*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75805 ***



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                     Anmerkungen zur Transkription.

Das Original ist in Fraktur gesetzt. Schreibweise und Interpunktion des
Originaltextes wurde übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler
sind stillschweigend korrigiert worden.

Das Inhaltsverzeichnis wurde vom Bearbeiter erstellt.

Worte in Antiqua sind so +gekennzeichnet+; ~gesperrt~ so und
_kursiv_ so.
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                        RAUBWILD U. DICKHÄUTER
                         IN DEUTSCH-OSTAFRIKA
                          _VON_ HANS BESSER


                            [Illustration]


                 Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde
                Franckh'sche Verlagshandlung·Stuttgart


                        Raubwild u. Dickhäuter
                         in Deutsch-Ostafrika.


                            [Illustration]




           Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart


Die Gesellschaft Kosmos bezweckt die Kenntnis der Naturwissenschaften
und damit die Freude an der Natur und das Verständnis ihrer
Erscheinungen in den weitesten Kreisen unseres Volkes zu verbreiten.
-- Dieses Ziel sucht die Gesellschaft durch Verbreitung guter
naturwissenschaftlicher Literatur zu erreichen durch den

  =Kosmos, Handweiser für Naturfreunde=
  Jährlich 12 Hefte.     Preis M 2.80;

ferner durch Herausgabe neuer, von ersten Autoren verfaßter, im guten
Sinne gemeinverständlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts. Es
erscheinen im Vereinsjahr 1916 (Änderungen vorbehalten):

  =Wilh. Bölsche, Der Stammbaum der Insekten.=
      Reich illustriert. Geheftet M 1.--

  =Dr. Kurt Floericke, Reisen in Bulgarien.=
      Reich illustriert. Geheftet M 1.--

  =Dr. Hermann Dekker, Heilen und Helfen.=
      Reich illustriert. Geheftet M 1.--

  =Hans Besser, Affen, Antilopen und Schlangen
      Deutsch-Ostafrikas.= Reich illustriert. Geh. M 1.--

  =Prof. Dr. Karl Weule, Die Sprache.=
      Reich illustriert. Geh. M 1.--

Diese Veröffentlichungen sind durch ~alle Buchhandlungen~ zu
beziehen; daselbst werden Beitrittserklärungen (Jahresbeitrag nur
M 4.80) zum =Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde= (auch
nachträglich noch für die Jahre 1904/15 unter den gleichen günstigen
Bedingungen), entgegengenommen. (Satzung, Bestellkarte, Verzeichnis der
erschienenen Werke usw. siehe am Schlusse dieses Werkes.) Der Kosmos
kann während des Krieges auch 1/2jährlich zum Preise von M 2.40 mit
Buchbeilagen bezogen werden.


Geschäftsstelle des Kosmos: Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart.




                        Raubwild und Dickhäuter
                         in Deutsch-Ostafrika


                                  Von


                              Hans Besser


          Mit zahlreichen Abbildungen nach Originalaufnahmen
                 des Verfassers, nach Zeichnungen von
           Prof. Wagner und R. Oeffinger, einem Kärtchen und
           einem farbigen Umschlagbild, gez. von M. Zimmer.

                            [Illustration]




                               Stuttgart

                 Kosmos: Gesellschaft der Naturfreunde
             Geschäftsstelle: Franckh'sche Verlagshandlung

                                 1915


      Alle Rechte, besonders das Uebersetzungsrecht, vorbehalten.


                          +Copyright 1915 by
                     Franckh'sche Verlagshandlung
                              Stuttgart+


                 +STUTTGARTER SETZMASCHINEN-DRUCKEREI
                      HOLZINGER & Co., STUTTGART+




                          Inhaltsverzeichnis.


                                                       Seite

  Vorwort                                               7

  Raubwild                                              8-46

    Löwen                                               8-23

    Leoparden                                           23-31

    Gefleckte Hyänen                                    32-35

    Schabrackenschakale                                 35-39

    Wilde Hunde (Hyänenhunde)                           39-46

  Dickhäuter                                            47-82

    Durch ein Dickhäuter-Eldorado                       48-66

    Flußpferde                                          66-82

      +a+) Die Jagd der Eingeborenen auf Flußpferde auf
    dem Njassasee                                       68-73

      +b+) Flußpferde im Rikwasee                       73-78

      +c+) Der alte Gomerobulle                         78-82

  Auf Elefantenfährte                                   82-92




                               Vorwort.


Auf Wanderungen durch unsere zoologischen Gärten sieht man das Wild
stets auf engem Raum eingepfercht, man kann sich daher auch keinen
rechten Begriff davon machen, wie es sich in der Natur verhält.
Bahnbrechend hat Hagenbeck in Stellingen sich bemüht, einzelne
Wildarten durch getreue Nachbildung der Natur in ihrer eigentlichen
Umgebung zu zeigen, und viele Tiergärten folgen seitdem seinem Beispiel
in dankenswertester Weise.

Ist dadurch auch ein großer Schritt vorwärts getan, dem Beschauer die
Wirklichkeit nahezuführen, so verhalten sich naturgemäß die Tiere,
die an den Umgang mit Menschen gewöhnt wurden, wesentlich anders als
in ihrer Heimat, wo sie, sei es auf dem Weidegang oder der Jagd nach
Beute, ihrem Instinkt folgend, Eigenschaften entwickeln, die in der
Gefangenschaft nutzlos sind und darum verkümmern oder nicht ausgebildet
werden.

Durch vierzehnjährigen Aufenthalt in Deutsch-Ostafrika war es mir
vergönnt, das Wild in seiner natürlichen Lebensweise zu beobachten.
Kamera und Büchse begleiteten mich auf allen meinen Wanderungen. Aus
der Fülle des Geschauten und Erlebten sollen nun hier eine Reihe Bilder
vorgeführt werden, die zum Verständnis unserer schönen Kolonie auch auf
diesem Gebiet beitragen möchten.

Wenn ich in meinen Ausführungen auf das Verhalten der einzelnen
Wildarten näher einging, so bitte ich diese Skizzierung nicht als
absolute Regel zu betrachten, sondern lediglich als Erfahrung, die ich
mit der betreffenden Wildart machte.

Leider sind mir eine große Anzahl Platten, die zur größeren
Verständlichmachung hätten dienen können, im Laufe der Zeit verdorben.
Bis auf die mir freundlichst zur Verfügung gestellten Bilder, die durch
namentliche Bekanntgabe der Hersteller gekennzeichnet sind, sind alle
übrigen von mir gefertigte Originalaufnahmen.

  ~Radebeul~, im Herbst 1915.        =Hans Besser.=




[Illustration]




                               Raubwild.

                =Löwen= (+Felis leo somaliensis Noak+).


Als »König der Tiere« wird uns der Löwe in der Fabel dargestellt, und
dieser Begriff ist uns derart in Fleisch und Blut übergegangen, daß
man die gewaltige Katze im Tiergarten oder in der Menagerie stets
mit besonderer Andacht bestaunt. Einen ganz anderen Eindruck bekommt
man aber, wenn man diesem großen Räuber in der Natur begegnet. Seine
außerordentliche Muskelkraft wendet er nur an, um harmlose Opfer aus
dem Hinterhalt zu überfallen. Durch Wucht des vorgeschnellten Körpers
und das gewaltige Gebiß, unterstützt durch den Schreck des plötzlichen
Ansprungs, macht er seine Beute wehrlos. Wird er aber vorher bemerkt,
so schleicht er feige davon. So zahlreich die Löwen auch in unserer
Kolonie noch sind, ist es doch vielen eingewanderten Weißen nicht
vergönnt, ihnen in freier Wildbahn zu begegnen. Es gibt Europäer, die
jahrzehntelang im Lande sind und von Löwen weiter nichts zu spüren
bekommen, als das nächtliche Gebrüll und die Nachrichten, daß da und
dort Menschen geraubt und Vieh den Löwen zum Opfer gefallen sei.

Auch mir ging es anfangs nicht besser. Drei Jahre war ich bereits in
Deutsch-Ostafrika, als ich meinen ersten Löwen sah. Es war auf einer
Pflanzung in Lindi (s. Abb. 1), wo ich als Gast weilte. Gegen zwölf Uhr
mittags wurde ich durch die Pflanzung geführt. Um von einer Stelle
einen guten Überblick über die Pflanzung zu haben, erstiegen wir einen
kleinen Hügel. Noch waren wir nicht ganz oben, da wurde uns doch etwas
beklommen zumute, als von der entgegengesetzten Seite her ein alter
Mähnenlöwe auf der Bildfläche erschien und auf dreißig Meter uns
gegenüberstand.

[Illustration: Abb. 1. Reliefkarte von Deutsch-Ostafrika.]

Erst sah der Löwe recht stattlich und achtunggebietend aus, wie er
steifbeinig mit erhobenem Haupt langsam auf uns zuschritt. Sobald er
uns aber wahrgenommen hatte, kroch er in sich zusammen, legte sich
nieder und ließ nur seine Schwanzquaste kreisen. Immer den Blick auf
uns gerichtet, kroch er rückwärts, ganz mit dem Gebaren einer beim
Wildern ertappten Hauskatze. Als er mit halbem Körper auf abschüssigem
Gelände angelangt war, warf er sich mit gewaltigem Satz herum und
ging in langen Fluchten[1] ab, bis er im hohen Grase für unser Auge
verschwunden war. Gewehre hatten wir nicht zur Hand, und mein Begleiter
versicherte mir, es wäre aussichtslos, die Waffen holen zu lassen und
nachzupirschen.

Diese Art, sich zu drücken, habe ich noch häufig bei Löwen angetroffen,
wenn ich unbewaffnet auf sie stieß. Auch Eingeborene versicherten mir
häufig, solange Löwen keine »Menschenfresser« wären, gingen sie den
Menschen aus dem Wege.

Nach einiger Zeit glückte es mir auch, meinen ersten Löwen zu schießen.
Eine Rotte Warzenschweine (+Phacochoerus africanus Lm.+), an
die ich mich anpirschte, wühlte harmlos nach Wurzeln. Unweit davon
weideten Zebras (+Equus quagga boehmi Mtsch.+). Plötzlich fingen
die Zebras an zu wiehern und marschierten in einer Richtung auf. Ich
glaubte mich schon gesehen, merkte aber, daß alle seitwärts an mir
vorbeisahen. Lange konnte ich nichts entdecken, bis ich einen Löwen
etwa 60 Meter neben mir sah, der offenbar die Warzenschweine beschlich.
Gutes Schußfeld hatte ich nicht, da mich niedriges Gestrüpp nur Teile
des Löwen sehen ließ. Der Eingeborene, der mich begleitete, riet mir,
nicht zu schießen, erst wenn der Löwe ein Warzenschwein geschlagen
hätte, wäre der richtige Augenblick dazu. Warzenschwein und Zebra wären
diejenigen Leckerbissen, die der Löwe nicht im Stiche ließe. Bald
hatte der Löwe den Rand der Lichtung erreicht. Die Zebras schnaubten,
und einige stampften einen Schritt näher kommend mit dem Hufe. Zehn
Meter vom Löwen auf die Richtung der Schweine zu lag ein entwurzelter
Baumstamm, dessen Äste bis auf das starke Stammstück beim letzten
Grasbrand verbrannt waren und sich nur durch weiße Aschestreifen
abhoben. Durch leichtes Traben überwand der Löwe, den ich jetzt als
Löwin erkannte, die Stelle bis zum Wurzelstock des liegenden Baumes, an
den er sich anpreßte und zu Boden duckte. Ich war jetzt neugierig, was
weiter geschehen würde.

Am Boden liegend, schob sich nun der Löwe dicht am Stamm entlang. Ich
sah durchs Glas, wie sich die einzelnen Muskelpartien spannten und
wieder in Ruhe übergingen. Als er in der Mitte des Stammes ankommt,
löst sich plötzlich mit vernehmbarem Geräusch ein großes Rindenstück
des Stammes. Alle Sauen werfen die Köpfe hoch, und ein alter Keiler und
eine Sau machten einige Schritte auf das Geräusch zu. Unbeweglich lag
die Löwin. Die Sauen fingen wieder an zu wühlen, nur der Keiler trug
noch den Kopf aufrecht und suchte durch Schnüffeln in der Luft Wind zu
nehmen. Verstohlen nahm ich eine Prise Staub auf und prüfte den Wind.
Die Löwin hatte alle Vorteile für sich. Beruhigt fing nun auch der
Keiler wieder an, seine Aufmerksamkeit der Äsung zu widmen, und schob
sich dabei zwischen den Sauen durch.

Die Löwin war jetzt am Ende des Stammes, und ich erwartete jeden
Augenblick den Sprung. Dreißig Meter war sie noch von ihren Opfern
getrennt. Jetzt zog sich die Vorderpartie auf die hintere krampfhaft
zurück, und pfeilschnell schoß der Löwe in drei bis vier Sätzen dicht
über der Erde auf die Schweine. Als er zwischen diesen war, sah das
Arbeiten der Vorderpranken genau so aus, als ob eine Katze einen Hund
ohrfeigt. Quiekend und grunzend stoben die Warzenschweine auseinander
und preschten auf mich zu. Zu gleicher Zeit polterten die Zebras davon.
Die Löwin glotzte ihnen dumm nach, sie war erfolglos gewesen. Spitz zu
mir stehend, ließ ich nun auf den Stich (die Vertiefung vorn an der
Brust zwischen den Schulterblättern) der Löwin fliegen. Ohne einen Laut
auszustoßen, brach sie zusammen. Die Schweine, die merkwürdigerweise
mit dem Wind liefen, standen nur 20 Meter seitlich von mir. Erst als
ich mich aufrichtete, trollten sie weiter. Auf einmal schienen sie Wind
von mir oder der Löwin zu haben, und in voller Flucht rasten sie davon,
ohne noch einmal zu verhoffen.[2]

Von der königlichen Seite haben sich mir aber die Löwen, wie schon
eingangs erwähnt, bis jetzt noch nicht gezeigt, obgleich ich im
Laufe von 14 Jahren bereits 16 Stück auf freier Wildbahn zur Strecke
gebracht und sehr viele gesehen habe. Wie leicht sie zu vertreiben
sind, ist aus folgender Begebenheit ersichtlich. Ich hielt mir
seit längerem eine Meute deutscher Doggen. Da ich der Erste im
Langenburger Bezirk war, der diese große Hunderasse einführte,
erregten meine Hunde bei den Eingeborenen naturgemäß großes Staunen,
das sich auch auf ihre Pariahunde ausdehnte, die, sobald meine Hunde
auftauchten, mit eingeklemmter Rute und krummem Buckel heulend oder
lautlos davonschlichen. Nun mögen wohl in der Übertreibung der Neger
meine Hunde noch gewachsen sein (mein größter hatte 86 +cm+
Schulterstandmaß), wenn sie anderen Dorfgenossen davon erzählten.

Eines Tages teilte mir ein durchaus glaubwürdiger Europäer mit, in
Mapunga sei eine alte Frau mehrmals von einem Löwen aus ihrer Hütte,
die offen stand, gezerrt worden. In der Annahme, es wäre einer meiner
sagenhaften Hunde, habe sie dem Löwen mit der Faust ins Gesicht
geschlagen, und dieser habe sie darauf losgelassen. Eben in der Hütte
angekommen, hätte der Löwe sie zum zweiten Male gepackt und nach
einigen Faustschlägen sie wieder losgelassen. Als der Löwe sie zum
dritten Male habe packen wollen, wäre auf ihre vorherigen Hilferufe ihr
Mann erschienen, habe einen Mörserstempel ergriffen und dem Löwen einen
Schlag versetzt. Dieser sei sofort flüchtig geworden und wäre nicht
wieder gekommen. Ich suchte nach einigen Wochen die alten Neger auf.
Die Frau hatte am linken Oberarm und der Schulter vernarbte Bißwunden,
und ihr Arm war skelettartig dünn geworden.

Derselbe Europäer erzählte mir auch, er habe am Tage gesehen, wie drei
alte, magere Kühe einen Löwen in die Flucht geschlagen hätten und mit
steil hochgerichtetem Wedel hinter dem Löwen hergaloppiert wären.

Ein Australier, der aus Südafrika kam und dem ich den Fall erzählte,
behauptete, einer seiner Freunde am Zambesi ließe sich immer, wenn
er einen Löwen angeschweißt, d. h. angeschossen hätte und die Folge
im hohen Grase für ihn zu gewagt sei, eine Herde Rinder kommen. Die
Rinder, auf der Schweißfährte entlang getrieben, verfolgten den Löwen
sofort und drückten ihn aus dem Grase heraus, ohne daß er daran dächte,
sich zur Wehr zu setzen.

Um es praktisch auszuprobieren, hatte ich keine Gelegenheit. Im
allgemeinen fällt der Löwe auf guten Schuß leichter als verschiedene
Antilopenarten, und in den wenigen Fällen, wo ich angeschweißte Löwen
wegen hohem, dichtem Gestrüpp nicht angehen konnte, waren weder
europäische noch eingeborene Viehbesitzer in erreichbarer Nähe, die mir
etwa ihre Rinder geliehen hätten.

Im August 1904 kam ich erstmals nach Irongo in Ussangu, der Residenz
des Sultans Kahemere. Die Hütten sind hier in sog. Tembenform gebaut,
d. h. Hütte ist von Hütte nur durch eine Zwischenwand getrennt. Die
Bedachung ist flach. Die Dachbalkenlage wird mit Schilf, Gras und einer
dicken Lehmauflage überdeckt und bietet vortrefflichen Schutz gegen
Sonne und Hitze. Starker Regen kann jedoch hindurchdringen, namentlich,
wenn der Regen nach einigen trockenen Tagen einsetzt, und der Lehmbelag
sich noch nicht voll Wasser gesogen hat.

Die ganze Dorfanlage weist die Form eines Vierecks auf, mit etwa
sechshundert Meter langen Seitenwänden. Durch zerfallene Hütten sind
überall Zwischenräume vorhanden. Sonst sind in der Anlage nur zwei
Eingänge vorgesehen, die abends mit Dornen verbarrikadiert werden. In
der Mitte des großen Platzes wohnt in einer besonderen Umzäunung der
Sultan mit einem Teil seines Harems. Kahemere besaß einige dreißig
Frauen. Morgens und abends hält sich das Vieh, vorwiegend Rinder, im
Tembenhofe auf, ehe es auf die Weide geht oder bevor es abends in die
Stallungen, die zugleich als Wohnraum dienen, gebracht wird.

Unter einem schattigen Baume dieses Hofes schlug ich mein Zelt auf. Ich
saß etwas sehr auf dem Präsentierteller, und jede meiner Hantierungen
wurde von zahlreichen Zuschauern männlichen und weiblichen Geschlechts
bekrittelt. Um meine Zelttüre ganz zu schließen, war es zu heiß.
Fortwährend mußte ich auf den Gruß von Ankommenden »adje, senga« mit
»adje« antworten. Da ich die Kissangusprache nicht verstand, fragte
ich später einen Missionar, was »adje, senga« eigentlich bedeute.
Er antwortete mir kurz »guten Tag, Rindvieh«. Allerdings spielt das
Rindvieh dort eine so große, fast geheiligte Rolle, daß das Prädikat
»Rindvieh« beim Gruß eine Ehrung bedeutete, auf die nur der Sultan und
seine Familienmitglieder Anwartschaft hatten.

Infolge des engen Zusammenwohnens in den Temben, wo jeder seinem
Nachbar in die Töpfe gucken konnte und eine etwas laute Unterhaltung,
nur für engsten Familienkreis bestimmt, bis in die dritte Hütte hörbar
war, stand die Moral dieser Neger nicht auf einer hohen Stufe.

Die Hitze ließ auch in der Nacht nicht nach, und als ich eine Weile
bei geschlossenen Zeltwänden gelegen hatte und in Schweiß gebadet
war, ließ ich die Wände öffnen, damit die Luft durchziehen konnte. In
der zweiten Nacht wurde ich geweckt durch fortwährendes Kläffen und
Herumjagen meiner Hunde ums Zelt, wobei dieses fortgesetzt erbebte,
da die Jagd über die Spannleinen ging, über die die Hunde stolperten.
Da die Hunde sonst guten Appell (Gehorsam) hatten und diesmal auf
Pfeifen nicht folgten, stand ich auf und machte Licht. Aus dem
Zelt heraustretend, sah ich noch einige Schatten in der Dunkelheit
verschwinden, hinter denen meine Hunde herjagten. Ich dachte mir,
es werden gefleckte Hyänen sein, und legte mich beruhigt nieder. An
das Herumjagen der Hyänen mit den Hunden war ich gewöhnt, den Hunden
geschah dabei nichts, denn es war mehr Spielerei von beiden Seiten.
Sättel, Stiefel und sonstiges Lederzeug, das Hyänen gern verschleppen,
war durch die Anwesenheit der Hunde gesichert, und ruhig schlief ich
bis zum Morgen. Als mir mein Boy den Kakao brachte, sagte er, es sind
heute nacht Löwen dagewesen. Richtig! um mein Zelt, das Küchenzelt,
und quer über den Tembenhof führten Löwenspuren. Deutlich waren solche
von alten und jungen Tieren zu unterscheiden. Brüllen hatte ich ja
Löwen an beiden Tagen gehört, aber es ist so etwas Alltägliches, daß
man keine Notiz davon nimmt. Ich sprach dann mit dem Sultan Kahemere
über die nächtliche Löwenanwesenheit. Mit Gleichmut erzählte er mir: Im
Dorfe Mapunga sind in den letzten zwei Monaten 13 Personen von Löwen
geholt worden. Die Leute sind dann auf die andere Seite des Flusses
verzogen und ließen ihr altes Dorf im Stich, weil es von einem bösen
Geist verzaubert wäre, der die Löwen gerufen hätte. Jetzt wären auch
hier allnächtliche Löweneinbrüche an der Tagesordnung. Eben habe er
Nachricht bekommen, daß heute nacht die Löwen, ehe sie in seine Tembe
kamen, unweit eine Kuh aus einer Hütte geholt hätten.

Sofort wollte ich mich bei den Überresten der Kuh ansetzen. Kahemere
meinte aber: es waren mehrere Löwen, von der Kuh ist nichts mehr da,
vielleicht haben auch Hyänen die Knochenreste verschleppt. Aussicht,
die Löwen zu beschießen, wäre aber auf dem Wege nach Utengule, wo sie
morgens immer vorbeikämen. Einer seiner Leute, der dort sein Gehöft
hätte, sähe sie immer.

Ich fragte den Sultan, ob es nicht möglich wäre, daß mir die Leute
nachts Nachricht gäben, wenn die Löwen einbrächen. Er versprach mir,
seinen Leuten zu befehlen, daß sie -- wegen der Löwengefahr -- zu dritt
bei einem Einbruch kämen und mich wecken sollten. Kahemere betonte
aber nochmals, daß ich am bequemsten auf dem Wege nach Utengule zum
Schuß käme, und bezeichnete mir die Stelle, die ich vom Zelt aus wählen
sollte.

In der folgenden Nacht schlief ich mit offenen Ohren. Gegen fünf Uhr
früh hörte ich Schreien von Eingeborenen. Ich warf mich in die Kleider
und war gerade fertig, als Kahemere, mit seinem Gewehr in der Hand,
selbst zu mir kommt und mich aufklärt, daß das Schreien der Leute, das
ich gehört hätte, die zweite Abwehr eines Einbruchsversuches der Löwen
gewesen wäre. Vorher hätten die Leute weiter hinten den Löwen durch
Schreien verjagt.

Schnell gingen wir an den Utenguleweg. Es war noch reichlich dunkel und
kaum möglich, Ziel zu nehmen. Kaum hockten wir hinter einem kleinen
Dornbusch, so kamen die Löwen an. Vornweg eine alte Löwin, dann
ein Mähnenlöwe, die anderen konnte ich in der Eile nicht erkennen.
Eingedenk der von Europäern und Eingeborenen erhaltenen Warnung, daß
stets die Löwin angriffe, wenn der Löwe beschossen würde, der Löwe
selbst aber feige sei, gab ich zwei Schüsse auf die vorderste Löwin
ab. Sie lag im Feuer (Abb. 2) und hätte wohl am ersten Schusse genug
gehabt, aber da ich auf nur dreißig Meter geschossen hatte, schien mir
ein Doppelschuß sicherer. Rasch drückte ich zwei Patronen ins Magazin,
um dieses wieder voll zu haben. Die Löwen verhofften einen Augenblick,
und gerade, als ich das Gewehr wieder anschlug, sprangen alle seitlich
ins hohe Gras und waren verschwunden, ehe ich schießen konnte. Neben
dem Mähnenlöwen sah ich noch eine alte Löwin und zwei junge, fast
ausgewachsene Löwen.

Obwohl ich nicht daran glaubte, daß die Löwen noch einmal wiederkommen
könnten, ließ ich mir am Tage Dornenäste bereitlegen und begab mich
um drei Uhr morgens wieder an den Utenguleweg, wo ich mich mit zwei
Boys in den Dornen einbauen ließ. Wenn es hell wurde, sollten meine
Leute wiederkommen und den Dornenkral öffnen. Wir warteten vergeblich
auf die Löwen. Es wurde hell, und schon hörten wir die Leute, die uns
aus unserer Umzäunung holen sollten, am Ausgange der Tembe sprechen.
Plötzlich verstummte das Gespräch. Ein Boy zupfte mich am Rocke, und
ich sehe die Löwin etwa fünfzehn Meter vor mir stehen. Die beiden
jungen Löwen liefen nach, und nach einer Lücke von hundert Metern
folgte der Mähnenlöwe. Die Löwin aufs Ziel nehmend, ließ ich aufs Blatt
fliegen; sie brach sofort zusammen. Rasch schlug ich nun auf den Löwen
an, er kam in langen Fluchten (Sprüngen) auf mich zu. Gut vorhaltend,
gab ich meinen Schuß ab. Der Löwe wirbelte im Kreise herum und biß sich
in die Keule, ein Zeichen, daß ihn die Kugel leider dort getroffen
hatte. Dadurch, daß ich mein Gewehr an einer anderen Seite durch die
Dornenwand schieben mußte, verlor ich einige Augenblicke, und der Löwe
war inzwischen seitlich im hohen Grase verschwunden. Eine ganze Zeit
mußte ich noch warten, ehe meine Leute kamen. Durch das Schießen war
ihnen angst geworden vor den vielleicht nur verletzten Löwen, und wir
mußten alle drei rufen und pfeifen, bis sie uns aus unserem Dornenkäfig
befreiten.

[Illustration: Abb. 2. Die Löwin lag im Feuer.
Besser phot.]

Zunächst besah ich mir die Löwin. Der aufs Blatt abgegebene Schuß war
ziemlich hoch in den Hals eingedrungen und hatte die Wirbelsäule
zertrümmert. Bei einem Haar wäre sie überschossen gewesen. Mein Schuß
war also ein glücklicher Zufall insofern, als er etwas links ging.
Nun dem Löwen nach. Ich ließ mir erst meine Hunde, die ich nachts
angekettet hatte, holen. Es war ein mühsames Suchen, um die Fährte
halten zu können. Fußabdrücke waren in dem harten Boden nicht zu sehen,
und das Gras war von weidenden Kühen in allen Richtungen mit Gängen
versehen, so daß wir uns nur nach den spärlichen Schweißspritzern
richten konnten. Gegen acht Uhr mußten wir die Folge aufgeben. Auch die
Hunde konnten die Fährte nicht halten.

Im Mai 1909 reiste ich von Kilossa über Iringa nach Langenburg. Am
großen Ruaha angekommen, machte ich nach Iringa den ersten Rasttag.
Gern hätte ich ein großes Kudu (+Strepsiceros strepsiceros Pall.+)
und ein kleines (+St. imberbis Blyth+) zur Strecke gebracht. Von
dieser Wildart hatte ich im Oktober 1908 mein erstes und einziges
erlegt und große Kudus bisher immer vergeblich gepirscht. Um den
Rasttag der Träger gut auszunützen -- auch Fleisch war uns sehr
vonnöten --, brach ich am Morgen vor Tagesanbruch auf. Nicht ein Stück
Wild kam mir zu Gesicht, nachdem es heller geworden war. Da sehe ich
plötzlich in hundertfünfzig Meter Entfernung eine Löwin mit Jungem
auf mich zulaufen. Sie eräugt mich und ändert ihre Richtung. Schnell
springe ich etwa fünfzig Meter nach links vor, und sie geht an mir
auf hundert Meter vorüber. Einen Augenblick den Atem anhaltend, da
meine Lungen ausgepumpt waren und sich die Bewegungen dem Oberkörper
mitteilten, ließ ich fliegen. Auf dem Rücken liegend, schlug die
Löwin etwas mit den Pranken und miaute ganz leise. Das junge Tier
verkroch sich im Gras. Gleich nach meinem Schuß nahm ich schleunigst
Rückendeckung, denn mindestens sechs bis acht Löwen und auch einige
Leoparden antworteten auf meinen Schuß durch tiefes Rohren und Gebrüll
in nächster Nähe. Meine farbigen Begleiter waren alle auf Bäume
geklettert. Es kam aber nichts weiter zum Vorschein. Ein Fangschuß
ins Rückgrat der nun auf der Seite liegenden Löwin ließ diese sich
strecken. Diesmal setzte das Gebrüll nur vereinzelt und entfernt
ein. Nach dem Zelte schickend, um Leute zur Abholung der Löwin zu
bekommen, setzte ich dann meine Pirsch fort, traf aber kein Stück Wild,
geschweige denn Kudus an. Anscheinend hatten die zahlreichen Löwen das
Wild für heute vergrämt (verscheucht), und ich mich gerade in der
Richtung bewegt, in der die Löwen nachts gejagt hatten. Die Einwohner
des kleinen Dörfchens Njukwa empfingen mich bei meiner Rückkehr mit
Freudengeheul, da sie unter den Löwen viel zu leiden hatten. Es waren
in letzter Zeit Menschen und auch Vieh von den Löwen geholt worden.

