieber begrabe ich mich in den Einöden der Sahara, in den Urwäldern Südamerikas oder –

Hasselstein [lächelnd]. – oder selbst in antarktischen Zonen. Bis hierher ist unsere Ueberkultur allerdings noch nicht durchgedrungen – die Pinguine sind die Alleinherrscher der Antarktis.

Roden [leidenschaftlich]. Lieber tausendmal Pinguine als Ueberkultur: Glauben Sie mir, die großartige Erfindungen hervorbringt und dabei doch täglich mehr und mehr natürliche Züge der menschlichen Natur kalt erdrückt oder in eine unnatürliche, seelenverkrüppelnde Gestalt preßt. Bah! [Er klopft heftig seine Pfeife aus und stopft eine neue.]

Hasselstein [beschwichtigend]. Wie viele Geheimnisse der Natur sind entdeckt und der Menschheit dienstbar gemacht worden!

Roden [verächtlich]. Und wie viele Tiere kennen den Wert heilsamer Kräuter, von denen wir keine Ahnung haben. Zudem – die Völker des Westens, die ja gerade am stolzesten auf ihren Fortschritt sind, haben von vielen Sachen heute keine Ahnung, mit denen die morgenländischen Stämme vor mehreren tausend Jahren ganz vertraut waren. – Fortschritt – in der Tat! [Er lacht kurz und verächtlich auf.] Wir sind viel zu stolz auf die Errungenschaften unseres Geistes.

Hasselstein [ruhig vor sich hin rauchend]. Menschlichere Anschauungen –

Roden [spöttisch]. Vortrefflich: Maschinengewehre, giftige Gase, bombengespickte Luftschiffe –

Scharfen [einwerfend]. Die Abschaffung der Folter –

Roden [kalt lachend]. Nein, lieber Freund! Ersatz der moralischen statt der physischen. Heute droht man jemand das Familienskelett an das Tageslicht zu ziehen und in den Zeitungen spazieren zu führen – eine Folter, die ebenso wirkungsvoll, wie die Daumenschrauben einst, – die Kritik ersetzt den Morgenstern und was das Spießrutenlaufen anbelangt, so verrichten die Zungen unserer stets auf der Lauer liegenden lieben Nächsten das wunderbar – mit dem einzigen Unterschied, daß man früher absehen konnte, wo die Qual und wo der Schaden ein Ende nehmen wird – die Ausdehnung und die Uebel der heutigen Folter kann niemand ermessen. Die Wunden des Körpers heilten leichter als wir nun unseren beschmutzten Namen, unsere geraubte Ehre in Ordnung bringen – wenn es uns gelingt.

Hasselstein [ruhig]. Wir verdanken der zunehmenden Civilisation eine erhabene monotheistische Religion –

Roden. Die nichts destoweniger wie im dunkeln Mittelalter noch heute mit Teufelsspuk und Höllenqual droht, deren Verbreiter Geld mit Beuteln oder Tassen im Gotteshause selbst einsammeln, genau wie es fahrende Sänger oder Seiltänzer unmittelbar vor Schluß der Vorstellung tun, deren Anhänger des guten Tones, der Musik oder der neuen Kleider willen zur Kirche gehen und die sechs Tage lang mit Wonne alle zehn Gebote übertreten um am siebenten eine scheinheilige Miene aufzusetzen und sich aller jener Tugenden zu rühmen, die zu besitzen sie anderen glauben machen wollen.

Scharfen [halblächelnd]. Großartigen Erfindungen –

Roden [kalt]. Erfindungen, bester Herr Kollege, bedeuten erhöhten technischen oder rein materiellen aber deshalb noch lange nicht moralischen Fortschritt. Das Leben wird durch sie möglicherweise bequemer, die Handelsverbindungen leichter und schneller, aber diese Verbesserungen erhöhen leider nur unser Selbstbewußtsein ohne unseren inneren Menschen gleichzeitig auf eine höhere Entwicklungsstufe zu bringen.

Norry [eifrig kochend]. Ganz richtig! Rein äußere Verfeinerung der Sitten, kosmopolitische Anschauungen, erhöhter Luxus, großartige Entdeckungen und ähnliches ist alles lange noch nicht Seelenkultur. Wenn die Ware nicht durch und durch reell ist, so springt die Politur schon bei der allerersten Gelegenheit ab.

Scharfen [kopfschüttelnd]. Der Zeitgeist zerstört viel mehr als er bildet. Es ist geradezu eine Wut über die Menschheit gekommen in allen Werken der großen Meister, im Leben der edelsten Helden, bei unsterblichen Denkern und den Lehrern der erhabendsten Ideen immer und überall ein Fleckchen, irgend einen dunkeln Punkt zu suchen, der dann ans Licht gezogen, besprochen, und betastet wird, bis der winzige Fleck beinahe das ganze Werk, den ganzen Menschen verdunkelt.

Hasselstein [traurig]. Ach, leider! Anstatt nach Menschenliebe streben alle nach größerer Pracht, nach höherer technischer Kultur, Verstand wird über Herz, der Schein über den Kern gesetzt. Die Kritik läßt weder Lebendige noch Tote in Frieden und jeder bemüht sich auf das eifrigste seines Nächsten Fehler zu entdecken und laut zu verkünden, statt sie milde zu bemänteln und großmütig zu übergehen.

Roden [spöttisch]. Und mit welchen Stolz wir den ›Segen der Civilisation‹ zu den sogenannten Wilden tragen: Wir verkaufen ihnen Schießpulver und Gewehre, wir bieten ihnen zu hohen Preisen allerlei verderbliche Trinkwaren an, die ihr Leben verkürzen, ihre Gesundheit untergraben und in ihnen vorher unbekannte Leidenschaften erwecken.

Hasselstein [lächelnd]. Zum Dank für solche Vorteile verdrängen wir sie von ihrer eigenen Scholle und lassen uns selbst dort nieder.

Scharfen [lachend]. Ja! Die armen Wilden können uns dankbar sein, daß wir sie nicht wie einst mit Gewalt auf unsere Schiffe schleppen und als Sklaven verkaufen.

Roden [eifrig nickend]. Wir tun etwas viel Besseres. Wir verwenden sie gleich als Sklaven an Ort und Stelle. Oh Fortschritt – du gleißender Fortschritt! Nein, läßt mich in einem Erdstrich wohnen, wohin diese bewunderte Civilisation noch nicht vorgedrungen, wo Wahnsinn, Trunksucht, Selbstmord und Verbrechertum, wo Habgier, Neid und Verleumdung noch nicht zur Tagesordnung gehören!

Norry [lachend und die Pfeife schwingend]. Es lebe das Reich der Pinguine!

Hasselstein [nachdenklich]. Gott weiß es, Sie haben so unrecht nicht, Roden, trotz Ihrer entsetzlichen Spottlust! Hier, fern von den Einrichtungen bevölkerter Erdstriche fallen alle kleinlichen Charakterzüge wie Schuppen ab. Hier kann ein Mann nicht mehr scheinen als er ist. Kein Heucheln verdeckt hier den Mangel jener Eigenschaften, die zu besitzen man sich früher oft gerühmt haben mag – die zu haben man sich möglicherweise selbst eingeredet.

Norry [lebhaft]. Und doch entwickeln sich gerade hier oft Eigenschaften, das heißt schlummernde Fähigkeiten krystallisieren sich, welche zu besitzen man sich daheim nicht einmal geträumt hätte.

Scharfen [eifrig zustimmend]. Stimmt! Dort war das eigene Ich immer der erste Faktor, hier tritt es beständig in den Hintergrund. Dort ging man am schreiendsten Elend kalt vorüber, weil man den Kopf mit höchst überflüssigen, aber im Augenblick außerordentlich wichtig scheinenden Kleinigkeiten vollgekramt hatte – man hatte eben keine Zeit – sondern lief blind irgend einem nichtigen Vergnügen, einer bedeutungslosen Belustigung nach oder beeilte sich irgend eine gesellschaftliche Verpflichtung anstatt jene höhere Pflicht lauterer Menschenliebe zu erfüllen! Hier dagegen bietet man alles auf um seinen Gefährten und nicht nur diesen sondern selbst den Tieren, die mit uns in Berührung kommen und unser Geschick teilen, die schlimme Lage nach Kräften zu erleichtern.

Roden [sich zurücklehnend]. Zweifellos! Das Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt sich bedeutend stärker hier und geteilte Gefahren sind eiserne Bande. In alten Zeiten sind die einzelnen Stämme ebenso innig aneinander gehangen und haben stets freudige Opferwilligkeit an den Tag gelegt. Erst das Zusammenscharen vieler sich unbekannter und folglich einander gleichgültiger Menschen, die man alle wie toll auf ein gleiches Ziel zuhetzt und die wissen, daß sie es umso sicherer erreichen werden, je mehr Mitbewerber sie im Rennen niederstoßen, hat dieses Meer von Selbstsucht geschaffen, in dem so viele Schwache unverdienter Weise untergehen müssen. Auch ein Gewinn der zunehmenden Civilisation!

Hasselstein [nach einigen Sekunden ernst]. Das ist der ewige Kampf der Natur, in welchem der Stärkste siegt, die Schwächeren untergehen. Dennoch – – unsere Anschauungen werden andere hier draußen. Das Bewußtsein menschlicher Erhabenheit schrumpft gegenüber den überwältigenden Wundern der unberührten Natur bedeutend zusammen. Unsere Unüberwindlichkeit scheint uns geringer, wenn wir eben einen Schneesturm mitgemacht oder die riesigen Eisbarrieren betrachtet haben, die seit Jahrtausenden hier herumzuschwimmen scheinen und unsere Widerstandskraft dünkt uns klein, wenn wir die winzigen Rotiferen betrachten, die ins Eis eingefroren, scheinbar jahrelang tot liegen, um, wenn ein günstiger Umstand die sie umschließenden Eispartikel wieder schmilzt, zu neuem Leben zu erwachen, als wäre nichts besonderes vorgefallen. Wie gebrechlich sind wir, stolze Menschen, verglichen mit ihnen!

Norry [lachend]. Unbestreitbar, trotzdem verbleibe ich lieber Mensch als Radtier. Der Wert des Daseins liegt eben im Bewußtsein unseres Seins.

Hasselstein [ernst]. Manchmal möchte man gerne einige Jahre wie ein Radtier schlummernd zubringen, während über einen hinweg unempfunden die Stürme des Lebens brausen.

Roden [erregt]. Lächerlich! Das wäre wie der Vogel Strauß seinen Kopf unter den Flügel stecken und hierauf glauben den Feind besiegt, den Gegner verscheucht zu haben. Nicht im Zurückweichen – im Vorwärtsdringen allein – muß man das Ende irgend einer Mühsal suchen, da nur die Ruhe, die der Ueberwindung, sei es nun seiner Gegner, des Geschicks oder des eigenen Ichs liegt, von wahrem und dauerhaftem Wert sein kann.

Scharfen [nickt]. Ein indischer Weise sagt: Festes Bestreben besiegt selbst das Geschick! Es gibt kein zwingendes ›Kismet‹ für den, der zu wollen gelernt.

Norry [einlenkend]. Unzweifelhaft! Indessen bin ich überzeugt, daß uns nicht nur der Haß gegen die Unsitten unserer Zeit sondern auch jene alte Abenteuerlust herausgetrieben, die uns als Knaben schon beim ersten Märchen das Blut schneller durch die Adern rinnen ließ. Am Ende sind wir doch alle Kinder unserer Zeit. Wir verlachen herrschende Vorurteile zwar, bäumen uns gegen die enggezogenen Grenzen auf, aber wir wüten, nichts destoweniger, wenn jemand anderer es uns nachzumachen wagt. Es ist eben die alte Geschichte vom Balken und Splitter.

Hasselstein [seufzend]. Wir täuschen unsere Mitmenschen zuweilen – – und dies mit vollem Bewußtsein – – wir täuschen uns selbst viel öfter und ohne davon die geringste Ahnung zu haben. Vielleicht verlieren wir Aufrichtigkeit und Natürlichkeit so leicht, weil wir uns immer mehr und mehr von der Natur entfernen.

Roden [triumphierend]. Was sagte ich?

Hasselstein [aus dem Zelte blickend]. Hier spricht Mutter Natur in all ihrer Pracht und Majestät zu uns und wir fühlen ihren wohltätigen Einfluß nicht nur körperlich, indem wir stärker, sondern auch seelisch, indem unsere besten Triebe begeistert rege werden.

Scharfen [Triebe]. Ja, Schönheit läutert. Wer könnte auf die herrlichen Schneegebilde, die mächtigen Eisgrotten, das flackernde Nordlicht blicken können und im Herzen der alte Egoist, gleichgültig gegen alles, was nicht ›Ich‹ ist, bleiben?

Norry [bitter]. Wer könnte hier glauben, daß es in der Tat Menschen gibt, die ein treues Herz, ein ganzes langes Leben voll stillen Glücks um einiger lumpiger Tausender klaglos opfern können – –

Hasselstein [im selben Ton]. Oder daß es Leute gibt die sich an kleinliche Vorurteile wie der Octopus an sein Opfer klammern? [Nach einer Pause.] Es ist eine unleugbare Tatsache, – wem Herd und Heim mit Glück und Ruhe winken, der stürzt sich nicht in unbekannte Gefahren, mag der Trieb dazu auch hundertmal in seiner Seele schlummern. Oft, wenn ich auf meinen einsamen Wanderungen ein Licht so freundlich aus einem Fenster strahlen sah, dachte ich mir, daß es wohl über irgend einen Teuren wache – – – ein Auge in der Nacht, das wie ein milder Führer, wie ein getreuer Leuchtturm dem einsamen Schiffer zeigt, wo der ruheverheißende Hafen winkt. Wir, denen kein solcher Leuchtturm die Fahrt auf den Strom des Lebens erleichtert, wir segeln planlos, uns wirft des Lebens wechselnde Springflut unbarmherzig auf Klippen oder öde Inseln und was wunder, daß so viele von uns – – –

Roden [finster]. So jämmerlich untergehen! Es gehört ein guter Steuermann und eine feste Hand dazu ein Schiff zu steuern, das auf finsterem Meere treibt.

[Alle rauchen eine Weile schweigend. Das Heulen des Windes nimmt zu, das Nordlicht verschwindet langsam. Es wird unheimlich finster.]

Scharfen [die Hände gegen die Zeltdecke hebend]. Uns bleibt das Wissen – die Suche nach dem Unbekannten, dem Unerforschten und endlich das Bewußtsein unsere Pflicht getreu erfüllt zu haben.

Hasselstein [aufspringend]. Wir »schaffen« und »schaffen« bedeutet »leben«.

Norry [lachend]. Sagen wir mit Calderon »Das Leben ist ein Traum!«

Roden [achselzuckend]. Oder ein ver– Alpdrücken – individuell genommen!

3. Auftritt.

[Man hört lautes Hundegebell und Stimmengewirr. Von rechts kommen eine Anzahl Rodel von Hunden gezogen und dicht bepackt auf die Szene. Mehrere Männer, die ganz vermummt sind, kommen auf Ski mit langen Stöcken und ganz vereisten Gewändern. Zwei Männer führen einen Kranken, der sich sichtlich kaum mehr auf den Beinen halten kann und den Hasselstein sofort auf einen Schlafsack niederlegen hilft, während Scharfen einen Medizinkasten bringt und etwas in einem Glase zusammenmischt. Norry und Roden zuerst, später Hasselstein, helfen die Hunde abkoppeln und abführen, nehmen die Schlittenverpackung herab und Norry füllt gleich viele Schüsseln mit dampfender Suppe.]

Hasselstein [indem er eifrig mithilft]. Dem Himmel sei Dank, daß Ihr endlich zurückgekehrt! Wir gaben uns schon den allerernstesten Befürchtungen hin, denn die lange Polarnacht mit ihren Schrecken steht dicht vor der Türe.

Kapper [ernst, indem er die Ski abschnallt]. Ihre Befürchtungen, Hasselstein, hätten sich bei einem Haar bewahrheitet. Die meisten von uns sind mehr oder weniger schneeblind geworden, und trotz der Mitternachtssonne und des steigenden Thermometers hat Meroff die Zehen beider Füße eingebüßt, denn das lange Marschieren im auftauenden Schnee, verbunden mit dem plötzlichen Fallen der Temperatur so oft ein Schneesturm im Anzug war – alles dies hat die Mühsal unserer Entdeckungsreise sehr erhöht. Ich fürchte, Meroff wird beide Füße verlieren.

Johansson [ernst]. Der Arme wird seine Heimat nicht wiedersehen – es geht schnell abwärts mit ihm.

Hasselstein [die anderen unterstützend]. Erreichten Sie den Beardmore Gletscher?

Granelli [lebhaft]. Und ob! Wir machten auch viele wertvolle Aufzeichnungen und hatten großen Vorteil von diesem Ausflug vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, wenn nur beim Rückmarsch die Schwierigkeiten nicht geradezu unübersteiglich geworden wären, erst da – [er schweigt].

Johansson [eifrig]. Die letzten vierzehn Tage waren die allerschlimmsten. Die Lebensmittel gingen zu Ende, mit dem Thranvorrat war es Schluß und was es heißen will mit nassen Füßen ohne etwas wärmendes in den Leib zu bekommen in den Schlafsack zu kriechen, das kennen Sie Hasselstein! Ein Wal war nicht zu erjagen, Meroffs Füße wurden täglich schlimmer, Skorbut war schon im Anzug, die Polarnacht näherte sich mit Riesenschritten. – Ich glaubte wahrlich nicht Euch alle wiederzusehen, Kameraden.

[Alle schütteln einander warm die Hände und rufen durcheinander.]

Willkommen bei uns! Willkommen Freunde, in unserer Mitte!

Hasselstein [nach einer Pause]. Wie war der Weg im allgemeinen?

Kapper [kopfschüttelnd]. Die ersten Tagreisen waren so leidlich aber dann – schauerlich! Wir sanken in der Regel bis zu den Knien in den weichen auftauenden Schnee, konnten uns überhaupt nur Dank der Ski auf der Oberfläche erhalten und bald mußte der eine, bald der andere von uns zurückeilen um den Hunden mit den Rodeln über eine schwere Stelle zu helfen. Drei Tiere sind uns schon eingegangen, zwei weitere mußten wir als Nahrung für die übrigen opfern und an ihrer Stelle selbst den Rodel ziehen.

Johansson [den letzten Schlitten mit Hilfe der anderen abpackend und die Sachen in die Schneehütte tragend, während die anderen Fremden schon im Zelte auf den Schlafsäcken sitzen und sich die Suppen schmecken lassen, die Norry eifrig ausschenkt]. Oft brauchte es eine halbe Stunde, oft länger, bevor wir des Morgens unser Schuhzeug wieder auf die gefrorenen, hochgeschwollenen Füße zwingen konnten.

Hasselstein [mitleidig]. Welch Leiden liegen hinter Euch!

Johansson [abwehrend]. Bah! Wir haben alle unsere Leiden mitzumachen – wir dort – Ihr hier. Da ist die versprochene Beute! [Er reicht Hasselstein einige Vögel.] Zwei Königspinguine, drei Sturmvögel und einen weißen und einen schwarzen Albatroß. Was sagen Sie dazu?

Hasselstein [ihm warm die Hand schüttelnd]. Großartig! Tausend Dank! Sie sollen einst das Museum Kringhausens zieren. Ich habe auch hier das Leben und Treiben der Pinguine studiert und muß sagen, daß die Damen von Kringhausen selbst nicht neugieriger sind als diese befiederten Bewohner der Antarktis und was das heißt –

Johansson [lachend; indem er alle Rodel mit Hilfe Hasselsteins aufeinandertürmt]. Bewahre! Weiß ich's etwa nicht? Ich habe zu meiner Zeit auch einige Erfahrungen mit bezug auf das zarte Geschlecht gesammelt – was zum Beispiel meine Alte – Gott hab' sie selig! – nicht herausgefunden hat – Nu, lassen wir's gut sein. Man sagt zwar, Wiedersehen macht Freude, aber was mich betrifft, so bitte ich, daß mir diese Freude noch recht lange erspart bleibt.

Vickers [kommt aus dem Zelt]. Meroff ist in unruhigen Schlummer verfallen – seine Beine sind bis hinauf geschwollen – der erste, der uns verläßt.

Hasselstein [nach kurzer Pause]. Und Sie, alter Freund, können die Augen kaum offen halten.

Vickers [abweisend]. Oh ich? Ich bin nur schneeblind – das wird sich bald geben. [Er geht in das Zelt zurück.]

[In diesem Augenblick kommt ein entsetzlicher Windstoß dahergefahren. Das Brausen des Meeres ist unheimlich gewachsen, das Eis knarrt, der Sturm heult, so daß man keinen anderen Laut hören kann, kleinere Eisstücke rollen über die Szene, der Schnee wird aufgewirbelt.]

Hasselstein [zieht so schnell er nur kann eine zweite Hülle über das Zelt, Norry hilft ihm]. Schnell, schnell! Der Schneesturm naht. [Er bindet die Hülle fest.]

Norry [lebhaft]. Ins Zelt, ins Zelt!

[Während Hasselstein die letzte Hand an das Zelt legt, hat Norry die Tür des Zeltes zugezogen. Die ganze Szene ist dunkel, der Sturm heult graueneinflößend und während der Vorhang langsam sinkt, braust eine ungeheure Schneewolke über die Bühne hin, so daß alles im Nu weiß erscheint.]

Ende des ersten Aktes.

2. Akt.

[Ein elegant ausgestattetes Zimmer. In der Mitte der Szene ein Spieltisch, an dem vier ältere Damen sitzen. Zwischen zwei und zwei Spielern steht ein stummer Diener mit Liqueurgläsern und Backwerk. Links und rechts eine Tür. An der Wand im Hintergrund eine Kredenz mit Obst und anderen Dingen. In den Ecken hübsche Figuren aus Gyps, an der Wand hängt ein Vogelhaus und kleine Tischchen mit Stühlen stehen da und dort. Bilder und Spiegel an den Wänden. Alles spricht von Wohlstand, aber alles hat ein kleinstädtisches Gepräge.]

1. Auftritt.

Frau Zungrapp [lebhaft]. Wer spielt aus?

Frau Krickenfeld [lächelnd]. Immer die, die fragt!

Zungrapp. Will' mal sehn, wer mein Partner ist.

Frau Hasselstein [zerstreut]. Was wurde gerufen?

Zungrapp [lebhaft]. Herz! Bitte nur nicht in meine Karte zu schauen!

Krickenfeld [zieht den Wurf heftig an sich und küßt sich die Fingerspitzen]. Gott sei Dank, der König wäre glücklich zuhause. Ich fühle mich nie ruhig, bevor ich ihn geborgen weiß.

Zungrapp [besorgt das Haupt schüttelnd]. Ob ich meinen Pagat wohl werde retten können?

Krickenfeld [nachdenklich]. Wo nur der Mond steckt? [Nach kurzer Pause.] Also der Herr Sohn ist wieder in Kringhausen?

Hasselstein [froh]. Ja, Hans Georg ist vor einer Woche angekommen. Man hat ihn festlich empfangen und in der »Gelben Schwalbe« wurde ihm zu Ehren sogar ein Festessen veranstaltet. Zwei Universitätsprofessoren waren anwesend und außerdem der gesamte Lehrkörper des hiesigen Gymnasiums – auch andere Honoratioren Kringhausens –

Krickenfeld [die Hand ausstreckend]. Mir gehört der Stich, bitte! – Ja, ja, es muß schön sein einen so berühmten Sohn zu besitzen, der am Südpol gewesen, allerlei Meerungeheuer und ähnliche Dinge gesehen hat – zwar praktischen Wert – [sie schweigt].

Zungrapp [scharf]. Die heutige Jugend, liebste Peleponesia, denkt nicht an die praktische Seite des Lebens: So lange nur ein Mamatscherl die Moneten gibt – [jubelnd] Pagat ultimo! meine Damen. [Sie rafft den Stich an sich.]

Die drei anderen Damen. Waaaaaaaas?

Hasselstein [ärgerlich]. Natürlich: So geht es immer. Hätten Sie, beste Frau Inspektor, besser achtgegeben, so hätten wir jetzt nicht den Pagat verloren.

Holzheim [sich eifrig verteidigend]. Mit nichten, Frau Oberst, wenn Sie nicht den König gleich zu Anfang des Spieles so leichtsinnig ausgespielt hätten, so –

Hasselstein [noch gereizter]. Sie hätten eben kleine Tarockspiele nicht mit dem Mond und dem Zwanziger stechen sollen, da hätten Sie später auch noch –

Holzheim [mit lauter Stimme, heftig gestikulierend]. Wenn Tarock ausgespielt wurden, mußte ich den Mond hergeben – ich hatte ja nur vier Tarock –

Hasselstein [noch lauter]. Was sagte ich – Sie spielen und haben kein Blatt –

Zungrapp [die beiden überschreiend]. Bitte, meine Damen, dreißig Heller per Person –

Holzheim und Hasselstein [zugleich]. Wie dreißig Heller? Nicht möglich, der Pagat kostet bloß –

Zungrapp [sich stolz zurücklehnend mit Nachdruck]. Pagat ultimo!!!!

Hasselstein [zahlt in Spielmarken aus]. Bitte, bitte, da sind schon die dreißig Heller. In Zukunft aber, beste Frau Inspektor, bitte mich nicht zu rufen, wenn Sie keine Karten haben. Man darf seinen Partner nicht auf diese Weise ins Verderben locken.

Holzheim [lebhaft]. Wie? Ich habe den Mond und den Zwanziger und –

Hasselstein [ihre Rede unterbrechend]. Und nichts weiter gehabt. Wir mußten verlieren!

Zungrapp [während die andern lachen]. Bitte zu geben, Frau Oberst, – nächstes Spiel. [Es tritt eine momentane Stille ein, während alle die erhaltenen Karten prüfen.]

Hasselstein [mit Siegermiene]. Ich spiele einen Solo! Was sagen die Damen?

Alle. Passe! Unterm Tisch! Gut!

Hasselstein [betrachtet ihren Kauf]. Den Achten! [Das Spiel beginnt.]

Zungrapp [seufzend]. Ja, was du früher sagtest, meine teure Peleponesia, ist allerdings richtig. Praktischen Wert hat so eine Südpolfahrt wohl nicht. Das kostet nur Geld – viel Geld – es bringt zwar Ehren ein, aber nicht wahr, liebe Frau Oberst, mit Ehren allein kann man keinen Haushalt gründen und bei einem jungen Manne handelt es sich vorallem darum schnell sein eigenes Nest bauen zu können.

Hasselstein [seufzend]. Ach ja! Aber daran will Hans Georg nicht denken. Er hat eben seine eigene Anschauungen!

Krickenfeld [ihre Karten faltend und entfaltend]. Man sagt – aber – hm, mich betrifft es ja nicht! Ich gehöre nicht zu jenen, die ein Gerücht von Haus zu Haus tragen – freilich, die Ohren verstopfen gegen das, wovon die ganze Stadt spricht, kann kein Mensch. Nein, ich habe aber wirklich ein elendes Blatt! Nicht einen einzigen Stecher!

Holzheim [lächelt vergnügt]. Meine Damen, ich sage die »Trull« an. [Mit wichtiger Stimme.] Auch mir sind gewisse Gerüchte zu Ohren gekommen, aber –

Krickenfeld [ihre Karten betrachtend]. Du meine Güte, Frau Oberst, ich habe nicht einen Stecher – wie –

Zungrapp [streng]. Nichts aus der Schule plaudern – [Sie nickt mehrmals mit dem Haupte.] Ach, teure Peleponesia, es ist ein altes Sprüchwort: Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch einmal an die Sonnen.

Krickenfeld [rasch]. Soll ich oder soll ich nicht? Ich wag's: Ich sage König ultimo an.

Alle. Gut, gut!

Zungrapp [schüttelt mißbilligend das Haupt]. Und vor kaum einer Minute sagst du, daß du keinen Stecher hast. Ach, Peleponesia: [Sie droht ihr mit dem Finger.] Ja, ja, man erzählt sich, doch – uns geht alles das nicht an. Pardon: War das eben der Sechzehner, der ausgespielt wurde? Gut: Den kann ich gerade noch überstechen.

Holzheim [ärgerlich zu Krickenfeld]. Jetzt haben Sie zu niedrig ausgespielt, beste Frau Kommerzienrat: Auf diese Weise werden wir das Spiel verlieren.

Hasselstein [lachend]. Tut gar nichts, liebe Frau Inspektor, da gewinnen wir es. [Man spielt eifrig.] Was sagt man eigentlich? Sollte jemand etwas Nachteiliges über meinen Sohn geäußert haben?

Zungrapp [bewegt die Karten]. So ein berühmter Gelehrter: – ein Südpolforscher: – indessen – mein Gott, die Menschen sind einmal neidisch – böswillig –

Krickenfeld [seufzt tief auf]. Ach, verehrteste Freundin, die Welt ist voller Tücke: Besonders wenn es sich um eine hervorragende Persönlichkeit handelt –

Holzheim [triumphierend]. Der Mond geht nach Hause, der Mond geht nach Hause: Was man sagt? Ach, liebste Frau Oberst, nur unsere aufrichtige Freundschaft für Sie vermag –

Alle drei Damen [die Karten wie zum Schwur erhebend] unsere bewährte vieljährige Freundschaft –

Holzheim [jubelnd]. Der Pagat: Dem Himmel sei Dank: Ja, und unser warmes Interesse für Ihren berühmten Herrn Sohn –

Krickenfeld [zur Decke aufsehend]. – den wir schon liebten als er noch in Röckchen herumging –

Zungrapp [mit süßer Stimme]. – den wir mit innigsten Interesse aufwachsen sahen –

Holzheim [einen Wurf an sich raffend]. – vermag uns eine leise – eine ganz leise – die allergeringste Andeutung zu machen, daß – daß –

Zungrapp. – daß – es fällt uns allen schwer eine so äußerst delikate Frage zu berühren –

Krickenfeld [eifrig]. Ja, man hat wirklich die Unverschämtheit zu behaupten – natürlich, nur eine Verleumdung – die Welt ist leider so verderbt –

Holzheim [seufzend]. Ja, verehrteste Frau Oberst, man ist der absurden Anschauung –

Krickenfeld [sich in die Brust werfend]. Das heißt unwissende Leute – wir haben nie daran geglaubt –

Holzheim [eifrig]. – böswillige Zungen –

Zungrapp [verächtlich]. – Menschen, die immer auf der Lauer liegen irgend einen Skandal zu entdecken –

Hasselstein [die Augenbrauen hochziehend]. Einen Skandal? Meinen Sohn betreffend?

Holzheim [sich zurücklehnend und das Spiel unterbrechend]. Beste Frau Oberst, wir sind eben noch nicht so modern – so ultramodern wie der Herr Sohn – In Kringhausen hält man sich noch an die strengen Sittenbegriffe unserer eigenen Jugendzeit, das ist heutzutage natürlich veraltet – ich weiß – aber Leute finden es hier eben – ja, überraschend, hochgeschätzte Freundin – daß –

Zungrapp. – daß Ihr berühmter – Ihr trefflicher Sohn – daran denken könnte –

Krickenfeld. – daß er sich dazu bestimmen ließe –

Holzheim. – imstande sein würde – [plötzlich jubelnd] Gewonnen, – gewonnen: Wir haben die »Trull«, wir haben Pagat ultimo!

Krickenfeld [sieht durch ihre Karten]. Wir haben zwei Stiche und einen König.

[Großer Lärm, Durcheinanderrufen, Ausbezahlen.]

Hasselstein [nach einer Pause, scharf]. Wozu könnte Hans Georg sich entschließen?

Holzheim [seufzt tief auf, die anderen tun desgleichen]. Ach, beste Freundin, die liberalen Anschauungen des Herren Sohnes geben leider zu allerlei unbegründetem – ich bin fest überzeugt ganz unbegründetem Gerede Anlaß – man meint, er könnte sich hinreißen lassen – ja, viele Leute gehen dahin zu behaupten es sei eine schon beschlossene Sache – dieses – Mädchen –

Hasselstein [finster]. Welches Mädchen? Ich verstehe nicht –

Krickenfeld. Bitte anzusagen – was ist gerufen? Ja, es handelt sich um – meine Lippen sträuben sich den Namen dieser unglücklichen Gefallenen auszusprechen – kurz, um Berta Heller!

Holzheim. Einen Dreier mit Herz: Was liegt im Talon? Ja, eben – man – böse Zungen – gehen so weit anzudeuten, daß der Herr Sohn noch immer – man erinnert sich an seine frühere Verblendung – die Absicht haben soll an eine Verbindung mit –

Zungrapp. Es liegt wunderschön: Der Mond und zwei Könige!

Krickenfeld [munter]. Und nicht einmal der Gerufene – das nenne ich Glück!

Holzheim. Das lasse ich mir gefallen: Ach, beste Frau Oberst, so ist es. Man meint wirklich allgemein –

Zungrapp [mit Pathos]. – die ganze Stadt spricht davon –

Krickenfeld. – daß Berta Heller die Schwiegertochter –

Hasselstein [entschieden]. Niemals! Geschwätz der Leute meine Damen, – mein Sohn kann und wird nie vergessen, was er dem Namen seines toten Vaters schuldet.

Zungrapp [süß lächelnd und einschmeichelnd]. Und dem seiner hochgeachteten allseitig geschätzten Mutter!

Hasselstein [rafft erbittert ihren Wurf zusammen]. Er würde es nie wagen mir eine solche Schwiegertochter in das Haus zu bringen – meine Ansicht kennt er –

Alle drei [lebhaft beteuernd]. Natürlich nicht! Ganz und gar ausgeschlossen! Gewiß nicht!

Krickenfeld. Das habe ich den Verleumdern auch gleich gesagt.

Zungrapp. Wenn junge Leute in die Welt hinausgekommen, so ist ihnen daheim nichts mehr recht [sie gibt sich einen Klaps auf den Mund]. Es ist nicht mein Sohn –

Holzheim. Der Herr Sohn hat eben so sehr moderne Anschauungen – ein Gelehrter – natürlich – aber – [sie seufzt].

Krickenfeld [lebhaft]. Wir schätzten die vielen Vorzüge des Herrn Professors sehr hoch –

Holzheim. Mein Pagat! O Jammer, er ist fort, er ist dahin! Wir sind eitel Bewunderung seiner – seiner – Tugenden – nur – nur –

Zungrapp. Wie? Ist der Mond noch nicht ausgespielt?

Hasselstein. Das kommt davon, weil Sie nie die Tarock zählen! Sie wissen nie, was ausgespielt wurde, Frau Professor –

Zungrapp [gekränkt]. Ich zähle sie immer, aber wenn einmal fünfzehn oder sechzehn draußen sind – so – so verliere ich manchmal den Faden. Trotzdem sagt Hofrat Glaubig immer, daß ich ganz vortrefflich –

Krickenfeld [die Hände zusammenschlagend]. Wie, lebt dieser wandelnde Leichnam noch? Dem zahlt die Regierung seine Pension sicher schon seit vierzig Jahren.