In der Nacht hatten wir noch ein kleines Nachspiel. Um Mitternacht
wurden wir durch angstvolles Geschrei unserer Träger geweckt. Es
ist keine Kleinigkeit, wenn fünfundachtzig Menschen in Todesangst
losheulen; wir fuhren erschreckt aus den Betten hoch. Unser Zelt
wurde halb eingerissen, Lasten, unser Tisch mit Eßgeräten und der
Lampe polterten zu Boden, und dazwischen brüllten Löwen. Ich hörte
lautes Atmen im Zelt und glaubte für einen Augenblick, der Löwe
stünde zwischen unseren Betten. Mit der Hand nach dem Gewehr tastend,
erwischte ich die nackte Kehrseite eines Menschen, und ein angstvolles
»Ich, Herr« belehrte mich über meinen Irrtum. Einige Träger waren
splitternackt unterm Zelte durchkriechend eingedrungen. Als ich mit
einigen energischen Worten die Ruhe hergestellt hatte, klärte sich
die Lage dahin auf, daß wohl ein Träger wach geworden war und einen
Löwen gesehen hatte. Als er seinen Kameraden weckte, verstand dieser
die Sache falsch und glaubte, der Löwe habe ihn schon. In seiner Angst
fing er an zu brüllen. Alle anderen fuhren aus dem Schlafe hoch und
brüllten mit, um dann nach den Zelten zu stürzen und beim Europäer
Schutz zu suchen. Die Leute waren vom Stamme der Wanjamwesi, deren
hervortretende Eigenschaft nicht der Mut ist. Ich lagerte sie im
hellen Mondschein um große Feuer und verbot ihnen, falls der Löwe
wirklich käme, durcheinander zu laufen und zu schreien. Einmal sah
ich einen Löwen durchs Gebüsch schleichen; da sie aber zu mehreren
waren und ich immer nur Teile des Körpers sah, schoß ich nicht. Mein
Reittiersoldat meldete mir immer: Jetzt kommen zwei Löwen den Weg aufs
Lager zu, jetzt schwimmt einer durch den Ruaha usf. Immer kam ich zu
spät, um schießen zu können, geschlafen haben wir aber bis zum Morgen
nicht mehr. Ununterbrochen brüllten Löwen in nächster Nähe, so daß ich
mindestens sechs bis acht Löwen vermutete. Der Nervendruck, der sich
unser bemächtigte, löste sich erst bei Anbruch des Tages, wo auch die
Löwen verstummten.

Auf dem Weg vom Lager ins Dorf fand ich reichlich Löwenfährten, und als
unsere Karawane etwas im Marsch war, kamen wir an ein paar einsamen
Hütten vorüber, an deren einer ein mächtiges, noch blutendes Kudugehörn
lehnte. Die Bewohner der Hütte erzählten, sechs Löwen hätten in Sicht
der Hütte heute nacht das Kudu verzehrt.

Im Dezember 1910 reiste ich wieder einmal am Rikwasee entlang. Ich
befand mich auf dem Heimwege nach Langenburg und hatte vier geangelte
Marabus (+Leptoptilus crumeniferus Less.+, siehe Abb. 3), junge
Wildkatzen (+Felis ocreata Gm.+), eine Python-Riesenschlange und
noch verschiedene andere Tiere zur Bereicherung meines Tierparkes bei
mir. Die Tierkarawane bildete die Spitze, da die Käfige mit Inhalt
leichter waren als die übrigen Lasten.

[Illustration: Abb. 3. Marabu.]

Meine Träger mußten etwa eine Stunde zurück sein, und wir beschlossen,
auf die Karawane zu warten. Der Weg war scheußlich. Infolge der
Regenzeit war der See ausgetreten, und das Wasser lief bei jedem
Schritt von oben in die Stiefel. Ab und zu trat man auch bis an die
Hüften ein, wenn ein unsichtbarer Graben den Weg kreuzte. Auf einer
vom Wasser nicht bespülten Stelle machten wir Halt. Nachdem ich die
Marabus gefüttert und jungen Servals (+Felis serval Schreb.+, s.
Abb. 4) Milch gegeben hatte, frühstückte ich. In der Ferne standen
drei Leier-Antilopen (+Damaliscus jimela Mtsch.+, +Bubalus
jacksoni Thos.+) [Jacksons Hartebeest]. Meine Leute meinten, die
Karawane hätte nur noch wenig Fleisch, ich möchte doch eins schießen.
Da ich gar keine Lust hatte, durchs Wasser und den Schlamm mich an
die Leier-Antilopen in offener Steppe anzupirschen, fragte ich meinen
Fährtensucher Fardjallah, ob er nicht Lust hätte. Einen Jagdschein
hatte er, und das Pulver versprach ich ihm zu ersetzen. Es dauerte
dann eine Viertelstunde, bis ich den Dampf aus seinem Vorderlader und
zugleich die Antilopen unverletzt flüchten sah.

[Illustration: Abb. 4. Serval.]

Um ein Bedürfnis zu verrichten, ging ich dann etwa hundert Schritt
abseits von meinen Leuten, da dort einige Grasbüschel zur Deckung
standen. Mit einem Schlage verstummte das lebhafte Schwatzen meiner
Leute. Als ich aufsehe, kommen zwei Löwen im Trabe direkt auf mich
zu. In Eile befestigte ich meine Kleider, und mein Boy Amri springt
mir mit dem Gewehr entgegen. Zwanzig Meter von mir entfernt stutzen
die Löwen. Es sind ein alter Mähnenlöwe und eine Löwin, beide im
allerbesten Futterzustande. Die Mähne des Löwen war fast schwarz,
und ebenso befanden sich an den Gelenken der Vorderpranken dichte,
lange, tiefdunkle Haarbüschel. Die Löwen hatten wohl den auf mich
zueilenden Boy gesehen und schlugen nun einen Haken, um in gewaltigen
Fluchten davonzusetzen. Als ich das Gewehr bekam, waren sie schon
im hohen Grase. Ich sah nur noch bei jedem Sprung den Rücken und
dann Wassergarben über das Gras spritzen, wenn sie den Boden wieder
erreichten. Erst nach etwa vierhundert Metern durchquerten sie ein
Gelände mit niedrigem Gras und verhofften einen Augenblick. Es war
mir zu weit zum Schuß. In Trab fallend, erreichten die Löwen den Wald
und entzogen sich meinen Blicken. Merkwürdig war noch, daß die Löwen
an einer Zebraherde vorbeikamen und diese gar keine Notiz von ihnen
nahm, als sie zwischen ihnen hindurchgingen. Die Zebras scheinen
besondere Anzeichen dafür zu haben, ob ein Löwe auf dem Raubzug ist
oder sattgefressen seines Weges zieht. Als nach einer halben Stunde
Fardjallah zurückkam, hatte er von den Löwen nichts gesehen. Meine
Leute behaupteten, nach Fardjallahs Schuß seien die Löwen aus einem
Grasgebüsch, das Fardjallah schon durchschritten hatte, aufgesprungen.
Sie hätten wahrscheinlich dort geschlafen und seien durch den Schuß
geweckt worden.

Sehr viele Löwen sah und hörte ich auch im Kissakidistrikt, wo ich
mich von 1912 bis 1914 aufhielt. Hier gab es jedoch kein Vieh, dem die
Löwen gefährlich werden konnten, und Menschenfresser hatten sich nicht
gezeigt. Es ist eine ganz besondere Art von Löwen, die wir in Afrika
als »Menschenfresser« bezeichnen. Vorwiegend sind es alte Löwen, die
kein Wild mehr erjagen können und dann bei irgend einer Gelegenheit an
den Menschen geraten sind. Es gibt aber auch jüngere Tiere darunter.
Haben Löwen einmal gesehen, welch leichte Mühe sie mit den Menschen
haben, so halten sie sich an diese Nahrung und werden dann zur
Landplage. Ich erinnere mich, daß in »Kambi uleya«, dem ersten Lager
hinter Kilossa auf Iringa zu, fortgesetzt Leute geholt wurden. Viermal
kam ich durch diesen Ort, und jedesmal waren wieder Träger gefressen
worden. Die Karawanenträger, die zwischen Iringa und Kilossa liefen,
schlafen meist auf den Veranden der Dorfbewohner, so daß die Löwen
leichte Mühe haben. Trotzdem hatte ich jedesmal Not mit meinen Leuten,
wenn ich ihnen befahl, sich ein Dornenverhau herzustellen. Es rechnete
jeder damit, daß er nicht der Gefressene sein würde, und sie hätten
sich lieber der Möglichkeit eines Löwenangriffs ausgesetzt, als daß sie
freiwillig zehn Minuten arbeiteten, um jeder drei bis vier Dornenäste
abzuhauen, heranzuschleifen und zur gemeinsamen Sicherheit um das Lager
zu legen.

Ich sagte vorher, daß in Kissaki die Löwen keine üblen Neigungen
zeigten. Aus diesem Grunde empfahl ich den Eingeborenen, die Löwen
zu schonen, und ging selbst mit gutem Beispiel voran, indem ich trotz
guter sich bietender Gelegenheiten die Löwen unbeschossen ließ. Es
gab nämlich ungeheuer viel Wildschweine, die die Kulturflächen schwer
schädigten. Durch die zahlreichen Löwen wurden sie einigermaßen in
Schach gehalten und von den Feldern verjagt. Die Löwen gaben sich der
Schweinejagd so ohne Störung hin, daß sie durch die Dörfer liefen und
häufig Leuten, die zur Arbeit gingen oder von der Arbeit zurückkehrten,
begegneten, ohne daß übermäßige Scheu auf beiden Seiten hervorgerufen
worden wäre.

Eine Angewohnheit der Löwen muß ich noch hervorheben. Sie schleppen
häufig ihre Beute fort, ohne sie vorher zu töten. Sobald sich die
Beute nicht zur Wehr setzt, fängt der Löwe an einem sicheren Platze
an zu fressen. Mir war schon ein Fall von Tanganjika bekannt, wo ein
Pater vom Orden der »Weißen Väter« von Löwen geholt wurde und eine
Viertelstunde lang um Hilfe schrie, während der Löwe schon an ihm fraß.
Ich entrüstete mich damals, als ich hörte, daß ihn keiner der anderen
Brüder befreit hatte, kam aber später selbst in eine Lage, wo das
Hilfebringen unmöglich war. -- Ein Eingeborener war in einem Dorfe in
Ussangu, in dem ich gerade lagerte, im Beisein seiner Angehörigen durch
einen Löwen vom Feuer weggeholt worden. Sein Schreien klang schauerlich
durch die Nacht. Meine Kerzenlaterne gab solch jämmerliches Licht, daß
man nur im nächsten Umkreis sah. Schleunigst ließ ich die Dorfbewohner
mit brennenden Holzscheiten und Grasfackeln antreten. Deutlich zeigte
die Schleifspur im hohen, regennassen Gras den Weg des Löwen. Der
fortgeschleppte Mann schrie unaufhörlich. Ich ging vornweg, dann folgte
mein Boy, damals noch ein halbes Kind, mit der Laterne, und dann kamen
die Leute mit den Feuerbränden.

Als ich schon den Mann, der fortgetragen worden war, in schwachen
Umrissen liegen sah, brach der Löwe fauchend auf uns los. Sofort liefen
die Leute mit den Grasbränden davon, und ich las mir meine Laterne vom
Boden auf, gerade noch, ehe sie verlöschte. Rückwärts schreitend zog
ich mich aus dem Gras zurück, denn helfen konnte ich allein nicht, da
es stockfinster war und ich nicht weiter als zwei Meter mit meiner
schlechten Laterne sehen konnte. Ich holte die Leute wieder heran
und machte ihnen klar, daß, wenn alle mitkämen, der Löwe sich sicher
zurückziehen würde. Außerdem könnte ich schießen, wenn ich über den
Rücken her Licht bekäme. Der geschlagene Mann wimmerte und stieß ab
und zu laute Schreie aus. Kaum war ich wieder in seiner Nähe, rohrte
der Löwe auf, und ich stand wieder allein. Als auch der dritte Versuch
scheiterte, mußte ich's aufgeben, den Mann zu retten, auch gab der Mann
keinen Laut mehr von sich. Am nächsten Morgen fanden wir den Leichnam
unversehrt bis auf abgerissenes Fleisch an Waden und Oberschenkel.
Keine einzige Verletzung war am übrigen Körper zu entdecken, so daß der
Löwe ihn lebend angefressen hatte.

Es ist dies eigentümlich für den Löwen im Gegensatz zu dem Leoparden,
der, wenn er in einen Stall eingedrungen ist, so lange herumbeißt und
Prankenschläge austeilt, bis sich nichts mehr rührt.


               =Leoparden= (+Felis pardus nimr H. E.+).

Viel seltener als den Löwen bekommt man den Leoparden (Abb. 5) in
freier Wildbahn zu Gesicht. Mir war es sehr selten vergönnt, einem zu
begegnen, und wenn es geschah, so war die Begegnung so flüchtig, daß
ich meist nicht zum Schuß kam. Im Hochgebirge traf ich am Tage einige
Male auf Leoparden. Sie waren aber so rasch im Gebüsch verschwunden,
daß ich kaum die Gestalt ordentlich mit dem Auge erfassen konnte.

Einmal, als ich nur mit dem Stock in der Hand meiner Karawane
vorauslief -- es war in Unyika am Mloboflusse -- sah ich erst ein Paar
Wildenten im Wasser und dann auf einem überhängenden Stamme am anderen
Ufer einen Leoparden liegen, der die Wildenten scharf beobachtete. Es
war gegen ein Uhr nachmittags. Wahrgenommen hatte mich der Leopard,
denn ich bemerkte deutlich, wie die Spitze seines Schwanzes zitterte,
sonst lag er bewegungslos. Ganz langsam drehte ich mich halb zurück,
den Leoparden nicht aus dem Auge lassend, um meinen Boy, wenn er
sichtbar werden sollte, gleich zuwinken zu können, daß er mir das
Gewehr vorsichtig bringe. Einige Zeit hatte ich so gestanden. Gegen die
Enten war ich gedeckt, und der Leopard blieb auf seinem Platze. Da sehe
ich meinen Boy stehen. Er hat mich bemerkt und beobachtet, daß irgend
etwas los war. Vorsichtig kommt er näher. Als er fast bei mir ist,
macht der Leopard einen gewaltigen Satz über den Fluß weg an das Ufer,
wo ich stand, landete im hohen Grase und war verschwunden.

Ab und zu traf ich Leoparden im Gras, wenn ich auf anderes Wild
pirschte. Ein scharfes Krallen an der Rinde eines Baumes ließ mich
aufsehen, und der Leopard hockte am Stamm etwa wie eine Hauskatze, die
im ersten Sprung vor Hunden flüchtet. Schneller als es sich beschreiben
läßt, war der Leopard wieder im Gras verschwunden. Manchmal fand ich
dann unter solchem Baum ein gerissenes Schwein, oft war der Leopard
wohl noch selbst auf der Jagd und wollte nur Ausblick haben.

Einen wunderschönen Anblick hatte ich in der Nähe der Ortschaft Mbuiga
(Mgunda) zwischen Kissaki und Kidoti. Ich pirschte in einer dicht
mit Schilf bewachsenen Niederung auf Büffel. Als ich die Niederung
umschreite, um am Rande zu lesen, ob Büffel in das Schilf eingewechselt
wären, höre ich plötzlich links von mir einen lauten Ton. Es konnte
ein wilder Hund, ein Buschbock gewesen sein, möglicherweise auch
ein Elefant, genau ließ sich der Ton nicht einer bestimmten Tierart
zuschreiben. Mein Begleiter und ich stehen still. Einen Mann lasse
ich auf einen Baum klettern, um zu sehen, ob etwa Elefanten im Schilf
wären, da ich auf diese am ehesten schloß. Nichts konnte der Mann
sehen. Plötzlich sagt einer meiner Begleiter: »Ein Leopard!« Ich sah
mich um und brachte die Sache gar nicht mit dem vorher gehörten Ton
in Zusammenhang. Da zeigen alle Leute auf einen etwa dreißig Meter
über das Schilf herausragenden Baum, der zurzeit blattlos war, und nun
entdeckte ich auch den Leoparden auf der äußersten Spitze eines Astes,
in den dürrsten Zweigen zur Kugel geballt, liegen. Er war von mir etwa
hundert Meter entfernt. Schießen wollte ich auf keinen Fall, da Büffel
das begehrte Ziel waren. Trotz der nicht sehr großen Entfernung und
trotzdem der Leopard so ganz frei sichtbar auf dem kahlen Baum saß,
hätte ihm wohl kaum einer von uns Beachtung geschenkt. Er sah so der
Umgebung angepaßt aus, daß man bei oberflächlichem Sehen weit mehr auf
einen Raubvogelhorst im dünnen Gezweig geschlossen hätte.

Rasch hatte ich mein Glas zur Hand. Der Leopard mußte unsere
Beobachtung bemerkt haben. Er richtete sich auf, lief vorsichtig
über das schwankende Gezweig, dann schnürte[3] er auf einem dickeren
Ast bis zur ersten Gabelung des Baumes, machte noch einige schnelle
Schritte den Stamm hinunter und war dann mit mächtigem Satze im Schilf
verschwunden.

[Illustration: Abb. 5. Leopard.]

Wenn man sich in einer Gegend befindet, wo es Hundsaffen, Meerkatzen
und braunrückige Paviane gibt, und diese sind in Deutsch-Ostafrika fast
überall, wo Wald und Wasser zu finden ist, so wird der Leopard fast
immer von den Affen gemeldet. Er ist ihr schlimmster Feind, und sie
folgen seinem Weg auf dem Boden oben im Gezweig unter fortwährendem
lautem Geschrei. Durch Affen aufmerksam gemacht, schoß ich meinen
ersten Leoparden. Der ganze Wald hallte von dem Geschrei der Affen
-- es waren Hundsaffen (+Cynocephalus (Papio) langheldi Mtsch. (?)
oder Papio cynocephalus L. (?) C. ibeanus Thos.+) --, die in einer
Richtung weiterzogen. Ich schritt zu den Affen parallel vorwärts,
bis ich an eine Stelle kam, wo es kein Unterholz und infolge dichten
Blätterdachs nur spärlichen Graswuchs gab. Eine ganze Zeit stand ich
hier unter einem Baum in Deckung, ohne etwas zu sehen. Plötzlich stand
der Leopard mitten auf der kahlen Stelle. Er äugte zu mir herüber, nahm
mich aber nicht wahr. Als er seinen Kopf in entgegengesetzter Richtung
bewegte, strich ich am Stamme an und kam aufs Blatt ab. Ein fauchendes
Miauen, dann ein plötzliches Wenden, und er war dort verschwunden,
wo er hergekommen war. Hunde hatte ich nicht bei mir. Ich nahm zwar
an, daß ich gut getroffen hatte, wollte aber lieber noch einige Zeit
warten, ehe ich ihm nachging. Meine farbigen Begleiter wollten mich
ganz davon abhalten, weil ein kranker Leopard »furchtbar böse« sei.

Die Affen tobten inzwischen auf derselben Stelle weiter, der Leopard
mußte also noch dort stehen, wo er eingewechselt war. Um ihm Zeit zu
geben, drehte ich mir eine Zigarette, die ich bis zu Ende rauchte. Nun
ging ich Schritt für Schritt, die Umgebung abspähend, weiter, zunächst
zum Anschuß. Ich fand vereinzelte Schnitthaare und dann große Spritzer
Schweiß. Zwei Meter davon entfernt fand ich einen ganzen Klumpen
Haare, an dem noch Haut festsaß, also der Ausschuß. Nun war mir nicht
mehr bange. Zwei Schritt brauchte ich nur ins Gebüsch einzutreten, da
schimmerte es mir schwarz-weiß entgegen. Der Leopard lag auf dem Rücken
und war schon verendet, wie die verglasten Lichter (Augen) zeigten.
Obwohl ich gern den ganzen Leoparden mitgenommen hätte, um ihn zu
photographieren, war es doch im Hinblick auf meine beiden nicht sehr
kräftigen Begleiter besser, ich schlug ihn an Ort und Stelle aus der
Decke und nahm nur diese und den Schädel mit. Es war ein prächtiger
alter Kater und der Fang (das Gebiß des Raubzeugs und der Hunde) ganz
vollständig. Groß war meine Freude, und mit Sorgfalt weichte ich zu
Hause die Decke persönlich in gesättigte Salz- und Alaunlösung ein,
knetete sie eine halbe Stunde lang durch und hing sie zum Trocknen auf.

Später, als ich eine große Hundemeute hatte, wurde es mir leichter,
Leoparden zu erlegen. Mit meinen Hunden hatte ich insofern Glück
gehabt, als die Stammeltern, zwei blutsfremde deutsche Doggen, sehr
schneidige Tiere waren. Der Nachwuchs lernte es ohne mein Zutun, mit
System, d. h. mit gegenseitiger Unterstützung, zu hetzen und wehrhaftes
Raubwild zu stellen.

Wurde mir aus einem Dorfe gemeldet, daß die Leoparden dreist würden und
Hunde und Ziegen holten, so brach ich, wenn ich Zeit hatte oder es sich
sonst mit meinen Obliegenheiten vereinigen ließ, mit meinen Hunden auf
und bezog in dem Dorf Lager.

Nachts verbellten dann meine Hunde den Leoparden. Meine Träger kannten
den Rummel schon. Rasch hatte jeder ein paar ordentliche Hände voll
trocknes Gras aus den Dächern der Hütten gezogen und sie als Fackeln
angebrannt. Kamen wir zu den Hunden, so hatten diese den Leoparden zum
Aufbäumen gezwungen, und ich schoß, indem ich einen Mann mit seiner
Fackel hinter mich treten ließ. Nach dem Schuß stand ich zwar stets
im Finstern, denn die Fackelträger waren ausgerückt. Es schadete aber
nichts, denn wenn der Leopard nicht tödlich getroffen war, was bei der
nächtlichen Schießerei häufig vorkam, so beschäftigten sich sofort
die Hunde mit ihm und hatten ihn, falls er noch konnte, sofort wieder
auf einen Baum getrieben. Selten verlor ich dabei einen Hund. Größere
Wunden durch Prankenschläge nähte ich, worauf rasch Heilung eintrat.
Übler waren kleinere Wunden, wo die Krallen eingeschlagen worden waren
und nur ein kleines Stückchen Fleisch heraushing. Diese Wunden heilten
äußerlich rasch zu, innen bildete sich aber meist ein langwieriger
Eiterprozeß und Zellgewebsentzündung.

Ganz übel benehmen sich Leoparden, wenn es ihnen gelingt, in einen
Ziegenstall oder Kral einzubrechen. Solange noch eine Ziege am Leben
ist, wird gemordet. Es kommt vor, daß ein Leopard 30-50 Ziegen
tötet und keine davon frißt. Die Dreistigkeit der Leoparden ist
außerordentlich groß. Ziegen werden am Tage vor den Augen der Hirten,
Hunde vor den Türen weggefangen. Dabei läßt der Leopard seinen Raub
nicht oder nur sehr schwer im Stich, wenn er auch sofort angegriffen
wird. Als Beispiel der Dreistigkeit erwähne ich folgendes kleine
Erlebnis.

Auf dem Tanganjikaplateau hatte ich einen Europäer getroffen. Da wir
gut bekannt waren, stellten wir unsere Zelte zusammen und brachten in
dem einen die Betten unter, während uns das zweite als Eßzimmer diente.
Vor dem Abendbrot saßen wir beide auf einem Bett, und mein Bekannter
spielte Ziehharmonika. Plötzlich gab es während des Spiels lautes
Geheul von meines Bekannten Foxterrier, der unter dem Bett geschlafen
hatte. Das Bett wurde unter uns hochgehoben, und ehe wir zur Besinnung
kamen, sprang ein Leopard mit dem Terrier zum Zelt hinaus. Draußen war
es dunkel, und wir konnten nichts gegen den Leoparden tun. Der Hund war
sowieso verloren.

Am nächsten Morgen brachten Eingeborene den angefressenen Hund und
behaupteten, der Leopard säße unweit unseres Lagers in einem Gebüsch
dürren Grases, das beim letzten Steppenbrand noch zu grün gewesen wäre
und deshalb stehen geblieben sei.

Wir besahen uns die Lage. Der Grasfleck war nur etwa drei Hektar groß,
aber brennen wollte das Gras von 1,20 Meter Höhe auch heute noch
nicht. Es blieb also nur die Möglichkeit eines Durchtriebes. Was wir
an Eingeborenen auftreiben konnten, machten wir als Treiber mobil.
Zwischen je 10 Mann stellten wir einen Soldaten. Schießen wollten nur
wir Europäer, damit kein Unglück geschah. Ich stand auf jener Seite, wo
wir vermuteten, daß der Leopard herauskäme, mein Bekannter ging mit den
Treibern. Nachdem mehr als die Hälfte des Grases durchgetrieben war,
schoß mein Bekannter zum ersten Male, wie er mir zurief, »daneben«.
Gleich darauf sprang der Leopard einen Soldaten an, und zwar so, daß
er seine Hinterpranken dem Mann in die Oberschenkel schlug und mit
den Vorderpranken Lappen in die Kopfhaut riß. Der Mann fiel natürlich
hintenüber, aber ehe er lag, war der Leopard schon wieder zurück
ins Gras gesprungen. Dieses Manöver wiederholte der Leopard mehrere
Male und stets so unverhofft und blitzschnell, daß die mit Stöcken
zuspringenden anderen Treiber nicht dazukamen, einen Schlag zu führen.
Wir hatten insgesamt sieben Verwundete mit mehr oder minder schweren
Verletzungen.

Nur ein ganz schmaler Grasstreifen deckte den Leoparden noch, und
ich hoffte, daß er jeden Augenblick flüchten und mir Gelegenheit zum
Schusse geben würde. Statt dessen versuchte er immer wieder, die
Treiberlinie zu durchbrechen. Jetzt schoß Herr H. zum zweiten Male, und
das gleich darauf einsetzende Freudengeheul der Treiber verkündete mir,
daß der Schuß tödlich war. Der Leopard hatte die Kugel spitz von vorn
erhalten, und sie war durch den ganzen Körper gegangen mit dem Ausschuß
neben dem Weidloch (After).

Bei genauerer Betrachtung des toten Leoparden wurde uns auch klar,
warum er bei seinem Anspringen der Treiber niemals den Fang gebrauchte.
H.s erster Schuß hatte ihm beide Kaumuskeln und die Pfannen der
Unterkiefer durchschlagen. Lange haben übrigens unsere Verletzten an
ihren Wunden nicht laboriert, sie hatten ausnahmsweise gesundes Blut,
was man von den wenigsten Negern behaupten kann.

In eine recht mißliche Lage brachte mich ein Leopard im August 1908
in Ilongo in Ussangu. Zur Reparatur einer Baumwollspinnerei wohnte
ein ehemaliger Fremdenlegionär B. bei mir, der früher Techniker war.
Als wir nachts die Löwen brüllen hörten, erzählte er mir, er hätte im
Atlas schon Löwen geschossen, und fragte dann, ob ich ihm nicht zu
einem Löwen verhelfen könnte, er möchte gern ein Fell als Waffenschmuck
haben. Ich stand kurz vor einer Europareise, um mich von einem
Gelenkrheumatismus zu erholen, den ich mir im letzten Negeraufstand
zugezogen hatte. Vier Monate hatte ich festgelegen, und seit zwei
Monaten konnte ich wieder langsam gehen, war also mehr als klapprig, so
daß ich eine Suche auf Löwen nicht wagen konnte.

Um B. aber eine Freude zu machen, da er mir die Maschinen rasch und gut
in Ordnung brachte und auch ein sächsischer Landsmann von mir war, ließ
ich einen Selbstschuß herstellen.