Holzheim. Und seine Tochter? Die hat vorzeiten trotz ihres kranken Beinleins auch manche Seitensprünge gemacht. Ha, ha, ha!

Zungrapp. Jetzt muß sich dieses Gerippe auch den Fünfzigern nähern. Eine Vogelscheuche erster Klasse.

Krickenfeld [entsetzt]. Gestochen? Mein König? Wie ist denn das möglich?

Hasselstein [trocken]. Weil erst neunzehn Tarock ausgespielt sind. Und was ist aus dem verrückten Sohne geworden?

Zungrapp [wichtig]. Oh der? Der hat auch so manches Vergehen auf dem Kerbholz – er sollte wohl eigentlich in das Gefängnis geworfen werden, aber des alten Herrn wegen hat man ihn lieber irrsinnig erklärt.

Krickenfeld [verzweifelt]. Jetzt ist unser König auch verloren! Frau Oberst tragen daran die Schuld!

Hasselstein [heftig]. Ich?? Ich kann die Tarock zählen – Gottlob [großer Lärm, alle schreien durcheinander].

Holzheim [erregt]. Sie hätten nicht Herz ausspielen sollen, als –

Zungrapp [gibt]. Bitte, nur schöne Blätter, meine Herrschaften!

Krickenfeld [ihre Karten musternd]. Lassen Sie sich Ihre Handerl vergolden für die elendigen Stecher, die Sie mir zugeschoben haben.

Holzheim [lebhaft]. Wird etwas angesagt?

Zungrapp [legt die Karten zusammen]. Ich sitze unterm Tisch.

Krickenfeld. Passe.

Hasselstein. Spielt niemand? Da wage ich einen Zweier. Treff!

Zungrapp [lachend]. Wie kühn unsere Frau Oberst plötzlich geworden ist. Da hat sie gewiß in unsere Blätter geschaut.

Hasselstein [tut entrüstet]. Aber meine Damen [alle lachen].

Holzheim. Und ich sage alle Könige an – hoffentlich bringe ich sie glücklich wieder nach Hause [alle spielen eifrig].

Hasselstein [mit einer Handbewegung]. Bitte sich doch zu bedienen, meine verehrten Damen. Ich glaube der Liqueur ist nicht schlecht – mein Sohn hat ihn von der Reise mitgebracht.

Alle. Aaaaaah! [sie kosten und nicken hierauf befriedigend]. Vortrefflich! Quel goût! Excellent!

Holzheim [sich bedienend]. Ich muß einen Anisbogen nehmen. Die gute Frau Oberst macht wahre Meisterstücke an Geschmack.

Zungrapp [einschmeichelnd]. Nein, diese Dattelbusserl sind meine Lieblinge. Meine Zähne erlauben mir nicht mehr den Genuß von hartem Backwerk. Was für Zukunftspläne hat der Herr Sohn?

Krickenfeld [leise zu Holzheim]. Sie hat nicht einen eigenen Zahn im Munde – lauter Kuckuckseier!

Holzheim [vertraulich]. Ich habe drei falsche – sonst nur meine eigenen – ich bin aber auch um zehn Jahre jünger.

Zungrapp [unterdessen leise zu Hasselstein]. Wie schrecklich alt und verfallen die gute Holzheim aussieht und doch bin ich selbst nur drei Jahre jünger [laut]. Heutzutage weihen uns die Kinder nicht mehr in ihre Pläne ein – die Eltern um Rat zu fragen ist nicht mehr Sitte – aber ich frage, weil wir den jungen Herrn eben wie unser eigenes Kind –

Alle [im Chor]. Wie unser eigenes Kind ansehen. [»Ich muß noch etwas nehmen« – »ich auch« schwirrt es durcheinander. Alle essen und trinken eifrig.]

Hasselstein. Es freut mich, wenn es den Damen schmeckt. Mein Sohn weiß das Wohlwollen der Damen zu schätzen und ich nicht minder. Was seine Zukunft betrifft, so wäre es mein Wunsch, daß er die Stelle als Professor der Zoologie am hiesigen Gymnasium annehmen würde. Indessen spricht man selbst von einer Oeffnung an der Universität in –

Krickenfeld. Wirklich? Ach, da wäre eine Heirat mit – mit Berta ein Unglück für ihn, denn niemand könnte mit ihm in gesellschaftliche Beziehungen treten, weder hier noch in seiner neuen Heimat. Man kann auch schlechterdings die Erziehung der aufwachsenden Jugend nicht einem Manne anvertrauen, der sich über die herrschenden Grundsätze hinwegsetzt. Ach, teuerste Frau Oberst, machen Sie Ihren mütterlichen Einfluß geltend – halten Sie ihn vor diesem Abgrund zurück! Ein Mädchen, das nun einmal das Unglück gehabt hat – ja, man kann die Welt nicht auf den Kopf stellen – ist eben verloren!

Hasselstein [ernst]. Mein Sohn schließt gewiß nie eine Ehe mit einer ihm unwürdigen Frau. Leider will er jedoch keine bindende Stellung – vorderhand wenigstens noch nicht – annehmen.

Holzheim [trinkt langsam]. Dieser Liqueur ist in der Tat vorzüglich. Und erst dieses Backwerk! Unsere liebe Frau Oberst gehört eben noch der alten Schule an, wo eine Hausfrau und Gattin vorallem kochen können mußte. In meinem Elternhause, wo täglich Gäste eintrafen, wo das Wild und Geflügel –

Zungrapp [lebhaft]. Beste Frau Inspektor, wenn Sie gar in meinem Elternhause gewesen wären, wo Fürsten und Prinzen –

Krickenfeld [macht eine Handbewegung]. Alles das ist nichts gegen den Aufwand, die Herrlichkeiten an Speise und Trank meines seligen Onkels des Erzbischofs –

Holzheim [sie erregt unterbrechend]. So viele Backhühner, wie bei uns hat man im ganzen Bezirk nicht gegessen und unsere Kirschpoganzen –

Zungrapp [sie unterbrechend]. In unserem Elternhause hatten wir täglich wenigstens vier verschiedene Weingattungen auf dem Tisch und zu den Festtagen –

Krickenfeld [mit vor Erregung zitternder Stimme]. Bei meinem seligen Onkel, dem Erzbischof –

Holzheim. Die Gänse wurden in meinem Elternhause so gut gefüttert wie nirgends sonst im Lande und was die Weingattungen betrifft –

Krickenfeld [einfallend]. Mein seliger Onkel der Erzbischof ließ den Champagner immer direkt von Frankreich kommen –

Zungrapp [lebhaft]. Ans Spiel, meine Damen. Ja, zu der Zeit wurde die Kochkunst viel höher geschätzt als heute. Jedes Mädchen selbst aus dem vornehmsten Hause, mußte kochen können. Sehen Sie einmal mich an –

Krickenfeld [einfallend]. Mein seliger Onkel, der Erzbischof, hielt strenge darauf, daß ich –

Holzheim. Unser Elternhaus genoß in der Hinsicht einen solchen Ruf, daß die Freier scharenweise zu unseren Eltern kamen. Damals war man noch nicht so modern, das man sich selbst einen Mann wählte – das taten die Eltern.

Zungrapp [bitter]. Welches Mädchen wird heute angehalten in der Küche mitzuhelfen – alles will nur studieren – will modern sein.

Hasselstein [spielend]. Ja, leider! Heutzutage muß ein Mädchen dagegen Tennisspielen, Rollschuhlaufen und ähnliche Sachen können, muß allerlei unnützes Zeug lernen und will dann, ganz wie ein Mann, ins Leben hinaus.

Zungrapp [langsam nickend]. Wobei sich mancher Falter die Flügel versengt. Das Heim geht verloren, die Heiraten nehmen ab und Kinder sind schon ganz und gar unmodern. Ich bitte, wie soll ein Mann auch Lust und vor allem die Mittel haben ein Mädchen von heute zu heiraten? Hunderterlei Ansprüche, keine Kenntnisse, keine Pflichten, wenigstens zwei Dienstboten, eine ganze Flucht von Zimmern, jeden Sommer eine Badereise, jede Saison mindestens drei Hüte –

Krickenfeld [mit Nachdruck]. Und keine Kinder, – nicht zu vergessen! Hat eine Frau einmal eins oder zwei, so muß sie schon ins Bad, braucht eine Kur, muß ein halbes Jahr unter ärztlicher Behandlung stehen und setzt eine Märtyrermiene auf. Sehen Sie mich an! Ich hatte zwölf lebende und vier tote Kinder und ich bin nie länger als vierzehn Tage im Bette gelegen.

Holzheim [die Karten zusammenraffend]. Gewonnen, gewonnen Frau Oberst! 25 Heller zu bezahlen.

[Großer Lärm, Meinungsverschiedenheiten, Auszahlung.]

Krickenfeld. Mein seliger Onkel, der Erzbischof, pflegte immer zu sagen: Frauen und Oefen gehören in das Haus.

Zungrapp. Herz gerufen? Heute hat man die Oefen und die Frauen – außer dem Hause.

Krickenfeld [süßlich]. Um auf das herzige Bürschchen – Pardon! Pardon! – den berühmten Südpolforscher zurückzukommen – so wissen Frau Oberst, daß wir die mütterlichsten Gefühle für ihn hegen – so ein Frauenherz ist einmal gegen alle von Liebe erfüllt – und deshalb erlauben wir uns zu sagen, daß ein junger Mann – und trotz seiner hervorragenden Eigenschaften ist der liebe Herr Professor noch so jung – manchmal des Rates bedarf. In höchster Erregung. Wie? Ist der Mond verloren?

Zungrapp [gelassen]. Schon vor drei Stichen führte ich ihn nachhause. Warum will der Herr Sohn die Stelle nicht annehmen?

Hasselstein [mißmutig]. Er will zuerst ein Buch herausgeben, das die Beschreibung seiner Fahrt und der von ihm gemachten Entdeckungen enthält.

Frau Zungrapp. Ein Buch!!! Soooo interessant – aber – glaubt der Herr Sohn finanziellen Nutzen daraus ziehen zu können? Ich erlaube mir nur diese Frage, beste Frau Oberst, will jedoch nicht einen einzigen Augenblick andeuten –

Krickenfeld [süßlich]. Wir zweifeln nicht, daß das Werk vortrefflich geschrieben sein wird, aber wir meinen nur, daß ein wissenschaftliches Werk in Kringhausen – Mein Gott, solche Arbeiten liest eben kein Mensch [sie schlägt sich auf den Mund] – ich will sagen, so eine Arbeit wird nur von auserlesenen Geistern gelesen – in Bibliotheken und so weiter – aber nicht oft gekauft.

Holzheim [achselzuckend]. Der Büchermarkt ist eben so überfüllt!

Hasselstein [spitz]. Nicht mit Werken über den Südpol und die Antarktis überhaupt.

Alle [sehr einschmeichelnd]. Beste Frau Oberst! Teuerste Freundin!

Krickenfeld [ihre Hand drückend]. Bitte unsere Anmerkungen nicht mißzuverstehen. In uns hat der Herr Sohn seine eifrigsten Bewundererinnen, aber wir sind eben der Ansicht, daß – daß die Verfasserlaufbahn keine sichere Versorgung für einen heiratsfähigen Mann ist – indessen hat ja das Mamatscherl –

Zungrapp [tröstend]. Schon aus Höflichkeit für die Verwandten des Herrn Professors wird man einige Exemplare kaufen –

Hasselstein [spitz]. Dessen bedarf es nicht. [Eine kurze, peinliche Pause entsteht. Das Spiel wird wieder aufgenommen.]

2. Auftritt.

[Der junge Hasselstein tritt ein.]

Alle Damen [strecken ihm lebhaft die Hände entgegen]. Ach, da kommt unser lieber, unser berühmter Südpolforscher! Willkommen, Willkommen!

Hans Georg [küßt jeder der Damen die Hand]. Ich bitte sich nicht stören zu lassen.

Krickenfeld [süß]. Lieber Herr Professor, wer kann von einer Störung sprechen – wir sind entzückt Sie wiederzusehen. [Es wird mit viel Lärm ausgezahlt.]

Holzheim. Von einer Störung kann hier gar nicht die Rede sein, wir haben uns ja schon so sehr auf das Wiedersehen gefreut.

Zungrapp [ihm mit dem Finger drohend]. Bei mir ist mein alter Freund noch nicht gewesen!

Hans Georg [während die Damen aufbrechen]. Ich werde nicht verfehlen – ich war nur so überaus in Anspruch genommen.

Zungrapp [lächelnd]. Ich kann es mir wohl denken – alle Professoren und – man hat immer auch andere Bekanntschaften –

Krickenfeld [sie beim Arm fassend]. Liebe Emilie, die Frau Oberst muß sich danach sehnen mit Ihrem gefeierten Sohne ein wenig zu plaudern. Da sind wir überflüssig. Komm!

Holzheim [während ihr Hans Georg in den Mantel hilft]. Ach so ein in Liebe pochendes Mutterherz! Aber wie hübsch er geworden ist! [Ihn von allen Seiten betrachtend, einschmeichelnd.] Darf ich Ihnen als alte, gute Freundin einen Kuß geben?

Zungrapp [ihn betrachtend, während Fr. Holzheim ihn küßt]. Und was für einen schmucken Schnurrbart er hat! Er ist nicht umsonst am Südpol gewesen! Das nächste Mal aber, beste Frau Oberst, bringe ich mein bescheidenes Abendbrot mit und werde dann Ihren hochinteressanten Sohn mit Fragen bestürmen. – Sie ahnen ja nicht, welches tiefe Interesse mich durchglüht, Sie lieber Herr Professor, von Ihnen die nähere Beschreibung der Paradiesvögel zu erhalten, die am Südpol –

Hans Georg [trocken]. Paradiesvögel gibt es leider keine in der Antarktis, meine Gnädigste!

Zungrapp [verwundert]. Nicht? Was Sie nicht sagen? Ich meine jene Vögel, die immer auf zwei Beinen gehen.

Hans Georg [leise]. Ja, auf vier können sie nicht leicht gehen. [Laut.] Gnädige Frau meinen wohl –

Krickenfeld [lebhaft]. – die antarktischen Pelikane. Von denen habe ich auch gelesen. [Sie knöpft eifrig ihre Handschuhe zu, die anderen Damen haben auch umständlich eine Menge Kleider und Pelzsachen angelegt.]

Hans Georg [lächelnd]. Gnädigste sprechen gewiß von den Pinguinen.

Krickenfeld [triumphierend]. Siehst du, liebste Emilie, ich hatte es erraten – mit »P« wenigstens fängt auch mein Wort an.

Holzheim [neugierig]. Nun behalten wir Sie wohl in in unserem schönen Kringhausen, nicht wahr, Herr Professor! Beim Mamatscherl ist's eben am besten!

Hans Georg [die Stirne runzelnd]. Ich hoffe bleibend bei Mama verweilen zu können – indessen hängt dies noch von einigen anderen Umständen ab.

Krickenfeld [mahnend]. Führen Sie nur auch bald ein nettes Frauchen heim. Ach, Sie Herzenstöter! [Sie droht ihm lächelnd mit dem Finger.] Ich kenne mehr als ein Mädchen, das nur von Ihnen träumt. Ha, ha, ha!

Hans Georg [ernst]. Gnädige Frau belieben zu scherzen – ich kenne nur eins!

Holzheim [die Hand auf seinen Arm legend]. Wählen Sie sich nur ein häusliches, wohlerzogenes –

Zungrapp [mit Nachdruck]. – ein Mädchen mit tadellosem Rufe – das ist immer Hauptbedingung, hier, wo man eben in mancher Beziehung noch so unmodern ist.

Krickenfeld [lebhaft]. Etwas Mitgift ist auch ein sehr wünschenswerter Faktor –

Zungrapp [abwehrend]. Letzteres spielt bei unserem Jungchen [schelmisch] Pardon! Pardon! so darf man eine angehende Berühmtheit wohl nicht nennen –

Hans Georg [verbeugt sich kalt]. Bitte sehr, gnädige Frau!

[Alle Damen reichen nun zuerst Frau Hasselstein und hierauf ihrem Sohne die Hand, die er küßt. Abschiedsworte fliegen durcheinander, ein großer Lärm entsteht. Mutter und Sohn begleiten die Gäste bis zur Tür zur Rechten.]

Krickenfeld [zu Hans Georg]. Stets willkommen bei mir, Herr Professor!

Zungrapp [lächelnd]. Nur auf baldige Brautschau ausgegangen! Ein junger Mann braucht ein Heim.

Holzheim [ruft von der Schwelle zurück]. Und nur die Warnungen der lieben Mama hübsch beherzigt!

3. Auftritt.

[Mutter und Sohn allein.]

Hans Georg [führt seine Mutter zu einem Lehnstuhl zur Linken, legt einen Polster für sie zurecht, schiebt einen kleinen Fußstuhl unter die Füße und bleibt dann, gegen die Kredenz im Hintergrund gelehnt stehen.] Seit meiner Heimkehr ist es mir noch nicht gelungen ein einziges trauliches Plauderstündchen mit dir zu halten und dennoch habe ich so vieles auf dem Herzen, das alles bald besprochen werden muß.

Hasselstein [mit Stolz auf den hübschen jungen Mann blickend]. Sprich, mein Kind, ich bin begierig deine Pläne zu hören!