Nach dem Rezept meines Freundes L., eines Schweden, der schon mit
Livingstone Afrika durchquert hatte und damals als Zivilkommissionär
in Rhodesia amtierte, baute ich eine Schußfalle, die fast nie versagt
und in die das Raubwild -- und wäre es noch so schlau -- leicht
hineintappt. L.s System bestand in einem auf zwei eingegrabenen
Astgabeln wagrecht gebundenen Gewehr in Blatthöhe über der Erde. Ein
dünner, aber fester Bindfaden wird am Abzug befestigt, durch die untere
Gewehrriemenöse gezogen, am Gewehr entlang geführt und dann quer über
den Weg gespannt, den das Raubwild mutmaßlich durchquert. Man darf den
Faden nicht zu fest spannen, da der nächtliche Tau ein Nachspannen
besorgt. Mit der Hand drückt man dann den Faden in der Richtung des
mutmaßlich vorbeikommenden Tieres. Wird das Gewehr ausgelöst, wenn
man den Faden etwa 40 Zentimeter aus seiner Ruhe drückt, so ist die
Aufstellung richtig, und man kann die Patrone einschieben.

Über den Weg führen wollte ich den Selbstschuß nicht. Ich benützte für
solche Fälle immer ein ausrangiertes Gewehr Mod. 71, und ein solches
Geschoß können des Weges kommende Negerbeine nicht gut vertragen. Ein
eingeschlagener Pfahl, an den ich ein zwei Monate altes Kalb band, war
das Zentrum eines dreiviertel geschlossenen Kreises aus Dornenästen.
Quer über die Öffnung war dann das Gewehr gerichtet und der Fadenabzug
gespannt. Um das Kalb noch besser zu schützen, ließ ich noch eine
Reihe Pfähle mit handbreitem Abstand quer durch den Dornenkreis
rammen, so daß der Löwe das Kalb bequem vom Eingang her sehen konnte.
Damit er gezwungen war, den Eingang gehend und nicht springend zu
durchschreiten, hing ich einige kleine Dornenäste an einer Stange in
1,20 Meter Höhe über den Eingang.

Der Löwe mußte dann den eigentlich nie beachteten Faden mit der Brust
abziehen; nahm er ihn doch wahr und versuchte, darunter wegzukriechen,
so spannte der daruntergezwängte Rücken den Faden bis zur Lösung des
Schusses. Die Hauptsache war, daß das Gewehr richtig eingestellt wurde;
dann mußte der Löwe mit Blattschuß liegen. Es geschah nie, daß Löwe
oder Leopard bei dieser Art Selbstschuß weiter als zehn Schritt von
der Falle verendet lagen. Nur zweimal gerieten mir Servale hinein, die
infolge geringerer Körpergröße den Schuß auslösten, ohne getroffen zu
werden. Die Hauptsache ist, daß man bei längerem Aufstellen täglich
ein anderes Kalb nimmt, das die ganze Nacht infolge der ungewohnten
Umgebung nach der Mutter blökt und dadurch die Aufmerksamkeit des
Raubwildes auf sich lenkt. Ein zum zweiten Male benütztes Kalb ist die
Sache gewöhnt und rührt sich nicht. Vorteilhaft ist es auch, die Falle
in Hörweite des Dorfes aufzustellen, in dem die Kuh im Stall steht. Es
entwickelt sich dann zwischen Kalb und Kuh ein fortwährendes Blöken,
das das Raubwild leicht anlockt.

Nach Einbruch der Dunkelheit erwarteten wir ständig den Selbstschuß
zu hören, denn die Löwen brüllten ganz in der Nähe. Wir hatten uns
verrechnet, auch die Nacht hindurch fiel der Schuß nicht. In solchem
Falle hätten wir gleich hingemußt, da sonst ein zweiter Löwe an das
Kalb gekonnt hätte. Am nächsten Morgen, als ich gerade fortgehen
wollte, das Gewehr zu entladen, und nur noch auf den Eigentümer des
Kalbes wartete, damit es losgebunden wurde und wieder zur Mutter kam,
fiel der Schuß. Ein wildes Aufrohren sagte mir, daß ein Löwe getroffen
war.

B., ich und zwei Neger machten uns auf den Weg. Als wir unterwegs
waren, bemerkte ich, daß sich meine beste und schönste Hündin Lady
mitsamt der Kette losgemacht hatte und mir folgte. Ich drohte ihr,
sie solle zurückkehren, sie legte sich aber nur und kroch dann mit
schlechtem Gewissen hinter mir her. Nun tat sie mir leid, und die
Erziehungsgrundsätze vergessend, winkte ich ihr und nahm ihr die Kette
ab.

Mit schußbereitem Gewehr näherten wir uns nun der Falle. Doch nichts
Gelbes war zu sehen. Sollte der Löwe entkommen sein? Nun näherte ich
mich dem Eingang des Dornenkreises. Da lag statt des erwarteten Löwen
ein recht starker Leopard zwischen Abzug und den das Kalb sichernden
Pfählen. Der Schweiß tropfte noch aus dem Ausschuß am Hals, tot war
er noch nicht. Als er mich sah, zog er die Lefzen hoch und ließ die
Zähne sehen. Vier Meter stand ich von ihm entfernt. Ich legte an, um
ihm den Fangschuß zu geben -- Versager! noch einer und noch einer.
Jetzt zog der Leopard die Muskeln zum Sprung an. Mit meinen noch vom
Rheuma gelähmten Hüften konnte ich nicht zurückspringen, da landete er
auch schon direkt vor mir, volle Kraft hatte er nicht mehr zum Sprunge
gehabt.

B., der zehn Meter davon entfernt stand, rief ich zu, doch zu schießen,
er tat es nicht. Im Augenblick des Landens sprang meine Hündin Lady vor
und packte unglücklicherweise den Leoparden am Oberkiefer. Beide Tiere
bissen zu, es krachte und knirschte. Diesmal ging zum Glück der Schuß
aus meinem Gewehr, und der Leopard verendete. Mit einem Standhauer
hebelte ich dem Leoparden den Fang auf, um meine Hündin loszubekommen.
Anfangs glaubte ich, nur der eine Fangzahn hätte Zunge und Weichteile
des Unterkiefers durchbohrt, leider mußte ich mich aber bald
überzeugen, daß der Unterkiefer in der Naht gebrochen war. B. stand
bleich wie eine Wand und zitternd dabei, so daß ich ihm auf den Kopf
zusagte, er hätte noch keinen Löwen geschossen; er gestand dann, er
wäre nur mit dabei gewesen, wie ein französischer Offizier der Legion
Löwen geschossen hätte. Ich hoffte, Lady durchzubringen, und band die
Kieferhälften fest. Alles heilte auch sehr schön. Nach vier Wochen ging
ich aber nach Europa und gab sie bei einem befreundeten Missionar in
Pension. Trotz meiner Anweisung, ihr nur breiige Nahrung zu geben und
sie nicht von der Kette zu lassen, damit sie keine Knochen aufnehmen
könnte, scheint dagegen gefehlt worden zu sein. Kaum in Deutschland
angekommen, erhielt ich einen Brief, der mir meldete, Ladys Kiefer wäre
wieder gebrochen, hätte dann geeitert, und sie wäre zu ihren Vätern
versammelt. Selten habe ich so um einen Hund getrauert, als wie um
dieses treue, schöne Tier.


              =Gefleckte Hyänen= (+Hyaena crocuta Erxl+).

Widerliche Gesellen! Diese Empfindung hat jeder unwillkürlich, wenn
er mit Hyänen in Berührung kommt. Der dicke Kopf und Nacken mit
daranschließendem, stark abfallendem Rücken machen das Tier unschön.
Der wiegende Gang nimmt von dieser Vorstellung nichts. Hört man nun gar
nachts das Heulen und Lachen der Hyänen, so ist die dauernde Abneigung
besiegelt (Abb. 6).

Ahnungslos liegt der Neuling im Lande in seinem Zelt und ist bestürzt,
wenn am nächsten Morgen der Sattel oder die Schuhe fehlen. Froh muß
er sein, wenn er sie in stark beschädigtem Zustande wiederfindet.
Nicht nur Leder, sondern auch Stoffe, die durch Körperausdünstung
menschlichen Geruch angenommen haben, sind vor Hyänen nicht sicher.
So wurden mehrfach Boten der Relaispost, die im Innern Afrikas, wo es
an anderen Verbindungen fehlt, die Briefpost befördern, nachts die
Postsäcke verschleppt und häufig nicht wieder gefunden. Der Geruch, der
den Säcken durch das Tragen auf dem schwitzenden Negerkopf anhaftet,
genügt, um sie Hyänen begehrenswert erscheinen zu lassen.

Hyänen zeigen eine unglaubliche Dreistigkeit. So saß ich eines Abends,
ehe die Dunkelheit völlig hereingebrochen war, mit einem anderen
Europäer vor dem Zelt im langen Stuhl. Die Unterhaltung war ins
Stocken geraten, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Mit
einem leichten Aufschrei fährt mein Gegenüber hoch, und ich sehe eine
gefleckte Hyäne sich im Trabe entfernen. Sie hatte den Betreffenden
in die schlaff herabhängende Hand gebissen. Obwohl die Wunden nur in
einigen Hautabschürfungen bestanden, eiterten sie doch längere Zeit.

In Unyika bezog ich ein neuerbautes Lehmhaus, ehe noch die Türen
fertiggestellt waren. Eines Morgens machte mich der weckende Boy darauf
aufmerksam, daß Hyänen nachts im Hause gewesen wären. Auf dem noch
nicht gestampften und zurzeit staubigen Fußboden zeigten sich deutlich
die Fährten von einer oder mehreren Hyänen, die mich auch längere
Zeit im Schlafe beobachtet haben mußten, denn die Spuren um die zwei
freistehenden Seiten meines Feldbettes waren besonders zahlreich.

Gestreifte Hyänen sind verhältnismäßig selten, dagegen ist die
gefleckte Hyäne, die größer und stärker ist, bis auf die Hochgebirge,
überall vertreten. Hyänen sind keineswegs nur Aasvertilger. Lämmer und
Kälber holen sie sich ziemlich häufig zum Schmaus. Vor erwachsenen
Menschen ergreifen Hyänen regelmäßig die Flucht, hingegen sind
Kinder vor ihnen nicht sicher. Als ich im Januar 1902 durch den Ort
Lindi kam, erzählten mir die dort wirkenden Benediktiner-Mönche,
daß gefleckte Hyänen in wiederholten Fällen fünf- bis siebenjährige
Eingeborenenkinder von den Veranden ihrer Hütten geholt und verspeist
hätten.

[Illustration: Abb. 6. Gefleckte Hyänen.]

Zum Schuß auf Hyänen gelangte ich verhältnismäßig selten. Nur in ganz
menschenleeren Steppen läuft die Hyäne in den Tagesstunden, wo die
Sonne nicht heiß scheint. In bewohnten Gegenden ist sie ausschließlich
Nachttier. Ihr Witterungsvermögen ist außerordentlich stark. Stets,
wenn ich geschossenes Wildbret im Lager hatte, war schon gegen 6 Uhr
abends das sich nähernde Geheul zu vernehmen.

Im Dezember 1903 lagerte ich mehrere Tage beim Sultan Mkoma in
Unyamanga. Zu dieser Zeit besaß ich an Hunden nur drei Foxterriers. In
der zweiten Nacht erschienen die Hyänen so aufdringlich, daß ich kaum
schlafen konnte. Die Terriers kläfften ununterbrochen, und wenn ich
einen Blick aus dem Zelt in die mondhelle Nacht hinauswarf, sah ich,
wie entweder die Terriers hinter Hyänen, oder diese hinter den Terriers
herjagten. Die Hyänen schienen dieses Jagen als Gesellschaftsspiel
zu betrachten, denn ernstlich gingen sie den kleinen Hunden nicht zu
Leibe, sonst wären diese rasch geliefert gewesen. Die Jagd ging ums
Zelt, über die schlafenden Träger hinweg und um die verglimmenden
Lagerfeuer herum. Nachdem ich eine Hyäne geschossen hatte, trieben sie
ihr Spiel zwar bis zum Morgen weiter, verschwanden jedoch sofort im
hohen Gras, sobald sie mich wahrnahmen.

Aus Ärger über die gestörte Nachtruhe beschloß ich, Rache zu nehmen.
Da ich mir sagte, daß die Hyänen den Tod durch eine ehrliche Kugel
nicht wert seien, ließ ich meine Doppelfeder »Löwenfalle« in Tätigkeit
treten. Diese führte eigentlich ihren Namen zu Unrecht. Anfangs, als
es mir nicht gelingen wollte, Löwen in freier Wildbahn zu sichten,
stellte ich eifrig meine Löwenfalle auf, sobald sich Löwen irgendwo
bemerkbar gemacht hatten. Obwohl ich in meiner Jugend auf Iltis, Marder
und Fuchs ein guter Fallensteller war, ging mir niemals ein Löwe in die
gut verblendete Falle. Nach einjährigem Gebrauch fing ich damit statt
des Löwen einen Hasen, dann noch einen, dem drei Bügeldornen durch die
Löffel gegangen waren. Sonst blieb dieses in Afrika nicht sehr häufige
Wild, das etwa die Größe eines wilden Karnickels hat, unversehrt am
Leben.

Mehrfach hatte ich gelesen, daß Hyänen infolge ihrer feinen Witterung
nur sehr schwer in die Falle gehen. Deshalb versuchte ich ein neues
Verfahren.

Von einem Ast ließ ich 1-1/2 Meter über dem Boden eine in Zersetzung
übergegangene Ziegenkeule herunterhängen und stellte das Eisen ganz
frei darunter, ohne es irgendwie zu bedecken oder einzugraben.
Dabei rechnete ich, daß sich nähernde Hyänen nach Umkreisung des
weitduftenden Schlegels mit erhobener Nase nähern und danach springen
würden. Beim Landen müßten sie dann mit den Läufen die Falle zum Abzug
bringen.

Meine Mutmaßung erwies sich als richtig. Eine Stunde nach dem ersten
Aufstellen war eine Hyäne im Eisen. Mit einer Kugel machte ich ihr
ein Ende. Dann unterwies ich einen intelligenten Neger, wie er den
Schraubenschlüssel zur Federspannung handhaben müßte, und legte mich
schlafen. Meine Terriers hatte ich am Bett angekettet, damit sie
mir nicht ins Eisen gingen, und das nächtliche Gekläff unterblieb.
Am Morgen waren im ganzen sieben Hyänen zur Strecke gebracht, sechs
Stück hatte der Fallenstellende mit Speer und Knüppel erledigt. Bei
sämtlichen Hyänen war das Gebiß stark beschädigt, fast alle Zähne
waren durch heftiges Beißen ins Eisen ausgebrochen. Die Falle selbst
war von einer Hyäne verschleppt. Da der Anker der Falle eine starke
Schleifspur hinterließ, fanden wir sie nach zehn Minuten -- ohne Hyäne.
Der Anker war an einer Wurzel haften geblieben, und die Hyäne hatte
so stark mit ihr herumgearbeitet, daß der eine Bügel mit der Niete
ausgesprungen war. Andere Jäger bestätigten mir, daß weder Löwe noch
Leopard die Fallen so beschädigten wie Hyänen. Das Ausbeißen sämtlicher
Zähne soll bei Hyänen typisch sein, während es bei Löwen oder Leoparden
als seltene Ausnahme gilt. Ich selbst konnte keine Vergleiche darüber
anstellen, da ich mit meiner Falle keine Löwen oder Leoparden fing.
Offen gestanden behagt mir auch die Art, mit der Falle zu fangen, nicht
recht. Selbstverständlich lasse ich Fälle gelten, wo es sich darum
handelt, gefährliche oder schädliche Tiere, die man beseitigen muß und
deren man sonst nur schwer habhaft werden kann, zu vernichten. Sonst
kommt mir die Fallenjagd nicht recht weidmännisch vor. Wenn es durchaus
sein muß, so ziehe ich eher den Selbstschuß vor, den ich bei den
Leoparden näher beschrieben habe. Aber auch da empfinde ich immer ein
etwas fades Gefühl, im Gegensatz zu der stolzen Befriedigung, die man
beim Erfolg seiner geschickt gehandhabten Büchse am erlegten Wild hat.


     =Schabrackenschakale= (+Canis [Lupulella] mesomelas Schreb+).

Wenn ich im Livingstone-Gebirge (Deutsch-Ostafrika) gegen vier Uhr
nachmittags unweit meiner Wohnung einen Spaziergang machte, traf ich
stets mehrere Schakale (Abb. 7) an, die auf der Mäusejagd waren. Nur
die Farbe unterscheidet sie von ihrem deutschen Vetter, dem Fuchs.
Zierlich und graziös sind ihre Bewegungen, und klug ist der Ausdruck,
wenn sie einen Menschen eräugend verhoffen. Ihre ganze Lebensweise ist
die des Fuchses. Nur bleibt die Zahl ihrer Welpen (Jungen) etwas hinter
diesen zurück. Mehr als vier Stück habe ich nie im Bau gefunden.

Reizende Bilder sah ich am Schluß der Regenzeit, wenn in den
Abendstunden die geflügelten Termiten aus der Erde aufstiegen und
Schakale sie in tollen Sprüngen aus der Luft fingen.

Äußerst schlau sucht die Fehe (Füchsin) den Bau mit Jungen zu
verbergen. Überrascht man sie, wenn sie gerade mit einem Huhn
im Fang heimkehren will, so zeigt sie sich recht auffallend und
absichtlich, um dann, wenn sie über die nächste Anhöhe wechselte, in
das Tal hinabzuschnüren und unter dem höheren Gras der Talsohle in
entgegengesetzter Richtung davonzulaufen.

Dreist treiben sich die Schakale in der Nähe der Wohnungen herum. Viele
schoß ich auf meiner zu ebener Erde gelegenen Veranda, und häufig
retteten sich Schakale vor meinen Hunden ins Zimmer.

Hatten sie es einmal zu stark auf meine Hühnerbestände abgesehen, so
fing ich einige in einem Tellereisen weg. Ich benutzte dazu die Tage,
wo ich ein Rind geschlachtet hatte, da dieser Duft für Schakalnasen die
ganze Gegend durchzieht.

Um den Geruchskreis zu erweitern, setzte ich mich aufs Pferd und ritt
mit einigen Därmen eine Schleife, die ich bis auf ein Loch in meinem
Zaun ausdehnte. Hier zog ich die Därme hindurch und ließ sie dann im
Hofe liegen. In das Loch im Zaun stellte ich dann ohne Verblendung und
ohne auf Witterung Rücksicht zu nehmen, ein Tellereisen. Sechs bis acht
Schakale fing ich dann bis zwölf Uhr nachts, ohne daß sie das eine
verwendete Eisen, in dem ihre Vorgänger verendet waren, mieden.

Trotz solcher Unvorsichtigkeit spielt der Schakal in den Erzählungen
der Eingeborenen die gleiche schlaue Rolle, wie der Fuchs in unserer
Fabel.

In der Aufstandszeit 1905 hielt ich zwei zahme Schakale, die sich immer
frei herumtrieben und auf einen Pfiff mit meinen Hunden zugleich im
Eiltempo erschienen. Auch auf Reisen und Spaziergängen begleiteten sie
mich. Da sie aber immer abseits vom Wege herumstrolchten und mir nicht
wie wohlerzogene Hunde auf der Ferse folgten, sondern plötzlich bei
mir auftauchten und sich, Liebkosungen heischend, vor mir auf der Erde
kollerten, brachten sie mich bei den Eingeborenen in den Ruf eines
Zauberers. Ich hatte die Leute öfter verblüfft, wenn ich pfiff und
meine beiden grauen Kerlchen angeschossen kamen. Nun stand es fest.
Ich hatte Menschen in Schakale verwandelt, die mir alle Nachrichten
zutrugen. Da es meinem Ansehen nur nützte, ließ ich die Eingeborenen
ruhig bei ihrem Glauben.

[Illustration: Abb. 7. Schabrackenschakal.]

Auf meinen Zügen gegen die Rebellen konnte ich sie jedoch nicht
mitnehmen und gab sie deshalb in Pension. Sie hatten sich da angewöhnt,
den Glucken die Kücken wegzufangen, und waren auch, wenn man sie
angriff, so bissig geworden, daß ich sie erschießen mußte.

Später, im Jahre 1909, kaufte ich von Eingeborenen einen etwa vierzehn
Tage alten Schakal. Dieses liebe kleine Ding schlief stets in einem
Hausschuh meiner Frau und blieb auch als erwachsenes Tier zu uns
äußerst zärtlich und vertrug sich gut mit meinen Hunden und Hundsaffen.
Meine Boys, wie Neger überhaupt, konnte er dagegen nicht ausstehen,
vielleicht war er von ihnen heimlich geschlagen worden. »Peterle«,
so hieß das Kerlchen, biß die Boys, selbst wenn sie ihm das Futter
brachten, von mir hingegen ließ er sich die schönsten Knochen weit
hinten aus dem Fang holen. In seiner »Lausbubenzeit« hat er mir
allerdings auch einige junge Hühner und Tauben weggefangen, jedenfalls
aber nicht mehr, als dies meine jungen Schäferhunde taten, solange sie
noch nicht erzogen und unbeobachtet waren.

»Peterle« ließ sich leicht erziehen und wurde bei strafenden Klapsen
nicht bösartig, sondern bemühte sich, durch schmeichelndes Herumrollen
auf dem Rücken die Sache wieder gutzumachen. Leider fand Peterle ein
tragisches Ende. Da er frei herumlief, hielt ihn ein Europäer für einen
wilden Schakal und schoß ihn tot.

Merkwürdig ist, daß zahme Schakale nicht wieder mit ihren wilden
Genossen Fühlung nehmen. Mehrmals habe ich beobachtet, wie die meinigen
wütend auf solche losfuhren und sie in die Flucht schlugen.

Vielfach wird von Europäern die Behauptung aufgestellt, daß die
Schakale die getreuen Begleiter des Löwen wären. Es kommt wohl vor, daß
Schakale ab und zu an den in Verwesung übergehenden Resten der Beute
eines Löwen fressen, es ist dies aber keine Regel. Jedenfalls kann
man, wie das vielfach von Eingeborenen erzählt wird, niemals darauf
schließen, daß Löwen in der Nähe wären, wenn Schakale heulen. Ich
bestreite nach eigener sorgfältiger Beobachtung, daß beide Tierarten in
Gemeinschaft leben.

Der Ursprung solcher Mitteilungen ist mir aber sehr erklärlich. Der
Neger hat einen großen Fabelschatz, weit größer, als wir ihn in
»Reineke Fuchs« haben, und darin spielt der Schakal die Rolle unseres
Reineke.

Der nur einige Monate im Lande lebende Europäer kann bei den
Negererzählungen nicht unterscheiden, ob er Wahrheit oder Märchen
erzählt bekommt, zumal ihm die Erzählungen meist durch seinen Boy
verdolmetscht werden, weil er sich nur mit diesem radebrechend
unterhalten kann und die Buschneger nicht zum Sprechen zu bringen
versteht. Bei Fragen an Neger muß man äußerst geschickt zu Werke gehen
und immer versuchen, die Leute selbst zum Erzählen zu bringen. Der
Neger merkt sofort, was der Europäer gern hören möchte, und antwortet
ihm dementsprechend, wobei dem Europäer dann die haarsträubendsten
Sachen aufgebunden werden.

So wurden einem guten, harmlosen Europäer, der für die Neger nach ihrer
eigenen Aussage die »melkende Kuh« ist und nur den Fehler hat, daß
er über viel Geld verfügt, ohne imstande zu sein, selbst solches zu
erwerben, die tollsten Sachen aufgetischt. Dieser gute Mann hat die
kleine Eitelkeit, wissenschaftliche Studien zu machen. Dabei war er
auch bei ethnographischen Forschungen angelangt. Mit Hilfe seines Boys
hatte er herausgefunden, daß einige Stämme Maskentänze veranstalten,
ähnlich denen der Totemsverbände in Neuguinea. Sein Ziel war eine
solche Maske. Endlich wurde sein Wunsch erfüllt. Für 30 Rupien (40
Mk.) brachte ihm sein Boy eine solche Maske, »uralt, noch aus der Zeit
der Portugiesenherrschaft« (also mehr als 200 Jahre) herstammend. Die
Maske war eine halbe Kokosschale, ähnlich wie sie in Deutschland als
Schaufensterausstattung aus dem Kokosbast geschnitten werden. Als Augen
waren Glassplitter einer zerbrochenen Bierflasche eingesetzt, auf dem
einen davon war noch ein Buchstabe des Brauereiaufdruckes zu erkennen.

Andere Eingeborene erzählten mir, daß der bewußte Europäer seinem
Boy versprochen hätte, ihm alle Schulden zu erlassen, wenn er ihm
Leute brächte, die die alten Maskentänze ausführen könnten. Der Boy
stellte dies seinem Herrn als äußerst schwierig hin, da die Tänze
geheim und verboten seien (warum, ist nicht einzusehen). Der Boy
ist aber findig, sein Schuldenregister mag auch groß sein, da er
viel Umgang mit schwarzen Weltdamen hat. In einer abgelegenen Gegend
läßt er seinem Herrn unbekannte Leute in einer sonst nicht üblichen
Tanzart unterrichten. Ob diese wirklich zur Vorführung gelangten, weiß
ich nicht; dieser Maskenscherz beruht jedenfalls auf feststehender
Wahrheit, und es soll mich nicht wundern, wenn diese neuen
»Forschungen« eines Tages veröffentlicht werden.


   =Wilde Hunde= (+Lycaon pictus Temm+) [auch Hyänenhunde genannt].

In der Ussangu-Steppe, östlich Njam-Njam (Ruaha-Senke in
Deutsch-Ostafrika) hatte ich gelagert. Trostlos war die Gegend. Die
Wasserstelle, der Mkodje-Fluß, der jetzt im Oktober nur hin und wieder
trübe Tümpel bildete, an denen sich riesige Wildscharen zur Tränke
einfanden, war fünf Stunden entfernt. Bei meinem Einzug in das Dorf,
das aus fünf jämmerlichen Hütten bestand, erhielten meine Leute und
ich statt Wasser große grüne Wassermelonen; Wasser käme erst am Abend,
wenn das Rindvieh zurückkäme, das heute wie jeden dritten Tag zur
Tränke geführt worden sei.

Während meine Leute das Zelt aufschlugen, schnitt ich aus einer Melone
einen Deckel heraus und zerhackte mit dem Jagdmesser das Fruchtfleisch,
um das sich darin reichlich ansammelnde Wasser zu trinken. Kaum hatte
ich die ersten Schlucke getan und hackte von neuem ins Fruchtfleisch,
damit weiteres Wasser zuströmen konnte, so hätte ich vor Schreck
beinahe meine Melone fallen lassen.

Tauben, Hühner und Ziegen kamen in einer aufgewirbelten Staubwolke
auf mich zugeflattert und zugerast. Im ersten Augenblick glaubte ich,
irgendein Raubtier habe sie gestört, merkte aber gleich, daß ich,
oder vielmehr meine geöffnete Melone den brennenden Anziehungspunkt
bildete. Schnell erhob ich mich, um meine Frucht vor den sich und mich
stoßenden Ziegen zu retten. Die Tauben und Hühner jedoch hatten sich
mir auf Kopf, Schultern und Armen dauernd niedergelassen und suchten
sich balgend unter lebhaftem Flügelschlag der Melone zu nähern. Das
Abschütteln und Herunterwerfen war zwecklos, sie waren sofort wieder
oben, beim Auffliegen mich in neue Staubwolken einhüllend. Arg mußte
sie der Durst quälen. Mit Mühe rettete ich mich in eine Hütte, nachdem
ich etwas Fruchtfleisch geopfert hatte. Wie mir die Leute sagten, gaben
sie den Tieren kein Wasser. Nur die Ziegen kämen jeden sechsten Tag mit
den Kühen zur Tränke.

Auf meine Frage, warum denn das Dorf so weit vom Fluß läge, wurde mir
erklärt, daß der Mkodje die Steppe in der Regenzeit bis kurz an die
Hütten überschwemmte. Verpflegung konnte ich für meine Leute auch nicht
erhalten, die Vorräte der Leute waren so gering, daß ich fragte, wie
die Leute denn überhaupt ihr Leben fristen könnten und warum sie mit
ihrem Vieh in solch elender Gegend wohnten und nicht mehr Getreide
anbauten. Ich erfuhr darauf, daß die Rinder dem Sultan Merere gehörten
und nur hier gehütet wurden, weil das Wild gut gediehe, von was, war
mir allerdings fraglich, denn ich hatte auf meinem Marsche nur bis
auf 3 cm abgeweidete Grasstummel gesehen. Von Getreidearten wüchse
nur recht spärliche Sandhirse. Zwei kleine Fleckchen bebautes Land
von zusammen etwa 200 Quadratmeter mußten für die 18 Kopf starke
Einwohnerschaft genügen. Die Ernährungsfrage der Leute wurde mir
immer rätselhafter. Endlich rückten sie mit der Sprache heraus. In der
Regenzeit gebe es durch die Überschwemmung so viel Welse, daß sie im
seichten Wasser bloß aufgelesen zu werden brauchten. Und jetzt? Nun,
in der Trockenzeit paßten die Viehhüter immer auf, wo früh die Geier
kreisten, dort hätten Löwen Wild geschlagen, und es wäre häufig so viel
übrig, daß sie Vorrat dörren könnten. Manchmal allerdings, wenn mehr
Löwen dagewesen wären, oder wenn die Löwen schon am Abend Beute gemacht
und den Riß nach der Sättigung verlassen hätten, um zur Tränke zu
gehen, so daß das gerissene Wild für die Hyänen frei werde, seien nur
ein paar Knochen übrig.

[Illustration: Abb. 8. Wild- oder Hyänenhund.]

Meine Bemerkung: »Na, ihr helft wohl manchmal den Löwen etwas nach und
holt euch selber ein Zebra,« löste verlegenes Grinsen aus, das mir
genug Bestätigung war. Vorderlader waren ja reichlich vorhanden und
Pulver auch -- »zur Abwehr der Löwen vom Vieh« -- wie mir eifrigst
versichert wurde.

Am nächsten Morgen, als es eben dämmerte und ich mich gerade mit dem
Viertelliter Wasser wusch, den ich für diesen Zweck aufhob, ehe ich ihn
meinen Hunden geben wollte, verstummte plötzlich das Murmeln der sich
für die Reise zurechtmachenden Träger.

Etwas blöde, weil ich gerade mein Gesicht mit dem Handtuche bearbeite,
spähe ich nach der Ursache. Da kommt auch schon eine Schwarzfersenricke
(+Aepyceros suara Mtsch.+) direkt auf mich zu, mitten durch die
Träger durch, stolpert über meine Zeltstricke, rennt ins Dorf und
bleibt darin stehen. Während ich noch diesem Tier zusehe und nicht
weiß, was ich aus dem Vorfall machen soll, kommt eine zweite Antilope
fast durchs Zelt und stellt sich zur ersten.

Nun machten mich die Leute aufmerksam auf zwei wilde Hunde (Abb.
8), die sich außerhalb der Träger hingesetzt hatten. Ich zeige die
Wildhunde meinen vier Doggen und hetze diese. Kein Gedanke, daß sie
die Wildhunde einholten. Als meine Hunde auf einen Pfiff mutlos
zurückkehren, folgen ihnen die beiden Wildhunde. Eine abermalige Hetze
war so erfolglos wie die erste. Nun nehme ich mein Gewehr zur Hand,
schieße aber zu kurz, wie ich am Hochsprung des Hundes auf allen Vieren
sehe, ein zweiter Schuß hat dasselbe Ergebnis. Nun trollen sich die
Wildhunde hinter Dornengebüsch und sind für mich unsichtbar.

Ich gehe dann zu den Antilopen, die mit zitternden, weitgeöffneten
Nüstern und schlagenden Flanken im Dorf stehen und sich anfassen
lassen. Die Leute erzählten mir, sie hätten die Hetzjagd der
Wildhunde schon eine ganze Weile beobachtet, in der Steppe wäre es
immer im Kreise herum gegangen. Sehr scharf sei das Tempo der Hunde
nicht gewesen. Durchaus wollten die Leute die Antilopen töten und
verspeisen. Mir taten diese geängstigten Tiere leid, und ich ließ alle
Leute zurücktreten, damit sich die Antilopen -- Muttertier und fast
ausgewachsenes Kitz -- erholen und nach Belieben entfernen konnten.

Dies war meine erste Begegnung mit wilden Hunden. Noch häufig traf ich
diesen Schrecken des armen Wildes an. Einmal, als ich gerade Wildbret
für meine Tafel brauchte und bei Morgenlicht im Wildgebiet eintraf,
galoppierte ein Wasserbock (+Cobus ellipsiprymnus Ogilb.+) auf
mich zu. Ich nahm an, daß er mich früher wahrgenommen hatte und mir auf
seiner Flucht wieder in den Weg lief, weil ich durch Gebüsch gedeckt
war. In hohen Fluchten quittierte er auf meinen Blattschuß. Der erst
spärlichen, dann reicher werdenden Schweißfährte folgend, fanden wir
ihn, nach etwa 1000 Meter Suche, verendet in einem Dickicht.

Einen Augenblick bei dem zur Strecke gebrachten Bock ausruhend,
hörte ich plötzlich den Schreckton eines Buschbockes (+Tragelaphus
roualeyini Gord. Cumm.+). Da das Fleischbedürfnis meiner
europäischen Nachbarn groß war, wollte ich auch diesen strecken.
Vorsichtig schiebe ich mich aus der Dickung heraus und habe vor mir:
sechs Wildhunde. Auf vier Meter Entfernung bleiben sie ruhig vor mir
sitzen, indem sie mich anäugen. Sie müssen meine Anwesenheit schon
vorher bemerkt haben und waren höchstwahrscheinlich auch schon vorher
hinter meiner Beute her. Den Vordersten schoß ich spitz von vorn.
Er fiel ohne einen Laut. Die anderen machten nun einen Luftsprung,
dann saßen sie wieder. Einer steht auf und nimmt Witterung an seinem
toten Kameraden, aber nur einen Augenblick. Hastig faßt er ihn dann
mit den Zähnen, und im Nu bilden die übrigen vier mit ihm einen
Knäuel. Sie reißen große Fetzen aus dem Geschossenen und würgen die
Bissen ohne Kauen hinunter. In kurzer Zeit ist auch kein Knochen oder
Haarbüschel von ihm übrig. Als ich den zweiten schoß und nach seinem
Fall gleich auf die Wildhunde zuging, zogen sie sich knurrend zurück
und verschwanden dann. Eine halbe Stunde danach hörte ich, wie sie mit
einem Löwen stritten. Als ich mir durch das Dickicht einen Weg nach dem
Kampfgetöse zu gebahnt hatte, waren alle Beteiligten verschwunden. Nur
das niedergetretene Gras gab Zeugnis von einer Balgerei.

Wer den kürzern gezogen hatte, ließ sich nicht ermitteln. Ich glaube
aber der Löwe. Selbst habe ich es zwar noch nicht mit angesehen, aber
mir bei verschiedenen eingeborenen Jägerstämmen erzählen lassen, daß
der Löwe deshalb eine so große Furcht vor meinen Doggen hätte, weil er
sie für wilde Hunde hielte, die ihm stets so arg zusetzten, daß er das
Weite suchte. Käme es zu einem Kampf, so stürzten alle zugleich auf den
Löwen und bissen ihn überall, wobei immer ein Stück Fell und Fleisch
in ihrem Fang bliebe. Der Löwe selbst wäre nicht flink genug, sich so
vieler Angreifer zu erwehren. Etwas Wahres muß daran sein, denn stets
brachten meine Hunde den Löwen zur Flucht und konnten ihn nur dann
stellen, wenn ich mehr als zwei bei mir hatte.

Wie das Wild die Wildhunde fürchtet, sah ich häufig daran, daß Gebiete,
die dicht mit Wild bevölkert waren, plötzlich wie ausgestorben dalagen
und nur einige Buschböcke und Ducker (+Sylvicapra grimmia L.+)
(kleine Antilopen, die durch Ducken sich vorzüglich verbergen), die
ihren Standort schwer wechseln, übrig waren. Wasser- oder Futtermangel
war nicht eingetreten. Stets ergab es sich dann, daß Wildhunde dort
gehetzt hatten. Rudel bis zu dreißig Stück waren keine Seltenheit.
Eine solche Panik unter dem Wild ruft kein Löwe hervor. Wohl zeigt
das Wild bei Löwenanwesenheit Unruhe, ich sah aber mehrfach weit
auseinandergezogen äsende Wasserböcke und Hartebeeste, die von einem
Löwen, der mitten durch die Herde lief, kaum Notiz nehmen.

Strichweise bewegen sich die Wildhunde durchs Land und steigen auch
in hügeliges Gelände auf. 1910 traf ich sie auf 1200 Meter Höhe nahe
Langenburg, wo sie die weidenden Viehbestände schwer schädigten.

Nach meinen Erfahrungen bevorzugen sie alles Hornwild mit Ausnahme
des Büffels, der ihnen wohl zu wehrhaft ist. Warzen- und Wildschweine
verschmähen sie nach meinen Beobachtungen gänzlich. Übrigens nahmen
auch meine Hunde (Doggen und deutsche Schäferhunde) Schweinefleisch nur
ungern auf. Bei Zebras und Giraffen fürchten sie Schläge mit dem harten
Huf. Überall bestätigten mir die Eingeborenen, daß diese beiden Tiere
von Wildhunden verschont würden, wenn es sich nicht um ein junges Stück
handelte, das sich von der Herde entfernt hatte und den Anschluß nicht
mehr erreichen konnte.

Erstaunlich ist die Muskelkraft der Kieferpartie der Wildhunde. Einer
meiner Bekannten in Langenburg zog zwei junge Hyänenhunde auf. Sie
liefen frei herum und kamen auf Ruf zum Futter. Als sie ein Vierteljahr
alt waren, hatten sie das Bestreben, nicht unter Beobachtung zu
fressen. Sie nahmen deshalb die Blechbüchse, die ihr Futter -- Reis
und gekochtes Fleisch -- enthielt, in den Fang, und einer trug den
für beide bestimmten Teil, der mit Büchse mehr als sein Körpergewicht
betrug, wagrecht davon, ohne daß dem Tier eine Anstrengung anzumerken
war.

Übrigens waren die Tiere trotz ihrer Gefräßigkeit äußerst mager. Nur
der dicke Kopf, der durch die sehr großen, aufrechten Lauscher (Ohren)
noch größer erschien, fiel auf, so daß der übrige Körper dagegen ganz
zurücktrat.

Im Gegensatz zu anderen vierfüßigen Raubtieren sind Wildhunde
ausgesprochene Tagestiere. Nase, Gehör und Gesicht sind außerordentlich
scharf.

Deutsche Schäferhunde, die nach meinem Dafürhalten unter allen
Hunderassen das beste Gesicht haben, erkannten auf 200 Meter Entfernung
sich schwer vom Gelände abhebende, sehr ruhig weidende Esel nicht, d.
h. sie nahmen sie nicht wahr. Die beiden jungen Wildhunde verfolgten
die Esel aber ständig mit dem Auge. Keine laufende Ratte entging ihrer
Aufmerksamkeit, und zwar auf viel größere Entfernung, als wie ich dies
bei meinen sonst sehr regen Hunden beobachtete.

Die Farbe der von mir erlegten Wildhunde war verschieden. Niemals fand
ich sie rein einfarbig, sondern immer in zwei Farben unregelmäßig
gefleckt. Im Südosten der Kolonie fand ich vorwiegend Dunkelbraun bis
Schwarz als Grundfarbe mit weißen oder gelben Flecken. Im Westen war
die Grundfarbe heller. Mehrmals schoß ich ganz fahlgelbe Exemplare
mit weißen Flecken. Einmal brachte ich einen Wildhund zur Strecke von
schmutziggelber Grundfarbe und schwarzen Flecken.

Meist beherbergt das Fell zahlreiches Ungeziefer, vorwiegend Flöhe,
Zecken und Sarcoptes-Milben. Auch den Eingeborenen ist die Vorliebe
des Ungeziefers für den Wildhund als Wirtstier bekannt, und gerade aus
diesem Grunde ist das Fell eines Wildhundes den Eingeborenenärzten oder
Medizinmännern eine begehrte Sache, aus der sich Kapital schlagen läßt.

Sehr stark ist nämlich die Nachfrage nach Amuletten, die Liebe
und Zuneigung erwecken sollen. Ein alter Medizinmann, mit dem ich
Freundschaft unterhielt, um mich über die Art seines Wirkens zu
unterrichten, gab mir im Laufe der Jahre interessante Aufschlüsse über
seine Praxis.

Vieles ist Hokuspokus, ohne jeden Wert, einem großen Teil der
angewandten Mittel liegt aber eine gute Kenntnis heilkräftiger
Kräuter zugrunde. Es ist dieselbe Art des Wirkens, wie sie bei uns im
Mittelalter üblich war und heute noch von Schäfern und Wunderdoktoren
ausgeübt wird. Früher standen diese Leute im höchsten Ansehen, es
schwindet aber immer mehr, je mehr europäische Ärzte ins Land kommen.
Es bricht sich allmählich Bahn, daß diese denn doch etwas mehr vom
Heilen verstehen, als die eigenen Ärzte. Außerdem sind sie billiger,
d. h. der Eingeborene wird vorwiegend kostenlos behandelt, während der
eingeborene Arzt seine Kranken gehörig schröpft und diese bis auf wenig
Ausnahmen, wenn überhaupt, so aus Autosuggestion, ihre Gesundheit
wiedererlangen. Der europäische Arzt ist diejenige Person, die am
leichtesten den Weg zum Herzen der Neger findet, sofern er einigermaßen
umgänglich ist. Das Gefühl der Dankbarkeit geht zwar dem Neger völlig
ab, dafür erkennt er aber den Vorteil einer mit Erfolg geführten
ärztlichen Behandlung voll an. Für ihn sind ja die Wirkungen der
Schutzimpfung gegen Pocken und die Salvarsanbehandlung bei Frambösie[4]
die reinen Wunder.

Doch ich sprach von der Verwendung des Felles der Wildhunde durch
Medizinmänner. Mein alter Freund verwendete deshalb bei der Herstellung
von Liebesamuletten stets einige Haare vom Wildhund, weil diese starke
Anziehungskraft ausübten, wie ja schon daraus zu ersehen wäre, daß sich
alles Ungeziefer zum Wildhund hingezogen fühlte.

Von Eingeborenen wird der Wildhund nur selten erlegt. Einesteils ist
es nicht häufig, daß Wildhunde sich weidendes Vieh holen; es fehlt
der Anreiz der notwendigen Abwehr. Andernteils flößt der in Herden
jagende Wildhund den Negern Achtung ein. Ob diese berechtigt ist oder
nicht, hatte ich nie Gelegenheit festzustellen. Es wird zwar vielfach
behauptet, daß ab und zu Menschen von Wildhunden angegriffen würden,
etwas Bestimmtes scheint aber nicht dahinter zu stecken. Wenigstens
konnte ich nicht einen einzigen Fall dieser Art ermitteln.

So wie ich den Neger kenne, wirkt schon das dreiste Verhalten der
Wildhunde, die nicht sofort die Flucht ergreifen, wenn einer oder
mehrere ihrer Genossen getötet werden, auf sie abschreckend.


Fußnoten:

[1] Die in diesem Bändchen mehrfach vorkommenden weidmännischen
Ausdrücke bedürfen wohl meistens keiner besonderen Erklärung, da
sich ihr Sinn aus dem Zusammenhang, in dem sie gebraucht werden, von
selbst ergibt. Wo es uns aber dennoch nötig schien, haben wir eine
entsprechende Erklärung als Fußnote gebracht.

[2] D. h. in den Bewegungen innezuhalten (beim Wahrnehmen einer Gefahr
oder eines Feindes).

[3] D. h. bei Raubwild eine »Spur« (Tritt) vor die andere setzen.

[4] Die Frambösie ist eine eigenartige Hautkrankheit, die sich nur in
den Tropenländern vorfindet und durch das Auftreten kleiner weißer
Pusteln auf geröteter und entzündeter Haut, sowie daraus entstehender
Geschwüre und schwammiger Auswüchse von Form und Größe einer Himbeere
(franz. +framboise+) zu erkennen gibt.




[Illustration]




                              Dickhäuter.


Gewaltig ist der Reichtum an Dickhäutern in Deutsch-Ostafrika, die
allerdings die großen Heerstraßen, auf denen Europäer oder ihre
Karawanen entlang ziehen, verlassen haben. Bedingung für alle ist das
Vorhandensein reichlichen Wassers. Frisches Gras, Schilf und Laubwerk
ist ihre Hauptnahrung, und namentlich in der Trockenzeit sind diese
Genüsse an fließendes oder stehendes Wasser gebunden. Allerdings
treten die Dickhäuter zeitweise auch große Wanderungen an, so daß man
sie in Gebieten antrifft, in denen sie ihre Lebensbedingungen auf die
Dauer nicht finden. Stets halten sie sich aber dort nur vorübergehend
auf, seien es Nashörner und Flußpferde, z. B. wenn sie nach einem
anderen Weidegrund Umschau halten, oder Elefanten, wenn ihre Naschlust
sie treibt, Borassuspalmen oder Bäume in der Zeit der Fruchtreife
abzuernten.

Plump und unbeholfen scheint uns ihr massiger Körper, der in der Natur
eine ganz andere Größe erreicht als bei noch so sorgfältigster Pflege
und reichlichster Nahrung in der Gefangenschaft.

Jedoch mit welcher Behendigkeit entgegen dem täuschenden Anblick
durchqueren sie die für kleineres Wild und Mensch kaum gangbaren
Dickichte, die diesen nur auf ihren Pfaden ein Vorwärtskommen
gestatten! Dornendickichte und üppig wuchernde Schlingpflanzen, die
die Gebüsche förmlich verfilzen mit ihren frischen und abgestorbenen
Ranken, durchschreiten sie wie weiches Gras. Wenn auch lautes Gekrach
und Geprassel damit verbunden ist, den Kolossen selbst ist eine
Anstrengung nicht anzumerken.


                    Durch ein Dickhäuter-Eldorado.

Im Oktober 1912 reiste ich im Morogoro-Bezirk in Deutsch-Ostafrika. Am
Schnittpunkt der Morogoro-Mahengestraße mit dem Ruahafluß angekommen,
sagte ich mir, daß es für mich wenig Zweck hätte, auf den bisher
bekannten Wegen mein Reiseziel Kissaki zu erreichen, und ich beschloß,
den Ruahafluß abwärts zu gehen bis zum Zusammenfluß mit dem Rufidji.
Auf der Karte war der Ruaha auf dieser Strecke nur durch punktierte
Linien angedeutet, eine Routenaufnahme längs des Flusses war mir also
vorbehalten.

In den Ortschaften Kidatu und Kidoti versuchte ich, Eingeborene zu
finden, die vielleicht die in Luftlinie etwa 180 km lange Strecke schon
zurückgelegt hätten. Keiner war beim Fischen nach den im Ruaha lebenden
enorm großen Welsen weiter als 40 km gekommen. Europäer hatten den Weg
noch nicht gemacht. Nur der mit Schomburgk Elefanten jagende Engländer
Kapitän Hemming war im Oktober 1908 dreißig Kilometer weit flußabwärts
gelangt.

Auf der Missionsstation Widunda, die von meinem Lager nur zwei Stunden
entfernt lag, und wo ich bei Mönch Lamberti gastfreieste Aufnahme fand,
suchte ich mich weiter zu orientieren. Andere Auskunft als die, daß
weder Europäer noch Eingeborene diese menschenleere Gegend durchquert
hätten, bekam ich auch hier nicht. In gemeinsamer Beratung nahmen wir
an, daß der Weg bis zu den ersten Ortschaften vor dem Rufidji in vier
Tagen zu machen sei.

Da man beim Reisen in Afrika mit allen möglichen Zufällen rechnen muß,
nahm ich für meine zwanzig Träger Verpflegung für sechs Tage mit, in
der Voraussicht, unterwegs die Nahrungsmittel noch durch erlegtes Wild
und gefangene Fische zu ergänzen. Ich warb in Kidoti noch vier Mann an,
die die erste vierzig Kilometer lange Strecke kannten, zum Tragen des
Mehlvorrates, den meine Träger nicht mehr auf ihre Traglasten schnüren
konnten. Am ersten Tage legten wir fünfunddreißig Kilometer zurück.
Der Weg war prächtig, da die Grasbrände von den von uns verlassenen
Ortschaften sich bis hierher ausgedehnt und die ersten leichten
Niederschläge der kleinen Regenzeit einen üppigen niedrigen Grasteppich
hervorgezaubert hatten. Das Schweifen des Auges ins Grüne weiß nur
der richtig zu würdigen, der den trostlosen afrikanischen Winter, die
Trockenzeit, kennt, in der alles gelb, starr und tot ist, und wo das
Auge nur zwei bis drei Meter vor sich Ausblick auf den schmalen Fußweg
hat, den die eigenen Träger oder eine frühere Karawane getreten haben.

Wunderbare Flußszenerien boten sich dem Auge dar. Das Flußbett war
stellenweise dreihundert Meter und mehr breit, und da wenig Wasser
floß, bildete der Fluß nur Rinnsale innerhalb eines Gewirrs von
Sandbänken, die dicht mit aller Art Enten und Nilgänsen bedeckt waren.

Im Schlick wateten fischende Marabus (+Leptoptilus crumeniferus
Less.+) und Löffelgänse (+Platalea leucerodia Linn.+). Ibisse
steckten ihre gebogenen Schnäbel in den Schlamm, und wo im Fluß ein
abgestorbener Baumstamm lag, dort wimmelten unter seinen in die Luft
starrenden Ästen Madenhacker (+Buphaga+), Kuhreiher (+Bubulcus
lucidus Rafin.+), unter denen einzelne Edelreiher (+Herodias alba
Linn.+) saßen und sich in der Reichsadlerstellung sonnende Kormorane
(+Phalacrocorax carbo Linn.+).

Hoch in der Luft zogen Seeschreiadler ihre Kreise und erfüllten sie mit
ihrem hellen, klaren Schrei. Einzeln oder zu mehreren hielten Krokodile
auf den Sandbänken Siesta in der Sonne, um beim langsamen Näherkommen
behäbig ins Wasser zu rutschen, oder, falls sie überrascht wurden,
in eilig grotesker Stellung dem Wasser zuzuwatscheln und mit starkem
Schwanzschlag Wassergarben aufzuwerfen, so daß auf der Stelle, wo sie
eingetaucht waren, noch einen Augenblick die Regenbogenfarben standen.

Von Haarwild waren mir nur Wasserböcke (+Cobus ellipsiprymnus Ogilb.+
und +Cobus defassa Rüpp.+) zu Gesicht gekommen. Da niemand in dieser
Gegend jagte, waren sie recht wenig scheu und trotteten mir nur
gemächlich aus dem Winde. Dabei fiel mir auf, daß sie wohl unter einer
Seuche leiden mußten, denn ihre Behaarung war ruppig und glanzlos,
und die Rippen traten deutlich hervor. Später gemachte Blutpräparate
kamen mir leider abhanden, so daß ich nach meiner Heimkehr nicht
mehr feststellen konnte, ob es sich um Tsetse (+Nagana+) oder einen
anderen Erreger handelte. Obwohl Tsetsefliegen (+Glossina fusca+ und
+morsitans+) in übergroßer Menge uns belästigten, möchte ich doch nicht
auf Nagana schließen, da mein mitgeführter Reitesel gesund blieb und
erst ein Jahr später sich an Nagana infizierte und einging, die Fliegen
am Ruaha also wohl nicht infiziert waren.

Schießen wollte ich erst kurz vor dem Lager, um keine Schwierigkeit mit
dem Fleischtransport zu haben.

Die linke Flußseite war bisher ziemlich frei von Wald, die
gegenüberliegende trug abwechselnd dichtesten Uferbusch und Hochwald,
aus dem ab und zu einige Borassuspalmen lugten, die sich hier und da in
kleinen Inseln als Palmenbusch vereinigten (Abb. 9).

Die rechte Seite des Ruaha bildete von meinem Ausgangspunkt bis
hinunter zum Rufidji die Grenze des großen Jagdreservates des Bezirkes
Mahenge und war bekannt wegen ihres Reichtums an Dickhäutern. In
allen wildreichen Bezirken Deutsch-Ostafrikas finden sich nämlich ein
oder mehrere Reservate, die von der Regierung geschaffen werden, um
dem Wilde Schutz und Schonung angedeihen zu lassen. Es herrscht eine
scharfe Kontrolle, daß von Durchreisenden kein Schuß, und sei es auf
Raubtiere, darin abgegeben wird.

Gegen zwei Uhr fing auch auf meiner Seite ein zunächst lichter Uferwald
an, der den Fluß in zweihundert bis dreihundert Meter Breite begleitete
und sich bis an die das Flußtal umsäumenden Hügel erstreckte. Das
sonst aus abgebrannten Wiesenflächen wieder frisch gesprossene Gras
hatte hier aufgehört, und wir mußten von nun alte Elefantenwechsel
benutzen, die überall längs des Flusses kreuz und quer führten. Da
meine Leute erschöpft waren, machte ich gegen halb vier Uhr Lager. Ich
machte mir eine Stelle aus, wo ich freien Überblick nach dem Fluß und
auch nach der Landseite zu eine Lichtung hatte, und baute das Zelt in
niedrigem Busch ein, um nach Möglichkeit die Tierwelt beobachten zu
können. Meine Leute plagten mich um Fleisch, und nach vier Uhr machte
ich einen kleinen Gang ums Lager, mehr um mich zu orientieren, als mit
der Absicht, Wild zu erlegen. Nur für alle Fälle nahm ich einen Mann
mit, der, wenn nötig, das rituelle Schächten besorgen sollte, da alle
meine Leute Mohammedaner waren, die nicht durch Kehlschnitt getötetes
Wildbret verschmähen. Unmittelbar nachdem das Wild durch den Schuß
auf der Decke liegt, muß der Schnitt unter Gebeten ausgeführt werden,
solange das Blut der Halsschlagader noch fließt.

Wir schlenderten also zunächst fünfhundert Meter am Flußufer hin. Man
kann da im weichen, feuchten Ufersand am besten lesen, was alles zur
Tränke kommt. Besonders zahlreich waren die Fährten von Wasserböcken,
daneben lag Losung (Exkremente), die noch nicht ganz erkaltet war; die
Tiere mußten also vom Zeltaufschlagen flüchtig geworden sein. Einige
Warzenschweine waren auch zur Tränke gegangen.

[Illustration: Abb. 9. Landschaftsbild vom unteren großen Ruaha während
der Trockenzeit. Besser phot.]

Ein kleines Bachbett, das zurzeit trocken war, hatte Flußpferden zum
Ausstieg an das höhere Flußufer gedient; der Wechsel war aber schon
älteren Datums und die Losung prasseldürr. Wir folgten dem Bachbett
aufwärts und sahen etwa dreißig Stück nur männliche Wasserböcke. Um
sie dem Lager noch näher zu treiben, gingen wir, bis sie Wind bekamen.
Es war mehr eine Spielerei von mir, aber der Versuch glückte. Durch
langsames Nachgehen trieben wir sie bis auf hundert Meter aufs Lager
zu. Plötzlich stutzten sie vor den Brennholz holenden Negern, und ich
nahm auf neunzig Meter den stärksten Bock aufs Korn und ließ fliegen.
Mit gesenktem Äser (Maul) ging er noch einige taumelnde Schritte näher
zum Zelt und lag dann mit gutem Lungenschuß. Leider war er genau so
mager, als die tagsüber gesichteten. Den Negern ist das ja ganz
gleichgültig, meinen Appetit schärfte das kränkliche Aussehen jedoch
nicht, und ich verzichtete auf den Genuß.

Nun, da die Leute ihren Willen, d. h. Fleisch zu ihrer Polenta hatten,
gab ich mich der Ruhe hin. Schöner lockerer Sand am Ufer lockte
zum Niederlegen, und die am Uferrand stehenden wilden Feigenbäume
dämpften das noch immer grelle Sonnenlicht. Einige meiner Leute kamen
zum Wasser, das einen klaren Tümpel von etwa Hektargröße bildete,
und spülten die Därme des Wasserbockes, um sich diese Delikatesse
mundgerecht zu machen. Wäre kein Wasser in der Nähe gewesen, so wäre
es auch gegangen, indem die Därme einfach umgedreht und mit der Hand
abgestreift worden wären.

Während ich den Leuten so zusehe, fällt mir auf dem Wasserspiegel in
der Nähe der Spülstelle auf, daß kleine, aus dem Wasser ragende Zweige
hin und her schwimmen, untertauchen und wiederkommen, so daß ein
mechanisches Bewegen durchs Wasser ausgeschlossen erscheint. Ich rufe
die Leute an, was das wäre, und erhalte die Antwort: +cambale mingi
sana+ -- sehr viele Welse.

Na gut! Fisch hatten wir längere Zeit nicht gehabt, und wenn sie so
gierig waren, wie die vor uns, so versprach das einen leichten Fang.
Von einer Wasserbockkeule ließ ich das Fleisch abschneiden, band dann
den Knochen an einen Strick, diesen an eine Baumwurzel und schnitzte
mir dann einen Stiel zu meiner Hechtgabel, die ich noch aus meiner
Jugendzeit besitze.