Hans Georg [ernst]. Mutter! Es handelt sich um meine ganze Zukunft, um mein Glück! Als ich vor mehr als zwei Jahren der Heimat den Rücken kehrte, so geschah es, wie du dich erinnern wirst in zweiter Linie um mein Wissen zu vergrößern, Abenteuer zu bestehen, neue Entdeckungen zu machen – Ich wagte mein Leben in unerforschten, unwirtlichen Gegenden –

Hasselstein [erregt]. Welche Sorge habe ich um dich, liebster Hans ausgestanden, wieviel Tränen –

Hans Georg [ernst]. Ich weiß es, Mama! Ich habe oft gewünscht, daß ich dir alle diese Leiden und Sorgen hätte ersparen können, aber eine Trennung war notwendig – [leiser] – für uns beide. Ich zog aus um neue Horizonte zu finden und dadurch auch neue, reinere, nachsichtigere Anschauungen zu gewinnen, um dir, liebes Mutterl, Zeit zu geben die Liebe zu deinem Sohne auf die Probe zu stellen, um dich in den Stand zu setzen dich allmählich von der Wahrheit meiner Worte mit bezug auf eine mir teure Person zu überzeugen und um einst heimkehren zu können in ein Heim, von denen die Schatten engherziger Beurteilung gewichen, – gewichen, auf daß Nachsicht, Liebe und Vertrauen dort ihren Einzug halten. Auch ich habe sowohl mein Herz als auch meine innerste Ueberzeugung zu prüfen Zeit gehabt – lange, ja lange sind die Stunden der düsteren Polarnacht und oft lag ich überlegend, prüfend, erwägend im Schlafsack, wenn der süße, traum- und sorgenlose Schlummer sich lange schon auf meine glücklicheren Kameraden gesenkt hatte. Ich prüfte mich, Mutter, und weiß, daß mein Entschluß unwiderruflich, daß Berta für meine Zukunft die beste Gefährtin, zu meinem Lebensglücke unerläßlich ist. Wie vor zwei Jahren bitte ich dich heute: Lass' mich sie, die mir schon seit Jahren teuer, zu dir bringen – finde statt eines Kindes zwei! [Weich.] Zwei die dich lieben, zwei die für dich sorgen, zwei die alles aufbieten werden dir dein Alter zu verschönen, deinen Lebensabend friedvoll und heiter zu gestalten!

Hasselstein [erregt]. Ach, Hans Georg! Nach all meinen Bitten –

Hans Georg [ernst nähertretend]. Es handelt sich um mein Glück, Mutter!

Hasselstein [seufzend]. Du weißt, daß ich stets nur an dein Wohl, dein Bestes denke!

Hans Georg [weich]. Ich weiß es Mütterchen! Aber du darfst nicht vergessen, daß die Zeiten sich ändern, daß die Anschauungen der heutigen Jugend notwendigerweise von denen, die verwichen vor vierzig Jahren geherrscht, verschieden sind. Wir gehen gottlob einer aufgeklärten Epoche entgegen, einer milder denkenden, verständnisvolleren und daher auch einer nachsichtigeren –

Hasselstein [heftig, sich aufrichtend]. Recht wird immer Recht, Unrecht eben Unrecht bleiben, Hans Georg! Die heutige Jugend genießt größere – [sie seufzt und schweigt einen Augenblick] – vielleicht allzu große Freiheit, aber der Ruf eines Mädchens bleibt heute wie vor vierzig Jahren ihr größter Schatz, der Prüfstein ihres Wertes!

Hans Georg [bitter]. Selbst wenn sie den Verlust desselben einem gewissenlosen Schurken und nicht eigener Schuld verdankt?

Hasselstein [das Haupt schüttelnd]. So ein Fall ist ein großes Unglück für das Mädchen – aber – in den Augen der Welt –

Hans Georg [mit wachsender Erregung]. Und woraus besteht diese »Welt«? Aus einigen beschäftigungslosen Pensionisten, vielen alten Klatschweibern und wenigen gedankenlosen Nachplapperern dieser beiden Kategorien – Menschen, von denen die erste Gattung das Füttern der Vögel im Stadtparke und die zweite das Amfenstersitzen und Kartenspielen zur Hauptbeschäftigung hat. Und über ihr Urteil kannst du dich deines einzigen Sohnes willen, der nur wie durch ein Wunder überhaupt zurückkehrte, nicht hinwegsetzen?

Hasselstein [betrübt]. Mein Sohn! Die Welt besteht aus allen jenen Menschen, mit denen wir zusammentreffen, in deren Mitte wir leben müssen.

Hans Georg [die Brauen hochziehend]. Müssen? Man kann unliebsamen Personen aus dem Wege gehen.

Hasselstein [müde]. Einigen vielleicht – doch nicht allen. Der Mensch ist ein Gesellschaftstier und wir sind daher der öffentlichen Meinung unterworfen.

Hans Georg [erregt auf und abgehend]. Ist es also besser sich selbst unglücklich zu machen als der sogenannten öffentlichen Meinung mutig die Stirne zu bieten?

Hasselstein. Törichtes Kind! Glaubst du, daß dein Glück von Dauer sein würde, so du der Achtung deiner Mitmenschen beraubt wärest?

Hans Georg [wirft stolz das Haupt zurück]. Vorurteile muß man eben bekämpfen – der Anfang mag schwer, der Erfolg ein langsamer sein, aber endlich muß der Sieg errungen werden!

Hasselstein [ernst]. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – ein Fall verändert noch nicht lange die traditionell gewordenen Gesetze von Jahrhunderten, die in Fleisch und Blut des Volkes übergegangen sind. [weich und bittend.] Ach, Hans Georg, lasse dich hier als Gymnasialprofessor nieder, wähle dir ein Mädchen aus gutem Hause und von tadellosem Rufe –

Hans Georg [bitter]. – und führe ein Spießbürgerleben anseiten einer ungeliebten aber in den Augen der guten Kringhäusler hochachtbaren Frau – danke!

Hasselstein [weich]. Mein Jungchen! [Nach einer kurzen Pause.] Sag' mir, du mein Leben, mein Stolz, meine Freude, daß du auf deine alte Mutter hören willst, daß du nicht ernstlich daran denkst diese – diese Berta Heller – zu heiraten. Beim Andenken deines verstorbenen Vaters beschwöre ich dich –

Hans Georg [sinkt vor seiner Mutter in die Knie, stützt sich auf ihren Schoß und blickt zärtlich in ihr Antlitz]. Lassen wir Vater – er genießt die Ruhe, um die ich ihn oft beneidet habe! [weich und bittend]. Kannst du es wirklich nicht über dich gewinnen den Kringhäuslern um meinetwegen zu trotzen? Hast du, während ich begraben unter Eis und Schnee, fern – – ach, so fern von dir – ein gefahrvolles Leben führte, stets bereit vom Schauplatze irdischer und meist leider so nichtiger Kämpfe zu anderen Sphären berufen zu werden, hast du da nie gedacht, wie es sein würde, wenn ich nie wiederkäme, wenn ein Mitglied der Expedition dir statt des gesunden Sohnes die Nachricht seines frühen Todes zugeführt hätte, wenn du deinen Lebensabend einsam hier verleben müßtest, – ohne daß die Stimmen froher Enkel in diesen Mauern widerhallen würden – einzig von den Verwandten, einzig von den geschwätzigen Tarockdamen besucht. Hast du nie dir vorgestellt –

Hasselstein [sich die Tränen abtrocknend]. Oh mein Junge, mein geliebter Hans Georg! Wie oft lag ich stundenlang betend vor meinem Lager, wie oft saß ich weinend gerade hier, wenn die Einsamkeit mich allzu unerträglich deuchte, die Sorge um dich, du mein höchster Schatz, mein Herz zusammenkrampfte. Ich glaube, ich wäre wahnsinnig geworden, wenn [Mutter und Sohn halten sich lange umschlungen].

Hans Georg [sie liebkosend]. Hast du dir nie vorgestellt, Herzensmütterchen, wie schön unser Zusammenleben sein würde, wenn Berta – wenn ich und sie dir immer nahe wären und alle deine Wünsche ausführen könnten – Wünsche, die nur ein Sohn, eine liebende Tochter erfüllen können. Dachtest du nie, wie süß die Enkelchen – ihre und meine Kinder –

Hasselstein [leidenschaftlich]. Deine Kinder – doch nicht sie ins Haus – nicht sie zu deiner Frau – Oh, Hans Georg!

Hans Georg [müde]. Warum nicht? Weil ein Schurke ohnegleichen es gewagt hatte die kaum sechzehnjährige liebliche Menschenblüte mit Gewalt zu brechen? Sie die sowohl vor wie auch nachher ein tadelloses, mustergültiges Leben führte, sie, die außer ihrer Schönheit ein edles Gemüt, ein warmes Herz, einen regen Geist und künstlerische Anlagen besitzt und die dem kranken Bruder ihr Erbteil abgetreten, ihren Vater jahrelang aufopfernd gepflegt hat, sie, an deren Seite einzig ich mein Glück finden kann? Vor zwei Jahren konnte ich noch zweifeln – heute nicht mehr. Oft, wenn die Bitterkeit dieses schwache Herz erfüllte und es zu sprengen drohte, da stieg inmitten der Schneewüste das Bild Bertas tröstend vor mir auf und die Wellen des Abscheus gegen alle engherzigen Seelen daheim sanken in nichts zusammen, – wenn ich mich freute mir einen Namen errungen zu haben, so war es, weil er ihr Schutz gewähren sollte gegen alle – –

Hasselstein [ihn abwehrend unterbrechend]. Sie wird deinen reinen geachteten Namen in den Schmutz ziehen – das weiße Tuch wird schwarz, wenn es mit Ruß in Berührung kommt, nicht der schwarze Ruß weiß vom Tuche. [Vorwurfsvoll.] Du denkst immer zuerst an sie – erst hierauf an deine Mutter.

Hans Georg [ihre Hände ergreifend]. An wen könnte ich mehr denken als an meine Mutter, aber siehst du, Berta ist bereit mir alles zu opfern, mit mir bis an das Ende der Welt zu ziehen, falls wir das Heim, das erhoffte Glück nicht bei dir, nicht in der Heimat finden können. Sie will gerne das schwere Leben eines Forschers in fremden Erdstrichen mit mir teilen, sie opfert mir willig Heimat, die Annehmlichkeiten der civilisierten Länder mit ihren Vergnügungen, ihren reichen Abwechselungen – und du, ach, du willst deinem Sohn nicht einmal die Kringhäusler und ihre nichtige Meinung aufopfern!

Hasselstein [besorgt]. Du sprichst von neuen Forschungsfahrten – wärest du imstande mich wieder zu verlassen, mich neuem Kummer, neuen Sorgen auszusetzen?

Hans Georg [weich]. Wie gerne, wie innig gerne verbliebe ich bei dir, doch du selbst schickst mich wieder hinaus in die weite Welt. Auch Berta, liebste Mutter, auch ich, wir beide haben gleich dir Anspruch auf Freude, auf Glück, auf eine sonnige Zukunft. Wäre mein Lieb' ein schlechter Charakter, ein leichtsinniges Mädchen, so würde ich nie ein solches Opfer, eine Ueberwindung von dir begehren – aber einem Vorurteil allein kann ich nicht das Glück und die Zukunft eines ganzen Daseins opfern. [Weich.] Zieh' mit uns, Mutter verlasse Kringhausen und in einem fremden Orte – unsere Heimat ist groß – wollen wir ein neues Heim uns gründen.

Hasselstein [müde]. Gerüchte erreichen auch entfernte Orte.

Hans Georg [ihre Hände mutlos fallen lassend]. Du liebst die Kringhäusler mehr als deinen Sohn! [Nach düstern Schweigen leise.] Es sei, Mutter, wie schwer mir der Abschied auch wird, wie hart der Schlag, der meine schönsten Hoffnungen vernichtet, mich auch getroffen. [Fester, lauter.] Noch gibt es Völker, wo mein Name, meine Persönlichkeit allein genügen werden, dem Weibe, das ich liebe, das ich zu meiner Lebensgefährtin erwählt habe, Achtung zu verschaffen. [Er entfernt sich mit gesenktem Haupte etwas von Fr. H.]

Hasselstein [nach einer peinlichen Pause]. Hans Georg!

Hans Georg [sich müde umwendend]. Mutter!

Hasselstein [die Hände nach ihm ausstreckend]. Komm' zu mir, mein Kind! [Er sinkt langsam wieder vor der Mutter in die Knie und hält sie umschlungen.] Kannst du nur mit Berta glücklich werden?

Hans Georg [ernst]. Ja, Mütterchen, mit ihr allein!

Hasselstein [weich und mit tränenerstickender Stimme indem sie ihn an sich zieht]. Mein Liebling, ich kann eine neue Trennung nicht ertragen, ich kann dich nicht wieder in die Fremde ziehen lassen – ich muß daher wohl – [sie küßt ihn].

Hans Georg [jubelnd]. Mama! O du mein süßes, o du mein geliebtes Mutterl –

4. Auftritt.

[Die Türe zur Rechten öffnet sich geräuschvoll und die ganze Verwandtschaft stürmt herein. Herr und Frau Pottenmiller, Herr und Frau Brunnick, Herr und Frau Knute, Ladislaja und Hermine Schrift und alle rufen allerlei durcheinander. Große Begrüßung. Alle nehmen endlich Platz und verhältnismäßige Ruhe tritt ein.]

Frau Regierungsrat Pottenmiller [Hans Georg vom Scheitel bis zur Zehe durch ein Lorgnon musternd]. So, so, da wäre also unser Südpolfahrer. Endlich einmal treffen wir dich daheim – bist sonst immer vergriffen.

Regierungsrat Pottenmiller. Willkommen daheim, lieber Neffe. Wie hat es dir am Südpol gefallen?

Frau Direktor Knute. Wer hat euch das Essen gekocht?

Hans Georg [lächelnd]. Wir wechselten ab – jede Woche kam die Reihe an jemand anderen.

Frau Knute [mit Verachtung in Ton und Geberden]. Kein Wunder, daß du so mager bist! Was verstehen die Männer von der Speisezubereitung?!

Ada Brunnick [sich zurücklehnend, mit scharfer kreischender Stimme]. Sag' einmal, was hast du für Pläne? Das darf man wohl erfahren, vermute ich. Wohlgemeinte Ratschläge wirst du natürlich wie immer ablehnen. [Sie zuckt mit den Achseln.]

Frau Knute [in befehlendem Tone]. Jetzt wirst du natürlich nicht albern genug sein die Stelle am hiesigen Gymnasium wieder abzulehnen. Man nennt deinen Namen gerade jetzt häufig in den Blättern und mir wurde privatim gesagt, daß du, mit einiger Protektion sogar an der Universität unserer Kreishauptstadt –

Ladislaja [schlägt die Hände zusammen, mit dünner Fistelstimme]. Nein, stellt euch vor, unser kleiner Hansi Universitätsprofessor!

Frau Hasselstein. Das ist auch mein höchster Wunsch – am liebsten als Gymnasialprofessor hier, das ist eben eine sichere Versorgung mit späterer Pension –

Hans Georg [mit Sarkasmus]. Die langsame Verwandlung eines denkenden Menschen in eine wandelnde Maschine ist selbstverständlich ganz belanglos.

Ada Brunnick [heftig, mit unruhig blitzenden Augen]. Was habe ich soeben gesagt? Ihm einen Vorschlag zu machen bedeutet so viel wie denselben augenblicklich verworfen zu sehen. Er dünkt sich stets der Klügste. [Spöttisch.] Er denkt wahrscheinlich wieder an eine Forschungsreise.

Hans Georg [kalt]. Mein Bleiben oder mein Reisen hängt von Umständen ab.

Ladislaja [salbungsvoll]. Bleibe im Lande und nähre dich redlich!

Hermine [im gleichen Ton]. Ja, Hans Georg, so haben es unsere Väter gehalten und so ihre Väter vor ihnen und –

Hans Georg [verächtlich]. Ja, ja, bis zurück auf Adam und Eva.

Ada Brunnick [kreischend]. Ganz wie ich voraussetzte!

5. Auftritt.

[Ein Stubenmädchen öffnet die Tür und läßt Roden und Norry eintreten.]

Norry [indem er Frau Hasselstein begrüßt]. Ich gratuliere Ihnen, gnädige Frau, zu Ihrem Sohne. Ein ausdauernder Forscher und ein liebenswürdiger Kamerad!

Roden [Fr. Hasselstein begrüßend]. Gnädige Frau haben alle Ursache stolz auf ihn zu sein. Die Wissenschaft verdankt ihm wichtige Aufschlüsse über die antarktische Tier- und Pflanzenwelt, ganz besonders aber über die Lebens- und Fortpflanzungsweise mehrerer bisher noch ganz unbekannt gewesener Infusorien. Er hat eine glänzende Zukunft vor sich.

Hasselstein [lächelnd]. Ja, ich bin wirklich stolz auf meinen Jungen und so froh ihn wieder bei mir zu haben.

Frau Pottenmiller [zu Norry, nachdem alle wieder Platz genommen]. Helfen Sie uns, Herr Doktor, ihm den Kopf zurechtzusetzen.

Ada Brunnick [zu Roden]. Wir sind eben im Begriff über seine Zukunft zu entscheiden – wir wollen daß er endlich eine vernünftige Laufbahn einschlägt – sich hier niederläßt.

Frau Knute [heftig zu beiden Herren]. Denken Sie sich, man hat ihm eine Stelle am hiesigen k. u. k. Staatsgymnasium angeboten – eine Versorgung mit Pension – und er sagt – der unmögliche Mensch sagt, daß er noch nicht weiß, ob er das Angebot auch annehmen wird.