So, nun noch einen Nagel durchgetrieben, daß die Öse fest am Stock
sitzt, und die Sache kann losgehen. Schon von weitem sehe ich, daß der
Köder gut angenommen war. Der Strick wurde hin und her gezerrt, und
einzelne Rücken schoben sich aus dem plätschernden Wasser. Vorsichtig
ging ich näher. Es waren mächtige Kerle dabei, deren Bart über
Bleistiftstärke Dicke hatte. Ich suchte mir einen mittleren von 1 Meter
Länge aus und hatte ihn an der Gabel, die ich aber fest an den Grund
drücken mußte, damit er sich nicht losriß. Ich schickte einen Mann ins
Wasser, der untergreifen mußte, und mit gleichzeitigem Schwunge lag der
Wels hilflos im losen Sande. Die anderen Welse nahmen keine Notiz von
uns, sie mußten im Tümpel wohl nicht mehr allzuviel finden und waren
deshalb so gierig, daß sie auf nichts mehr acht gaben. Die Gabel kam
nun noch ein paarmal zur Anwendung, dann nahmen der mir helfende Mann
und dazugekommene andere Träger einfach die Hände und warfen Fisch auf
Fisch in den Sand, bis ich sagte: »Jetzt sind's genug!« Bald waren
alle Fische kopflos und wegen ihrer Dicke der Länge nach halbiert; auf
Stäbe gespießt und ums Feuer gesteckt, begannen sie ihren Räucher- oder
vielmehr Dörrprozeß, für meine Nase allerdings kein idealer Genuß.
Ist man aber erst über ein Jahrzehnt in Afrika, d. h. wirklich darin
und nicht nur an der Küste und in Orten der Bahnlinie, dann ist die
Nase auch an mancherlei Düfte gewöhnt, ohne ihrem Träger Übelkeit und
Brechreiz zu verursachen, wie so oft im Anfang. Am nächsten Morgen
waren so viele getrocknete Fische vorhanden, daß, nachdem sich jeder
Träger die Menge auf seine Last geschnürt hatte, die er noch gerade
zu tragen vermochte, neben dem Rest des Wasserbockfleisches noch zwei
Traglasten übrig blieben, die die in Kidoti mitgenommenen Mehlträger
auf ihrem Rückwege mit nach Hause nehmen wollten; sie verschnürten sie
deshalb sorgsam in Borassusblätter und hingen sie zum Schutze gegen
Hyänen drei Meter über der Erde an einem Baum auf.

Frisch und fröhlich marschierte die Karawane dann an dem noch kühlen
Morgen weiter. Viel Gelände gewannen wir nicht auf unserem Wege, denn
Gestrüpp und hohes Gras zwangen uns, nur Elefantenwechsel zu benutzen,
die außerdem nicht gerade in der gewünschten Richtung führen. Man
muß daher oft Leute nach rechts gehen lassen, um festzustellen, ob
wir uns auch parallel am Fluß halten. Diese Wechsel sind zwar, wenn
weniger benutzt, am Boden in achtzig Zentimeter- bis Meterbreite gut
glattgetreten, aber von der Seite ragen Dornenzweige herein, und von
oben hängen armdicke Schlingpflanzen herunter, um die sich der Elefant
zwar wenig kümmert, da er sie einfach beiseite drückt oder zerreißt,
die aber den Trägern mit der Last auf dem Kopfe äußerst hinderlich
sind, namentlich wenn die Last sperrig ist, wie das beim Zelttisch,
dem Feldbett und den Zeltlasten der Fall ist. Mühsam müssen die
Vordermänner dann mit dem Buschmesser Luft schaffen, was die Leute
recht ermüdet. Damit ich zu allererst die Natur immer frisch vorgesetzt
bekomme, gehe ich mit meinem Boy Saleh und einem alten Jagdbegleiter
-- Mohamadi Kungulio -- der früher berufsmäßiger Elefantenjäger war,
fünfhundert Meter voraus.

Wir warten nun und wollen die Karawane aufmarschieren lassen und dann
den Leuten etwas Rast gönnen. Wir warten, warten, warten -- nichts
kommt. Endlich wird mir's zu bunt, und ich lasse Saleh laut rufen.
Nach dem zweiten »Huiiiii« zupft mich Mohamadi Kungulio am Ärmel --
+tembo kule, na kule, na kule+ -- Elefanten dort und dort und
dort, die Richtung mit dem zur Schnute geformten Mund angebend. Da
höre ich auch schon meine Leute hinter mir aufschreien und für eine
halbe Minute kracht's und prasselt's im Wald und Gebüsch, als ob ein
Zyklon hindurchbrauste. Ich selbst sah für kurze Augenblicke vier
Elefanten, die mit den Ohren schlugen und im Laufen den Rüssel nach
allen Richtungen in die Luft warfen, um zu winden. Zwei kamen auf uns
zu, zwanzig Meter in der Breite getrennt; wir blieben ruhig stehen,
ohne uns zu rühren, und sie schlürften weiter auf die Karawane zu,
ohne Notiz von uns zu nehmen. Wir steckten rasch das trockene Gras in
Brand, um sie durch den Brandgeruch weiterzuvertreiben, und gingen
dann zurück zu den Trägern. Hier lagen meine Lasten am Boden, von den
Leuten keine Spur; erst nach mehrmaligem Rufen kommen einige zaghaft
hinter Stämmen hervor oder von Bäumen herunter. Zu Schaden ist keiner
gekommen, nur meine Lasten werden durchs Hinwerfen etwas beschädigt
sein. Nun lachen die Leute sich gegenseitig aus wegen der überstandenen
Angst. Die vordersten hatten drei Elefanten schlafend stehen sehen;
nach der Beschreibung der Leute mußten wir auf sechs Meter an ihnen
vorbeigegangen sein, hatten aber nichts gemerkt. In Angst hatten sich
die Leute nicht weiter vorgewagt, sondern waren mit der Last auf dem
Kopfe stehen geblieben und hatten erst nach dem »Huiiiii« die Lasten
weggeworfen und waren ausgerückt, als einer der aus der Ruhe gestörten
Elefanten die Richtung auf sie zu nahm. Es mögen insgesamt etwa dreißig
Elefanten gewesen sein, die sich lang auseinandergezogen zur Ruhe
untergestellt hatten.

Daß wir vorbeigingen, ohne die drei Elefanten zu bemerken, ist nichts
Verwunderliches. Im dichten Blätter- und Astgewirr, aus dem nur Teile
der Tiere sichtbar sind, läuft man sehr leicht vorbei; die Säulen
(Beine) dieser großen Dickhäuter sehen Baumstämmen täuschend ähnlich,
und oft hat die vorzügliche Mimikry (Anpassung an die Umgebung) meine
nicht gerade schlechten Jägeraugen getäuscht, wenn ich auf frischer
Elefantenfährte pirschte, und nicht, wie heute, Routen aufnehmend und
nur beobachtend meines Weges zog.

Erzählte doch ein Spaßvogel, er habe einen Büffel vor sich gehabt, und
zum sicheren Schuß an einem Stamme angestrichen[5]; nach dem Schuß wäre
der Büffel davongelaufen, sein Stamm aber auch, und erst jetzt habe er
gemerkt, daß er eine Elefantensäule für einen Stamm angesprochen habe.

Ist dies auch etwas toll geflunkert, so habe ich, wie viele
Elefantenjäger, doch oft über eine Viertelstunde neben einem Elefanten
gestanden, auf den ich achtlos gelaufen war, weil ich einen anderen,
entfernteren schießen wollte, der nicht günstig stand. Solange der
Elefant nicht Wind bekommt, reagiert er nur schwach durchs Gesicht und
achtet auf Geräusche, die durch Gehen oder Brechen im Busch verursacht
werden, recht wenig.

Nach dem überstandenen Schrecken ging es wieder weiter. Um ähnlichen
Überraschungen vorzubeugen, zündete ich immer vorn das Gras an, womit
ich gleichzeitig meinen folgenden Trägern das Zeichen gab, wie weit ich
voraus sei, da sie an der Ausbreitung des Feuers merken konnten, wie
lange es schon brannte.

Wir überschritten jetzt ständig Flußpferdpfade, die alle frisch
begangen waren. Einem Pfad, auf dem die Losung noch so frisch war,
daß sie noch Luftbläschen enthielt, folgte ich bis zum Wasser. Schon
nach hundert Metern stand ich vor dem Ruaha, der sich hier durch
eingelagerte Felsbänke seenartig erweiterte, d. h. er füllte trotz
der Trockenheit das ganze Flußbett aus. Ein wunderbares Bild hatte
ich, als ich den Wasserspiegel überblicken konnte. Mir gegenüber in
fünfzig Meter Entfernung lagerten im seichten Wasser mehrere Flußpferde
(+Hippopotamus amphibius L.+, s. Abb. 10). Einzelne stiegen auf
den Steinklippen umher, den ganzen Körper außerhalb des Wassers, und
balanzierten trotz des massigen Körpers geschickt auf den schmalen
Stützpunkten herum. Andere jagten sich im neckischen Spiel im Wasser,
und zwei junge Bullen probierten gegenseitig ihre Stoßzähne, indem
sie Lippen gegen Lippen stießen. Fast sah es so aus, als ob diese
massigen Mäuler sich zum Kusse berührten. Man hörte aber deutlich das
Aneinanderklirren der Stoßzähne, die im Maul verborgen lagen, und
konnte sich einen Begriff davon machen, wie es später im blutigen
Ernst zuginge. Ein auf einer Sandbank liegender alter Bulle ließ
deutlich erkennen, daß auch die dickste Schwarte Risse bekommen kann;
in allen Richtungen war seine Rückenpartie vom Kampfe zerhackt, teils
alt und weißlich verharscht, teils neueren Datums, an der rosigen
Farbe erkennbar. Insgesamt mochten es mehr als vierzig Flußpferde
gewesen sein, die da beisammen waren. Sie nahmen kaum Notiz von mir.
Auf mein lautes Händeklatschen antwortete nur der alte Bulle durch
tiefes Rohren, bemühte sich jedoch nicht aus seiner bequemen Lage.
Von der anderen Gesellschaft hoben nur einige die Köpfe, schüttelten
die kleinen Lauscher und pflegten dann weiter der Ruhe. Lange konnte
ich mich nicht von dem Bilde trennen, aber ich war noch nicht am Ende
meines heutigen Marschzieles. Drei Stunden wenigstens wollte ich noch
weiter gehen.

Alle Viertelstunden stießen wir jetzt am Lande auf schlafende
Flußpferde, die wir hoch machten, damit sie unter der nachfolgenden
Karawane keine Verwirrung anrichten konnten. Eilig trotteten sie
dem Flusse zu. Auf einen jungen Bullen waren wir bis auf 1 Meter
aufgelaufen, ohne ihn im Grase zu sehen. Schießen wollte ich nicht,
da ich mir nur einen alten Bullenschädel mitnehmen wollte und die
Tiere hier fern von allen Anpflanzungen keinen Schaden anrichten
können. Anfangs glaubte ich, er schliefe. Als ich aber eine kleine
Seitenwendung machte, bewegte er seine Lauscher und drehte seine
Lichter so nach mir, daß ich den blutunterlaufenen Augapfel sah. Ich
winkte meinen beiden Leuten mit den Augen und wollte mich vorsichtig
zurückziehen und ihn erst dann hoch machen. Ganz sympathisch war mir
seine große Nähe nicht. Sowie ich den linken Fuß hinten aufgesetzt
hatte und den Körper nachzog, sprang er auf, warf sich nach mir herum,
und mit knapper Not entging ich durch einen Seitensprung einem nach
mir geführten Stoß; dann raste er auf meine beiden Begleiter zu, ohne
jedoch Notiz von ihnen zu nehmen, als sie durch einen hastigen Satz
aus seiner Fahrtrichtung flüchteten. Saleh wollte mir und Mohamadi
Kungulio die Hand schütteln zur Beglückwünschung nach überstandener
Gefahr. Mohamadi als alter Elefantenjäger lachte ihn aber aus und
meinte wegwerfend: »Hm, ein Flußpferd ist kein Nashorn,« womit er ja
schließlich recht hat im zweifachen Sinne seiner Worte.

Wir kamen jetzt an einen versumpften Flußlauf, der von links auf
den Ruaha zu führte. Dicht war der Sumpf mit Nymphazeen bewachsen,
auf deren schwimmenden Blättern braune und schwarze Blätterhühnchen
(+Phyllopezus africanus Gmel.+) trippelten. Bei unserer Annäherung
fingen sie an zu gurren, und dieser gurrende Ton setzte sich über den
ganzen Sumpf fort. Zahlreiche Dickhäuter mußten hindurchgewechselt
sein, denn nach allen Richtungen konnte man die Linien der im Gehen
umgewendeten Nymphazeen sehen, deren rotbraune Unterseite sich deutlich
vom übrigen Grün abhob. Hellgrüne Flecken bildeten die Fanna-Rosetten
dazwischen. In der Mitte standen zwei Nimmersatte (+Pseudotantalus
ibis Linn.+) auf einem Ständer und putzten sich das Gefieder. Weiter
unten nach dem Fluß zu sah ich einige weiße Vögel, konnte aber auch
durchs Glas nicht bestimmen, ob ich Reiher oder Löffelgänse vor mir
hatte.

Um die Fährten am Rande des Sumpfes zu lesen, beschloß ich, ihn zu
umgehen. Ich hatte dabei die Nebenabsicht, falls die weißen Vögel
Reiher wären und Schmuckfedern trügen, einen bis zwei zu erlegen.

An Fährten stellte ich fest: drei afrikanische (Spitz-)Nashörner
(+Diceros bicornis L.+, s. Abb. 12), dann Flußpferde, Elefanten,
Wasserböcke und Zebras sowie einen starken Löwen. Es waren wirklich
Reiher (+Herodias alba Linn.+), wie ich auf hundertfünfzig Meter
ausmachen konnte. Beim Näherkommen sah ich durchs Glas, daß nur einer
gute Federn hatte, d. h. diese ragten über den Stoß als vom Wasser
zusammengeklebtes Schwänzchen. Auf einem Flußpferdwechsel, der durchs
Gebüsch führte, kam ich ungefähr auf vierzig Meter heran und holte mir
den Federträger mit einem Schuß meines kleinen 6 mm-Bayardkarabiners,
der, rauchlos beschossen, nur sehr schwach knallt. Mein Vogel schwamm
sofort auf dem Wasser, und die anderen lüfteten nur etwas die Flügel.
Mit dieser Beute war ich sehr zufrieden. Die Federn waren zwar durch
das Schleifen im Schlamm an den Spitzen braungrau gebeizt, bei den
trockenen Federn war aber nichts davon zu merken.

Ich stieß wieder zu meiner Karawane, die sich inzwischen ausgeruht
hatte, und wir setzten den Weitermarsch fort. Bei Durchquerung eines
Dickichts, das wenig Ausblick gewährte, schreckte uns plötzlich ein in
allernächster Nähe ausgestoßener fauchender Grunzton. »Mbuisi«, wilde
Hunde (Hyänenhunde), sagte Mohamadi. Ich bückte mich möglichst tief und
sah zwei Löwen von merkwürdig dunkler, ins Braune gehender Farbe, mit
dunkelbraunem Kopf, mähnenlos und nur halb so groß als ausgewachsene
Löwen, weshalb ich sie für junge Tiere hielt. Mohamadi und Saleh
hatten sechs Stück gezählt, und jener erklärte mir, daß es sich um
»Buschlöwen« handelte, die nicht größer würden und stets in Rudeln
jagten. Sie griffen Menschen niemals aus freien Stücken an, kämen
auch niemals in die Nähe der Dörfer. Sobald jedoch einer von ihnen
angeschossen wäre, gingen alle solidarisch zum Angriff über.

Vor sechs Monaten hatte mir Pater Jäckel von der Missionsstation
Tununguo, ein sehr eifriger Jäger, erzählt, daß er einen solchen
kleinen Löwen geschossen hätte, drei andere seien darauf geflüchtet.
Ich hielt damals Pater Jäckels Beute für einen jungen Löwen, da ich
mir einbildete, alles größere deutsch-ostafrikanische Wild aus eigener
Anschauung zu kennen, und sah nun, daß ich mich getäuscht hatte. Leider
habe ich auch späterhin keinen dieser kleinen, kaum bekannten und
bisher unbeschriebenen Löwenart wieder zu Gesicht oder gar zum Schuß
bekommen.

Die überall im Grase liegenden Flußpferde wurden uns bald äußerst
lästig; da sie in so großer Anzahl herumlagen, erlosch mein Interesse
für sie. Einige Male folgte ich noch ihren Pfaden bis zum Wasser und
sah dann stets Flußufer und Sandbänke von ihnen bevölkert. Ich habe
auf dieser Reise mindestens tausend Stück gesehen; da ich nur ab und
zu Ausblick auf den Fluß hatte und dort stets eine größere Anzahl --
zwanzig bis vierzig -- sichtete, muß die wirkliche Menge ganz gewaltig
sein. Kein Mensch hatte sie hier gestört, und andere Feinde gibt es
wohl kaum für sie, da sie mit ihren Mitbewohnern des Wassers, den
Krokodilen, friedlich auszukommen scheinen. Es mag höchstens ab und zu
einmal ein Löwe ein junges Flußpferd schlagen.

Auf einer Insel, die zurzeit mit der Landseite trockene Verbindung
hatte, schlug ich das Lager auf. Ich hatte von hier aus Ausblick
auf stark benutzte Tränkstellen an beiden Flußufern. Der Ruaha floß
hier in nur vierzig Meter breiter Rinne in reinem Sandbett. Außer
einigen großen Bäumen, die mir Schatten gewährten, war die Hälfte der
Insel mit dichtem, hohem Schilfrohr bestanden. In dem trockenen Teil
des Flußbetts waren zahlreiche, zum Teil tiefe Tümpel, die von sehr
mannigfacher Vogelwelt bevölkert waren. Ich sah hier die ersten jungen
Nilgänse (+Alopochen aegyptiacus Linn.+), die noch nicht flügge
waren.

Gern hätte ich mir einige davon gefangen, da sie im Geflügelhof ganz
zahm werden und auch späterhin nicht fortfliegen. Wir plagten uns aber
bis Sonnenuntergang vergeblich. Sie hielten sich immer in der Nähe
des Wassers und ließen sich durch keine List davon abschneiden. Auf
dem Wasser aber war alle Mühe aussichtslos; sie tauchten so geschickt
und kamen zwischen schwimmenden Blättern und Ästen unbemerkt wieder
an die Oberfläche, wo man sie erst nach längerem Umherstreifen wieder
entdeckte.

Als ich noch bei Tageslicht -- um die durch das Lampenlicht
herbeigelockten Insekten nicht ständig aus Suppe und Fleischtunke
herauslesen zu müssen -- meine Mahlzeit einnahm, die sich, wie stets
auf Reisen, aus vereinigtem Mittags- und Abendbrot zusammensetzte,
sah ich auf der rechten Flußseite (dem Jagdreservat) zwei Elefanten
langsam auf den Fluß zu wechseln. Sie kamen bis auf einige Meter an den
Fluß heran, knieten dort nieder und schaufelten mit den recht langen
Stoßzähnen -- an der schlanken Form der Stoßzähne erkannte ich sie als
alte Kühe -- den Sand auf. Dann erhoben sie sich wieder und halfen mit
den Vordersäulen nach, um die Vertiefung größer zu machen. Sie warteten
eine kleine Weile, sogen sich mehrmals hintereinander die Rüssel voll
und entleerten sie in ihr Maul, dann wurden einige Rüssel voll über den
Rücken und die riesenhaften, lebhaft hin und her bewegten Ohrmuscheln
gespritzt (Der deutsch-ostafrikanische Elefant (+Loxodonta africana
knochenhaueri Mtsch.+, s. Abb. 18) hat im Gegensatz zu +Elephas
maximus L. [E. indicus]+ riesenhafte Ohren. Auch seine Stoßzähne
sind erheblich größer und erreichen ein Gewicht von 300 Pfund und
eine Länge von 2,8 Metern.), bis sie in steinerner Ruhe dastanden, in
der hereinbrechenden Dunkelheit immer verschwommener und gewaltiger
erschienen und sich schließlich ihre Schatten meinem Auge ganz
auflösten. Leider erschien der Mond erst gegen vier Uhr morgens als
letztes Viertel.

Von allen Seiten hörte ich in dieser Nacht Elefanten trompeten
und beim Laubäsen in den Ästen brechen. Ab und zu gurgelte in dem
lautlos fließenden Ruaha das Wasser, wenn Flußpferde heraus oder
hinein wechselten. Dazwischen schreckten Buschböcke mit ihrem tiefen
Bellton. Einmal erwachend, hörte ich ein Flußpferd ganz dicht bei
meinem Zelt Schilf äsen. Ganz gleichmäßig wechselten das Rupfen und
die Kaugeräusche ab, so daß ich bald wieder einschlief. Es ist
eine weihevolle Stimmung, die einen beherrscht, wenn man in der von
frevelnder Menschenhand noch nicht berührten Natur das Leben dieser
Urriesen auf sich einwirken lassen kann.

Am Morgen erwacht, ging ich im Schlafanzug aus dem Zelt, und mein
erster Blick galt der Stelle, wo gestern abend die Elefanten gestanden
hatten. Sie war natürlich leer, aber ein größeres dunkles Etwas lag am
Boden, dessen Natur ich mit dem Glas nicht ausmachen konnte. Mohamadi
Kungulio, als Monfidyi (Bewohner des Rufidjideltas) an Wasser mit
Krokodilen gewöhnt, schwamm hinüber und fand -- die Nachgeburt eines
Elefanten. Hätte ich von diesem nächtlichen Vorgang eine Ahnung gehabt,
so hätte ich mich sicher hinübergepirscht, um diesen Vorgang, der wohl
selten eines Menschen Auge geboten wird, zu belauschen. Frisch gekalbte
Elefanten hatte ich früher am Njassa häufig gesehen, sie waren aber
immer einige Tage alt, da ich sie nur dadurch zu Gesicht bekommen
hatte, daß mir gemeldet wurde, der Elefant, der immer dort und dort zur
Tränke zieht oder nachts die Zuckerrohrpflanzungen abweidet, hat jetzt
ein Junges.

Der Weitermarsch bot gegen die Vortage nichts Neues. Flußpferde,
Flußpferde, Flußpferde und ab und zu einige Wasserböcke, sonst sahen
wir nichts.

Vom Lager wagte ich es, im Fluß zu schwimmen. Hundertfünfzig Meter von
mir entfernt lagen mehrere Flußpferde ruhig im Wasser. Durch unseren
Lärm aufmerksam gemacht, schwamm eins langsam auf uns zu. Es war wohl
mehr Neugierde als Angriffslust. Als es gähnend den Rachen aufriß,
sah ich prachtvolles Elfenbein schimmern (Abb. 10). Ich machte meinen
oben vom Zelt uns zuschauenden Leuten die Geste des Schießens, und
mein Boy Saleh brachte mir gleich mein schwerstes Gewehr, die 11,2
Elefantenbüchse mit 5,5 g rauchlosem Pulver. Auf etwa 30 Meter ließ ich
den Bullen herankommen, dann ließ ich, auf das rechte Auge abkommend,
fliegen. Ein gewaltiges Plätschern, das mir die Wellen bis an die Brust
spülen ließ -- ich stand bis etwas über die Hüfte nackt im Wasser --,
und der Bulle lag tot auf dem Wasser, ohne unterzusinken. Auf den Schuß
antworteten flußauf und -ab die anderen Flußpferde durch tiefes Rohren.

Um einem Abschwimmen in dem zwar langsam abfließenden Wasser
entgegenzuarbeiten, rief ich gleich nach Stricken und Leuten, und
bald bewegte sich der Koloß, von Schwimmern gezogen, aufs Ufer zu,
während einer auf den Kadaver geklettert war und Umschau hielt, ob
kein Krokodil oder Flußpferd in der Nähe sichtbar würde. Plötzlich
angstvolles Schreien aller Leute, mein Flußpferd war im Stich gelassen,
und alles strebte dem Ufer zu. Ein zweites Flußpferd erschien dicht
hinter dem erlegten und gab dem toten Tier gewaltige Stöße. Da mir
meine Munition zu kostbar war, rief ich meinem Soldaten beim Zelt zu,
einen Schreckschuß abzugeben. Er gab deren zwei ab, die wirkungslos
blieben. Na, dann meinetwegen! Ich hatte zwar an einem Schädel genug,
aber diesen einen wollte ich auch sicher haben.

[Illustration: Abb. 10 Flußpferd.]

Gerade als das Flußpferd den Kopf etwas aus dem Wasser hob und steil
nach unten senkte, trug ich ihm meinen Schuß durch die Lichter an.
Lautlos versank es, nur der dumpfe Ton der einschlagenden Kugel war
weit hörbar. Mit Mühe bekam ich meine Leute so weit, daß sie sich
wieder vorspannten. Als die Schwimmer Grund hatten, ging die Sache
rasch vor sich. Im knietiefen Wasser wollte es aber nicht weiter
gehen, trotzdem zwölf Mann an den Stricken zogen und zehn hinten
drückten. Da die Sonne schon untergegangen war, ließ ich den Kopf vom
Rumpfe trennen. Vier Mann hatten schwer daran zu tragen. Der Schädel
sollte bis zum Morgen durch Entfernen aller Fleischstücke leichter
gemacht werden, und drei Mann, die sich immer ablösen mußten, ließ
ich unter Aufsicht eines Soldaten ans Werk gehen. Schrilles Trompeten
der Elefanten, Rohren der Flußpferde und das Heulen einiger Hyänen,
die der Fleischgeruch lockte, machten unser Nachtkonzert. Am Morgen
rief ich durchs Zelt, daß zwei Mann nachsehen sollten, ob der Kadaver
des zweiten Flußpferdes, das gestern gleich gesunken war, an den
Stromschnellen, die weiter unten waren, angeschwemmt sei oder so auf
dem Wasser treibe.

Sie kamen zurück mit der Botschaft, daß nicht nur von dem zweiten
Flußpferd nichts zu sehen sei, sondern auch der kopflose Kadaver, den
wir nur mit Mühe im knietiefen Wasser fortbewegt und nicht einmal bis
ans Ufer gebracht hatten, verschwunden sei. Wir nahmen an, daß es
Krokodile gewesen waren, die den unverletzten Körper angeschnitten und
dadurch am Auftrieb verhindert und ebenso den kopflosen Kadaver erst
durch Abreißen von Stücken leichter gemacht und dann ins tiefere Wasser
gezerrt hätten. Am Rikwasee hatte ich häufig die Beobachtung gemacht,
daß auf den Grund gesunkene Flußpferde von Krokodilen angeschnitten
wurden, ehe sich die Auftriebsgase entwickeln konnten.

[Illustration: Abb. 11. Flußpferdschädel. Seitenansicht. Besser phot.]

Nun, dann hilft weiter nichts, wir mußten weiter. Zwei Mann tragen den
jetzt nur noch etwa hundert Pfund schweren Schädel an einer Stange. Das
Gebiß ist prächtig (Abb. 11). Die Stoßzähne sind handgelenkstark, und
die beiden unteren Hauer reichten mir, als ich sie später herausnehmen
konnte, um den Leib, wenn man Wurzel und Spitze zum Ring zusammenlegte.

Gegen zehn Uhr wurde hinten bei den letzten Trägern ein Nashorn
(+Diceros bicornis L.+, Abb. 12) hoch. Geräuschvoll wie eine
Dampfmaschine pustend, jagte es an der Karawane entlang, lief auf
uns bis auf vierzig Meter zu und schwenkte dann links ab, in der
Hügellandschaft im hohen Grase verschwindend. Natürlich lagen wieder
sämtliche Lasten auf der Erde. Wegen seiner Angriffslust ist es das
von den Negern am meisten gefürchtete Tier. Man sieht es dem ruhig
weidenden, plumpen Tier gar nicht an, welch behende Geschwindigkeit es
entwickeln kann.

[Illustration: Abb. 12. Ostafrikanisches Nashorn.]

Die Hügellandschaft trat jetzt etwas mehr zurück, und das Gras wurde
niedriger, so daß das verbreiterte Flußufer Salzsteppencharakter
annahm. Gnus (+Connochaetes taurinus Burch.+), Hartebeeste
und Zebras traten in kleinen Herden auf, und Rudel von
Schwarzfersenantilopen äugten auf uns aus der Ferne. So blieb das
Bild einige Tage, die Elefantenwechsel wurden spärlicher, und nur die
Flußpferde blieben zahlreich wie zuvor. Ein heftiger Kopfschmerz hatte
sich bei mir bemerkbar gemacht, und ein Ziehen im Kreuz und in den
Beinen gab mir Gewißheit, daß sich Malaria eingestellt hatte. Unsere
Vorräte waren aufgezehrt, wir waren schon am siebenten Tage unterwegs,
statt, wie gerechnet, am fünften bis sechsten auf eine Ortschaft zu
stoßen. Mein Kaffee war auch zu Ende, ebenso der Brot- und Mehlvorrat,
und selbst das Petroleum zu meiner Reiselampe. Nur Reis war für mich
noch für eine Mahlzeit vorhanden. Nachmittags nahm ich ein Gramm
Chinin und abends ein zweites. Das Fieber ging nicht herunter und
blieb auf neununddreißig Grad stehen, ab und zu etwas über vierzig
steigend. Nachts erwache ich und nehme halb im Fieberwahn ein drittes
Gramm Chinin. Das war auch für meine Pferdenatur etwas zu viel, und am
Morgen sah ich die Bescherung, ich hatte mir ein Schwarzwasserfieber
zugezogen, das zweite in Afrika, allerdings mit einem Zwischenraum von
elf Jahren. Ich versuchte, auf dem Esel zu reiten, nach einer Stunde
ging's nicht mehr. Nun heißt zwar bei Schwarzwasserfieber die erste
Pflicht, ruhig liegen bleiben, ganz gleich, wo. Meine und meiner Leute
Nahrungsmittelverhältnisse zwangen uns aber weiter. Ein paar Schritte
machte ich, auf meinen Boy Saleh gestützt -- es ging nicht mehr. Meine
Soldaten machten aus meiner Zeltbodendecke eine Hängematte und trugen
mich persönlich. Es ging so lange gut, bis das schon mürbe Segeltuch
riß. Nun banden sie ihre Schlafdecken als Hängematte an eine Stange,
aber bald löste sich auch dort das Gewebe auf, und es blieb nichts
anderes übrig, als daß ich mehrere Strickpartien mir um Decke und
Stange in kleinen Abständen legen ließ. Fest wie ein Bündel lag ich nun
an die Stange angeschnürt. Das durch die Decke gemilderte Einschneiden
der Stricke war noch zu ertragen, aber ich konnte mich nicht bewegen
und die Tsetsefliegen nicht verjagen, die sich saugend auf Kopf und
Gesicht niedergelassen hatten. Ich verlor bei dieser Tour mehrere
Plomben aus den Vorderzähnen, wenn ich in Schmerz und Wut in die Decke
biß.

Essen mochte ich im Lager nichts. Es gab nur gedörrtes
Wasserbockfleisch und abgekochtes lauwarmes Ruahawasser. Von diesem
zwang ich so viel in mich hinein, als mir ohne Brechreiz möglich war,
um die mit Blut verstopften Nieren wieder zu spülen und arbeiten zu
lassen. Einen Mann sandte ich voraus, um mir aus der unmöglich weit
entfernten Ortschaft eine Papay (Baummelone) zu holen, koste es was es
wolle. Spät am Abend kam er ergebnislos zurück, er brachte aber einen
Fischer mit, den er mit zwei anderen Leuten getroffen hatte.

Nun konnte ich mich wenigstens über die Gegend orientieren. Die
Ortschaften flußabwärts waren mehrere Tage entfernt, die auf der Karte
angegebenen existierten nicht mehr. Ihre Bewohner waren flußabwärts
gezogen, weil sie infolge der zahlreichen Elefanten, Nashörner und
Flußpferde nie eine ordentliche Ernte einbringen konnten, sondern nur
auf Fischfang angewiesen waren, um dann mit der geräucherten Ware
spärliche Lebensmittel eintauschen zu können. Viel braucht der Neger
nicht, aber dies war ihnen doch zu primitiv, und sie verließen diese
Gegend schon lange, wie ich zu meinem Leidwesen hörte.

Die drei Fischer konnten uns keine Lebensmittel ablassen, denn sie
hatten selber nichts außer Dörrfischen. Uns war es um Mehl oder Reis
zu tun, da Fleisch und Fisch allein den Verdauungsapparat zu sehr
anstrengt und auf die Dauer Darmkrankheiten hervorruft. Einer meiner
Leute hatte einen wilden Bienenschwarm entdeckt, es war aber nur
eine kleine Honigwabe drin von halber Handgröße, die anderen Waben
enthielten Brut oder waren so wenig angefüllt, daß der Honig noch nicht
herausfloß.

Am nächsten Tage bei den Fischern angekommen, bogen wir vom Ruaha links
ab auf das Dorf Hobola zu. Nach sechsstündigem Marsche erreichten wir
drei ganz primitive Hütten. Hier erhielt ich einige Stücke Maniok, den
ich erst rösten ließ und heißhungrig verzehrte. Endlich am neunten
Tage erreichten wir Hobola. Schon von dem Anblick der hübschen Hütten,
zwischen denen zahlreiches Federvieh herumlief, kam ich wieder zu
Kräften. Bald hatten die Leute gehört, daß wir ein paar Tage gehungert
hatten und daß ich schwer krank sei. Sie schleppten in großen Mengen
Süßkartoffeln, Maniok, Kürbisse, Zuckerrohr und Eier herbei, und
es begann ein Schmausen meiner Leute bis zum nächsten Morgen. Ich
selbst leistete auch darin Erhebliches und hielt meinen Koch bis
elf Uhr nachts in Atem. Erst ließ ich mir Kürbissuppe machen, dann
Süßkartoffeln rösten, dann solche kochen. Zwei große Portionen Rührei
genoß ich in den Pausen und kaute dann noch eine Stange Zuckerrohr.
Jedenfalls futterte ich mich in dieser einen Nacht völlig zu Kräften.

Neu gestärkt und wie zu neuem Leben erwacht ging es am nächsten Morgen
vor Tagesanbruch weiter. Gegen elf Uhr erreichten wir das Dorf Kirengwe
an der Straße Kissaki-Mahenge. Hier hatte ich mein Rad stehen lassen,
und mit dem Gefühl »nur nach Hause« ließ ich meine Leute Lager machen
und setzte mich selbst aufs Rad, um gegen einhalb ein Uhr in Kissaki zu
sein.

Jedenfalls war ich der erste Europäer, der diese gänzlich unberührte
Gegend durchquert hatte. Unser rasches Vorwärtskommen auf dieser
unbewohnten Strecke verdanke ich meinen gut eingeübten Trägern,
die mich schon monatelang auf Reisen begleiteten. Heute sind alle
Mühseligkeiten vergessen, und gern erinnere ich mich dieser Reise, die
mir so reichen Einblick in dieses Stück erhaltenen Dorados der Riesen
aus der Urzeit gewährte.


              =Flußpferde= (+Hippopotamus amphibius L.+).

Viele Reisende berichten aus Afrika, daß Flußpferde harmlose Tiere
wären, die niemand etwas zuleide täten und den Menschen aus dem Wege
gingen. Sie verurteilen auch die Jagd auf Flußpferde, erklären den
Abschuß für unweidmännisch und möchten die Flußpferde von der Liste der
zur Jagd erlaubten Tiere gestrichen wissen.

Ohne Zweifel haben sie teilweise recht. Es gab Leute, die sich Jäger
nennen, sich an einen Wassertümpel setzten, in dem sich Flußpferde
befanden, und die dann auf eins schossen, worauf die übrigen
untertauchten. Vorsichtig kommt wieder ein Kopf aus dem Wasser, um
Luft zu schöpfen; puff, wird auch er beschossen, das erste könnte ja
nicht tödlich getroffen sein, und so geht's weiter. Am nächsten Morgen
schwimmen dann zwanzig und mehr Leichen auf dem Wasser, der Rest ist
ausgewandert. Ich spreche hier von häufig vorgekommenen Tatsachen.
Solche »Jäger« haben aber gewöhnlich in Afrika zum erstenmal ein Gewehr
in der Hand gehabt und halten sich nun für geübt, wenn sie eine Kugel
aus dem Lauf lösen und einigermaßen richtig ans Ziel bringen können;
Liebe und Interesse für Wild fehlt ihnen; die Natur selbst ist ihnen
fremd. Sie gleichen den Engländern, die das Tontaubenschießen von
Monaco und Ostende auf das Wild übertragen und mit ihrer Rekordwut die
Kreatur zugrunde richten. Durch das neue Jagdgesetz, das für einzelne
Bezirke eine Einschränkung vorsah, ist ihnen das Handwerk gelegt
worden. --

Die Erlegung von Flußpferden kann dem Jäger aber auch reine
weidmännische Freuden bescheren. In den Gebieten, wo sich dieses
riesige Wasserschwein mit der Kultur trifft und seines Feldschadens
wegen häufig verfolgt wird, werden auch namentlich die älteren Bullen
äußerst angriffslustig. Wer an der Wehrhaftigkeit zweifelt, braucht
sich nur einmal einen alten Bullenschädel mit seinen gewaltigen
Stoßzähnen und Hauern im Unterkiefer genau anzusehen (s. Abb. 11).
Wie mancher Neger hat im Rufidji schon seinen Tod gefunden, weil ein
bösartiger Bulle ein harmloses Kanu umstieß oder zerbiß. Mancher mir
bekannte Europäer geriet durch Flußpferde, ohne daß er sie beschoß,
infolge Kenterns seines Bootes in die Gefahr des Ertrinkens oder des
Todes durch den Angriff eines Krokodils und wurde nur mit Mühe gerettet.

Aber nicht nur im Wasser können Flußpferde unangenehm werden, wie aus
folgendem hervorgeht. Im März 1912 kehrten in Kissaki eines Abends
zwei Neger von der Arbeit zurück. Es war gegen neun Uhr und ziemlich
dunkel, wie meist in der Regenzeit. Kurz vor ihrem Dorfe sahen sie
ein großes schwarzes Tier an der Straße stehen. Der eine der Männer
klopft mit dem Stiele seiner Hacke an einen Baum, und im Augenblick
werden beide angegriffen. Der eine entkommt, der zweite fällt auf dem
schlüpfrigen Boden hin und streckt die Beine in die Luft. Schon hat ihn
das Flußpferd erreicht und zermalmt ihm gänzlich den Unterschenkel. Es
wurde erst durch das Geschrei der Dorfbewohner vertrieben. Da alle Wege
tief voll Wasser standen, war eine Verfolgung durch Aufnahme der Fährte
am nächsten Morgen ausgeschlossen.

Beim zweiten Falle erschien im Juli desselben Jahres ein alter Bulle
mittags um 12 Uhr in einem Dorfe. Die Leute hörten das Laufen und
glaubten, ein Europäer sei geritten gekommen. Als sie zu seiner
Begrüßung aus ihren Hütten heraustraten, sahen sie ein Flußpferd
laufen. Eine alte, schwerfällige Frau lief ihm in den Weg und erhielt
einen solchen Hieb mit den Hauern, daß die Rippenpartie der linken
Seite samt den Rippenknochen aufgerissen wurde.

Da ich dringend verreisen mußte, hatte ich selbst keine Zeit, die
Verfolgung aufzunehmen, und schickte deshalb fünf Leute mit Gewehren
ab, um das bösartige Tier, das sich seit längerem eine halbe Stunde
abseits des Flusses in den Maisfeldern aufhielt, deren Hüter angriff
und nur schwer zu verjagen war, unschädlich machen zu lassen.
Angeblich hatten es die Leute beschossen. Es habe auch schwer vom
Blatt geschweißt, trotzdem sei es entkommen. Den Mgetafluß habe es
durchschwommen und sich stets auf dem trocknen Lande in Sicherheit
zu bringen gesucht. Ich konnte diese Behauptungen wegen meiner
dazwischenliegenden Abwesenheit nicht nachprüfen. Einige Zeit später,
als das Flußpferd wieder gemeldet wurde, brachte es der Baumeister S.,
der die Station Kissaki baute, zur Strecke.


+a.+ ~Die Jagd der Eingeborenen auf Flußpferde auf dem Njassasee.~

Häufig hatte ich am Njassastrand in den frühen Morgenstunden oder auch
am Tage, wenn der See wellenlos lag, die Umrisse der der Flußpferdjagd
obliegenden Wakissi beobachtet. In Kanus, die sechs bis acht Leute
fassen, stand am Bug der Harpunier mit der Harpune, die stets auf dem
nach oben ausgestreckten Arm wagerecht gehalten wird. Immer folgte
ein Kanu ohne Harpunier. Nie waren es aber mehr als zwei Kanus, die
gemeinsam fuhren. Vom Land aus gelang es mir nicht, den Augenblick
des Harpunierens zu erspähen, wohl aber sah ich mehrmals die Leute
mit ihrer Beute im Schlepptau heimkehren und diese im seichten Wasser
zerlegen.

Ende des Jahres 1902 konnte ich die Angst des Wakissihäuptlings
Mandemera, daß mir ein Unfall zustieße und er dann dafür verantwortlich
gemacht würde, besiegen und ihn breitschlagen, mich auf solche
eigentümliche Jagd mitzunehmen.

Zunächst will ich kurz die Ausrüstung beschreiben. Die beiden Kanus
boten Platz für vier bis sechs Personen, trugen aber im Notfall das
Doppelte. Es waren ausgehöhlte Baumstämme, deren Öffnung oben breit
genug war, daß ich, ohne mich seitwärts zu drehen, im Niedersitzen
meine Hüften hineinbrachte.

Zu jedem Boot gehörten vier Mann mit dem am Njassa gebräuchlichen
kurzstieligen Paddelruder (s. Abb. 13, rechts) mit lanzettlichem Blatt,
das, ohne am Bootsrand aufgelegt zu werden, mit beiden Armen gehandhabt
wird. Die Ruderer sitzen am Boden des Bootes mit vorgestreckten Beinen
und bewegen nur den Oberkörper beim Rudern.

Die Harpune (s. Abb. 13, links) ist ein am Blatte oval geschmiedetes
und haarscharf geschliffenes Eisen von 6 cm Länge und 4 cm Breite.
Oberhalb des Blattes steht als Widerhaken ein eiserner Dorn von der
Dicke und Länge eines kleinen Fingers, dann folgt eine mit einer Öse
versehene Lasche. In dieser ist eine aus Hanffaser festgeflochtene
Leine gut verknüpft. In die Lasche wird locker ein aus hartem, zähem
Holz gearbeiteter, fünf Meter langer Schaft gesteckt, an dem die
Harpune durch die an der Öse befestigte Leine festgezogen wird. Bei
Lockerung der Leine trennt sich die Harpune sofort vom Schaft. Der
Schaft von Handgelenkstärke wird durch monatelanges Liegen im Schlamm
mit mehrmaligem Erhitzen über Feuer besonders schwer und wuchtig
gemacht und wiegt dann gebrauchsfähig fünfunddreißig bis vierzig Pfund.
Man muß die Harpunenführer bewundern, daß sie stundenlang dieses
Gewicht auf dem erhobenen Arm balanzieren können. Die oben erwähnte
Leine ist sechzig bis siebzig Meter lang und liegt sauber aufgerollt
hinter dem Harpunenträger. Eine zweite ist zur Reserve vorhanden. Dann
kommen auf jedes Boot noch zwei Dutzend starke Speere mit 30 Zentimeter
langem, dreieinhalb bis vier Zentimeter breitem Blatt. Die Speere sind
mit Blatt etwa 1,6 m lang.

[Illustration: Abb. 13. Rechts Paddelruder, links Harpune der
Wakissi-Neger für Flußpferde (n. Skizze d. Verfassers gez. v. R.
Öffinger).]

An einem windstillen Morgen fuhren wir bei der ersten Dämmerung ab.
Östlich von uns sah und hörte man schwach einige Flußpferde, die, aus
der Lufiriomündung kommend, langsam in den offenen See zogen. Ich
befand mich im Boot beim Harpunenträger -- dem Häuptling Mandemera
selbst -- und hatte, weil ich von dieser Art Jagd noch nichts verstand
und daher sonst passiv bleiben wollte, die Beaufsichtigung der Leine
übernommen, um möglichst genau vom Bug aus beobachten zu können. Ich
hatte bis auf Hut, Hemd und Hose alles abgelegt, um gegebenenfalls im
Schwimmen nicht behindert zu sein, falls das Boot zum Kentern kam, was
häufig vorkommen sollte. Außer uns beiden trug das Boot vier Ruderer.
Das zweite Boot war ebenfalls mit vier Ruderern bemannt und trug
noch einen Mann und einen Jungen. Jener sollte speeren, der Junge ihm
Ersatzspeere reichen.

Klar grün schimmerte das Njassawasser. Es war so durchsichtig, daß man
am Bug, ohne verzerrte Bilder zu bekommen, auf dem Sandboden jedes
Steinchen schimmern und jeden Fisch schwimmen sah. Der See mochte fünf
Meter tief sein, wie ich mich belehren ließ. Mandemera bestimmte die
Tiefe nach der Farbe des Wassers. In einem Kilometer Abstand von den
Flußpferden fuhren wir zunächst zu diesen parallel. Dann wurde ein
Bogen geschlagen, der die Tiere zwischen uns und das Land brachte. Da
sich auch die Flußpferde gleichzeitig vom Ufer entfernten, waren wir
etwa 6 Kilometer weit draußen im See. Nun warteten wir mit eingezogenen
Rudern. Oft war von den Flußpferden nichts zu sehen. Sie schwammen
unter Wasser; näher und näher kamen sie. Erst sah man eine Fontäne
zerstäubten Wassers aufsteigen, dann erst hörte man den prustenden Ton,
der durch das Ausstoßen der Luft verursacht wird. Auf 150 Meter waren
sie jetzt an uns herangekommen. Es war 7 Uhr morgens. Nun suchten sie
seitlich auszubiegen, da sie wohl die feindliche Absicht witterten.
Unsere Ruderer traten in Tätigkeit, und Mandemera stellte sich in
Positur, wie ich sie so häufig vom Land aus beobachtet hatte. Das
zweite Boot fuhr in drei Meter Abstand eine halbe Bootslänge hinter
uns. Nun waren wir heran. Zehn Meter vor uns tauchte der Wassersprudel
auf. Dann hob sich das Tier mit halbem Körper aus dem Wasser und
versank lautlos. Es waren vier Flußpferde. Mandemera hatte es auf das
letzte abgesehen. Er schien es unter Wasser genau im Auge zu haben,
ich konnte nichts sehen, da ich saß. Da tauchte vor uns in fünf Meter
Entfernung die Nase auf und war auch schon wieder unter Wasser.

Jetzt sah auch ich das Tier unter Wasser. Ganz rosig durchscheinend
schimmert seine Haut, ganz verschieden von dem sonstigen bräunlichen
Ton. Nun tauchte es zwei Meter seitwärts vor uns auf, sofort wendeten
unsere Boote. Wieder schwamm es unter uns. Es schien mir greifbar nahe.
Mandemera sagte, ohne seine Stellung zu verändern, es schwimmt zu tief.
Wohl eine Stunde folgten wir dem Flußpferd und bewegten uns kreuz und
quer fahrend dem Lande zu. Wir waren nur noch etwa vier Kilometer
vom Strand entfernt und die anderen Flußpferde weit draußen im See.
Mandemera sagte mir, ich stoße nur, wenn es nach [Illustration: Abb.
14. Flußpferdjagd der Eingeborenen auf dem Njassasee. (Nach Skizze des
Verfassers gez. von M. Zimmer.)]

oben schwimmt, um Luft zu holen. Dies geschah alle drei bis fünf
Minuten. Wie mir schien, verpaßte der Häuptling gute Momente. Plötzlich
sah ich, wie Mandemera die Spitze der Harpune langsam senkte. »Gib auf
die Leine acht!« rief er mir zu. Das Flußpferd tauchte auf, wieder
hatte er nicht gestoßen, und ich fing an, ungeduldig zu werden. Jetzt
erhob er sich auf den Zehen, und die Harpune mit beiden Händen fassend
stieß er zu (Abb. 14). Ich spähte über den Rand und sah, wie sich das
Flußpferd im Wasser überschlug. Indem ich hastig die Leine abwarf,
sah ich, wie Mandemera jetzt den harpunenlosen Schaft in der Rechten
hielt und durch die Linke die Leine gleiten ließ. Halb links waren
wir über das Flußpferd hinweggefahren. Jetzt tauchte es auf, etwa 10
Meter rechts von uns, seine Wasserfontäne war hellrot vom Schweiß.
Rückwärts fahrend hatte Mandemera den Harpunenschaft abgelegt und ließ
sich von mir einen Speer reichen. Ungefähr zwei Drittel der Leine
waren abgelassen. Mandemera faßte sie jetzt straff und sagte zu mir
»festhalten«; schon merkte ich das Reißen des flüchtenden Tieres. Ich
spreizte meine Knie, um fest im Boot zu sitzen, und ließ die Leine
am Bootsschnabel aufliegen. Tief neigte sich dieser nach dem Wasser;
obwohl die Ruderer Gegengewicht gaben, nahmen wir doch Wasser über, das
ein Mann eilig mit einem halben Flaschenkürbis ausschöpfte. Vierhundert
Meter hatten wir so in schneller Fahrt, vom Flußpferd gezogen,
zurückgelegt, das zweite Kanu hielt sich an unserem Boote fest.
Mandemera und ich hatten scharf zu halten, weil wir die Last beider
Boote schleppten.

Plötzlich wird die Leine schlaff und, den ganzen Kopf außer Wasser,
kommt das Flußpferd laut brüllend auf uns zu. Mir wurde beklommen
zumute. Mandemera ging wieder an die Spitze des Bootes, und die Ruderer
ruderten mit Kraft rückwärts. Jetzt ist das Tier so nahe, daß ich im
Geiste schon unser Boot splittern sehe. Da hat es Mandemeras Speer im
Rachen, es schüttelt wütend den Kopf und beißt zu, der Speerschaft
zersplittert. Rasch reiche ich Mandemera den bereitgehaltenen zweiten
Speer. Er kommt aber nicht mehr zum Stoßen, denn das zweite Kanu kam
heran, und blitzschnell hatte sein Speerträger zweimal zugestoßen. Das
Flußpferd warf sich hintenüber, etwa wie der Stier den Kopf hochwirft,
auf den Schmerz reagierend, wenn er die erhoben gehaltenen Banderillos
in den Nacken empfängt, so daß der Torero Zeit hat, zu entfliehen.
Schon ist es wieder an der Oberfläche. Die Ruderer leisten Fabelhaftes
im schnellen Wenden und Vor- und Rückwärtsfahren. Blutiger Schaum
breitet sich auf dem Wasser. Mehrmals noch haben die Speerhalter beider
Boote Gelegenheit, zuzustechen, die Bewegungen des Tieres werden
matter, die Speerstiche bei jedem Auftauchen häufiger und tiefer. Jetzt
ist das Flußpferd wieder oben, es liegt halb auf der Seite. Mandemera
sticht so heftig zu hinters Blatt, daß er ins Wasser springen muß, der
Speer bleibt stecken. Noch einmal bäumt das Tier auf, uns mit flockigem
Schweiß übersprühend, dann sinkt es langsam weg. An der Leine wird es
bis an die Oberfläche geholt und noch ein Strick an sein Bein gebunden.
Dann werden beide Stricke am Boot festgemacht. Das andere Boot legt
sich uns vor. Mandemera und ich halten es mit den Händen fest und, das
Flußpferd im Schlepptau, geht's dem Lande zu. Gegen elf Uhr hatten
wir wieder Boden unter den Füßen. Die Beute lag drei Meter vom Strand
entfernt im See, weil wir sie im seichten Wasser nicht weiterziehen
konnten. Es war ein junger Bulle. Das ganze Dorf hatte sich schon
versammelt mit Messern und Körben, um das Fleisch abzuholen. Ich sah
mir zunächst die Speerstiche an, die zehn Zentimeter breit waren.
Vergeblich versuchte ich, einen Speer durch die Haut zu stoßen. Sie
federte wie Gummi, und zum Schluß hatte ich das Blatt ganz verbogen.
Es scheint bei der Anwendung dieser Waffe, die ich in ihrer Weichheit
mit den Händen fast wieder gerade biegen konnte, mehr Geschicklichkeit
als Kraft nötig zu sein. Dann ließ ich mir die Harpune herausschneiden,
um zu sehen, wie sie saß. Fünfzig Zentimeter weit war sie seitlich
in den Nacken gedrungen und hing mit dem Widerhaken am Kehlkopf. Vor
dem Zerlegen ging ich nach Hause. Meine Nerven erschlafften stark
nach der aufregenden Anspannung, und ich habe auch keine weitere
Mitwirkung an derartiger Jagd angestrebt, obwohl sich mir späterhin
mehrfach Gelegenheit bot, d. h. die Leute keine Angst mehr hatten, mich
mitzunehmen, da diesmal die Sache gut abgelaufen war. Ein Gewehr hatte
ich deshalb nicht mit ins Boot genommen, weil ich zu damaliger Zeit nur
~eine~ gute Waffe besaß, die ich nicht verlieren wollte, falls das
Boot kenterte, wie mir vorher ausgemalt wurde. Sonst hätte ich dem Tier
bald den Fangschuß gegeben, nachdem es an der Harpune saß -- es hat
eben nicht jeder eine Negernatur --, Gelegenheit hätte ich dazu gehabt.


                    +b.+ ~Flußpferde im Rikwasee.~

Gegen Ende des Jahres 1907 hielt ich mich einige Wochen am Rikwasee
(Abb. 1) auf. Die Gegend ist recht spärlich bewohnt, wegen der
sehr geringen Regenfälle unfruchtbar und sehr, sehr heiß. Groß ist
dagegen der Wildreichtum, und in den Mittagsstunden ist stellenweise
nichts zu sehen vor dem Staub der sich wälzenden Zebras und der
herumgaloppierenden Hartebeeste, denen das Brackwasser des Sees und das
Gras der Salzsteppen so vorzüglich bekommt, daß ich nie wieder Tiere
in solchem Ernährungszustande sah wie dort. Das Wasser ist belebt von
Scharen von Watvögeln. Rosa und weißen Wolken gleich fliegen unzählige
Flamingos und Pelikane über das Wasser, das großen Fischreichtum --
allerdings vorwiegend wenig schmackhafte Welse -- beherbergt und
außerordentlich viel Schildkröten und Krokodilen zum Aufenthalt dient.

Flußpferde sind im Verhältnis zu anderem Wild nur wenige vorhanden,
Nashörner wechseln ganz selten vorbei, und Elefanten durchschreiten
den See nur alle Jubeljahre einmal. Nur einmal sah ich drei Elefanten
mitten im See stehen. Ich hielt sie erst für Flußpferde, da sie nur
etwa eineinhalb Meter über dem Wasserspiegel sichtbar waren, und dann
betrug auch die Entfernung einige Kilometer.

Nach Westen zu ist der See in der Trockenzeit für Fußgänger
durchschreitbar, südlich ist das Wasser so flach, daß man nach
sechshundert Metern vom Ufer nur bis an die Knie im Wasser steht. Im
Osten sind die Ufer versumpft durch den einmündenden Songwefluß, und
nur im Norden fallen die Ufer steil ab.

Mir war neben anderen Nahrungsmitteln Butter und Fett ausgegangen. Von
den Fettschwanzschafen hatte ich nur noch eins, dessen »Fettschwanz«
leider seine Rasse Lügen strafte und nur als schlaffer Hautlappen
herunterhing. Meine Mahlzeiten wurden täglich miserabler. Der Koch
gestand sein Unvermögen, ohne Fettstoffe Abwechslung in die Küche
zu bringen, und ich mußte ihm in dieser Beziehung recht geben. Ein
Pumpversuch bei den Mönchen der »Weißen Väter« in Galula zeitigte eine
Flasche Erdnußöl, mehr konnten sie wegen eigener Ebbe nicht entbehren.
Was sollte ich mit diesem »Tropfen auf den heißen Stein« anfangen? Da
fiel mir ein, daß ich im Kolonialkochbuch gelesen hatte, »der Speck
des Flußpferdes ist sehr wohlschmeckend und in den Tropen bekömmlicher
als Schweinespeck,« es standen da allerdings auch noch andere Sachen
drin, wie »Affenrücken zuzubereiten« -- brrr, mich schüttelte es, --
aber versuchen konnte man es immerhin. Ich lagerte in Kadabula und
hatte sowohl an die Süd- wie an die Ostseite zwei gute Wegstunden bis
zum See. Rasch ließ ich Pferd und Maskatesel satteln und machte mich in
Begleitung meines Pferdejungen auf den Weg. Die Südseite, die ich für
die aussichtsloseste hielt, entsprach meinen Erwartungen. Mit dem Glas
sah ich im Osten des Sees mehrere Flußpferde im Wasser spielen. Also
gut, nach Osten. Zwei Kilometer vor dem See mußte ich Pferd und Esel
zurücklassen, da das Gelände sumpfig [Illustration: Abb. 15. Sultan
Mwen Iwunga rechts, daneben sein Minister. Besser phot.]

wurde. Zahlreiche Moorantilopen, die Ricken in Sprüngen, die älteren
Böcke einzeln, sprangen knätschend im Sumpfboden ab. An Wildbret lag
mir nichts, meine Trophäen wiesen gute Stücke auf, und aus diesem
Grunde schoß ich nicht; sodann wollte ich mir auch die Flußpferde nicht
vergrämen.