Die Herren Pottenmiller und Knute [sagen gehorsam nach]. Er weiß noch nicht, ob er sie annehmen wird.

Frau Knute [mit einen Blick gegen den Himmel]. Wenn er doch endlich vernünftig sein wollte!

Die beiden alten Herren [auf aufmunternde Blicke ihrer Ehehälften hin]. – vernünftig sein wollte!

Roden [sich erhebend]. Da bitten wir um Entschuldigung gestört zu haben. Ein Familienkonklave wollen wir um keinen Preis unterbrechen.

Frau Knute und Pottenmiller. Im Gegenteil, Sie müssen bleiben und uns helfen. [Sie drücken ihn mit Gewalt in den Stuhl zurück.]

Ada [indem sie Norry festhält, der gleichfalls aufgestanden]. Auf Ihre Worte wird er eher hören – Fremden gehorcht er immer lieber als uns, seinen allernächsten Verwandten!

Die drei Herren [auf ein Zeichen ihrer Gemahlinnen]. – seinen nächsten Verwandten!

Roden [sich vergeblich zu befreien suchend]. Wir kamen nur um Professor Hasselstein zu fragen, ob er bereit sein würde sich der in schon drei Wochen abgehenden Forschungsexpedition nach Mikrosenien anzuschließen.

Norry. Unser Herr Kollege war nicht ganz sicher, ob er in Kringhausen verbleiben würde oder nicht. Nun ist es aber notwendig, daß alle Teilnehmer spätestens heute ihren Entschluß mitteilen und die Liste der Teilnehmer unterzeichnen. Sonst hätten wir die Herrschaften nicht gestört.

Alle Damen [die Hände ringend]. Er will schon wieder auf Abenteuer ausfliegen!

Ladislaja [vorwurfsvoll]. So etwas! Ein solch' greller Undank, nachdem ich mich für ihn bemüht habe und mir der hiesige Regimentsarzt versprochen hat Hans Georg zweimal die Woche als Privatlehrer ins Haus kommen zu lassen. [Zu Norry.] Ein junger Mann verdient ja nie zu viel.

Roden [leise und erbittert zu Norry]. Himmel welche Menschen! Sie würden einen Michelangelo zum Zaunstreichen verwenden.

Hermine [die Daumen drehend]. Eine gesicherte Stellung ist eine gesicherte Stellung. An den Südpol fahren und ähnliche Dummheiten machen, das mag in jungen Jahren ganz entschuldigbar, wenn auch ganz ohne praktischen Wert sein, aber im Alter sehnt man sich nach Ordnung, nach einem Heim, nach Ruhe –

Alle drei Herren [mit tiefen Seufzern]. – nach Ruhe, nach Frieden!

Frau Knute. Und nach einer braven, häuslichen Frau.

Die drei Herren [leiser, noch seufzend]. Nach einer braven – nach einer stillen Frau!

Hermine [einen Strickstrumpf herausziehend und die Nadeln zurechtlegend]. Bäckers Linchen ist zum Beispiel ein sehr wohl erzogenes, fleißiges und ehrbares junges Mädchen –

Hans Georg [trocken]. Von dreißig Jahren mindestens!

Ada Brunnick [mit blitzenden Augen und allen Anzeigen höchster Entrüstung]. Eine Bäckerstochter in unserer Familie! [Mit gespieltem Mitleid.] Tante Hermine wird altersschwach!

Frau Knute. Oder Doktors Röschen? Niemand in ganz Kringhausen kann eine bessere Fleischsulz zubereiten als –

Hans Georg [trocken]. Verstand oder Gemüt braucht meine künftige Frau Eurer Ansicht nach nicht zu haben. Ich kann statt dessen ja jede Woche einmal eine vorzügliche Fleischsulz essen.

Herr Brunnick [seufzend]. Bester Hans Georg, eine geistreiche Frau ist – [er verbessert sich schnell] – kann zur Geißel werden!

Roden [leise zu Norry]. Der arme Tropf spricht sicher aus Ueberzeugung.

Norry [leise zu Roden, während die Damen unter sich lebhaft gestikulierend plaudern]. Die Männer sehen allesamt nicht aus, als ob sie das Pulver erfunden hätten – die Frauen haben mehr Grütze, aber Zungen –

Roden [im selben Ton]. Quantitativ genommen sehen die Männer nicht übel aus –

Norry [leise lachend]. Die größten Orangen haben die allerdickste Schale –

Ada [befehlend zu den beiden Forschern]. So reden Sie doch mit! Hans Georg hört nicht auf unsere wohlerwogenen –

Frau Knute [sich aufrichtend]. – und weisen Ratschläge –

Roden [sarkastisch lächelnd]. Professor Hasselstein ist zweifelsohne imstande das für ihn Beste richtig zu wählen.

Alle Damen [mit Ueberzeugung und viel Geschrei]. O glauben Sie das nicht!!!

Ada Brunnick [verächtlich]. Hans Georg hat noch keine Lebenserfahrung!

Frau Pottenmiller. Er kennt die Fallstricke des Daseins noch nicht. Mein Mann zum Beispiel wäre ohne mich – [sie bemerkt plötzlich, daß er ganz ruhig eingeschlafen und schüttelt ihn nun kräftig].

Regierungsrat Pottenmiller [fährt jäh aus dem angenehmen Schläfchen empor]. Aaah – was – was – schon Zeit zum Aufstehen! Gleich, gleich, beste Frederike – wo sind meine Socken? [Er ist jetzt ganz wach geworden.]

Ada [verächtlich auf den Vater blickend, zu Roden]. Ja, ja, der Papa! Wenn er uns nicht hätte!

Norry [leise zu Roden von der andern Seite]. Ich glaube, daß er da viel glücklicher wäre.

Ada [ruft zu Norry, den sie etwas murmeln hört]. Pardon! Sagten Herr Doktor mir etwas?

Norry [lächelnd]. Ich wollte nur fragen ob die Tatsache, daß Professor Hasselstein den Gefahren und Beschwerden einer langen Südpolforschungsreise getrotzt hat, als Erfahrung so gar nicht ins Gewicht fällt.

Ada Brunnick [verächtlich mit ihrer kreischenden Stimme]. Bester Herr Doktor, welche Frage! »Es bildet ein Talent sich in der Stille, sich ein Charakter in dem Strom der Welt«, so sagt ja unser großer Denker!

Alle drei Damen. So sagt er!

Frau Pottenmiller [stolz]. Ach, unsere Aderl, die weiß alles!

Roden [lächelnd]. Ich verstehe vollkommen, man muß eben den Strom in Kringhausen mitgemacht haben.

Norry [leise]. V–t viele Wirbel und Strudel darin!

Roden [im gleichen Ton]. Und statt Seejungfrauen gibt es Seeelefanten – [laut] Hasselstein, welchen Entschluß haben Sie gefaßt! Wollen Sie dem schönen Kringhausen treulos den Rücken kehren oder –

Ada [entrüstet]. Er wird doch nicht wieder – Der Mensch hat so gar keine Charakterfestigkeit!

Frau Knute [das Haupt schüttelnd]. Statt Haus und Heim zu gründen –

Frau Pottenmiller. Wirst du das sichere Brot fahren lassen?

Die drei Herren [auf einen ermahnenden Puff von Frau Knute im Chor]. Das Brot fahren lassen!

Hermine [streng]. Die Möglichkeit, dir eine Position zu schaffen – endlich ein solides Leben zu führen –

Hans Georg [lachend]. Ich erinnere mich nicht am Südpol, in der Antarktis überhaupt, unsolid gelebt zu haben. [Roden und Norry lachen mit.]

Frau Pottenmiller [wirft dem Kleeblatt einen vernichtenden Blick zu]. In meiner Jugend – man hielt damals noch auf guten Ton – hätte ein junger Mann es nicht gewagt bei einer verdienten Zurechtweisung zu lachen und eine so – so –

Herr Pottenmiller [aufhelfend]. – so schnauzige Antwort –

Ada Brunnick [ihm einen vernichtenden Blick zuwerfend]. Papa! [Pottenmiller sinkt ganz und gar in sich zusammen und schweigt.] Gewiß hat sich der Papa im »weißen Hirschen« eine so vulgäre Ausdrucksweise angewöhnt.

Ladislaja [lächelt dummvergnügt vor sich hin]. Otto wird bald nicht mehr zimmerrein sein. [Hans Georg und die beiden Forscher lachen, die Damen sind entsetzt.]

Alle Damen. Ladislaja! Ladislajaaaaaaaaaa!!!!!

Ada [leise zu Roden]. Die Tante leidet sicher an Gehirnerweichung.

Frau Knute [in gebietendem Tone]. Hans Georg!

Hans Georg [gelassen]. Du befiehlst, Tante?

Frau Knute [kategorisch]. Ich habe schon eine Frau für dich bestimmt. Von deiner Abreise ist natürlich keine Rede, sondern du heiratest, läßt dich hier nieder und zur Belohnung für deinen Gehorsam verspreche ich dir, daß ich deiner Frau mit Rat und Tat selbst an die Hand gehen werde. So ein junges Ding bedarf der Anleitung. Von mir unterstützt aber –

Hans Georg [sich verbeugend]. Du bist außerordentlich liebenswürdig, liebe Tante, indessen – ist meine Wahl schon getroffen.

Alle. Schoooon getroffen!!!!

Frau Pottenmiller. Und davon schwiegst du?

Frau Knute. Und du machtest uns ein Geheimnis daraus?

Hans Georg [ruhig]. Nein, ich bin noch nicht zu Wort gekommen.

Frau Knute. Lieber Neffe, in solchen delikaten Angelegenheiten ist es immer am besten sich zuerst bei seinen weiblichen Anverwandten – [mit einem Blick auf die drei Herren] – die männlichen taugen nichts, – Rat zu holen.

Frau Pottenmiller [ernst]. Glaube mir, lieber Neffe, eine Frau ist in solchen Fällen weit besser imstande zu sagen, ob die Auserwählte auch allen Ansprüchen gerecht zu werden verspricht, ob sie –

Hans Georg [dem endlich die Geduld reißt]. Zum Teufel auch! Soll ich oder werdet Ihr mit ihr leben?

Ada Brunnick [mit sichtbarer Befriedigung]. Sein ungezügeltes Temperament gewinnt die Oberhand – wie immer!

Roden [leise zu Norry]. Jean Baptiste Rousseau hat recht, wenn er sagt: »Le pire venin est celui des serpents du genre feminin«.

Frau Pottenmiller [entrüstet]. Wo bleibt deine mütterliche Autorität, Schwester?

Hasselstein [scheu]. Hans Georg liebt sie – [sie seufzt] – er will sie – allerdings gegen meinen Willen, trotz meiner Bitten – heiraten und was soll – was kann ich – [etwas entschlossener, da sie auf ihn blickt] – er liebt seine Braut und ich – ich bin Mutter! [Sie bricht in Tränen aus, Hans Georg ist aufgestanden, neigt sich über ihren Stuhl und küßt sie. Er bleibt dort stehen.]

Frau Knute [streng]. Dein Sohn hat leider nie zu gehorchen gelernt!

Ada [mit gespieltem Mitleid]. Die gute Tante hat den Erziehungskarren total verfahren.

Frau Pottenmiller [stößt mühsam hervor]. Wer ist sie?

Ladislaja [den Hals ausstreckend]. Ist sie reich?

Hermine. – und tugendhaft – religiös, – streng christlich erzogen?

Frau Knute. Ist deine Braut häuslich?

Herr Pottenmiller [schüchtern]. Ist sie hübsch?

Ada [streng]. Papa!

Frau Pottenmiller [in belehrendem Tone]. Darauf kommt es am allerwenigsten an. Je weniger auffallend die Erscheinung um so anspruchloser –

Ada. – und biegsamer –

Frau Knute. – und weniger zur Koketterie geneigt –

Ladislaja. – und reineren Herzens –

Hermine [langsam und feierlich, Silbe für Silbe]. – und passender für die heilige Ehe ist so ein Mädchen!

Alle [zu Frau Hasselstein]. Tante! Schwester! Sprich!

Frau Hasselstein [gleitet unruhig auf dem Stuhle hin und her und sagt endlich stotternd]. Die – se – ses – Määä – äd – chen ist – ist –

Alle [gebietend]. Ist!!!!? Schwester!!!!!! Ist!!!!

Frau Hasselstein [nach kurzer Ueberwindung, leise]. Es ist – Berta – Berta Heller!

Ada Brunnick [bissig]. Diese Verlorene – diese – diese –

Frau Pottenmiller [mit tugendhaftem Grauen in der Stimme, während die anderen sprechende Blicke austauschen]. Eine arme jugendliche Verunglückte – ein Paria!

Frau Knute [rücksichtslos wie immer, laut]. Eine Dirne!

Hans Georg [dessen Zorn jetzt den Höhepunkt erreicht hat, mit donnernder Stimme indem er mitten unter sie tritt]. Nein! Schweigt! Ein junges Mädchen besser als alle die fälschlich als so tugendhaft betrachteten fraglichen Grazien Kringhausens, das das Unglück gehabt hat als ahnungsloses Kind einem Elenden in die Hände zu fallen. Ihr wagt es, meine Braut zu beschimpfen, sie deren Gedanken edler, reiner und menschenfreundlicher sind als die vieler, die mir gut bekannt. [Er blickt auf sie der Reihe nach.] Ihr wagt einer Unglücklichen etwas vorzuwerfen, woran sie keine Schuld trägt! Pfui! [Er wendet sich ab und geht ruhelos im Zimmer auf und nieder.]

Ada Brunnick [erholt sich zuerst]. Und solchem Wahnsinn hältst du die Stange, Tante? [Sie mißt sie kalt. Zu ihrem Vater] Papa, sprich!

Herr Pottenmiller [sich aufraffend]. Wie – soll ich mich im »weißen Hirschen« zeigen können, wenn die Verlobung bekannt wird, Hans Georg? Niemand wird von etwas anderem sprechen, man wird hundert Fragen an mich stellen –

Hans Georg [bleibt einen Augenblick stehen]. So bleib' zu Hause, wenn du dich fürchtest! [Er nimmt seine Wanderung wieder auf, Herr Pottenmiller erneuert seinen Ueberredungsversuch nicht.]

Hermine [weinerlich]. Und wie kann ich zu den Schneiderabenden des katholischen Jungfrauenvereins gehen? Ich müßte zu sehr erröten, wenn man Anspielungen – an – an machen würde. [Sie bedeckt das Gesicht mit den Händen.]

Ladislaja [mit ihrer dünnen Fistelstimme]. Ach, und wie könnte ich dem jungen Prediger nur in die Augen schauen – nein, nein, ich müßte vor Scham in die Erde sinken – vergehen – Er, der mich und unsere Familie den anderen Jungfrauen des Vereins als Muster hinstellt! Mit so einer Verwandten – so ein Skandal! –

Roden [leise zu Norry]. Vor zwanzig Jahren hat ihre Jungfräulichkeit vielleicht noch einen Wert gehabt.

Norry [im gleichen Ton]. Sagen wir ruhig: vor einem Vierteljahrhundert!

Frau Knute [streng]. Mir ins Haus darfst du so eine – [sie verstummt vor H. G.'s Blick].

Hans Georg [kalt]. Fürchte dich nicht – wir werden uns allein genügen!

Frau Pottenmiller. Auf die Stelle am hiesigen Gymnasium darfst du in dem Fall auch nicht rechnen, ebenso wenig wie auf die Protektion meines Mannes – Wer die Jugend erziehen will muß vor allem selbst unerschütterliche sittliche Grundsätze haben –

Frau Hasselstein [traurig]. Das haben die Damen der Tarockgesellschaft auch gesagt.

Hans Georg [verächtlich]. Alte Klatschbasen! Hast du also mit ihnen über meine Zukunft Rat gepflogen?

Frau Hasselstein [schüchtern]. Sie erzählten, daß die ganze Stadt davon spricht, daß es deiner Zukunft schaden, dich gesellschaftlich zum Paria –

Hans Georg [kalt]. In Kringhausen machen wird, nicht wahr? Die Welt besteht Gott sei Dank nicht ausschließlich aus Kringhausen und – Kringhäuslern!

Frau Knute. Gehe wohin du willst, du wirst überall einen schweren Stand haben. Es gibt immer Menschen, die freundlich genug sind einen solchen Fleck im Namen einer Frau an irgend eine gute Freundin zu schreiben, die diese Neuigkeit hierauf die Runde im Städtchen machen läßt.

Hans Georg [spöttisch]. Ich zweifle nicht daran. Hoffentlich wird mein Name dennoch Kraft genug besitzen meine Frau zu schützen.

Frau Pottenmiller [mit Nachdruck]. Keine Frau deiner Kollegen wird mit dir in gesellschaftliche Verbindungen treten wollen, – kurz, deine Laufbahn ist vernichtet, wir alle mit Schande überhäuft, dein toter Vater im Grabe –

Hans Georg [streng]. Laß die Toten in Frieden ruhen – wir haben mit den Lebendigen mehr als genug.

Frau Hasselstein [weinend]. Er würde sich im Grabe umwenden, wenn er eine Ahnung hätte! [Alle sprechen durcheinander, Hans Georg geht erbittert auf und ab.]

Roden [zu Norry]. Der Arme dreht sich sicher nicht um, der muß totmüde sein und verwendet die ersten hundert Jahre seiner Befreiung gewiß dazu, das Ohrensausen loszuwerden. Lieber unter Krokodilen als zwei Tage unter Kringhäuslern!

Frau Pottenmiller. Hoffentlich wird dich die Rücksicht auf deine Mutter bestimmen – wir beanspruchen nichts – diese verrückte Idee aufzugeben und keinen derartigen Skandal heraufzubeschwören. Wir werden alles tun um unsere unglückliche Schwester von der Torheit eines solchen Vorhabens zu überzeugen.

Hans Georg [bitter]. Ich zweifle nicht daran! [Weich zu seiner Mutter.] Mama, die Herren warten und diesem peinlichen, höchst unerquicklichen Auftritt muß ein Ende gemacht werden. Als uns die Verwandten unterbrachen, hattest du mich eben unbeschreiblich glücklich gemacht. [Er ergreift ihre Hand.] Bist du, Teure, noch der Meinung, daß wir zusammen ein Leben voll Glück und Frieden führen könnten? Die Stürme, die nun aufgewühlt worden sind, sie legen sich bald und auf sie folgen schöne, frohe, sonnige Tage stiller Zufriedenheit, reinen Glücks. Darf ich deine Entscheidung von vorhin als bindend ansehen, soll ich meinen geschätzten Kollegen mitteilen, daß ich mit meiner Frau bei meiner Mutter bleiben oder –

Alle [auf sie einschreiend]. Tante! Schwester, um Himmelswillen laß dich nicht zu solchem Wahnsinn hinreißen! Denke an deine gesellschaftliche Stellung, was du dir und uns allen in der Hinsicht schuldest, denke an die gerechte moralische Entrüstung der gesamten Einwohnerschaft von Kringhausen –

Hans Georg [laut, mit Nachdruck]. Die Angelegenheit, die hier erörtert wird, geht nur meine Mutter und mich selbst an! Darf ich daher um Schweigen bitten! [Weich zu Fr. H.] Was sagst du mir, Mutterl! Soll ich in deiner Nähe bleiben oder wieder hinausziehen in die weite Welt? Zweimal komme ich wohl kaum zurück!

Frau Knute. Du brauchst ja nicht zu gehen! Es gibt genug andere Mädchen in Kringhausen.

Hasselstein [mit Würde]. Aber nur ein einziges Mädchen für mich – meine Braut! [Die Hände seiner Mutter ergreifend und mit milder Ueberredung.] Bedenke, du mein teures Mütterchen, daß es sich hier um unser Glück und nicht um die Meinung anderer Leute handelt. Nach einigen Monaten schon werden die Kringhäusler diese Ueberraschung verwunden haben und alles, was ich tun kann soll geschehen um dir diese kurze Zeit so leicht, so erträglich als möglich zu gestalten. Willst du, daß ich mit Berta auf Reisen gehe und erst nach Ablauf von mehreren Monaten heimkehre? Willst du, Teure, nicht mit uns kommen? Sag mir nur eins: – Willst du meine Braut willkommen heißen, willst du in unserer Mitte, bei ihr, bei mir, in Zukunft verweilen?

Frau Hasselstein [schwankend]. Wenn nur – aber du kennst die Leute – die Tanten sind auch der Ansicht – ganz wie meine anderen Bekannten – die Damen der Tarockpartie – ach, es wird ein solches Gerede geben –

Hans Georg [ernst]. Ich frage nicht nach der Meinung der Verwandten – gleichgültig ist mir die Ansicht der Kringhäusler solange ich nur nicht vor mir selbst erröten muß, – ich frage dich, dich, meine innigst geliebte Mutter, ob ich gehen soll, wieder hinausziehen in unbekannte Gefahren, von dir scheiden um nie wiederzukehren – ich frage dich, ob du die Liebe zu mir oder die öffentliche Meinung wirst siegen lassen. Sprich, Mutter!

Frau Hasselstein [leidenschaftlich]. Ach, geh' nicht – verlasse mich nicht – schon nähere ich mich dem Grabe – bleib' bei mir, du, du mein einziger Sohn!

Hans Georg [einen Arm um ihre Schultern legend]. Bei wem würde ich wohl lieber als bei dir verweilen, Mütterchen, doch nicht kann ich mein Wort Berta gegenüber brechen, mein Lebensglück und das ihre eines Vorurteils willen in den Staub treten. Ein solches Dasein hätte für mich jeden Wert verloren, wäre ein Zeugnis meiner moralischen Schwäche, hinterließe einen ewigen nagenden Vorwurf in meinem Innern, der das Beste in mir langsam aber sicher zerstören würde. Wenn du mich liebst, Mutter –

Frau Hasselstein [weinend]. O Hansi, Hansi, ich kann dich nicht ziehen lassen! Bleib' hier, selbst –

Frau Knute [scharf]. Schwester, ich beschwöre dich, bedenke –

Frau Pottenmiller [gleichfalls]. Was werden deine Bekannten dazu sagen? Du bist gesellschaftlich zugrundegerichtet, kein Mensch –

Ada [kalt und hart]. Sei kein Schwächling, Tante, wenn er das Mädchen dir vorzieht, so lasse ihn laufen.

Frau Knute. Er wird schnell genug einsehen lernen, was eine Heirat mit so einem Wesen bedeutet.

Alle drei Herren [sich aufraffend]. Ja, er wird schon sehen, er wird schon sehen!

Hans Georg [sich ängstlich und zärtlich zugleich über seine Mutter neigend, besorgt]. Wem stimmst du bei, Mama, den Tanten als Sprachrohr der Kringhäusler oder mir, deinem einzigen Sohne?

Frau Hasselstein [nach einigen Sekunden inneren Kampfes, unsicher]. Hans Georg! [Schwer atmend und die Hände gegen das Herz gepreßt.] Siehst du, die Tanten haben recht – du wirst nie hier geachtet leben können und ich – ich zittere wenn ich an alle Bemerkungen – an all das Gerede denke. Wir sind – eine – geachtete Familie – und –

Hans Georg [läßt die Hand, die er auf der Schulter der Mutter liegen gehabt, matt herabgleiten und entfernt sich etwas, sodann mit dumpfer Stimme, die Mutter noch einmal bittend ansehend]. Da ist es wohl am besten ich nehme das Anerbieten der Expedition an. Sind wir nur beide, Berta und ich, von Kringhausen fort und erfährt man einmal, daß du selbst meine Entfernung gewünscht, so vergeben dir sowohl die Verwandten als auch die Kringhäusler großmütig einen so entarteten Sohn zu haben. [Leise und traurig.] Möge nie der Tag kommen, an dem du fühlst, daß du es dir selbst nicht vergibst mich fortgeschickt – eines kleinlichen Vorurteils halber fortgeschickt zu haben. [Er streckt müde die Hand nach dem Schriftstück aus, daß ihm Roden, düster schweigend reicht.]

Frau Hasselstein [weinend]. Die öffentliche Meinung – fern von hier, wo man Berta nicht kennt – wo niemand unsere Sprache spricht –

Frau Knute [scharf]. – irgendwo unter den Wilden –

Roden [ernst]. Gnädige Frau, ich habe Wilde gekannt, die den Kringhäuslern in Menschlichkeit bedeutend überlegen sind! [Er läßt seinen Blick kalt über sie hingleiten.]

Hans Georg [reicht Norry das nun unterzeichnete Dokument]. Bitte! [Norry steckt es ein, betrübt vor sich hinblickend.] Es ist am besten so – für uns alle!

Frau Knute [Rodens Bemerkung beantwortend]. Die Herren der Schöpfung – ob nun wilden oder civilisierten Völkern angehörend, vergeben immer gerne ein kleines Abweichen vom engen Pfad der Tugend.

Roden [ernst]. Und dennoch gehört gerade das Vergeben zu den edelsten Vorrechten der Frau –

Frau Knute [ihn heftig unterbrechend]. Nicht –

Roden [sich verbeugend und zurückweichend]. Ich verstehe, gnädige Frau! Nicht unter den Kringhäuslern!

Hans Georg [traurig zu seiner Mutter]. Die Würfel sind gefallen!

Frau Pottenmiller [sie unter dem Arm nehmend und mit sich auf die Tür zur Linken führend]. Du hast verständig gehandelt, Schwester, sehr verständig.

Ada [ihr folgend]. Laß' ihn nur erst draußen einsehen lernen, welche Schätze er in der Heimat zurückgelassen, da wird er schon kürre werden. Eine Scheidung –

Frau Knute [ebenfalls der Schwester nacheilend und sie mit Gewalt fortziehend, als sie noch einmal auf den Sohn zurückblickt und zu zögern scheint]. Du hast endlich, wenn auch spät, die gewünschte mütterliche Autorität geltend werden lassen. Bravo!

Frau Hasselstein [zweifelnd, unter Tränen]. Glaubt – meint Ihr – ach, wenn er doch die Stelle am hiesigen Gymnasium angenommen und ein anderes Mädchen –

Frau Pottenmiller [scharf]. Er hat das Gute, die vielen Vorteile des Aufenthalts in einer wichtigen Stadt wie Kringhausen nie zu schätzen, zu würdigen verstanden!

Ada [hart]. Wein' nicht, Tante, sei stark! Klagen dienen niemand und Tränen führen zu nichts. [Sie gehen links ab, alle die anderen mit Ausnahme von Norry, Roden und Hasselstein folgen.]

6. Auftritt.

Hans Georg [bitter, nach kurzem Schweigen, während Roden und Norry Hut, Handschuhe und Stock aufraffen]. Wie schnell Hoffnungen scheitern, Trugbilder in nichts zerrinnen. In der Antarktis hoffte ich, daß die täglich wachsende Menge von Eindrücken und Erfahrungen, von überstandenen Gefahren und damit gestärkter, zunehmender Kraft mir helfen würden, den Sieg zu erringen, alle kleinlichen Vorurteile zu überkommen, alles lächerliche Beurteilen reiner Aeußerlichkeiten zu verwerfen. Wie schön deuchte mich, vom Abendrot der Erinnerung beleuchtet, da die Heimat, wie unerschütterlich fest war da meine Ueberzeugung, daß die Liebe einer Mutter größer als die Macht leeren Geredes. Und nun – [er seufzt tief auf und senkt das Haupt] – trotz der Fülle neuer Eindrücke, ungeachtet der erweiterten Horizonte, die sich mir erschlossen, muß ich im Kampfe gegen verächtliches Spießbürgertum unterliegen; muß die zarte Frau mit mir in die weite Welt hinaus führen, statt ihr hier bei meiner Mutter, hier, wo ich geboren und jedes Ding Bedeutung für mich hat, ein Echo meiner Kindheit, meiner Jugend ist, ein friedliches Heim gründen zu können. Alles, alles ist umsonst gewesen!

Roden [ernst]. Armer Freund, das ist, weil Sie eben einen großen Fehler begangen haben!

Hans Georg [sieht ihn verwundert an]. Einen Fehler?

Norry [nickt plötzlich ebenfalls eifrig]. Einen ganz unverzeihlichen!

Hans Georg [von dem einen auf den anderen blickend]. Und der wäre?

Roden [mit Nachdruck, indem alle drei Herren langsam auf die Tür zur Rechten zugehen]. Nicht Sie hätten auf Suche neuer Horizonte in die Antarktis ziehen sollen – sondern

Norry [einfallend]. – die Kringhäusler!

[Der Vorhang fällt.]

3. Akt.

[Dasselbe Zimmer wie im zweiten Akt. Alle Verwandten sind in tiefer Trauer. Die Damen der Tarockpartie sind gleichfalls anwesend und auch dunkel gekleidet. Alle halten das Taschentuch vor die Augen, Frau Hasselstein schluchzt von Zeit zu Zeit tief auf.]

1. Auftritt.

Regierungsrat Pottenmiller [steht inmitten der Szene und liest, als sich der Vorhang hebt, mit monotoner Stimme aus einer Zeitung vor]. – der einstige Teilnehmer an der Südpolexpedition, Professor Doktor Hans Georg Hasselstein, der auch in Mikrosenien seine ausdauernden Studien und Forschungen fortgesetzt, häufige höchst wertvolle Mitteilungen über die Flora und Fauna heimgeschickt und besonders interessante Aufschlüsse über die Lebensweise der Skolopandren und anderer Insekten dieser Zonen eingesendet, wie auch die Gewohnheiten des gefährlichen und von Matrosen und Fischern dort sehr gefürchteten Octopus, eines zeitweilig selbst im Mittelmeere in kleineren Exemplaren auftretenden Polypen mit großer Ausdauer erforscht und beschrieben hat. Sein letzter Ausflug – [alle schluchzen laut und trocknen sich die Augen] – wurde ebenfalls in der Absicht unternommen dieses Seeungeheuer auf einer der naheliegenden Inseln genauer zu studieren und die Fangmethode desselben besser zu prüfen als ihm dies bisher möglich gewesen, doch blieb der von einem unverläßlichen Eingeborenen gelenkte Kahn auf einem Korallenriff sitzen und während es dem Wilden gelang sich, wenn auch nur mit großen Schwierigkeiten und mit knapper Not zu retten, wurde der unglückliche Gelehrte von der starken Brandung ergriffen, einigemale gegen die spitzigen Riffe geschleudert und dann in die grausige Tiefe des Stillen Ozeans hinabgezogen. Man befürchtet, daß er von den um diese Inseln äußerst zahlreichen Haifischen angegriffen worden sei. Jede Suche nach der Leiche ist auch erfolglos geblieben. – Der frühe Tod des berühmten Naturforschers und unermüdlichen Gelehrten hat nicht nur in seiner eigenen Heimat das tiefste und aufrichtigste Bedauern erweckt – [alle schluchzen wieder laut] – sondern wird von der gebildeten Menschheit der ganzen Welt auf das lebhafteste beklagt. Alle Teilnehmer der Forschungsexpedition betrauern in Professor Doktor Hasselstein einen allzeit liebenswürdigen, hilfsbereiten, schaffensfreudigen und tapferen Kollegen, der nicht nur klaglos sondern immer mit heiterer Miene die geradezu unbeschreiblichen Strapazen seines anstrengenden Berufes ertrug. Ein einfaches Kreuz am Strande der Ailukinsel, nicht weit von der Unglücksstätte trägt außer dem Namen und den Geburts- und Sterbedaten auch den kurzen Vers: »Durch Todesnacht bricht ew'ges Morgenrot«. – Frau Professor Hasselstein, die treulich alle Gefahren und Entbehrungen ihres Gatten geteilt und sich die Bewunderung aller Teilnehmer der Expedition errungen, kehrt schmerzgebeugt mit dem kaum drei Monate alten Söhnchen zusammen mit der Expedition auf dem Dampfer »Ozeanien« in die deutsche Heimat zurück. Ob Frau Professor Hasselstein dort zu bleiben gedenkt, ist unbekannt. [Er legt die Zeitung langsam zusammen und setzt sich.]

Frau Hasselstein [schluchzend]. Mein Kind! Mein einziges Kind! Er starb in fremden Zonen – [leise und die Hände ringend –] durch meine Schuld! [Sie weint bitterlich.]

Krickenfeld [ihre Hand auf den Arm Fr. Hasselsteins legend und sich eifrig die Augen wischend]. Beste Frau Oberst, wir alle teilen ihren Kummer, denn wir alle haben ihn wie einen Sohn geliebt!

Zungrapp [sich auch die Augen trocknend]. Ach, du liebe Zeit! So ein staatlicher, so ein guter [sie schluchzt].

Holzheim. So ein edles Herz – so ein gu – gu gu – [sie schluchzt laut auf].

Krickenfeld. Wenn nur dieses Mädchen nicht gewesen –

Zungrapp. Sccchhhttt! Sie war die Frau des berühmten Gelehrten. –

Frau Pottenmiller [beschwichtigend]. So, so, nur ruhig, du darfst dich nicht so aufregen, liebe Schwester. Hans Georg ist jetzt im Himmel, wo wir ihn alle einmal treffen werden.

Frau Hasselstein [bitterlich weinend]. Wenn ich nur schon recht bald zu ihm käme. [Unter Schluchzen.] Warum ach, warum ließ ich ihn von mir gehen? [Alle versuchen sie zu trösten, allgemeine Bewegung, große Beileidsbezeugungen, betäubendes Stimmengewirr. Endlich tritt wieder Ruhe ein.]

Frau Knute. Es muß dir doch ein großer Trost sein, teure Schwester, daß seine Majestät, unser allergnädigster Kaiser, dir in eigener Handschrift ein Beileidsschreiben schickte. Ganz Kringhausen spricht davon!

Frau Hasselstein [weinend]. Mein Sohn, mein Sohn! Im besten Mannesalter, fern von der Heimat, fern von ihr, die ihn geboren, auf so entsetzliche Art – [sie schaudert] – sterben zu müssen! [Sie ergreift das Kuvert, das das kaiserliche Beileidsschreiben enthält und langsam versiegen ihre Tränen.] Ja, es war der einzige Lichtpunkt in dem großen Unglück, das mich getroffen. [Sie zeigt auf ein riesigen Haufen Briefe, der den ganzen großen Tisch bedeckt.] Und so viele mir vollständig unbekannte Personen haben mir so lieb geschrieben. Ich bin stolz und in meinem Kummer glücklich einen solchen Sohn gehabt zu haben.

Frau Pottenmiller [wichtig]. Alle Zeitungen schreiben spaltenlange Artikel über ihn und sein Name steht fettgedruckt schon auf der ersten Seite. [Zu den Damen der Tarockpartie.] Mit allen Fasern meines Herzens bin ich an meinem Schwesterkind gehangen und habe nie verfehlt ihm weise Ratschläge zu geben.

Ada [spitz]. Die er regelmäßig verworfen hat!