Eine filzige Rasendecke bedeckte den Sumpf. Wie auf Eiern lief ich
vorwärts. Bei jedem Stehenbleiben spülte Wasser um meine Schuhe,
und die Rasendecke zitterte bei jedem Schritt mehrere Meter im
Umkreis. Einigemal trat ich durch und zog den Fuß bis übers Knie mit
grauem Schlamm bekleistert wieder heraus. Als ich erst ordentlich
eingeschlammt war, kam ein Gefühl der Gleichgültigkeit dagegen auf.
Eine dünne Binsenlinie versperrte mir noch den Ausblick auf den See.
Endlich hatte ich sie überschritten, aber wo waren die Flußpferde? Mehr
als sechshundert Meter draußen im See. Überall standen Krokodilköpfe
auf dem Wasser, und ab und zu schwamm ein Krokodil vorbei, den
zackigen Rücken und Schwanz außer Wasser. Sollte ich weiter ins Wasser
hineingehen? Die Krokodile sind hier sehr friedlich, da sie überreich
Fischnahrung haben und von Menschen wenig belästigt werden. Ich
versuchte es, aber nach dreißig Metern ging mir das Wasser schon bis an
die Hüfte, und ganz vertrauenerweckend war mir die Nähe der Krokodile
doch nicht. Unverrichteter Sache kehrte ich wieder um, denn ich sagte
mir: Schieße ich wirklich ein Flußpferd, wer holt es mir heraus? Da ich
das Fett für den Tisch verwerten wollte, mußte es wenigstens frisch
geborgen werden, ehe Zersetzungsgase den Auftrieb besorgten.

Zu Haus fragte ich den Sultan Mwen Iwunga (Abb. 15), ob er mir nicht
sein großes Kanu zur Verfügung stellen könnte. Er behauptete aber, das
Befahren des Sees wäre nur in der Regenzeit möglich, wenn der Songwe
hoch sei, jetzt wäre durch die verschilfte Mündung nicht durchzukommen.
Wenn ich Flußpferde schießen wollte, müßte ich abends gehen oder zeitig
vor Tagesanbruch, da wären sie an Land. Früher, wo er noch rüstig
gewesen sei, hätte er es immer so gemacht und Erfolg gehabt. Also ritt
ich abends wieder hin und fand die Flußpferde genau so weit draußen,
wie am folgenden Morgen. Sie mußten erst spät in der Nacht aussteigen
und nicht sehr lange äsen. Der Mond war aber noch zu klein, um nachts
schießen zu können.

Gekochtes Wildfleisch und Reis, das ich früh, mittags und abends
vorgesetzt bekam, konnte ich aber kaum mehr sehen und riechen.

Nach fünf Tagen hatten wir endlich Vollmond. Elf Uhr nachts war ich
wieder an Ort und Stelle und zitterte förmlich vor Aufregung, daß
die Flußpferde vielleicht an einer entfernteren Stelle aussteigen
könnten. Ich nahm meinen Fährtensucher mit, um jemand bei mir zu haben.
Kaum waren wir am Wasser angekommen, so hörten wir ein Rauschen; es
wurde still, dann rauschte es wieder. Nun können wir auch sehen. Drei
Flußpferde kommen aufs Land zu. Sie haben schon Grund und den halben
Leib außer Wasser. Alle paar Schritt bleiben sie stehen. Jetzt sind sie
nur noch hundert Meter entfernt, jetzt noch vierzig. Wir wollen sie
erst aussteigen lassen, und ich will dann möglichst nahe herankriechen,
da ich trotz des hellen Mondes schlecht zielen kann.

[Illustration: Abb. 16. Hart am Ufer des Sees tat sich das Flußpferd
nieder. Besser phot.]

Kaum liegen wir hinter einem ausgesuchten Grasbüschel, so legen die
Flußpferde die letzten vierzig Meter in ziemlichem Eiltempo, das Wasser
aufrauschen lassend, zurück und sind am Land. Sie sinken bis an den
Bauch im Sumpf ein und fangen sofort lebhaft, fast gierig an zu äsen.
Silbern glänzen die feuchten Leiber im Mondlicht. Vorsichtig schiebe
ich mich zwischen den Binsen entlang. Ich war schon zu weit gekrochen,
nur ein Meter trennte mich vom mittleren Tier. Indem ich mich seitlich
zurückschob, hoffte ich, daß das Flußpferd bald durch eine kleine
Lichtung in den Binsen hindurchkommen würde. Nun erschien der Schädel,
und nun der Körper. Zwei Meter war ich von ihm entfernt und ließ
fliegen, aufs Blatt abkommend. Im Augenblick war ich auch aufgesprungen
und von dem an mir vorbeirasenden Tier wieder hingeworfen worden. Als
ich hoch kam, sah ich es bereits zusammenbrechen. Da pustete das letzte
Flußpferd heran. Ich trug ihm einen Schuß an und lief dann in vier
Meter Abstand neben ihm her und feuerte im Laufen noch dreimal. Es hat
das Wasser erreicht; nun taumelt es und tut sich noch hart am Ufer
nieder (Abb. 16). Das Nebenherlaufen war übrigens gar nicht so einfach.
Bei jedem Schritt trat ich tief in den Sumpf, und es muß ein komisches
Bild gewesen sein, wie ich meine Sätze machte und immer den hinteren
Fuß aus dem Sumpf ziehen mußte. Dem Flußpferd ging es aber auch nicht
besser. Am nächsten Morgen bezeichnete eine tiefe Rinne die Schleifspur
seines Bauches; zu beiden Seiten standen die Löcher voll Wasser, wo es
tief eingetreten war.

Die Moskitos hatten mich ganz eklig zugerichtet, und meine Augenlider
waren von den Stichen dick verschwollen. Einen jungen Bullen und eine
sehr alte Kuh hatte ich zur Strecke gebracht. Speck hatte der Bulle gar
keinen und die Kuh nur ganz wenig. Mit dem Bauchfett zusammen schmolz
mein Koch nur etwa vierzig Pfund daraus. Geschmeckt hat's übrigens ganz
leidlich, ich war aber auch lange genug für den Genuß vorbereitet und
hätte auch übleren Sachen einen guten Geschmack abgewonnen.


                     +c.+ ~Der alte Gomerobulle.~

Ich hatte durch nächtliches Arbeiten meine Nerven etwas überanstrengt
und konnte wieder einmal nicht einschlafen. Um nicht schlaflos im
Bett liegen und naß zu schwitzen, lief ich auf meiner Veranda auf
und ab und rauchte dann im Dunkeln im Klubsessel liegend noch eine
Zigarette. Fortwährend hörte ich vom Gomeroflusse her das Schrecken von
Buschböcken, und ich beschloß, mich am künftigen Tage, da ich gerade
den Strich unter eine größere Arbeit gemacht hatte, selbst zu belohnen
und auf einer kleinen Streife am Gomero, der nur zwei Kilometer
entfernt war, durch körperliche Anstrengung die Nerven wieder in das
richtige Gleichgewicht zu bringen. Buschböcke sah ich zwar keine, dafür
aber eine außerordentlich starke Flußpferdfährte. Nach zwei Stunden
Folge durch übles Dickicht verlor ich die Fährte und kehrte mit
zerrissenem Anzug und auch nicht ganz heiler Haut heim.

[Illustration: Abb. 17. Die heißen Quellen bei Kissaki (Kalksinter).
Besser phot.]

Öfter, wenn ich in der Richtung auf die heißen Quellen (Abb. 17) den
Gomero überschritt, um für meine Küche einen Wasserbock oder ein
Hartebeest zu holen, traf ich diese alte Fährte wieder, so daß ich zu
der Überzeugung kam, der alte Einzelgänger hat dort sein Standquartier.
Ideal genug dazu war ja die Gegend. Dichtestes Phönixpalmengebüsch und
schwerer Busch, der dicht mit Lianen bewachsen war, gab selbst bei
heißester Sonne kühle Verstecke. Grünes Gras war am und im Gomero das
ganze Jahr hindurch vorhanden. So zog ich denn eines Tages aus, um
ausschließlich auf den alten Burschen zu pirschen. Leicht stieß ich auf
die Morgenfährte, folgte ihr zum Flußbett und fand, daß mein Freund
nur Wasser eingenommen hatte, indem er sich nur einen halben Meter
ins Wasser begab. Schon früher hatte ich festgestellt, daß er seinem
Namen wenig Ehre machte und das feste Land gegen das feuchte Element
bevorzugte. Bald begann eine üble Kriecherei im dichtesten Gebüsch.
Zahlreiche Phönixstacheln waren schon in meiner Haut abgebrochen, und
der Schweiß badete mich förmlich. Ich trug mein Gewehr selbst, da mir
mein Boy Raschid, den ich an Stelle des erprobten Saleh mitgenommen
hatte, nicht zuverlässig genug war. Immer mußte ich auf diesen Rangen
von Boy warten, da er wegen der Dornen für seine Haut überängstlich
besorgt war. Jetzt finde ich Urin, der noch im Schaum steht, etwas
weiter Losung, die noch tropft; da geht auch schon ein Getöse los,
das mich schleunigst das Gewehr entsichern läßt. Ehe ich es aber noch
auf den für einen Augenblick sichtbaren Hautfleck in Anschlag bringen
kann, bricht der Bulle durchs Dickicht und reißt ganze Wände Lianen mit
sich, die mir das Gesichtsfeld versperren und mir Arme und Gewehr nach
unten drücken. So schnell wie möglich ging ich ihm nach; das Brechen
entfernte sich immer weiter von mir.

Es wird freier, und ich hoffe, bei besserem Ausblick den Bullen
irgendwo verhoffend zu sehen. Statt dessen wechselt er im Gelände mit
grobem Kies, wo er auch nicht die geringste Fährte hinterläßt. Einen
Bogen schlage ich noch, als ich auch dann nichts finde, gehe ich
mißmutig heim.

Häufig wiederholen sich die Pirschen, die ich auf den alten Bullen
unternahm, aber stets mit gleichem Erfolg. Niemals traf ich ihn
noch äsend, und stets hatte er sich in undurchdringlichem Dickicht
niedergelassen und nach Art alter schlauer Büffel vor dem Niedertun
einen Haken geschlagen, war parallel neben dem Wechsel zurückgekehrt
und hatte sich ganz knapp an der Fährte in guter Deckung niedergetan.
Er mußte also stets rechtzeitig durch Wind und Geräusch gewarnt werden.

So oft ich es auch versuchte, ich kam nie zum Schuß. Weidlich wurde ich
mit »meinem« schlauen Bullen geneckt, ein ganzes Jahr lang konnte ich
seiner nicht habhaft werden.

Doch auch ihn ereilte schließlich sein Schicksal. Von Hobola kommend,
nahm ich eines Tages im Januar 1914 meinen Weg durch Busch und
Steppe, da ich einesteils den Fußweg so oft gegangen war, daß ich ihn
langweilig fand. Andernteils macht frisches niederes Gras und ein in
der Nacht gefallener Regen den Boden so geeignet zum Fährtenlesen
wie ein Neuschnee in Europa. Ich wurde auch reichlich belohnt und
wußte bald, welche Wildarten und in welcher Zahl sie sich in diesem
Gebiet aufhielten. Beim Durchschreiten des trockenen Oberlaufes des
Gomeroflusses flogen seitlich erst zwei Schattenvögel (+Scopus
umbretta Gmel.+) und dann einige Ibisse auf. Wie! Jetzt hier Wasser!
denke ich und folge dem Flußbett. Richtig, eine ganze Strecke lang
steht Wasser in dem lehmigen Bett. Fährten von Elefanten mit Kälbern
und Rhinozerossen zeugten von häufigem Besuch der Wasserstelle,
und da, was sehe ich, auch die unverkennbaren Fußabdrücke meines
langgesuchten Flußpferdbullen.

Da das Flußbett einen Bogen macht, den ich im Bett stehend nicht
übersehen kann, klettere ich am Ufer hoch und komme auf einen mit dem
Fluß parallel laufenden Elefantenwechsel, dem ich folge. Als sich
mir der nächste Ausblick auf das Wasser bietet, sehe ich endlich
den Langgesuchten im seichten Wasser ruhen. Kreuz und quer ist sein
mächtiger Rücken von vielen tiefen Narben bedeckt, die davon Zeugnis
ablegen, daß er zahlreiche Kämpfe mit seinesgleichen im Werben um das
Weibchen bestanden hat. Leichtere Narben deuten darauf hin, daß bei
seiner Vorliebe für das Leben auf dem Land in kaum durchdringbaren
Dickichten beim Eindringen in diese mit ungestümer, machtvoller Kraft
seine Haut von zersplitternden Ästen ganz durchpflügt wurde. Ganz
versunken in seinen Anblick stehe ich da und sehe vom hohen Ufer in
sechs Meter Entfernung auf ihn herab. Das Wasser muß ziemlich seicht
sein, denn er scheint zu liegen, und der Rücken ist mehr als einen
Meter außerhalb sichtbar. Nun fangen seine Lauscher an zu spielen,
und das blutunterlaufene Weiße in den Lichtern wird sichtbar. Langsam
erst schiebt er sich vorwärts, nun springt er auf und rast davon, daß
das Wasser hoch aufwirbelt. In seine Fluchtrichtung kann ich nicht
schießen, da dichtes Zweiggewirr hinderlich ist. Also zurück auf den
Elefantenwechsel, auf dem ich in eiligem Lauf vorwärts stürme, um ihm
weiter oberhalb den Weg abschneiden zu können. Mein Boy Saleh, der
zehn Meter vor mir lief, ruft mir zu: »Hierher, Herr -- ein Ausstieg,
er muß gleich da sein.« In ein paar Sätzen bin ich dort, springe auf
den alten, tiefausgetretenen Wechsel, der von zur Tränke ziehenden
Elefanten getreten war, hinab, schlage an, für einen Augenblick den
Atem aussetzend wegen der Bewegung der hastig arbeitenden Lungen, die
sich dem Körper mitteilt, und trage dem Bullen einen Schuß in den
Nacken an. Für Sekunden ist er vom Anprall des 11,2-Geschosses betäubt;
ich stehe jetzt einen Meter vom Wasser entfernt. Da faßt er auch schon
am Ufer Fuß; eine Gewehrlänge trennt uns. Gerade als er den Körper
krümmt, um sich hinten kräftig abzustoßen, damit er ganz aufs Land
kommt, wobei er den Schädel tief senkt, gebe ich ihm, fast mit dem
Gewehr sein Auge berührend, den zweiten Schuß. Ich taumle einen Schritt
rückwärts, da ich schlecht Fuß gefaßt hatte und der Rückstoß von 5,5
Gramm Blättchenpulver ziemlich bedeutend ist, und sehe meinen Bullen
langsam ins Wasser zurücksinken. Kurz ist sein Todeskampf, und die
Beine rudern langsam im Schlamm.

Zur Erinnerung mache ich eine photographische Aufnahme. Mein Boy Saleh
plagt mich, auch mit dem Flußpferd photographiert zu werden, da er so
oft vergeblich auf seiner Fährte mitgelaufen sei, und ich willfahre ihm.

Den Schädel nehme ich als Trophäe mit, um ihn später in meinem
Jagdzimmer in Deutschland aufstellen zu können. Rasch lasse ich die
Fleischteile zur Erleichterung des Transportes herunterschneiden.
Leider essen meine Leute als Mohammedaner das Fleisch nicht; ich
schicke deshalb Nachricht auf eine Pflanzung, wo Wangonis aus dem
Ssongeabezirk arbeiten; bald kommen sie auch in Scharen an, um sich
diesen seltenen Leckerbissen zu holen.

Doppelt freute ich mich über meinen Erfolg, da ich häufig vorher mit
meinem sagenhaften Bullen geneckt worden war, und nun den Beweis
erbrachte, daß Ausdauer und Festhalten am erstrebten Ziel auch auf der
Jagd zum Schluß reichlich für die gehabte Mühe entschädigt.


                         Auf Elefantenfährte.

In früheren Jahren, als das berufsmäßige Elefantenjagen in
Deutsch-Ostafrika noch gestattet war, hielten sich stets mehrere Jäger
im Kissakigebiet auf, da dort besonders starke Bullen aus den früher
errichteten Jagdschutzreservaten Mohorro und Mahenge herüberwechselten.
Durch das Jagdgesetz von 1911, nach dem die Erlaubnis zur Elefantenjagd
an den Besitz eines großen Jagdscheines gebunden war, mit dem nur zwei
Bullen mit einem Einzelzahngewicht von über fünfzehn Kilogramm erlegt
werden durften, hörte das unsinnige gewerbsmäßige Schießen auf diese
Denkmäler der Urzeit auf. Nur Leute, die aus Lust an der Jagd und nicht
aus schnöder Geldgier diesen gewaltigen Dickhäutern zuleibe rückten,
kamen zu ihrem Recht.

Zeitweilig kamen die Elefanten (Abb. 18) so zahlreich, daß sie ernsten
Schaden in den Feldern der Eingeborenen anrichteten. Namentlich wenn
die Hirse zu reifen begann, weideten sie so viel ab und zertraten noch
mehr, daß die Eingeborenen die ganze Nacht in den Feldern saßen, Feuer
unterhielten und auf Blechen rasselten; aber auch der Elefant gewöhnt
sich schließlich an alles. Ich versprach dann den Eingeborenen, ihnen
beizustehen; sie möchten mich nachts wecken, wenn Elefanten aus ihren
Feldern nicht zu vertreiben wären.

[Illustration: Abb. 18. Der deutsch-ostafrikanische Elefant. Nach einer
Zeichnung von M. Zimmer.]

Schon in der folgenden Nacht ließ mich der alte Häuptling Nderange
rufen. Ich setzte mich bei klarem Mondschein mit der Elefantenbüchse
aufs Rad und fuhr bis an das heimgesuchte Feld. Nderange empfing mich
an seinem Felde, und beim Stillstehen hörten wir die Elefanten deutlich
an verschiedenen Stellen in der Hirse brechen. Klarer Vollmondschein
überflutete die Landschaft, so daß man dabei lesen konnte. Probeweise
zielte ich und konnte bei bestimmter Beleuchtung des Silberkorns
gut Ziel nehmen. Nun kam auch mein Boy Saleh nach, der es sich als
»Hans Dampf in allen Gassen« nicht nehmen lassen wollte, mit dabei
zu sein; auch einer meiner Aufseher, »Kofia mbaya«, ein Soldat a.
D. der Schutztruppe, fand sich noch ein. Nderange trug einen alten
Vorderlader, den er, wie er mir versicherte, mit Elefantenladung
versehen hatte, d. h. er hatte so viel Schwarzpulver eingestopft, daß
der sonst mit der Mündung gleich lange Ladestock um vier gespreizte
Finger herausstand. Ich bat ihn, wenigstens nicht in meiner allzugroßen
Nähe seine Donnerbüchse loszulassen. Gern war er damit einverstanden,
seinen Schuß aufzuheben für den Fall, daß ich einmal nicht kommen
könnte.

Nderange führte, dann folgte ich, dann Saleh, und den Schluß machte
Kofia mbaya, dem ich zu meiner eventuellen Unterstützung meine
9,3-Büchse anvertraut hatte. Kaum ein paar Schritt in der Hirse war es
so dunkel, daß man nicht weiter als drei Meter sehen konnte. Vorsichtig
gingen wir weiter auf die Brechgeräusche zu und vermieden ängstlich,
die 5½-6 Meter hohen, über daumenstarken Hirsehalme zu knicken, da sie
laut prasseln, etwa wie trockenes Schilf beim Brechen.

Bald konnten wir drei getrennt brechende Elefantengruppen
unterscheiden und gingen, jetzt ich mit der Büchse vornweg, auf
das uns zunächstliegende Geräusch zu. Ich hatte die Absicht, einen
Elefanten zur Strecke zu bringen, um dadurch die anderen bis zur
Hirseernte zu vergrämen. Ich mußte mein Vorhaben nachts ausführen,
da die Elefanten tagsüber nicht in die Felder kamen und sie nur auf
diesen vom Eigentümer des Feldes oder von ihm beauftragten Dritten
zur Schadenverhütung erlegt werden durften. Das Elfenbein fiel dabei
dem Fiskus zu, falls der Schütze nicht über einen großen Jagdschein
verfügte oder die beiden erlaubten Elefanten schon erlegt hatte. Nun
waren wir nur noch etwa dreißig Meter entfernt und hörten deutlich
nach jedem Rupfen die Kaugeräusche und dann wieder ein kurzes Brechen,
das besagte, daß der Elefant -- wir hatten vermutet, daß uns nur einer
gegenüberstand -- den Körper wendete oder einen Schritt vorwärts ging.
Durch Zeichen bedeutete ich meinen Begleitern, mehrere Schritt Abstand
zu nehmen, um uns beim Ausweichen, wenn der Elefant nach dem Schusse
die Richtung auf uns zu nehmen sollte, nicht gegenseitig anzurempeln
und zu hindern. Ich vermied jedes Geräusch und pirschte mich auf etwa
zehn Meter heran. Vom Elefanten war nichts zu sehen. Deutlich hörte
ich, wie er sich löste und kaute. Eine halbe Stunde verharrte ich in
dieser Stellung, ohne daß eine Änderung eintrat, die mir einen Schuß
gestattet hätte. Es wäre leichtsinnig gewesen, näher heranzugehen, da
ich im Halmgewirr der Hirse nicht hätte ausweichen können. Nderange
schlich sich an mich heran und sagte mit Tränen im Auge: »Meine Hirse,
meine Hirse, schieß doch, Herr!«

Ich winkte Kofia mbaya und ließ mich von ihm hochheben, indem er
seinen Kopf zwischen meine Beine steckte. Auch jetzt sah ich nur hin
und wieder vom Elefanten bewegte Halme, von ihm selbst nichts. Als
ich wieder stand und mir sagte: »Bäume, die einen Überblick gewähren,
sind nicht in der Nähe,« blieben mir nur zwei Möglichkeiten --
unverrichteter Sache umzukehren oder aufs Geratewohl zu schießen.

Mit Rücksicht auf Nderange tat ich das letztere. In der Richtung
der Kaugeräusche schlug ich an und rechnete dabei auf 3-1/2 bis 4
Meter Höhe. Das Silberkorn konnte ich nicht von der Laufschiene,
die schwach glänzte, unterscheiden. Deutlich hörte ich einen harten
Kugelaufschlag und dann ein prasselndes Getöse des gegen den Wind
losbrechenden Tieres, dem sich die uns entfernt stehenden Elefanten
schrill trompetend anschlossen. Die Fährte belehrte uns nach ihrer
Größe von sechsundvierzig Zentimetern Durchmesser der Vordersäulen, daß
wir einen mittleren Bullen vor uns gehabt hatten. Wie aber sah der Teil
des Feldes aus, auf den wir jetzt hinaustraten? Auf fünfzig Meter im
Geviert war alles niedergetrampelt. Wir folgten der Fährte des Bullen,
bis er sich mit den anderen vereinigt hatte. Aus der Ferne hörten
wir die Flüchtlinge noch zweimal trompeten. Im Mondlicht war jedoch
nirgends Schweiß zu entdecken. Daß er bei dem von mir verwendeten
11,2-Geschoß mit Antrieb von 5,5 Gramm rauchlosem Pulver nur gering
sein konnte, wußte ich, da sich die fettunterlegte Schwarte wie Gummi
wieder zusammenschiebt und nur knappen Schweiß austreten läßt. Es
machte sich bei mir die Überzeugung geltend, daß der von uns gehörte
Kugelaufschlag ebensogut durch Hirsehalme hervorgerufen worden sein
könnte. Eine weitere nächtliche Folge war zwecklos, und so befahl ich
Kofia mbaya, am nächsten Morgen einmal nach Schweiß zu sehen und zwei
bis drei Stunden der Fährte zu folgen, wenn er aus den sich ergebenden
Umständen ein Krankschießen vermutete. Als Mhehe-Neger (Wahehe)
verfügte er über gute Jägerinstinkte, hatte auch als Kind seinen Vater
häufig auf Elefantenjagd begleitet.

Die Löwen machten ein recht lautes Konzert. Ich wollte Saleh nicht
allein gehen lassen und ließ ihn deshalb mein Rad schieben. Wir machten
uns zu Fuß auf den Heimweg. Gegen 1 Uhr waren wir wieder daheim.

Als wir am nächsten Morgen wegen des nächtlichen Intermezzos etwas
später beim Frühstückstisch saßen, kommt schon von weitem rufend Kofia
Mbaya und bringt -- einen Zahn des beschossenen Elefanten. Umringt von
einer großen Schar Neugieriger, teilt er mir mit, daß er der Fährte
kaum hundert Schritt gefolgt sei. Vom Tau noch feucht habe er ganz
kleine Schweißspritzer gesichtet und plötzlich den Zahn gefunden. Der
Zahn war in der Hälfte des Nervs durchschossen und wohl vom Elefanten
im Schmerz mit dem Rüssel aus dem Zahnfleisch herausgerissen worden.
Ich lieferte ihn mit Bericht an das Bezirksamt Morogoro als dem Fiskus
gehörig ab und wurde viel wegen dieser merkwürdigen Sache angeulkt,
wobei erörtert wurde, ob ich nicht berechtigt gewesen wäre, den Zahn zu
behalten, da der Elefant ja noch lebe. Ich erzähle dieses nächtliche
Ereignis, das ich Ende Juni 1913 erlebte, weil es später noch ein
Nachspiel fand.

Im Oktober des gleichen Jahres teilt mir Stabsarzt J. mit, daß er nach
Kissaki käme. Er hätte nur noch einige Tage auf seinen Jagdschein
Zeit und würde gern den ihm darauf noch zustehenden Elefanten auf die
Schwarte legen, ob ich ihm einen ausmachen könnte. Da ich außer dem
persönlichen Interesse an der Jagd noch den Doppelzweck verfolgte,
die immer dreister werdenden Elefanten durch gelegentlichen Abschuß
zu vergrämen und zum Rückzug aus dem Kulturgebiet mehr in die
Jagdreservate zu zwingen, war ich äußerst gern bereit, seinem Wunsche
zu entsprechen.

Im Laufe der Zeit hatte ich mir die Neigung der sonst sich Europäern
gegenüber recht passiv verhaltenden Eingeborenen des Kreises Kissaki
erworben. Ich machte nun bekannt, daß ich am soundsovielten früh einen
frischen Elefantenwechsel in der Nähe Kissakis wissen und zum Beleg der
Botschaft frische Losung und durch Kerbschnitt in einem Stäbchen das
Ausmaß der Fährte haben möchte. Am Morgen des bestimmten Tages, es war
gegen 5 Uhr und eben der Himmel am Horizont im Osten mit einem helleren
Strich versehen, weckte mich die Wache und führt mir meinen ehemaligen
Arbeiter Bilingi zu, der frische Losung bringt. Er wollte gerade wieder
Arbeit bei mir nehmen und hatte auf dem Wege von Mafumbo nach Kissaki
eine halbe Stunde von hier die Elefanten gesehen, die auf dem Wege
standen. Die Fährte konnte er der Dunkelheit wegen nicht messen.

Im Schlafanzug suchte ich Stabsarzt J. in seinem Zelt auf und
weckte ihn mit der frohen Botschaft. Bald nach Tagesanbruch waren
wir marschbereit und gingen dem Wechsel zu. Kurz nach Ssadumas Dorf
überschritten wir den Mgetafluß und waren bald an der Fährte. Ich
wußte, daß die Elefanten, wenn sie an dieser Stelle waren, nicht gar
so weit gingen, und so ließen wir an einer schönen schattigen Stelle
am Mgeta die Zelte aufschlagen und besichtigten dann die Fährte. Nebst
einigen Kühen war ein ganz annehmbarer Bulle in der Herde. Bald führte
die Fährte durch den Mgeta an die linke Flußseite. Dort zerstreuten
sich die Einzelfährten. Die Elefanten hatten überall Schilf geäst,
und es dauerte fast eine Stunde, bis wir aus dem Kreuz und Quer der
Spuren, die sich kaum sichtbar von den teilweise alten Wechseln
abhoben, den weiteren Ausweg fanden. Endlich hatten wir ihn, und als
wir eine halbe Stunde gefolgt waren, so daß eine bestimmte Richtung zu
erkennen war, konnte ich aus innerster Überzeugung J. versichern, »zu
Gesicht bekommen wir die Elefanten heute auf alle Fälle«. Sie hatten
sich einem Winkel zugewandt, den der Wiguberg durch steilen Abfall mit
dem Mgetafluß bildet. Diese Gegend war mir wie meine Tasche bekannt.
Sie enthielt eine Menge dichtester Dickichte, wie sie der Elefant zum
Unterstellen von 10-3 Uhr während der heißesten Sonne liebt. Wir kamen
an eine Stelle, wo die Steppe über Nacht gebrannt hatte, und konnten
in der Asche die Fährten noch einmal genau auf ihre Stärke prüfen. Nun
brauchten wir nur den Daumen zu halten, damit wir beim Annähern guten
Wind hatten. Auf diesen allein war unser erhoffter Erfolg gestellt,
und es hat gar nichts zu sagen, ob die allgemeine Windrichtung gut
ist. Eine Übersicht des Geländes ist in den Dickichten ja gänzlich
ausgeschlossen, und da die Elefanten wie vieles andere Wild zu ihrer
Sicherung häufig Bogen schlagen, geschieht es öfters, daß man in
ihren Wind gerät, ohne daß man sie zu Gesicht bekommt, und nur am
Brechen sein Mißgeschick hört. Schön klar und deutlich können wir die
Fährte halten. Die Elefanten waren längere Zeit nicht hier gewesen
und die ehemaligen Wechsel so alt, daß man sofort die frische Fährte
unterscheiden konnte, was sonst manchmal recht schwierig wird, wenn
Fährten des Vortages oder der Nacht mitgeprüft werden müssen.