Krickenfeld [den Brief mit Ehrfurcht aufhebend]. So eine Auszeichnung und all die schönen Reden sind wohl ein großer Trost für unsere liebe Frau Oberst! Ganz Kringhausen fühlt sich geehrt! [zu Frau Hasselstein, die wieder laut weint]. Nur ruhig, beste Freundin, ich hatte zwölf Kinder und mußte neun begraben.

Frau Zungrapp [entschieden zu den Verwandten]. Wir werden uns der Armen schon annehmen, so ein kleines Spielchen –

Holzheim [lebhaft]. Natürlich! Natürlich!

Krickenfeld [mit Ueberzeugung]. Das übt einen wohltätigen beruhigenden Einfluß auf die Nerven aus –

Zungrapp [fest]. Eine kleine Zerstreuung ist notwendig –

Ada. Es läßt sich an dem Vorgefallenen nichts ändern –

Frau Hasselstein [schluchzend]. Wie – wie kö – könnte ich – in meinem großen Schmerz – an – an – einer Tarockpartie teilnehmen –

Alle Damen. Eine Ablenkung tut not – ist wie eine heilsame Medizin –

Ladislaja [mit salbungsvollem Tone]. Man muß sich in den Willen des Höchsten mit Demut fügen.

Hermine [lebhaft]. Der neue Prediger wird vier Messen für seine Ruhe lesen und alle Jungfrauen unseres Vereins werden für sein Seelenheil beten.

Frau Knute [aufspringend]. Schwester, hast du den neuen Trauerhut schon aufprobiert?

Frau Hasselstein [müde]. Ja, – er muß geändert werden.

Frau Knute [indem sie auf den Lehnstuhl zur Linken zugeht auf dem eine Hutschachtel steht und den Hut samt langen Schleier herauszieht und betrachtet. Alle Damen folgen ihr mit den Blicken.] Als Mutter eines solchen Sohnes muß dein Hut tadellos sitzen!

2. Auftritt.

[Ein Stubenmädchen öffnet geräuschvoll die Tür und läßt Roden und Norry eintreten, die auf Fr. Hasselstein zugehen und ihr schweigend die Hand küssen, während sie in neues, bitteres Weinen ausbricht.]

Roden [indem er mehrere Gegenstände auf den Tisch vor Fr. Hasselstein legt]. Einige Kleinigkeiten als Andenken – ein Jagdmesser, sein letztes Notizbuch, einige von ihm gesammelte Korallen, ein Ring – die Uhr verbleibt dem Sohne.

Frau Hasselstein [mit zitternder Erwartung in der Stimme]. Wo ist!? [Sie vollendet nicht.]

Roden [mit unergründlicher Miene]. Der Sohn ist bei seiner Mutter!

Frau Hasselstein [die Gegenstände mit zitternden Händen an sich raffend]. Ich – ich danke Ihnen meine Herren! [Sie macht eine bittende Handbewegung und beide nehmen schweigend Platz.]

Frau Pottenmiller [zu beiden Herren]. Sie sehen eine gramgebeugte Familie vor sich!

Krickenfeld, Holzheim und Zungrapp. Die Zierde von Kringhausen ist nicht mehr!

Frau Knute [sich die Augen wischend]. Unser hochbegabter Neffe fand ein so frühes Ende!

Frau Hasselstein [ihre Hand bittend auf Norrys Arm legend]. Erzählen Sie mir – von – von – meinem Sohne.

Norry [mitleidig]. Hans Georg dachte immer voll Liebe an Sie, gnädige Frau – wir sprachen oft von Ihnen; hoffnungsfreudig in der Nacht der Antarktis und mit warmer Hingebung unter den tropischen Bäumen Mikroseniens. [Frau H. weint.]

Frau Knute [zu Roden]. Sie haben keine Ahnung, Herr Doktor, wie sehr uns der Schlag, der meine unglückliche Schwester getroffen, nahegeht!

Roden [kalt]. Ich zweifle nicht daran. [Leise zu Norry.] Nun hat die Pfeife einen anderen Ton.

Frau Pottenmiller [zu Norry]. So ein Mann – alle Zeitungen berichten von ihm –

Krickenfeld. Ein so berühmter Forscher! Wie oft habe ich ihm einen Apfel gegeben!

Zungrapp [zur Decke blickend]. Ein Talent! Ein Talent! meine Damen.

Ada [die als einzige nicht geweint hat und nur kalt umherblickt]. Ein Talent, zugegeben und wie alle solche auch überspannt. Meine Tante verstand nicht sein Temperament zu zügeln, niemand konnte auf ihn einwirken. Hier in Kringhausen bot sich ihm eine gesicherte Existenz, die Achtung seiner Mitbürger, – wenn er nur auf seine merkwürdigen Ideen verzichten gewollt, – geistige Anregung auf allen Gebieten – er aber –

Frau Knute [seufzt tief auf]. Meine Schwester war allzu schwach in ihrer Mutterliebe.

Frau Pottenmiller [seufzt auch]. Allzu nachsichtig gegen ihren Sohn.

Ada Brunnick [mit Befriedigung]. Ich habe es immer vorausgesehen, daß er ein abenteuerliches Ende finden werde, denn niemand bricht ungestraft die heiligsten Bande –

Roden [ärgerlich]. Aber man hat das Recht die Stricke zu durchschneiden, die einen Pegasus als Ackergaul festhalten oder einen Canova dazu verpflichten, als Topfmacher sein Brot zu verdienen. Nicht jeder, meine Gnädigste, ist von der Natur zum Kringhäusler geschaffen!

Norry [zu Knute und Pottenmiller]. Die ihm am nächsten gestanden, haben seinen Wert zuletzt erkannt!

Frau Hasselstein [bittend zu Norry]. Herr Doktor!

Norry [ihr nähertretend, freundlich]. Gnädige Frau?

Hasselstein. Wie – wie – war das Ende?

Norry [ernst und voll Mitleid]. Wir waren alle auf dem Schiff viele Meilen von der Unglücksstelle entfernt und kamen alle erst vierzehn Tage später nach Ailuk. Der Eingeborene, der die Schreckensbotschaft der beklagenswerten jungen Gattin überbrachte, lag noch bei unserer Abreise krank darnieder, da er sich an den scharfen Korallenriffen Verletzungen zugezogen hatte und ein Haifisch –

Alle [mit Entsetzen]. Aaaaaah! Ooooooh! Ein Haifisch!!!!

Frau Hasselstein [schluchzt untröstlich]. So ein gräßliches Ende und alles – ach, alles – durch meine Schuld!

Frau Knute und Pottenmiller [vereint]. Liebe Schwester, teure Schwester, es steht nicht immer zu ändern – du hast richtig gehandelt –

Ada Brunnick [hart]. Er hat es ja selbst so gewollt!

Roden [ernst]. Hasselstein starb im Dienste der Wissenschaft, die ihm ewigen Dank schuldet.

Norry [ernst zu Fr. H.]. Hätte er den Eingeborenen mit Gewalt zurückgehalten, so würde er wahrscheinlich sein eigenes Leben gerettet haben. Edel wie immer ließ er den Gefährten Rettung finden.

Krickenfeld [während die anderen laut weinen]. Ja, so ein junger Mann, auf den können die Kringhäusler stolz sein!

Zungrapp. Wenn ich denke, wie oft ich ihm ein Butterbrot gestrichen habe –

Holzheim [sich die Augen trocknend]. Und ich, die ich ihm stets von meinen besten Winteräpfeln gegeben habe. Das ist mir jetzt in der Tat ein erhebendes Bewußtsein. Auch ich habe zu seiner Größe beigetragen!

Frau Pottenmiller [stolz]. Am regen Verstande meiner Adarl hat er zuerst den seinen zu schärfen gelernt! Ihr verdankt er –

Roden [leise zu Norry]. Über die Schärfe des Gehirns kann ich noch kein richtiges Urteil abgeben, aber die Zunge –

Norry [lächelnd]. – ist die reinste Damaszenerklinge! Was war Harun al Raschids Schwert dagegen?

Roden [im selben Ton]. Einem Haifisch käme ein Gruseln an!

Frau Krickenfeld. Man will – so sagte mir im Vorbeigehen die Frau unseres lieben Medizinalrates –

Zungrapp [heftig]. Peleponesia, hast du auch schon gehört, daß sie mit ihrem Vetter ein Verhältnis gehabt haben soll und ihr Mann die beiden –

Hermine und Ladislaja [sich vorbeugend]. – ein Verhältnis? – Diese scheinheilige – diese –

Roden [leise zu Norry]. Jetzt erröten die holdseligen Jungfrauen nicht!

Holzheim [sich aufblasend]. Nur ich allein kenne alle Einzelheiten, denn meine Masseuse –

Krickenfeld [mit Mißbilligung]. Lassen Sie sich noch massieren!

Holzheim [etwas verlegen]. So sehr bedarf ich dessen freilich nicht mehr, aber die Masseuse weiß eben immer, was in der Stadt vorgeht und daher ist es mir eine große Genugtuung –

Krickenfeld [zustimmend]. Ja, die Peggy –

Pottenmiller [erregt]. Peggy? Das ist doch wohl nicht etwa diese merkwürdige Alte, die ihre eigene Magd jeden Sonnabend wäscht? Ha, ha, ha!

Zungrapp [geheimnisvoll]. Man sagt von ihr, daß sie Säcke voll alter Münzen unter dem Bette verborgen hält –

Ada Brunnick [gelassen]. Da wird schon irgend jemand den alten Narren einmal aus dem Weg räumen!

Zungrapp [mit Bestimmtheit]. Sie soll gar nie ihr Zimmer fegen lassen und Paula, ihr Dienstmädchen, hat der Köchin im Vertrauen mitgeteilt –

Frau Holzheim [lebhaft]. Nun, da Sie davon sprechen, hochverehrte Frau Direktor, fällt mir eben etwas ein. Stellen Sie sich einmal vor, meine Damen – [Alle richten sich auf.]

Krickenfeld [erbittert]. Hier kann ein Mensch wahrlich nicht zu Wort kommen! Ich muß schon bitten!! Ich sagte also, daß die Frau unseres Medizinalrates – sie erwartet übrigens in Kürze das Fünfte –

Frau Knute [die Hände zusammenschlagend]. Du grundgütiger Himmel! Als ob wir nicht schon genug Mädchen in Kringhausen hätten und natürlich wird es wieder ein Mädchen sein!

Krickenfeld. Werde ich denn nie aussprechen dürfen? Ich sagte, so weit ich mich nach all diesen Unterbrechungen erinnern kann, daß man die Absicht hat einen Bazar zu veranstalten und von dem Erlös will man Herrn Professor Hasselstein in seiner Vaterstadt ein Monument errichten.

Alle [gerührt]. Aaaaaah! Ein Monument?

Roden [leise zu Norry]. Nein, hörst du, hier möchte ich buchstäblich nicht einmal aufgemalt sein wollen.

Hasselstein [weinend]. Alle, alle sind so gut gegen mich!

[Es schlägt zwölf Uhr. Alle springen erregt auf, greifen nach ihren Sachen und nehmen schleunigst Abschied.]

Frau Knute [küßt schnell Frau Hasselstein und winkt dann ihrem Manne]. Schon zwölf Uhr! Himmel! Mein Truthahn wird gewiß verkohlen – Sie kennen ja die Dienstboten, beste Frau Kommerzienrat.

Krickenfeld. Gar kein Verlaß auf dieses Gesindel. Sie bestehlen und betrügen, sie – [Beide Frauen führen das Gespräch weiter fort.]

Frau Pottenmiller [zärtlich]. Leb' wohl, liebste Schwester. Nimm' dir den Verlust nicht allzu sehr zu Herzen, erinnere dich, daß wir alle ihn mit dir teilen, hänge nicht deinen trüben Gedanken nach – diese Damen –

Zungrapp und Holzheim. Versteht sich, versteht sich, hochverehrte Frau Regierungsrat, wir werden uns der Armen schon annehmen. Wir kommen –

Hasselstein [fast hart ablehnend]. Nein, nein, meine Damen – wie soll ich an ein Kartenspiel – [sie wendet sich weinend ab].

Krickenfeld [herzukommend]. Aber so ein Tarockerl, beste Frau Oberst, das ist Seelenmedizin. Das zerstreut. [Alle nehmen Abschied, aber die Tarockdamen rufen noch zurück:] Wir kommen, wir kommen!

Holzheim [eilig]. Jetzt muß ich mich aber sputen was das Zeug hält. Wenn mein Mann nicht die Suppe auf dem Tische findet, wenn er heimkommt, so setzt es allemal ein Donnerwetter.

Frau Knute [den Kopf schüttelnd]. Alles ihre eigene Schuld, beste Frau Inspektor. Warum verhätscheln Sie ihn so? Ich habe mir den meinigen gleich zu Anfang erzogen.

[Alle sind endlich bei der Tür angelangt, man nimmt noch einmal einen sehr geräuschvollen Abschied, aber eine der Damen geht nach der anderen fort.]

Ada Brunnick [kalt]. Grüß' Gott, Tante! [Zu den anderen, besonders Frau Krickenfeld, indem sie ihren Mann am Arm faßt und mit sich zieht.] Man muß das Unmögliche begehren, damit man das Mögliche erreicht.

Zungrapp [noch einmal auf Fr. H. zukommend]. Meine teure, meine beklagenswerte Frau Oberst, nur Mut, nur Ruhe! Das Beileid unseres Landtsherrn muß Ihnen doch ein Trost – ein großer Trost sein.

Hermine [eher gedankenlos als böswillig]. Ach ja, uns allen ist sein Tod so ein Trost! [Sie folgt den anderen.]

3. Auftritt.

Frau Hasselstein [winkt den beiden Forschern noch einmal Platz zu nehmen]. Gott sei Dank, endlich kann ich mich ungestört dem Glücke hingeben mit den wahren Freunden meines Sohnes zu sprechen. Erzählen Sie mir von seinem Tun und Treiben – von allem – von allem – mein Herz dürstet danach!

Roden [ernst]. Hasselstein hat sich zuerst auf den Rälik – oder den Inseln gegen Tagesende aufgehalten, aber da das Klima daselbst seiner jungen Frau nicht zusagte, zog er nach den Inseln gegen Tagesanbruch – den Ratakinseln – und dort führte er das schwere Dasein eines Forschers – unermüdlich, heiter und dank den rastlosen Bemühungen seiner Gattin sehr glücklich – viel glücklicher als er es in – [Norry winkt abweisend].

Frau Hasselstein [scheinbar nach großer Ueberwindung]. Ich – ich möchte eine Frage an Sie stellen, meine Herren, eine Frage, die mich unbeschreiblich erregt.

Norry [ermutigend]. Und diese Frage lautet?

Frau Hasselstein [ihn mit verzehrenden Blicken betrachtend]. Wo ist meine Schwiegertochter, wird sie Kringhausen passieren, wird –

Norry [verlegen]. Ich dachte –

Frau Hasselstein [weinend]. Sie war die Frau meines Sohnes, sie durfte in seine Augen schauen, ihm nahe sein, während ich mich in der öden Behausung nach ihm zu Tode sehnte, sie durfte – [sie schweigt].

Roden [ernst]. Sie hat viel geopfert, gnädige Frau dieser Privilegien halber. Gnädige Frau haben gleich ihr die Wahl gehabt und –

Hasselstein [ernst zu ihm aufsehend]. Ich weiß es, ich weiß es. Es war dies die Qual meiner schlaflosen Nächte, das Gespenst, das mich auch am hellen Tage nicht verließ. Ich hatte ja den einzigen Sohn in die weite Welt ziehen lassen statt seinem Wunsche nachzugeben, aber ich, Herr Doktor, ich bin ja nur eine schwache Frau, aufgewachsen und alt geworden in Kringhausen und seinen Ansichten, seinen Vorurteilen. Ich habe meine Zeit überlebt und konnte mich nicht in die neuen Anschauungen finden. Ein alter Baum läßt sich nicht umpflanzen und krumme Aeste werden nicht mehr gerade, wenn sie von Alter hart und dürr geworden. Wenn ich gefehlt, so habe ich schwer dafür gebüßt. Ein freudenloser Lebensabend steht mir bevor.

Norry [die Weinende tröstend.] Es war so bestimmt – es hat so kommen müssen. Können wir irgend etwas für Sie, gnädige Frau, tun?

Hasselstein [aufblickend.] Berta ist auch in Europa – sie ist vielleicht ganz nahe von Kringhausen – [leise, die Hände auf das Herz drückend] – und sie hat –

Norry [ernst.] Gegenwärtig weilt die Witwe unseres geliebten Kollegen hier in Kringhausen.

Hasselstein [aufspringend.] In Kringhausen? Oh, wird sie mir je vergeben, wird sie unerbittlich sein? –

Norry [ist unterdessen auf die Tür zur Linken zugegangen. Er öffnet sie jetzt und in tiefe Trauer gekleidet, tritt die junge und schöne Frau Hasselstein über die Schwelle. Auf den Armen hält sie ein weißes Bündelchen mit schwarzen Bändern.]

4. Auftritt.

Frau Hasselstein [auf sie blickend]. Berta! [Dann das Bündelchen bemerkend und alles darüber vergessend mit zitternder Stimme.] Ist das – ist das?? –

Berta [in Tränen ausbrechend.] Das ist alles, was mir auf Erden geblieben.

Hasselstein [schlägt langsam den Schleier zurück.] Ach Tochter, wie unsäglich reicher bist du doch als ich! [sie neigt sich über das Kind.] Wie heißt er?

Berta [leise.] Wie sein Vater.