Vergnügt schreiten wir weiter, von der Sonne nicht allzusehr belästigt,
da das Blätterdach guten Schutz gewährt. Nun biegt die Fährte wieder
links aus der Richtung ab, und als wir ihr eine halbe Stunde gefolgt
sind, sinkt uns das Herz in die Stiefel, wir durchschneiden eine schon
vorher durchquerte Stelle; die Fährte hat eine Schleife gemacht.
Beklommen holen wir Atem und fragen uns, haben die Elefanten beim
Überschreiten ihres Wechsels von unserer Folge Witterung genommen? Denn
übersehen können wir die Fährte unmöglich haben. Wir unterhandeln mit
unsern Begleitern. Senikambi, Salim und Saleh, unsere Fährtensucher,
von mir langerprobte gute Jäger, bestreiten aufs entschiedenste, daß
bei unserm Durchqueren der verfolgte Wechsel schon von den Elefanten
überschritten war. Unmittelbar auf den alten Wechsel ist keine neue
Fährte über die alte gesetzt, sondern von allen Tieren überschritten
worden. Mit recht gemischten Gefühlen folgen wir weiter. Die Jagdlust
und -freude sinkt gleich um 50 Prozent, wenn sich eine Aussicht
wie durch diesen Fall verringert, und man merkt plötzlich, daß die
Körperfrische einer Ermüdung Platz macht. Gegen 12 Uhr beschließen wir,
etwas zu ruhen. Wir verzehrten ein mitgenommenes kleines Frühstück,
tranken einen Schluck kalten Kaffee dazu und legten uns lang, die Beine
etwas erhöht, da diese Lage die Schwere in den Füßen am raschesten
beseitigt. J. schlief ein, und ich döste vor mich hin. J.s Boy schien
Verdauungsbeschwerden zu haben, denn es kollerte von Zeit zu Zeit in
seinem Bauch. Ich fragte ihn, ob ihm was fehle, er verneinte. Kurz
vor 1 Uhr weckte ich J., und wir zogen weiter. Noch keine hundert
Schritte waren wir gegangen, da hörte ich es wieder in dem Leib von J.s
Boy kollern, doch nein, das ist stärker, kommt aus anderer Richtung.
Ich bleibe stehen, wende mich zurück und lege die Finger auf die
Lippen. Da streckt auch schon Senikambi den Arm aus und deutet die
Richtung an; es sind die Elefanten. Ich freue mich innerlich, daß ich
trotz meiner leichten Schwerhörigkeit schon bei der Ruhepause als
einziger das Geräusch bemerkt hatte, das die Elefanten mit den Ohren
hervorbringen, indem sie mit der pappdeckelartigen Knorpelmasse durch
Bewegung knattern; ich hatte es zwar in des Boys Leib verlegt, aber
doch wahrgenommen, obwohl kein anderer etwas gehört hatte.

Die Elefanten stehen links von uns, der Wechsel führt noch in gerader
Richtung weiter. Am aufgenommenen Staub prüfen wir den Wind. O weh,
sie müssen halben Wind von uns bekommen, und richtig, schon knackt's
und prasselt's für einige Sekunden, dann ist alles still, und nur hin
und wieder rauscht leise ein Busch, den die flüchtenden Elefanten
streiften. Schnell folgen wir dem Wechsel. Es ist nicht zu befürchten,
daß sie schon wieder stehen. Nach fünf Minuten lauschen wir wieder;
nichts ist zu hören.

[Illustration: Abb. 19. Ein guter Elefantenbulle. Besser phot.]

Vorsichtiger gehen wir weiter, wieder von links das Geräusch. Alle
Nerven gespannt, spähen wir in den dichten Busch. Dichtes Lianengewirr
im Blätterdach hat im Unterholz jeden Laubwuchs unterdrückt. Da hebt
sich durch eine Bewegung mit den Ohren in dem dämmrigen Dunkel der
Kopf eines Elefanten ab, der auf uns gerichtet ist. J., der etwas
weiter rechts steht, bittet mich durch Gesten, mit anzuschlagen. Fast
gleichzeitig hallen unsere beiden Schüsse, der Kugeleinschlag dröhnt,
wie nur aus einer Büchse herrührend. Gut bin ich auf die Grube zwischen
Licht und Gehör abgekommen, sie ist eine der wenigen Stellen, die
direkt zum Gehirn führen.

Ein gewaltiges, wütendes Trompeten hebt an, und im Dickicht kracht
es. Man denkt, ein Tornado habe eingesetzt. Da, ein schwerer Fall.
Das Hurra bleibt noch in der Kehle stecken, denn häufig wird der
umgelegte Elefant wieder hoch und läuft kilometerweit, so daß man
ihn zuguterletzt noch verlieren kann. Vorsichtig gehe ich von links,
Stabsarzt J. von rechts vor. Nach zehn Schritt liegt der Elefant auf
acht Meter mit dem Rücken auf mich zu (Abb. 19). Kantig hebt sich das
Rückgrat mit der Schwarte vom anderen Körper ab. Kurz entschlossen
setze ich eine Kugel zwischen die Wirbel, und der Elefant streckt sich.
Diese Art von Fangschüssen wird wohl bei europäischen Jägern Mißfallen
erregen. Bei dem zählebigen größeren afrikanischen Wild bildet sie
aber die einzige Sicherung gegen ein Hochwerden, da sofort die hintere
Partie gelähmt ist. J. schüttelte mir die Hand. Wir ließen das Gestrüpp
freihauen, um die Zähne besichtigen zu können. Doch, der Elefant hat
nur ~einen~ Stoßzahn, der rechte fehlt völlig! Zwei Handbreiten
unter dem rechten Auge ist eine pfenniggroße eiternde Wunde. Ich
drücke daran, und es quillt dicker Eiter. Mir dämmert's. Sollte das
nicht mein Elefant aus dem Hirsefeld des Nderange sein? Ich mache J.
darauf aufmerksam, und gemeinsam untersuchen wir die Wunde mit einem
Hölzchen. Es ist eine tiefe Wunde, und auch J. glaubt sicher an einen
Schußkanal. Als auch die Eingeborenen merken, was wir da ausprobieren,
sind sie sofort der Meinung, daß wir den im Juli nächtlich beschossenen
Elefanten zur Strecke gebracht hätten. Vorausschicken will ich hier,
daß Stabsarzt J. später Gelegenheit hatte, auf einer Versteigerung den
von mir ausgeschossenen Stoßzahn zu erstehen, der in Dicke und Form
genau zu dem des erlegten Elefanten paßte.

Zwei Leute schickten wir zum Lager zurück, um unsere photographischen
Apparate nebst etwas Kaffee und ein paar Bananen zu holen. Zwanzig
Mann sollen mit Messern und Äxten kommen, um dem Elefanten die Stiefel
(d. h. die Haut der Säulen) auszuziehen (aus denen sich J. Papierkörbe
und Bowlen machen lassen will) und den Zahn herauszuhauen. Wir machen
es uns inzwischen im Schatten bequem, und als sich die übrigen Leute
etwas ausgeruht haben, lassen wir durch Niederschlagen des Busches
den Kadaver freilegen, um Licht zum Photographieren zu haben. Nach
eineinhalb Stunden sind die Leute schon zurück. Nur zehn Minuten von
uns liegt der Mgeta, und hart an diesem am jenseitigen Ufer der Weg
Kissaki-Mafumbo. Bald sind die Säulen abgeschnitten und der Zahn
herausgehauen. Schon finden sich Scharen von Weibern, Kindern und
alten Männern ein, die fleischhungrig sind. Es sind nichtislamitische
Wapungas, denen Elefantenfleisch einen Hochgenuß bedeutet.

Wir überlassen es ihnen gern, da wir keine Verwendung dafür haben; nur
einige Zentner behalte ich für mich als Dörrfleisch für meine Hunde.
Fest überzeugt, daß am nächsten Morgen von dem wandelnden Fleischberg
nur noch einige Knochen übrig sind, treten wir dann den Rückweg zum
Zelt an. Hier entfaltet sich noch einmal rege Tätigkeit; es ist gar
keine Kleinigkeit, die Haut von den Säulen zu lösen. Der Beinknochen
wird mit einem Strick fest an einen Ast gebunden, und nachdem alle vier
Säulen baumeln, mühen sich an jedem Fuß vier Mann zwei Stunden lang.
Dann wird mit dem Messer noch etwas nachgekratzt und jede Fußhaut voll
Holzasche, die inzwischen bereitet worden war, gefüllt, damit nicht
Haut auf Haut zu liegen kommt und der Gerbungsprozeß sich selbsttätig
vollziehen kann.

Recht müde gingen wir dann nach dem Abendbrot zu Bett, aber ganz
ungestört sollte ich die wohlverdiente Nachtruhe nicht genießen. Ich
erwachte nach einigen Stunden durch ein Zwicken an verschiedenen
Körperstellen. Leider hatte ich abends vergessen, meine elektrische
Lampe mit unters Moskitonetz zu nehmen, und lüftete es nun, um nach
den Streichhölzern zu tasten und die Lampe anzuzünden. Was hatte ich
dadurch angerichtet! Siafus! -- Wanderameisen waren in meinem Zelt.
Der Boden, die Decke und die Außenseite meines Moskitonetzes wimmelten
von diesen schwarzen Gesellen. Zu mir waren vorher nur die kleinen
Tiere gekommen, die durch die Maschen des Moskitonetzes durchschlüpfen
konnten. Ich heftete schnell die Zeltwand auf, rief den Boy und stürzte
fluchend ins Freie, indem ich mir den Schlafanzug vom Leibe riß und die
einzelnen Tiere ablas, die ihre Zangen fest in meine Haut eingebohrt
hatten. J. erwachte von meinem Fluchen, als ich splitternackt in seinem
Zelt, das, obwohl es nur sechs Meter von dem meinigen stand, von dem
Zuge verschont blieb, Zuflucht suchte. Saleh hatte inzwischen Träger
mobil gemacht, und diese machten rings um mein Zelt Feuer und kehrten
die Ameisen hinein. Ein durch Streuen von heißer Holzasche ums Zelt
gezogener Kreis lenkte den Wanderzug ab, und nach einer halben Stunde
konnte ich mich wieder niederlegen.

Mein Boy behauptete zwar, er hätte nun alle Siafus aus meinem Bett
herausgeschüttelt und aufgelesen. Ich wurde aber doch noch reichlich
gezwickt. Nach dem vorherigen Massenüberfall nahm ich es jedoch mit den
einzelnen nicht mehr so genau und schlief bald wieder ein. Der Mensch
gewöhnt sich eben an alles, und Afrika erzieht seine Leute so, daß sie
in keiner Lebenslage den Humor verlieren.

Unwillkürlich findet das Großwild Ostafrikas, das Raubwild und die
Dickhäuter, in der Allgemeinheit die meiste Beachtung, obwohl man damit
den anderen, weniger stark ins Auge fallenden Wildarten eigentlich
unrecht tut, denn auch sie bieten dem aufmerksamen, sachkundigen
Beschauer eine Fülle des Interessanten.

Häufig veranlaßt die Handlungsweise des Wildes den Beobachter, wie es
z. B. Dr. Th. Zell in seinem vortrefflichen Kosmosbändchen (gleichen
Titels) tat, die Frage zu stellen: »Ist das Tier unvernünftig?« Folgt
es durch Generationen anerzogenen Instinkten, deren Ausbildung ihm
seine Umgebung im Kampfe ums Dasein aufzwang, oder lassen sich in
seinen Handlungen verstandesmäßige Tätigkeiten feststellen?

Die Anschauungen, ob man dem Wilde, wie dem Tiere überhaupt eine Seele
zuerkennen darf, die es zu verstandesmäßigen Tätigkeiten befähigt,
oder ob Naturgesetze, ihnen selbst unbewußt, ihre für den jeweiligen
Fall einzig richtige Handlungsweise vorschreiben, sind sehr geteilt.
Ich möchte mit einer strikten Behauptung weder nach der einen, noch
der anderen Seite hervortreten, sondern hoffe, dem Leser, der meinen
Aufzeichnungen bis hierher gefolgt ist, vielleicht in einem folgenden
Kosmosbändchen Gelegenheit geben zu können, auch mit den anderen
Wildarten unserer Kolonie bekannt zu werden und ihn dadurch in die Lage
zu versetzen, durch meine Beobachtungen eine Bereicherung des eigenen
Urteils zu gewinnen.


Fußnoten:

[5] d. h. durch seitliches Anlehnen des Laufes an den Stamm dem Gewehr
eine Stütze gegeben.




                    Naturwissenschaftliche Bildung
                     ist die Forderung des Tages!

Zum Beitritt in den »Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde«, laden wir

                           alle Naturfreunde

jeden Standes, sowie alle _Schulen, Volksbüchereien, Vereine usw._
ein. -- Außer dem geringen

_Halbjahresbeitrag von nur M 2.40_

 (Beim Bezug durch den Buchhandel 10 Pf. Bestellgeld, durch die Post
 Porto besonders)

erwachsen dem Mitglied =keinerlei= Verpflichtungen, dagegen werden
ihm folgende _große Vorteile geboten_:

Die Mitglieder erhalten laut § 5 als Gegenleistung für ihren
Jahresbeitrag im Jahre 1916 =kostenlos=:

 =I. Die Monatschrift Kosmos, Handweiser für Naturfreunde. Reich
 illustriert.= Preis für Nichtmitglieder M. 2.80.

 =II. Die ordentlichen Veröffentlichungen.= Nichtmitglieder zahlen
 den Einzelpreis von M 1.-- für jeden Band.

   Wilhelm Bölsche, Stammbaum der Insekten.
   Dr. Kurt Floericke, Meine Reise in Bulgarien.
   Dr. Hermann Dekker, Heilen und Helfen.
   Hans Besser, Affen, Antilopen u. Schlangen Deutsch-Ostafrikas.
   Prof. Dr. Karl Weule, Die Sprache.

 Änderungen vorbehalten. (Näheres wird im Kosmos-Handweiser
 bekanntgegeben.)

 =III. Vergünstigungen beim Bezuge von hervorragenden
 naturwissenschaftlichen Werken= (siehe Seite 2 des Prospektes).


  Jedermann kann jederzeit Mitglied werden.
              Bereits Erschienenes wird nachgeliefert.




                                Satzung

   § 1. Die Gesellschaft Kosmos (eine freie Vereinigung der Naturfreunde
   auf geschäftlicher Grundlage) will in erster Linie die Kenntnis
   der Naturwissenschaften und damit die Freude an der Natur und das
   Verständnis ihrer Erscheinungen in den weitesten Kreisen unseres
   Volkes verbreiten.

   § 2. Dieses Ziel sucht die Gesellschaft zu erreichen: durch die
   Herausgabe eines den Mitgliedern =kostenlos= zur Verfügung
   gestellten naturwissenschaftlichen Handweisers (§ 5); durch Herausgabe
   neuer, von hervorragenden Autoren verfaßter, im guten Sinne
   gemeinverständlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts, die sie
   ihren Mitgliedern =unentgeltlich= oder =zu einem besonders
   billigen Preise= zugänglich macht, usw.

   § 3. Die Gründer der Gesellschaft bilden den geschäftsführenden
   Ausschuß, den Vorstand usw.

   § 4. =Mitglied kann jeder werden=, der sich zu einem
   Jahresbeitrag von =M 4.80= (exkl. Porto) verpflichtet. Andere
   Verpflichtungen und Rechte, als in dieser Satzung angegeben sind,
   erwachsen den Mitgliedern nicht. Der Eintritt kann =jederzeit=
   erfolgen; bereits Erschienenes wird nachgeliefert. Der Austritt ist
   gegebenenfalls bis 1. Oktober des Jahres anzuzeigen, womit alle
   weiteren Ansprüche an die Gesellschaft erlöschen.

   § 5. Siehe vorige Seite.

   § 6. Die Geschäftsstelle befindet sich bei der =Franckh'schen
   Verlagshandlung, Stuttgart=, Pfizerstraße 5. Alle Zuschriften,
   Sendungen und Zahlungen (vgl. § 5) sind, soweit sie nicht durch eine
   Buchhandlung Erledigung finden konnten, dahin zu richten.




                                Kosmos

                      Handweiser für Naturfreunde

Erscheint jährlich zwölfmal -- 2 bis 3 Bogen stark -- und enthält:

 =Originalaufsätze= von allgemeinem Interesse aus sämtlichen
 Gebieten der Naturwissenschaften. Reich illustriert.

 =Regelmäßig orientierende Berichte= über Fortschritte und neue
 Forschungen auf allen Gebieten der Naturwissenschaft.

 =Auskunftsstelle= -- =Interessante kleine Mitteilungen.=

 =Mitteilungen über Naturbeobachtungen=, Vorschläge und Anfragen
 aus dem Leserkreise.

 =Bibliographische Notizen= über bemerkenswerte neue Erscheinungen
 der deutschen naturwissenschaftlichen Literatur.




Die Mitglieder des ~Kosmos~ haben nach Paragraph 5 III das Recht,
außerordentliche Veröffentlichungen und die den Mitgliedern angebotenen
Bücher zu ~einem Ausnahmepreis~ zu beziehen.

Es befinden sich u. a. darunter folgende Werke:

                                                       +---------+------
                                                       | Preis   |Mitgl.
                                                       |f. Nicht-|preis
                                                       |  mitgl. |
                                                       +---------+------
=Altpeter, ABC der Chemie=                             | 2.40    | 1.--
=Bergmiller, Erfahr. a. d. Gebiete d. hoh. Jagd.= Geb. | 4.50    | 3.50
=Bölsche, W., Der Sieg des Lebens.= Fein gebunden      | 1.80    | 1.50
=Diezels Erfahrungen a. d. Gebiete d. Niederjagd.= Geb.| 4.50    | 2.90
=Ewald, Mutter Natur erzählt.= Gebunden                | 4.80    | 3.60
=Ewald, Der Zweifüssler.= Gebunden                     | 4.80    | 3.60
=Ewald, Vier feine Freunde. Gebunden                   | 4.80    | 3.60
=Fabre, J. H., Sternhimmel.= Gebunden                  | 4.80    | 3.60
=Fabre, J. H., Bilder a. d. Insektenwelt.= I/II,       |         |
               III/IV.     2 Bde. geb. je              | 4.50    | 3.40
=Fabre, J. H., Blick ins Käferleben.= Broschiert       | 1.--    | -.50
=Floericke, Dr. Kurt, Deutsches Vogelbuch.= Gebunden   |10.--    | 8.40
=Floericke, Dr., Taschenbuch zum Vogelbestimmen.= Geb. | 3.80    | 2.90
=Fruwirth, Die Pflanzen der Feldwirtschaft.= Geb.      | 3.80    | 2.90
=Gräbner, Taschenbuch zum Pflanzenbestimmen.= Geb.     | 3.80    | 2.90
=Hepner, Cl., 100 neue Tiergeschichten.= Gebunden      | 3.60    | 2.80
=Jaeger, Prof. Dr. Gust., Das Leben im Wasser.= Kart.  | 4.50    | 1.70
=Kuhlmann, Wunderwelt des Wassertropfens.= Brosch.     | 1.--    | -.50
=Lange, Der Garten und seine Bepflanzung.= Geb.        | 4.50    | 3.50
=Leben der Pflanze.= Bd. I, II, III, IV, V, VI,        |         |
VII, VIII, geb. je                                     |15.-     |13.50
=Lindemann, Die Erde.= Bd. I   Gebunden                | 9.--    | 8.--
=Lindemann, Die Erde.= Bd. II. Gebunden                | 9.--    | 8.--
=Meyer, Dr. M. Wilh., Die ägyptische Finsternis.= Geb. | 3.--    | 1.90
=Monographien unserer Haustiere= Bd. I Schumann,       |         |
  Kaninchen; Bd. II Schuster, Hauskatze; Bd. III       |         |
  Morgan, Hund; Bd. IV Schwind, Haushuhn à             | 1.40    | 1.05
=Sauer, Prof. Dr. A., Mineralkunde.= Gebunden          | 13.60   |12.20
=Schrader, Liebesleben der Tiere.= Broschiert          | 1.40    | 1.10
=Schroeder-Rothe, Handbuch f. Naturfreunde.= Bd. I geb.| 4.20    | 3.60
=Schroeder-Rothe, Handbuch f. Naturfreunde.= Bd. II geb| 3.80    | 3.30
=Schwind-Gemen, Rosenbüchlein.= Gebunden               | 1.50    | 1.25
=Stevens, Frank. Ausflüge ins Ameisenreich.= Geb.      | 2.50    | 1.85
=Stevens, Frank. Die Reise ins Bienenland.= Geb.       | 2.50    | 1.85
=Strandbüchlein.= Gebunden                             | 1.25    | 1.--
=Stridde, Allgemeine Zoologie.= Gebunden               | 7.--    | 6.20
=Thompson, E. S., Bingo u. a. Tiergeschichten.= Geb.   | 4.80    | 3.60
=Thompson, Prärietiere und ihre Schicksale.= Fein geb. | 4.80    | 3.60
=Thompson, Tierhelden.= Fein gebunden                  | 4.80    | 3.60
=Wurm, Waldgeheimnisse.= Gebunden                      | 4.80    | 3.60

und zahlreiche andere Werke mehr.




                  Die ordentlichen Veröffentlichungen

früherer Jahre erhalten Mitglieder, solange vorrätig, zu
Ausnahmepreisen:


:1904:

(Handweiser vergriffen) zusammen für M 4.-- (Preis für Nichtmitglieder
M 5.--). geb. für M 6.20 (für Nichtmitglieder M 8.40)

  Bölsche, W., Abstammung des Menschen.
  Meyer (Urania), Weltuntergang.
  Zell, Dr. Th., Ist das Tier unvernünftig?
  Meyer, Dr. M. Wilh., Weltschöpfung.

:1905:      :1906:

(Handweiser vergriffen) je für M 4.-- (Preis für Nichtmitgl. M 5.--),
geb. für M 6.75 (für Nichtmitgl. M 9.--)

  Bölsche, W., Stammbaum der Tiere.
  Welten, Die Sinne der Pflanzen.
  Zell, Dr. Th., Tierfabeln.
  Teichmann, Dr. E., Leben und Tod.
  Meyer (Urania), Sonne und Sterne.
  Welten, Wie die Pflanzen lieben.
  Meyer, Dr. M. Wilh., Rätsel d. Erdpole.
  Zell, Dr. Th., Streifzüge durch d. Tierwelt.
  Bölsche, Wilh., Im Steinkohlenwald.
  Ament, Dr. W., Die Seele des Kindes.

:1907:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Kuhlmann, Wunderwelt d. Wassertropfens.
  Zell, Dr. Th., Straußenpolitik.
  Meyer Dr. M. W., Kometen u. Meteore.
  Teichmann, Fortpflanzung u. Zeugung.
  Floericke, Dr. K., Die Vögel des deutschen
  Waldes.

:1908:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Meyer, Dr. M. W., Erdbeben u. Vulkane.
  Teichmann, Dr. E., Die Vererbung.
  Sajó, Krieg u. Frieden im Ameisenstaat.
  Dekker, Naturgeschichte des Kindes.
  Floericke, Dr. K., Säugetiere des deutschen Waldes.

:1909:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Unruh, Leben mit Tieren.
  Meyer, Dr. M. Wilh., Der Mond.
  Sajó, Prof. K., Die Honigbiene.
  Floericke, Kriechtiere u. Lurche Deutschl.
  Bölsche, Wilh., Der Mensch in der Tertiärzeit und im Diluvium.

:1910:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Koelsch, Pflanzen zwisch. Dorf u. Trift.
  Dekker, Fühlen und Hören.
  Meyer, Welt der Planeten.
  Floericke, Säugetiere fremder Länder.
  Weule, Kultur der Kulturlosen.

:1911:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Koelsch, Durch Heide und Moor.
  Dekker, Sehen, Riechen und Schmecken.
  Bölsche, Der Mensch der Pfahlbauzeit.
  Floericke, Vögel fremder Länder.
  Weule, Kulturelemente der Menschheit.

:1912:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Gibson-Günther, Was ist Elektrizität?
  Dannemann, Wie uns. Weltbild entstand.
  Floericke, Fremde Kriechtiere u. Lurche.
  Weule, Die Urgesellschaft und ihre Lebensfürsorge.
  Koelsch, Würger im Pflanzenreich.

:1913:

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für 8.40 (für Nichtmitglieder M 13.--):

  Bölsche, Festländer und Meere.
  Floericke, Einheimische Fische.
  Koelsch, Der blühende See.
  Zart, Bausteine des Weltalls.
  Dekker. Vom sieghaften Zellenstaat.

:1914:      :1915:

ungebd. zusammen M 4.80 (für Nichtmitgl. M 7.80) und gebunden für M
8.40 (für Nichtmitgl. M 13.--)

  Bölsche, Wilh., Tierwanderg. i. d. Urwelt.
  Floericke, Dr. Kurt, Meeresfische.
  Lipschütz, Dr. A., Warum wir sterben.
  Kahn, Dr. Fritz, Die Milchstraße.
  Nagel, Dr. Osk., Romantik der Chemie.
  Bölsche, Wilh., Der Mensch der Zukunft.
  Floericke, Dr. K., Gepanzerte Ritter.
  Weule, Prof. Dr. K., V. Kerbstock z. Alphab.
  Müller, Alfr. Leop., Gedächtn. u. s. Pflege.
  Besser, H., Raubw. u. Dickhäut. i. D.-Ostaf.


_Allen Jahrgängen außer 1904-1906 werden die 12 Hefte des betr.
Handweiser-Jahrg. beigefügt._

Sämtl. noch vorhand. Jahrgänge der Kosmos-Veröffentlichungen (s. obige
Zusammenstellung) liefern wir an Mitgl.: geh. für M 46.-- (Preis
für Nichtmitgl. 85.20), geb. (auch Handw.) für M 73.-- (Preis für
Nichtmitgl. 143.40) =auch gegen kleine monatl. Ratenzahlungen=.




Beitrittserklärung.

Senden Sie diese Karte an Ihre Sortimentsbuchhandlung. =Nur wenn
dieser Bezugsweg auf Schwierigkeiten stößt=, belieben Sie sich
unmittelbar an die Geschäftsstelle des Kosmos, Stuttgart, Pfizerstr. 5,
zu wenden.


Der Unterzeichnete tritt dem Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde,
Stuttgart, bei, ersucht um seine Mitgliedskarte u. erhält jeweils nach
Erscheinen kostenlos:

[Illustration]

=Jahrgang 1916=: Halbjahresbeitrag M 2.40, zuzüglich 10 Pf.
Bestellgeld, etwaiges Porto extra, zahlbar am Anfang des Halbjahres. Es
wird dafür jährlich geliefert:

 I. Kosmos-Handweiser für Naturfreunde

 Erscheint 12mal im Jahr.

 II. Ordentliche Veröffentlichungen 1916

Floericke, Reise in Bulgarien. Boelsche, Stammbaum der Insekten.
Dekker, Heilen und Helfen. Besser, Affen, Antilopen und Schlangen
Deutsch-Ostafrikas. Weule, Die Sprache.

_Reihenfolge und Änderungen vorbehalten._

Ort, Name und genaue Adresse:

  Wenn gebunden
  gewünscht, hier
  _anzustreichen_

  Ich wünsche die Ordentlichen Veröffentlichungen 1916
  in fünf Bänden gebunden (Ausgabe B) zu erhalten
  gegen einen Aufschlag von 55 Pfennig für den Band.




        _Bücher-Zettel_

  ............................
  .     Mit 3 Pf. oder       .
  .  3 Hell. zu frankieren,  .
  .      wenn außer d.       .
  . Unterschrift kein Zusatz .
  .     beigesetzt wird.     .
  ............................


      _An die_

  _Buchhandlung von_ ___________________________


                     ===========================




*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75805 ***