Hasselstein [zögernd.] Ich war ungerecht – selbstsüchtig einst, Berta, – ich wollte, was ich besaß, nicht mit dir teilen und heute – oh heute könnte ich dich auf meinen Knien mit gefalteten Händen anflehen großmütig zu sein und – [leidenschaftlich] Berta, laß zu, daß sich meine Augen an deinem Schatze weiden. Führ ihn nicht wieder fort! Bleibe bei mir – bei der Mutter deines toten Gatten.

Berta [zögernd.] Meine Vergangenheit –

Hasselstein [stolz.] Du warst die Gattin meines Sohnes.

Berta [leise.] Und – und – die Kringhäusler?

Hasselstein [sich voll aufrichtend.] Die Kringhäusler? Was kümmert mich die Meinung der Kringhäusler? Das ist Fleisch von meinem Fleische, Blut von meinem Blute – [weich, als Berta schweigend das Kind in ihre Arme legt] – mein Enkelkind!

[Beide Frauen neigen sich über den Kleinen und man hört Ausrufe wie »hat er nicht ganz die Nase seines Vaters« und »schau auf den Mund, ganz wie bei Hans Georg« usw. während sich beide Frauen halb umschlungen halten um besser auf das Kind sehen zu können.]

Roden [indem er Norry winkt sich leise mit ihm zu entfernen]. Jetzt wären endlich die Kringhäusler überwunden!

[Der Vorhang fällt.]

Ende!

Druck von Reinhold Berger in Lucka S.-A.

Hinweise zur Transkription

Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt.

Darstellung abweichender Schriftarten: gesperrt, Antiqua.

Die Stellung des schließenden Satzzeichens in den Regieanweisungen wurde stillschweigend vereinheitlichend korrigiert. Das schließende Satzzeichen wurde innerhalb der eckigen Klammern angeordnet bei Regieanweisungen, die einen eigenen Satz bilden. Das schließende Satzzeichen wurde außerhalb der eckigen Klammern angeordnet bei Regieanweisungen, die keinen eigenen Satz bilden.

Die Regieanweisung "Triebe" auf Seite 16 erscheint als unangebracht.

Überkommene Rechtschreibung wurde beibehalten in "Geberden", "Lantsherr", "totmüde".

Vermuteter Wortwitz wurde beibehalten, nämlich "Mikrosenien" an der Stelle von "Mikronesien", "staatlicher" an der Stelle von "stattlicher."

Unterschiedliche Schreibweisen wurden beibehalten, beispielsweise "Adarl" – "Aderl", "vor allem" – "vorallem".

Der Text des Originalbuches wurde grundsätzlich beibehalten, mit folgenden Ausnahmen,

Seite 4:
"–" eingefügt
(gebrachten Kringhäusler! – [er lacht plötzlich)

Seite 4:
"daß" geändert in "das"
(daß man sich eigene Pfade brechen kann, das verstehen sie)

Seite 5:
"," eingefügt
(endlos scheinenden Eisbarrieren, schließlich)

Seite 6:
"." eingefügt
(Der Kern allein soll gelten, nicht die Schale.)

Seite 6:
"," eingefügt
(Kampf gegen alle kleinlichen Vorurteile, gegen alle)

Seite 7:
"." eingefügt vor "Sind"
(Norry [zu H.]. Sind viele neue Exemplare)

Seite 7:
"sie ihre" geändert in "Sie Ihre"
(Haben Sie Ihre Flinte zur Hand?)

Seite 7:
"–" eingefügt
(hin ist hin – [er lacht auch heiter])

Seite 8:
":" geändert in "."
(Hasselstein [lachend]. Unzufriedener!)

Seite 8:
":" geändert in "."
(Norry. Und die bald wiederkehrt!)

Seite 8:
":" entfernt hinter "Hasselstein"
(Hasselstein [zu Norry, der eifrig)

Seite 8:
"." eingefügt
(Schneehütte studiert]. Hören Sie einmal)

Seite 8:
"untersuchend:" geändert in "untersuchend]."
(Norry [seine Apparate untersuchend]. Machen Sie)

Seite 9:
"." entfernt hinter "Hasselstein"
(Hasselstein [geht auf das Zelt zu)

Seite 9:
":" geändert in "."
(bis dorthin nicht erreicht haben.)

Seite 10:
"dahein" geändert in "daheim"
(daß daheim gerade jetzt der Flieder blüht)

Seite 10:
"einen" geändert in "einem"
(am Ende alles einem Wahn geopfert)

Seite 11:
"spöttich" geändert in "spöttisch"
(Roden [spöttisch]. Vortrefflich)

Seite 12:
"reel" geändert in "reell"
(Wenn die Ware nicht durch und durch reell ist)

Seite 13:
"Ord" geändert in "Ort"
(verwenden sie gleich als Sklaven an Ort und Stelle)

Seite 15:
"," eingefügt
(verlachen herrschende Vorurteile zwar, bäumen uns)

Seite 15:
"wirwüten" geändert in "wir wüten"
(aber wir wüten)

Seite 16:
"," eingefügt
(indem wir stärker, sondern auch seelisch)

Seite 16:
"," eingefügt
(die mächtigen Eisgrotten, das flackernde Nordlicht)

Seite 16:
"]" eingefügt
(Es wird unheimlich finster.])

Seite 17:
"Norrn" geändert in "Norry"
(Norry [lachend].)

Seite 18:
"." eingefügt
(die Hände und rufen durcheinander.])

Seite 21:
"(" geändert in "["
([Ein elegant ausgestattetes Zimmer.)

Seite 21:
")" geändert in "]"
(alles hat ein kleinstädtisches Gepräge.])

Seite 21:
"eine" geändert in "ein"
(In der Mitte der Szene ein Spieltisch)

Seite 21:
"lächelud" geändert in "lächelnd"
(Frau Krickenfeld [lächelnd]. Immer die, die fragt!)

Seite 21:
"." entfernt hinter "]"
([Nach kurzer Pause.] Also der Herr Sohn)

Seite 22:
"." eingefügt
(Natürlich: So geht es immer.)

Seite 22:
"bitten" geändert in "bitte,"
(Bitte, bitte, da sind schon die dreißig Heller.)

Seite 23:
"Haus" eingefügt hinter "zu"
(die ein Gerücht von Haus zu Haus tragen)

Seite 24:
"[" eingefügt
([Man spielt eifrig.])

Seite 24:
"Kickenfeld" geändert in "Krickenfeld"
(Krickenfeld [seufzt tief auf].)

Seite 25:
"bedreffend" geändert in "betreffend"
(Einen Skandal? Meinen Sohn betreffend?)

Seite 25:
"(" geändert in "[", ")" geändert in "]"
([Großer Lärm, Durcheinanderrufen, Ausbezahlen.])

Seite 26:
"davan" geändert in "davon"
(die ganze Stadt spricht davon –)

Seite 26:
"gleich-gesagt" geändert in "gleich gesagt"
(Das habe ich den Verleumdern auch gleich gesagt.)

Seite 26:
"hinausge kommen" geändert in "hinausgekommen"
(Wenn junge Leute in die Welt hinausgekommen)

Seite 27:
"sie" geändert in "Sie"
(Das kommt davon, weil Sie nie die Tarock zählen!)

Seite 28:
"sie" geändert in "Sie"
(Lassen Sie sich Ihre Handerl vergolden)

Seite 28:
"sie" geändert in "Sie"
(für die elendigen Stecher, die Sie mir zugeschoben haben)

Seite 29:
"." eingefügt hinter "ansehen"
(Alle [im Chor]. Wie unser eigenes Kind ansehen.)

Seite 29:
"schwirt" geändert in "schwirrt"
(»ich auch« schwirrt es durcheinander)

Seite 29:
"," geändert in "."
(Krickenfeld. Wirklich?)

Seite 29:
"sie ihren" geändert in "Sie Ihren"
(machen Sie Ihren mütterlichen Einfluß geltend)

Seite 29:
"sie" geändert in "Sie"
(halten Sie ihn vor diesem Abgrund zurück!)

Seite 30:
"sie" geändert in "Sie"
(wenn Sie gar in meinem Elternhause gewesen wären)

Seite 30:
"sie" geändert in "Sie"
(Sehen Sie einmal mich an –)

Seite 31:
"sie" geändert in "Sie"
(Sehen Sie mich an!)

Seite 31:
"." eingefügt
(Holzheim [die Karten zusammenraffend].)

Seite 31:
"." eingefügt
([Großer Lärm, Meinungsverschiedenheiten, Auszahlung.])

Seite 31:
"Professer" geändert in "Professor"
(ist der liebe Herr Professor noch so jung)

Seite 32:
"Sie" geändert in "sie"
([sie schlägt sich auf den Mund])

Seite 32:
"[" und "]" eingefügt.
([Der junge Hasselstein tritt ein.])

Seite 32:
"Biblioteken" geändert in "Bibliotheken"
(in Bibliotheken und so weiter)

Seite 32:
"[" geändert in "]"
(Alle [sehr einschmeichelnd]. Beste Frau Oberst!)

Seite 32:
"das" geändert in "daß"
(daß die Verfasserlaufbahn keine sichere Versorgung)

Seite 32:
"Man" geändert in "Mann"
(für einen heiratsfähigen Mann ist)

Seite 33:
"." eingefügt
([Es wird mit viel Lärm ausgezahlt.])

Seite 33:
"überans" geändert in "überaus"
(so überaus in Anspruch genommen)

Seite 34:
"Mam" geändert in "Mama"
(bei Mama verweilen zu können)

Seite 34:
"]" eingefügt
(begleiten die Gäste bis zur Tür zur Rechten.])

Seite 35:
"allin" geändert in "allein"
([Mutter und Sohn allein.])

Seite 36:
"–" eingefügt
(engherziger Beurteilung gewichen, – gewichen, auf daß)

Seite 36:
"," eingefügt hinter "Mutter"
(Ich prüfte mich, Mutter, und weiß)

Seite 37:
"." eingefügt
(Man kann unliebsamen Personen aus dem Wege gehen.)

Seite 37:
"Glanbst" geändert in "Glaubst"
(Glaubst du, daß dein Glück von Dauer)

Seite 38:
"." eingefügt
(Hans Georg [bitter].)

Seite 38:
"." eingefügt
(und blickt zärtlich in ihr Antlitz].)

Seite 38:
"wircklich" geändert in "wirklich"
(Kannst du es wirklich nicht über dich gewinnen)

Seite 38:
"Haselstein" geändert in "Hasselstein"
(Hasselstein [sich die Tränen abtrocknend].)

Seite 40:
"daß" geändert in "das"
(ich liebe, das ich zu meiner Lebensgefährtin erwählt)

Seite 40:
"[" eingefügt
([Die Türe zur Rechten öffnet sich geräuschvoll)

Seite 41:
"." eingefügt
(Regierungsrat Pottenmiller. Willkommen daheim,)

Seite 42:
"." eingefügt
([Spöttisch.] Er denkt wahrscheinlich wieder an eine)

Seite 42:
"[" eingefügt
([Ein Stubenmädchen öffnet die Tür)

Seite 42:
"]" eingefügt
(und läßt Roden und Norry eintreten.])

Seite 44:
"." eingefügt
(Alle drei Herren [mit tiefen Seufzern].)

Seite 44:
"kmeine" geändert in "meine"
(Gemüt braucht meine künftige Frau)

Seite 44:
"sann" geändert in "kann"
(Ich kann statt dessen ja jede Woche)

Seite 45:
"sie" geändert in "Sie"
(O glauben Sie das nicht!!!)

Seite 46:
"," geändert in "."
(Roden [im gleichen Ton].)

Seite 47:
"dnmmvergnügt" geändert in "dummvergnügt"
(Ladislaja [lächelt dummvergnügt vor sich hin].)

Seite 48:
"." entfernt hinter "[sie seufzt]"
(Hans Georg liebt sie – [sie seufzt])

Seite 48:
"." eingefügt
(Hermine. – und tugendhaft)

Seite 48:
"anspruchgloser" geändert in "anspruchloser"
(Je weniger auffallend die Erscheinung um so anspruchloser)

Seite 48:
"." eingefügt
(Frau Knute.] – und weniger zur Koketterie geneigt)

Seite 48:
"Ladaslaja" geändert in "Ladislaja", "." eingefügt
(Ladislaja. – und reineren Herzens –)

Seite 49:
"Jugfrauenvereins" geändert in "Jungfrauenvereins"
(Schneiderabenden des katholischen Jungfrauenvereins)

Seite 49:
"–" eingefügt
(sehr erröten, wenn man Anspielungen – an)

Seite 50:
"uur" geändert in "nur"
(dem jungen Prediger nur in die Augen schauen)

Seite 51:
"," eingefügt
(deine Laufbahn ist vernichtet, wir alle mit Schande)

Seite 51:
"Nachdruch" geändert in "Nachdruck"
(Hans Georg [laut, mit Nachdruck].)

Seite 52:
"." eingefügt hinter "Fr. H"
([Weich zu Fr. H.] Was sagst du mir, Mutterl!)

Seite 52:
"Srich" geändert in "Sprich"
(Sprich, Mutter!)

Seite 53:
"Vorurteilswillen" geändert in "Vorurteils willen"
(eines Vorurteils willen in den Staub treten)

Seite 53:
"laugsam" geändert in "langsam"
(das Beste in mir langsam aber sicher zerstören)

Seite 53:
"," eingefügt
(ich beschwöre dich, bedenke –)

Seite 53:
"genung" geändert in "genug"
(Er wird schnell genug einsehen)

Seite 54:
"Meuschlichkeit" geändert in "Menschlichkeit"
(in Menschlichkeit bedeutend überlegen sind)

Seite 54:
"Bemerkuug" geändert in "Bemerkung"
(Frau Knute [Rodens Bemerkung beantwortend].)

Seite 55:
"7." geändert in "6."
(6. Auftritt.)

Seite 56:
"Hnns" geändert in "Hans"
(Hans Georg [von dem einen auf den anderen blickend].)

Seite 56:
"]." eingefügt
(Norry [einfallend]. – die Kringhäusler!)

Seite 57:
"Dassellle" geändert in "Dasselbe"
(Dasselbe Zimmer wie im zweiten Akt.)

Seite 57:
"1. Auftritt." eingefügt

Seite 57:
"vou" geändert in "von"
(Frau Hasselstein schluchzt von Zeit zu Zeit tief auf)

Seite 57:
"Mitteilnngen" geändert in "Mitteilungen"
(wertvolle Mitteilungen über die Flora)

Seite 57:
"besondes" geändert in "besonders"
(besonders interessante Aufschlüsse)

Seite 57:
"auftretenten" geändert in "auftretenden"
(in kleineren Exemplaren auftretenden Polypen)

Seite 57:
"Fangmetode" geändert in "Fangmethode"
(die Fangmethode desselben besser zu prüfen)

Seite 58:
"Unglünsstätte" geändert in "Unglücksstätte"
(nicht weit von der Unglücksstätte)

Seite 58:
"Erpedition" geändert in "Expedition"
(zusammen mit der Expedition auf dem Dampfer)

Seite 58:
"]" eingefügt
([Er legt die Zeitung langsam zusammen und setzt sich.])

Seite 59:
"Fran" geändert in "Frau"
(Frau Hasselstein [bitterlich weinend].)

Seite 59:
"Tarokpartie" geändert in "Tarockpartie", "." eingefügt
([Zu den Damen der Tarockpartie.])

Seite 59:
"Hasselsteiu" geändert in "Hasselstein"
([zu Frau Hasselstein, die wieder laut weint])

Seite 60:
"," geändert in "."
(Frau Hasselstein [schluchzend].)

Seite 60:
"tn" geändert in "in"
(Man muß sich in den Willen des Höchsten mit Demut fügen.)

Seite 60:
"." eingefügt
(während sie in neues, bitteres Weinen ausbricht.])

Seite 60:
"Gegenständd" geändert in "Gegenstände"
(indem er mehrere Gegenstände auf den Tisch)

Seite 60:
"." geändert in ","
(einige von ihm gesammelte Korallen, ein Ring)

Seite 61:
"zügelu" geändert in "zügeln"
(Meine Tante verstand nicht sein Temperament zu zügeln)

Seite 62:
"." eingefügt
(Hasselstein. Wie – wie – war das Ende?)

Seite 62:
"." eingefügt hinter "]"
(Norry [ernst zu Fr. H.]. Hätte er den Eingeborenen)

Seite 63:
"Hozheim" geändert in "Holzheim"
(Holzheim [sich die Augen trocknend].)

Seite 63:
"Bewußtsen" geändert in "Bewußtsein"
(Das ist mir jetzt in der Tat ein erhebendes Bewußtsein.)

Seite 63:
"rechtiges" geändert in "richtiges"
(kann ich noch kein richtiges Urteil abgeben)

Seite 63:
"Juugfrauen" geändert in "Jungfrauen"
(erröten die holdseligen Jungfrauen)

Seite 63:
"sie" geändert in "Sie"
(Lassen Sie sich noch massieren!)

Seite 63:
"Krickenseld" geändert in "Krickenfeld"
(Krickenfeld [mit Mißbilligung].)

Seite 64:
"," geändert in "."
(Krickenfeld. Werde ich denn nie aussprechen dürfen?)

Seite 67:
"weises" geändert in "weißes"
(Auf den Armen hält sie ein weißes Bündelchen)

Seite 67:
"5." geändert in "4."
(4. Auftritt.)

Seite 68:
"Vater:" geändert in "Vater."
(Berta [leise.] Wie sein Vater.)

Seite 68:
"." entfernt hinter "[leidenschaftlich]"
(anflehen großmütig zu sein und – [leidenschaftlich] Berta)

Seite 68:
"." entfernt hinter "legt"
([weich, als Berta schweigend das Kind in ihre Arme legt])


*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE KRINGHÄUSLER ***
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